Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland
Von 1949 bis 2019
0420
2020
978-3-8385-5124-1
978-3-8252-5124-6
UTB
Ullrich Heilemann
Markus Kaufhold
Die wirtschaftspolitische Entwicklung nachvollziehen und verstehen.
Die Bundesrepublik Deutschland ist 70 Jahre alt. Ein guter Grund, um die Wirtschaftspolitik der letzten sieben Dekaden im Detail Revue passieren zu lassen - von der Flüchtlings- und Vertriebenenproblematik über den Marshallplan, das Wirtschaftswunder, die Ölkrisen, die Flüchtlings- und Migrationskrise bis hin zum Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten.
Ullrich Heilemann und Markus Kaufhold stellen die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse tagesgenau vor und zeichnen auf diese Weise die wirtschaftspolitische Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland detailliert nach. Der Anhang des Buches stellt darüber hinaus wichtige ökonomische Kennzahlen vor, beispielsweise zur wirtschaftlichen Entwicklung, dem Arbeitsmarkt, der Staatstätigkeit und der Geldpolitik.
Ein Nachschlagewerk und auch eine Wirtschaftsgeschichte in Daten für Studenten der Wirtschaftswissenschaften, der Politikwissenschaft und der Geschichte sowie für Journalisten, Wirtschaftspolitiker und wirtschaftspolitisch Interessierte.
Ullrich Heilemann Markus Kaufhold Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1949-2019 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Wilhelm Fink · Paderborn Narr Francke Attempto Verlag / expert Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Ernst Reinhardt Verlag · München Ferdinand Schöningh · Paderborn transcript Verlag · Bielefeld Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlag · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld utb 5124 Ullrich Heilemann, Markus Kaufhold Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 2019 UVK Verlag · München Die Autoren Prof. Dr. Ullrich Heilemann lehrt Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Leipzig Markus Kaufhold, M.A., Historisches Seminar, Universität Leipzig Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. © UVK Verlag 2020 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72027 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Rainer Berger, München Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Einbandmotiv: © golero - iStock Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 72070 Tübingen info@narr.de www.narr.de UTB-Nr. 5124 ISBN 978-3-8252-5124-6 Für Sabine Fendel und Karyna Kaufhold Vorbemerkungen ie vorliegende „Wirtschaftspolitische Chronik“ knüpft an die 2003 erschienene Chronik 1 an und führt diese bis 2019 fort. Fehler bei Datierungen, Fakten oder Darstellungen wurden korrigiert, der statistische Anhang aktualisiert und erweitert. Die Anzahl der Einträge aus den Gebieten Wettbewerbspolitik und Arbeitsmarkt sowie aus dem Unternehmensbereich hat zugenommen, die Einträge zur Prozesspolitik, zur Finanz-, Geld- und Sozialpolitik, überwiegen aber noch immer bei weitem. Ordnungspolitische Entscheidungen und Maßnahmen waren weiterhin seltener aufzunehmen, auch weil diese im Zuge der europäischen Integration zunehmend in Brüssel getroffen werden. Die Art der Darstellung wurde durchgehend geändert und enthält nun direkte Verweise auf die Beschlüsse von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat und deren Inkrafttreten; desgleichen bei den Entscheidungen der obersten Gerichte. Die elektronische Fassung des Buches enthält direkte Verlinkungen zu dem jeweiligen Dokument. Die deutliche Vergrößerung des Umfangs sollte nichts am Zweck des Buches geändert haben, einen möglichst vollständigen, kompakten und leicht zugänglichen Überblick über wichtige wirtschaftspolitische Ereignisse und Maßnahmen zu liefern. Der Konflikt zwischen Vollständigkeit und Ausführlichkeit der Darstellung, zwischen Auflistung und Erklärung, auf der einen Seite und Kompaktheit und lexikalischer Knappheit auf der anderen nimmt mit der Länge des erfassten Zeitraums unvermeidlich zu. An den bisherigen Prinzipien wurde gleichwohl nichts geändert: A map is not the territory! Die Verlagerung wichtiger Entscheidungen nach Brüssel und nach Frankfurt am Main erschwerte die Aufgabe allerdings beträchtlich. Entscheidungs- und Wirkungsraum fallen auch im wirtschaftlichen Bereich zunehmend auseinander und erschweren die Erstellung einer nationalen Chronik. Ähnliche Verschränkungen gibt es natürlich auch in zeitlicher Hinsicht, aber was ihre Kurzsichtigkeit angeht, dürfen Chroniken wie die vorliegende im Allgemeinen auf Nachsicht rechnen und Ergänzungen wie Streichungen Späteren überlassen. Die Datierung gesetzlicher Entscheidungen erfolgt nun einheitlich mit dem Tag der Verabschiedung im Bundestag oder Bundesrat. Ergänzt werden die Angaben durch Hinweise auf den Tag des Regierungsbeschlusses, der Gesetzentwürfe sowie der Veränderungen im Rahmen der parlamentarischen Beratung, dem Inkrafttreten sowie der Verkündung im Bundesgesetzblatt. Unter dem Datum des Gesetzentwurfes wird in der Regel auf die Fassung des in den Bundestag eingebrachten Entwurfs verwiesen und nicht auf die von der Bundesregierung dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitete. Die elektronischen Verweise zu den Kabinettsprotokollen der Bundesregierung (1949 bis 1987) und zu den Dokumenten des Gesetzgebungsverfahrens erlauben es darüber hinaus, Abstimmungsprozesse innerhalb der Bundesregierung und während der parlamentarischen Beratung nachzuverfolgen. Das In- 1 Vgl. Ullrich Heilemann, Heinz Gebhardt und Hans Dietrich von Loeffelholz, Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik 1949-2002 (UTB 2495), 2. Auflage, Stuttgart 2003. D krafttreten der Maßnahmen wird im Text nur ausnahmsweise oder zum Jahresbeginn zusätzlich vermerkt. Bei umfangreichen Maßnahmenpaketen beschränkt sich die Wiedergabe weiterhin auf die wichtigsten Elemente; bei den Angaben zu den Wirkungen von Steuerrechtsänderungen oder von Maßnahmen der Ausgabenseite werden die Angaben des Antragstellers wiedergegeben, ohne dies besonders zu kennzeichnen. Die Datierung von Gerichtsentscheidungen erfolgt mit dem Tag ihrer Verkündung. Abweichend gilt für Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts, dass diese in der Regel auf den Tag ihrer Bekanntmachung datiert werden. Die Datierung von Gutachten orientiert sich - soweit wie möglich - am Datum ihrer Veröffentlichung. Bei der Angabe von Prognosewerten wurde an der Schreibweise in den Veröffentlichungen festgehalten, so dass die Eintragungen sowohl Bruchals auch Dezimalangaben enthalten. Die Chronik basiert wie bisher auf Zusammenstellungen wichtiger wirtschaftspolitischer Ereignisse und Maßnahmen in Fachveröffentlichungen 2 , überregionalen Zeitungen und Zeitschriften. Für die frühen Jahre, für die derartige Zusammenstellungen oft fehlen, wurde auf Handbücher und Überblicksdarstellungen zurückgegriffen. Seit den 1960er Jahren zeigt sich auch in der vorliegenden Chronologie eine Zunahme der Eintragungen, wohl auch deshalb, weil die Informationen zu den Einträgen am aktuellen Rand leichter zugänglich sind. Die Einträge zu den 1950er und 1960er Jahren sind jedenfalls weniger zahlreich und detailliert als die zu den folgenden Dekaden. Die ausführlichere Darstellung seit den 1990er Jahren ist aber vor allem Folge der Großereignisse Wiedervereinigung, Schaffung der Europäischen Währungsunion und Finanz- und Eurokrise 2010 ff. Die Erstellung der Tabellen im Anhang besorgte Herr Marcel Liebich B.A., dem wir dafür sehr zu Dank verpflichtet sind. Wie bei den beiden früheren Auflagen 3 haben wir für zahlreiche Hinweise und Kommentare zu danken, insbesondere Winfried Didzoleit, Prof. Dr. Rolf Hasse, Dr. Hans Dietrich von Loeffelholz und Dr. Wolf-Dietmar Speich. Nicht zuletzt profitierte die Arbeit von den anregenden Gesprächen mit Prof. Dr. Thorsten Posselt und der produktiven Atmosphäre im Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW, Leipzig. Mit dem Dank verbinden wir die Bitte um Verständnis, wenn wir nicht immer Kritik und Anregungen gefolgt sind. Für vielfältige Unterstützungen bei der Recherche danken wir der Serviceabteilung „Bibliothek und Fachinformation“ des RWI - Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen sowie den Mitarbeitern des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden. 2 Vgl. Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), RWI-Konjunkturberichte. Berlin 1970 ff.; Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Geschäftsberichte der Deutschen Bundesbank. Frankfurt/ Main 1957 ff.; Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Monatsberichte der Deutschen Bundesbank. Frankfurt/ Main 1949 ff.; Europäische Zentralbank (Hrsg.), Jahresberichte der Europäischen Zentralbank. Frankfurt/ Main 1998 ff.; Europäische Zentralbank (Hrsg.), Monatsberichte der Europäischen Zentralbank, Frankfurt/ Main 1999 ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Jahresgutachten. Stuttgart bzw. Mainz 1969 ff.; Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Finanzbericht. Bonn, 1974 ff.; Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Wirtschaftskalender. Stuttgart und Mainz 1960-1970. 3 Vgl. Heilemann, Gebhardt, von Loeffelholz, S. 4 f. 8 Vorbemerkungen Die vorliegende Arbeit spiegelt, so sehr sie sich um ein objektives Bild bemüht, unvermeidlich subjektive Wertungen wider und ist schon aus diesem Grund unvollkommen. Gleichwohl hoffen wir, dass sie nützlich ist, zumal in einer Zeit, die immer seltener und kürzer zurückblickt und leicht vergisst new is only the history we don’t know. Für kritische Anmerkungen und Hinweise sind die Autoren weiterhin dankbar. Leipzig, im Februar 2020 Ullrich Heilemann, Markus Kaufhold 9 Vorbemerkungen Inhalt Vorbemerkungen .............................................................................................................................. 7 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................ 13 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 2019 Die Jahre 1949 bis 1959 ..................................................................................................................... 17 Die Jahre 1960 bis 1969 ..................................................................................................................... 71 Die Jahre 1970 bis 1979 ...................................................................................................................109 Die Jahre 1980 bis 1989 ...................................................................................................................155 Die Jahre 1990 bis 1999 ...................................................................................................................207 Die Jahre 2000 bis 2009 ...................................................................................................................269 Die Jahre 2010 bis 2019 ...................................................................................................................329 Statistischer Anhang Tabelle 1: Bruttoinlandsprodukt, 1950 bis 2018........................................................................391 Tabelle 2: Erwerbstätige, Arbeitslose und Arbeitslosenquote, 1950 bis 2018 ................... 392 Tabelle 3: Preisindex für die Lebenshaltung und Durchschnittseinkommen, 1949 bis 2018 ..................................................................................................................393 Tabelle 4: Ausgaben, Einnahmen, Defizit, Schulden des Staates, 1950 bis 1990 .............. 394 Tabelle 5: Diskont- und Lombardsatz der Deutschen Bundesbank, 1949 bis 1998 .......... 396 Tabelle 6: Zinssätze der Europäischen Zentralbank, 1999 bis 2019..................................... 397 Tabelle 7: Geldmengenziele und ihre Realisierung, 1975 bis 2019....................................... 398 Abkürzungsverzeichnis ABM Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ABS Asset-Backed-Security (Forderungsbesicherte Wertpapiere) AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AfD Alternative für Deutschland AHK Alliierte Hohe Kommission für Deutschland AHKABl. Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland AKP Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten ATM Arbeitstrainingsmaßnahme AWG Außenwirtschaftsgesetz BA Bundesanstalt für Arbeit / Bundesagentur für Arbeit BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz BArbG Bundesarbeitsgericht BFD Bund Freier Demokraten BFH Bundesfinanzhof BGBl. Bundesgesetzblatt BHE Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten BIP Bruttoinlandsprodukt BMF Bundesministerium der Finanzen BMWi Bundesministerium für Wirtschaft (1949-1998), Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (1998-2002, 2005-2013), Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (2002-2005), Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2013-dato) BSP Bruttosozialprodukt BT- Bundestagsbeschluss Beschluss BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerwG Bundesverwaltungsgericht CDU Christlich-Demokratische Union CSU Christlich-Soziale Union CVP Christliche Volkspartei des Saarlandes DA Demokratischer Aufbruch 14 Abkürzungsverzeichnis DGB Deutscher Gewerkschaftsbund DIW Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DP Deutsche Partei DDR Deutsche Demokratische Republik DDRGBl. Gesetzes- und Verordnungsblatt der DDR DSU Deutsche Soziale Union ECA Economic Cooperation Administration (Wirtschaftliche Kooperationsverwaltung) ECU European currency unit (Europäische Währungseinheit des EWS) EEA Einheitliche Europäische Akte EFSF Europäische Finanzstabilisierungsfazilität EFSM Europäischer Finanzstabilisierungsmechanismus EFTA European Free Trade Association (Europäische Freihandelsassoziation) EG Europäische Gemeinschaft EGABl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl ERP European Recovery Program (Europäisches Wiederaufbauprogramm) ESM Europäischer Stabilitätsmechanismus EStG Einkommensteuergesetz ESZB Europäisches System der Zentralbanken EU Europäische Union EUABl. Amtsblatt der Europäischen Union EURATOM Europäische Atomgemeinschaft EVG Europäische Verteidigungsgemeinschaft EWA Europäisches Währungsabkommen EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWI Europäisches Währungsinstitut EWS Europäisches Währungssystem EZB Europäische Zentralbank EZU Europäische Zahlungsunion FDP Freie Demokratische Partei FKPG Gesetz zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms FMSA Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung Abkürzungsverzeichnis 15 FVG Finanzverwaltungsgesetz G5-/ G7- Die fünf/ sieben/ acht großen westlichen Industrieländer G8-Länder GATT General Agreement on Tariffs and Trade (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) GB Gesamtdeutscher Block GE Gesetzentwurf GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland GLRG Gezieltes längerfristiges Refinanzierungsgeschäft GKV Gesetzliche Krankenversicherung GRV Gesetzliche Rentenversicherung GUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten HRG Hauptrefinanzierungsgeschäft HVP Harmonisierter Verbraucherpreisindex HWWA Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv ifo Institut für Wirtschaftsforschung IWH Institut für Wirtschaftsforschung Halle IfW Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel IG Industriegewerkschaft IKT Inkrafttreten InvZulG Investitionszulagengesetz IWF Internationaler Währungsfonds JWB Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau LAG Lastenausgleichsgesetz LBBW Landesbank Baden-Württemberg LRG Längerfristiges Refinanzierungsgeschäft MSA Mutual Security Agency (Agentur für gegenseitige Sicherhilfe) NATO North Atlantic Treaty Organization (Organisation des Nordatlantikvertrags) o.D. ohne Datumsangabe OECD Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) OEEC Organisation for European Economic Co-operation (Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit - Vorgängerin der OECD) 16 Abkürzungsverzeichnis OMT Outright Monetary Transactions (Vorbehaltlose geldpolitische Geschäfte) OPEC Organization of the Petroleum Exporting Countries (Organisation erdölexportierender Länder) PDS Partei des Demokratischen Sozialismus PKV Private Krankenversicherung(en) Preussag Preußische Bergwerks- und Hütten AG RB Regierungsbeschluss RGW Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe RM Reichsmark RWI Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands SKWP Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramm SoFFin Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands SRF Spitzenrefinanzierungsfazilität SRM Single Resolution Mechanism (Einheitlicher Europäischer Bankenabwicklungsmechanismus) StWG Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft SVR Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung SZR Sonderziehungsrechte TAF Term Auction Facility UBSV Unbesicherte Bankschuldverschreibungen UdSSR Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken USA United States of America (Vereinigte Staaten von Amerika) U-Schätze unverzinsliche Schatzanweisungen VE Verordnungsentwurf vH vom Hundert WEU Westeuropäische Union WFG Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz WiGBl . Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Wirt- Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes schaftsrat WKM Wechselkursmechanismus WWU Europäische Wirtschafts- und Währungsunion Die Jahre 1949-1959 1949 23. Mai In Bonn wird das Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland in einem feierlichen Staatsakt verkündet und tritt zum Folgetag in Kraft [BGBl. I 1949 S. 1]. 24. Mai Der Wirtschaftsrat verabschiedet das Soforthilfegesetz, das als erstes Lastenausgleichsgesetz geplant ist, wodurch u.a. mittels Erhebung einer allgemeinen Vermögensabgabe in Höhe von 3 vH die Lage der rund zehn Mill. Vertriebenen und Flüchtlinge verbessert werden soll [Genehmigung durch die Militärgouverneure: 5.8.1949; IKT: 18.8.1949; WiGBl. 1949 S. 205]. 25. Mai Der Wirtschaftsrat verabschiedet das „Gesetz zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten im Rechnungsjahr 1949“. Es regelt aufgrund der unterschiedlichen Belastung der Länder einen Finanzausgleich im Umfang von 375 Mill. DM zwischen den finanzstarken und -schwachen Ländern der Bizone im Zeitraum vom 1. April bis 31. Dezember (zugunsten Bayerns 75 Mill. DM, Niedersachsens 135 Mill. DM sowie Schleswig-Holsteins 165 Mill. DM). Es bildet die Grundlage des späteren Länderfinanzausgleichs [IKT: 1.4.1949; WiGBl. 1949 S. 235]. 1. Juni Die Bank deutscher Länder veröffentlicht eine Untersuchung, die das Volkseinkommen der drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands für eine Zwölfmonatsperiode 1948/ 49 auf 52 Mrd. DM beziffert. 7. Juni Für die Bizone wird erstmals eine Arbeitslosenstatistik veröffentlicht. Danach beläuft sich die Zahl der Arbeitslosen insgesamt auf 1,2 Mill.; in der britischen Zone sind 697 870, in der amerikanischen 518 540 Menschen als arbeitslos registriert. 15. Juni Der Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, Dr. Ludwig Erhard (CDU), kündigt für das dritte Quartal 1949 einen Investitionsplan von rd. 3 Mrd. DM zur Überwindung der Wirtschaftsstagnation und Verringerung der Arbeitslosigkeit an. 6. Juli Das Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz wird verkündet. Es passt die Leistungen an das veränderte Preis- und Lohngefüge an und regelt u.a. die Rentenerhöhungen und die Arbeitslosenunterstützungssätze (IKT: 1.6.1949; WiGBl. 1949 S. 99). 7. Juli Der Wirtschaftsrat verabschiedet das „Gesetz über die Verwaltung der Zölle und der Umsatzausgleichsteuer“, wodurch die Ertragshoheit über Zölle und Umsatzausgleichsteuer, für die eine Steuerschuld ab dem 31. März entstanden ist, von den Ländern an die Verwaltung für Finanzen übertragen wird [IKT: 24.7.1949; WiGBl. 1949 S. 182]. 18 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 14. Juli Die Bank deutscher Länder senkt den Diskontsatz von 4,5 auf 4%. 22. Juli Der Wirtschaftsrat verabschiedet - nachdem er die Änderungsvorschläge des Länderrates abgelehnt hat - das Haushaltsgesetz (Rechnungsjahr 1949) für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet, das ein Ausgabevolumen von 892 Mill. DM vorsieht [IKT: 1.4.1949; WiGBl. 1949 S. 187]. 23. Juli Die beiden ersten Gesetze zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes werden nach Zustimmung durch Wirtschaftsrat und Länderrat verkündet [IKT: 1.10.1949; WiGBl. 1949 S. 175, 179]. 24. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) legt das Gutachten „Grundsatzfragen der Monopolgesetzgebung“ vor. 14. Aug. Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag: Die Christlich Demokratische Union (CDU) und die Christlich Soziale Union (CSU) erhalten gemeinsam 31 vH der Wählerstimmen, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 29,2 vH, die Freie Demokratische Partei (FDP) 11,9 vH, die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 5,7 vH, die Bayernpartei (BP) 4,2 vH, die Deutsche Partei (DP) 4 vH, das Zentrum 3,1 vH und andere Parteien 10,9 vH. Bei der ersten Bundestagswahl galt die Fünf-Prozent-Hürde lediglich landesweit, so dass in einem Bundesland entweder ein Wahlkreis oder die Fünf-Prozent-Hürde überwunden werden musste, um in den Bundestag einzuziehen. Gleichzeitig errangen Parteien, die bundesweit die Fünf- Prozent-Hürde überwanden, in jenen Bundesländern keine Mandate, in denen sie nicht ebenfalls mehr als 5 vH der Stimmen oder einen Wahlkreis gewinnen konnten. 24. Aug. Das Flüchtlingssiedlungsgesetz wird verkündet. Es unterstützt die Wiedereingliederung zuvor bereits agrarwirtschaftlich tätiger Heimatvertriebener in die Landwirtschaft und stellt eine Ergänzung zum Soforthilfegesetz dar (Genehmigung der Militärgouverneure: 6.8.1949; IKT: 25.8.1949; WiGBl. 1949 S. 231). 25. Aug. Das „Gesetz über die Steuerfreiheit einer Wohnungsbauanleihe der Kreditanstalt für Wiederaufbau“ wird verkündet. Es sieht vor, dass die mit maximal 3,5% zu verzinsende Anleihe von allen Steuern befreit wird [IKT: 26.8.1949; WiGBl. 1949 S. 247]. 30. Aug. Das „Gesetz über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung (D-Markbilanzgesetz)“ wird verkündet. Es sieht die Umstellung der Bilanzen von Reichsmark auf D-Mark vor, die durch die Währungsreform zum 21. Juni 1948 notwendig geworden ist [IKT: 31.8.1949; WiGBl. 1949 S. 279]. 30.-31. Aug. Die Bank deutscher Länder stellt eine Exportförderung über 100 Mill. DM bereit. 2. Sept. Das Wertpapierbereinigungsgesetz wird verkündet. Es legt fest, dass Wertpapiere, die im Bereich des Vereinigten Wirtschaftsgebietes emittiert wurden und bei denen eine unrechtmäßige Verwendung nicht wahrscheinlich ist, in Kraft bleiben. Alle übrigen Wertpapiere werden für ungültig erklärt; an deren Stelle tritt eine 1949 19 Sammelurkunde in neuer Währung [IKT: 1.10.1949; WiGBl. 1949 S. 295]. 6. Sept. Das „Gesetz über den Kapitalverkehr“ wird verkündet. Es regelt die Genehmigung bei der Emission von Schuldverschreibungen und Aktien [IKT: 7.9.1949; WiGBl. 1949 S. 305]. 7. Sept. In Bonn konstituieren sich Bundesrat und Bundestag als gesetzgebende Gremien der Bundesrepublik Deutschland. 15. Sept. Der Bundestag wählt Dr. Konrad Adenauer (CDU) mit einer Stimme Mehrheit zum ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. 18. Sept. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Geldordnung und Wirtschaftsordnung“ vor. 18.-19. Sept. Die Militärregierungen übertragen der Bank deutscher Länder das Recht zur Devisenbewirtschaftung. 19. Sept. Die D-Mark wird im Zuge einer breitangelegten Abwertung der europäischen Währungen zur Steigerung der Ausfuhren gegenüber dem US-Dollar von 30 auf 23,8 Cents abgewertet. 20. Sept. Bundeskanzler Adenauer bildet eine Regierung aus CDU/ CSU, FDP und DP. Die CDU stellt fünf, die CSU drei, die FDP drei und die DP zwei Minister. Friedrich Schäffer (CSU) wird Finanzminister, Ludwig Erhard Wirtschaftsminister und Anton Storch (CDU) Minister für Arbeit und Sozialordnung. Bundeskanzler Adenauer hebt in seiner Regierungserklärung das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft hervor und betont, dass er den Abbau der Arbeitslosigkeit, die Förderung der Kapitalbildung und des Wohnungsbaus, die Regelung eines Lastenausgleichs für Heimatvertriebene und Kriegsgeschädigte plane und die baldige Revision der Demontagebefehle für industrielle Anlagen anstrebe. 21. Sept. Das Besatzungsstatut tritt in Kraft, wodurch die Militärregierungen durch die Alliierte Hohe Kommission (AHK) als oberstem alliiertem Kontrollorgan abgelöst werden und die Bundesrepublik Deutschland eine begrenzte Souveränität erhält [AHKABl. 1949 Nr. 1 S. 1 f., 13 ff.]. 7. Okt. Der Deutsche Volksrat in Berlin (Ost) proklamiert die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und beschließt, eine Regierung zu bilden. Wilhelm Pieck wird Präsident der Republik, Otto Grotewohl Ministerpräsident; beide gehören der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) an. 8. Okt. Das „Frankfurter Abkommen“ über den Interzonenhandel zwischen der Bundesrepublik (einschl. Berlin (West)) und der DDR (einschl. Berlin (Ost)) regelt den Zahlungs- und Rechnungsverkehr zwischen den beiden deutschen Währungsgebieten. Die britischen Behörden übergeben die Verwaltung der Volkswagenfabrik in Wolfsburg an die Bundesrepublik Deutschland. 12.-14. Okt. In München schließen sich auf dem westdeutschen Gewerkschaftskongress 16 Arbeitnehmerorganisationen Westdeutschlands zum „Deutschen Gewerkschafts- 20 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland bund“ (DGB) zusammen und verabschieden ein erstes Grundsatzprogramm („Wirtschaftspolitische Grundsätze“). 15. Okt. Die Bundesregierung übernimmt von den Westalliierten alle außenpolitischen Vollmachten mit Ausnahme der Kontrollrechte, die den Hohen Kommissaren laut Besatzungsstatut zustehen. 23. Okt. Der Bundesminister für Wiederaufbau, Eberhard Wildermuth (CDU), gibt bekannt, dass im Jahr 1949 1,1 Mrd. DM aus öffentlichen Mitteln dem Wohnungsbau zugeflossen sind; im Jahr 1949 sollen im Bundesgebiet rund 200 000 Wohnungen fertiggestellt werden. 27. Okt. In Ludwigshafen am Rhein schließen sich die Industrie- und Handelskammern zum Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) zusammen, der zunächst seinen Sitz in Frankfurt am Main nimmt. Die Marshallplan-Verwaltung teilt mit, dass Westdeutschland bei der Bewilligung von Marshallplan-Krediten in Zukunft als ein Land behandelt wird, nachdem zuvor nach Besatzungszonen unterschieden wurde. 28. Okt. Die Finanzminister der westdeutschen Länder beschließen Finanzhilfen für Berlin (West) in Höhe von 37 Mill. DM. 29. Okt. Der Vorsitzende des Finanzausschusses des Bundesrates erklärt, dass die geplanten Investitionsprogramme der öffentlichen Hand in allen Bundesländern bisher fast vollständig verwirklicht wurden. Das Investitionsprogramm für die Zeit vom 1. Juli 1949 bis 30. Juni 1950 sieht für Investitionszwecke öffentliche Mittel in Höhe von 1,95 Mrd. DM vor. 30. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Agrarpolitik in der sozialen Marktwirtschaft“ vor. 31. Okt. Die Bundesrepublik Deutschland wird als vollberechtigtes Mitglied in die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) aufgenommen; deren Aufgabe ist es, die Marschallplan-Hilfe für das gemeinsame Wiederaufbauprogramm auszuarbeiten und durchzuführen. 3. Nov. Der Bundestag entscheidet sich mit einer Mehrheit von 200 zu 176 Stimmen für Bonn als vorläufigen Regierungssitz. 10. Nov. Der Bundestag beschließt, 120 Mill. DM der Hausrathilfe für Heimatvertriebene zur Verfügung zu stellen. 22. Nov. In Königswinter einigen sich Bundeskanzler Adenauer und die Alliierten Hohen Kommissare Dr. André François-Poncet (Frankreich), Brian Hubert Robertson (Großbritannien), John Jay McCloy (Vereinigte Staaten) auf das „Petersberger Abkommen“. Danach kann die Bundesrepublik konsularische Beziehungen zu ausländischen Mächten aufnehmen und internationalen Organisationen beitreten. Ferner wird die Dekartellierung von Monopolunternehmen in der Bundesrepublik weiter- 1949 21 geführt, und die Bundesrepublik tritt der Internationalen Ruhrbehörde bei. Im Gegenzug sichern die Hohen Kommissare die Einstellung der Demontagen zu. 30. Nov. Die Bundesrepublik Deutschland tritt der Internationalen Ruhrbehörde bei. 3. Dez. Bundeskanzler Adenauer äußert sich in einem Gespräch mit der Zeitung „The Plain Dealer“ (Cleveland/ Ohio) erstmals öffentlich zu einem deutschen Verteidigungsbeitrag, der nur als ein Kontingent innerhalb einer europäischen Armee und unter europäischem Oberbefehl aufgestellt werden könnte. 9. Dez. Der Bundestag und der Bundesrat verabschieden das „Gesetz zur Erhebung einer Abgabe ‚Notopfer Berlin‘ im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland“, das die Geltungsdauer der bisherigen Regelung bis zum Jahresende 1950 verlängert und die Länder der französischen Besatzungszone in das Erhebungsgebiet einschließt [RB: 28.10.1949; GE: 28.11.1949 / 8.12.1949; IKT: 1.1.1950; BGBl. I 1949 S. 35]. 13. Dez. Die Bundesregierung beschließt, dass die Schuldenverwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets durch Verordnung in die Bundesschuldenverwaltung übergeführt wird [RB: 13.12.1949; VE: -; IKT: 1.10.1949; BGBl. I 1950 S. 1]. 15. Dez. Bundeskanzler Adenauer und der amerikanische Hohe Kommissar McCloy unterzeichnen ein „Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika“ (ECA-Abkommen; Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat am 26. Januar bzw. 27. Januar 1950). Die Bundesrepublik verpflichtet sich darin, die Marshallplan-Hilfe zum wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Wiederaufbau zu verwenden. Damit wird erstmals nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein internationales Abkommen für die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet [RB: 21.12.1949; GE: 13.1.1950 / 19.1.1950; IKT: 1.2.1950; BGBl. I 1950 S. 9]. 16. Dez. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung des Zuckersteuergesetzes“. Es senkt die Steuer, um den Zuckerrübenanbau anzuregen. Der Steuerausfall wird mit 89 Mill. DM veranschlagt [RB: 4.11.1949; GE: 28.11.1949; IKT: 1.10.1949; BGBl. I 1950 S. 93]. Die ECA-Sondermission für Westdeutschland gibt die Freigabe von 1 036 Mill. DM aus dem Gegenwertsfonds der Marshallplan-Hilfe zur Entwicklung der Produktionskapazitäten bekannt. 18. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Das Dollardefizit Europas im Handel mit den USA (Problem der Dollarlücke)“ vor. 19. Dez. Der Bundesrat spricht sich gegen die Steuerbefreiung von Weihnachtszuwendungen aus. 31. Dez. Die Bewirtschaftung von Eisen und Stahl wird aufgehoben. 22 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1950 1. Jan. Das Gesetz zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin“ im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tritt in Kraft. 11. Jan. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das „Gesetz zur Durchführung der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerveranlagungen für die Veranlagungszeiträume vom 21. Juni 1948 bis zum 31. Dezember 1948 und das Kalenderjahr 1949“ sieht vor, den Einkommensteuertarif und weitere Bestimmungen den durch die Währungsreform verkürzten Veranlagungszeiträumen anzupassen sowie Möglichkeiten zur Gewinnverlagerung zwischen den Zeiträumen zuzulassen [RB: 18.11.1949; GE: 10.12.1949/ 10.1.1950; IKT: 25.3.1950; BGBl. I 1950 S. 48]. - Durch das „Gesetz über die Erteilung einer Kreditermächtigung“ wird der Bundesminister der Finanzen ermächtigt, außerhalb des Haushaltsgesetzes bis zu 800 Mill. DM kreditär zu beschaffen. Damit sollen die Betriebsmittel der Bundeshauptkasse verstärkt sowie die Leistungen der Lieferungen aus dem European Recovery Program (ERP) bis zur Zahlung durch deutsche Importeure zwischenfinanziert werden. Das Gesetz tritt mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Haushaltsführung für das Rechnungsjahr 1950 außer Kraft [RB: -; GE: 5.1.1950; IKT: 23.3.1950; BGBl. I 1950 S. 42]. 13. Jan. Die Bundesregierung hebt alle Rationierungsmaßnahmen mit Ausnahme der für Zucker auf. 27. Jan. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über den Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1949“. Die Bestimmungen der Verordnung vom 16. Juni 1949, unter welchen Bedingungen ein Lohnsteuer-Jahresausgleich durchgeführt werden kann, werden ergänzt. Erstmals wird ein Lohnsteuer-Jahresausgleich ermöglicht [RB: 21.12.1949; GE: 19.1.1950/ 26.1.1950; IKT: 25.3.1950; BGBl. I 1950 S. 45]. 5. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Europäische Zahlungsunion“ vor. 9. Febr. Die Bundesregierung beschließt ein Arbeitsbeschaffungs- und Wohnungsbauprogramm, das bei einem Volumen von 3,4 Mrd. DM zum größten Teil für den sozialen Wohnungsbau verwendet wird. 10. Febr. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Förderung der Wirtschaft von Groß- Berlin (West)“. Neben Bundesgarantien zur Abdeckung des Risikos für Warenlieferungen aus Berlin enthält das Gesetz Umsatzsteuervergünstigungen für westdeutsche Unternehmen, die in Berlin (West) hergestellte oder bearbeitete Waren erwerben; sie können 3 vH des Wertes auf ihre Umsatzsteuerschuld anrechnen. Der jährliche Steuerausfall wird auf 40 Mill. DM bis 50 Mill. DM veranschlagt [RB: 27.1.1950; GE: 6.2.1950/ 9.2.1950; IKT: 10.3.1950; BGBl. I 1950 S. 41]. Nach Aufnahme von Änderungsvorschlägen des Finanzausschusses des Bundesrates verabschieden Bundesrat und Bundestag (27. Januar) das „Gesetz zur Regelung von Kriegsfolgelasten im 2. Rechnungshalbjahr 1949“, wodurch ein Finanz- 1950 23 ausgleich zwischen den Bundesländern im Zeitraum Oktober 1949 bis März 1950 geschaffen und die vorläufige - noch vom Wirtschaftsrat beschlossene - Regelung unter Anrechnung bereits geleisteter Zahlungen abgelöst wird. Das Volumen des Ausgleichsstocks der Länder wird in der Zeit vom 1. Oktober 1949 bis 31. März 1950 auf 307,5 Mill. DM festgesetzt [RB: 13.12.1949; GE: 13.12.1949/ 26.1.1950; IKT: 1.10.1949; BGBl. I 1950 S. 43]. 26. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Kapitalmangel und Arbeitslosigkeit in der sozialen Marktwirtschaft“ vor. 7. März Die AHK legt erstmals einen Besatzungskostenhaushalt vor, so dass sich die Höhe der Besatzungslasten einschätzen lässt. 17. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (3. März) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes“ zu. Es werden u.a. der Sonderausgaben-Pauschbetrag angehoben, die Steuerbefreiungen neu gefasst sowie die Begünstigung bei nicht entnommenen Gewinnen neu geregelt. Die Entlastung durch dieses Gesetz beträgt 0,9 Mrd. DM (ca. 10 vH der Steuereinnahmen) [RB: 6.12.1949; GE: 12.12.1949/ 16.2.1950/ 24.2.1950; IKT: 1.1./ 3.5.1950; BGBl. I 1950 S. 95]. 19. März Bundeswirtschaftsminister Erhard spricht sich wegen Inflationsgefahr gegen eine expansive Geldpolitik zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit aus. 27. März Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen“ [RB: -; GE: 7.2.1950/ 24.3.1950; IKT: 1.4.1950; BGBl. I 1950 S. 204]. 28. März Die Wirtschaftliche Kooperationsverwaltung (Economic Cooperation Administration; ECA) verkündet, 330 Mill. DM aus dem Gegenwertfonds der Marshallplan-Hilfe zur Verfügung zu stellen, um die Arbeitslosigkeit in Berlin (West) abzubauen und die dortige Wirtschaft zu stärken. 30. März Der Bundestag verabschiedet den vorläufigen Bundeshaushaltsplan für die Zeit vom 21. September 1949 bis 31. März 1950 mit einem Volumen von 0,96 Mrd. DM. Die Haushaltspläne der Ministerien für Arbeit, Wirtschaft, Ernährung, Verkehr, Post und Finanzen sind in dem Plan nicht enthalten, da diese aus den ehemaligen Zweizonenverwaltungen hervorgegangen sind, für die der Haushaltsplan bis zum 31. März 1950 bereits vom Wirtschaftsrat verabschiedet wurde [RB: 14.10.1949; GE: 22.11.1949/ 7.3.1950/ 23.3.1950; IKT: 21.9. 1949; BGBl. I 1950 S. 199]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (28. März) verabschiedeten „Ersten Wohnungsbaugesetz“ zu, wodurch sich Bund und Länder verpflichten, den Wohnungsbau und insbesondere den sozialen Wohnungsbau zu fördern. Ziel ist der Bau von 1,8 Mill. Wohnungen in sechs Jahren, wofür u.a. öffentliche Mittel, Bürgschaften und Steuervergünstigungen zur Verfügung gestellt werden [RB: 24.1.1950; GE: 22.2.1950/ 24.3.1950; IKT: 27.4.1950; BGBl. I 1950 S. 83]. 24 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 31. März Die Bundesregierung beschließt, die Zuckerrationierung ab dem 1. Mai 1950 aufzuheben und künftig keine Lebensmittelkarten mehr auszugeben. 21. April Der Rat der AHK teilt dem Bundeskanzler mit, dass das „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes“ vorläufig nicht genehmigt wird (Benachrichtigung des Bundestages am 26. April). 26. April Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950“, dessen fortdauernde Ausgaben sich an den Ansätzen des Bundeshaushalts 1949 orientieren [RB: 14.3.1950; GE: 4.4.1950/ 21.4.1950; IKT: 1.4.1950; BGBl. I 1950 S. 219]. 27. April Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer“ zur bevorzugten Wohnungszuteilung und Arbeitsplatzsicherung, wodurch die zurückgekehrten Kriegsgefangenen ein Entlassungsgeld und eine Übergangsbeihilfe erhalten, um ihnen die Wiedereingliederung zu erleichtern (Mehrausgaben: 8,7 Mill. DM) [RB: 24.2.1950; GE: 28.2.1950/ 19.4.1950/ 26.4.1950; IKT: 1.4.1950; BGBl. I 1950 S. 221]. 4. Mai Die Bank deutscher Länder erhöht den Kreditplafonds des Bundes auf 1,5 Mrd. DM. 7. Mai Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Stellung des Wohnungswesens in der sozialen Marktwirtschaft“ vor. 11. Mai Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Ausprägung von Scheidemünzen“, von dem Münzgewinne in Höhe von insgesamt 892 Mill. DM erwartet werden, die laut Gesetz zur Finanzierung des Wohnungsbaus verwendet werden sollen. Die Befugnis zur Ausprägung geht von der Bank deutscher Länder auf den Bund über. Die Bank erstattet dem Bund den Gegenwert der bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits von ihr ausgegebenen Münzen; der Bund erstattet der Bank die Herstellungskosten für die auf ihre Veranlassung ausgeprägten Münzen [RB: 14.2.1950; GE: 29.3.1950/ 4.5.1950; IKT: 16.7.1950; BGBl. I 1950 S. 323]. 12. Mai Der Bundestag verabschiedet einen 0,5 Mrd. DM umfassenden Ergänzungshaushalt für den Zeitraum vom 21. September 1949 bis zum 31. März 1950 [RB: 24.2.1950; GE: 28.2.1950/ 9.5.1950; IKT: 21.9.1949; BGBl. I 1950 S. 259]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (4. Mai) verabschiedeten „Gesetz über den Bundesfinanzhof“ zu. Das oberste Bundesgericht für das Gebiet der Finanzgerichtsbarkeit nimmt zum 1. Oktober an seinem Sitz in München die Arbeit auf [RB: 27.1.1950; GE: 27.2.1950/ 24.3.1950/ 20.4.1950; IKT: 31.6.1950; BGBl. I 1950 S. 257]. 20. Mai Die AHK verkündet das Gesetz zur Umgestaltung des deutschen Kohlebergbaues und der deutschen Stahl- und Eisenindustrie. Das Gesetz dient der Reorganisation und der Neuordnung der Eigentumsverhältnisse zur Verhinderung von zu starker wirtschaftlicher Macht [AHKABl. 1950 Nr. 20 S. 299]. 2. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Senkung der Tabaksteuer für Zi- 1950 25 garren“. Dadurch wird die Steuerbelastung von 46 vH auf 30 vH bzw. 35 vH gesenkt. Der Einnahmeausfall beträgt 136 Mill. DM [RB: 7.2.1950; GE: 22.4.1950; IKT: 21.8.1950; BGBl. I 1950 S. 351]. 11. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Probleme der Kapitalbildung und der Geldschöpfung“ vor. 15. Juni Der Bundestag beschließt den Beitritt Deutschlands zum Europarat. Ziel dieser Institution ist die Einigung Europas zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts. Mangels vollständiger staatlicher Souveränität erfolgt die Aufnahme zum 13. Juli zunächst als assoziiertes Mitglied und zum 2. Mai 1951 als Vollmitglied [RB: 12.5.1950; GE: 30.5.1950; IKT: 11.7.1950; BGBl. I 1950 S. 263; BGBl. II 1953 S. 558]. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes“, wodurch die bisherige Regelung bis zum Inkrafttreten eines neuen Preisgesetzes, jedoch maximal bis zum 30. September, seine Gültigkeit behält [RB: -; GE: 7.5.1950; IKT: 1./ 11.7.1950; BGBl. I 1950 S. 274]. Die AHK beschließt, die bisherigen Einschränkungen für die Investition von Auslandskapital in Westdeutschland abzubauen. Die Verordnung ermöglicht: - die Einfuhr von Produktionsgütern, Rohstoffen und Halbfabrikaten sowie Maschinen und Ausrüstungsgegenständen auf Grund einer besonderen Investitionslizenz; - den Erwerb von Deutscher Mark gegen ausländische Währung zum laufenden Wechselkurs durch die Bank deutscher Länder; - den Verkauf von Immobilien und anderen Sachwerten, die Eigentum von Ausländern sind, innerhalb Deutschlands, und die Übertragung an andere Ausländer gegen ausländische Devisen mit besonderer Genehmigung; - die Anlage von DM-Beträgen und DM- Konten in Immobilien, Staatsanleihen oder Obligationen des Kapitalmarkts, wobei kein Unterschied zwischen natürlichen und juristischen Personen, soweit sie Ausländer sind, gemacht wird. 20. Juni In Paris (Frankreich) beginnen die Verhandlungen über eine Europäische Montanunion nach dem Plan des französischen Außenministers Dr. Robert Schuman unter Beteiligung Frankreichs, der Benelux- Staaten, Italiens und der Bundesrepublik. 25. Juni Ausbruch des Koreakriegs. Hortungskäufe und Kriegsproduktion verändern die Lage auf den Weltmärkten. 26. Juni Die ECA billigt das zweite große Investitionsprogramm für Westdeutschland in Höhe von 1,15 Mrd. DM. Die Gelder stammen aus ERP-Gegenwertsmitteln. Das Programm dient u.a. der Förderung der Landwirtschaft, des Wohnungsbaus, der Energiewirtschaft und der Forschung. 5. Juli Das Institut für Weltwirtschaft (IfW), das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) und der Bremer Ausschuss für Wirtschaftsforschung legen eine Untersuchung über die wirtschaftliche Entwicklung in Westdeutschland vor. Danach ist die herrschende Arbeitslosigkeit nicht auf einen Mangel an Arbeit, sondern an wettbe- 26 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland werbsfähigen Arbeitsplätzen zurückzuführen. Zur „Herstellung einer vollen Lebensfähigkeit“ der westdeutschen Wirtschaft wird von einem Investitionsbedarf von 60 Mrd. DM bis 80 Mrd. DM ausgegangen. 12. Juli Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft“, wodurch deren Volumen von 120 Mill. DM auf 600 Mill. DM (das ursprünglich vorgesehene Volumen von 400 Mill. DM wurde auf Vorschlag des Bundesrates auf 600 Mill. DM erhöht) ausgeweitet werden [RB: 3.3.1950; GE: 5.5.1950; IKT: 9.9.1950; BGBl. I 1950 S. 447]. 21. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (19. Juli) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss zum Gesetz über die Finanzverwaltung. Es liefert die Grundlage für die Bildung der Bundesfinanzbehörden und für eine einheitliche Struktur der Länderfinanzbehörden [RB: 31.1.1950; GE: 11.3.1950/ 27.4.1950/ 12.7.1950; IKT: 9.9.1950; BGBl. I 1950 S. 448]. 24. Juli Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für das zweite Quartal noch eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung, der Rückgang der Preise ist jedoch noch nicht zum Stillstand gekommen. 10. Aug. Die AHK überträgt per Gesetz die Verwaltung der alliierten Devisenbewirtschaftungsgesetze auf den Bundesminister der Finanzen. Die Zollverwaltung erhält die Aufgabe, Devisenkontrollen durchzuführen [AHKABl. 1950 Nr. 29, S. 514]. 11. Aug. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (27. Juli) verabschiedeten Getreidegesetz zu. Ein System staatlicher Eingreifbefugnisse (Preisfestsetzung, Marktintervention, Einfuhrlenkung) soll die Versorgung der Bevölkerung und die Existenz der Landwirtschaft sichern [RB: 21.4.1950; GE: 16.5.1950/ 26.7.1950; IKT: 9.11.1950; BGBl. I 1950 S. 721]. 18. Aug. Der Rat der OEEC beschließt ein Liberalisierungsprogramm für den innereuropäischen Handel. Bis 1955 sollen die Exportrestriktionen für den Handel mit Industrieprodukten weitgehend beseitigt werden. 15. Sept. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes“, der die direkte Nachfolge des „Rechnungshofs im Vereinigten Wirtschaftsgebiet“ antritt [RB: 21.4.1950; GE: 10.7.1950/ 4.9.1950; IKT: 1.4.1950; BGBl. I 1950 S. 765]. 19. Sept. Die Staaten der OEEC gründen die Europäische Zahlungsunion (EZU). Sie dient als Abrechnungsstelle für den Handel zwischen Mitgliedsstaaten, deren Währungen noch nicht frei konvertierbar sind, ist bei Zahlungsschwierigkeiten behilflich und dient als Verrechnungsstelle für Zahlungsbilanzdefizite und -überschüsse. 24. Sept. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Struktur- und konjunkturpolitische Fragen der Einkommensverteilung” vor. 1950 27 28. Sept. Die DDR wird Mitglied im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Der RGW soll einen sozialistischen Weltmarkt schaffen, um den von der Sowjetunion erzwungenen Verzicht mittel- und osteuropäischer Staaten auf Marshallplan-Hilfen zu kompensieren. 1. Okt. Die Bank deutscher Länder erhöht die Mindestreservesätze für Sichteinlagen um 50 vH, für Termin- und Spareinlagen um 100 vH, wodurch dem Kapitalmarkt 0,5 Mrd. DM entzogen werden. 6. Okt. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (15. September) beschlossenen Ersten Überleitungsgesetz zu. Demzufolge muss der Bund u.a. die Aufwendungen für Besatzungskosten und sonstige innere und äußere Kriegsfolgelasten sowie die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung unter Einschluss der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge übernehmen. Zum Zeitpunkt der Lastenübernahme gehen die dem Bund nach Art. 106 GG zustehenden Einnahmen auf ihn über. Die Länder beteiligen sich mit 10 vH bis 25 vH an den Ausgaben des Bundes für Besatzungskosten und Lasten der Sozialversicherung [RB: 21.4.1950; GE: 19.6.1950/ 13.9.1950; IKT: 1.4.1950; BGBl. I 1950 S. 773]. 16. Okt. Die Bank deutscher Länder beschränkt den Rediskont von Bankakzepten. Weiterhin beschließt sie, dass Importeure ein Bardepot von 50 vH der beantragten Devisen bei der zuständigen Landeszentralbank hinterlegen müssen, wenn sie eine Einfuhrbewilligung beantragen. 27. Okt. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (19. Oktober) verabschiedeten Bundesversorgungsgesetz zu. Es vereinheitlicht die Bestimmungen in den früheren westlichen Besatzungszonen und regelt die Forderungen von 4,3 Mill. Kriegsbeschädigten und -hinterbliebenen. Die finanziellen Auswirkungen werden auf 3 Mrd. DM je Rechnungsjahr geschätzt [RB: 28.7.1950; GE: 12.9.1950/ 13.10.1950; IKT: 1.10.1950; BGBl. I 1950 S. 791]. Die Bank deutscher Länder erhöht den Diskontsatz von 4 auf 6%. 5. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Einwirkung der Weltkonjunktur auf die deutsche Wirtschaftspolitik“ vor. 10. Nov. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (27. Oktober) verabschiedeten Zuckergesetz zu. Es soll der Sicherung der Versorgung und dem Existenzerhalt der Landwirtschaft dienen [RB: 12.5.1950; GE: 6.6.1950/ 18.10.1950; IKT: 11.1.1951; BGBl. I 1951 S. 47]. 17. Nov. Die von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzesinitiative zur Einführung einer Gebührenordnung für die Benutzung der Autobahnen (erwartetes Aufkommen: 65 Mill. DM) wird vom Bundesratsausschuss für Verkehr abgelehnt und scheitert durch Absetzung von der Tagesordnung ohne weitere Besprechung im Bundesrat. 29.-30. Nov. Urabstimmung der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), in der 96 vH der Gewerkschaftsmitglieder den Vorstand be- 28 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland vollmächtigten, für die Durchsetzung der paritätischen Mitbestimmung in der Montanindustrie zum Streik aufzurufen. 10. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Kapitalmarktpolitik und Investitionspolitik“ vor. 13. Dez. Die EZU gewährt zur Behebung der akuten Zahlungsbilanzschwierigkeiten der Bundesrepublik einen Sonderkredit über 120 Mill. US-$. 15. Dez. Der Bundestag verabschiedet ein „Zweites Gesetz zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West)“. Der Bund übernimmt Bürgschaften für Betriebsmittelkredite an Unternehmen bis zu einem Gesamthöchstbetrag von 20 Mill. DM [RB: 22.9.1950; GE: 14.11.1950/ 14.12.1950; IKT: 24.2.1951; BGBl. I 1951 S. 123]. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe ‚Notopfer Berlin‘“(BT-Beschluss: 14. Dezember) soll die Deckungslücke im Berliner Haushalt geschlossen werden [RB: 20.10.1950; GE: 24.11.1950/ 12.12.1950; IKT: 1.1.1951; BGBl. I 1950 S. 823]. - Durch das „Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundespost“ (BT-Beschluss: 6. Dezember) werden das Eigentum und alle sonstigen Vermögensrechte des Sondervermögens „Deutsche Reichspost“ als Sondervermögen „Deutsche Bundespost“ dem Bund zugeordnet. Aufgrund von Einwendungen der AHK wird das Gesetz zunächst nicht verkündet [RB: 14.3.1950; GE: 20.5.1950/ 6.11.1950; IKT: 23.5.1953; BGBl. I 1953 S. 225]. - Das „Gesetz über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung“ (BT-Beschluss: 7. Dezember; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) hebt das „Führerprinzip“ auf und stellt die Selbstverwaltung der Versicherungsträger wieder her [RB: 21.12.1949; GE: 29.11.1949/ 20.1.1950/ 13.9.1950/ 17.11.1950; IKT: 24.2.1951; BGBl. I 1951 S. 124]. 18. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose rechnet trotz Beschleunigung des Aufschwungtempos nicht mit einer Fortdauer der Expansion, sie hält einen gewissen konjunkturellen Rückschlag für möglich. Sie erwartet einen Anstieg des Preisniveaus. 23. Dez. Die Bank deutscher Länder beschließt eine Ermäßigung der Bardepots für Einfuhrbewilligungen um 25 vH. 1951 5. Jan. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (14. Dezember 1950) verabschiedeten Milch- und Fettgesetz zu, das zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung und zur Erhaltung der Existenzfähigkeit der Landwirtschaft beitragen soll [RB: 6.6.1950; GE: 26.7.1950/ 8.12.1950; IKT: 3.3.1951; BGBl. I 1951 S. 135]. 9. Jan. Die Bundesrepublik und die AHK beginnen die Verhandlungen über die Höhe des 1951 29 deutschen Verteidigungsbeitrags (Petersberger Konferenz). Die Alliierten halten 10 vH des Sozialprodukts, jährlich rund 13 Mrd. DM, für angemessen. 16. Jan. Die ECA gewährt der Bundesrepublik aus dem ERP-Gegenwertsfonds 1,35 Mrd. DM. Die Mittel fließen größtenteils in die Energiewirtschaft (0,3 Mrd. DM), in den Wohnungsbau (0,2 Mrd. DM) und in die Landwirtschaft (0,1 Mrd. DM). Das Gesamtvolumen des seit 1948 laufenden Investitionsprogramms aus dem Gegenwertsfonds beträgt nun 4 Mrd. DM. 17. Jan. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes“, wodurch alle Mineralölprodukte als Steuerobjekte einbezogen werden (Mehraufkommen: 0,5 Mrd. DM) [RB: 17.11.1950; GE: 6.12.1950/ 10.1.1951; IKT: 21.1.1951; BGBl. I 1951 S. 73]. 28. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Bereinigung des Preisgefüges“ vor. Jan. Die Bank deutscher Länder erlässt Kreditrichtsätze für die Kreditbanken. Damit wird ein Stopp für kurzfristige Kredite erreicht. 16. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (1. Februar) verabschiedeten „Gesetz über den Länderfinanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950“ zu. Es regelt den Finanzausgleich der Länder untereinander. Dazu werden Finanzkraftmesszahlen definiert, mit deren Hilfe die Länder in ausgleichspflichtige oder ausgleichsberechtigte unterschieden werden [RB: 6.10.1950; GE: 23.11.1950/ 18.1.1951; IKT: 1.4.1950; BGBl. I 1951 S. 198]. 27. Febr. Die Bundesregierung beschließt aufgrund des deutschen Devisenmangels einen Einfuhrstopp für Waren aus Ländern der EZU. 28. Febr. Die Bank deutscher Länder beschließt, das kurzfristige Kreditvolumen der Geschäftsbanken innerhalb von drei Monaten um 1 Mrd. DM zurückzuführen. 1. März Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen“. Es stellt die seit dem 31. März 1951 fälligen Leistungen von Reichsmark auf D-Mark um. Die Versicherungsunternehmen erhalten für die Mehraufwendungen Rentenausgleichsforderungen [RB: -; GE: 13.1.1950/ 14.10.1950/ 22.2.1951; IKT: 26.6.1951; BGBl. I 1951 S. 379]. 6. März Die AHK verkündet ein neues Besatzungsstatut. Danach geben die Besatzungsmächte die Kontrolle über die deutsche Wirtschaft weitgehend ab, beaufsichtigen aber weiterhin die Entflechtungs- und Dekartellierungsbestrebungen. Die Devisenkontrolle geht in die ausschließliche Hoheit der Bank deutscher Länder über [AHKABl. 1951 Nr. 49 S. 792]. 30 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 7. März Der Bundestag novelliert das Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft, wodurch der festgesetzte Betrag von 0,6 Mrd. DM auf 1,2 Mrd. DM erhöht wird [RB: 5.12.1950; GE: 25.1.1951; IKT: 25.4.1951; BGBl. I 1951 S. 255]. 15. März Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“, wodurch u.a. die Hauptunterstützung nach dem tatsächlichen Arbeitsentgelt bemessen wird [RB: 2.2.1951; GE: 5.3.1951; IKT: 1.4.1951; BGBl. I 1951 S. 219]. 16. März Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz über die Bemessung und Höhe der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung“ (BT-Beschluss: 15. März) führt eine bundeseinheitliche Regelung der Arbeitslosenfürsorge ein und löst damit Länderregelungen aus den Jahren vor 1949 ab. Die nun einheitlichen Unterstützungssätze werden um 10 vH angehoben [RB: 2.2.1951; GE: 5.3.1951; IKT: 1.4.1951; BGBl. I 1951 S. 221]. - Das Vieh- und Fleischgesetz (BT- Beschluss: 28. Februar) soll zur Versorgungssicherheit der Bevölkerung und zur Erhaltung der Existenzfähigkeit der Landwirtschaft beitragen [RB: 28.4.1950; GE: 6.6.1950/ 12.2.1951; IKT: 28.4.1951; BGBl. I 1951 S. 272]. 17. März Der Beauftragte des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen, Theodor Blank (CDU), erklärt bei den Petersberger Verhandlungen, dass nach Berechnungen des BMF ein jährlicher Verteidigungsbeitrag von 6 Mrd. DM (ca. 5 vH des BIP) das Äußerste der Belastbarkeit darstelle. 3. April Die AHK unterzeichnet ein Abkommen über die Aufhebung von Beschränkungen für die deutsche Industrie im Sinne der Beschlüsse der New Yorker Außenministerkonferenz (12. bis 18. September 1950). Es werden u.a. die bisher geltenden Begrenzungen und Beschränkungen in der Werftindustrie und in der Chemieindustrie aufgehoben. 10. April Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen des Bergbaus und der Eisen- und Stahlerzeugenden Industrie“. Danach haben Aktiengesellschaften (AG), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) oder bergrechtliche Gewerkschaften mit mehr als 1 000 Arbeitnehmern einen in der Regel elfköpfigen Aufsichtsrat zu bilden und mit Anteilseignern und Arbeitnehmern zu besetzen [RB: 30.1.1951; GE: 30.1.1951/ 15.3.1951/ 4.4.1951; IKT: 7.6.1951; BGBl. I 1951 S. 347]. 18. April In Paris (Frankreich) schließen die Benelux-Staaten, die Bundesrepublik, Frankreich und Italien den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der ab 1953 einen gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl vorsieht (Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat am 11. Januar bzw. 1. Februar 1952) [RB: 26.6.1951; GE: 29.6.1951; IKT: 7.5./ 23.7.1952; BGBl. II 1952 S. 445]. 1951 31 2. Mai Die Bundesrepublik wird vollberechtigtes Mitglied des Europarates. 11. Mai Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (26. April) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes“ zu, wodurch die Steuerfreiheit des Ehegatteneinkommens und die steuerlichen Vergünstigungen für die Erbschaftsteuerversicherung zum Teil aufgehoben werden [RB: 29.9.1950; GE: 7.11.1950/ 20.3.1951; IKT: 21.6.1948, 1.1.1949, 5.9.1951; BGBl. I 1951 S. 759]. 31. Mai Die Bundesrepublik zahlt vorzeitig den im Dezember 1950 aufgenommenen EZU- Sonderkredit zurück. 6. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über eine Bürgschaft für Kredite zur Finanzierung der Lebensmittelbevorratung“. Es ermächtigt den Bundesfinanzminister, Bürgschaften von 0,9 Mrd. DM zu übernehmen. Damit sollen Versorgungsschwierigkeiten infolge der Korea-Krise vorgebeugt werden [RB: 30.1.1951; GE: 15.3.1951; IKT: 19.7.1951; BGBl. I 1951 S. 450]. 8. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsgesetzes“. Es erhöht den allgemeinen Umsatzsteuersatz von 3 auf 4 vH und den Großhandelssteuersatz von 0,75 auf 1 vH. Ferner wird ein ermäßigter Steuersatz von 3 vH und ein erhöhter Ausgleichssteuersatz von 6 vH bei der Einfuhr verschiedener Erzeugnisse eingeführt (Mehreinnahmen: 1,3 Mrd. DM) [RB: 19.1.1951; GE: 26.2.1951/ 9.5.1951; IKT: 30.6.1951; BGBl. I 1951 S. 402]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (1. Juni) verabschiedeten „Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr“ zu. Es ermöglicht die Bildung steuerfreier Rücklagen und schafft Erleichterungen bei der Wechsel- und Versicherungssteuer. Die Bundesregierung wird ermächtigt, weitere Steuervergünstigungen im Umsatzsteuerrecht durch Rechtsverordnung zu beschließen (Mindereinnahmen: 0,4 Mrd. DM) [RB: -; GE: 15.3.1951/ 26.4.1951/ 30.5.1951 ; IKT: 30.6.1951; BGBl. I 1951 S. 405]. 10. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Lenkungsmaßnahmen“ vor. 13. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans im Rechnungsjahr 1950“, wodurch sich der Haushalt des Bundes nach Überleitung von Kriegsfolge- und Soziallasten auf 16,3 Mrd. DM (ca. ein Sechstel des BSP) beläuft [RB: 16.3.1951; IKT: 1.4.1950; BGBl. II 1951 S. 125]. 15. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft“. Es ermächtigt die Bundesregierung, Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen bis zu einem Gesamtbetrag von 0,5 Mrd. DM zu übernehmen [RB: 9.1.1951; IKT: 28.7.1951; BGBl. I 1951 S. 471]. 32 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 20. Juni Die Bank deutscher Länder beschließt neue Kreditrichtsätze; die Kredite werden nach dem Stand des zuvor zurückgeführten Kreditvolumens kontingentiert. 22. Juni Der Bundesrat und der Bundestag (21. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes“. Es begrenzt den Durchschnittssteuersatz auf höchstens 80 vH (bei einem Spitzensteuersatz von 95 vH), gewährt Steuerfreiheit für Weihnachtszuwendungen und ändert in zahlreichen Punkten die Abzugsfähigkeit der Sonderausgaben; u.a. werden der Spendenabzug begrenzt, die Steuerbegünstigung für nicht entnommene Gewinne aufgehoben sowie die Höchstgrenze bei den Sonderausgaben erweitert. Unter bestimmten Bedingungen kann der Körperschaftsteuersatz auf Gewinne aus Gewerbebetrieb natürlicher Personen Anwendung finden (§32 b EStG). Der Körperschaftsteuersatz wird für einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne von 50 auf 60 vH erhöht (Steuermehreinnahmen: 0,9 Mrd. DM) [RB: 19.1.1951; GE: 26.2.1951/ 27.4.1951/ 20.6.1951; IKT: 31.6.1951; BGBl. I 1951 S. 411]. 5. Juli Der Bundestag verabschiedet das Zolltarifgesetz. Es löst u.a. das deutsche Zolltarifgesetz von 1902 ab und schafft den Übergang zum Wertzoll [RB: 28.7.1950; GE: 28.8.1950; IKT: 1.10.1951; BGBl. I 1951 S. 527]. 6. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (5. Juli) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen“. Es hebt die aufgrund alliierter Anordnungen nach dem 19. April 1949 erfolgten Eigentumsübertragungen von Reichsvermögen auf die Länder auf und überträgt die Verwaltung des Reichsvermögens den Bundesvermögens- und Bauabteilungen der Oberfinanzdirektionen [RB: 8.5.1951/ 3.7.1951; GE: 26.1.1951/ 4.7.1951; IKT: 26.7.1951; BGBl. I 1951 S. 467]. 7. Juli Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert eine Stagnation von Produktion und Beschäftigung nach der deutlichen Abflachung im ersten Halbjahr 1951 und einer Abschwächung der Preisentwicklung. 10. Juli Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das „Gesetz über die Verteilung des erzielten Reingewinns der Bank deutscher Länder in den Geschäftsjahren 1950 und 1951“ sieht vor, dass der Reingewinn, der zum größten Teil aus Zinszahlungen des Bundes für Ausgleichsforderungen besteht, zu 94 vH an den Bund und zu 6 vH an die Landeszentralbanken überwiesen wird [RB: 3.4.1951; IKT: 14.8.1951; BGBl. I 1951 S. 510]. - Durch das „Übergangsgesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bank deutscher Länder“ entfällt der Einfluss der Alliierten Bankenkommission. Die Bank deutscher Länder behält ihre Autonomie in der Geldpolitik, wird aber auf die Unterstützung der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung verpflichtet [RB: 18.4.1951; GE: 26.5.1951; IKT 1.7.1951; BGBl. I 1951 S. 509]. 1951 33 11. Juli Der Bundestag verabschiedet das „Rentenzulagengesetz“. Es erhöht zum 1. Juli die Renten um durchschnittlich 25 vH. Die geschätzten Mehraufwendungen von 0,7 Mrd. DM im laufenden Haushaltsjahr werden zu 80 vH vom Bund getragen, 20 vH entfallen auf die Versicherungsträger [RB: 26.6.1951; GE: 27.6.1951; IKT: 1.4.1950, 1.6.1951; BGBl. I 1951 S. 505]. Der Bundestag beschließt, dem Genfer Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) beizutreten [RB: 12.6.1951; IKT: 1.10.1951; BGBl. II 1951 S. 173, 200]. 13. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (11. Juli) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West)“ zu, wodurch die Förderung bis 1953 verlängert wird [RB: 3.7.1951; GE: 7.7.1951/ 9.7.1951: IKT: 24.7.1951; BGBl. I 1951 S. 462]. 26. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (10. Juli) verabschiedeten „Zweiten Überleitungsgesetz“ zu. Es ordnet Einnahmen zwischen Bund und Ländern neu und ändert das Erste Überleitungsgesetz, weil die Beteiligungsquoten (Interessenquoten) die Länder zu ungleich belasteten [RB: 13.4. 1951; GE: 9.6.1951/ 6.7.1951; IKT: 1.4.1950; BGBl. I 1951 S. 774]. 29. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Außenhandelspolitik“ vor. 21. Aug. Die AHK erlässt eine Direktive, wodurch die Devisengesetzgebung von den Besatzungsmächten auf die Bundesrepublik übergeht. 20. Sept. Die Bundesrepublik, Berlin (West) sowie die DDR schließen das „Interzonenhandels-Abkommen“ („Berliner Abkommen“), das den Handel zwischen den beiden deutschen Währungsgebieten regelt. 1. Okt. Die Bank deutscher Länder erhöht die Mindestreservesätze drastisch. Dadurch werden dem Kapitalmarkt 0,5 Mrd. DM entzogen. 5. Okt. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaus im Kohlebergbau“ (BT-Beschluss: 26. September) soll durch die Erhebung einer Abgabe zur Finanzierung von Bergarbeiterwohnungen im Kohlenbergbau von 2 DM pro Tonne verkaufter Kohle den Bau von Bergarbeiterwohnungen unterstützen [RB: 20.6.1951; GE: 26.6.1951; IKT: 25.10.1951; BGBl. I 1951 S. 865]. - Das „Gesetz zur Ergänzung und Änderung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer“ (BT-Beschluss: 26. September) stellt ehemalige Internierte in Konzentrationslagern auf dem Gebiet der SBZ sowie östlich der Oder- Neiße-Linie - insofern sie nicht gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und der Demokratie verstoßen haben - Kriegsgefangenen gleich [RB: 19.6.1951; GE: 26.6.1951; IKT: 1.4.1950, 31.10.1951; BGBl. I 1951 S. 875]. 34 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 9. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Ist zur Überwindung der gegenwärtigen Aufschwungshemmung eine aktive Konjunkturpolitik anzuraten? “ vor. 12. Okt. Der Bundesrat und der Bundestag (11. Oktober) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch den Bund 1951“. Der vom Bund geforderte Anteil an der Einkommensteuer von 31,3 vH wird im Ergebnis der parlamentarischen Beratungen auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses auf 27 vH herabgesetzt [RB: 30.3.1951; GE: 15.5.1951/ 21.6.1951/ 28.9.1951; IKT: 1.4.1951; BGBl. I 1951 S. 864]. 25. Okt. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das Haushaltsgesetz 1951 wird, um den beträchtlichen Rückstand bei der Verabschiedung des Bundeshaushaltes 1951 aufzuholen, in einen rasch verabschiedeten Hauptplan und einen Nachtrag aufgeteilt. Im Hauptplan werden die Vorjahresansätze übernommen, im Nachtrag die Haushaltskonsequenzen der politisch relevanten Entscheidungen. Insgesamt hat der Haushalt ein Volumen von 21,1 Mrd. DM [RB: 1.6.1951; IKT: 1.4.1951; BGBl. II 1951 S. 201]. - Durch das „Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes“ wird bei Importen die Ausgleichsteuer nach dem Wert des eingeführten Gegenstandes bemessen [RB: 9.10.1951; GE: 18.10.1951; IKT: 16.11./ 1.12.1951; BGBl. I 1951 S. 885]. Die Bank deutscher Länder hebt die Kreditrestriktionsbeschlüsse vom Februar und Juni 1951 wieder auf. Sie führt eine indirekte Kreditkontrolle mittels einer Beschränkung der Refinanzierungsfazilitäten ein. 8. Nov. Der Bundestag lehnt es in erster Lesung ab, den Regierungsentwurf über eine Sonderumsatzsteuer an den Finanzausschuss zu überweisen. Damit sind die Bestrebungen des Bundesfinanzministers zur Einführung einer Luxussteuer gescheitert. 9. Nov. Der Bundesrat lehnt den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhebung von Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen ab [RB: 9.10.1951]. 12. Nov. Bundesfinanzminister Schäffer und der Regierende Bürgermeister von Berlin (West) Ernst Reuter (SPD) einigen sich auf einen Bundeszuschuss für den Berliner Haushalt in Höhe von 0,6 Mrd. DM. 22. Nov. Der Bundestag verabschiedet - nach Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat - das „Soforthilfeanpassungsgesetz“. Grundgedanke ist es, für den durch Krieg, Vertreibung und Währungsreform erlittenen Vermögensverlust einen Ausgleich aus dem Vermögen derer zu schaffen, deren Vermögen erhalten blieb. Es gewährt Geschädigten einen Inflationsausgleich bei der Unterhaltshilfe und Nichtgeschädigten eine teilweise Stundung der Rate der Soforthilfeabgabe [RB: -; GE: 23.10.1951/ 25.10.1951/ 22.11.1951; IKT: 1.6./ 1.10./ 7.12.1951; BGBl. I 1951 S. 934]. 1951 35 23. Nov. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (14. November) verabschiedeten „Gesetz zur Finanzierung eines Sofortprogramms zur Arbeitsbeschaffung im Rechnungsjahr 1951“ zu. Das Sofortprogramm hat ein Volumen von 0,2 Mrd. DM und soll vor allem den Notstandsgebieten Schleswig- Holstein, Niedersachsen, Hessen und Niederbayern zugutekommen. Es sollen der noch im Entstehen begriffenen Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung eigene finanzielle Mittel sowie ein Kassenkredit des Bundes von 80 Mill. DM zur Verfügung gestellt werden [RB: 2.8.1951; GE: 18.8.1951/ 26.10.1951; IKT: 28.12.1951; BGBl. I 1951 S. 1006]. 18. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose rechnet mit einer weiteren Expansion der Wirtschaft, jedoch ohne Änderung des Aufschwungtempos. 20. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Bewertung des Vermögens für die Kalenderjahre 1949 bis 1951 (Hauptveranlagung 1949)“ (BT- Beschluss: 6. Dezember) schafft die Voraussetzung für die Veranlagung der Vermögensteuer von 1949 bis 1951 sowie für die Erhebung der Lastenausgleichsabgabe [RB: 13.4.1951; GE: 26.5.1951/ 15.10.1951; IKT: 18.1.1952; BGBl. I 1952 S. 22]. - Das „Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts“ (BT-Beschluss: 6. Dezember) vereinheitlicht das Gewerbesteuerrecht und führt u.a. die Gegenwartsbesteuerung ein [RB: 26.9.1951; GE: 11.10.1951; IKT: 30.12.1951; BGBl. I 1951 S. 996]. - Das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe ‚Notopfer Berlin‘“ (BT-Beschluss: 12. Dezember) verlängert die Erhebung bis zum 31. März 1952 und soll über die bislang erzielten Einnahmen ein Mehraufkommen von mindestens 0,1 Mrd. DM erzielen [RB: 16.11.1951; GE: 20.11.1951; IKT: 1.1.1952; BGBl. I 1951 S. 995]. - Das „Gesetz über die Stellung des Landes Berlin im Finanzsystem des Bundes“ (Drittes Überleitungsgesetz) (BT- Beschluss: 13. Dezember) gliedert Berlin in das Finanzsystem der Bundesrepublik ein. Die angestrebte Eingliederung wird jedoch durch die AHK verhindert; den finanziellen Rahmen des Gesetzes aber lässt sie unangetastet [RB: -; GE: 7.12.1951; IKT: 10.1.1952; BGBl. I 1952 S. 1]. - Das „Gesetz über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft“ (BT-Beschluss: 13. Dezember) schafft die Grundlage zur Investitionsverlagerung der gewerblichen Wirtschaft auf Engpassbereiche. Die Investitionshilfe soll dem Kohlebergbau, der eisenschaffenden Industrie und der Energiewirtschaft zu Investitionszwecken zur Verfügung gestellt werden. Das Gesetz führt Sonderabschreibungen (30 bzw. 50 vH) für 1952 bis 1954 getätigte Investitionen in den begünstigten Industrien ein [RB: 19.6.1951; GE: 7.7.1951/ 14.11.1951; IKT: 10.1.1952; BGBl. I 1952 S. 7]. 36 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1952 17. Jan. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das „Gesetz über weitere Stundung von Soforthilfeabgabe“ (Zweites Soforthilfeanpassungsgesetz) regelt die Stundung der am 20. Februar fälligen sowie der etwaigen folgenden Raten nach den Bestimmungen des Soforthilfeanpassungsgesetzes vom 5. Dezember 1951 [RB: -; GE: 12.1.1952; IKT: 20.2.1952; BGBl. I 1952 S. 93]. - Ein „Drittes Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft“ verdoppelt den Garantierahmen auf 2,4 Mrd. DM [RB: 28.9.1951; GE: 9.11.1951; IKT: 13.3.1952; BGBl. I 1952 S. 122]. 31. Jan. Die Bundesregierung beschließt, den Westalliierten einen jährlichen Verteidigungsbeitrag von 10,8 Mrd. DM (rd. 7 vH des BIP) vorzuschlagen. 4. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Belebung des Wertpapiermarktes“ vor. 15. Febr. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Wohnungsbau-Prämiengesetz (BT- Beschluss: 24. Januar) dient der Eigenkapitalförderung, indem es nach Familienstand und Aufwendungen Prämien für Sparleistungen zugunsten des Wohnungsbaus einführt (Bausparen) [RB: -; GE: 11.7.1951/ 17.1.1952; IKT: 22.3.1952; BGBl. I 1952 S. 139]. - Das „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe ,Notopfer Berlin‘“ (BT-Beschluss: 6. Februar) verlängert die Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 1953 und entlastet Familien [RB: -; GE: 28.1.1952; IKT: 13.3.1952; BGBl. I 1952 S. 129]. 29. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (13. Februar) verabschiedeten „Gesetz über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener“ zu. Die Entschädigung beträgt 6,5 vH des Reichsmarknennbetrags des Sparguthabens. Die Mittel sollen aus dem Lastenausgleichsfonds bereitgestellt und zeitlich gestreckt freigegeben werden [RB: -; GE: 7.3.1951/ 1.2.1952; IKT: 1.4.1952; BGBl. I 1952 S. 213]. 6. März Das Bundesverfassungsgericht erklärt, die in der Geschäftsordnung des Bundestages enthaltene Bestimmung, dass Abgeordnete nur dann eine den Haushalt belastende Finanzvorlage einbringen dürfen, wenn gleichzeitig ein Deckungsvorschlag vorgelegt wird, als eine verfassungswidrige Einschränkung des Initiativrechts der Parlamentarier [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 6.3.1952, 2 BvE 1/ 51]. 11. März Die Bundesregierung beschließt, die Zuständigkeit für Geld- und Kreditfragen vom BMF auf das BMWi zu übertragen, die Devisenüberwachung allerdings in der Zuständigkeit des BMF zu belassen. 14. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (28. Februar) verabschiedeten „Gesetz über die Steuerberechtigung und die Zerlegung 1952 37 bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer“ (Zerlegungsgesetz) zu. Grundlage für die Besteuerung ist damit der Wohnort des Steuerpflichtigen und nicht mehr die Betriebsstätte [RB: 26.9.1951; GE: 3.10.1951; IKT: 1.1.1952; BGBl. I 1952 S. 225]. 28. März Der Bundesrat und der Bundestag (20. März) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz über die Feststellung von Vertreibungsschäden und Kriegssachschäden“ (Feststellungsgesetz) [RB: -; GE: 9.11.1951/ 6.2.1952; IKT: 24.4.1952; BGBl. I 1952 S. 237, 534]. 29. März Die alliierte Bankenkommission wird aufgelöst. 24. April Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes und der Verbrauchsteuergesetze“. Es passt das Zollgesetz vom 20. März 1939 und einige Verbrauchsteuergesetze an das Zolltarifgesetz vom 16. August 1951 an [RB: 9.10. 1951; GE: 16.11.1951; IKT: 1.10.1951, 29.5.1952; BGBl. I 1952 S. 317]. 25. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (2. April) verabschiedeten „Zweiten Gesetz über die Finanzverwaltung“ zu. Es regelt die Einflussnahme des Bundes auf die Steuerverwaltung der Länder. Zur einheitlichen Anwendung der Steuergesetze wird eine zentrale Bundesbetriebsprüfungsstelle - Steuer - eingerichtet [RB: 12.2.1952; GE: 14.2.1952; IKT: 18.5.1952; BGBl. I 1952 S. 293]. 27. April Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Ausgleich der Währungsspannen im Rahmen einer europäischen Integration“ vor. 1. Mai Die Bank deutscher Länder führt Rediskontkontingente für Kreditinstitute ein und hebt gleichzeitig die bisherigen Refinanzierungskontingente auf. Weiterhin beschließt sie die Staffelung der Mindestreservesätze nach sechs Reserveklassen. Errichtung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. 14. Mai Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe“. Der Bundesminister der Finanzen wird ermächtigt, einen Betrag bis zur Höhe von 16,9 Mill. US-$ im Wege des Kredits zu beschaffen. Ein Großteil der US-amerikanischen Wirtschaftshilfe (89,1 Mill. US-$) wird als Schenkung gegeben [RB: -; GE: 28.4.1952; IKT: 26.5.1952; BGBl. I 1952 S. 301]. 26. Mai Die Bundesrepublik und die Westmächte unterzeichnen den Deutschlandvertrag. Er regelt die gegenseitigen Beziehungen und löst das Besatzungsstatut von 1949 ab. Er beinhaltet u.a. einen Truppenvertrag und ein Finanzabkommen, das den deutschen Verteidigungsbeitrag festlegt. 29. Mai Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1952“ (Haushaltsgesetz 1952). Das Verfahren der 38 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Zweiteilung des Haushalts aus dem Jahr 1951 wird erneut angewendet. Der Haushalt umfasst 18,5 Mrd. DM (16 vH des BSP) [RB: 22.2.1952; GE: 24.3.1952; IKT: 1.4.1952; BGBl. I 1952 S. 605]. Die Bank deutscher Länder senkt den Diskontsatz von 6 auf 5% und den Lombardsatz von 7 auf 6%. Mai/ Juni Die Gewerkschaften führen ohne Erfolg Warnstreiks zur Durchsetzung eines Betriebsverfassungsgesetzes mit neuen Mitbestimmungsregelungen durch. 8. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Verteidigungsleistungen und Wirtschaftsverfassung“ vor. 30. Juni Die Gemeinschaftsdiagnose rechnet für die nächsten Monate mit einem Anhalten der zur Jahreswende 1951/ 52 eingetretenen Stagnation der Wirtschaft. Die Marshallplan-Hilfe der Vereinigten Staaten für die Bundesrepublik, mit der seit 1948 1,5 Mrd. US-$ zur Verfügung gestellt wurden, endet. Es folgt eine Überleitung in die Agentur für gegenseitige Sicherhilfe (Mutual Security Agency; MSA), die zuvor Militärhilfe in Rahmen der Korea- Krise gewesen war. 4. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (26. Juni) verabschiedeten „Gesetz über die Verlängerung des Gesetzes über den Kapitalverkehr“ zu. Es verlängert die Geltungsdauer des Gesetzes vom 2. September 1949 bis zum 31. Oktober 1952 [RB: 11.3.1952; GE: 9.6.1952; IKT: 24.7.1952; BGBl. I 1952 S. 388]. 6. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wiederaufbau des Kapitalmarktes und Zinspolitik“ vor. 17. Juli Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1951“, das ein Volumen von 5,7 Mrd. DM vorsieht. Die Höhe von fast 25 vH des Gesamthaushalts erklärt sich durch die Zweiteilung des Haushaltsplans [RB: 12.2.1952; GE: 10.3.1952; IKT: 1.4.1951; BGBl. II 1952 S. 711]. 18. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft“ (BT-Beschluss: 26. Juni) verschiebt die Termine für die Feststellung der Bemessungsgrundlage sowie der Zahlungen und erhöht die Freigrenze für kleine Betriebe [RB: -; GE: 21.6.1952; IKT: 28.8.1952; BGBl. I 1952 S. 585]. - Das Lastenausgleichsgesetz (BT- Beschluss: 10. Juli; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) ersetzt das Soforthilfegesetzes vom 8. August 1949 und soll in den Grenzen volkswirtschaftlicher Möglichkeiten Schäden und Verluste regulieren, die durch Zerstörungen und Vertreibungen in der Kriegs- und Nachkriegszeit entstanden sind [RB: 19.1.1951; GE: 20.1.1951/ 26.3.1952/ 4.7.1952; IKT: 1.4./ 1.9.1952; BGBl. I 1952 S. 446]. - Durch das „Gesetz zur Einfügung eines Artikels 120a in das Grundgesetz“ (BT- Beschluss: 10. Juli; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) wird eine bundeseinheitliche Lastenausgleichs- 1952 39 verwaltung errichtet und das Hauptamt für Soforthilfe abgelöst [RB: -; GE: 25.4.1952; IKT: 18.8.1952; BGBl. I 1952 S. 445]. - Das „Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1952“ (BT-Beschluss: 9. Juli; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) legt den Bundesanteil an der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer auf 37 vH fest. Der Zugriff des Bundes wird auf 4,2 Mrd. DM begrenzt. Außerdem werden den Ländern mindestens Einnahmen von 105 vH des Vorjahresertrags garantiert. Danach ergibt sich im laufenden Jahr ein Bundesanteil von 35,6 vH [RB: 12.2.1952; GE: 8.3.1952/ 4.7.1952; IKT: 1.4.1952; BGBl. I 1952 S. 389]. 23. Juli Der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) tritt in Kraft. 30. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Dritte Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West)“ (BT- Beschluss: 17. Juli) enthält eine Erweiterung der Bundesleistungen. U.a. wird die Bundesgarantie zur Sicherung des Warenverkehrs verdoppelt und die Befreiung bestimmter Umsätze West-Berliner Unternehmer von der Umsatzsteuer eingeführt [RB: -; GE: 15.7.1952; IKT: 1.8.1952; BGBl. I 1952 S. 390]. - Das „Gesetz über die Erhöhung der Einkommensgrenzen in der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung und zur Änderung der 12. Verordnung zum Aufbau einer Sozialversicherung“ (BT-Beschluss: 19. Juli) sieht vor, dass arbeitslos gewordene Mitglieder in der Ersatzkasse bleiben dürfen [RB: 22.2.1952; GE: 8.5.1952; IKT: 1.9.1952, 1.1.1953; BGBl. I 1952 S. 437]. - Das vom Bundestag (19. Juli) beschlossene Betriebsverfassungsgesetz, für das der Bundesrat die Zustimmungsbedürftigkeit feststellte, sieht vor, dass in Privatbetrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmern ein Betriebsrat zu wählen ist. In Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften, Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit besteht der Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer. Es regelt weiterhin u.a. Zusammensetzung und Wahl sowie Amtszeit und Geschäftsführung des Betriebsrats; ferner werden Mitbestimmung und Mitwirkung der Arbeitnehmer, soziale, wirtschaftliche und personelle Angelegenheiten sowie die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat geordnet [RB: -; GE: 8.7.1952; IKT: 14.11.1952; BGBl. I 1952 S. 681]. 14. Aug. Die Bundesrepublik tritt dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank bei. Die deutschen Beteiligungen an IWF und Weltbank belaufen sich auf je 300 Mill. US-$. Für ihre Aufbringung zuzüglich der IWF-Quote erhält der Bundesminister der Finanzen eine Kreditermächtigung von 2,8 Mrd. DM [RB: 18.3.1952; GE: 31.5.1952/ 27.6.1952; IKT: 2.8./ 14.8.1952; BGBl. II 1952 S. 637, 728]. 21. Aug. Die Bank deutscher Länder senkt den Diskontsatz von 5 auf 4,5% und den Lombardsatz von 6 auf 5,5%. 40 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 22. Aug. Die Bundesregierung gibt die Stahlpreise frei und hebt alle Produktionsbeschränkungen für Stahl auf. 10. Sept. Mit der Unterzeichnung der Haager Protokolle und dem Luxemburger Wiedergutmachungsabkommen verpflichtet sich die Bundesrepublik (Ratifikation durch den Bundestag am 18. März 1953), über einen mehrjährigen Zeitraum 3,45 Mrd. DM Globalentschädigung an den Staat Israel zu leisten [RB: 8.9.1952; GE: 27.2.1953; IKT: 27.3.1953; BGBl. II 1953 S. 35, 128]. 26. Sept. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (10. September) verabschiedeten „Gesetz über den Finanzausgleich unter den Ländern in den Rechnungsjahren 1951 und 1952“ zu. Es ordnet die finanziellen Beziehungen der Länder neu [RB: 12.2.1952; GE: 8.3.1952/ 15.7.1952; IKT: 1.4.1951; BGBl. I 1952 S. 665]. 23. Okt. Der Bundestag verabschiedet das „Schaumweinsteuergesetz“. Es hebt den Kriegszuschlag auf und ersetzt ihn durch eine Schaumweinsteuer von 1 DM pro Flasche (0,75 Liter) (Mindereinnahmen: 10 Mill. DM) [RB: -; GE: 9.7.1952/ 9.10.1952; IKT: 1.11.1952; BGBl. I 1952 S. 730]. 16. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Konvertierbarkeit der Währungen“ vor. 21. Nov. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ (BT-Beschluss: 30. Oktober) wird Versicherungsfreiheit für Auszubildende und Praktikanten eingeführt [RB: -; GE: 30.9.1952; IKT: 1.1.1952; BGBl. I 1952 S. 790]. - Das „Erste Gesetz zur Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes“ (BT- Beschluss: 18. November) erhöht u.a. den jährlichen Sonderausgabenpauschbetrag um 156 DM auf 624 DM (Steuermindereinnahmen: 120 Mill. DM) [RB: 19.9.1952; GE: 4.10.1952; IKT: 12.12. 1952; BGBl. I 1952 S. 789]. - Das „Gesetz über die Aufteilung der Vermögensteuer zwischen Berlin (West) und dem übrigen Geltungsbereich dieses Gesetzes“ (BT-Beschluss: 30. Oktober) enthält Regelungen, um die Widersprüche und Härten auszugleichen, die durch unterschiedliche Vermögensteuergesetze von 1949 bis 1951 entstehen konnten [RB: -; GE: 21.8.1952/ 29.10.1952; IKT: 17.12.1952; BGBl. I 1952 S. 796]. - Das „Erste Gesetz zur Förderung des Kapitalmarkts“ (BT-Beschluss: 30. Oktober) befreit zur Verbesserung der Nettorenditen Pfandbriefe, Kommunalobligationen, Schuldverschreibungen des Bundes und der Länder und förderungswürdige Industrieobligationen von der Einkommensbesteuerung; die Erträge einiger anderer Papiere werden einer Kapitalertragsteuer von 30 vH unterworfen, womit die Einkommen- und Körperschaftsteuer abgegolten wird [RB: 8.7.1952; GE: 10.7.1952; IKT: 17.12.1952; BGBl. I 1952 S. 793]. 25. Nov. Die Westalliierten verzichten nach dem Beitritt der Bundesrepublik zum IWF auf die Überwachung des deutschen Außenhandels und der Kursbildung der D-Mark. 1952/ 1953 41 10. Dez. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Gewährung von Zuwendungen an Kriegsopfer und Angehörige von Kriegsgefangenen“, wofür einmalige Ausgaben in Höhe von 180 Mill. DM erforderlich sind [RB: -; GE: 21.10.1952/ 22.10.1952/ 28.11.1952; IKT: 1.12.1952; BGBl. I 1953 S. 10]. 14. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Frage des gemeinsamen Marktes innerhalb der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ vor. 15. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose geht für 1953 von einem mittleren Wachstum aus. Die Institute rechnen jedoch nicht mit einer starken Reduktion der gesamten Investitionstätigkeit und daraus resultierenden Wirkungen auf Beschäftigung und Einkommen. 18. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Stellung des Landes Berlin im Finanzsystem des Bundes“ (BT-Beschluss: 11. Dezember) sieht u.a. vor, dass das vom Bundesrecht abweichende Recht des Landes Berlin auf dem Gebiet der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer für die vor dem 1. Januar 1953 endenden Veranlagungszeiträume, bei Steuerabzug vom Arbeitslohn für die vor dem 1. Januar 1953 endenden Lohnzahlungszeiträume weiter anzuwenden ist [RB: 27.11.1952; GE: 2.12.1952; IKT: 24.12.1952; BGBl. I 1952 S. 821]. - Das „Gesetz über die Erhöhung der Grundbeträge in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Rentenversicherung der Angestellten sowie über die Erhöhung der Renten in der knappschaftlichen Rentenversicherung (Grundbetragserhöhungsgesetz)“ (BT- Beschluss: 11. Dezember) hebt u.a. die beitragsunabhängigen Rentenbestandteile an. Der Mehraufwand im Sozialhaushalt wird im Rechnungsjahr 1953 auf 1,07 Mrd. DM gegenüber dem Rechnungsjahr 1952 geschätzt [RB: -; GE: 4.12.1952; IKT: 1.12.1952; BGBl. I 1953 S. 125]. 25. Dez. In der Bundesrepublik wird zum ersten Mal ein offizielles Fernsehprogramm ausgestrahlt. 1953 8. Jan. Die Bank deutscher Länder senkt den Diskontsatz von 4,5 auf 4% und den Lombardsatz von 5,5 auf 5%. 30. Jan. Die Bundesrepublik vereinbart mit dem IWF eine DM-Parität auf der Basis 1 DM = 0,211588 g Feingold (1 US-$ = 4,20 DM). 6. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (22. Januar) verabschiedeten „Gesetz über den Erlass von Rechtsverordnungen auf dem Gebiet der Neuordnung des Geldwesens und über die Neufestsetzung des Nennkapitals von Kreditinstituten in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften“ zu. Es ermächtigt die Bundesregierung u.a., Vorschriften über den Reichsmarkab- 42 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland schluss und die Umstellungsrechnung der Geldinstitute, der Versicherungen und Bausparkassen zu erlassen [RB: -; GE: 20.2.1952/ 13.11.1952; IKT: 23.4.1953; BGBl. I 1953 S. 127]. 10. Febr. Errichtung des gemeinsamen Marktes für Kohle, Eisenerz und Schrott innerhalb der EGKS. 14. Febr. Die Wissenschaftlichen Beiräte beim BMF und BMWi legen eine Erklärung „Zur Reform des Steuersystems“ vor. 20. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (4. Februar) beschlossenen „Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes“ zu, wodurch die bisherigen Regelungen bis zum 1. Mai 1953 in Kraft bleiben [RB: -; GE: 21.1.1953; IKT: 1.1.1953; BGBl. I 1953 S. 51]. 22. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Problem der Integration der europäischen Agrarmärkte (sogenannte Agrarunion)“ vor. 27. Febr. In London (Vereinigtes Königreich) unterzeichnet die Bundesrepublik das Abkommen über deutsche Auslandsschulden (Londoner Schuldenabkommen), wodurch sie Privat- und Außenhandelsschulden aus der Zeit vor 1945 in Höhe von 13,5 Mrd. DM und aus der Nachkriegshilfe in Höhe von 16 Mrd. DM anerkennt (Ratifikation durch den Bundestag am 2. Juli). Die zu bedienende Schuld wird auf jeweils 7 Mrd. DM festgelegt, weil eine volle Abgeltung für die deutsche Volkswirtschaft untragbar erscheint [RB: 24.2.1953/ 13.4.1953; GE: 13.4.1953; IKT: 24.8.1953, 16.9.1953; BGBl. II 1953 S. 331, 486, 491, 496, 503, 508, 556]. 19. März Der Bundestag ratifiziert den Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) [RB: 17.6.1952; GE: 21.6.1952; IKT: 30.3.1954; BGBl. II 1954 S. 342]. 20. März Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Neuregelung der Abgaben auf Mineralöl“. Es bezweckt eine Neuordnung von Mineralölzoll und Mineralölsteuer, ohne das Haushaltsaufkommen zu ändern [RB: 29.8.1952; GE: 23.10.1952/ 26.2.1953; IKT: 30.4./ 1.6.1953; BGBl. I 1953 S. 149]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (26. Februar) verabschiedeten „Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe ,Notopfer Berlin‘“ zu. Es verlängert die Abgabe bis zum 31. Dezember 1954 und dehnt ihre Erhebung auf Berlin (West) aus [RB: 9.1.1953; GE: 16.1.1953/ 4.2.1953; IKT: 31.3.1953; BGBl. I 1953 S. 88]. 25. März Der Bundestag verabschiedet „Das Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1952 (Nachtragshaushaltsgesetz 1952)“. Der Nachtrag umfasst 2,3 Mrd. DM [RB: 19.9.1952; GE: 13.11.1952/ 25.2.1953; IKT: 1.4.1952; BGBl. II 1953 S. 99]. 27. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (20. März) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West)“ zu. Es sieht 1953 43 u.a. die Kürzung der Umsatzsteuerschuld Westberliner Unternehmen vor [RB: -; GE: 18.3.1953; IKT: 19.4.1953; BGBl. I 1953 S. 117]. 15. April Der Bundestag verabschiedet das Tabaksteuergesetz, wodurch die Tabaksteuer je nach Produkt um 15 bis 50 vH gesenkt wird [RB: 29.8.1952; GE: 18.11.1952/ 11.3. 1953; IKT: 9.5./ 1.6./ 8.6./ 1.7.1953; BGBl. I 1953 S. 169]. 17.-25. April Der ad-hoc-Ausschuss der EVG-Staaten und des Nordatlantikpaktes (NATO) legen den deutschen Wehrbeitrag fest. Bei seiner Neufestsetzung wird das Inkrafttreten der EVG im Jahr 1953 unterstellt. Bis dahin soll die Bundesrepublik Deutschland monatlich 0,6 Mrd. DM Besatzungskosten zahlen, danach 1 Mrd. DM. 24. April Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes“ (BT-Beschluss: 25. März) gewährt Steuervergünstigungen beim nicht entnommenen Gewinn für nach dem Bundesvertriebenengesetz berechtigte Steuerpflichtige und für ehemalige politisch Verfolgte. Die Regelung ist auf die Jahre 1952 bis 1956 befristet [RB: -; GE: 24.10.1952; IKT: 23.5.1953; BGBl. I 1953 S. 222]. - Das „Gesetz zur Ergänzung des ersten Gesetzes zur Förderung des Kapitalmarktes“ (BT-Beschluss: 25. März) sieht vor, dass die mit einer Kapitalertragsteuer von 30 vH belegten Papiere von der Gewerbeertragsteuer, der Kirchensteuer sowie vom „Notopfer Berlin“ befreit werden [RB: -; GE: 4.2.1953/ 11.3. 1953; IKT: 21.5.1953; BGBl. I 1953 S. 190]. - Das „Gesetz über steuerliche Begünstigung von Zuschüssen und Darlehen zur Finanzierung des Lastenausgleichs“ (BT-Beschluss: 20. März) schafft Anreize zur vorzeitigen Ablösung von Lastenausgleichsschulden [RB: 20.1.1953; GE: 26.1.1953/ 18.3.1953; IKT: 21.5.1953; BGBl. I 1953 S. 189]. 28. April Der Bundestag verabschiedet ein „Zweites Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft“. Es erhöht den durch das Gesetz vom 21. Juli 1951 festgesetzten Betrag um 300 Mill. DM auf 800 Mill. DM [RB: -; GE: 13.4.1953; IKT: 17.6.1953; BGBl. I 1953 S. 380]. 1. Mai Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Frage der wirtschaftlichen Integration Europas“ vor. Beginn des gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl in den Ländern der EGKS. 4. Mai Die Devisenbörsen in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München sowie in Berlin (West) werden wiedereröffnet. 5. Mai Der Bundestag verabschiedet ein „Drittes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes“, wodurch die Umsatzsteuer bei der Einfuhr von Naturerzeugnissen und Nahrungsmitteln auf 6 vH und von Halb- und Fertigwaren auf bis zu 12 vH erhöht wird, um eine Angleichung der Umsatzsteuerbelastung innerhalb der Montanunion 44 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland herzustellen [RB: -; GE: 30.4.1953; IKT: 29.5.1953; BGBl. I 1953 S. 233]. 6. Mai Der Bundestag verabschiedet ein „Viertes Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft“, wodurch der im Gesetz vom 22. Februar 1952 festgelegte Betrag um 1,6 Mrd. DM auf 4 Mrd. DM erhöht wird [RB: -; GE: 9.3.1953/ 16.4.1953; IKT: 17.6.1953; BGBl. I 1953 S. 381]. 11. Mai Der Kanadische Dollar wird wieder zum freien Devisenhandel zugelassen. 18. Mai Das Britische Pfund sowie die Dänische Krone und die Schwedische Krone werden, zusammen mit anderen Währungen, wieder zum freien Devisenhandel zugelassen. 22. Mai Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (6. Mai) verabschiedeten „Gesetz zur Milderung von Härten der Währungsreform bei Gläubigerverlusten“ (Altsparergesetz) zu. Insgesamt sind durch den Lastenausgleichsfonds rd. 5,7 Mrd. DM aufzubringen [RB: -; GE: 28.4.1953; IKT: 1.7.1953; BGBl. I 1953 S. 495]. 10. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Aufhebung überholter steuerrechtlicher Vorschriften“, welches u.a. die 1931 durch Notverordnung geschaffene Reichsfluchtsteuer aufhebt [RB: -; GE: 14.3.1951/ 20.3.1953; IKT: 10.8.1953; BGBl. I 1953 S. 689]. 11. Juni Die Bank deutscher Länder senkt den Diskontsatz von 4 auf 3,5% und den Lombardsatz von 5 auf 4,5%. 17. Juni In der DDR kommt es zum Volksaufstand gegen die Unterdrückung im Zeichen des Stalinismus, gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen, die notorische Lebensmittelknappheit und gegen den „Sozialismus um jeden Preis“. Die Demonstranten fordern überdies allgemeine, freie und geheime Wahlen. Ausgelöst wurde der Aufstand durch eine Steigerung der Arbeitsnormen um durchschnittlich 10 vH. 19. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung des zweiten Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin (West)“. Es erhöht den Bürgschaftsrahmen für Betriebsmittelkredite von Banken an Unternehmen in Berlin (West) von 20 Mill. DM auf 30 Mill. DM sowie den Rahmenkredit von 100 Mill. DM auf 150 Mill. DM [RB: -; GE: 12.6.1953; IKT: 4.8.1953; BGBl. I 1953 S. 707]. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Länderfinanzausgleichsgesetz für die Rechnungsjahre 1953 und 1954 (BT- Beschluss: 3. Juni) bestimmt u.a., dass der Finanzausgleich in den Jahren 1953 und 1954 je gesondert durchzuführen ist [RB: 24.2.1953; GE: 24.2.1953/ 11.5.1953; IKT: 1.4.1953; BGBl. I 1953 S. 446]. - Durch das „Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung“ (BT-Beschluss: 11. Juni; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) wird die sogenannte „Kleine Steuerreform 1953“ umgesetzt. Neben dem Gewerbesteuergesetz und 1953 45 der Abgabe „Notopfer Berlin“ werden das Einkommensteuergesetz (EStG) und das Körperschaftsteuergesetz geändert. Per Saldo wird eine Minderung des Aufkommens von 0,6 Mrd. DM erwartet. Die wichtigsten Änderungen betreffen die Einkommensteuer durch eine allgemeine Senkung des höchsten Grenzsteuersatzes von 95 auf 80 vH und des maximalen Durchschnittssteuersatzes von 80 auf 70 vH (Plafondregelung). Hinzu kommt eine Anhebung der Freibeträge (Grund-, Ehegatten- und Kinderfreibetrag). Zahlreiche Änderungen betreffen die Erweiterung, die Einschränkung oder den Fortfall der steuerlichen Förderung bestimmter Investitionen bzw. Sonderausgaben und die Abgrenzung von Betriebsausgaben zu den Aufwendungen der privaten Lebensführung. Gestrichen wird der § 32b EStG, der die Anwendung des Körperschaftsteuersatzes auf Gewinne aus Gewerbetätigkeit natürlicher Personen ermöglichte. Der Körperschaftsteuersatz für ausgeschüttete Gewinne wird von 60 auf 30 vH herabgesetzt; damit wird die bisherige Einheitlichkeit des Körperschaftsteuersatzes aufgehoben. Der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer wird für 1953 von 37 auf 38 vH erhöht [RB: 30.1.1953; GE: 21.2.1953/ 24.4.1953/ 1.6.1953; IKT: 26.6.1953; BGBl. I 1953 S. 413]. 26. Juni Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das Haushaltsgesetz 1953 sieht ein Volumen von 27,8 Mrd. DM (18 vH des BSP) vor und ist der erste Normalhaushalt nach dem „Rumpfhaushalt 1949“, dem “Überleitungshaushalt 1950“, dem „Überrollungshaushalt 1951“ und dem „Wiederholungshaushalt 1952“ [RB: 27.11.1952; GE: 16.1.1953; IKT: 1.4.1953; BGBl. II 1953 S. 159]. - Ein „Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bank deutscher Länder“ erhöht den Kassenkreditrahmen von 1 Mrd. DM auf 1,5 Mrd. DM und führt einen Kreditrahmen des Sondervermögens „Ausgleichsfonds“ ein [RB: 10.3.1953; GE: 5.5.1953; IKT: 12.9.1953; BGBl. I 1953 S. 1317]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (10. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes“ zu. Es erleichtert die Ablösung der Lastenausgleichsabgaben durch Steuerfreiheit von Lastenausgleichsversicherungen, die zuvor nur für Erbschaftsteuerversicherungen galt [RB: -; GE: 14.4.1953; IKT: 28.7.1953; BGBl. I 1953 S. 687]. 28. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Problem der gegenwärtigen deutschen Zahlungsbilanz“ vor. 3. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (24. Juni) verabschiedeten „Zweiten Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes“ zu. Es sieht eine stärkere Berücksichtigung der Kriegsschäden bei der Bemessung der Vermögensabgabe vor [RB: -; GE: 6.5.1953/ 7.5.1953/ 10.6.1953; IKT: 13.8.1953; BGBl. I 1953 S. 692]. 6. Juli Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für die nächsten Monate ein Anhalten der im Frühjahr 1953 deutlich sichtbar gewordenen Expansion der Wirtschaft sowie ein konstantes Preisniveau. 11. Juli Der Bundesminister für den Marshallplan, Franz Blücher (FDP), stellt zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Investitionstätigkeit ein Wirtschaftsförderungspro- 46 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland gramm im Umfang von 320 Mill. DM auf, das aus Mitteln des ERP-Sondervermögens finanziert wird. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wird ermächtigt, Kreditzusagen an Unternehmen der westdeutschen Wirtschaft zu erteilen. 17. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge“ (BT-Beschluss: 3. Juli) regelt u.a. die Dauer des Bezugs von Arbeitslosenunterstützung neu [RB: -; GE: 28.4.1953/ 24.6.1953; IKT: 1.8.1953; BGBl. I 1953 S. 1022]. - Das vom Bundestag (3. Juli) verabschiedete „Gesetz über die Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte“ [RB: 20.2.1953; GE: 6.5.1953; IKT: 1.8.1953; BGBl. I 1953 S. 857]. - Das vom Bundestag (3. Juli) verabschiedete „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr“ [RB: 27.3.1953; GE: 8.4.1953; IKT: 13.8.1953; BGBl. I 1953 S. 884]. - Das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz (BT-Beschluss: 2.7.1953) sieht die Zahlung einer nach der Dauer der Kriegsgefangenschaft gestaffelten Entschädigung sowie Darlehen für Beruf und Beihilfen für den Hausrat für alle nach dem 31. Dezember 1946 zurückkehrenden Kriegsgefangenen vor. Aufgrund des zu erwartenden hohen finanziellen Aufwandes verzögerte die Bundesregierung ihre Zustimmung zum Gesetz [RB: -; GE: 15.5.1953/ 10.6.1953/ 30.6.1953; IKT: 3.2.1954; BGBl. I 1954 S. 5]. - Das ERP-Verwaltungsgesetz (BT- Beschluss: 3. Juli) legt den Status und Aufgaben des ERP-Sondervermögens fest. Das Vermögen, das von 1950 bis 1953 im Bundeshaushalt enthalten war, erhält ab 1954 einen eigenen Haushalt [RB: 6.3.1953; GE: 17.4.1953/ 1.7.1953; IKT: 14.9.1953/ 1.4.1954; BGBl. I 1953 S. 1312]. 27. Juli Der Schweizer Franken wird zum freien Devisenhandel wieder zugelassen. In Panmunjom (Korea) unterzeichnen Vertreter von Nordkorea und China einerseits sowie den Vereinten Nationen andererseits ein Waffenstillstandsabkommen, das die Kriegshandlungen beendet. 29. Juli Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze, die Kompromissvorschläge des Vermittlungsausschusses aufnehmen: - Das „Gesetz zum Ausgleich der von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherungen für das Rechnungsjahr 1952 zu tragenden Mehraufwendungen für Rentenzahlungen“ sieht anstelle von Zahlungen die Zuteilung von Schuldbuchforderungen gegen den Bund vor [RB: 28.10.1952; GE: 26.1.1953/ 2.7.1953; IKT: 1.4.1952; BGBl. I 1953 S. 1451]. - Durch das „Gesetz über die Deckung der Rentenzulagen nach dem Rentenzulagengesetz für das Rechnungsjahr 1953“ erhalten die Rentenversicherungsträger anstelle von Barzuschüssen Schuldbuchforderungen gegen den Bund [RB: -; GE: 3.6.1953/ 2.7.1953; IKT: 1.4.1953; BGBl. I 1953 S. 1321]. 31. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (18. Juni) verabschiedeten „Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz“ zu. Mit dem Gesetz wird die Entschädigung nicht realisierbarer Versicherungsansprüche von 1953 47 Flüchtlingen aus dem Ausland (Ostblock) geregelt [RB: 19.12.1952; GE: 19.03.1953/ 5.6.1953; IKT: 1.4.1952, 1.4.1953; BGBl. I 1953 S. 848]. 10. Aug. Der US-Dollar wird wieder zum freien Devisenhandel zugelassen. 3. Sept. Bundesfinanzminister Schäffer setzt eine Kommission unter dem Vorsitz von Dr. Herbert Fischer-Menshausen ein, die Vorschläge zur Reform des bundesstaatlichen Finanzausgleichs unterbreiten soll (Vorlage des Berichts: 7. Januar 1954). 6. Sept. Wahlen zum zweiten Deutschen Bundestag. Die Unionsparteien erzielen erhebliche Stimmenzuwächse und erreichen 45,2 vH der Wählerstimmen (CDU: 36,4 vH; CSU: 8,8 vH). Die bisherigen Koalitionspartner FDP (9,5 vH) und DP (3,3 vH) erleiden hingegen Stimmenverluste. Die Vertriebenenpartei „Gesamtdeutscher Block/ Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten“ (GB/ BHE) erreicht 5,9 vH der Stimmen. Aufgrund der Erweiterung der Bundesregierung um den GB/ BHE verfügt die Regierungskoalition über eine Zwei-Drittel- Mehrheit der Mandate. Die größte Oppositionsfraktion bildet die SPD, die 28,8 vH der Stimmen erreicht. Erstmals gilt die Fünf-Prozent-Hürde bundesweit. Durch die Grundmandatsklausel (mindestens ein Direktmandat) zieht auch das Zentrum (0,8 vH) mit drei Abgeordneten in den Bundestag ein. 9. Okt. Der Bundestag wählt Konrad Adenauer zum zweiten Mal zum Bundeskanzler. Er bildet eine Regierung aus CDU/ CSU, FDP, DP, GB/ BHE. Die CDU stellt acht Minister, die CSU drei, die DP zwei, die FDP vier und der GB/ BHE einen. Friedrich Schäffer bleibt Finanzminister, Ludwig Erhard Wirtschaftsminister und Anton Storch Minister für Arbeit und Sozialordnung. 11. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Fragen des gemeinsamen Marktes“ vor. 20. Okt. Die Bundesregierung wird vereidigt. Bundeskanzler Konrad Adenauer kündigt in seiner Regierungserklärung eine umfassende Sozialreform an. 17. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für die ersten Monate des Jahres 1954 eine Verlangsamung der Expansion der Wirtschaft aber eine Erhöhung der Beschäftigung. 19. Dez. Der hessische Finanzminister Dr. Heinrich Troeger (SPD) stellt im Haushaltsentwurf des Bundes für 1954/ 55 erhebliche Reserven fest, die aus nicht abgerufenen Besatzungsgeldern in Höhe von 1,75 Mrd. DM bestehen. 48 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1954 10. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Sicherung der wirtschaftlichen Expansion“ vor. 12. März In der Bundesrepublik fallen die Devisenbeschränkungen weg. 1. April Bundeswirtschaftsminister Erhard erlässt den Runderlass Außenwirtschaft Nr. 24/ 54 „Frei konvertierbare DM-Konten“ und „Beschränkt konvertierbare DM-Konten“. Das Verbot der Einfuhr von D-Mark nach Deutschland wird aufgehoben, die Freigrenze für Reisedevisen zur Ausführung ins Ausland erhöht. Beschränkungen bleiben nur noch gegenüber dem Dollarraum bestehen. 9. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (1. April) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes“ zu. Es lässt die steuerliche Abzugsfähigkeit fester Sparraten aus allen vor dem 1. Juni 1953 abgeschlossenen Sparverträgen wieder zu [RB: -; GE: 26.2.1954/ 19.3.1954; IKT: 1.5.1954; BGBl. I 1954 S. 111]. 6. Mai Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsgesetz 1954. Der Haushalt liegt mit einem Volumen von 27,1 Mrd. DM unter dem des Vorjahres, weil der ERP-Wirtschaftsplan durch das ERP-Verwaltungsgesetz erstmals gesondert aufgestellt wird [RB: 18.12.1953; GE: 23.12.1953/ 31.3.1954; IKT: 1.4.1954; BGBl. II 1954 S. 541]. 20. Mai Die Bank deutscher Länder senkt den Diskontsatz von 3,5 auf 3% und den Lombardsatz von 4,5 auf 4%. 31. Mai Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten zum „Problem landwirtschaftlicher Paritätspolitik im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik“ vor. 4. Juli Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert, dass nach einer kräftigen Zunahme der wirtschaftlichen Aktivität im ersten Halbjahr 1954 und einem stabilen Preisniveau, von der Preisentwicklung keine nennenswerten Hemmungen auf das konjunkturelle Geschehen ausgehen. 10. Juli Der Bundestag verabschiedet das vierte Änderungsgesetz über die Errichtung der Bank deutscher Länder. Es ermöglicht der Bundesrepublik, einen Kredit bei der Bank deutscher Länder in Höhe von 1,5 Mrd. DM aufzunehmen, um die Verpflichtungen als Mitglied der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung erfüllen zu können (Pflichteinzahlung und Ziehungsrechte) [RB: 29.1.1954; GE: 30.3.1954/ 14.6.1954; IKT: 12.8.1954; BGBl. I 1954 S. 240]. 14. Juli Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz betreffend die Treuhandverwaltung über das Vermögen der Deutschen Reichsbank“. Es löst zahlreiche Regelungen der Militärregierungsgesetze ab [RB: -; GE: 28.6.1954/ 9.7.1954; IKT: 12.8.1954; BGBl. I 1954 S. 241]. Die Bundesregierung veröffentlicht Einzelheiten des Investitionshilfsprogramms 1954 49 für 1955, das Investitionen von insgesamt 1,5 Mrd. DM bis 1,6 Mrd. DM vorsieht. Der weitaus größte Teil der bereitgestellten Mittel entfällt auf das ERP-Sondervermögen. 16. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (25. Juni) verabschiedeten „Gesetz über die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Kindergeld“ zu. Es legt fest, dass Kindergeldzahlungen nicht zum abgabenpflichtigen Einkommen zählen [RB: -; GE: 14.1.1954/ 20.5.1954; IKT: 1.7.1954; BGBl. I 1954 S. 257]. 20. Juli Der deutsche Wehrbetrag wird gemäß den Beschlüssen des ad-hoc-Ausschusses der künftigen Staaten der EVG und der NATO bis zum 31. Dezember 1954 verlängert. 27. Aug. Durch einen Schiedsspruch endet der Metallarbeiterstreik in Bayern. In der 18tägigen Auseinandersetzung legen über 100 000 der rd. 240 000 Arbeiter der bayerischen Metallindustrie ihre Arbeit nieder. Der Streik gilt als eine der größten Niederlagen einer deutschen Gewerkschaft in Tarifauseinandersetzungen. Er hatte u.a. Maßregelungen von Streikteilnehmern zur Folge. 1. Sept. Bundesfinanzminister Schäffer weist auf Kassenreste hin. Er gibt die Einrichtung eines Sonderkontos bekannt, auf dem nicht abgerufene Besatzungskosten in Höhe von 1,8 Mrd. DM liegen. Die Presse nennt diese Kassenreste unter Anspielung auf den Reichskriegsschatz im Turm der Spandauer Zitadelle „Julius-Turm“. 3. Sept. Die Bank deutscher Länder verlängert die Ablieferungsfrist für Devisen aus Waren- und Dienstleistungsgeschäften von drei auf sechs Monate. 15. Sept. Die Bank deutscher Länder und das BMWi heben die Blockierung von Vermögenswerten von Devisenausländern (Sperr- Mark) auf. Durch die Freigabe des Eintausches aller Sperrguthaben in beliebige Devisen von Weichwährungsländern wird die liberalisierte Kapitalmark (Libka-Mark) geschaffen. 2. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Fragen des Kartellproblems, die durch die bevorstehende Gesetzgebung aufgeworfen werden“ vor. 15. Okt. Der Bundesrat und der Bundestag (14. Oktober) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz über die Lastenausgleichsbank (Bank für Vertriebene und Geschädigte)“. Danach wird die Bank mit einem Kapital von 25 Mill. DM, das zum größten Teil vom Ausgleichsfonds aufgebracht wird, ausgestattet, um durch Kredite an die Vertriebenen und Geschädigten deren wirtschaftliche Eingliederung zu fördern [RB: 17.11.1953; GE: 24.11.1953/ 22.6.1954/ 8.10.1954; IKT: 31.10.1954; BGBl. I 1954 S. 293]. 19.-23. Okt. In Paris (Frankreich) vereinbaren die Bundesrepublik und die Westmächte (Viermächtekonferenz) die Beendigung des Besatzungsregimes und den Beitritt der Bundesrepublik zur NATO und zum Brüsseler Pakt der Westeuropäischen Union 50 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland (WEU) (Pariser Verträge). Der Deutschlandvertrag vom 26. Mai 1952 wird aktualisiert. 21. Okt. Der Bundestag verabschiedet ein „Fünftes Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft“. Es erhöht den dafür festgesetzten Betrag von 4 Mrd. DM auf 5 Mrd. DM [RB: -; GE: 6.7.1954; IKT: 4.12.1954; BGBl. I 1954 S. 356]. 23. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Probleme der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und ihrer Auswertung“ vor. 29. Okt. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Kindergeldgesetz (BT-Beschluss: 14. Oktober) führt ab dem dritten Kind ein Kindergeld von monatlich 25 DM ein. Die Träger des Kindergeldes sind die Berufsgenossenschaften, die Familienausgleichskassen errichten [RB: -; GE: 11.3.1954/ 12.7.1954; IKT: 16.11. 1954, 1.1.1955; BGBl. I 1954 S. 333]. - Das Renten-Mehrbetrags-Gesetz (BT- Beschluss: 14. Oktober) sieht bis zur geplanten Neuordnung des Rentensystems keine pauschale Rentenerhöhung vor, sondern nimmt eine Erhöhung der Renten entsprechend dem Kaufkraftverlust vor, den die einzelnen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) in verschiedenen Zeiträumen erfahren haben [RB: -; GE: 16.9.1954/ o.D.; IKT: 1.12.1954, 1.4.1955; BGBl. I 1954 S. 345]. 4. Nov. Der Bundestag verabschiedet ein „Drittes Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft“. Es erhöht den Betrag um 650 Mill. DM auf 1,45 Mrd. DM [RB: -; GE: 21.7.1954; IKT: 10.12.1954; BGBl. I 1954 S. 365]. 14. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Anträge und Gesetzentwürfe zur Beschränkung des Wettbewerbs in gewissen Gewerben und Berufen“ vor. 19. Nov. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Erhebung einer Abgabe ‚Notopfer Berlin‘“. Es bestimmt als Bemessungsgrundlage für die Abgabe auf das Einkommen nach dem Einkommensteuergesetz und bezieht das Notopfer in den Lohnsteuerjahresausgleich bzw. in die Einkommensteuerveranlagung ein [RB: 28.4.1954; GE: 29.4.1954/ 4.11.1954; IKT: 18.12.1954; BGBl. I 1954 S. 422]. 20. Nov. Die Sonderausschüsse der Wissenschaftlichen Beiräte beim BMWi und Bundesverkehrsministerium legen das Gutachten „Einführung von direkten Tarifen im Bereich der Montan-Gemeinschaft“ vor. 27. Nov. Der Bundesminister für den Marshallplan, Blücher, legt den ersten gesondert aufgestellten ERP-Wirtschaftsplan vor, der aus dem Bundeshaushalt ausgegliedert wird. 51 3. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Die Novelle zum Altsparergesetz (BT- Beschluss: 19. November) erweitert den Kreis der Entschädigungsberechtigten um die im Ausland und im Saargebiet Lebenden sowie um die Personen, die sich nach einer Wiedervereinigung im Geltungsbereich des Gesetzes befinden [RB: 11.12.1953; GE: 7.7.1954/ 12.10.1954; IKT: 24.12.1954; BGBl. I 1954 S. 438]. - Das „Gesetz zur Neuordnung von Steuern“ (BT-Beschluss: 19. November) senkt u.a. die Einkommensteuerbelastung um rd. 20 vH. Die „Große Steuerreform“ ermäßigt den höchsten Grenzsteuersatz von 80 auf 63,45 vH, den Plafondsatz von 70 auf 55 vH sowie den Körperschaftsteuersatz für einbehaltene Gewinne von 60 auf 45 vH (unter Beibehaltung von 30 vH für ausgeschüttete Gewinne), wobei Steuerausfälle von 0,9 Mrd. DM pro Jahr erwartet werden [RB: 28.4.1954; GE: 29.4.1954/ 10.11.1954; IKT: 18.12.1954; BGBl. I 1954 S. 373]. - Das „Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft“ (BT-Beschluss: 19. November) verlängert die Zeitspanne um ein Jahr, in der Wirtschaftsgüter mit hohen Sonderabschreibungen angeschafft können, wodurch ein Steuerausfall von 0,2 Mrd. DM pro Jahr erwartet wird [RB: -; GE: 5.10.1954/ 16.11.1954; IKT: 24.12.1954; BGBl. I 1954 S. 437]. - Das „Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West)“ (BT-Beschluss: 19. November) verlängert die Umsatzsteuervergünstigungen für Waren aus Berlin (West) bis 1957 [RB: -; GE: 5.11.1954; IKT: 24.12.1954; BGBl. I 1954 S. 439b]. 16. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1955 ein starkes Wachstum, einen Zuwachs der Beschäftigung sowie einen Anstieg des Preisniveaus. 17. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Kindergeldanpassungsgesetz (BT- Beschluss: 8. Dezember) befreit die Kindergeldzuschüsse von der Besteuerung und erweitert den Kreis der Leistungsberechtigten [RB: -; GE: 8.10. 1954; IKT: 1.1./ 1.2.1954; BGBl. I 1955 S. 17]. - Das dritte Änderungs- und Ergänzungsgesetz des Bundesversorgungsgesetzes (BT-Beschluss: 15. Dezember) erhöht die Grund- und Ausgleichsrenten und schafft weitere Verbesserungen in der Kriegsopferversorgung (Mehraufwand: 0,4 Mrd. DM) [RB: -; GE: 12.7.1954/ 10.12.1954; IKT: 1.1./ 21.1./ 1.4.1955; BGBl. I 1955 S. 25]. 1955 15. Jan. Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts entscheidet, dass Tarifvereinbarungen mit generellen Abschlagsklauseln für Löhne von Frauen dann, wenn die Frauen gleiche Arbeit wie die Männer leisten, grundgesetzwidrig und daher nichtig sind [BArbG, Urteil v. 15.1.1955, 1 AZR 305/ 54]. 23. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Möglichkeiten und Grenzen regionaler Wirtschaftspolitik“ vor. 1954/ 1955 52 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 27. Jan. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über Zolländerungen“. Es fasst die Ausfuhrzollliste neu und beschränkt die zu verzollenden Waren auf bestimmte Futtermittel und industrielle Rohstoffe [RB: -; GE: 4.7.1954/ 20.1.1955; IKT: 15.1.1954, 31.3.1955; BGBl. I 1955 S. 93]. 11. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (28. Januar) verabschiedeten „Gesetz über den Abschluß der Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft“ zu. Es setzt u.a. Endtermine für die Vergünstigungen durch das Investitionshilfegesetz vom 8. Januar 1952 [RB: -; GE: 19.11.1954/ 12.1.1955; IKT: 26.2.1955; BGBl. I 1955 S. 69]. 19. März Die Bank deutscher Länder ermächtigt die Außenhandelsbanken, Fremdwährungskonten für Deviseninländer einzurichten. 1. April Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1954“ (BT-Beschluss: 15. Oktober 1954; die Abstimmung über das Gesetz wurde am 29. Oktober 1954 von der Tagesordnung des Bundesrates abgesetzt) setzt den Anteil des Bundes am genannten Steueraufkommen für das Rechnungsjahr 1954/ 55 auf 38 vH fest. Da die Beratungen zur Finanzverfassungsreform noch nicht abgeschlossen sind, wird dieses Inanspruchnahmegesetz notwendig [RB: 18.12.1953; GE: 23.12.1953/ 12.7.1954; IKT: 28.4.1955; BGBl. I 1954 S. 182]. - Das „Gesetz zur Regelung finanzieller Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern“ (Viertes Überleitungsgesetz) (BT-Beschluss: 24.3.1955; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) regelt die Aufteilung der Steuerverwaltungskosten für das Rechnungsjahr 1955 [RB: 24.3.1954; GE: 29.4.1954/ 4.11.1954/ 11.3.1955; IKT: 4.5.1955; BGBl. I 1955 S. 189]. - Das „Gesetz über den Finanzausgleich unter den Ländern“ (Länderfinanzausgleichsgesetz) (BT-Beschluss: 24.3.1955; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) regelt den Vollzug des Finanzausgleichs für 1955. Nach Verhandlungen im Vermittlungsausschuss wurde die Ausgleichsmasse erhöht [RB: 24.3.1954; GE: 29.4.1954/ 4.11.1954/ 11.3.1955; IKT: 4.5.1955; BGBl. I 1955 S. 199]. - Das „Verkehrsfinanzgesetz 1955“ (BT- Beschluss: 23. März) regelt u.a. die Kfz- Steuer, die Beförderungsteuer und die Mineralölsteuer. Die auf 0,4 Mrd. DM geschätzten zusätzlichen Einnahmen sind zum großen Teil für die Finanzierung von Autobahnen (0,1 Mrd. DM) und Verkehrsanlagen der Deutschen Bundesbahn (0,2 Mrd. DM) sowie Bundesstraßen zweckgebunden [RB: 31.3.1954; GE: 4.6.1954/ 10.3.1955; IKT: 8.4./ 1.5./ 8.5./ 1.6.1955; BGBl. I 1955 S. 166]. Die Deutsche Lufthansa nimmt nach zehnjähriger Flugpause ihren Liniendienst mit dem Flug Hamburg-Düsseldorf-Frankfurt- München wieder auf. 1. Mai Der DGB veröffentlicht ein „Aktionsprogramm der kleinen Schritte“. Programmpunkte sind Arbeitszeitverkürzungen, Einkommenserhöhungen, Ausbau der Sozialversicherung, Ausbau der Mitbestimmung und Verbesserung des Arbeitsschutzes. 1955 53 5. Mai Proklamation der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland im Bundestag sowie Auflösung der AHK, nachdem die Ratifizierungsurkunden zu den Pariser Verträgen (Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat am 27. Februar bzw. 22. März) schließlich auch von Frankreich und dem Vereinigten Königreich hinterlegt worden sind [RB: 19.11.1954; GE: 10.12.1954; IKT: 26.3./ 5.5.1955; BGBl. II 1955 S. 213, 301, 628]. Die Bundesrepublik leistet erstmals an die Vereinigten Staaten Devisenausgleichszahlungen für ihre in Deutschland stationierten Truppen. 6. Mai Die Bundesrepublik Deutschland tritt der WEU sowie der NATO bei [RB: 19.11.1954; GE: 10.12.1954; IKT: 25.3./ 6.5.1955; BGBl. II 1955 S. 256, 630]. 15. Mai Die Bank deutscher Länder vereinbart mit dem Bundesfinanzminister den Umtausch von Ausgleichsforderungen bis zu 2 Mrd. DM in Geldmarktpapiere (Mobilisierungstitel) zum Zweck der Offenmarktpolitik. 20. Mai Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (6. Mai) verabschiedeten Dritten D-Markbilanzergänzungsgesetz zu. Es regelt u.a. die endgültigen Höchstwerte der Wertansätze für Wertpapiere und Anteile in der D-Markeröffnungsbilanz [RB: 14.9.1954; GE: 29.11.1954/ 3.5.1955; IKT: 1.8.1955; BGBl. I 1955 S. 297]. 6. Juni Die „Dienststelle Blank“ wird in das Bundesverteidigungsministerium umgewandelt; Theodor Blank wird Verteidigungsminister. 10. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (25. Mai) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 21. Dezember 1954, des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung vom 21. Dezember 1954 und des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe ,Notopfer Berlin‘“ zu. Es senkt die veranlagte Einkommen- und Körperschaftsteuer um 20 vH, soweit die Steuern auf Einkünfte aus Berlin entfallen. Das „Notopfer“ wird in Berlin ganz aufgehoben. Zum Ausgleich für die Mindereinnahmen in Höhe von 0,1 Mrd. DM wird das „Notopfer Berlin“ im übrigen Bundesgebiet um rd. 9 vH erhöht [RB: 14.12.1954; GE: 22.1.1955/ 4.5.1955, ; IKT: 6.7.1955; BGBl. I 1955 S. 384]. 12. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Probleme einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik“ vor. 23. Juni Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsgesetz 1955. Das ursprüngliche Volumen in Höhe von 27,8 Mrd. DM wurde während der parlamentarischen Beratungen noch ausgeweitet, so dass vier Nachtragshaushalte nötig wurden. Der Betrag stieg letztlich auf 30,6 Mrd. DM (17 vH des BSP) [RB: 1.12.1954; GE: 3.12. 1954/ 26.5.1955; IKT: 1.4.1955; BGBl. II 1955 S. 714]. 8. Juli Der Bundestag verabschiedet das Landwirtschaftsgesetz. Es soll die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln garantieren und zugleich verhindern, dass 54 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland die landwirtschaftlichen Erzeuger von der gesamtwirtschaftlichen Einkommensentwicklung abgekoppelt werden [RB: -; GE: 31.3.1954/ 8.4.1954/ 29.6.1955; IKT: 7.9.1955; BGBl. I 1955 S. 565]. Der Bundesrat und der Bundestag (8. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über ein „Viertes Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes“. Es verbessert die Unterhaltshilfe, die Entschädigungsrente und die Leistungen aus dem Härtefonds mit einem finanziellen Aufwand von 0,4 Mrd. DM. Der Zuschuss der Länder, der an das Aufkommen aus der Vermögensteuer gekoppelt war, wird neu geregelt. Der Bund und die Länder leisten 50 vH des Jahresaufwands des Ausgleichsfonds für Unterhaltshilfe, höchstens jedoch 0,4 Mrd. DM. Davon trägt der Bund ein Drittel, die Länder zwei Drittel [RB: -; GE: 1.12.1953/ 11.2.1955, 26.5.1955; IKT: 1.7.1953, 1.7.1954, 1.1./ 1.4./ 16.7.1955; BGBl. I 1955 S. 403]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für die nächsten Monate einen geringen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts im Vergleich zum ersten Halbjahr, warnt aber vor einer preisbedingten Überhitzung des konjunkturellen Klimas. 17.-23. Juli In Genf (Schweiz) findet die Gipfelkonferenz der vier Siegermächte zur „Deutschen Frage“ statt. Eine Delegation aus Deutschland ist als Beobachter zugelassen. Aug. Die Bundesrepublik, Brasilien, die Niederlande und Großbritannien schließen sich im Haager Club zur multilateralen Verrechnung ihrer Zahlungsbilanzsalden zusammen. 4. Aug. Die Bank deutscher Länder erhöht den Diskontsatz von 3 auf 3,5% und den Lombardsatz von 4 auf 4,5%. 5. Aug. Die Mitgliedsstaaten der EZU unterzeichnen das Europäische Währungsabkommen (EWA), das an die Stelle der EZU treten soll. 22. Aug. In Hamburg beginnen Arbeiter der Howaldt-Werft einen wilden Streik mit der Forderung einer Erhöhung des Stundenlohns um 0,20 DM. Der Streik endet mit einer Niederlage. Ohne eine Lohnerhöhung erreicht zu haben, nehmen die Beschäftigten zum 1. September ihre Arbeit wieder auf. 20. Sept. In Bonn nehmen auf Einladung des BMF an der ersten Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ das DIW, das IfW, das Ifo-Institut und die Bank deutscher Länder teil. 11. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Welche Maßnahmen entsprechen der gegenwärtigen konjunkturellen Situation? “ vor. Die Wissenschaftlichen Beiräte beim BMF und BMWi legen eine gemeinsame Empfehlung „Folgerungen aus der gegenwärtigen Konjunkturlage“ vor. 12. Okt. Der Bundestag verabschiedet ein „Sechstes Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im 1955 55 Ausfuhrgeschäft“. Der bisherige Umfang wird um 2,5 Mrd. DM auf 7,5 Mrd. DM erhöht. Die deutliche Steigerung ist Folge der Verlängerung der Zahlungsziele bei weiterer Steigerung der deutschen Ausfuhren [RB: -; GE: 13.7.1955; IKT: 27.11.1955; BGBl. I 1955 S. 727]. 15. Okt. Der GB/ BHE scheidet aus der Regierungskoalition aus. 19. Okt. Bundeswirtschaftsminister Erhard kündigt in einer Regierungserklärung eine Reihe von Maßnahmen zur Konjunkturdämpfung an, u.a. temporäre Zollsenkungen, eine Kürzung öffentlicher Bauaufträge, eine Verschärfung des Wettbewerbsrechts und die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte. 22. Okt. Bund und Länder einigen sich auf der Konferenz über Fragen der Hochschulreform in Bad Honnef über eine Studentenförderung nach dem später so genannten Honnefer Modell. 23. Okt. Die Bevölkerung des Saarlandes lehnt mit 67,7 vH der Wählerstimmen das Saar- Statut, einem Bestandteil der Pariser Verträge, ab. Es sah vor, das Saarland als relativ eigenständigen Staat mit starker Anbindung an Frankreich zu etablieren. Bundeskanzler Adenauer hatte das Saar-Statut im Sinne seiner europäischen Integrationspolitik gemeinsam mit dem saarländischen Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann (CVP) unterstützt. 28. Okt. Der Bundestag verabschiedet ein „Sechstes Gesetz zur Änderung des Zolltarifs“. Es dient der Durchführung des gemeinsamen Marktes der EGKS und ermächtigt die Bundesregierung, Rechtsverordnungen zur Änderung und Ergänzung von Teilen des Zolltarifs zu erlassen [RB: -; GE: 10.5.1955; IKT: 27.11.1955; BGBl. I 1955 S. 728]. 2. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Finanzverfassungsgesetz“ (BT- Beschluss: 11. November; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) legt für die Jahre 1955 bis 1958 den Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer auf 33⅓ vH fest, für mindestens die folgenden zwei Jahre auf 35 vH. Frühestens für das Haushaltsjahr 1960 darf eine Neufestlegung erfolgen [RB: 24.3.1954; GE: 29.4.1954/ 4.11.1954/ 26.10.1955; IKT: 1.4.1955; BGBl. I 1955 S. 817]. - Das dritte Änderungsgesetz zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) (BT-Beschluss: 11. November) hebt die Umsatzsteuervergünstigung für bestimmte Waren (wie Kunstgegenstände, Edelsteine und Antiquitäten) auf [RB: -; GE: 28.9.1955; IKT: 29.12.1955; BGBl. I 1955 S. 849]. 16. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1956 ein kräftiges Wachstum und einen gesamtwirtschaftlichen Nachfrageüberhang, Vollbeschäftigung und spürbare Preiserhöhungen. 20. Dez. Die Bundesrepublik und Italien schließen ein Abkommen über die Beschäftigung italienischer Arbeitnehmer in Deutschland. 56 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 21. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (15. Dezember) verabschiedeten Kindergeldergänzungsgesetz zu. Es erweitert den empfangsberechtigten Personenkreis durch die Einbeziehung derjenigen, die nicht bei einer Berufsgenossenschaft, sondern bei einem anderen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind. Somit werden Selbständige, Nichterwerbstätige, Beschäftigte bei den Alliierten und kleine Sondergruppen in das Kindergeldgesetz einbezogen [RB: -; GE: 29.6.1955/ 28.11.1955; IKT: 1.1./ 1.2.1956; BGBl. I 1956 S. 841]. 1956 20. Jan. Der Bundestag beschließt mit der „51. Verordnung über Zollsatzänderungen“ eine konjunkturpolitische Zollsenkung, die die Zollsätze für Investitionsgüter rückwirkend vom 25. Januar bis zum 30. Juni 1956 um 50 vH reduziert [RB: -; VE: 14.1.1956/ 19.1.1956; IKT: 25.1.1956; BGBl. I 1956 S. 105]. 1. Febr. Die „48. Verordnung über Zollsatzänderungen“ wird nach Zustimmung des Bundestagsausschusses für Außenhandelsfragen verkündet. Es werden zur Konjunkturdämpfung zahlreiche Zollsätze rückwirkend ab dem 10. Dezember 1955 bis zum 30. Juni 1956 gesenkt [RB: -; VE: 19.11.1955; IKT: 10.12.1955; BGBl. I 1956 S. 35]. 11.-12. Febr. In Brüssel (Belgien) beschließen die Außenminister der Montanunion-Staaten, dass ein Gemeinsamer Markt und die Anwendung der Atomenergie zu friedlichen Zwecken gleichzeitig angestrebt werden sollen. 21. Febr. Die Bundesrepublik tritt der in Genf (Schweiz) ansässigen Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen bei. 23. Febr. Die FDP scheidet aus der Regierungskoalition aus. 16 Bundestagsabgeordnete, unter ihnen die vier Minister der FDP, gründen daraufhin die Freie Volkspartei und verbleiben in der Bundesregierung. 24. Febr. Die Bundesrepublik tritt der Europäischen Atomenergie-Gesellschaft, die die wissenschaftliche Zusammenarbeit in der Kernforschung fördern soll, bei. 6. März Die Bank deutscher Länder genehmigt die Vergabe von Krediten an Ausländer. 8. März Die Bank deutscher Länder erhöht den Diskontsatz von 3,5 auf 4,5% und den Lombardsatz von 4,5 auf 5,5%. 16. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (23. Februar) verabschiedeten „Fristenänderungsgesetz“ zu. Es verlängert den Lastenausgleich bis zum 31. Dezember 1960 [RB: -; GE: 24.1.1956; IKT: 30.3.1956; BGBl. I 1956 S. 161]. 1956 57 23. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (16. März) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ zu. Es beinhaltet u.a. neu geregelte Anspruchsgrundlagen für den Bezug von Arbeitslosenhilfe für fremde Staatsbürger [RB: 22.10.1954; GE: 17.3.1955/ 13.1.1956; IKT: 1.4.1956; BGBl. I 1956 S. 243]. 19. April Nach Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat verabschiedet der Bundestag das nichtzustimmungspflichtige „Gesetz über die Tilgung von Ausgleichsforderungen“ mit nur geringfügiger Änderung. Durch die Währungsreform 1948 besaßen die Geldinstitute, Versicherungen und Bausparkassen gegenüber der Bank deutscher Länder Ausgleichsforderungen in Höhe von 21 Mrd. DM. Laut Gesetz sollen die Kosten der Tilgung von Bund und Ländern je zur Hälfte übernommen werden. Das Land Bayern klagt dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht [RB: 24.5.1955; GE: 23.9.1955/ 10.12.1955/ 22.3.1956; IKT: 21.6.1956; BGBl. I 1956 S. 507]. 19. Mai Die Bank deutscher Länder erhöht den Diskontsatz von 4,5 auf 5,5% und den Lombardsatz von 5,5 auf 6,5%. 23. Mai Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (8. Mai) verabschiedeten Novelle des Bundesversorgungsgesetzes zu. Es regelt u.a. Voraussetzungen für Heilbehandlungen und Kostenübernahmen von Krankenhausaufenthalten [RB: -; GE: 28.9.1955/ 22.10.1955/ 26.10.1955/ 2.5.1956; IKT: 1.10.1950, 1.8.1953, 1.4./ 12.6.1956; BGBl. I 1956 S. 463]. Bundeskanzler Adenauer wendet sich vehement gegen die Diskonterhöhung der Bank deutscher Länder, da er im Vorwahljahr keine Dämpfung der Konjunktur wünscht. Die Rede zieht eine grundsätzliche Auseinandersetzung um die Unabhängigkeit der Notenbank nach sich, in der diese sich mit der Unterstützung von Bundesfinanzminister Schäffer und Bundeswirtschaftsminister Erhard durchsetzt („Gürzenich-Krise“). 9. Juni Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit gibt bekannt, dass im Rechnungsjahr 1956 knapp 0,4 Mrd. DM für den weiteren Aufbau der Berliner Wirtschaft zur Verfügung stehen. 15. Juni Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Wohnungsbau- und Familienheimgesetz (BT-Beschluss 8. Juni; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) erweitert die Zielsetzung um die Eigentumsförderung. Das Gesetz bestimmt, dass von 1957 bis 1962 weitere 1,8 Mill. Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus errichtet werden sollen. Dazu werden die Förderungsmittel von bisher jährlich 0,5 Mrd. DM auf 0,7 Mrd. DM erhöht [RB: -; GE: 5.10.1953/ 16.6.1954/ 13.7.1954/ 6.4.1956/ 3.5.1956/ 7.6.1956; IKT: 1.7.1956; BGBl. I 1956 S. 523]. - Das „Dritte Gesetz zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ (BT-Beschluss: 6. Juni) sieht vor, dass der Geschädigte in einer räumlichen Beziehung zum Geltungsbereich des Gesetzes gestanden haben (Wohnsitzvoraussetzung) 58 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland muss. Der Kreis der Entschädigungsberechtigten wird indes ausgeweitet und die Rentenberechtigung erleichtert. Die Höchstgrenzen für Leistungen steigen. Die Mittel werden von Bund und Ländern je zur Hälfte getragen. Die Mehraufwendungen betragen 3 Mrd. DM bei einem Gesamtbedarf von 7,5 Mrd. DM [RB: 14.10.1955; GE: 9.12.1955/ 12.5.1956; IKT: 1.4.1956; BGBl. I 1956 S. 559]. 22. Juni Bundeswirtschaftsminister Erhard legt ein weiteres Programm zur Dämpfung der Konjunktur vor, das u.a. zoll- und handelspolitische Maßnahmen, die Reduktion der degressiven Abschreibungen für Anlagegüter, eine Sperre von 10 vH bei den Investitionen des Bundes, eine Beschränkung der Bautätigkeit der Gebietskörperschaften und eine Sparförderung vorsieht. Die Maßnahmen wurden nur zum geringen Teil und dann erst spät umgesetzt. 28. Juni Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsgesetz 1956. Das Haushaltsvolumen steigt während der parlamentarischen Beratungen von 29,0 Mrd. DM auf 35,0 Mrd. DM (18 vH des BSP) [RB: 9.11.1955; GE: 2.12.1955/ 22.6.1956; IKT: 1.4.1956; BGBl. II 1956 S. 830]. 30. Juni Verschiedene Verordnungen über Zollsatzordnungen treten in Kraft. Danach werden die individuellen Zollsenkungen des Jahres 1955 bis auf weiteres, die beiden konjunkturpolitischen Zollsenkungen im Jahre 1956 bis zum 31. Dezember 1957 verlängert. Ferner tritt eine dritte konjunkturpolitische Zollsenkung in diesem Jahr in Kraft. Diese allgemeine und lineare Zollsenkung vermindert alle Wertzollsätze um 20 bis über 25 vH bzw. hebt sie völlig auf. 5. Juli Der Bundestag verabschiedet den vierten Nachtrag zum Haushaltsgesetz 1955. Hierdurch werden dem Bundesverteidigungsministerium rd. 1,6 Mrd. DM aus der im Haushaltsgesetz 1955 für Verteidigungsausgaben vorgesehenen Globalsumme von 5,2 Mrd. DM zur Verfügung gestellt [RB: 28.3.1956; GE: 27.4.1956/ 15.6.1956/ 25.6. 1956; IKT: 1.4.1955; BGBl. II 1956 S. 826]. 6. Juli Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für das zweite Halbjahr einen Anstieg des realen BSP um 6 bis 7 vH, einen Anstieg des Preisniveaus sowie einen Beschäftigungszuwachs von 3,5 bis 4 vH. 8. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein „Gutachten über Instrumente der Konjunkturpolitik und ihre rechtliche Institutionalisierung“ vor. 6. Sept. Die Bank deutscher Länder senkt den Diskontsatz von 5,5 auf 5% und den Lombardsatz von 6,5 auf 6%. 1. Okt. Die IG Metall erreicht in Tarifverhandlungen die 45-Stunden-Woche mit vollem Lohn- und Gehaltsausgleich. 5. Okt. Der Bundesrat und der Bundestag (27. September) verabschieden die im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromisse zu mehreren Gesetzen: 1956 59 - Das „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes“ sieht u.a. die Verlängerung der Steuervergünstigungen für Vertriebene bis Ende 1958, die Verkürzung der Festlegungsfrist für steuerbegünstigte Kapitalansammlungsverträge von sieben bzw. zehn auf drei Jahre, die Erhöhung der Sonderausgabenhöchstbeträge von 800 DM auf 1 000 DM, die Einführung eines Freibetrages für zusammenveranlagte Ehepaare in Höhe von 250 DM sowie der Grenze für Steuerbefreiungen von Sonntagszuschlägen vor. Die Gesamtentlastung beträgt 1,7 Mrd. DM [RB: -; GE: 11.4.1956/ 29.6.1956/ 14.9.1956; IKT: 7.10.1956; BGBl. I 1956 S. 781]. - Durch das „Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe ,Notopfer Berlin‘“ entfällt die Abgabe für natürliche Personen ab dem 1. Oktober; der Wegfall wurde erst im Vermittlungsausschuss anstelle der vorgesehenen Tarifsenkung bei der Einkommensteuer beschlossen (Mindereinnahmen: 1,1 Mrd. DM) [RB: 25.1.1956; GE: 10.4.1956/ 14.9.1956; IKT: 1.10./ 7.10.1956; BGBl. I 1956 S. 785]. - Die siebente Novelle des Umsatzsteuergesetzes führt für Unternehmer, deren Gesamtumsatz 80 000 DM im Jahr nicht übersteigt, einen Freibetrag von 8 000 DM ein [RB: -; GE: 11.4.1956/ 29.6.1956/ 14.9.1956; IKT: 7.10.1956; BGBl. I 1956 S. 787]. - Das „Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes“ (BT-Beschluss: 5. Juli) erhöht den Freibetrag von 1 200 DM auf 2 400 DM und führt eine Staffelung der Steuermesszahlen für den Gewerbeertrag ein [RB: -; GE: 9.2.1956/ 29.6.1956; IKT: 1.1.1957; BGBl. I 1956 S. 786]. 24. Okt. In Schleswig-Holstein beginnen 34 000 Metallarbeiter einen Streik für eine dem Versicherungsrecht der Angestellten angeglichene Lohnfortzahlung für Arbeiter im Krankheitsfall und für bessere Urlaubsregelungen. Er endet am 6. Februar 1957 u.a. mit der Gleichbehandlung von Angestellten und Arbeitern. 25. Okt. Der Bundestag verabschiedet ein „Achtes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes“. Es befreit landwirtschaftliche Produkte beim Erzeuger von der Umsatzsteuerpflicht [RB: 18.4.1956; GE: 9.5.1956/ 3.10.1956; IKT: 30.11.1956; BGBl. I 1956 S. 882]. 27. Okt. In Luxemburg (Großherzogtum Luxemburg) unterzeichnen die Bundesrepublik und Frankreich den Saarvertrag (Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat am 14. bzw. 21. Dezember) zur Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik Deutschland. Der Vertrag sieht eine wirtschaftliche Kompensation Frankreichs und diverse Übergangsregelungen vor. Insgesamt stehen dazu im Bundeshaushalt 1959 rund 0,7 Mrd. DM zur Verfügung, die durch einen Sonderkredit der Bank deutscher Länder gedeckt werden [RB: 14.11.1956; GE: 23.11.1956; IKT: 25.12.1956, 1.1.1957; BGBl. II 1956 S. 1587, BGBl. II 1957 S. 1]. 30. Nov. Der Bundesrat erteilt dem vom Bundestag (11. Oktober) verabschiedeten „Gesetz über Bergmannsprämien“ seine Zustimmung. Um der Abwanderung von Bergleuten entgegenzuwirken, erhalten vom 15. Februar an Untertagearbeiter eine Prämie aus dem Einkommensteueraufkommen [RB: 28.3.1956; GE: 3.5.1956; IKT: 15.2./ 22.12. 1956; BGBl. I 1956 S. 927]. 60 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 14. Dez. Der Saarländische Landtag erklärt gemäß Artikel 23 GG den Beitritt des Saarlandes zur Bundesrepublik Deutschland [ABl. Saarland 1956 S. 1645]. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Die zweite Novellierung des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes (BT-Beschluss: 30. November) erweitert den Sonderausgabenabzug für 1956 und 1957 um die Anrechnung von 50 vH, maximal 6 000 DM für Zahlungen von Versicherungen, allgemeine Sparverträge und den Ersterwerb von festverzinslichen Wertpapieren. Die festen Höchstbeträge für den normalen Sonderausgabenabzug werden für über fünfzigjährige Steuerpflichtige verdoppelt [RB: -; GE: 28.9.1956/ 16.11.1956; IKT: 22.12.1956; BGBl. I 1956 S. 918]. - Das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ (BT-Beschluss: 13. Dezember; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) regelt u.a. die Organisation und Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenhilfe, die Arbeitslosenversicherung sowie Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitslosigkeit und bestimmt die Verfahren der Arbeits- und Lehrstellenvermittlung sowie der Berufsberatung [RB: 22.10.1954; GE: 17.3.1955/ 2.7.1956/ 12.12.1956; IKT: 30.12.1956, 1.4.1957; BGBl. I 1956 S. 1018, BGBl. I 1957 S. 321]. - Durch das „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Artikels 106 des Grundgesetzes“ (BT-Beschluss: 13. Dezember; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) greift der Bund in bisherige Kompetenzen der Länder ein, um die finanzausgleichsrechtlichen Beziehungen zwischen Bund und Ländern zu regeln. Der Bund übernimmt die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Realsteueraufkommens für die Gemeinden (Realsteuergarantie) [RB: -; GE: 7.12.1954/ 2.2.1956/ 12.12.1956; IKT: 1.4.1957, 1.4.1958; BGBl. I 1956 S. 1077]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert auf Grund der Abschwächungstendenzen im Investitionsgüterbereich ein mittleres Wachstum und einen konjunkturbedingten Anstieg der Arbeitslosigkeit. 21. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (14. Dezember) verabschiedeten „Gesetz über die Eingliederung des Saarlandes“ zu. Das Saarland bleibt zunächst (längstens bis Ende 1959) in einer Übergangszeit (bis zum 6. Juli 1959) französisches Zollanschlussgebiet mit dem Französischen Franc als alleinigem Zahlungsmittel [RB: 30.10.1956; GE: 23.11.1956/ 10.12.1956; IKT: 1.1.1957; BGBl. I 1956 S. 1011]. 1957 1. Jan. Das Gesetz über die Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik tritt in Kraft. Für die erste Zeit nach der Eingliederung nimmt das Saarland nicht am Finanzausgleich teil, sondern erhält direkte Finanzhilfen aus dem Bundeshaushalt zur Deckung des Fehlbetrags im Landeshaushalt. Die Studienförderung nach dem „Honnefer Modell“ tritt in Kraft. 11. Jan. Die Bank deutscher Länder senkt den Diskontsatz von 5 auf 4,5% und den Lombardsatz von 6 auf 5,5%. 1957 61 17. Jan. Das Bundesverfassungsgericht erklärt die geltende Zusammenveranlagung von Ehegatten bei der Einkommensteuer für verfassungswidrig, da die höhere Steuerbelastung durch Zusammenveranlagung nicht mit dem Schutz von Ehe und Familie zu vereinbaren ist [BVerfG, Beschluss des Ersten Senats v. 17.1.1957, 1 BvL 4/ 54]. 8. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (21. Januar) verabschiedeten Arbeitersowie Angestelltenrentenversicherungs- Neuregelungsgesetz zu. Es beinhaltet im Kern den Übergang zu einer bruttolohnbezogenen Dynamisierung der Renten. Folge ist eine Erhöhung der Renten um durchschnittlich 65 vH. Die Rentenbeiträge werden von 11 auf 14 vH der Beitragsbemessungsgrundlage angehoben [RB: 23.5.1956; GE: 5.6.1956/ 10.1.1957/ o.D.; IKT: 1.1./ 1.3.1957; BGBl. I 1957 S. 45, 88]. 19.-20. Febr. In Paris (Frankreich) einigen sich die Regierungschefs und die Außenminister der Montanunion-Staaten auf Verträge zur Gründung einer Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) und eines gemeinsamen Marktes. 24. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Problem von Index- und Preisgleitklauseln“ vor. 25. März In Rom (Italien) werden von Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden die Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sowie der EURATOM unterzeichnet (Ratifikation durch den Bundestag sowie Bundesrat am 5. Juli bzw. 19. Juli). Sie treten zum Jahresbeginn 1958 in Kraft. Gemeinsam mit der Montanunion (EGKS) bilden sie die Europäischen Gemeinschaften (EG). Sie bilden die Basis für den wirtschaftlichen Zusammenschluss der beteiligten Staaten. Die Bildung einer Zollunion soll der Errichtung eines gemeinsamen Marktes dienen und innerhalb von zwölf Jahren schrittweise durch die Abschaffung der Binnenzölle und die Erhebung eines gemeinsamen Außenzolls verwirklicht werden. Durch das Abkommen über gemeinsame Organe für die EG werden eine parlamentarische Versammlung (aus der das Europäische Parlament hervorging), ein gemeinsamer Gerichtshof sowie ein gemeinsamer Wirtschafts- und Sozialausschuss gebildet [RB: 11.4.1957; GE: 4.5.1957/ 13.6.1957; IKT: 20.8.1957, 1.1.1958; BGBl. II 1957 S. 753, 1678, BGBl. II 1958 S. 1]. 29. März Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (14. März) verabschiedeten Novellierung des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau zu. Es legt die Abgabe auf 2,60 DM pro Tonne Steinkohlenkoks und 2 DM pro Tonne Steinkohle fest und befristet sie bis 1959. Damit soll der Bau von 60 000 Bergarbeiterwohnungen gefördert werden [RB: 25.1.1956; GE: 4.5.1956/ 12.2.1957; IKT: 20.10.1956, 9.5./ 1.6.1957; BGBl. I 1957 S. 416]. 12. April Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Ergänzung des dritten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft“. Es erhöht den Anteil des Fonds aus dem ERP-Sondervermögen um 0,2 Mrd. DM auf 0,4 Mrd. DM [RB: -; GE: 19.12.1956; IKT: 25.5.1957; BGBl. I 1957 S. 517]. 62 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 30. April Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wirtschaftspolitische Problematik der deutschen Exportüberschüsse“ vor. 1. Mai Die Bank deutscher Länder erhöht die Mindestreservesätze und differenziert dabei nach Deviseninländern und Devisenausländern. Gleichzeitig werden die Rediskontkontingente um 15 vH gekürzt. 29. Mai Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsgesetz 1957. Die Ausgaben werden mit 37,4 Mrd. DM veranschlagt. Die Mehrausgaben von 2,4 Mrd. DM gegenüber dem Vorjahr werden durch die Kassenreste des „Julius-Turmes“ gedeckt [RB: 9.11.1956; GE: 1.12.1956/ 24.5.1957; IKT: 1.4.1957; BGBl. II 1957 S. 509]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (31. Mai 1957; eingebracht von der SPD- Fraktion) verabschiedeten „Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle“ zu, das einen Zuschuss der Arbeitgeber zu den Leistungen der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung vorsieht. Es gilt als Vorläufer zu dem 1969 verabschiedeten Lohnfortzahlungsgesetz [RB: -; GE: 28.9.1955/ 24.5.1957; IKT: 1.7.1957; BGBl. I 1957 S. 649]. 25. Juni Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit gibt bekannt, dass für den Wiederaufbau und die Förderung der Berliner Wirtschaft im Haushaltsjahr 1957/ 58 aus dem ERP-Sondervermögen insgesamt 0,3 Mrd. DM bereitgestellt werden. Zur Teilfinanzierung des Programms hat die Regierung der Vereinigten Staaten eine Wirtschaftshilfe von 14,7 Mill. DM zugesagt. Der übrige Betrag stammt aus dem Zins- und Tilgungsaufkommen des ERP-Sondervermögens. 27. Juni Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1957 ein anhaltendes, mittleres Wirtschaftswachstum sowie eine relativ geringe Erhöhung des Preisniveaus. 4. Juli Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Die Novellierung des Umsatzsteuergesetzes hebt u.a. die Umsatzsteuerpflicht zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft auf (Organschaft) [RB: -; GE: 7.2.1956/ 30.5.1956/ 5.7.1956/ 10.5.1957; IKT: 1.6./ 1.7.1957, 1.4.1958; BGBl. I 1957 S. 1743]. - Durch das „Gesetz über die Deutsche Bundesbank“ tritt die Bundesbank die Nachfolge der Bank deutscher Länder an. Oberstes Ziel ist der Erhalt der Preisniveaustabilität, darüber hinaus soll die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung unterstützt werden. Die Bundesbank ist unabhängig von Weisungen und frei in ihrer Instrumentenwahl [RB: 24.8.1956; GE: 18.10.1956/ 7.11.1956/ 31.5.1957; IKT: 1.4.1951, 1.8.1957; BGBl. I 1957 S. 745]. - Durch ein „Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Zolltarifs“ wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung für die zweite Hälfte des Jahres die Zollsätze für bestimmte Waren zu senken oder aufzuheben. Damit soll durch flexible Zollsenkungen ein Beitrag zur Preisstabilität geleistet werden [RB: -; GE: 28.5.1957; IKT: 2.8.1957; BGBl. I 1957 S. 808]. 5. Juli Der Bundestag verabschiedet das Fünfte Zolländerungsgesetz. Es fasst die dem Brüsseler Zolltarifschema entsprechenden Vorschriften zusammen. Dadurch werden Waren den gleichen Hauptpositionen wie in den anderen Mitgliedsstaaten zugewie- 1957 63 sen [RB: -; GE: 3.4.1957; IKT: 2.10.1957, 1.1.1958; BGBl. I 1957 S. 1671]. 12. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften“ (BT-Beschluss: 26. Juni) ist eine Übergangsregelung für nicht rechtskräftige Einkommensteuerbescheide von 1949 bis 1957, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (17. Januar) über die Zusammenveranlagung von Ehegatten notwendig wurde. Im Grundsatz wird für diese Fälle die getrennte Einkommensbesteuerung eingeführt. Bei Zusammenveranlagung erhöht sich 1957 der Freibetrag auf 600 DM. Die Mindereinnahmen werden auf 1,4 Mrd. DM veranschlagt [RB: -; GE: 11.10.1955/ 4.7.1956/ 7.12.1956/ 12.12.1956/ 10.5.1957; IKT: 6.8.1957; BGBl. I 1957 S. 848]. - Die achte Novellierung des Lastenausgleichsgesetzes (BT-Beschluss: 3. Juli) leitet die Entschädigungsphase ein. Es werden u.a. die Ansprüche aus einigen Vermögensbereichen, die Hausratentschädigung, die Unterhaltshilfe und die Entschädigungsrente erhöht [RB: 15.8.1956; GE: 6.9.1956/ 19.3.1957/ 28.6.1957; IKT: 1.4./ 3.8.1957; BGBl. I 1957 S. 809]. 19. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften der Kindergeldgesetze“ (BT-Beschluss: 2. Juli) vereinheitlicht das Beitragswesen der Familienausgleichskassen und erhöht das Kindergeld von 25 DM auf 30 DM [RB: 7.3.1957; GE: 7.5.1957/ 21.6.1957; IKT: 1.10.1957, 1.1.1958; BGBl. I 1957 S. 1061]. - Das „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ (BT-Beschluss: 4. Juli) ersetzt die alliierten Dekartellierungregelungen. Ziel des Gesetzes ist es, Rahmenbedingen für die Entfaltung eines freien Wettbewerbes zu schaffen, wofür neben einem allgemeinen Kartellverbot, einem Verbot vertikaler Preisbindungen, einer Missbrauchsaufsicht zur Vermeidung marktbeherrschender Unternehmen auch Möglichkeiten für Unternehmensentflechtungen sowie Verbote von Unternehmenszusammenschlüssen vorgesehen sind. Das Gesetz sieht jedoch nicht nur zahlreiche Ausnahmen vom Kartellverbot vor, sondern verzichtet auch auf ein Kollusionsverbot. Verstöße gegen das Gesetz können als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen belegt werden [RB: 19.1.1955; GE: 22.1.1955/ 22.6.1957; IKT: 1.1.1958; BGBl. I 1957 S. 1081]. 7. Aug. Die Bundesregierung beschließt die „69. Verordnung über Zollsatzänderungen“, wofür sie nach Novellierung des Zolltarifgesetzes keine Zustimmung des Parlaments bedarf. Die Wertzölle werden um 25 vH gesenkt [RB: 7.8.1957; VE: -; IKT: 20.8.1957; BGBl. I 1957 S. 1203]. 29. Aug. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das „Gesetz über die Übernahme einer Kursgarantie für eine Devisenanlage der Deutschen Bundesbank bei der Bank of England“ dient dem Abbau der extremen Gläubigerposition der Bundesrepublik innerhalb der EZU. Der Kursgarantie liegt ein Pfundkurs von 11,672 DM zugrunde [RB: 27.3.1957; GE: 8.5.1957; IKT: 27.10.1957; BGBl. I 1957 S. 1745a]. - Durch das „Siebente Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen 64 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft“ wird der Gesamtbetrag von 7,5 Mrd. DM auf 9,5 Mrd. DM erhöht [RB: -; GE: 25.5.1957; IKT: 17.10.1957; BGBl. I 1957 S. 1717]. - Das Umwandlungs-Steuergesetz erleichtert die Umwandlung von Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften im Zeitraum von 1957 bis 1959 durch Änderung zahlreicher Steuergesetze [RB: 20.3.1957; GE: 8.5.1957/ 19.6.1957; IKT: 17.10.1957; BGBl. I 1957 S. 1713]. 15. Sept. Bei der Wahl zum dritten Deutschen Bundestag erreichen die Unionsparteien die absolute Mehrheit der Stimmen und Mandate (CDU: 39,7 vH; CSU: 10,5 vH), bilden aber eine Koalition mit der DP (3,4 vH), die aufgrund der Grundmandatsregelung im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist. Die SPD erreicht 31,8 vH und die FDP 7,7 vH. Die Vertriebenenpartei GB/ BHE scheitert mit 4,6 vH an der Fünf-Prozent-Hürde. 19. Sept. Die Bundesbank senkt den Diskontsatz von 4 auf 3,5% und den Lombardsatz von 5,5 auf 5%. 20. Sept. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (29. August) verabschiedeten „Gesetz zur allgemeinen Regelung der durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandenen Schäden“ zu. Es ordnet die Verbindlichkeiten des Deutschen Reiches einschließlich der Sondervermögen und der Verpflichtungen der sonstigen nicht mehr bestehenden öffentlichen Rechtsträger. Die Ansprüche betragen rd. 800 Mrd. RM. Eine teilweise Abgeltung der Schäden erfolgt nach sozialen Gesichtspunkten in einem Umfang von 5 Mrd. DM [RB: 15.6.1955; GE: 8.9.1955/ 22.5.1957/ 5.7.1957; IKT: 1.1.1958; BGBl. I 1957 S. 1747]. Oktober Die Bundesbank zeichnet eine Weltbankanleihe über 75 Mill. US-$ (315 Mill. DM) zu für die Weltbank sehr günstigen Bedingungen. 22. Okt. Der Bundestag wählt Konrad Adenauer (CDU) zum dritten Mal zum Bundeskanzler. Eine Woche später erfolgt der Abschluss der Regierungsbildung durch Vereidigung der Bundesregierung im Bundestag. Die von CDU/ CSU und DP gebildete Bundesregierung besteht aus zwölf Ministern der CDU, drei Ministern der CSU und zwei Ministern der DP. Franz Etzel (CDU) wird Finanzminister, Ludwig Erhard bleibt Wirtschaftsminister und Theodor Blank wird Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. 13. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1958 ein anhaltend hohes Wirtschaftswachstum und anhaltende Preissteigerungen. 1958 1. Jan. Die Römischen Verträge über die Gründung der EWG und der EURATOM treten in Kraft. Karl Blessing wird zum ersten Präsidenten der Deutschen Bundesbank bestellt. 16. Jan. Erste Sitzung der EWG-Kommission. 1958 65 17. Jan. Die Bundesbank senkt den Diskontsatz von 4 auf 3,5% und den Lombardsatz von 5 auf 4,5%. 25. Jan. In Brüssel (Belgien) findet die konstituierende Sitzung des EWG-Rats statt. Belgien übernimmt gemäß alphabetischer Reihenfolge den Vorsitz in der halbjährlich wechselnden Ratspräsidentschaft. 26. Jan. Die Wissenschaftlichen Beiräte beim BMF und BMWi legen das Gutachten „Kapitalmarkt und Besteuerung“ vor. 10. Febr. Die „Siebzehnte Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ tritt in Kraft. Die Eisen- und Stahlzölle werden auf 2 vH bis 8 vH des Wertes festgesetzt [RB: -; VE: -; IKT: 10.2.1958; BGBl. I 1958 S. 85]. Juni Die Bundesbank zeichnet eine weitere Weltbankanleihe über 0,1 Mrd. US-$ (0,4 Mrd. DM). 27. Juni Die Bundesbank senkt den Diskontsatz von 3,5 auf 3% und den Lombardsatz von 4,5 auf 4%. 1. Juli Die Bundesbank regelt die Kapitaleinfuhr in die Bundesrepublik neu. Zukünftig sind ausländische Direktinvestitionen im Bundesgebiet sowie der Erwerb von Grundstücken und inländischen Wertpapieren durch Devisenausländer von der Genehmigungspflicht befreit. Gleichzeitig wird die Aufnahme von Anleihen und Krediten in D-Mark durch Deviseninländer im Ausland mit mindestens fünfjähriger Laufzeit generell genehmigt. 4. Juli Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsgesetz 1958. Der Bundeshaushaltsplan 1958 hat ein Volumen von 38,7 Mrd. DM. Die veranschlagten Mehrausgaben in Höhe von 1,3 Mrd. DM sind weitgehend auf die Steigerung des Verteidigungsetats zurückzuführen [RB: 5.3.1958; GE: 11.4.1958/ 27.6.1958; IKT: 1.4.1958; BGBl. II 1958 S. 234]. Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag (20. Juni) verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts“ enthält die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 1957 nötig gewordene Reform der Ehegattenbesteuerung. Die Zusammenveranlagung nach dem Splitting-Verfahren wird eingeführt; wahlweise ist eine getrennte Veranlagung möglich. Durch diese grundlegende Änderung muss der Einkommensteuertarif verändert werden. In einer unteren Proportionalzone bis jährlich 8 000 DM beträgt der Steuersatz 20 vH. In zwei folgenden Progressionsstufen bis 110 000 DM, steigt der Steuersatz auf die Höhe der proportionalen Endstufe von 53 vH. Neben der Änderung des Tarifs werden der allgemeine Freibetrag auf 1 680 DM sowie die gestaffelten Kinderfreibeträge erhöht. Außerdem wird u.a. die Körperschaftsteuer von 45 auf 47 vH für nicht ausgeschüttete Gewinne erhöht und bei aus- 66 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland geschütteten Gewinnen von 30 auf 26,5 vH gesenkt. Die Abgabe „Notopfer Berlin“ entfällt; stattdessen werden die Körperschaftsteuersätze mit einem Aufschlag von 4 vH erhoben (Steuermindereinnahmen: 1,8 Mrd. DM) [RB: 12.2.1958; GE: 7.3.1958/ 12.6.1958/ 19.6.1958; IKT: 24.7.1958; BGBl. I 1958 S. 473]. - Das „Gesetz zur Änderung vermögensteuerrechtlicher Vorschriften“ gewährt Steuervergünstigungen für Ansprüche auf Renten- und Kapitalversicherungsleistungen sowie das sonstige Vermögen, indem es für diese Vermögensteile jeweils einen Freibetrag von 5 000/ 10 000 DM (Ledige/ Verheiratete) einführt [RB: 12.2.1958; GE: 7.3.1958/ 12.6.1958; IKT: 30.7.1958; BGBl. I 1958 S. 538]. - Das „Wohnungsbau-Prämiengesetz“ regelt die Vergabe von Prämienvergünstigungen für Wohnbausparer neu [RB: 12.2.1958; GE: 7.3.1958/ 12.6.1958; IKT: 30.7.1958; BGBl. I 1958 S. 539]. 5. Juli Die Gemeinschaftsdiagnose erwartet für das zweite Halbjahr 1958 ein geringes Wachstum des Sozialprodukts, ein konstantes Preisniveau sowie einen Anstieg der Beschäftigung. 27. Juli Die Sonderausschüsse der Wissenschaftlichen Beiräte beim Bundeswirtschaftsministerium und Bundesverkehrsministerium legen das Gutachten „Problem Verteidigungslast und volkswirtschaftliches Wachstum“ vor. September Die Bundesbank beginnt mit der Swap- Politik, um dadurch den Geldexport der deutschen Banken anzuregen. 14. Nov. Der Versuch, die EWG in einer großen Freihandelszone aufgehen zu lassen, scheitert am Veto Frankreichs. 27. Nov. Die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) fordert in einem Ultimatum die Entmilitarisierung und Umwandlung von Berlin (West) zu einer „selbständigen politischen Einheit“ (Freistadt). Andernfalls würde sie in Betracht ziehen, dass „die DDR ihre Hoheitsrechte ausüben muss“. 9. Dez. Der Bundestag verabschiedet das Zolltarifgesetz. Die Mitgliedstaaten der EWG sind nach den Römischen Verträgen vom 25. März 1957 zu umfangreichen zolltariflichen Maßnahmen verpflichtet. Sie senken die Binnenzölle um 10 vH [RB: -; GE: 29.10.1958/ 6.11.1958; IKT: 25.12.1958, 1.1.1959; BGBl. II 1958 S. 751]. 12. Dez. Der Bundestag verabschiedet die Novellen zum Kaffeesowie zum Teesteuergesetz. Es erhöht zum Ausgleich für die durch den EWG-Vertrag ab 1951 gesenkten Binnen- und Außenzölle für Kaffee und Tee die entsprechenden Steuersätze [RB: -; GE: 29.10.1958/ 29.10.1958; IKT: 1.1.1959; BGBl. I 1958 S. 991, 992]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für das erste Halbjahr 1959 ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von „etwa dem gleichen Tempo wie bisher“, eine stabile Preisentwicklung sowie Vollbeschäftigung. 19. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (12. Dezember) verabschiedeten ersten Rentenanpassungsgesetz zu. Aus Anlass 1958/ 1959 67 der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr 1958 werden die seit 1957 oder früher laufenden Renten um 6,1 vH erhöht [RB: 15.10.1958; GE: 21.11.1958/ 28.11.1958; IKT: 24.12.1958; BGBl. I 1958 S. 956]. 29. Dez. Die EZU wird durch das EWA abgelöst, womit die freie Konvertibilität der D-Mark und anderer europäischer Währungen hergestellt ist (Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat am 22. Januar bzw. 6. Februar 1959) [RB: 4.4.1957; GE: 28.8.1958/ 14.1.1959; IKT: 1.1.1955, 26.8.1959; BGBl. II 1959 S. 293, 1016]. 1959 10. Jan. Die Bundesbank senkt den Diskontsatz von 3 auf 2,75% und den Lombardsatz von 4 auf 3,75%. 6. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (28. Januar) verabschiedeten Länderfinanzausgleichsgesetz 1958 zu. Es sieht insbesondere die Erhöhung der Auffüllungsquote für finanzschwache Länder auf 90 vH und ab 1959 auf 91 vH der durchschnittlichen Finanzkraft vor. Sonderlasten werden teilweise aus der Berechnung herausgenommen [RB: 12.11.1958; GE: 3.12.1958; IKT: 1.4.1958, 12.3.1959; BGBl. I 1959 S. 73]. 27. Febr. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes“ befreit u.a. die Ansprüche, die einem Ehegatten bei Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft zum Ausgleich des gemeinsam erzielten Gewinns zustehen, von der Erbschaftsteuer [RB: -; GE: 29.10.1958/ 15.1.1959; IKT: 27.3.1959; BGBl. I 1959 S. 157]. - Das „Zweite Gesetz zur Änderung von Vorschriften der Kindergeldgesetze“ (BT-Beschluss: 26. Februar) erhöht das Kindergeld für das dritte und jedes weitere Kind von 30 DM auf 40 DM monatlich [RB: 15.10.1958; GE: 21.11.1958/ 30.1.1959/ o.D.; IKT: 1.3.1959; BGBl. I 1959 S. 153]. 20. März Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (19. März) verabschiedeten fünften Novellierung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) zu. Es ermöglicht bis 1961 für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Wirtschaftsjahr und den beiden Folgejahren Absetzungen von bis zu 75 vH der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Die umsatzsteuerlichen Vergünstigungen werden bis Ende 1964 verlängert und der Garantierahmen für Sicherheitsleistungen für Waren aus Berlin (West) wird von 0,1 Mrd. DM auf 0,5 Mrd. DM erhöht [RB: -; GE: 17.3.1959; IKT: 27.3.1959; BGBl. I 1959 S. 160]. 24. März Die Preußische Bergwerks- und Hütten AG (Preussag) bietet 300 000 neue Inhaberaktien zu nominell 100 DM an. Damit wird die Privatisierung des Staatsbetriebes eingeleitet. 27. März Die Regierungen der Bundesrepublik und der Vereinigten Staaten treffen Vereinbarungen über eine vorzeitige Schuldentil- 68 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland gung der Bundesrepublik. Die Bundesrepublik erklärt sich damit einverstanden, am 31. März eine Vorauszahlung in Höhe von 150 Mill. US-$ auf ihre Schulden an die Vereinigten Staaten aus der Nachkriegswirtschaftshilfe zu leisten. 9. April Die erste DM-Weltbankanleihe in Höhe von 0,2 Mrd. DM wird zur öffentlichen Zeichnung am deutschen Kapitalmarkt aufgelegt. 14. April Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Konjunkturpolitische Situation der Bundesrepublik Deutschland im Frühjahr 1959“ vor. 17. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (19. März) verabschiedeten „Gesetz über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen zur Förderung der Vermögensbildung“ zu. Es schafft einen neuen Weg der Begünstigung des Konten- und Wertpapiersparens. Für Sparbeträge, die für fünf Jahre festgelegt werden, wird aus Haushaltsmitteln des Bundes eine Prämie gewährt. Sie beträgt 20 vH der Sparleistung, jährlich jedoch höchstens 120/ 240 DM (Ledige/ Verheiratete) [RB: 12.2.1958; GE: 7.3.1958/ 26.2.1959; IKT: 10.5.1959; BGBl. I 1959 S. 241]. 8. Mai Der Bundesrat und der Bundestag (22. April) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Änderung verkehrsteuerrechtlicher Vorschriften“. Es setzt die Gesellschaft- und Wertpapiersteuer einheitlich auf 2,5 vH fest, beseitigt die Börsenumsatzsteuer für Händlergeschäfte und befreit die private Lebens- und Krankenversicherung sowie die Lohnausgleichskassen von der Versicherungsteuer [RB: 12.2.1958; GE: 7.3.1958/ 14.1.1959/ 10.4.1959; IKT: 27.5.1959; BGBl. I 1959 S. 261]. 12. Juni Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsgesetz 1959. Den Ausgaben in Höhe von 39,8 Mrd. DM (15 vH des BSP) stehen Anleihen in Höhe von 4,16 Mrd. DM (10,5 vH der Einnahmen) gegenüber [RB: 29.10.1958; GE: 1.12.1958/ 10.6.1959; IKT: 1.4.1959; BGBl. II 1959 S. 793]. 16. Juni Das Bundesverfassungsgericht verkündet sein Urteil über das „Gesetz zur Tilgung von Ausgleichsforderungen“, worin es die Verpflichtung zur alleinigen Kostenübernahme durch den Bund feststellt. Es bezieht sich dabei auf Artikel 120 GG. Das Land Bayern hatte gegen die im Gesetz vom 15. Juni 1956 vorgesehene Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern geklagt [BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 16.6.1959, 2 BvF 5/ 56]. 26. Juni Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (24. Juni) verabschiedeten fünften Novelle des Überleitungsgesetzes zu. Dadurch wird das Saarland in das Finanzsystem der Bundesrepublik einbezogen, und die Regelungen über die finanzrechtlichen Beziehungen zu Frankreich werden außer Kraft gesetzt. Mit dem Beitritt wird die D-Mark gesetzliches Zahlungsmittel im Saarland. Außerdem wird das Saarland wieder Bestandteil des deutschen Zollgebiets [RB: 18.3.1959; GE: 17.4.1959/ 9.6.1959; IKT: 3.7.1959; BGBl. I 1959 S. 335]. 10. Juli Die Gemeinschaftsdiagnose erwartet für das zweite Halbjahr 1959 eine Beschleuni- 1959 69 gung des wirtschaftlichen Wachstums, die Ausweitung der volkswirtschaftlichen Produktion um 5 bis 6 vH sowie einen Anstieg des Preisniveaus. 11. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das „Gutachten zur gegenwärtigen Problematik der Gemeindefinanzen“ vor. 20. Juli In Stockholm (Schweden) beschließen auf einer Ministerkonferenz sieben OEEC- Staaten (Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Österreich, Schweiz, Portugal), die der EWG nicht beitreten wollen, die Bildung der kleinen Europäischen Freihandelszone (EFTA). 4. Sept. Die Bundesbank erhöht den Diskontsatz von 2,75 auf 3% und den Lombardsatz von 3,75 auf 4%. 23. Okt. Die Bundesbank erhöht den Diskontsatz von 3 auf 4% und den Lombardsatz von 4 auf 5%. 1. Nov. Die Bundesbank erhöht die Mindestreservesätze der Kreditinstitute um 10 vH. 4. Dez. Der Bundesrat und der Bundestag (2. Dezember) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung“ [RB: 5.6.1959; GE: 29.8.1959/ 16.10.1959/ 20.11. 1959; IKT: 1.12.1959; BGBl. I 1959 S. 705]. 10. Dez. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das „Gesetz zur Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr“ passt die Rechnungsjahre, die bisher vom 1. April bis zum 31. März liefen, an das Kalenderjahr an. Das Rechnungsjahr 1960 wird danach vom 1. April bis 31. Dezember verkürzt, so dass die Anpassung ab 1961 für alle öffentlichen Haushalte möglich wird [RB: 14.10. 1959; GE: 27.11.1959/ 4.12.1959; IKT: 1.1.1961; BGBl. I 1959 S. 832]. - Mit der zehnten Novelle des Umsatzsteuergesetzes werden die Lieferungen der meisten Lebensmittel im Großhandel von der Umsatzsteuer befreit [RB: -; GE: 8.7.1958/ 7.10.1959; IKT: 1.1.1960; BGBl. I 1959 S. 831]. Die Gemeinschaftsdiagnose erwartet für 1960 ein Wirtschaftswachstum von 4,5 vH bzw. eine nur begrenzte Ausweitung des Gesamtangebots an Gütern und Dienstleistungen, einen weiteren Anstieg des Preisniveaus sowie eine geringe Zunahme des Arbeitsvolumens. 18. Dez. Der Bundesrat erteilt dem vom Bundestag (2. Dezember) verabschiedeten zweiten Rentenanpassungsgesetz seine Zustimmung. Es passt die Renten der GRV des Jahres 1959 an eine veränderte Bemessungsgrundlage an, indem es den Anpassungsbetrag um 6 vH erhöht [RB: 29.9. 1959; GE: 28.10.1959/ 20.11.1959; IKT: 25.12.1959; BGBl. I 1959 S. 765]. Die Jahre 1960-1969 1960 25. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Probleme einer rationellen Wirtschaftshilfe an die Entwicklungsländer unter Berücksichtigung der von der Bundesrepublik zu treffenden Maßnahmen“ vor. 18. Febr. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. März eine Erhöhung der Mindestreservesätze um 20 vH ihres Standes vom Oktober 1959 und eine Kürzung der Rediskontkontingente um 10 vH für die ersten 5 Mill. DM und um 30 vH für den Rest der Kontingente. 21. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Gegenwärtige Möglichkeiten und Grenzen einer konjunkturbewussten Lohnpolitik in der Bundesrepublik“ vor. 18. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (9. März) verabschiedeten „Straßenbaufinanzierungsgesetz“ zu. Der Straßenbauplan für die Rechnungsjahre 1959 bis 1962 sieht für den Ausbau des Bundesfernstraßennetzes Ausgaben in Höhe von 8 Mrd. DM vor. Zur Teilfinanzierung wird die Mineralölsteuer für Benzin um 2 Pf/ l und für Diesel um 4 Pf/ l erhöht. Die Mehreinnahmen betragen für die Jahre 1960 bis 1962 insgesamt 1,1 Mrd. DM. Das Gesetz sieht ferner eine zweckgebundene Verwendung des Aufkommens aus der Mineralölsteuer vor, das auf Kraftstoffe entfällt [RB: 18.6.1959; GE: 21.9.1959/ 10.2.1960; IKT: 1.10.1959, 1.4.1960; BGBl. I 1960 S. 201]. 8. April Der Bundesrat erteilt sowohl dem vom Bundestag (16. März) verabschiedeten „Gesetz über die Regelung der Rechtsverhältnisse bei der Volkswagenwerk GmbH“ als auch dem „Gesetz über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk GmbH in private Hand“ seine Zustimmung. Die Privatisierung des Volkswagenwerkes soll durch Umwandlung in eine Aktiengesellschaft erfolgen. 60 vH des Grundkapitals soll an Private veräußert werden; je 20 vH erhalten der Bund und das Land Niedersachsen. In den ersten zwei Monaten der Privatisierung bleibt der Aktienerwerb Personen mit einem Jahreseinkommen von bis zu 8 000/ 16 000 DM (Ledige/ Verheiratete) vorbehalten. Je nach Einkommenshöhe und Kinderzahl wird ein Nachlass auf den Kaufpreis zwischen 10 und 25 vH gewährt; der Aktienerwerb ist auf einen Gesamtnennbetrag von 500 DM bzw. 1 000 DM (bei Belegschaftsmitgliedern) begrenzt [RB: -; GE: 10.7.1959/ 27.1. 1960 bzw. 20.12.1957/ 10.3.1960; IKT: 14.5. 1960 bzw. 28.7.1960; BGBl. I 1960 S. 301, 585]. 5. Mai Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1960. Die Ausgaben sind mit 41,9 Mrd. DM um 5,3 vH höher als im Vorjahr angesetzt; die Nettokreditaufnahme ist mit 1,5 Mrd. DM veranschlagt. Wegen der Angleichung an das Kalenderjahr erstreckt sich das Haushaltsjahr 1960 lediglich auf die Monate April bis Dezember. Die Ansätze des Haushaltsplanes dürfen 72 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland daher nur zu 75 vH in Anspruch genommen werden [RB: 11.11.1959; GE: 4.12.1959/ 24.3.1960; IKT: 1.4.1960; BGBl. II 1960 S. 1545b]. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juni eine nochmalige Erhöhung der Mindestreservesätze für Sicht- und Terminverbindlichkeiten um 15 vH sowie für Spareinlagen um 10 vH des Standes vom Oktober 1959 (Liquiditätsentzug: rund 1 Mrd. DM). 12. Mai Der Ministerrat der EWG beschließt auf Vorschlag des Präsidenten der Kommission der EWG, Dr. Walter Hallstein (CDU), die Verwirklichung des EWG-Vertrages zu beschleunigen („Hallstein-Plan“). Handelsbeschränkungen, Einfuhrkontingente und Zölle innerhalb der EWG sollen früher als geplant abgebaut, die Angleichung der nationalen Zölle an den gemeinsamen Außenzolltarif soll vorgezogen werden. 2. Juni Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum 3. Juni u.a. die Anhebung des Diskontsatzes von 4 auf 5% und des Lombardsatzes von 5 auf 6% sowie mit Wirkung vom 1. Juli die Kürzung der Rediskontkontingente sowie die Anwendung der gesetzlich zulässigen Höchstsätze für Mindestreserven auf den Zuwachs an mindestreservepflichtigen Inlandsverbindlichkeiten gegenüber dem Durchschnittsstand der Monate März bis Mai 1960. 10. Juni Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Bundesbaugesetz“ (BT-Beschluss: 20. Mai) wird u.a. der Preisstopp für unbebaute Grundstücke zum 29. Oktober aufgehoben. Die neu eingeführte „Baulandsteuer (Grundsteuer C)“ auf baureife Grundstücke verfolgt das Ziel, das Angebot an Bauland zu erhöhen [RB: 26.7.1956/ 3.6.1958; GE: 13.12.1956/ 16.4.1958/ 12.4.1960; IKT: 30.6./ 29.10.1960, 29.6.1961; BGBl. I 1960 S. 341]. - Das „Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht“ (BT- Beschluss: 24. Mai) gestattet bei rund 5 Mill. bisher preisgebundenen Altbauwohnungen Mieterhöhungen um bis zu 15 vH. Die Mieten für Altbauwohnungen mit mehr als fünf Räumen (in Gemeinden mit weniger als 100 000 Einwohnern) bzw. mit mehr als sechs Räumen (in Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern) dürfen um bis zu 38 vH erhöht werden. Die vollständige Freigabe der Mieten ist für den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1963 und dem 1. Januar 1966 vorgesehen, sofern zuvor das bereits geplante Gesetz über die Gewährung von Miet- und Lastenbeihilfen in Kraft getreten ist [RB: 14.5.1959; GE: 6.8.1959/ 13.5.1960; IKT: 1.7.1960; BGBl. I 1960 S. 389]. 15. Juni Die Bundesregierung beschließt ein Sanierungsprogramm für die Deutsche Bundesbahn. Es umfasst u.a. einen Verzicht des Bundes auf Forderungen in Höhe von 2,2 Mrd. DM. 1. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (29. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das sogenannte VW-Gesetz, wonach die bisherige Volkswagenwerk GmbH privatisiert und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird. Um den staatlichen Einfluss auf die Entwicklung des Automobilunternehmens zu bewahren, sieht das Gesetz vor, dass kein Anteilseigner mehr als 20 vH der 1960 73 Stimmrechte ausüben kann, auch wenn er einen höheren Unternehmensanteil besitzt. Überdies erreicht das Land Niedersachsen, das einen Anteil von 20,2 vH am Unternehmen hält, eine Sperrminorität, da Hauptversammlungsbeschlüsse eine Mehrheit von über 80 vH des vertretenen Grundkapitals bedürfen [RB: -; GE: 20.12.1957/ 10.3.1960/ 24.6.1960; IKT: 28.7.1960; BGBl. I 1960 S. 585]. Inkrafttreten der zweiten planmäßigen Zollsenkung um 10 vH im Binnenverkehr der EWG. 8. Juli Die IG Metall setzt einen Drei-Stufen-Plan durch, der bis 1965 die Arbeitszeit in der Metallindustrie auf 40 Arbeitsstunden pro Woche reduzieren soll. 15. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (1. Juli) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes und des Wohnungsbau- Prämiengesetzes (Steueränderungsgesetz 1960)“ zu. Es dient der Konjunkturdämpfung und umfasst u.a. die Begrenzung der degressiven Abschreibung auf das Zweifache der linearen Abschreibung und auf höchstens 20 vH des Buchwertes (zuvor: 2,5fache, 25 vH), die Einschränkung des Umfangs der Pensionsrückstellungen, die Minderung der erhöhten Absetzungen für Wohngebäude sowie die Erhöhung der Festlegungsfrist für Bausparverträge von fünf auf sechs Jahre [RB: 16.3.1960; GE: 30.4.1960/ 23.6.1960; IKT: 6.8.1960; BGBl. I 1960 S. 616]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1960 ein Wirtschaftswachstum von 4,5 vH und eine beschleunigte Preisentwicklung. 8. Aug. Die dem Bundesanleihekonsortium angeschlossenen Banken verpflichten sich auf Wunsch von Bundesbankpräsident Blessing, für zwei Jahre zusätzlich 1 Mrd. DM unverzinslicher Mobilisierungstitel in ihrem Portefeuille zu halten („Blessing- Milliarde“), um der drohenden DM-Aufwertung entgegenzuwirken. 10. Nov. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 11. November die Senkung des Diskontsatzes von 5 auf 4% und des Lombardsatzes von 6 auf 5%. 12. Nov. In Bonn tagt die EWG-Arbeitsgruppe „Konjunkturfragen des Arbeitsmarktes“. Sie wurde vom EWG-Ministerrat eingesetzt, um die Ausbildung und Entsendung von italienischen Arbeitskräften vorzubereiten, die wegen des Arbeitskräftemangels in der Bundesrepublik angeworben werden. 15. Nov. Das BMF veröffentlicht Angaben über die finanziellen Belastungen, die aus der deutschen Wiedergutmachung resultieren. Bis zum 30. September 1960 sind Leistungen in Höhe von 12,8 Mrd. DM erbracht worden. Auf den Bundeshaushalt des Jahres 1960 entfielen davon 1,8 Mrd. DM (4,4 vH des Bundeshaushalts). Die in den Folgejahren anfallenden Leistungen werden auf insgesamt rund 12 Mrd. DM beziffert. 1. Dez. Die Bundesbank hebt den Beschluss auf, für den Zuwachs an mindestreservepflichtigen Inlandsverbindlichkeiten der Kreditinstitute gegenüber dem Durchschnittsstand der Monate März bis Mai 1960 die 74 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich zulässigen Höchstsätze für Mindestreserven ab 1. Juli 1960 anzuwenden. 10. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1961 ein Wirtschaftswachstum von 5 vH bzw. eine rückläufige Zunahme des Gesamtangebots an Gütern und Dienstleistungen sowie einen verstärkten Preisanstieg. 14. Dez. In Paris (Frankreich) unterzeichnen die Regierungsvertreter der 18 in der OEEC zusammengeschlossenen Mitgliedsstaaten sowie die von Kanada und den Vereinigten Staaten die Konventionen über die Errichtung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als Nachfolgeorganisation der OEEC. 1961 1. Jan. Die Senkung der Binnenzölle in der EWG um 10 vH und die erste Angleichung der Außenzollsätze für Waren der gewerblichen Wirtschaft an den um 20 vH gesenkten gemeinsamen Zolltarif der EWG gemäß des Beschleunigungsbeschlusses vom 12. Mai 1960 („Hallstein-Plan“) treten in Kraft. Der „Deutsche Zolltarif 1961“ sieht im Zuge dieser Angleichung eine Erhöhung der deutschen Außenzölle vor. Die konjunkturpolitisch motivierten Zollsenkungen nach dem 1. Januar 1957 werden dadurch zu 50 vH rückgängig gemacht. 15. Jan. Die Bundesregierung schließt ein Abkommen mit dem IWF über den Übergang zur vollständigen Ausländer-Konvertibilität. Danach dürfen Devisenkontrollbestimmungen für Ausländer nicht mehr ohne Zustimmung des IWF eingeführt werden. 19. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 20. Januar die Senkung des Diskontsatzes von 4 auf 3,5% und des Lombardsatzes von 5 auf 4,5% sowie mit Wirkung vom 1. Februar die Senkung der Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten um 5 vH ihres Standes vom Oktober 1959. Das Mindestreserve-Soll reduziert sich dadurch um rund 0,4 Mrd. DM. 20. Jan. Die Bundesbank senkt die Abgabesätze für die von ihr im Rahmen ihrer Offenmarktpolitik gehandelten Geldmarktpapiere um 0,5 Prozentpunkte. Im Laufe des Jahres folgen zehn weitere Senkungen um je 0,12 Prozentpunkte. 21. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Gedanken über die Konzeption einer künftigen deutschen Energiewirtschaftspolitik“ vor. 2. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. März eine Senkung der Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten um 5 vH ihres Standes vom Oktober 1959. Das Mindestreservesoll reduziert sich dadurch um rund 0,4 Mrd. DM. 6. März Die Bundesregierung beschließt, die D-Mark gegenüber den wichtigsten Währungen der Welt um 4,75 vH aufzuwerten; gegenüber dem US-Dollar ändert sich die Parität von 4,20 DM auf 4,00 DM. 1961 75 7. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. März eine erneute Senkung der Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten um 5 vH ihres Standes vom Oktober 1959. Das Mindestreservesoll reduziert sich dadurch nochmals um rund 0,4 Mrd. DM. 17. März Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1961 mit einem Umfang von 48,1 Mrd. DM; gegenüber dem Vorjahr sind die Ausgaben um 6,3 Mrd. DM bzw. um 15 vH höher angesetzt. Das Haushaltsdefizit wird auf 3,0 Mrd. DM veranschlagt [RB: 8.7.1960; GE: 23.9.1960/ 12.12.1960/ 16.3.1961; IKT: 1.1.1961; BGBl. II 1961 S. 357]. 29. März Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung des Länderfinanzausgleichsgesetzes 1958 und des Fünften Überleitungsgesetzes“ (BT-Beschluss: 17. März; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) bezieht das Saarland vom Rechnungsjahr 1961 an in den Länderfinanzausgleich ein [RB: -; GE: 14.12.1960/ 3.2.1961/ 10.3.1961; IKT: 17.5.1961, 1.1.1962; BGBl. I 1961 S. 517, 869]. - Das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) (BT-Beschluss: 16. März; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) setzt an die Stelle des grundsätzlichen Verbotes jedes Außenwirtschaftsverkehrs die grundsätzliche Freiheit mit dem Vorbehalt einer Beschränkungsmöglichkeit [RB: 5.6.1959; GE: 15.10.1959/ 13.1.1961/ 10.3.1961; IKT: 5.5./ 1.9.1961; BGBl. I 1961 S. 481, 1381]. 6. April Die Bundesbank beschließt, die Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten rückwirkend mit Wirkung vom 1. April um 5 vH ihres Standes vom Oktober 1959 zu senken. 20. April Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom Mai 1961 eine Änderung der Mindestreservebestimmungen für Auslandsverbindlichkeiten. Die Kreditinstitute werden dadurch ermächtigt, bei der Berechnung ihrer mindestreservepflichtigen Verbindlichkeiten gegenüber Devisenausländern einen Betrag in Höhe der von ihnen bei Banken im Ausland unterhaltenen Guthaben und ihrer ausländischen Geldmarktanlagen abzusetzen. 4. Mai Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 5. Mai die Senkung des Diskontsatzes von 3,5 auf 3% und des Lombardsatzes von 4,5 auf 4%. 5. Mai Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Finanzierungshilfe für Entwicklungsländer aus den Mitteln des ERP- Sondervermögens“. Es regelt die Voraussetzungen und den Umfang der für Entwicklungshilfe zur Verfügung stehenden ERP-Mittel (Darlehenszusagen bis zu einem Gesamtbetrag von 1,5 Mrd. DM) [RB: 12.10.1960; GE: 6.12.1960/ 12.4.1961; IKT: 21.6.1961; BGBl. II 1961 S. 577]. 26. Mai Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag (4. Mai) verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Die 14. Novellierung des Lastenausgleichsgesetzes regelt den Ausgleich 76 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland von Schäden und Verlusten infolge von Vertreibungen und Zerstörungen während des Zweiten Weltkrieges sowie die Wiedereingliederung hiervon betroffener Personen. Es sieht eine Erhöhung der Entschädigungsleistungen und eine Ausweitung des Personenkreises möglicher Leistungsempfänger vor. Bis zum Auslaufen des LAG im Jahre 1979 werden infolge der Änderungen Mehraufwendungen in Höhe von 13 Mrd. DM erwartet. Davon entfallen 8,5 Mrd. DM auf die Hauptentschädigung, insbesondere im Bereich mittelständischer Vermögen. Weitere Leistungsverbesserungen betreffen die Kriegsschadenrenten. Den Aussiedlern, Heimkehrern und Personen, die auf dem Wege der Familienzusammenführung in das Bundesgebiet gekommen sind, werden künftig Aufbaudarlehen gewährt [RB: 5.10.1960; GE: 27.6.1960/ 22.11.1960/ 30.11.1960/ 13.4.1961; IKT: 29.6.1961; BGBl. I 1961 S. 785]. - Das „Bundessozialhilfegesetz“ ersetzt das bisher in zahlreichen Einzelvorschriften festgelegte Recht der öffentlichen Fürsorge und passt die seit 1924 geltende Ordnung des Fürsorgerechts an die veränderten sozialen Bedingungen an. Es regelt u.a. die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Hilfe in besonderen Lebenslagen. Die finanziellen Lasten aus der Gewährung der Sozialhilfe müssen von den Kommunen getragen werden. Die Sozialhilfe soll den Empfängern ein menschenwürdiges Leben ermöglichen und diese soweit wie möglich befähigen, zukünftig unabhängig von ihr leben zu können [RB: 17.2.1960; GE: 20.4.1960/ 25.4.1961; IKT: 1.6.1962; BGBl. I 1961 S. 815]. 29. Mai In Genf (Schweiz) wird eine neue Zollkonferenz des GATT, die sogenannte „Dillon- Zollrunde“, eröffnet. Die EWG-Staaten bekräftigen zu Beginn den Vorschlag des stellvertretenden Außenministers der Vereinigten Staaten, Clarence Dillon, wonach eine Senkung der Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs um 20 vH angestrebt werden soll. 30. Mai Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juni eine Herabsetzung der Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten um 10 vH ihres Standes vom Oktober 1959. 8. Juni Die Bundesregierung beschließt, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1. August 1961 bis zum 31. Januar 1962 auszusetzen. 16. Juni Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Bewertungsgesetzes, des Vermögensteuergesetzes, des Steuersäumnisgesetzes, der Reichsabgabenordnung, des Steueranpassungsgesetzes, des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1961)“ (BT-Beschluss: 14. Juni; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) sollen die Steuerzahler der unteren und mittleren Einkommensschichten um 1,6 Mrd. DM entlastet werden. Die wichtigsten Änderungen sind: Die Einführung eines Sonderausgabenhöchstbetrags für die Altersvorsorge von 500/ 1 000 DM (Ledige/ Verheiratete); die Erhöhung des Freibetrags bei der Einkommensteuer für das 1. Kind von 600 DM auf 900 DM und des Altersfreibetrags von 360 DM auf 600 DM; die Aufstockung der Freibeträge für Unter- 1961 77 haltsleistungen, für Aufwendungen für die auswärtige Unterbringung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes und für Aufwendungen für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe ab 1962 auf je 1 200 DM; die Verdoppelung der Vermögensteuerfreibeträge für den Steuerpflichtigen und seinen Ehepartner auf je 20 000 DM und die Vervierfachung der Freibeträge für Kinder auf je 20 000 DM; die Anhebung des Freibetrags bei der Gewerbeertragsteuer von 2 400 DM auf 7 200 DM [RB: 7.12.1960; GE: 4.3.1961/ 27.4.1961/ 9.6.1961; IKT: 21.7.1961; BGBl. I 1961 S. 981]. - Durch das „Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer“ (BT-Beschluss: 31. Mai) werden die steuerbegünstigten und von Sozialabgaben befreiten vermögenswirksamen Leistungen auf einen Betrag von jährlich höchstens 312 DM für den einzelnen Arbeitnehmer begrenzt [RB: 26.10.1960; GE: 13.1.1961/ 16.5.1961; IKT: 1.1.1961; BGBl. I 1961 S. 909]. 29. Juni Der Bundestag verabschiedet eine elfte Novelle des Umsatzsteuergesetzes. Es sieht mit Wirkung vom 1. Januar 1961 eine Erhöhung der Freibeträge von Steuerpflichtigen mit einem Jahresumsatz bis 120 000 DM vor. Der allgemeine Freibetrag steigt von 8 000 DM auf 12 000 DM, der Freibetrag für bestimmte freie Berufe von 18 000 DM auf 20 000 DM. Mit Wirkung vom 1. Juli 1961 werden u.a. die Großhandelslieferungen von Lebensmitteln, Erzen und Mineralien von der Umsatzsteuer befreit; der Steuersatz auf Bücher wird von 4 auf 1,5 vH gesenkt. Die Minderung des Steueraufkommens wird für das laufende Haushaltsjahr auf 0,3 Mrd. DM, für die Folgejahre auf jeweils 0,4 Mrd. DM veranschlagt [RB: -; GE: 17.1.1961/ 26.5.1961/ 22.6.1961; IKT: 1.7./ 24.8./ 1.10.1961, 1.1. 1962; BGBl. I 1961 S. 1330]. 30. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (31. Mai) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfall“ zu. Durch dieses Gesetz wird u.a. geregelt, dass der Arbeitnehmer im Krankheitsfall sechs Wochen lang 100 vH (bisher 90 vH) seines Nettolohns erhält und dass es im Falle eines Unfalls oder der Einlieferung in ein Krankenhaus künftig keine unbezahlten Karenztage mehr gibt [RB: -; GE: 27.4.1961; IKT: 1.8.1961; BGBl. I 1961 S. 913]. 7. Juli Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert ein Anhalten oder eine Verstärkung der konjunkturellen Entspannung und ein Wirtschaftswachstum in der zweiten Jahreshälfte von etwa 5 vH sowie einen Rückgang der Preissteigerungen. 13. Juli Die Bundesbank beschließt, die Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten von Juli 1961 an um 5 vH ihres Standes vom Oktober 1959 zu senken. 14. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (29. Juni) verabschiedeten „Gesetz über die Gewährung von Kindergeld für zweite Kinder und die Errichtung einer Kindergeldkasse (Kindergeldkassengesetz)“ zu. Danach beträgt das neu eingeführte Zweitkindergeld - rückwirkend vom 1. April 1961 an - 25 DM je Monat, die Einkommensgrenze für die Gewährung wird auf 7 200 DM im Berechnungsjahr festgelegt [RB: 24.2.1961; GE: 6.4.1961/ 22.6.1961; IKT: 23.7./ 1.11.1961; BGBl. I 1961 S. 1001]. 78 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 30. Juli Das Bremer Automobilwerk Borgward AG stellt die Produktion ein, nachdem es trotz eines vom Land Bremen mit 80 Mill. DM gestützten Sanierungskonzepts nicht gelungen war, das Unternehmen auf eine rentable Grundlage zu stellen. 10. Aug. Die Beitragserhebung zur Arbeitslosenversicherung wird bis zum 31. Januar 1962 ausgesetzt, da die Rücklagen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung bereits 4,8 Mrd. DM betragen. Die Beitragsausfälle werden auf rund 1 Mrd. DM veranschlagt. Die Bundesbank beschließt, die Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten vom Reservemonat August an um 5 vH ihres Standes vom Oktober 1959 zu senken. 13. Aug. Nach einem Beschluss des DDR-Ministerrates vom 12. August wird die Grenze zwischen dem Ost- und dem Westteil Berlins gesperrt und mit dem Bau der „Berliner Mauer“ begonnen. Alle Verkehrsverbindungen nach Berlin (West) und zur Bundesrepublik werden unterbrochen. 24. Aug. Die Bundesbank beschließt, die am 8. August 1960 verhängte zweijährige Veräußerungssperre für die sogenannte „Blessing- Milliarde“ mit sofortiger Wirkung vorzeitig aufzuheben. 7. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. September 1961 eine Senkung der Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten um 5 vH ihres Standes vom Oktober 1959. 11. Sept. Die Bundesregierung beschließt, dem Land Berlin zusätzlich zu den im Bundeshaushalt veranschlagten 1,1 Mrd. DM weitere 0,5 Mrd. DM zur Verfügung zu stellen. Damit soll den besonderen finanziellen Belastungen West-Berlins Rechnung getragen werden, die aus der Grenzschließung am 13. August resultieren. 17. Sept. Bei den Wahlen zum vierten Deutschen Bundestag erhalten die Unionsparteien (CDU: 35,8 vH; CSU: 9,6 vH) die meisten Stimmen, verlieren jedoch ihre absolute Mehrheit. Die FDP erreicht 12,8 vH und die SPD 36,2 vH der Stimmen. Die aus der Fusion von GB/ BHE und DP hervorgegangene Gesamtdeutsche Partei scheitert mit einem Stimmenanteil von 2,8 vH an der Fünf-Prozent-Hürde. 28. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Oktober, die Mindestreservesätze um 5 vH ihres Standes vom Oktober 1959 zu senken. 7. Nov. Der Bundestag wählt Konrad Adenauer (CDU) zum vierten Mal zum Bundeskanzler. Eine Woche später erfolgt im Bundestag die Vereidigung der aus den Unionsparteien und den Liberalen gebildeten Bundesregierung. Die CDU stellt elf Minister, darunter mit Ludwig Erhard den Wirtschaftsminister und mit Theodor Blank den Minister für Arbeit und Sozialordnung, die CSU vier Minister und die FDP fünf Minister, darunter mit Heinz Starke den Finanzminister. 24. Nov. Die Bundesbank beschließt zum zehnten Mal in diesem Jahr eine Mindestreserve- 1961/ 1962 79 satzsenkung. Mit Wirkung vom 1. Dezember werden die Reservesätze für Sicht- und Termineinlagen um weitere 5 vH ihres Standes vom Oktober 1959 ermäßigt. Die Reservesätze für Sicht- und Termineinlagen sind damit wieder auf den Stand vom Oktober 1959 gesunken. 13. Dez. Der Bundestag stimmt der Verordnung der Bundesregierung zum Deutschen Zolltarif 1962, nachdem er hieran Veränderungen vorgenommen hatte, zu. Dadurch werden die EWG-Binnenzölle für gewerbliche Produkte um weitere 10 vH abgebaut. Die Zölle der liberalisierten und der nichtliberalisierten Agrarprodukte werden um 5 vH bzw. 10 vH gesenkt. Im Zuge der zweiten Angleichung der Außenzölle für Waren der gewerblichen Wirtschaft an die Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs wird die zweite Hälfte der konjunkturpolitisch motivierten Zollsenkungen vom 1. Januar 1957 rückgängig gemacht [RB: 5.12.1961; VE: 5.12.1961/ 8.12.1961; IKT: 1.1.1962; BGBl. II 1961 S. 1683]. 15. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1962 ein Wirtschaftswachstum von 4 vH und einen weiteren Preisanstieg. 1962 14. Jan. Der Ministerrat der EWG beschließt Verordnungen über die Gestaltung des gemeinsamen Agrarmarktes. Gegenstand dieser Verordnungen sind u.a. die Anwendung verschiedener Wettbewerbsregeln, die Grundsätze zur Festlegung von Mindestpreisen und die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik. Mit der Verabschiedung dieser Verordnungen sind die Voraussetzungen zum Übergang in die zweite von drei Stufen zur Verwirklichung des gemeinsamen Marktes erfüllt. Das Ende der dritten Stufe ist für den 31. Dezember 1969 vorgesehen. Der Präsident der EWG-Kommission, Hallstein, erklärt, dass die Beschlüsse die Grundlage für eine gemeinsame Politik bilden und den Weg für den Beitritt und die Assoziierung weiterer europäischer Länder bereiten. Der Beginn der gemeinsamen Agrarpolitik wird auf den 1. Juli 1962 festgelegt [EGABl. 991/ 62, 993/ 62]. 20. Jan. Die Bundesregierung beschließt, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1. Februar bis zum 31. März weiterhin auszusetzen; für die Zeit vom 1. April 1962 bis zum 31. Dezember 1963 wird er auf 1,4 vH festgelegt. 22. Jan. Die Bundesregierung beschließt den Bundeshaushalt 1962 im Umfang von 53,4 Mrd. DM und einer Kreditaufnahme von 1,5 Mrd. DM. 25. Jan. Die Bundesbank beschließt, die den gesetzlichen Höchstgrenzen entsprechenden Sonderreservesätze für Auslandsverbindlichkeiten mit Wirkung vom 1. Februar 1961 aufzuheben und für mindestreservepflichtige Auslandsverbindlichkeiten die gleichen Sätze wie für Inlandsverbindlichkeiten anzuwenden. 7. März Die EWG-Mitgliedsländer und die Vereinigten Staaten unterzeichnen ein Zollabkommen im Rahmen des GATT, das Zollsenkungen der EWG bei mehr als 20 vH der Tarifstellen des Gemeinsamen Außentarifs und Zollkonzessionen der 80 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Vereinigten Staaten für rd. 32 vH des Einfuhrvolumens vorsieht. Die sogenannte „Dillon-Zollrunde“ ist damit abgeschlossen. Der Bundestag beschließt die Anpassungen an den Zolltarif am 26. Oktober [RB: -; VE: 17.8.1962/ 25.10.1962; IKT: 1.8.1962; BGBl. II 1962 S. 1527]. 13. März Die neue Kartellverordnung der EWG tritt in Kraft, durch die der EWG-Kommission die ausschließliche Kompetenz zur Abgabe von Freistellungserklärungen sowie die zur Durchsetzung der Kartellbedingungen notwendigen Auskunftsrechte, Untersuchungsbefugnisse und Zwangs- und Bußmittel eingeräumt werden [EGABl. 204/ 62]. 4. April Die Bundesregierung beschließt, die Mittel des Haushaltsjahres 1962 für die Fortführung begonnener und für neue Baumaßnahmen des Bundes sowie die Ausgabeansätze zur Förderung von Baumaßnahmen anderer Stellen in Höhe von 20 vH zu sperren. Betroffen sind der öffentliche Hoch-, Tief- und Wasserbau sowie die Förderung des Wohnungsbaus. 12. April Der Bundestag beschließt den Bundeshaushalt 1962 mit einem Umfang von 53,4 Mrd. DM; gegenüber dem Vorjahr steigen die Ausgaben um 11 vH. Die Nettokreditaufnahme wird auf 1,8 Mrd. DM veranschlagt [RB: 22.1.1962; GE: 7.3.1962/ 10.4.1962; IKT: 1.1.1962; BGBl. II 1962 S. 469]. 15. Mai Der EWG-Ministerrat beschließt, die Binnenzölle für gewerbliche Erzeugnisse zum 1. Juli um 10 vH zu senken. Die zweite Angleichung der Außenzollsätze für gewerbliche Erzeugnisse an den Gemeinsamen Außentarif wird vom 1. Januar 1966 auf den 1. Juli 1963 vorgezogen. 22. Mai Der Bundestag beschließt eine Verringerung der Zölle auf Pkw-Importe aus EWG- Ländern von 10 auf 5 vH bzw. von 12,5 auf 6 vH für die Hubraumklassen von 800 bis 2 000 ccm bzw. für die über 2 000 ccm [RB: 16.5.1962; VE: 16.5.1962; IKT: 21.5.1962; BGBl. II 1962 S. 839]. 25. Mai Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (22. Mai) verabschieden „Gesetz zur Einschränkung der Bautätigkeit“ zu. Es verbietet u.a. die Errichtung von Gebäuden, die zu mehr als einem Drittel der Nutzfläche als Büro-, Verwaltungs- und Geschäftsgebäude sowie als Theater, Museum und Gaststätte oder Beherbergungsbetrieb dienen sollen. Auch der Bau von Eigenheimen, deren Rohbaukosten 75 000 DM bzw. 100 000 DM (mit Einliegerwohnung) überschreiten, wird untersagt. Das Gesetz bezweckt die Reduzierung des Nachfrageüberhangs sowie die Dämpfung des Preisauftriebs in der Bauindustrie und ist bis zum 30. Juni 1963 befristet [RB: -; GE: 6.4.1962/ 11.4.1962/ 16.5.1962; IKT: 17.06.1962; BGBl. I 1962 S. 365]. 2. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Probleme einer Netto- Umsatzbesteuerung“ vor. 23. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ vor. 1962 81 12. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (29. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) und des Steuererleichterungsgesetzes für Berlin (West)“ zu. Das sogenannte „Berlinhilfegesetz“ regelt die Gewährung von Investitionszulagen und Steuererleichterungen für Industrie- und Wohnungsbaudarlehen. Mittelständischen Unternehmen und den freien Berufen kommt eine Erhöhung der Umsatzsteuerfreibeträge zugute. Auch die Vergünstigungen für Arbeitnehmer werden ausgebaut. Die Lohnsteuerpräferenz wird von 20 auf 30 vH erhöht. Zusätzlich wird ein nach dem Jahreseinkommen gestaffelter steuer- und sozialversicherungsfreier Zuschlag gewährt. Dieser belastet den Bundeshaushalt mit 0,3 Mrd. DM. Die Gesamtbelastung des Bundeshaushalts durch das „Berlinhilfegesetz“ beträgt 0,5 Mrd. DM. Die Gewährung der Steuererleichterungen und Arbeitnehmervergünstigungen ist bis zum 31. Dezember 1964 befristet [RB: 9.5.1962; GE: 30.5.1962/ 25.6.1962; IKT: 1.8.1962; BGBl. I 1962 S. 481]. 13. Juli Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für das zweite Halbjahr 1962 ein Wirtschaftswachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 3 vH und eine Zunahme der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von 0,7 vH. 16. Juli In Genf (Schweiz) endet die am 29. Mai 1961 begonnene Zollkonferenz des GATT. 20. Juli Bundesfinanzminister Starke setzt die 20-vH- Sperre der Haushaltsansätze für öffentliche Bauten und für die Förderung des Wohnungsbaus, die die Bundesregierung am 4. April beschlossen hat, für die Zonenrandgebiete mit sofortiger Wirkung außer Kraft. 4. Okt. Die Bundesregierung beschließt den Bundeshaushalt 1963 im Umfang von 56,8 Mrd. DM; gegenüber dem Vorjahr sind die Ausgaben um 3,4 Mrd. DM höher angesetzt. Die Nettokreditaufnahme wird auf 1,8 Mrd. DM veranschlagt. 7. Dez. Der Bundestag verabschiedet den Nachtragshaushalt 1962. Das Gesamtvolumen des Bundeshaushalts erhöht sich nicht, da der Nachtrag mit einem Volumen von 0,5 Mrd. DM durch Kürzungen anderer Titel ausgeglichen wird. U.a. werden 0,2 Mrd. DM aus dem Steueraufkommen der Mineralölsteuer ungeachtet ihrer Zweckbindung an Straßenbauzwecke verwendet [RB: 4.10.1962; GE: 30.10.1962/ 28.11.1962; IKT: 1.1.1962; BGBl. II 1962 S. 2386]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1962 ein Wirtschaftswachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 3,5 vH und einen Anstieg der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer um 1,7 vH. Für 1963 werden ein Wachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 3,5 vH und ein Anstieg der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von 1 vH prognostiziert. 14. Dez. Der zurückgetretene Bundesfinanzminister Starke wird von Dr. Rolf Dahlgrün (FDP) abgelöst und im Bundestag vereidigt. Anlass der Kabinettsumbildung ist der Rücktritt von fünf FDP-Ministern am 19. November; hierdurch soll Bundesverteidigungsminister Dr. Franz Josef Strauß (CSU) wegen seiner Beteiligung an der „Spiegel-Affäre“ zum Ausscheiden aus der Regierung gezwungen werden. Im neuen Kabinett ist Strauß nicht mehr vertreten. 82 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 21. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (7. Dezember) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Spar-Prämiengesetzes“ zu. Die Prämiensätze für Sparer mit Kindern und die Prämienhöchstbeträge werden heraufgesetzt. Die neu eingeführte Staffelung der Prämiensätze nach der Zahl der Kinder soll der geringeren Sparfähigkeit kinderreicher Familien Rechnung tragen [RB: -; GE: 16.5.1962/ 20.11.1962; IKT: 15.2.1963; BGBl. I 1963 S. 90]. 1963 16. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Selbstfinanzierung bei verlangsamtem wirtschaftlichem Wachstum“ vor. 26. Febr. Das BMWi legt erstmalig einen Wirtschaftsbericht vor; der „Bericht über die Wirtschaftsentwicklung im Jahre 1962 und die Aussichten für 1963“ soll Parlament und Öffentlichkeit über die wirtschaftlichen Zusammenhänge informieren und die Koordinierung aller für die Wirtschaftspolitik verantwortlichen Institutionen erleichtern. Den Abschluss des Berichts bilden Leitlinien für das Verhalten der öffentlichen Hand, der Unternehmer und der Tarifparteien. 3. Mai Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (13. März) verabschiedeten „Gesetz zur Einschränkung des § 7b des Einkommensteuergesetzes“ zu. Zur Dämpfung der Baukonjunktur und der damit einhergehenden Lohn- und Preissteigerungen werden die Steuervergünstigungen im Wohnungsbau, mit Ausnahme des Eigenheimbaus, zum 1. April 1964 aufgehoben [RB: 17.10.1962; GE: 14.11.1962/ 21.2.1963; IKT: 22.5.1963; BGBl. I 1963 S. 319]. 16.-21. Mai In Genf (Schweiz) einigt sich die Ministerkonferenz des GATT über Grundsätze und Verfahren der Zollsenkungsrunde im kommenden Jahr. 19. Juni Der Bundestag stimmt der Verordnung der Bundesregierung zum Deutschen Zolltarif 1963 zu. Die EWG-Binnenzölle für Waren der gewerblichen Wirtschaft und der Agrarwirtschaft werden jeweils um weitere 10 vH abgebaut. Die zweite Angleichung der Außenzölle für Waren der gewerblichen Wirtschaft an die Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs der EWG wird wirksam [RB: -; VE: 7.6.1963; IKT: 1.7.1963; BGBl. II 1963 S. 744]. 21. Juni Der Bundestag verabschiedet unter Annahme des Kompromissvorschlages des Vermittlungsausschusses den Bundeshaushalt 1963 mit einem Umfang von 56,8 Mrd. DM; gegenüber dem Vorjahr steigen die Ausgaben um 3,4 vH. Die Nettokreditaufnahme ist gegenüber 1962 um 0,4 Mrd. DM auf 2,2 Mrd. DM höher angesetzt. Bei der Aufstellung des Haushalts werden Mehreinnahmen berücksichtigt, die sich aus einer Erhöhung des Bundesanteils am Steueraufkommen aus der Einkommen- und der Körperschaftsteuer von 35 auf 38 vH rückwirkend vom 1. Januar 1963 ergeben. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Bundeshaushalts hat der Bundesrat jedoch noch keine Zustimmung zu dieser Steuerneuverteilung gegeben [RB: 31.10.1962; GE: 31.10.1962/ 9.5.1963/ 7.6.1963; IKT: 1.1.1963; BGBl. II 1963 S. 747]. 1963 83 Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (20. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung und zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Einschränkung der Bautätigkeit“ zu, wodurch die Beschränkungen der Bautätigkeit bis zum Jahresende verlängert werden. Gleichzeitig werden die Bundesländer ermächtigt, die Bauverbote in Gebieten außer Kraft zu setzen, in denen keine Überschussnachfrage nach Bauten besteht [RB: -; GE: 14.5. 1963; IKT: 30.6.1963; BGBl. I 1963 S. 439]. 26. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ (SVR). Von dem aus fünf unabhängigen Sachverständigen gebildeten Rat sollen Gutachten zur gesamtwirtschaftlichen Lage und deren absehbarer Entwicklung erstellt werden [RB: -; GE: 26.6.1962/ 12.6.1963; IKT: 21.8.1963; BGBl. I 1963 S. 685]. 27. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften“, das den Mieterschutz im Falle von Kündigungen verbessern soll [RB: 26.9.1962; GE: 5.12.1962/ 12.6.1963; IKT: 1.8.1963; BGBl. I 1963 S. 505]. 12. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung von Fristen des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht“ (BT- Beschluss: 27. Juni) setzt den Termin für die vollständige Freigabe der Mietpreise in Gebieten mit einem statistischen Wohnraumdefizit von weniger als 3 vH auf den 1. Juli fest [RB: -; GE: 16.1.1963/ 14.6.1963; IKT: 1.7.1963; BGBl. I 1963 S. 524]. - Das „Gesetz über Wohnbeihilfen“ (BT- Beschluss: 27. Juni) sieht zur Vermeidung sozialer Härten die Gewährung von Wohngeld in Gebieten mit einem statistischen Wohnraumdefizit von weniger als 3 vH ab dem 1. November, im übrigen Bundesgebiet spätestens ab dem 1. Januar 1966 und in Berlin ab dem 1. Januar 1967 vor [RB: -; GE: 13.2.1963/ 14.6.1963; IKT: 1.8.1963; BGBl. I 1963 S. 508]. - Das „Gesetz zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau“ (BT- Beschluss: 20. Juni) gewährt ab dem 1. September im Falle der Veräußerung von Anlagevermögen des Bergbaus verschiedene Vergünstigungen bei der Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer. Für die Stilllegung von Steinkohlebergwerken werden Prämien gezahlt [RB: 12.12.1962; GE: 22.3.1963/ 16.5.1963; IKT: 1.9.1963; BGBl. I 1963 S. 549]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1963 ein Wirtschaftswachstum und eine Preissteigerung von jeweils 3,0 vH sowie einen Anstieg der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von 1,0 vH. 22. Aug. Die Bundesregierung senkt den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember 1965 von 1,4 auf 1,3 vH [BGBl. I 1963 S. 709]. 10. Okt. Bundeskanzler Adenauer erklärt dem Bundespräsidenten seinen Rücktritt und scheidet am 15. Oktober aus seinem Amt. 84 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 16. Okt. Im Bundestag wird der bisherige Bundeswirtschaftsminister Erhard zum Bundeskanzler gewählt und anschließend vereidigt. Am Folgetag werden im Bundestag die Bundesminister vereidigt. Dem Kabinett gehören elf Minister der CDU, vier Minister der CSU sowie sechs Minister der FDP an. Rolf Dahlgrün bleibt Finanzminister, Kurt Schmücker (CDU) wird Wirtschaftsminister und Theodor Blank Arbeits- und Sozialminister. 30. Okt. Bundeskanzler Erhard und die Ministerpräsidenten der Länder verständigen sich darauf, unverzüglich mit der Erarbeitung einer umfassenden Finanzreform zu beginnen. Hierzu soll eine Gruppe von unabhängigen Sachverständigen beauftragt werden. Durch die Finanzreform wird bezweckt, Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern über die Finanzverantwortung zukünftig zu vermeiden, Bund, Länder und Gemeinden möglichst gleichmäßig an der Entwicklung des Steueraufkommens zu beteiligen, die Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden und die Konjunkturabhängigkeit der Gemeindefinanzen zu reduzieren und die Haushalte aller Gebietskörperschaften besser auf die konjunkturpolitischen Erfordernisse abzustimmen. 9. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wirtschaftliche Vorausschau auf mittlere Sicht“ vor. 13. Nov. Die Bundesregierung beschließt einen Nachtragshaushalt 1963. Der Mehrbedarf von 0,7 Mrd. DM ergibt sich aus einer Liquiditätshilfe für die Bundesbahn (0,1 Mrd. DM), Straßenbaumaßnahmen (0,1 Mrd. DM) und der Deckung des entstandenen Fehlbetrages (0,4 Mrd. DM). Die Mehrausgaben sollen durch den Erlös aus der VW- Privatisierung (0,3 Mrd. DM) und durch Minderausgaben im Bundeshaushalt 1963 (0,4 Mrd. DM) gedeckt werden. 29. Nov. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (14. November) verabschiedeten „Gesetz über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl“ zu. Zum 1. Januar 1964 werden der EWG-Binnenzoll sowie der Außenzoll für Mineralöl abgeschafft. Die Außenzölle für verschiedene Mineralölprodukte werden gesenkt und damit dem Gemeinsamen Zolltarif angenähert. Zum Ausgleich der wegfallenden Zolleinnahmen von rd. 1 Mrd. DM wird der Regelsteuersatz für Mineralöl um 12,50 DM je 100 kg erhöht. Der Schutz der deutschen Erdölindustrie und die Anpassung an die veränderte Wettbewerbslage sollen durch die Gewährung von Anpassungshilfen sichergestellt werden, die bis zum Jahr 1969 befristet sind. Die Zweckbindung des Steueraufkommens aus der Mineralölsteuer für den Straßenbau wird für das Jahr 1964 auf 46 vH, für das Jahr 1965 auf 48 vH und für die Folgejahre auf 50 vH festgesetzt [RB: 19.6.1963; GE: 19.9.1963/ 7.11.1963; IKT: 1.1.1964; BGBl. I 1963 S. 995]. 13. Dez. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1964 ein Wirtschaftswachstum von 5,3 vH und eine Preissteigerung von 2,2 vH. 1964 65 1964 7. Febr. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Ein „Erstes Gesetz zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer“ (BT-Beschluss: 9. Januar) legt den Bundesanteil an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer, der bisher 35 vH betrug, für 1963 auf 38 vH und für die Jahre 1964 bis 1966 auf 39 vH fest [RB: 4.10.1962; GE: 3.5.1963/ 7.6.1963/ 18.12. 1963; IKT: 1.1.1963; BGBl. I 1964 S. 137]. - Ein „Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts“ (BT- Beschluss: 22. Januar) weitet - neben zahlreichen Leistungsverbesserungen bei der Kriegsopferversorgung - auch den Kreis der Anspruchsberechtigten aus. Die laufenden Renten für Beschädigte, Witwen, Waisen und Eltern werden rückwirkend zum 1. Januar 1964 angehoben. Die Mehrbelastung des Bundeshaushalts beträgt 1,2 Mrd. DM [RB: 7.5.1963; GE: 7.6.1963/ 16.1.1964; IKT: 1.1.1964; BGBl. I 1964 S. 85]. Die Arbeits- und Sozialminister der EWG beschließen eine Verordnung über die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft, die am 1. Mai in Kraft tritt. 13. Febr. Der Bundespräsident ernennt auf Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers die Mitglieder des SVR. 2. März Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt ein „Gutachten zur Neuordnung der finanzpolitischen Regelungen zur Förderung des privaten Sparens und Verbesserung der Vermögensverteilung“ vor. 9. März Die Bundesbank beschließt, ab 1. April die Mindestreservesätze für Auslandsverbindlichkeiten der Banken auf die gesetzlich zulässigen Höchstsätze festzusetzen. 20. März Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Bundeskindergeldgesetz“ (BT-Beschluss: 6. März) wird das bisher einheitliche Kindergeld von 40 DM monatlich ab dem dritten Kind rückwirkend zum 1. Januar 1964 erhöht (50 DM monatlich für das dritte, 60 DM für das vierte und 70 DM für jedes weitere Kind). Für das zweite Kind beträgt das Kindergeld weiterhin 25 DM, wenn das monatliche Einkommen der Eltern 600 DM nicht übersteigt. Die Finanzierung erfolgt ab 1. Juli 1964 ausschließlich aus Haushaltsmitteln des Bundes. Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Kindergeld für dritte und weitere Kinder durch Beiträge der Arbeitgeber an die Familienausgleichskassen finanziert. Die Mehrbelastung des Bundes wird für das Haushaltsjahr 1964 auf rund 1 Mrd. DM, für die Folgejahre auf rund 1,6 Mrd. DM beziffert [RB: 31.10.1962; GE: 7.12.1962/ 19.2.1964; IKT: 1.1./ 1.7. 1964; BGBl. I 1964 S. 265]. - Das „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes“ (BT-Beschluss: 4. März) schiebt die für den 1. April vorgesehene Suspendierung des § 7b EstG bis zum 1. Juli 1964 hinaus [RB: -; GE: 5.2.1964/ 18.2.1964; IKT: 1.7.1964; BGBl. I 1964 S. 217]. Bundeskanzler Erhard und die Ministerpräsidenten der Länder setzen eine Sachverständigen-Kommission („Troeger- 86 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Kommission“) ein, die Vorschläge für die geplante Finanzreform erarbeiten soll. 15. April Der Bundestag beschließt den Nachtragshaushalt 1963, um einen Mehrbedarf in Höhe von 0,7 Mrd. DM abzudecken [RB: 13.11.1963; GE: 20.12.1963/ 29.2.1964; IKT: 1.1.1963; BGBl. II 1964 S. 641]. 16. April Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1964 mit einem Umfang von 60,3 Mrd. DM. Gegenüber dem Vorjahr ist der Bundeshaushalt um 6,1 vH höher angesetzt. Mit 2,25 Mrd. DM (0,5 vH des BSP) entspricht die Nettokreditaufnahme in etwa dem Ansatz, der im Haushaltsplan des Jahres 1963 veranschlagt wurde [RB: 19.11.1963; GE: 23.12.1963/ 20.3.1964; IKT: 1.1.1964 ; BGBl. II 1964 S. 477]. 4. Mai In Genf beginnt die sogenannte „Kennedy- Runde“ des GATT. Ziel der Verhandlungsrunde ist u.a. eine beiderseitige Reduzierung der Zölle im Handel zwischen den Vereinigten Staaten und der EWG um 50 vH. 15. Mai Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Neuregelung der Absetzungen für Abnutzung bei Gebäuden“ (BT-Beschluss: 30. April). Das Gesetz sieht eine Verbesserung der Abschreibungssätze sowie den Übergang zur degressiven Abschreibung vor. Die Absetzung beträgt danach 2 vH der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. 2,5 vH bei Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt wurden. Eine degressive Abschreibung kann für Gebäude vorgenommen werden, die erst im Jahre 1965 oder später fertiggestellt werden. Für Ein- und Zweifamilienhäuser, bei denen der Antrag auf Baugenehmigung nach dem 31. Dezember 1964 gestellt wird und die zu mehr als zwei Dritteln Wohnzwecken dienen, ist ein Abschreibungssatz von 5 vH für die ersten acht Jahre und von 2,5 vH für die Folgejahre vorgesehen (Steuermindereinnahmen: 0,3 Mrd. DM) [RB: -; GE: 4.2.1964/ 4.2.1964/ 23.4.1964; IKT: 21.6.1964; BGBl. I 1964 S. 353]. - Durch das „Gesetz zur Änderung grundsteuerlicher Vorschriften“ (BT-Beschluss: 29. April) wird die im Jahre 1960 eingeführte Baulandsteuer „Grundsteuer C“ rückwirkend zum 1. Januar 1963 ersatzlos gestrichen, da die Steuer auf baureife Grundstücke nicht wie erwartet zu einer nennenswerten Erhöhung des Angebots an Bauland geführt hat [RB: -; GE: 24.1.1963/ 13.4.1964; IKT: 17.6.1964; BGBl. I 1964 S. 347]. 4. Juni Die Regierungschefs der Bundesländer unterzeichnen ein Abkommen über die Finanzierung der Neuerrichtung von fünf wissenschaftlichen Hochschulen. Der Gesamtaufwand für die geplanten Investitionen der nächsten 15 Jahre wird auf 5,5 Mrd. DM beziffert. Davon sollen 4,1 Mrd. DM aus einem gemeinschaftlichen Länderfonds gezahlt werden. 20. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Zusammenwirken von staatlichen und nichtstaatlichen Kräften in der Wirtschaftspolitik“ vor. 25. Juni Der Bundestag stimmt der Verordnung der Bundesregierung über Zollsenkungen zum 1. Juli 1964 zu. Auf dem gewerblichen Sektor des Deutschen Zolltarifs werden die 1964 87 Binnenzölle um 50 vH (in Ausnahmen 25 vH) gesenkt und die rund 320 über den Sätzen des Gemeinsamen Zolltarifs liegenden Außenzollsätze auf dessen Niveau herabgesetzt. Außerdem werden die rd. 220 Außenzollsätze im Ernährungsbereich um bis zu 3 Prozentpunkte und die 26 Binnenzollsätze um rd. ein Drittel gesenkt [RB: 5.6.1964; VE: 5.6.1964/ 5.6.1964/ 12.6.1964/ 12.6.1964; IKT: 1.7./ 19.7.1964; BGBl. I 1964 S. 813, 829]. 4. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF empfiehlt in einer Stellungnahme „Folgerungen aus der konjunkturellen Lage für die Steuerpolitik“, die geplanten Steuersenkungen aus konjunkturpolitischen Gründen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. 9. Juli Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. August, die Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten um 10 vH ihres derzeitigen Standes zu erhöhen und die Rediskontkontingente um den Zuwachs der im Ausland aufgenommenen Kredite zu kürzen (Liquiditätsentzug: 1,2 Mrd. DM). 10. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (26. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) und des Gesetzes über Steuererleichterungen und Arbeitnehmervergünstigungen in Berlin (West)“ zu. Danach wird der Termin für das Auslaufen der Steuererleichterungen und Arbeitnehmervergünstigungen des „Berlinhilfegesetzes“ um fünf Jahre, d.h. bis zum 31. Dezember 1969, hinausgeschoben [RB: 15.4.1964; GE: 21.5.1964/ 11.6.1964; IKT: 1.9.1964; BGBl. I 1964 S. 534]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1964 ein Wirtschaftswachstum von 7 vH, eine Preissteigerung von 2,6 vH und einen Anstieg der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von 0,7 vH. 16. Sept. Die Bundesregierung beschließt die Gründung der „Stiftung Warentest“, was im Rahmen der Haushaltsberatungen in einem einstimmig beschlossenen Antrag des Wirtschaftsausschusses Zustimmung findet. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Bundeshaushalts (1964: 0,4 Mill. DM; 1965: 2,5 Mill. DM; 1966-1969: 4,0 Mill. DM). Sie hat die Aufgabe, den Wettbewerb in der Wirtschaft zu fördern, indem sie die Marktübersicht der Verbraucher bei Waren und Dienstleistungen verbessert. Am 4. Dezember wird die Stiftung durch Bundeswirtschaftsminister Schmücker errichtet. 19. Sept. Die Zahl der „Gastarbeiter“ in der Bundesrepublik übersteigt erstmals die Millionengrenze. 31. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Zusammenwirken staatlicher und nichtstaatlicher Kräfte im Bereich der wirtschaftspolitischen Gesetzgebung“ vor. 6. Nov. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (22. Oktober) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Spar-Prämiengesetzes und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1964)“ zu. Es umfasst u.a. eine Korrektur des Einkommensteuertarifs (Senkung des Steuersatzes in der Proportionalzone von 20 auf 19 vH, 88 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Verringerung der Steuersätze für Einkommen zwischen 8 000 DM und 78 000 DM (Ledige) bzw. 16 000 DM und 156 000 DM (Verheiratete) durch Abschwächung der Progression), die Einführung eines Ausbildungsfreibetrags von 720 DM sowie eines Arbeitnehmerfreibetrags von 120 DM, die Erhöhung der Sonderausgabenpauschale für Arbeitnehmer um 300 DM auf 936 DM, eine Verbesserung der verschiedenen Abschreibungsbedingungen für Investitionen sowie die Neuordnung der staatlichen Sparförderung. Die Steuermindereinnahmen sind mit 2,8 Mrd. DM veranschlagt [RB: 15.4.1964; GE: 19.6.1964/ 16.10.1964; IKT: 1.1.1965; BGBl. I 1964 S. 885]. 13. Nov. Bundeswirtschaftsminister Schmücker erklärt, dass die Bundesregierung bereit ist, den Absatz von jährlich 140 Mill. Tonnen Steinkohle zu sichern. Die Regierung beschließt dazu, u.a. den Kohlezoll und die Heizölsteuer beizubehalten, die Verwendung von Steinkohle in Elektrizitätswerken zu fördern und für den Bau von Blockheizwerken auf Kohlebasis 40 Mill. DM bereitzustellen. 1. Dez. Die DDR führt für Besucher der DDR sowie von Berlin (Ost) aus dem „nichtsozialistischen Ausland“ den Zwangsumtausch von D-Mark in Mark der DDR ein. 11. Dez. Das BMWi legt den „Bericht über die Wirtschaftsentwicklung im Jahre 1963 und die Aussichten für 1964“ vor, der zukünftig durch das Jahresgutachten des SVR abgelöst werden soll. 14.-15. Dez. Auf der Tagung des Ministerrates der EWG gibt die Bundesregierung ihre Zustimmung zum umstrittenen „Mansholt- Plan“, der eine Harmonisierung der Getreidepreise vorsieht. Für die Bundesrepublik, Italien und Luxemburg bedeutet dieser Plan eine Absenkung der Getreidepreise. Zum Ausgleich der Einkommenseinbußen der landwirtschaftlichen Betriebe werden Ausgleichszahlungen aus dem EWG- Agrarfonds in Höhe von 0,6 Mrd. DM anstatt der von der Bundesrepublik zunächst geforderten 0,7 Mrd. DM vereinbart. 1965 1. Jan. Die EWG-Binnenzölle für gewerbliche und bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse werden planmäßig um weitere 10 vH der Ausgangszölle verringert. Die Bundesrepublik hat ihre Abbauverpflichtungen bei den Zöllen für gewerbliche Erzeugnisse wegen der bereits zum 1. Juli 1964 erfolgten, konjunkturpolitisch motivierten Zollsenkungen weitgehend erfüllt. 11. Jan. Der SVR legt sein erstes Jahresgutachten vor. Er prognostiziert für 1964 ein Wirtschaftswachstum von 5,5 vH, eine Preissteigerung von 3,0 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für das erste Halbjahr 1965 prognostiziert er ein Wachstum von 4,5 vH, eine Preissteigerung von 3,5 vH und einen Anstieg der der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH. 21. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 3 auf 3,5% und des Lombardsatzes von 4 auf 4,5%. 1965 89 5. Febr. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen erlässt eine „Verordnung über die Bedingungen, zu denen Kreditinstitute Kredite gewähren und Einlagen entgegennehmen dürfen (Zinsverordnung)“, die zum 1. März in Kraft tritt. Für Kreditkosten werden Höchstsätze in Abhängigkeit vom jeweiligen Diskontsatz vorgeschrieben [BGBl. I 1965 S. 33]. 12. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (27. Januar) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und des Kapitalverkehrsteuergesetzes“ zu. Ziel des Gesetzes ist die Eindämmung der hohen Kapitalzuflüsse. Dazu wird u.a. die Erhebung der Kapitalertragsteuer (25 vH auf Zinsen aus festverzinslichen Wertpapieren) auf Gläubiger ausgedehnt, die sich außerhalb der Bundesrepublik befinden [RB: 29.4.1964; GE: 10.6.1964/ 22.12.1964; IKT: 28.3.1965; BGBl. I 1965 S. 147]. 26. Febr. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1965 mit einem Umfang von 63,9 Mrd. DM; gegenüber dem Vorjahr steigen die Ausgaben um 6 vH. Mit 2,0 Mrd. DM entspricht die Nettokreditaufnahme in etwa dem Wert, der im Haushaltsplan des Jahres 1964 veranschlagt wurde [RB: 16.6.1964; GE: 17.8.1964/ 24.2.1965; IKT: 1.1.1965; BGBl. II 1965 S. 193]. 4. März Die Bundesbank beschließt die Senkung der Rediskontkontingente in zwei Stufen zum Oktober 1965 und Mai 1966. Die erste Stufe wird aber aus konjunkturpolitischen Gründen ebenfalls erst im Mai 1966 durchgeführt. 5. März Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundeskindergeldgesetzes“ (BT-Beschluss: 10. Februar) hebt die Einkommensgrenze, bis zu der Kindergeld für das zweite Kind gezahlt wird, von jährlich 7 000 DM auf 7 800 DM an. Familien mit drei und mehr Kindern erhalten das Zweitkindergeld unabhängig von der Einkommenshöhe [RB: -; GE: 21.10.1964/ 28.1.1965; IKT: 1.1./ 1.4.1965; BGBl. I 1965 S. 222]. - Durch das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Wohnbeihilfen“ (BT-Beschluss 12. Februar) wird statt der unterschiedlichen Miet- und Lastenbeihilfen ab 1. April ein einheitliches Wohngeld gewährt. Im Unterschied zu der bisherigen Regelung ist die Gewährung von Wohngeld auch für steuerbegünstigte und freifinanzierte sowie für Wohnungen in Städten und Landkreisen vorgesehen, in denen die Wohnraumbewirtschaftung noch nicht aufgehoben wurde (Mehrausgaben für Bund und Länder 1965: 15 Mill. DM) [RB: -; GE: 20.10.1964/ 10.11.1964/ 29.1.1965; IKT: 1.4.1965; BGBl. I 1965 S. 140]. 8. April Die Staats- und Regierungschefs der EWG- Staaten schließen einen Vertrag über die Fusion der Exekutiven der EGKS, der EWG und der Euratom zum 1. Juli 1967 zur Europäischen Gemeinschaft (EG). Die Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat erfolgt am 30. Juni bzw. 16. Juli 1965. Es sollen ein gemeinsamer Rat und eine gemeinsame Kommission der EG eingesetzt werden [RB: 12.5.1965; GE: 11.6.1965/ 16.6.1965; IKT: 28.10.1965, 1.7.1967; BGBl. II 1965 S. 1453, BGBl. II 1967 S. 2156]. 90 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 9. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (25. März) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes, des Bewertungsgesetzes, des Steuersäumnisgesetzes, der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze (Steueränderungsgesetz 1965)“ zu. Dadurch wird u.a. der Altersfreibetrag von 600/ 1 200 DM (Ledige/ Verheiratete) auf 720/ 1 440 DM erhöht unter gleichzeitiger Herabsetzung der Altersgrenze von 70 auf 65 Jahre sowie eine Teilsteuerbefreiung der Versorgungsbezüge im öffentlichen Dienst eingeführt (Mindereinnahmen: 0,5 Mrd. DM) [RB: -; GE: 19.6.1964/ 12.3.1965; IKT: 1.1./ 22.5./ 1.6./ 1.7.1965; BGBl. I 1965 S. 377]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1965 ein Wirtschaftswachstum von 4 bis 4,5 vH, eine Preissteigerung von 3,2 vH und einen Anstieg der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von 1,4 vH. Für 1966 werden ein Wachstum von 3,5 bis 4,5 vH, eine Preissteigerung von 2,8 vH und ein Anstieg der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von 1,0 vH vorausgesagt. 30. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (2. April) verabschiedeten „Gesetz zur Beseitigung von Härten in den gesetzlichen Rentenversicherungen und zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften“ zu. Neben zahlreichen Leistungsverbesserungen kommt es auch zu einer Anhebung der Pflichtversicherungsgrenze auf 1 800 DM. Den Mehraufwendungen von 0,7 Mrd. DM und den Einnahmeausfällen von 0,2 Mrd. DM stehen Mehreinnahmen in Höhe von jährlich 0,6 Mrd. DM gegenüber [RB: 19.6.1964; GE: 23.9.1964/ 25.3.1965; IKT: 1.1.1957, 1.7.1964, 1.4.1965, 1.7.1965, 1.1.1966; BGBl. I 1965 S. 476]. 4. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (5. Mai) verabschiedeten zweiten „Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer“ zu. Da das „Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer“ aus dem Jahre 1961 nicht die erhoffte Steigerung der Vermögensbildung bewirkte, wird den Tarifpartnern gestattet, tarifvertragliche Vereinbarungen über vermögenswirksame Leistungen zu treffen. Zuvor musste die Zahlung von vermögenswirksamen Leistungen individuell mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden. Rückwirkend zum 1. April 1965 werden vermögenswirksame Leistungen vollständig von der Lohnsteuer befreit. Der steuerlich und sozialversicherungsrechtlich begünstigte Höchstbetrag bei Arbeitnehmern mit Anspruch auf einen Kinderfreibetrag für mehr als zwei Kinder wird von 312 DM auf 468 DM erhöht (Steuermindereinnahmen: 0,3 Mrd. DM) [RB: 5.11.1964; GE: 7.12.1964/ 24.3.1965; IKT: 1.4.1965; BGBl. I 1965 S. 585]. 1. Juli Nachdem die Verhandlungen des EWG- Ministerrates vom 28. bis zum 30. Juni über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 1. Juli 1965 ergebnislos verlaufen sind, beschließt die französische Regierung, an den Sitzungen des Ministerrates bis auf weiteres nicht mehr teilzunehmen („Politik des leeren Stuhls“) und löst damit eine mehrmonatige Krise der EWG aus. 9. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Förderung der Verwendung von Steinkohle in Kraftwerken“ (BT-Beschluss: 23. Juni) sieht zur Sicherung des Steinkohlenabsatzes die Gewährung von steuerlichen Hilfen beim Bau von Steinkohlenkraftwerken vor. 1965 91 Begünstigt werden Kraftwerke, die nach dem 30. Juni 1964 und vor dem 1. Juli 1971 errichtet werden (Steuermindereinnahmen 1966: 0,1 Mrd. DM) [RB: 10.2.1965; GE: 7.5.1965/ 13.5.1965; IKT: 18.8.1965; BGBl. I 1965 S. BGBl. I 1965 S. 777]. - Ein „Zweites Gesetz zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes“ (BT- Beschluss: 26. Mai) sieht neben zahlreichen Leistungsverbesserungen auch die Errichtung eines Sonderfonds in Höhe von 1,2 Mrd. DM für bisher nicht anspruchsberechtigte Kriegsverfolgte vor. Für die gesamte Laufzeit des Gesetzes werden Mehraufwendungen in Höhe von 4,5 Mrd. DM veranschlagt [RB: 19.6.1963; GE: 21.10.1963/ 13.5.1965; IKT: 1.10.1953, 1.4.1956, 1.4.1957, 1.1.1961, 1.6.1962, 19.9./ 1.10.1965; BGBl. I 1965 S. 1315]. 14. Juli Die Bundesregierung beschließt zahlreiche Sparmaßnahmen. U.a. ist in jedem Einzelplan des Haushalts eine Sperre von 3 vH der Ausgabensumme (abzüglich der Personal- und Sachausgaben) vorgesehen. Ausnahmen von der 20-vH-Sperre der Haushaltsansätze für öffentliche Bauten sind nicht mehr zugelassen, es sei denn, es handelt sich um Mittel zur Förderung dringender Bedürfnisse der Wissenschaft. 16. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (30. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur verstärkten Eigentumsbildung im Wohnungsbau und zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbauänderungsgesetz 1965)“ zu. Während in der Vergangenheit der überwiegende Teil der Fördermittel für Mietwohnungen ausgegeben worden ist, soll zukünftig verstärkt das Eigentum an Familieneigenheimen gefördert werden. U.a. sind eine Erweiterung des begünstigten Personenkreises sowie eine Erhöhung der Zuschläge für Familienangehörige und der Familienzusatzdarlehen vorgesehen. Der Leistungsanteil des Bundes wird auf jährlich 0,2 Mrd. DM festgesetzt. Die im Gesetz zunächst vorgesehene Degression der Bundesmittel entfällt. Zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen werden Bescheinigungen über die Wohnberechtigung eingeführt [RB: 28.10.1964; GE: 5.1.1965/ 23.6.1965; IKT: 1.9.1965; BGBl. I 1965 S. 945]. 28. Juli Die Bundesregierung beschließt einen Emissionsstopp auf dem Rentenmarkt. Damit soll den seit Jahresbeginn anhaltenden Kursrückgängen bei öffentlichen Anleihen Einhalt geboten werden. Nachdem die Bundesbank im Mai 1965 die Kurspflege für öffentliche Anleihen eingestellt hatte, war der Nominalzins von 6 auf 7% gestiegen. 29. Juli Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (23. Juni) verabschiedeten Novelle des „Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ zu. Die „Kartellgesetznovelle“ erleichtert Normen-, Typen- und Spezialisierungskartelle, soll die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen verbessern und ermächtigt den Bundeswirtschaftsminister, eine Rechtsverordnung über die Errichtung eines Preisbindungsregisters zu erlassen [RB: 10.6.1964; GE: 9.6.1964/ 18.9.1964/ 13.5.1965; IKT: 1.1.1966; BGBl. I 1965 S. 1363]. 12. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 3,5 auf 4% und des Lombardsatzes von 4,5 auf 5%. 92 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 19. Sept. Bei den Wahlen zum fünften Deutschen Bundestag erreicht die amtierende Regierungskoalition - mit Stimmengewinnen für die Unionsparteien und Stimmenverlusten für die Liberalen - aus CDU/ CSU und FDP die Mehrheit. Die Unionsparteien erreichen 47,6 vH (CDU: 38,0 vH; CSU: 9,6 vH), die SPD 39,3 vH und die FDP 9,5 vH. 9. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1965 ein Wirtschaftswachstum von 4 bis 4,5 vH, eine Preissteigerung von 3,2 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,4 vH. Für 1966 werden ein Wachstum von 3,5 bis 4,5 vH, eine Preissteigerung von 2,8 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,0 vH prognostiziert. 20. Okt. Ludwig Erhard wird vom Bundestag erneut zum Bundeskanzler gewählt und legt seinen Amtseid ab. Die Bildung der Bundesregierung findet mit der Vereidigung der Bundesminister am 26. Oktober im Bundestag ihren Abschluss. Das Kabinett setzt sich aus zwölf Ministern der CDU, fünf Ministern der CSU sowie vier Ministern der FDP zusammen. Rolf Dahlgrün und Kurt Schmücker bleiben in ihren jeweiligen Ämtern als Finanzbzw. Wirtschaftsminister; Hans Katzer (CDU) wird Minister für Arbeit und Sozialordnung. 2. Nov. Die Bundesregierung beschließt Einsparungen im Bundeshaushalt 1966 in Höhe von 7,5 Mrd. DM; außerdem sollen die Branntwein- und die Schaumweinsteuer erhöht werden. 4. Nov. Die Bundesbank beschließt, die Mindestreservesätze für Sicht- und Termineinlagen von Inländern für den Monat Dezember 1965 um 9 vH ihres derzeitigen Standes zu senken. 10. Nov. Bundeskanzler Erhard fordert in seiner Regierungserklärung zum Maßhalten auf und verkündet den Gedanken einer „formierten Gesellschaft“, in der aufgeklärte Menschen „nicht durch Gesetze, sondern durch Einsicht das ihrem eigenen Wohl Dienende zu tun bereit sind“. Er schlägt eine Stunde Mehrarbeit je Woche über die tariflich festgelegte Arbeitszeit vor. 15. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1965 vor. Er prognostiziert für 1965 ein Wirtschaftswachstum von 5,0 vH, eine Preissteigerung von 3,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH. Für 1966 prognostiziert er ein Wachstum von 4,0 vH, einen Preisanstieg von 3,0 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH. 9. Dez. Der Bundestag verabschiedet ein Haushaltssicherungsgesetz. Die Ausgaben des Bundeshaushalts 1966 werden hierdurch um 3,1 Mrd. DM verringert; sie werden zum Teil in spätere Jahre verschoben. Die Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Schaumweinsteuer (um 50 vH) und der Branntweinsteuer (um 20 vH) werden auf knapp 0,3 Mrd. DM veranschlagt [RB: 2.11.1965; GE: 26.11.1965/ 6.12.1965; IKT: 25.12.1965, 1.4.1966; BGBl. I 1965 S. 2065]. 1966 93 1966 28.-29. Jan. In Luxemburg (Großherzogtum Luxemburg) erzielen die EWG-Außenminister einen Kompromiss über die Anwendung des Mehrheitsvotums im Rat der EG (Luxemburger Kompromiss). Frankreich gibt daraufhin seine seit dem 1. Juli 1965 praktizierte „Politik des leeren Stuhls“ auf und entsendet wieder Vertreter in die Gemeinschaftsorgane. 29. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Ständige Preiserhöhungen in unserer Zeit“ vor. 9. Febr. Die „Troeger-Kommission“ legt ein Gutachten zur Neuordnung der Finanzverfassung und der Steuerverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vor und plädiert darin für einen „kooperativen Föderalismus“. 1. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1966 ein Wirtschaftswachstum von 4,4 vH, eine Preissteigerung von 3,4 vH und einen Anstieg der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von 0,9 vH. 27. Mai Der Bundestag beschließt den Bundeshaushalt 1966 im Umfang von 68,9 Mrd. DM; gegenüber dem Vorjahr steigen die Ausgaben um 7,8 vH. Die Nettokreditaufnahme wird auf 0,4 Mrd. DM festgesetzt [RB: 5.1.1966; GE: 16.2.1966/ 5.5.1966; IKT: 1.1.1966; BGBl. I 1966 S. 437]. Die Bundesbank erhöht den Diskontsatz von 4 auf 5% und den Lombardsatz von 5 auf 6,25%. 15. Juni Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen erlässt die „Zweite Verordnung zur Änderung der Zinsverordnung“, wodurch die Höchstsätze für Habenzinsen erhöht werden. Die Verordnung tritt zum 1. Juli in Kraft [BGBl. I 1966 S. 386]. 18. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Staatliche Zinsregulierungen“ vor. 30. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes in der Elektrizitätswirtschaft“. Um den Anteil der Steinkohle an der Stromerzeugung bis zum 31. Dezember 1970 auf dem gegenwärtigen Stand von 50 vH zu halten, sind u.a. Subventionen vorgesehen, die die Mehrkosten des Steinkohlengegenüber dem Heizöleinsatz ausgleichen. Ferner wird ein Genehmigungsvorbehalt für den Einsatz von Heizöl in Kraftwerken eingeführt. Die Kosten, die durch das Gesetz entstehen, werden für den Zeitraum von 1967 bis 1981 auf insgesamt 1,5 Mrd. DM beziffert. Die Bundesländer Nordrhein- Westfalen, Saarland und Bayern beteiligen sich zu einem Drittel an den Kosten [RB: 15.3.1966; GE: 10.6.1966/ 22.6.1966; IKT: 1.6.1966; BGBl. I 1966 S. 545]. 29. Sept. Auseinandersetzungen in der CDU/ CSU- FDP-Koalition über den Ausgleich des Bundeshaushaltes 1966. Die FDP sperrt sich gegen die zur Stabilisierung des Haushalts ins Auge gefassten Steuererhöhungen. 94 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 7. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1966 ein Wirtschaftswachstum von 3,4 vH, eine Preissteigerung von 3,7 vH und einen Anstieg der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von 0,4 vH. Für 1967 werden ein Wachstum von 2,6 vH, eine Preissteigerung von 2,4 vH und ein Anstieg der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer von ± 0 vH vorausgesagt. 27. Okt. Die FDP entscheidet sich wegen der anhaltenden Streitigkeiten mit dem Koalitionspartner um den Ausgleich des Bundeshaushalts zum Austritt aus der Koalition. 8. Nov. Bundeskanzler Erhard bildet nach dem Ausscheiden der vier FDP-Minister aus dem Bundeskabinett eine CDU/ CSU-Minderheitsregierung; Wirtschaftsminister Schmücker wird mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Finanzministers betraut. Ein Antrag der SPD, Bundeskanzler Erhard möge die Vertrauensfrage stellen, wird im Bundestag mit den Stimmen der FDP angenommen. 18. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1966 vor. Für 1966 prognostiziert er ein Wirtschaftswachstum von 3,0 vH, eine Preissteigerungsrate von 1 vH und eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen. Für 1967 prognostiziert er ein Wachstum von 2,5 vH, eine Preissteigerung von 3,5 vH und eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen. 30. Nov. Rücktritt von Bundeskanzler Erhard. 1. Dez. Der Bundestag wählt nach Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/ CSU und SPD Kurt Georg Kiesinger (CDU) zum Bundeskanzler einer Großen Koalition. Im Anschluss daran erfolgt die Vereidigung der Bundesregierung. Das Kabinett besteht aus sieben Ministern der CDU, drei Ministern der CSU und neun Ministern der SPD. Franz Josef Strauß wird Finanzminister, Dr. Karl Schiller (SPD) Wirtschaftsminister und Hans Katzer bleibt Minister für Arbeit und Sozialordnung. Die Bundesbank senkt die Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten um 9 vH (Liquiditätsfreigabe: 0,8 Mrd. DM). 8. Dez. Der Bundestag verabschiedet das Finanzplanungsgesetz. Zur Begrenzung des Ausgabenanstiegs in den nächsten Jahren werden u.a. die Bundeszuschüsse an die GRV neu geregelt bzw. gestundet, das Mutterschaftsgeld auf die Arbeitslosenversicherung übertragen, die Ausbildungszulagen nach dem Kindergeldgesetz gekürzt und die Zweckbindung der Mineralölsteuer herabgesetzt (Haushaltsentlastung 1967: 2,7 Mrd. DM) [RB: 28.10.1966; GE: 2.11. 1966/ 7.12.1966; IKT: 30.12.1966, 1.1.1967; BGBl. I 1966 S. 697]. 16. Dez. Der Bundestag verabschiedet ein Zweites Steueränderungsgesetz 1966, das eine Erhöhung der Tabaksteuer vom 1. März 1967 an um rd. 30 vH vorsieht (Mehreinnahmen 1967: 0,5 Mrd. DM) [RB: -; GE: 8.11.1966/ 14.12.1966; IKT: 1.1./ 1.3.1967; BGBl. I 1966 S. 747]. 21. Dez. Bundesregierung und Bundesländer einigen sich über die Aufteilung der Körper- 1966/ 1967 95 schaft- und Einkommensteuer. Der Anteil des Bundes wird für 1966 auf 37 vH festgesetzt. Den finanzschwachen Ländern wird vom Bund eine Ergänzungszuweisung gemäß Art. 107 GG gewährt. 22. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (8. Dezember) verabschiedeten Steueränderungsgesetz 1966 zu. Es sieht u.a. eine Neuregelung der Sparförderung durch Maßnahmen im Bereich des Einkommensteuerrechts, des Sparprämiengesetzes und des Wohnungsbauprämiengesetzes; die Senkung der Kilometerpauschale für Fahrten von Arbeitnehmern zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,50 DM auf 0,36 DM je Entfernungskilometer; die Beseitigung der Umsatzsteuerbefreiung im Siedlungs- und Heimstättenwesen sowie die Erhöhung der Mineralölsteuer um 0,03 DM/ l und die Einschränkung des Mineralölprivilegs für gewerbliche Verbraucher vor (Mehreinnahmen 1967: 1,5 Mrd. DM, 1968: 2,3 Mrd. DM) [RB: 28.10.1966; GE: 2.11.1966/ 8.11.1966/ 2.12.1966; IKT: 30.12.1966, 1.1./ 1.4.1967; BGBl. I 1966 S. 702]. 1967 5. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 5 auf 4,5% und des Lombardsatzes von 6,25 auf 5,5%. 19. Jan. Die Bundesregierung beschließt, die Deckungslücke im Bundeshaushalt 1967 in Höhe von 3,7 Mrd. DM (5 vH der Ausgaben) durch Kürzung von Ausgaben und Erhöhung der Einnahmen, darunter die Einführung einer Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer, zu beseitigen; weitere „konjunkturbedingte“ Defizite durch Kreditaufnahme auszugleichen; Sonderabschreibungen in Höhe von 10 vH für bewegliche Güter und von 5 vH für unbewegliche Güter des Anlagevermögens, die zwischen dem 20. Januar und dem 31. Oktober gekauft oder in Auftrag gegebenen wurden, zu gewähren; sowie einen „Eventualhaushalt“ in Höhe von 2,5 Mrd. DM für Investitionen in den Bereichen Bundespost, Verkehr, Wissenschaft und Forschung, Verteidigung, Wohnungsbau und Landwirtschaft aufzustellen. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Februar die Senkung der Mindestreservesätze für Auslandsverbindlichkeiten auf das Inlandsniveau (Liquiditätsfreigabe: 0,3 Mrd. DM bis 0,4 Mrd. DM). 20. Jan. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen erlässt eine dritte Verordnung zur Änderung der Zinsverordnung, die die Höchstsätze für Habenzinsen - für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist von 4,5 auf 4%, bei einer Kündigungsfrist von zwölf und mehr Monaten von 5,5 auf 5% - herabsetzt [IKT: 1.2.1967; BGBl. I 1967 S. 167] . 3. Febr. Der Bundestag stimmt der von Bundesfinanzminister Strauß erlassenen ersten Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen zu. Zur Förderung der Investitionstätigkeit der Wirtschaft sind vom 20. Januar bis zum 31. Oktober 1967 Sonderabschreibungen in Höhe von 10 vH für bewegliche Güter und von 5 vH für unbewegliche Güter des Anlagevermögens möglich [RB: 26.1.1967; VE: 27.1.1967; IKT: 16.2.1967; BGBl. I 1967 S. 190]. 96 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 10. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (1. Februar) verabschiedeten Zweiten Gesetz über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer zu. Für die Haushaltsjahre 1967 und 1968 wird der Anteil des Bundes auf 37 vH belassen. Der Bundesrat bringt seine Erwartung zum Ausdruck, dass der Bundesanteil ab dem 1. Januar 1969 wieder auf 35 vH gesenkt wird, sofern die Finanzreform über die Neugestaltung des Beteiligungsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirksam geworden ist [RB: -; GE: 2.11.1966/ 26.1.1967; IKT: 1.1.1967; BGBl. I 1967 S. 265]. 11. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt ein „Gutachten zur Reform der direkten Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer und Erbschaftsteuer) in der Bundesrepublik Deutschland“ vor. 14. Febr. Die „Konzertierte Aktion“, eine von Bundeswirtschaftsminister Schiller angeregte Gesprächsrunde von Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden unter Einbeziehung von Bundesbank und SVR, tritt erstmals zusammen. 16. Febr. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4,5 auf 4%, des Lombardsatzes von 5,5 auf 5% sowie mit Wirkung vom 1. März die Verringerung der Mindestreservesätze für alle Verbindlichkeiten um 10 vH (Liquiditätsfreigabe: 1,7 Mrd. DM). 23. Febr. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Aufnahme und Bereitstellung von Krediten zur Belebung der Investitionstätigkeit und zur Sicherung eines stetigen Wirtschaftswachstums im Rechnungsjahr 1967 (Kreditfinanzierungsgesetz 1967)“. Der Bundesminister der Finanzen wird ermächtigt, zur Finanzierung des sogenannten „Eventualhaushaltes“ zusätzliche Kredite bis zu einem Umfang von 2,5 Mrd. DM aufzunehmen. Diese Mittel sind vorrangig für die Finanzierung von Investitionsvorhaben der Bundesbahn und der Bundespost sowie für den Ausbau der Verkehrswege gedacht. 0,9 Mrd. DM entfallen auf das gleichfalls verabschiedete erste konjunkturpolitische Sofortprogramm, von dem sich die Bundesregierung einen kurzfristig wirksamen Wachstumsimpuls erhofft [RB: -; GE: 16.2.1967/ 23.2.1967; IKT: 15.4.1967; BGBl. I 1967 S. 401]. 28. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Subventionen in der Marktwirtschaft“ vor. 3. März Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (17. Februar) verabschiedeten siebten Novelle des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu, das verschiedene Verbesserungen bei den Leistungen für Arbeitslose vorsieht. U.a. werden die Leistungssätze beim Arbeitslosengeld und bei der Arbeitslosenhilfe zum 1. April von 55 auf 62,5 vH (des Nettoerwerbseinkommens) bzw. von 45 auf 52,5 vH erhöht [RB: -; GE: 11.1.1967/ 15.2.1967; IKT: 1.4.1967; BGBl. I 1967 S. 266]. 17. März Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur Konjunkturlage im Frühjahr 1967“ vor. 21. März Das Bundesamt für das Kreditwesen erlässt die „Verordnung über die Aufhebung 1967 97 der Zinsordnung und von Bestimmungen über die Kosten für Teilzahlungsfinanzierungs- und Kleinkrediten“, wodurch ab dem 1. April die Habenzinsen und die Sollzinsen sowie die Gebühren für Kleinkredite freigegeben werden [BGBl. I 1967 S. 352]. 12. April Die Bundesregierung beschließt, den „Eventualhaushalt“ mit höchster Dringlichkeit und in vollem Umfang zu verwirklichen (letzte Vergabetermine: 31. Mai für Ausrüstungen und 15. Juni für Bauten), die antizyklische Wirkung beim Vollzug des Kernhaushalts zu verstärken und Sperrungen aufzuheben. Außerdem sollen weitere Maßnahmen zur Konjunkturanregung für das zweite Halbjahr 1967 vorbereitet werden. 13. April Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4 auf 3,5% und des Lombardsatzes von 5 auf 4,5%. 21. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1967 ein Wirtschaftswachstum von -0,5 vH im ersten und von 1,0 vH im zweiten Halbjahr, eine Preissteigerung von 2,0 vH bzw. 1,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2,7 vH bzw. 3,0 vH. 26. April Der Bundestag verabschiedet das „Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer)“. Die Brutto-Allphasenumsatzsteuer (Steuersatz: 4 vH) wird zum 1. Januar 1968 von der Nettoumsatzsteuer (Mehrwertsteuer) abgelöst. Die Umsatzsteuerreform soll die bisherigen Wettbewerbsverzerrungen beseitigen, da die Belastung durch die Nettoumsatzsteuer unabhängig von der Anzahl der Umsatzstufen ist. Der allgemeine Steuersatz von 10 vH und der ermäßigte Steuersatz von 5 vH (u.a. für Lebensmittel, Druckerzeugnisse, Dienstleistungen von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, verschiedene kulturelle Veranstaltungen) wurden so gewählt, dass die Gesamtsteuerbelastung durch die Umsatzsteuerreform nicht erhöht wird. Übergangsweise wird eine Investitionssteuer (Selbstverbrauchsteuer) für abnutzbare Wirtschaftsgüter, die dem Anlagevermögen zugeführt werden, eingeführt. Sie wird von 8 vH im Jahr 1968 stufenweise bis 1973 abgebaut [RB: -; GE: 24.11.1965/ 17.3.1967; IKT: 1.1.1968; BGBl. I 1967 S. 545]. 27. April Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Mai die Kürzung der Mindestreservesätze für alle Verbindlichkeiten um 6 vH gegenüber dem Stand von Februar 1967 (Liquiditätsfreigabe: 0,9 Mrd. DM). 11. Mai Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 3,5 auf 3% und des Lombardsatzes von 4,5 auf 4%. 2. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (10. Mai) verabschiedeten „Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG)“ zu. Es verpflichtet Bund und Länder zu einer der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zuträglichen Haushaltsführung. Dazu wird der Art. 109 GG durch die Bestimmung ergänzt, dass Bund und Länder bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen haben. Damit verfügt die Bundesregierung über ein umfassendes Instru- 98 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland mentarium zur „globalen Wirtschaftssteuerung“, das dazu dienen soll, die gesamtwirtschaftlichen Hauptziele (Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum) im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung zu erreichen. Sie hat dazu jährlich das Parlament in einem Jahreswirtschaftsbericht (JWB) zu unterrichten [RB: 22.6.1966; GE: 2.9.1966/ 24.4.1967; IKT: 14.6.1967, 1.1.1969; BGBl. I 1967 S. 582]. Die Bundesbank beschließt, unverzinsliche Schatzanweisungen (U-Schätze) der Länder in die Geldmarktregulierung bis zu einem Betrag von 1,2 Mrd. DM einzubeziehen. 29. Juni Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juli die Verringerung der Mindestreservesätze für alle Verbindlichkeiten um rund 8 vH gegenüber dem Stand vom Mai 1967 (Liquiditätsfreigabe: 1,2 Mrd. DM). 30. Juni In Genf (Schweiz) wird die Schlussakte der „Kennedy-Runde“ des GATT, die am 4. Mai 1964 begonnen wurde, unterzeichnet. Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, innerhalb von fünf Jahren die Zölle durchschnittlich um 35 vH zu senken. 1. Juli Der Vertrag über den Zusammenschluss von EWG, EGKS und EURATOM zur EG tritt in Kraft. 13. Juli Konstituierung des im StWG vorgesehenen Konjunkturrats der öffentlichen Hand: Er soll die Wirtschafts- und Finanzpolitik zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abstimmen und Empfehlungen zur Konjunkturpolitik geben. 10. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. August die Kürzung der Mindestreservesätze für alle Verbindlichkeiten um rund 6 vH (Liquiditätsfreigabe: 0,9 Mrd. DM) sowie mit Wirkung vom 11. August die Senkung des Lombardsatzes von 4 auf 3,5%; Beginn einer aktiven Offenmarktpolitik mit öffentlichen Anleihen. 29. Aug. Einbeziehung von Kassenobligationen des Bundes, der Bundesbahn und der Bundespost mit einer Restlaufzeit von 18 Monaten und weniger in die Geldmarktregulierung der Bundesbank. 7. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. September 1967 die Senkung der Mindestreservesätze für Spareinlagen um rd. 11 vH, aller anderen Mindestreservesätze um rd. 2,5 vH des letzten Standes (Liquiditätsfreigabe: 0,9 Mrd. DM). 8./ 9. Sept. Der Bundestag verabschiedet in einer Sondersitzung ein Gesetz zur Erhöhung der Umsatzsteuer, zwei Gesetze zur Konjunkturbelebung sowie ein Konjunkturprogramm nach Maßgabe des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes: - Das „Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer)“ erhöht die ab dem 1. Januar 1968 gültigen Steuersätze von 10 bzw. 5 vH zum 1. Juli 1968 auf 11 bzw. 5,5 vH (Mehreinnahmen: rund 1,1 Mrd. DM). Die Entlastungsquote der Altvorräte von der Brutto-Umsatzsteuer wird gleichzeitig von 70 auf 80 vH erhöht (Mehreinnahmen: 0,4 Mrd. DM) [RB: 6.7.1967; GE: 1.9.1967/ 7.9.1967; IKT: 22.10.1967, 1.1./ 1.7.1968; BGBl. I 1967 S. 991]. 1967 99 - Das „Gesetz über Finanzierungshilfen aus Mitteln des ERP-Sondervermögens für Investitionen im Bereich der Gemeinden (ERP-Investitionshilfegesetz)“ ermächtigt den Bundesfinanzminister zur Aufnahme von Krediten in Höhe von 0,5 Mrd. DM für den ERP-Sonderfonds, um den Gemeinden Mittel zur Durchführung des zweiten Konjunkturprogramms zur Verfügung stellen zu können [RB: 30.8.1967; GE: 1.9.1967/ 7.9.1967; IKT: 22.10.1967; BGBl. I 1967 S. 989]. - Das „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank“ gestattet der Bundesbank, die Kassenkredite des Bundes von 3 Mrd. DM auf 6 Mrd. DM zu verdoppeln; gleichzeitig werden die Kreditplafonds von Bundespost und Bundesbahn um jeweils 0,2 Mrd. DM auf 0,4 Mrd. DM bzw. 0,6 Mrd. DM erhöht [RB: 30.8.1967; GE: 1.9.1967; IKT: 30.11.1967; BGBl. I 1967 S. 1157]. - Das Zweite konjunkturpolitische Programm sieht zusätzliche Ausgaben in Höhe von 5,3 Mrd. DM für Bau- und Investitionsdarlehen sowie für Eigeninvestitionen von Bund, Ländern und Gemeinden vor. An der Finanzierung beteiligt sich der Bund mit 2,8 Mrd. DM, die verbleibenden 2,5 Mrd. DM sollen von Ländern und Gemeinden getragen werden [RB: 10.8.1967]. 13. Sept. Die Bundesregierung beschließt den Haushaltsplan 1968 (Gesamthöhe 80,7 Mrd. DM) sowie den Gesetzentwurf zur Verwirklichung der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes, II. Teil (Finanzänderungsgesetz 1967): Änderungen zur Sanierung der Bundesfinanzen vor allem im Sozialbereich, u.a. Erhöhung des Beitragssatzes der GRV und entsprechende Senkung der Bundeszuschüsse an die GRV. 6. Okt. Einbeziehung von Kassenobligationen der Länder mit einer Restlaufzeit von bis zu 18 Monaten in die Geldmarktregulierung. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für das zweite Halbjahr 1967 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 1,7 vH, eine Preissteigerung von 2,3 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2,9 vH. Für das erste Halbjahr 1968 werden ein Wachstum von 5,5 vH, eine Preissteigerung von 2,2 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH, für das zweite Halbjahr ein Wachstum von 4,5 vH, eine Preissteigerung von 2,6 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH prognostiziert. 23. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1967 vor. Er prognostiziert für 1967 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 0,5 vH, eine Preissteigerung von 1,9 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2,7 vH. Für das erste Halbjahr 1968 prognostiziert er ein Wachstum von 4,0 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH. 25. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten zum „Zusammenhang zwischen außenwirtschaftlichem Gleichgewicht und Preisniveaustabilität“ vor. 15. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Gesetz zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes, I. Teil, Zweites Steueränderungsgesetz 1967“ (BT-Beschluss: 7. Dezember) sollen die Bundesfinanzen mit- 100 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland telfristig gesichert werden, weswegen u.a. eine Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und zur Körperschaftsteuer erhoben wird. Der Abgabesatz beträgt 3 vH. Die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer unterliegt einer Freigrenze von 16 020/ 32 040 DM (Ledige/ Verheiratete) (Mehreinnahmen 1968: 0,7 Mrd. DM, 1969: 0,9 Mrd. DM, 1970: 0,9 Mrd. DM, 1971: 1,0 Mrd. DM) [RB: 10.8.1967; GE: 1.9.1967/ 29.11.1967; IKT: 24.12.1967; BGBl. I 1967 S. 2354]. - Das „Gesetz zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes, II. Teil, Finanzänderungsgesetz“ (BT-Beschluss: 8. Dezember) sieht zum 1. Januar 1968 Ausgabenkürzungen in 36 Gesetzen vor, die ebenfalls für die mittelfristigen Sicherung der Bundesfinanzen als notwendig erachtet werden. Die erwarteten Einsparungen werden auf 2,2 Mrd. DM (1968), 3,2 Mrd. DM (1969), 4,4 Mrd. DM (1970) und 4,0 Mrd. DM (1971) beziffert. Der überwiegende Teil der Einsparungen entfällt auf die Kürzung der Bundeszuschüsse an die Sozialversicherung, insbesondere an die GRV. Dazu wird die Pflichtversicherungsgrenze in der GRV der Angestellten von bisher 1 800 DM zum 1. Januar 1968 aufgehoben, der Beitragssatz zur GRV wird stufenweise von 14 auf 15 vH (1968), 16 vH (1969) und 17 vH (ab 1970) erhöht. Für alle Rentner wird eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Höhe von 2 vH der Rentenbezüge eingeführt [RB: 13.9.1967; GE: 20.10.1967/ 1.12.1967; IKT: 1.1.1968; BGBl. I 1967 S. 1259]. 1968 25. Jan. Die Bundesregierung legt den ersten Jahreswirtschaftsbericht (JWB) nach dem StWG vor. Sie erwartet für 1968 ein Wirtschaftswachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH. 31. Jan. Die Bundesregierung einigt sich auf die Grundzüge einer Gemeindefinanzreform. 14. März Der Bundesfinanzminister, der Bundeswirtschaftsminister, die Finanzminister der Länder und vier Vertreter der Gemeinden treten zur konstituierenden Sitzung des Finanzplanungsrates zusammen. Die Einsetzung des Finanzplanungsrates geht auf ein Übereinkommen zwischen dem Bundeskanzler und den Regierungschefs der Länder zurück. Aufgabe des Finanzplanungsrates ist es, Empfehlungen für die Koordinierung der Finanzplanungen von Bund, Ländern und Gemeinden zu geben. 16. März Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt ein „Gutachten zum Gemeindesteuersystem und zur Gemeindesteuerreform in der Bundesrepublik Deutschland“ vor. 5. April Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1968. Die Ausgaben werden mit 80,7 Mrd. DM um 2,8 vH höher veranschlagt als im Vorjahr, die Kreditaufnahme wird auf 8,2 Mrd. DM angesetzt [RB: 13.9.1967; GE: 20.10.1967/ 4.4.1968; IKT: 1.1.1968; BGBl. II 1968 S. 345]. 1968 101 26. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (3. April) verabschieden „Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der deutschen Steinkohlenbergbaugebiete“ zu. Die steuerliche Begünstigung von Fusionen sowie die Übernahme von Bürgschaften durch den Bundesfinanzminister in Höhe von 2 Mrd. DM sollen dazu beitragen, die Unternehmenskonzentration im Steinkohlenbergbau zu fördern. Für die Neuerrichtung und Erweiterung von Industriebetrieben im Zeitraum vom 1. Mai 1967 bis zum 31. Dezember 1969 werden Investitionsprämien gewährt [RB: 24.5.1967; GE: 30.8.1967/ 29.3.1968; IKT: 19.5.1968; BGBl. I 1968 S. 365]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1968 ein Wirtschaftswachstum von 4,9 vH, eine Preissteigerung von 2 vH und eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen. 1. Juli Die Zollunion in der EG tritt in Kraft: Abschaffung der Binnenzölle gegenüber EG- Ländern für gewerbliche Güter und für fast alle Agrarerzeugnisse; Einführung eines einheitlichen Außenzolls gegenüber Drittländern. Die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze von 10 auf 11 vH bzw. von 5 auf 5,5 vH (ermäßigter Satz) tritt in Kraft. 3. Juli Der Sachverständigenrat trägt Bundeskanzler Kiesinger mündlich ein Sondergutachten vor. 5. Juli Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (26. Juni) verabschiedeten dritten Novellierung des Berlinhilfegesetzes zu. Danach werden u.a. die Investitionszulage für bewegliche Wirtschaftsgüter und die Abschreibungsmöglichkeiten für Darlehen zur Finanzierung von betrieblichen Investitionen verbessert. Die Umsatzsteuerpräferenz wird beibehalten [RB: 17.6.1968; GE: 18.6.1968/ 21.6.1968; IKT: 26.7.1968; BGBl. I 1968 S. 833]. 23. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Fragen der Staatsverschuldung“ vor. 4. Sept. Die Bundesregierung beschließt den Bundeshaushalt 1969 und die Finanzplanung bis 1972. Die Ausgaben werden für 1969 mit 82,4 Mrd. DM um 5,4 vH höher angesetzt, die Kreditaufnahme auf 3,7 Mrd. DM veranschlagt. Für 1968 bis 1972 wird ein Anstieg der Ausgaben von jahresdurchschnittlich 5,5 vH zugrunde gelegt. 15. Okt. Gemäß Art. 48 des EWG-Vertrages erlässt der Rat der Europäischen Gemeinschaft die Verordnung über die uneingeschränkte Freizügigkeit für Arbeitnehmer in der EG, die unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten in Kraft tritt [EGABl. 1968 L 257/ 2]. 18. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1968 ein Wachstum von 6,3 vH, eine Preissteigerung von 1,9 vH und eine unveränderte Zahl von Erwerbstätigen; für 1969 ein Wachstum von 3,7 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen um 0,6 vH. 7. Nov. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die sich gegenüber den Haushaltsplänen ergebenden Steuermehreinnahmen zur Vermin- 102 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland derung der Kreditaufnahme zu verwenden. Für den Fall einer Konjunkturüberhitzung werden verstärkte Tilgungen und Zuführungen an die Konjunkturausgleichsrücklage vorgeschlagen. 17. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1968 vor. Er verzichtet auf eine explizite Prognose von Wirtschaftswachstum und der Zahl der Erwerbstätigen; für die Preissteigerung prognostiziert er für 1968 einen Wert von 2,0 vH, für 1969 von 3,0 vH. 18. Nov. Der Konjunkturrat hält die für 1969 vorgesehene Gestaltung der öffentlichen Haushalte für konjunkturgerecht. Er empfiehlt eine Stilllegung von eventuellen Steuermehreinnahmen, sieht jedoch keine Notwendigkeit für die Bildung einer Konjunkturausgleichsrücklage. 19. Nov. Die Bundesregierung erklärt, dass sie die D-Mark nicht aufwerten wird, und beschließt zum Abbau des Überschusses in der Handelsbilanz eine befristete Importvergünstigung von 4 vH bzw. eine Exportabgabe von 4 vH. 21. Nov. Die Bundesbank setzt die Mindestreservesätze für den Zuwachs an Auslandsverbindlichkeiten mit Wirkung vom 1. Dezember zur Abwehr von Auslandsgeldern auf 100 vH fest. 22. Nov. Die Bundesregierung beschließt die 14. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung. Diese sieht die Einführung einer Genehmigungspflicht für Auslandseinlagen und Auslandskredite sowie für die Verzinsung von Guthaben auf neu eröffneten Sparkonten gebietsfremder natürlicher Personen vor [IKT: 26.11.1968; BGBl. I 1968 S. 1197]. 25. Nov.-2. Dez. Die Bundesbank schließt mit Kreditinstituten Devisentermingeschäfte ab. 27. Nov. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs“. Der gewerbliche Güterfernverkehr und der Werkfernverkehr unterliegen ab dem 1. Januar 1969 einer Beförderungssteuer. Der Steuersatz je Tonnenkilometer beträgt für den gewerblichen Güterfernverkehr je nach Nutzlast der verwendeten Fahrzeuge zwischen 0,03 DM und 0,05 DM und für den Werkfernverkehr 0,01 DM. Ziel des Gesetzes ist es, die von der Bundesregierung erwartete verstärkte Verlagerung von Massenguttransporten auf die Straße zu verhindern. Um die Kapazitätsauslastung und die Ertragslage der Bundesbahn zu verbessern, soll ein Teil des Straßengüterverkehrs, insbesondere des Fernverkehrs von Massengütern, von der Straße auf die Schiene verlagert werden [RB: 17.1.1968; GE: 19.1.1968/ 25.10.1968/ o.D.; IKT: 1.1.1969; BGBl. I 1968 S. 1461]. 28. Nov. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung gemäß § 4 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (Absicherungsgesetz)“. Die Einfuhr von Waren wird mit Wirkung vom 20. November 1968 steuerlich um 4 vH entlastet, die Ausfuhr von Waren wird mit Wirkung vom 29. November 1968 durch eine Exportsteuer von 4 vH belegt; Agrarmarktordnungserzeugnisse sind hiervon ausgenommen. Die Maßnahmen sind bis zum 31. März 1970 befristet 1968/ 1969 103 [RB: -; GE: 21.11.1968/ 27.11.1968; IKT: 1.12.1968; BGBl. I 1968 S. 1255]. 5. Dez. Die Bundesbank lockert die 100-vH- Zuwachsreserve durch Modifizierung der Berechnung des Zuwachses an mindestreservepflichtigen Verbindlichkeiten gegenüber Gebietsfremden für den Monat Dezember. 6. Dez. Der Finanzplanungsrat empfiehlt zum Ausgleich für den durch das Absicherungsgesetz bedingten Nachfrageausfall, dass die Länder die gegenüber den Haushaltsansätzen für 1969 zu erwartenden Steuermehreinnahmen nach Abzug der unabweisbaren Mehrausgaben zur Hälfte zur Finanzierung von zusätzlichen Investitionen - vor allem der Gemeinden - verwenden sollen, und dass der Bund die Nettoeinnahmen aus dem Absicherungsgesetz als Übergangshilfen für besonders betroffene Wirtschaftszweige verwenden soll. 1969 1. Jan. Der Investitionssteuersatz sinkt von 8 auf 7 vH. 31. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1969 vor. Sie rechnet für 1969 mit einem Wirtschaftswachstum von 4,5 vH, einer Preissteigerung von 2 vH und einem Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. Anfang Febr. Die Bundesbank stellt die Offenmarktkäufe von langfristigen Titeln ein. 1. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Aktuelle Probleme der außenwirtschaftlichen Absicherung“ vor. 7. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (11. Dezember) verabschiedeten dritten Gesetz über das Beteiligungsverhältnis an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer zu. Der Bundesanteil am Aufkommen aus der Einkommen- und der Körperschaftsteuer wird von 37 auf 35 vH gesenkt [RB: 3.7.1968; GE: 9.10.1968; IKT: 1.1.1969; BGBl. I 1969 S. 173]. Der Konjunkturrat schlägt vor, geplante öffentliche Anleihevorhaben vorzuziehen. 3.-6. März Der Konjunkturrat und der Finanzplanungsrat empfehlen übereinstimmend: Der Bund soll die für 1969 vorgesehenen Ausgaben strecken und Steuermehreinnahmen zur Verminderung des Kreditbedarfs verwenden. Auch die Länder sollen die ihnen zufließenden Steuermehreinnahmen zur Verminderung ihres Kreditbedarfs um 1,5 Mrd. DM oder zur vorzeitigen Schuldentilgung verwenden. Außerdem soll gemäß § 26 Abs. 1 StWG eine Anpassung der Einkommen- und Körperschaftsteuervorauszahlungen (in Fällen von Gewicht) an die Gewinnentwicklung durchgeführt werden. 18. März Die Bundesregierung beschließt zur Sicherung der Preisstabilität und zur Verhinderung einer Konjunkturüberhitzung in Anlehnung an die Empfehlungen des Finanzplanungsrats eine vorläufige Ausgaben- 104 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland sperre in Höhe von 1,8 Mrd. DM. Ferner sollen Mehreinnahmen gegenüber den Ansätzen im Haushaltsplan 1969 nicht verausgabt und Steuervorauszahlungen der Unternehmen an die verbesserte Gewinnentwicklung angepasst werden. 20. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Lombardsatzes von 3,5 auf 4% sowie mit Wirkung vom 1. Juli die Kürzung der Rediskontkontingente um 20 vH (Liquiditätsentzug: 2,6 Mrd. DM). 28. März Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1969 mit einem Umfang von 83,3 Mrd. DM; gegenüber dem Vorjahr steigen die Ausgaben um 3,3 vH. Die Nettokreditaufnahme wird auf 3,9 Mrd. DM festgesetzt [RB: 4.9.1968; GE: 9.10.1968/ 27.3.1969; IKT: 1.1.1969; BGBl. II 1969 S. 793]. 17. April Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 3 auf 4% und des Lombardsatzes von 4 auf 5%. 25. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1969 ein Wirtschaftswachstum von 5,3 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,1 vH. 9. Mai Der Bundesrat und der Bundestag (23. April) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Finanzreformgesetz und nehmen damit eine Grundgesetzänderung vor. Eine wesentliche Neuregelung ist die Schaffung eines großen Steuerverbundes mit der verfassungsrechtlichen Verankerung sogenannter „Gemeinschaftssteuern“ (Einkommen- und die Körperschaftsteuer sowie Umsatzsteuer). Mit der Einführung von Gemeinschaftsaufgaben kommen Elemente des „Kooperativen Föderalismus“ in die Verfassung [RB: 24.4.1968; GE: 30.4. 1968/ 5.12.1968/ 21.4.1969; IKT 1.1.1970; BGBl. I 1969 S. 359]. Die Bundesregierung bekräftigt ihren Beschluss, die D-Mark nicht aufzuwerten, und kündigt weitere finanzpolitische Maßnahmen zur Stabilisierung der Konjunktur an. 14. Mai Die Bundesregierung beschließt in Ergänzung der Entscheidung vom 9. Mai 1969, dass Steuermehreinnahmen bei Bund und Ländern in Höhe von 3,6 Mrd. DM gemäß StWG in eine Konjunkturausgleichsrücklage eingebracht und vorläufig gesperrte Bundesausgaben so weit wie möglich gestrichen werden sollen. Außerdem wird die Befristung der außenwirtschaftlichen Absicherung (bis zum 31. März 1970) aufgehoben. 21. Mai Der Finanzplanungsrat empfiehlt, dass Bund und Länder insgesamt 3,2 Mrd. DM einer Konjunkturausgleichsrücklage zuführen (gemäß § 15 StWG). Der Bund soll darüber hinaus weitere Mehreinnahmen (0,4 Mrd. DM) in der Ausgleichsrücklage stilllegen. Die Länder sollen freiwillig weitere Mehreinnahmen gegenüber ihren Haushaltsplänen entweder der Konjunkturausgleichsrücklage zuführen oder zur Verminderung ihrer Nettokreditaufnahme verwenden. 1969 105 22. Mai Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juni die Erhöhung der Mindestreservesätze um 15 vH bei Inländer-Verbindlichkeiten und um rund 50 vH bei Ausländerverbindlichkeiten (Liquiditätsentzug: 2,5 Mrd. DM). 29. Mai Der Konjunkturrat schließt sich den Empfehlungen des Finanzplanungsrates vom 21. Mai an. Ferner begrüßt er den Verzicht auf Einführung einer Genehmigungspflicht für bestimmte Devisentransaktionen mit dem Ausland nach § 23 AWG und spricht sich für die Aufhebung der Befristung des Absicherungsgesetzes aus. 19. Juni Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 4 auf 5% und des Lombardsatzes von 5 auf 6%. 20. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (13. Mai) verabschiedeten „Arbeitsförderungsgesetz“ zu. Die Bundesregierung überträgt damit der Bundesanstalt für Arbeit (BA) die Durchführung zahlreicher arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsstruktur [RB: 20.9.1967; GE: 16.11.1967/ 18.4.1969; IKT: 1.7.1969; BGBl. I 1969 S. 582]. Der Bundesrat stimmt der von der Bundesregierung (10. Juni) beschlossenen „Verordnung über die Bildung von Konjunkturausgleichsrücklagen durch Bund und Länder im Haushaltsjahr 1969“ zu [RB: 14.5.1969; VE: -; IKT: 30.7.1969; BGBl. I 1969 S. 940]. 30. Juni Der SVR legt ein Sondergutachten „Binnenwirtschaftliche Stabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht“ vor. 10. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Ausbildungsförderungsgesetz (BT- Beschluss: 26. Juni) führt zur Deckung des Lebensunterhalts und des Ausbildungsbedarfs von Auszubildenden, Schülern weiterführender Schulen und Praktikanten Ausbildungshilfen ein; diese werden, abhängig vom Einkommen der Eltern, weitgehend als Zuschuss gewährt [RB: -; GE: 21.12.1967/ 26.6.1968/ 27.11.1968/ 18.6.1969; IKT: 1.7.1970; BGBl. I 1969 S. 1719]. - Das „Gesetz zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer“ (BT- Beschluss: 18. Juni) soll durch verschiedene Maßnahmen auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite die Förderung der Vermögensbildung intensivieren [RB: 16.10.1968; GE: 23.10.1968/ 21.11.1968/ 10.6.1969; IKT: 1.7.1969; BGBl. I 1968 S. 1563]. - Durch das „Gesetz zur Neuordnung der Gemeindefinanzen“ (BT-Beschluss: 18. Juni) werden die Gemeinden ab dem Jahr 1970 mit 14 vH am Aufkommen aus der Lohn- und Einkommensteuer beteiligt, gleichzeitig müssen sie von ihren Gewerbesteuereinnahmen 40 vH an Bund und Länder abführen [RB: 4.12.1968; GE: 20.2.1969/ 6.6.1969; IKT: 11.9.1969; BGBl. I 1969 S. 1587]. - Durch das „Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe ‚Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur‘“ wird die bisher ausschließlich in Länderkompetenz durchgeführte regionale Wirtschaftspolitik bundeseinheitlich konzipiert. Zu diesem Zweck wird das Bun- 106 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland desgebiet flächendeckend in regionale Arbeitsmärkte gegliedert, auf die ein einheitlicher Indikatorenkatalog angewendet wird. Durch die Schaffung der Gemeinschaftsaufgabe sollen die Förderkonkurrenz zwischen den Bundesländern ausgeschaltet und Investitionen von Agglomerationsräumen in den ländlichen Raum umgeleitet werden [RB: 4.12.1968; GE: 16.4.1969/ 17.6.1969; IKT: 1.1.1970; BGBl. I 1969 S. 1961]. - Das „Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern“ (BT-Beschluss: 2. Juli) legt den Bundesanteil am Aufkommen aus der Umsatzsteuer für die Jahre 1970 und 1971 auf 70 vH fest. Der verbleibende Länderanteil wird zu 75 vH im Verhältnis der Einwohnerzahlen auf die Länder verteilt; 25 vH werden in Abhängigkeit von den relativen Steuereinnahmen eines Landes aus der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuerumlage und den Landessteuern verteilt [RB: -; GE: 6.6.1969/ 27.6.1969; IKT: 1.1.1970; BGBl. I 1969 S. 1432]. 11. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung“ (BT- Beschluss: 12. Juni) gewährt ab dem Jahreswechsel Arbeitern im Krankheitsfalle einen Anspruch auf Lohnfortzahlung bis zu einer Dauer von sechs Wochen [RB: -; GE: 18.3.1969/ 18.3.1969/ 4.6.1969/ 11.6.1969; IKT: 1.8.1969, 1.1.1970; BGBl. I 1969 S. 946]. - Das Dritte Rentenversicherungsänderungsgesetz (BT-Beschluss: 2. Juli) bewirkt eine Rentenanpassung sowie eine Erhöhung des Beitragssatzes auf 18 vH ab dem 1. Januar 1973 [RB: 22.6.1966; GE: 5.9.1966/ 25.6.1969; IKT: 1.1./ 1.7. 1965, 1.1.1968, 1.1./ 1.8.1969, 1.1.1970, 1.1.1973; BGBl. I 1969 S. 956]. 17. Juli Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. August die Erhöhung der Mindestreservesätze um 10 vH (Liquiditätsentzug: 1,6 Mrd. DM). 22. Juli Die Bundesregierung beschließt, die vorläufige Ausgabensperre im Bundeshaushalt (1,8 Mrd. DM) endgültig bis Ende 1969 zu verlängern. Zudem sollen Steuermehreinnahmen, die nicht der Konjunkturausgleichsrücklage zugeführt werden, konjunkturpolitisch neutralisiert werden. 14. Aug. Die Bundesbank führt mit Wirkung vom 1. September Sonderlombardsätze von 7 und 8% ein, um einer nach Höhe und Dauer überdurchschnittlichen Inanspruchnahme des Lombardkredits entgegenzuwirken. 28. Aug. Die Bundesbank schränkt zur Verhinderung von „Karussellgeschäften“ die Freistellung von Verbindlichkeiten aus Zinsarbitragegeschäften von der Mindestreservepflicht ein. 2. Sept. Mit einem Arbeitskampf bei der Hoesch AG beginnt eine Reihe wilder Streiks, die unabhängig von Gewerkschaften durchgeführt werden. Von den sogenannten Septemberstreiks (2.-19. September) ist überwiegend die Montan- und Stahlindustrie betroffen. Die Arbeitskämpfe haben Lohnerhöhungen bei über 8 Mill. Beschäftigten zur Folge. 1969 107 11. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 11. September die Anhebung des Diskontsatzes von 5 auf 6% und des Lombardsatzes von 6 auf 7,5% (bei Wegfall der Sonderlombardsätze). 25. Sept. Die Devisenbörsen werden, um noch stärkere spekulative Devisenzuflüsse zu verhindern, durch die zuständigen Landesbehörden bis einschließlich 29. September geschlossen. Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur lohn- und preispolitischen Situation Ende September 1969“ vor. 28. Sept. Bei den Wahlen zum sechsten Deutschen Bundestag - der letzten Bundestagswahl mit einer Altersbeschränkung für das aktive Wahlrecht ab 21 Jahren und dem passiven Wahlrecht ab 25 Jahren - erhalten die Unionsparteien mit 46,1 vH (CDU: 36,6 vH; CSU: 9,5 vH) die meisten Stimmen und bilden die größte Bundestagsfraktion. Die SPD erreicht 42,7 vH und die FDP 5,8 vH der Stimmen. Eine Regierungsmehrheit ist sowohl für eine Koalition aus CDU, CSU und FDP sowie aus SPD und FDP möglich. 29. Sept. Die Bundesregierung beschließt, die Bundesbank zu ersuchen, die Interventionen am Devisenmarkt zu den bisherigen Höchst- und Mindestkursen vorübergehend einzustellen. Außerdem empfiehlt sie der Bundesbank, die Möglichkeit, Ausländerkonten mit einem höheren Mindestreservesatz zu belegen, weitgehend auszuschöpfen. 4. Okt. Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur währungspolitischen Situation Anfang Oktober 1969“ vor. 8. Okt. Die Bundesregierung beschließt, mit Wirkung vom 11. Oktober das Gesetz zur außenwirtschaftlichen Absicherung bis zum 30. November auszusetzen [RB: 8.10.1969; VE: -; IKT: 11.10.1969; BGBl. I 1969 S. 1864]. 17. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1969 ein Wirtschaftswachstum von 8 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,1 vH. Für 1970 werden ein Wachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 21. Okt. Willy Brandt (SPD) wird vom Bundestag zum Bundeskanzler gewählt und legt seinen Amtseid ab. Der am Folgetag gebildeten und vor dem Bundestag vereidigten Bundesregierung gehören zwölf Minister der SPD sowie drei Minister der FDP an; ein Minister ist parteilos. Dr. Alexander Möller (SPD) wird Finanzminister, Karl Schiller bleibt Wirtschaftsminister und Walter Arendt (SPD) wird Minister für Arbeit und Sozialordnung. 24. Okt. Die Bundesregierung beschließt mit Wirkung vom 27. Oktober eine neue Parität der D-Mark zum US-Dollar: 1 US-$ gleich 3,66 DM (bisher: 4,00 DM). 28. Okt. Die Bundesregierung kündigt den stufenweisen Abbau der Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer an: Ab dem 1. Januar 1970 wird dafür die Einkommensgrenze verdoppelt und ab dem 1. Januar 1971 die Ergänzungsabgabe auf- 108 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland gehoben. Außerdem soll der Arbeitnehmerfreibetrag ab 1. Januar 1970 von 240 DM auf 480 DM steigen. Die Bundesregierung setzt durch Verordnung das Gesetz zur außenwirtschaftlichen Absicherung unbefristet aus [RB: 24.10.1969; VE: -; IKT: 30.10.1969; BGBl. I 1969 S. 2045]. 6. Nov. Die Bundesbank beschließt folgende Maßnahmen: mit Wirkung vom 1. November 1969 Aufhebung der 100-vH-Mindestreserve auf den Zuwachs an Auslandsverbindlichkeiten; Angleichung der Mindestreservesätze für Auslands- und Inlandsverbindlichkeiten und zugleich deren Senkung um 10 vH (Liquiditätsfreigabe: 2 Mrd. DM). 11. Nov. Der Rat der EG beschließt, dass die Einkommensverluste, die der westdeutschen Landwirtschaft durch die Aufwertung der D-Mark entstehen (1,7 Mrd. DM pro Jahr), ausgeglichen werden. 19. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1969 vor. Er prognostiziert für 1969 ein Wirtschaftswachstum von 7,5 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und ein Wachstum der Beschäftigung von 2,0 vH. Für 1970 prognostiziert er ein Wachstum von 4,5 vH, eine Preissteigerung von 3,0 vH und eine Zunahme der der Zahl der Erwerbstätigen von 1,0 vH. 4. Dez. Die Bundesbank beschließt die Erhöhung des Lombardsatzes von 7,5 auf 9% (mit Wirkung zum Folgetag) sowie die Senkung der Mindestreservesätze (lediglich im Dezember 1969) um 10 vH. 8. Dez. Die Bundesbank erhöht die Abgabesätze für U-Schätze und Vorratsstellenwechsel um bis zu 0,37 Prozentpunkte. 15. Dez. Der Finanzplanungsrat empfiehlt Bund, Ländern und Gemeinden, ihre Ausgaben stärker in das zweite Halbjahr 1970 zu verlagern und zu diesem Zweck Ausgabensperren zu verhängen. Die gesperrten Beträge sollen erst verausgabt werden, wenn die konjunkturelle Entwicklung dies gestattet. 18. Dez. Die Bundesbank hebt die am 28. August verfügte Einschränkung der Freistellung von Verbindlichkeiten aus Zinsarbitragegeschäften von der Mindestreservepflicht auf. Die Jahre 1970-1979 1970 1. Jan. Der Investitionssteuersatz sinkt von 7 auf 6 vH. Erstmalige Zuteilung von Sonderziehungsrechten (SZR) durch den IWF im Gesamtumfang von 3,4 Mrd. US-$; die der Bundesrepublik zugeteilten 0,2 Mrd. US-$ gehen auf die Bundesbank über. Dr. Karl Klasen folgt Karl Blessing als Präsident der Deutschen Bundesbank. 19. Jan. Der Konjunkturrat für die öffentliche Hand schlägt die Bildung einer Konjunkturausgleichsrücklage durch Bund und Länder in Höhe von mindestens 2 Mrd. DM vor. Außerdem empfiehlt er, die geplanten Steuersenkungen zu verschieben sowie den Begünstigungsrahmen für vermögenswirksame Leistungen von 312 DM auf 624 DM im Jahr zu erhöhen. 22. Jan. Erlass von Bundesfinanzminister Möller über die „vorläufige Haushaltsführung“ im Haushaltsjahr 1970. Danach darf für sächliche Verwaltungsausgaben und militärische Beschaffungen nur bis zu 70 vH, für Baumaßnahmen und andere Investitionen sowie Investitionsförderungsmaßnahmen nur bis zu 60 vH der Haushaltsansätze des Jahres 1969 verfügt werden, es sei denn, dass die Ansätze im Entwurf des Bundeshaushaltsplanes 1970 niedriger sind als die Ansätze für 1969. 27. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1970 vor. Sie strebt 1970 ein Wirtschaftswachstum von 4½ vH, eine Preissteigerung von 3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH an. Das im JWB angekündigte „Binnenwirtschaftliche Stabilisierungsprogramm“ sieht vor: - Im Bundeshaushalt 1970 (Gesamtvolumen 91,4 Mrd. DM) bleiben vorerst 2,7 Mrd. DM der Ausgaben gesperrt; - die im Steueränderungsgesetz 1970 für den Jahresanfang vorgesehenen Steuersenkungen werden aufgeschoben: die Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrags bis zum 1. Juli 1970, die erste Ermäßigung der Ergänzungsabgabe bis zum 1. Januar 1971; - bis zum 30. Juni 1970 soll bei der Bundesbank eine Konjunkturausgleichsrücklage von Bund und Ländern nach § 15 StWG in Höhe von 2,5 Mrd. DM gebildet werden (Bund 1,5 Mrd. DM, Länder 1 Mrd. DM); - die geplanten Maßnahmen im Bereich der Vermögensbildung sollen möglichst bald in Kraft treten (insbesondere die Erweiterung der Begünstigung vermögenswirksamer Leistungen von 312 DM auf 624 DM pro Jahr). 28. Jan. Der Finanzplanungsrat empfiehlt u.a., dass der Bund ebenso wie die Länder Ausgaben zumindest in Höhe ihrer Zuführung zur Konjunkturausgleichsrücklage sperren. 6. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Einführung einer Fusionskontrolle“ vor. 110 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 20. Febr. Bundesfinanzminister Möller ersucht die Finanzminister der Länder zu veranlassen, dass die Vorauszahlungen auf die Einkommen- und die Körperschaftsteuer für 1969 nachträglich den gestiegenen Gewinnen des Jahres 1969 angepasst und die Vorauszahlungen für 1970 zusätzlich entsprechend der erwarteten Gewinnentwicklung erhöht werden. 6. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 9. März die Erhöhung des Diskontsatzes von 6 auf 7,5% und des Lombardsatzes von 9 auf 9,5% sowie mit Wirkung vom 1. April die Einführung einer zusätzlichen Mindestreserve von 30 vH auf die Zunahme der Auslandsverbindlichkeiten der Kreditinstitute. 6.-22. April Die Bundesbank nimmt schrittweise ihren Ankaufkurs für den US-Dollar von 3,65 DM auf den unteren Interventionspunkt von 3,63 DM zurück. 17. April Der Finanzplanungsrat vertritt die Auffassung, dass die Ausgabensperren von Bund und Ländern im Haushaltsjahr 1970 aufrechtzuerhalten sind und dass die öffentlichen Gesamtausgaben bis 1974 stärker steigen sollen als das BSP. 24. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1970 ein Wirtschaftswachstum von 5 vH, eine Preissteigerung von 4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. 9. Mai Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur Konjunkturlage im Frühjahr 1970“ vor. 13. Mai Die Bundesbank beschließt, die Rediskontkontingente der Kreditinstitute um den Zuwachs an Verpflichtungen gegenüber Ausländern aus Pensionsgeschäften zu kürzen. 26. Mai Die Bundesregierung kündigt im Nachtrag zum JWB 1970 an, die bisher ergriffenen Maßnahmen zur Dämpfung des Preisanstiegs ohne Abstriche beizubehalten, zusätzliche Steuereinnahmen über die obligatorische Konjunkturausgleichsrücklage hinaus einer freiwilligen Konjunkturausgleichsrücklage zuzuführen und die geplanten Steuersenkungen erst im Jahre 1971 wirksam werden zu lassen. 27. Mai Der Haushaltsausschuss des Bundestags streicht im Bundeshaushalt 1970 Ausgaben in Höhe von 2,1 Mrd. DM, weitere 0,4 Mrd. DM bleiben gesperrt. 15. Juni Die Bundesbank interveniert am Devisenterminmarkt, um spekulative Devisenabflüsse abzuwehren. 18. Juni Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1970 mit einem Ausgabenvolumen von 90,9 Mrd. DM (einschl. Zuführungen an Ausgleichsrücklagen in Höhe von 1,6 Mrd. DM und Ausgabensperren in Höhe von 0,4 Mrd. DM) sowie einer Nettokreditaufnahme von 313,7 Mill. DM [RB: 23.1.1970; GE: 13.2.1970/ 25.3.1970/ 1970 111 27.5.1970/ 5.6.1970; IKT: 1.1.1970; BGBl. I 1970 S. 877]. 23. Juni Der Konjunkturrat empfiehlt den Gebietskörperschaften, „für eine gewisse Zeit betonte Zurückhaltung bei der Kreditaufnahme“ zu üben. 26. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (4. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer“ zu. Der Höchstbetrag für vermögenswirksame Leistungen wird auf 624 DM verdoppelt. An die Stelle der Steuer- und Abgabenfreiheit tritt eine Arbeitnehmersparzulage; die Förderung der Vermögensbildung wird auf steuerpflichtige Jahreseinkommen von 24 000/ 48 000 DM (Ledige/ Verheiratete) begrenzt [RB: 26.2.1970; GE: 3.4.1970/ 27.5.1970; IKT: 1.7.1970, 1.1.1971; BGBl. I 1970 S. 925]. 1. Juli Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juli die Erhöhung der Mindestreservesätze um 15 vH (Liquiditätsentzug: rd. 3 Mrd. DM). 6. Juli Die Bundesregierung beschließt ein Paket zusätzlicher Stabilisierungsmaßnahmen: Für den Zeitraum vom 1. August 1970 bis zum 30. Juni 1971 wird ein rückzahlbarer zehnprozentiger Konjunkturzuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer eingeführt. Außerdem wird die degressive Abschreibung bei Gütern des Anlagevermögens mit Ausnahme der Wohngebäude bis zum 31. Januar 1971 ausgesetzt. 13. Juli Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die für 1970 beschlossenen Ausgabensperren bei Bund und Ländern beizubehalten. Er hält eine Zunahme der Ausgaben der Gebietskörperschaften im Jahre 1971 von 12 vH für vertretbar. 15. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (11. Juli) verabschiedeten „Gesetz über die Erhebung eines rückzahlbaren Konjunkturzuschlags zur Einkommen- und Körperschaftsteuer“ zu. Das Aufkommen soll bei der Bundesbank zinslos stillgelegt und nach dem 15. Juni 1972 an die Steuerpflichtigen zurückgezahlt werden [RB: -; GE: 7.7.1970/ 10.7.1970; IKT: 26.7.1970; BGBl. I 1970 S. 1125]. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 16. Juli die Senkung des Diskontsatzes von 7,5 auf 7%, des Lombardsatzes von 9,5 auf 9% und des Zinssatzes für Kassenkredite von 7,5 auf 7%. 12. Aug. Die Bundesbank beschließt die Einführung einer Zuwachsmindestreserve von 40 vH auf Sichtverbindlichkeiten und befristete Verbindlichkeiten, von 20 vH auf die Zunahme der Spareinlagen sowie die Aufhebung der 30-vH-Zuwachsreserve auf Auslandsverbindlichkeiten mit Wirkung vom 1. September. 27. Aug. Die Bundesbank beschließt, dass die Mindestreserve für den Zuwachs an Sicht- und Terminverbindlichkeiten sowie Spareinlagen im September 1970 25 vH und im Oktober 1970 30 vH des Reservesolls nicht überschreiten soll. Der Basisbetrag für Spareinlagen, der der Zuwachsrechnung zugrunde liegt, kann um 60 vH der am 112 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1. Juli 1970 frei gewordenen prämienbegünstigten Spareinlagen erhöht werden. 16. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1970 ein Wirtschaftswachstum von 5,5 vH, eine Preissteigerung von 3,5 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH. Für 1971 prognostiziert sie ein Wachstum von 4 vH, eine Preissteigerungsrate von 3,5 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen um 1 vH. 21. Okt. Die Mindestreservefreistellung bestimmter bankgeschäftlicher Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland („Zinsarbitrage-Geschäfte“ und „Von der Kundschaft bei Dritten benutzte Kredite“) wird eingeschränkt. 24. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Problematik der gegenwärtigen hohen Zinssätze“ vor. 17. Nov. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 18. November die Senkung des Diskontsatzes von 7 auf 6,5% und des Lombardsatzes von 9 auf 8% sowie mit Wirkung vom 1. Dezember die Ablösung der Zuwachsmindestreserve auf Inlandsverbindlichkeiten durch die Erhöhung der Mindestreservesätze auf den Bestand um 15 vH. 19. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1970 vor. Er prognostiziert für 1970 ein Wirtschaftswachstum von 5,0 vH, eine Preissteigerung von 4,0 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH. Für 1971 werden ein Wachstum von 4,0 vH, eine Preissteigerung von 3,5 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 2. Dez. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 6,5 auf 6% und des Lombardsatzes von 8 auf 7,5%. 4. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (4. November) verabschiedeten „Gesetz zur Weiterentwicklung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung“ zu. Ab Januar 1971 können alle Angestellten der GKV beitreten, auch wenn ihr Einkommen die Pflichtversicherungsgrenze überschreitet [RB: 6.5.1970; GE: 4.9.1970/ 16.10.1970; IKT: 1.1./ 1.7.1971; BGBl. I 1970 S. 1770]. 8. Dez. Der Konjunkturrat für die öffentliche Hand erklärt die Ausgabenplanungen der Gebietskörperschaften angesichts des Nachholbedarfs für angemessen, da die gesamtwirtschaftlichen Voraussetzungen dafür erfüllt seien. Auch sei der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst ein wichtiger Schritt auf dem Wege, die Einkommensentwicklung an die veränderte konjunkturelle Situation anzupassen. Er hält es nicht für angebracht, den Konjunkturzuschlag früher als geplant zurückzuzahlen. 12. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Entwicklung der Wohnungsmieten und geplante Maßnahmen zur Begrenzung des Mietanstiegs“ vor. 24. Dez. Erhöhung der deutschen Quote am IWF von 1,2 Mrd. US-$ auf 1,6 Mrd. US-$ im Rahmen einer allgemeinen Quotenerhöhung am IWF. 1971 113 1971 1. Jan. Der Investitionssteuersatz sinkt von 6 auf 4 vH. 15. Jan. Der Konjunkturrat für die öffentliche Hand stellt fest, dass die Ausgabenplanungen von Bund und Ländern den konjunkturellen Erfordernissen entsprechen. Es sei Vorsorge zu treffen, dass die öffentliche Investitionstätigkeit - falls erforderlich - schnell verstärkt werden könne. 22. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1971 vor. Sie erwartet darin für 1971 ein Wirtschaftswachstum von 3½ vH, eine Preissteigerung von 3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. 31. Jan. Die Aussetzung der degressiven Abschreibung endet. 9. Febr. Der Ministerrat der EG und die Regierungen der Mitgliedstaaten einigen sich im Laufe der nächsten zehn Jahre nach einem am 1. Januar 1971 beginnenden Stufenplan eine Wirtschafts- und Währungsunion zu schaffen. In einer ersten Stufe (1971-1973) soll das Schwergewicht in der Koordinierung der Wirtschafts-, Währungs- und Kreditpolitik liegen. Die Zentralbanken werden ersucht, unter Wahrung ihrer Eigenverantwortung ihre Politik zu koordinieren, sowie durch abgestimmte Aktionen gegenüber dem US-Dollar die Wechselkursschwankungen zwischen den EG- Währungen innerhalb engerer Schwankungsbreiten zu halten und sie später gegebenenfalls sukzessive zu verringern. Der Währungsausschuss und der Ausschuss der Notenbankpräsidenten werden gebeten, mit Untersuchungen zur Harmonisierung der währungspolitischen Instrumente zu beginnen und sich über die Errichtung und die Aufgaben eines Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit zu äußern. Vor Ablauf der ersten Stufe werden die Maßnahmen festgelegt, die nach dem Übergang zur zweiten Stufe zur vollständigen Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion führen. Zugleich wird eine „Vorsichts- oder Verfallklausel“, die die Fortgeltung der zunächst erreichten Fortschritte regelt, vereinbart. 12. Febr. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1971 mit einem Volumen von 100,1 Mrd. DM; gegenüber dem Vorjahr steigen die Ausgaben um 14,7 vH. Das Finanzierungsdefizit wird auf 3,9 Mrd. DM veranschlagt [RB: 9.7.1970; GE: 13.9.1970/ 11.2.1971; IKT: 1.1.1971; BGBl. I 1971 S. 129]. 19. Febr. Der Finanzplanungsrat spricht sich dafür aus, dass sich die Gebietskörperschaften den konjunkturellen Erfordernissen entsprechend in ihrer Haushaltsführung in der ersten Jahreshälfte 1971 weiter zurückhalten und dass sie die Konjunkturausgleichsrücklagen noch nicht auflösen. 19. März Der Konjunkturrat für die öffentliche Hand empfiehlt, mögliche Steuermehreinnahmen gegenüber den Haushaltsansätzen nicht für Mehrausgaben, sondern zur Verminderung des Kreditbedarfs zu verwenden sowie in der Haushaltsführung, insbe- 114 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland sondere im öffentlichen Verbrauch, weiterhin zurückhaltend zu sein. 31. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 6 auf 5% und des Lombardsatzes von 7,5 auf 6,5%, aber die Kürzung der Rediskontkontingente der Kreditinstitute um 10 vH. Die Offenmarktgeschäfte der Bundesbank mit Nichtbanken sollen intensiviert werden. 22. April Der Finanzplanungsrat erneuert seinen Appell an Bund, Länder und Gemeinden zu einer zurückhaltenden Haushaltsführung. Er wiederholt die Aufforderung des Konjunkturrates, bei Steuermehreinnahmen die Kreditaufnahme einzuschränken. 29. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1971 ein Wirtschaftswachstum von 3,5 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 5. Mai Die Devisenbörsen werden bis einschließlich 9. Mai geschlossen, um noch stärkere spekulative Devisenzuflüsse zu verhindern. 9. Mai Die Bundesregierung beschließt ein binnen- und außenwirtschaftliches Stabilisierungsprogramm. Der binnenwirtschaftliche Teil umfasst folgende Maßnahmen: - Der Bundesminister der Finanzen wird ermächtigt, Verpflichtungen der Ressorts in Höhe von 2 Mrd. DM bis 3 Mrd. DM zu Lasten künftiger Haushalte seiner Einwilligung zu unterwerfen. Außerdem schränken der Bund und die Länder gemäß StWG § 6 Abs.1 Satz 1 und 2 ihre Ausgaben ein. Die Minderausgaben werden für den Bund auf 1 Mrd. DM, für die Länder auf 0,8 Mrd. DM veranschlagt. Die Kreditaufnahme der öffentlichen Hand soll entsprechend vermindert werden. - Steuereinnahmen, die über die Ansätze in den Haushaltsplänen des Bundes und der Länder hinausgehen, sollen der Konjunkturausgleichsrücklage zugeführt werden. Der außenwirtschaftliche Teil enthält folgende Maßnahmen: - Die Bundesbank wird ersucht, die Interventionen am Devisenmarkt vorübergehend einzustellen. - Es wird eine Genehmigungspflicht sowohl für die Verzinsung von Guthaben von Ausländern bei Geldinstituten als auch für den Erwerb von Geldmarktpapieren durch Ausländer sowie für Pensionsgeschäfte mit Ausländern eingeführt. Die Wechselkurse der D-Mark und des Holländischen Gulden werden mit Wirkung vom 10. Mai 1971 freigegeben. Der Schweizer Franken wird um rund 7 vH und der Österreichische Schilling um rd. 5 vH aufgewertet. 13. Mai Bundesfinanzminister Möller tritt zurück, da er die Ausgabenpolitik der Bundesregierung (raschere Realisierung sozialpolitischer Reformen) nicht billigt und die Haushaltssolidität in Gefahr sieht. Das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium für Wirtschaft werden zum Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen zusammengelegt und in Personalunion vom bisherigen Bundeswirtschaftsminister Schiller geführt. 24. Mai Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur konjunktur- und währungspolitischen Lage im Mai 1971“ vor. 1971 115 1. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen legt ein „Gutachten zur Neugestaltung und Finanzierung von Alterssicherung und Familienlastenausgleich“ vor. 2. Juni Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juni 1971 die Erhöhung der Mindestreservesätze auf reservepflichtige Inlandsverbindlichkeiten um 15 vH, der Reservesätze auf Auslandsverbindlichkeiten auf den doppelten Betrag der neuen Inlandssätze (Liquiditätsentzug: rd. 5 Mrd. DM). 28. Juni Der Konjunkturrat und der Finanzplanungsrat empfehlen dem Bund und den Ländern, wesentliche Teilbeträge der unvorhergesehenen Steuermehreinnahmen schon im September 1971 den Konjunkturausgleichsrücklagen zuzuführen. Sie erörtern die Gestaltung der Haushalte im Jahre 1972: die öffentlichen Ausgaben sollen um 8 vH steigen. 9. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (17. Juni) verabschiedeten Zonenrandförderungsgesetz zu. Ziel des Gesetzes ist es, die Leistungskraft des Zonenrandgebietes bevorzugt zu stärken, um einen Ausgleich der Auswirkungen der Teilung Deutschlands zu schaffen [RB: 8.10.1970; GE: 4.12.1970/ 15.6.1971; IKT: 1.1.1971; BGBl. I 1971 S. 1237]. 15. Aug. Die Regierung der Vereinigten Staaten beschließt Maßnahmen zur Zahlungsbilanzsanierung; u.a. führt sie eine Importabgabe von 10 vH auf Fertigwaren ein und hebt die Goldeinlösepflicht für den US- Dollar auf. Damit entfällt die Verpflichtung der übrigen Mitgliedsländer des IWF, ihre Kurse gegenüber dem US-Dollar innerhalb festgelegter Schwankungsbreiten zu halten. 16.-23. Aug. Schließung der westeuropäischen Devisenbörsen. 10. Sept. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushaltsplanes 1972 sowie die Vorlage der mittelfristigen Finanzplanung. Der Etatentwurf umfasst einen Kernhaushalt in Höhe von 106,6 Mrd. DM, der gegenüber dem Haushaltssoll 1971 um 8,4 vH steigt, sowie einen Eventualhaushalt in Höhe von 2,5 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme des Bundes ist für 1972 auf 4,7 Mrd. DM veranschlagt. 13. Okt. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 5 auf 4,5% und des Lombardsatzes von 6,5 auf 5,5% sowie mit Wirkung vom 1. November die Verringerung der für Inlandsverbindlichkeiten geltenden Mindestreservesätze um 10 vH (Liquiditätsfreigabe: rd. 3 Mrd. DM). Für Auslandsverbindlichkeiten gelten die bisherigen Mindestreservesätze auf den Bestand und den Zuwachs unverändert weiter. 22. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1971 ein Wirtschaftswachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 5,5 vH und eine unveränderte Zahl von Erwerbstätigen. Für 1972 werden ein Wachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH prognostiziert. 116 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 18. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1971 vor. Er prognostiziert für 1971 ein Wirtschaftswachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für 1972 prognostiziert er ein Wachstum von 1,0 vH, eine Preissteigerung von 5,0 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH. 11. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen legt das Gutachten „Regelmechanismen und regelgebundenes Verhalten in der Wirtschaftspolitik“ vor. 17. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Betriebsverfassungsgesetz“ (BT- Beschluss: 10. November) erweitert die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates in sozialen und personellen Belangen und dehnt seine Befugnisse u.a. auf die Arbeitsplatzgestaltung und den Arbeitsablauf aus. Erweitert werden auch die Rechte und Befugnisse der Gewerkschaften [RB: 3.12.1970; GE: 29.1.1971/ 14.10.1971; IKT: 19.1.1972; BGBl. I 1972 S. 13]. - Die Novelle zum Branntweinmonopol erhöht die Branntweinabgabe zum 1. Januar 1972 um 25 vH von 1 200 DM auf 1 500 DM je hl, wodurch Steuermehreinnahmen von 500 Mill. DM (1972) bis 670 Mill. DM (1975) erwartet werden [RB: 29.9.1971; GE: 26.10.1971/ 2.12.1971; IKT: 1.1.1972; BGBl. I 1971 S. 2137]. - Durch das „Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes“ (BT-Beschluss: 10. Dezember) sollen schädigende ausländische Geld- und Kapitalzuflüsse eingedämmt werden [RB: -; GE: 19.10.1971/ 8.12.1971; IKT: 1.1.1972; BGBl. I 1971 S. 2141]. 17.-18. Dez. In Washington, D.C. (Vereinigte Staaten) erzielen die zehn wichtigsten Industrieländer der westlichen Welt u.a. eine Einigung über die Erweiterung der Breite für Wechselkursschwankungen auf 2,25 vH, eine Abwertung des US-Dollar gegenüber dem Gold um knapp 8 vH sowie die Festsetzung von „Leitkursen“ zwischen den Ländern der sogenannten Zehnergruppe. Der Mittelkurs der D-Mark wird gegenüber dem US-Dollar von 3,66 DM auf 3,2225 DM reduziert („Smithsonian Währungsabkommen“). 22. Dez. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4,5 auf 4% und des Lombardsatzes von 5,5 auf 5% sowie mit Wirkung vom 1. Januar 1972 die Verringerung der Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten um 10 vH (Liquiditätsfreigabe: rd. 2,9 Mrd. DM). Für Auslandsverbindlichkeiten gelten die bisherigen Reservesätze weiter. 1972 1. Jan. Der Investitionssteuersatz sinkt von 4 auf 2 vH. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung steigt von 1,3 vH des versicherungspflichtigen Entgelts auf 1,7 vH. 20. Jan. Der Konjunkturrat für die öffentliche Hand vertritt die Auffassung, dass die 1972 117 Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stützen sollte. Daher sollen zusätzliche öffentliche Investitionen auf der Grundlage der Eventualhaushalte und der Konjunkturausgleichsrücklagen vom Frühjahr an nachfragewirksam werden. Die Rückzahlung des Konjunkturzuschlags könne etwa im Sommer beginnen. 26. Jan. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Die Novelle zum Tabaksteuergesetz erhöht die Steuersätze - zum Zwecke des Ausgleichs des Bundeshaushalts - zum 1. September 1972 um rund 25 vH (Mehreinnahmen 1972: 0,4 Mrd. DM; 1973: 1,7 Mrd. DM) [RB: -; GE: 3.12. 1971/ 25.1.1972; IKT: 1.2./ 5.3./ 1.9.1972; BGBl. I 1972 S. 261]. - Das Beiträge-Rückzahlungsgesetz sieht die Erstattung der in den Jahren 1968 und 1969 einbehaltenen Krankenkassenbeiträge der Rentner für April 1972 (Gesamtbetrag: 1,3 Mrd. DM) vor [RB: -; GE: 8.12.1971/ 19.1.1972; IKT: 19.3.1972; BGBl. I 1972 S. 433]. Die Bundesregierung legt den JWB 1972 vor. Sie erwartet für 1972 ein Wirtschaftswachstum von 2½ vH, einen Preisanstieg von 4½ vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. 28. Jan. Bund und Länder vereinbaren, den Anteil der Länder am Umsatzsteueraufkommen von bisher 30 vH für die Jahre 1972 und 1973 auf 35 vH zu erhöhen. Zusätzlich gewährt der Bund den finanzschwachen Ländern Ergänzungszuweisungen von zusammen jährlich 0,6 Mrd. DM. 9. Febr. Der Bundesrat und der Bundestag (26. Januar) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Verkehrsfinanzgesetz 1971, wodurch die Mineralölsteuer auf Treibstoffe zum 1. März 1972 um 0,04 DM/ l (Mehreinnahmen 1972: 1,1 Mrd. DM; 1973: 1,5 Mrd. DM) erhöht wird. Das Mehraufkommen der Steuererhöhung wird zur Finanzierung des Straßenwesens zweckgebunden [RB: 29.9.1971; GE: 26.10.1971/ 6.12.1971/ 19.1.1972; IKT: 1.3.1972; BGBl. I 1972 S. 201]. 24. Febr. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4 auf 3% und des Lombardsatzes von 5 auf 4%; mit Wirkung vom 1. März werden die den Kreditinstituten eingeräumten Rediskontkontingente um 10 vH gekürzt und mit Wirkung vom 1. März die Reservesätze für Auslandsverbindlichkeiten von 30 auf 40 vH erhöht. 1. März Die Bundesregierung beschließt eine Bardepotpflicht für bestimmte im Ausland aufgenommene Kredite. Der Bardepotsatz wird von der Bundesbank im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen auf 40 vH der depotpflichtigen Verbindlichkeiten festgelegt [RB: 1.3.1972; VE: -; IKT: 1.3.1972; BGBl. I 1972 S. 213]. Ferner beschließt die Bundesregierung den Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, das die Neuregelung der einheitswertabhängigen Steuern sowie Änderungen des Gewerbesteuergesetzes umfasst. 9. März Die Bundesbank beschließt, die geänderten Berechnungsmodalitäten für die Mindest- 118 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland reserven auf reservepflichtige Sichtverbindlichkeiten gegenüber Ausländern erstmals ab Mai anzuwenden. Der Finanzplanungsrat und der Konjunkturrat für die öffentliche Hand stellen fest, dass auf absehbare Zeit keine Notwendigkeit bestehe, Eventualhaushalte des Bundes und der Länder zu aktivieren und zugleich die Konjunkturausgleichsrücklagen freizugeben. Die sich abzeichnende Neuverschuldung aller öffentlichen Haushalte entspreche weder den gegenwärtig erkennbaren konjunkturpolitischen Erfordernissen, noch den längerfristigen finanzwirtschaftlichen Möglichkeiten. Die Ausgabeansätze sollten überprüft und auf ein gesamtwirtschaftlich vertretbares Maß zurückgeführt werden. 15. März Der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen, Schiller, kündigt die Rückzahlung des Konjunkturzuschlags (Gesamtvolumen: 5,9 Mrd. DM) ab 15. Juni an. 17.-23. März Bayern und Nordrhein-Westfalen lösen ihre freiwilligen Konjunkturausgleichsrücklagen in Höhe von insgesamt 0,2 Mrd. DM auf. 21. März Der EG-Ministerrat beschließt, stufenweise eine Wirtschafts- und Währungsunion zu verwirklichen. Der Europäische Währungsverbund („Währungsschlange“) wird gegründet; die Gemeinschaftswährungen sollen maximal um 2,25 vH voneinander abweichen. 13. April Der Haushaltsausschuss legt dem Bundestag Änderungsvorschläge zum Entwurf des Bundeshaushaltsplanes 1972 vor, die ein gegenüber dem Regierungsentwurf um 2,7 Mrd. DM höheres Ausgabenvolumen von 109,3 Mrd. DM bei einer Nettokreditaufnahme von 7,3 Mrd. DM vorsehen. 23. April Nach dem Gewinn der Landtagswahlen in Baden-Württemberg durch die CDU verliert das sozial-liberale Regierungsbündnis seine Bundesratsmehrheit. 24. April Verengung der Schwankungsbreiten der Wechselkurse innerhalb der EG von 4,5 auf 2,25 vH tritt in Kraft. 27. April Ein Misstrauensvotum der CDU/ CSU gegen Bundeskanzler Brandt mit dem Ziel, Dr. Rainer Barzel (CDU) zum Bundeskanzler zu wählen, scheitert. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1972 ein Wirtschaftswachstum von 2,5 vH, eine Preissteigerung von 5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH. 31. Mai Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juli eine Erhöhung der Mindestreservesätze auf Inlandsverbindlichkeiten um 8 vH sowie mit Wirkung vom 1. Juli die Kürzung der Rediskontkontingente der Kreditinstitute um 10 vH (Liquiditätsentzug: rd. 4,5 Mrd. DM). 3. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen legt das „Gutachten zur Finanzierung eines höheren Staatsanteils am Sozialprodukt“ vor. 1972 119 9. Juni Die Bundesregierung beschließt, zur Dämpfung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage im zweiten Halbjahr 1972 gegenüber den Ansätzen des Haushaltsplanentwurfs (nach dem Stande vom April 1972) Ausgaben in Höhe von 1,3 Mrd. DM einzusparen. 16. Juni Die Bundesbank muss zum ersten Mal seit der Verengung der Schwankungsbreiten für europäische Währungen Stützungskäufe für eine Gemeinschaftswährung (Britisches Pfund) tätigen. 23. Juni Freigabe der Wechselkurse des Britischen Pfundes und des Irischen Pfundes. Die deutschen Devisenbörsen werden bis zum 27. Juni geschlossen. 28. Juni Der Finanzplanungsrat und der Konjunkturrat für die öffentliche Hand empfehlen, die von den Gebietskörperschaften geplante Nettokreditaufnahme im Jahre 1972 von 19 Mrd. DM auf 16 Mrd. DM zu verringern. 29. Juni Die Bundesregierung unterwirft gegen das Votum des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen, Schiller, den Erwerb inländischer Wechsel und unverzinslicher Inhaber- und Orderschuldverschreibungen durch Ausländer einer Genehmigungspflicht; die Freigrenze der Bardepotpflicht wird mit Wirkung vom 1. Juli von 2 Mill. DM auf 0,5 Mill. DM gesenkt [RB: 29.6. 1972; VE: -; IKT: 30.6./ 1.7.1972; BGBl. I 1972 S. 995]. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juli eine Erhöhung der Mindestreservesätze auf Inlandsverbindlichkeiten um 20 vH (je nach Art der Verbindlichkeit, der Größe und dem Standort des Kreditinstituts liegen sie nun zwischen 6,55 vH und 15,45 vH); die Mindestreservesätze für den Bestand an Auslandsverbindlichkeiten für Sichtverbindlichkeiten auf 40 vH, für befristete Verbindlichkeiten auf 35 vH, für Spareinlagen auf 30 vH festzusetzen; den Reservesatz auf den Zuwachs an Auslandsverbindlichkeiten von 40 auf 60 vH anzuheben; die Rediskontkontingente um 10 vH mit Wirkung vom 1. August zu kürzen. Der Bardepotsatz wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen mit Wirkung vom 1. Juli von 40 auf 50 vH angehoben (Liquiditätsentzug insgesamt: rd. 8 Mrd. DM). 2. Juli Bundeswirtschafts- und -finanzminister Schiller tritt zurück. Der bisherige Verteidigungsminister Helmut Schmidt (SPD) übernimmt am 7. Juli das Wirtschafts- und Finanzressort. 3. Juli Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur währungspolitischen Lage im Juli 1972“ vor. 13. Juli Die Bundesbank beschließt, mit Wirkung vom 1. August die Mindestreservesätze auf Inlandsverbindlichkeiten um 10 vH zu erhöhen (Liquiditätsentzug: 4 Mrd. DM). 6. Sept. Die Bundesregierung beschließt Eckwerte für den Bundeshaushalt 1973 und für die mittelfristige Finanzplanung bis 1976. Danach ist für 1973 ein Anstieg der Ausgaben um 10,5 vH auf 120,4 Mrd. DM sowie eine Nettokreditaufnahme in Höhe 120 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland von 4,9 Mrd. DM vorgesehen; die Ausgaben sollen von 1973 bis 1976 um durchschnittlich 9 vH pro Jahr steigen. 14. Sept. Der Finanzplanungsrat und der Konjunkturrat für die öffentliche Hand empfehlen, für 1973 die Zunahme der Ausgaben im Rahmen der voraussichtlichen Entwicklung des Bruttosozialprodukts von 10,5 vH zu halten; die Nettokreditaufnahme sollte die Größenordnung des Jahres 1972 nicht überschreiten. 6. Okt. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (21. September) verabschiedeten „Rentenreformgesetz“ zu. Es sieht u.a. die Einführung der flexiblen Altersgrenze zum 1. Januar 1973 und die Öffnung der GRV für Selbständige, mithelfende Familienangehörige und nicht-berufstätige Frauen vor. Die turnusmäßige Rentenerhöhung wird um ein halbes Jahr auf den 1. Juli vorgezogen [RB: 20.10.1971; GE: 8.12.1971/ 2.3.1972/ 19.5.1972/ 13.9.1972/ 20.9.1972; IKT: 1.1.1971, 1.3./ 19.10.1972, 1.1./ 1.7.1973, 1.1.1974; BGBl. I 1972 S. 1965]. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 9. Oktober die Erhöhung des Diskontsatzes von 3 auf 3,5% und des Lombardsatzes von 4 auf 5%. 19. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1972 ein Wirtschaftswachstum von 2,5 vH, eine Preissteigerung von 5,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1973 werden ein Wachstum von 5 vH, eine Preissteigerung von 5,5 vH und eine unveränderte Zahl von Erwerbstätigen prognostiziert. 27. Okt. Die Bundesregierung beschließt ein Programm zur Dämpfung des Preisauftriebs; danach sollen u.a. die Steuermehreinnahmen gegenüber den Sollsätzen des Haushaltsentwurfs nicht für zusätzliche Ausgaben, sondern zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme verwendet werden. Die Erhöhung der Ausgaben im Bundeshaushalt 1973 wird auf die erwartete Steigerungsrate des nominalen BSP und die Nettokreditaufnahme auf die des Jahres 1972 begrenzt. 31. Okt. Die Wirtschafts- und Finanzminister der EG beschließen zur Bekämpfung der Inflation, die Ausweitung der Staatsausgaben ihrer Länder im Jahre 1973 auf den Zuwachs des nominalen BSP zu begrenzen, den Ausgabenabfluss im ersten Halbjahr 1973 zu verzögern und inflationsbedingte Steuermehreinnahmen zur Verminderung der Finanzierungsdefizite zu verwenden. 2. Nov. Die Bundesbank beschließt eine Erhöhung des Diskontsatzes von 3,5 auf 4% und des Lombardsatzes von 5 auf 6% mit Wirkung zum Folgetag sowie eine Anhebung der Verkaufssätze für Geldmarktpapiere. 13. Nov. Auszahlung der Beträge aus der auf den 1. Juli vorgezogenen Rentenerhöhung; die Mehrausgaben für die Monate Juli bis Dezember belaufen sich auf 2,1 Mrd. DM. 19. Nov. Bei den Wahlen zum siebten Deutschen Bundestag erzielen die beiden Parteien der bisherigen Regierungskoalition, die Sozialdemokraten und die Liberalen, Stimmengewinne. Die SPD (45,8 vH) stellt erstmals 1972/ 1973 121 die stärkste Bundestagsfraktion. Die FDP erreicht einen Stimmenanteil von 8,4 vH und die Unionsparteien von 44,9 vH (CDU: 35,2 vH; CSU: 9,7 vH). Zu dieser Wahl sank das aktive und passive Wahlalter von 21 bzw. 25 Jahren auf 18 bzw. 21 Jahre. 24. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1972 vor. Er prognostiziert für 1972 ein Wirtschaftswachstum von 3,0 vH, eine Preissteigerung von 5½ vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1973 werden ein Wachstum von 5½ vH, eine Preissteigerung von 6 vH und eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen prognostiziert. 30. Nov. Die Bundesbank beschließt eine Erhöhung des Diskontsatzes von 4 auf 4,5% und des Lombardsatzes von 6 auf 6,5% mit Wirkung zum Folgetag, eine Anhebung der Verkaufssätze für Geldmarktpapiere sowie eine Kürzung der Rediskontkontingente um 10 vH mit Wirkung vom 1. Februar 1973. 6. Dez. Die Bundesregierung beschließt mit Wirkung vom 1. Januar die Senkung der Freigrenze der Bardepotpflicht von 500 000 DM auf 50 000 DM [RB: 6.12.1972; VE: -; IKT: 1.1.1973; BGBl. I 1972 S. 2373]. 14. Dez. Willy Brandt wird vom Bundestag erneut zum Bundeskanzler gewählt und legt seinen Amtseid ab. Am Folgetag erfolgt die Vereidigung des Bundeskabinetts, das aus elf Ministern der SPD, vier Ministern der FDP sowie einem parteilosen Minister besteht. Das vorherige Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen wird wieder aufgeteilt; Helmut Schmidt wird Finanzminister und Dr. Hans Friderichs (FDP) Wirtschaftsminister. Walter Arendt übernimmt erneut das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung. 20. Dez. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1972 mit Ausgaben von 109,9 Mrd. DM, Einnahmen von 104,6 Mrd. DM und einer Nettokreditaufnahme von 4,0 Mrd. DM [RB: 10.9.1971/ 21.11.1972; GE: 8.10.1971/ 23.11.1972/ 18.12.1972; IKT: 1.1.1972; BGBl. I 1972 S. 2537]. 1973 1. Jan. Die Investitionssteuer läuft aus. Der Beitragssatz zur GRV steigt von 17 auf 18 vH des versicherungspflichtigen Einkommens. Die EG wird um Dänemark, Irland und Großbritannien zum „Europa der Neun“ erweitert. 11. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 4,5 auf 5% und des Lombardsatzes von 6,5 auf 7%, die Anhebung der Verkaufssätze für Geldmarktpapiere sowie mit Wirkung vom 1. April die Kürzung der Rediskontkontingente um 10 vH. 23. Jan. Freigabe des Wechselkurses des Schweizer Franken. 1.-9. Febr. Die Bundesbank kauft am unteren Interventionspunkt 5,9 Mrd. US-$ für insgesamt 18,6 Mrd. DM an. 122 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 2. Febr. Die Bundesregierung verschärft die Anwendung des § 23 AWG. Danach sind der entgeltliche Erwerb von Wertpapieren durch Gebietsfremde, die Kreditaufnahme im Ausland sowie die Ausstattung von inländischen Unternehmen mit Vermögenswerten durch Gebietsfremde genehmigungspflichtig [RB: 2.2.1973; VE: -; IKT: 6.2.1973; BGBl. I 1973 S. 49]. 6. Febr. Die Bundesregierung ersucht die Bundesbank, weiter US-Dollar aufzukaufen. 7. Febr. Die Bundesbank beschließt, dass Kreditinstitute die Rediskontkontingente nur noch bis zu 60 vH in Anspruch nehmen dürfen (Liquiditätsentzug: 6,9 Mrd. DM). 10.-12. Febr. Schließung der Devisenbörsen in der Bundesrepublik, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Japan; am 12. Februar 1973 wertet die Regierung der Vereinigten Staaten den US-Dollar um 10 vH ab; der neue Leitkurs der D-Mark beträgt 2,9003 DM je US-Dollar. 13. Febr. Freigabe des Wechselkurses des Japanischen Yen und der Italienischen Lira. 16. Febr. Die Großbanken erheben „negativen“ Zins auf Ausländereinlagen. 17. Febr. Die Bundesregierung verabschiedet den Entwurf des Bundeshaushalts 1973 und legt die mittelfristige Finanzplanung bis 1976 vor. Der Etatentwurf für 1973 sieht ein Ausgabenvolumen von 120,4 Mrd. DM und eine Nettokreditaufnahme von 3,8 Mrd. DM vor. Die Bundesregierung legt den JWB 1973 vor. Sie erwartet darin für 1993 ein Wirtschaftswachstum von 4½ vH, eine Preissteigerung von 5½ bis 6 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ± 0 vH. Sie kündigt darin ein Programm zur Dämpfung der überhitzten Konjunktur an: - die Auflegung einer Stabilitätsanleihe mit einem Gesamtvolumen bis zu 4 Mrd. DM, die bei der Bundesbank stillgelegt werden soll; - die Erhebung einer „Stabilitätsabgabe“ vom 1. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1974 in Höhe von 10 vH der Körperschaftsteuerschuld bei Kapitalgesellschaften und der Einkommensteuerschuld bei Steuerpflichtigen mit einem Jahreseinkommen von mehr als 100 000/ 200 000 DM (Ledige/ Verheiratete); das Aufkommen wird bei der Bundesbank stillgelegt; - die Erhöhung der Mineralölsteuer um 5 Pf/ l mit Wirkung vom 1. Juli 1973; - die Reduzierung der zur regionalen Wirtschaftsförderung gewährten Investitionszulage von 10 auf 7,5 vH; - die Senkung der Investitionszulage für Wirtschaftsgüter, die der Forschung und Entwicklung dienen, von 10 auf 7,5 vH; - die Aufhebung der einkommensteuerlichen Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als Sonderausgaben mit Wirkung vom 1. Januar 1974; - die Aufhebung der degressiven Abschreibung bei Gebäuden nach § 7 Abs. 5 EStG. Anfallende Steuermehreinnahmen sollen, soweit sie nicht zum Ausgleich für neu auftretende, unabweisbare Mehrbelastungen benötigt werden, bei der Bundesbank stillgelegt werden. 1973 123 23. Febr. Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (22. Februar) verabschiedeten zweiten Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes zu, wodurch die Höchstgrenze für den Bardepotsatz von 50 vH auf 100 vH angehoben wird [RB: -; GE: 13.2.1973; IKT: 24.2.1973; BGBl. I 1973 S. 109]. 1. März Die Bundesbank nimmt zur Stützung des US-Dollar 2,7 Mrd. US-$ aus dem Markt. Zur Abschöpfung der den Banken zugeflossenen liquiden Mittel beschließt sie die Erhöhung der Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten bei Sicht- und Termineinlagen um 15 vH sowie bei Spareinlagen um 7,5 vH (Liquiditätsentzug: 5 Mrd. DM). 2. März Schließung der Devisenbörsen in den Ländern der EG. 10. März Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Grundfragen der Stabilitätspolitik“ vor. 11. März Der EG-Ministerrat beschließt die Aufhebung der Interventionspflicht der Zentralbanken gegenüber dem US-Dollar; die Bundesrepublik, die Benelux-Staaten, Dänemark sowie Frankreich geben ihre Währungen gegenüber dem US-Dollar frei, bleiben aber untereinander bei festen Wechselkursen mit kleinen Schwankungsbreiten („Block-Floating“) verbunden. Das Vereinigte Königreich, Irland und Italien erklären, sich sobald wie möglich dem Beschluss über die Beibehaltung der gemeinschaftlichen Schwankungsbreiten anzuschließen. 12. März Emission der ersten Tranche der Stabilitätsanleihe in Höhe von 1,5 Mrd. DM. 14. März Die Bundesregierung beschließt die Aufwertung der D-Mark um 3 vH. Der Leitkurs wird ab 19. März auf 1 DM = 0,294389 SZR festgelegt. 19. März Wiedereröffnung der Devisenbörsen in der EG. 19.-21. März Die Bundesbank muss die D-Mark stützen; sie verkauft Block-Währungen, um den D-Mark-Kurs im Band von 2,25 vH zu halten. 29. März Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die Nettokreditaufnahme der Gebietskörperschaften 1973 auf den Umfang des Vorjahres zu begrenzen. 12. April Die Bundesbank bezieht kurzfristig Handelswechsel in ihre Offenmarktpolitik ein. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1973 ein Wirtschaftswachstum von 6 vH, eine Preissteigerung von 6,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 3. Mai Der Konjunkturrat für die öffentliche Hand hält es für erforderlich, dass die Gebietskörperschaften die vorgesehene Nettokreditaufnahme um mindestens 4,5 Mrd. DM vermindern. Die Bundesbank beschließt die Erhöhung des Diskontsatzes von 5 auf 6% und des 124 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Lombardsatzes von 7 auf 8% mit Wirkung zum Folgetag sowie die Anhebung der Verkaufssätze für Geldmarktpapiere. 4. Mai Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur konjunkturpolitischen Lage im Mai 1973“ vor. 9. Mai Die Bundesregierung beschließt in Ergänzung und Erweiterung der Beschlüsse vom 17. Februar ein „Zweites Stabilitätsprogramm“. Es enthält u.a. folgende Maßnahmen: die Auflegung der zweiten Tranche der Stabilitätsanleihe; die Erhebung eines zehnprozentigen, nicht rückzahlbaren Stabilitätszuschlags bei Steuerpflichtigen mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von über 24 000/ 48 000 DM (Ledige/ Verheiratete) vom 1. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1974; die Erhebung einer elfprozentigen Investitionssteuer auf längstens zwei Jahre und die Stilllegung des Aufkommens; die Aussetzung der degressiven Abschreibung für bewegliche Anlagegüter nach § 7 Abs. 2 EStG bis zum 1. Mai 1974; den Fortfall der Gebäudeabschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG, mit Ausnahme der Gebäude, die nach dem 2. Wohnungsbaugesetz gefördert werden; die Streckung der Ausgaben für „Gemeinschaftsaufgaben“ von Bund und Ländern um 10 vH in 1973 (1 Mrd. DM); die Kürzung der Nettokreditaufnahme der Gebietskörperschaften gemäß § 19 StWG um 5,5 Mrd. DM in 1973. Der Bund will über die Kürzung der Nettokreditaufnahme hinausgehende Steuermehreinnahmen stilllegen. 25. Mai Die Bundesbank erhöht die Abgabesätze für nicht in die Marktregulierung einbezogene U-Schätze aller Laufzeiten um 0,5 Prozentpunkte. 30. Mai Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juni die Erhöhung des Diskontsatzes von 6 auf 7% und des Lombardsatzes von 8 auf 9%. Gleichzeitig beschließt sie, den Kreditinstituten bis auf weiteres keinen Lombardkredit zur Verfügung zu stellen. 12. Juni Die Bundesbank muss zum ersten Mal seit Beginn des Block-Floatings mit dem Kauf Holländischer Gulden den Kurs einer Gemeinschaftswährung stützen. 14. Juni Die Bundesregierung beschließt die Einführung der Genehmigungspflicht beim Verkauf von Inlandsforderungen an das Ausland. 15. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (23. Mai) verabschiedeten „Steueränderungsgesetz 1973“ zu, womit u.a. das Aufkommen aus dem Stabilitätszuschlag und der Investitionssteuer als Konjunkturausgleichsrücklage bei der Bundesbank stillgelegt wird [RB: 28.2.1973; GE: 28.3.1973/ 18.5.1973; IKT: 29.6./ 1.7.1973; BGBl. I 1973 S. 676]. 20. Juni Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1973 mit einem Ausgabenvolumen von 120,2 Mrd. DM (Steigerung gegenüber dem Haushalt-Ist für 1972: 9,6 vH) und einer Nettokreditaufnahme von 1,9 Mrd. DM [RB: 17.2.1973; GE: 23.3.1973/ 19.6.1973; IKT: 1.1.1973; BGBl. I 1973 S. 733]. 1973 125 26. Juni Die Bundesbank kürzt mit Wirkung ab 1. Juli den Basisbetrag zur Berechnung des Zuwachses an mindestreservepflichtigen Auslandsverbindlichkeiten um 25 vH (Liquiditätsentzug: 1,5 Mrd. DM). 27. Juni Der Finanzplanungsrat stimmt dem Vorschlag des Bundesfinanzministers zu, den Ausgabenzuwachs des öffentlichen Gesamthaushalts 1974 auf 10,9 vH zu begrenzen. Für 1974 wird eine weitere Begrenzung für die Kreditaufnahme der Gebietskörperschaften und die Bildung von Konjunkturausgleichsrücklagen angekündigt. 29. Juni Die Bundesregierung wertet die D-Mark um 5,5 vH auf. Der Leitkurs wird auf 1 DM = 0,310580 SZR festgelegt. 6. Juli Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (14. Juni) beschlossenen zweiten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu, das die Missbrauchsaufsicht bei vertikaler Preisbildung verstärkt, aufeinander abgestimmtes Verhalten verbietet sowie eine Monopolkommission als unabhängiges Beratungsgremium einsetzt [RB: -; GE: 25.1.1973/ 7.6.1973; IKT: 7.6./ 5.8.1973; BGBl. I 1973 S. 917]. 16. Juli Die Bundesbank beschließt, drei Monate laufende U-Schätze in ihre Offenmarktpolitik einzubeziehen. August Die Welle wilder Streiks erreicht mit einer Beteiligung von rd. 80 000 Streikenden in über 100 Betrieben ihren Höhepunkt. Im gesamten Jahresverlauf finden 335 wilde Arbeitskämpfe mit einer Beteiligung von rd. 270 000 Beschäftigten statt. 1. Aug. Emission der zweiten Tranche der Stabilitätsanleihe in Höhe von 0,75 Mrd. DM. 13. Aug. Die Bundesbank verkauft zur Dämpfung der Zinsausschläge am Geldmarkt erstmals Schatzwechsel mit Festlaufzeiten von fünf und zehn Tagen an die Banken. 5. Sept. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1974 und den Finanzplan bis 1977. Das Haushaltsvolumen 1974 wird unter Einschluss der Krankenhausfinanzierung mit 134,4 Mrd. DM um 10,5 vH höher angesetzt als im vergleichbaren Haushalts-Soll 1973; die Nettokreditaufnahme wird auf 2,3 Mrd. DM veranschlagt. 11. Sept. In Tokio (Japan) beginnt eine neue Runde multilateraler Handelsverhandlungen des GATT („Tokio-Runde“ in Nachfolge der „Kennedey-Runde“). Emission der dritten Tranche der Stabilitätsanleihe mit einem Volumen von 0,25 Mrd. DM. 12. Sept. Die Bundesregierung beschließt neue Eckwerte für die Reform der Einkommensteuer, der Lohnsteuer und der Gewerbesteuer sowie für den Familienlastenausgleich, die ab 1. Januar 1975 wirksam werden sollen. Vorgesehen sind Entlastungen von über 8 Mrd. DM. 126 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 17. Sept. Die Bundesbank muss in größerem Umfang Block-Währungen, insbesondere Französische Francs, kaufen. 19. Sept. Die Bundesregierung beschließt die Reform der Körperschaftsteuer. Durch Vollanrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer soll die Doppelbelastung der ausgeschütteten Gewinne beseitigt werden. 26. Sept. Die Bundesregierung legt ein Energieprogramm vor, das insbesondere die vorrangige Nutzung der heimischen Steinkohle vorsieht. 4. Okt. Die Bundesbank beschließt zur Abschöpfung der im Zuge der Franc-Stützung zugeflossenen Liquidität mit sofortiger Wirkung eine Kürzung der Rediskontkontingente, differenziert nach der Größe der Kreditinstitute, und die Verringerung des Basisbetrages zur Berechnung des Zuwachses an mindestreservepflichtigen Auslandsverbindlichkeiten um 15 vH sowie die Erhöhung der Mindestreservesätze für inländische Sicht- und Termineinlagen um 3 vH mit Wirkung vom 1. November (Liquiditätsentzug insgesamt: 2,5 Mrd. DM). 16. Okt. Beginn der ersten „Ölpreiskrise“, in deren Verlauf die zehn arabischen Erdölländer die Lieferungen an wichtige Industrieländer - z.T. nur vorübergehend - einschränken und drastische Preiserhöhungen für Rohöl durchsetzen. Der Rohölpreis je Barrel steigt von durchschnittlich 4,2 US-$ (1973) auf 11,8 US-$ (1974). 18. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1973 ein Wirtschaftswachstum von 6 vH und eine Preissteigerung von 7 vH. Für 1974 werden ein Wachstum von 3 vH und eine Preissteigerung von 6 vH prognostiziert. 20. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Stabilitätspolitische Problematik der gesetzlichen Rentenversicherung“ vor. 5. Nov. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, zur stabilitätsgerechten Gestaltung der öffentlichen Haushalte auch für 1974 eine „Schuldendeckel“-Verordnung zu erlassen. Darin seien als Höchstbetrag für die Kreditaufnahme des Bundes und der Länder jeweils 4,3 Mrd. DM und für die der Gemeinden 5,6 Mrd. DM vorzusehen. 17. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Höchstpreisvorschriften für Energie“ vor. 19. Nov. Die Bundesregierung erlässt in Reaktion auf die Ölpreiskrise eine Verordnung zur Geschwindigkeitsbeschränkung und zum Sonntagsfahrverbot für den 25. November sowie die drei folgenden Sonntage [RB: -; VE: -; IKT: 24.11.1973; BGBl. I 1973 S. 1676]. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1973 vor. Er prognostiziert für 1973 ein Wirtschaftswachstum von 6 vH, eine Preissteigerung von 7 vH und eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen. Für 1974 prognostiziert er ein Wachstum von 2½ vH, eine Preissteigerung von 6½ vH und einen 1973/ 1974 127 Rückgang der Zahl von Erwerbstätigen von 1 vH. 23. Nov. Die Bundesregierung beschließt einen zeitweiligen Vermittlungsstopp für die Anwerbung von ausländischen Arbeitnehmern ab 1. Januar 1974; Arbeitnehmer aus den EG-Staaten sind davon nicht betroffen. 26. Nov. Die Bundesbank bietet zur Verringerung der Zinsausschläge am Geldmarkt erstmals einen täglich kündbaren Sonderlombardkredit an. Die Bundesbank kauft Wechsel außerhalb der Rediskontkontingente zu einem Zinssatz von 11% und mit einer Rückkaufverpflichtung nach zehn Tagen an. 28. Nov. Die Bundesregierung beschließt, zur stabilitätsgerechten Gestaltung der öffentlichen Haushalte für 1974 eine „Schuldendeckel“- Verordnung zu erlassen. Darin sind als Höchstbetrag für die Kreditaufnahme des Bundes 4,3 Mrd. DM, der Länder 4,5 Mrd. DM und der Gemeinden 5,6 Mrd. DM vorgesehen. 29. Nov. Die Bundesbank erhöht die den Kreditinstituten gewährten Linien zur Inanspruchnahme der Rediskontkontingente um 15 vH (Liquiditätszufluss: 1,2 Mrd. DM). 30. Nov. Bund und Länder vereinbaren, den Anteil der Länder am Umsatzsteueraufkommen von bisher 35 auf 37 vH für 1974 und auf 38 vH für die Jahre 1975 und 1976 zu erhöhen. Zugleich gewährt der Bund finanzschwachen Ländern jährlich 1,5 vH des Umsatzsteueraufkommens als Ergänzungszuweisungen. 17. Dez. Der SVR legt ein Sondergutachten „Zu den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Ölkrise“ vor. 19. Dez. Die Bundesregierung beschließt eine Lockerung des Stabilitätsprogramms vom 9. Mai 1973. Sie enthält insbesondere die Aufhebung der Investitionssteuer für Wirtschaftsgüter, die nach dem 30. November 1973 bestellt wurden oder mit deren Herstellung nach dem 30. November 1973 begonnen wurde, die Wiederzulassung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 30. November 1973 bestellt wurden oder mit deren Herstellung nach dem 30. November 1973 begonnen wurde, sowie die Wiedereinführung der Sonderabschreibung nach § 7b EStG für Wohngebäude, für die der Bauantrag nach dem 31. Dezember 1973 gestellt wurde. 1974 11. Jan. Die Bundesbank beschließt zum Ausgleich des Liquiditätsentzugs bei den Banken aufgrund der Devisenabgaben der Bundesbank mit Wirkung vom 1. Januar die Aufhebung der Zuwachsmindestreserve von 60 vH auf Auslandsverbindlichkeiten, die Senkung der Mindestreservesätze für Inlandsverbindlichkeiten um 5 vH ihres damaligen Standes sowie die Verringerung der Mindestreservesätze für den Bestand an Auslandsverbindlichkeiten um jeweils 5 Prozentpunkte ihres damaligen Standes auf 35 vH, 30 vH und 25 vH für Sicht-, Termin- und Spareinlagen (Liquiditätsfreigabe: 4,5 Mrd. DM). Der Sonderlombardkredit wird nicht mehr gewährt. 128 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 19. Jan. Frankreich scheidet aus dem Blockfloating aus. 30. Jan. Die Bundesregierung beschließt die Lockerung der Kapitalverkehrsbeschränkungen: Genehmigungsvorbehalte nach § 23 AWG werden für die Kreditaufnahme im Ausland, für den entgeltlichen Erwerb inländischer Wertpapiere mit Ausnahme von Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen mit einer Restlaufzeit von bis zu vier Jahren sowie für Direktinvestitionen aufgehoben. Ferner wird die Bardepotregelung geändert: der Bardepotsatz wird von 50 auf 20 vH gesenkt, der Depotfreibetrag von 50 000 DM auf 100 000 DM erhöht sowie die Rückwirkung etwaiger künftiger Depotsatzerhöhungen auf höchstens zwei Monate begrenzt [RB: 30.1.1974; VE: -; IKT: 1.2./ 29.3.1974; BGBl. I 1974 S. 122]. 1. Febr. Die mehrheitlich in Staatsbesitz befindliche VEBA AG erhält durch eine Ministererlaubnis die Genehmigung zur Übernahme der Gelsenberg AG. Es ist die erste Ministererlaubnis seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Begründet wird die Erlaubnis u.a. im Hinblick auf eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sowie der Versorgungssicherheit. 6. Febr. Die Bundesregierung legt den JWB 1974 vor. Sie erwartet für 1974 ein Wirtschaftswachstum von 0 bis 2 vH, einen Preisanstieg von 8 bis 9 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 bis 1½ vH. 7. Febr. Die Bundesbank führt mit Wirkung vom 1. März ein neues Verfahren zur Bemessung der Normkontingente ein. Gleichzeitig werden die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Limite für die Ausnutzung der Rediskontkontingente aufgehoben (Liquiditätsfreigabe: rd. 1 Mrd. DM). 13. März Die Bundesregierung zieht die für 1974 beschlossene „Schuldendeckel“-Verordnung zurück. 14. März Die Bundesbank gewährt einen Sonderlombardkredit zu einem Zinssatz von 13%. Zur Glättung des Geldmarktes kauft sie am offenen Markt auch wieder Handelswechsel außerhalb der Rediskontkontingente mit Rückkaufsvereinbarung nach zehn Tagen an (Zinssatz 11,5%). 16. März Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Probleme der Ausländerbeschäftigung“ vor. 22. März Der Bundesrat und der Bundestag (14. März) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über die Gesetze zur Reform der Erbschaftsteuer, der Vermögensteuer und anderer Steuergesetze (u.a. Gewerbesteuer). Neben Erhöhungen der Freibeträge und Steuersatzänderungen werden nunmehr zur Bewertung des Grundvermögens anstelle der bisher geltenden Einheitswerte aus dem Jahr 1935 die um 40 vH erhöhten Einheitswerte des Jahres 1964 herangezogen [RB: -; GE: 25.1.1973/ 30.11.1973/ 5.12.1973/ 13.3.1974; IKT: 1.1.1974; BGBl. I 1974 S. 933, 949]. 1974 129 25. März Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die in den Haushaltsplänen 1974 der Gebietskörperschaften vorgesehenen Ausgaben zu verwirklichen. 4. April Die Bundesbank ermäßigt mit Wirkung vom 8. April den Satz für Offenmarktgeschäfte über Wechsel mit Rückkaufvereinbarung auf 10 vH; die Gewährung von Sonderlombardkredit wird bis auf weiteres eingestellt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1974 ein Wirtschaftswachstum von 2,5 vH, eine Preissteigerung von 8,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH. 24. April Die Bundesbank stellt den Ankauf von Wechseln mit Rückkaufvereinbarung ein. Außerdem senkt sie die Abgabesätze für in die Marktregulierung einbezogene Schatzwechsel und U-Schätze. 2. Mai Die Bundesbank stellt ihre Interventionen am Rentenmarkt ein, nachdem sie in den vergangenen zwei Monaten öffentliche Anleihen im Werte von 0,6 Mrd. DM zur Kursstützung angekauft hat. 6. Mai Bundeskanzler Brandt erklärt gegenüber dem Bundespräsidenten seinen Rücktritt. 16. Mai Der Bundestag wählt den bisherigen Bundesfinanzminister Schmidt zum Bundeskanzler. Dr. Hans Apel (SPD) wird Finanzminister, Hans Friderichs und Walter Arendt bleiben in ihren Ämtern als Minister für Wirtschaft bzw. Minister für Arbeit und Sozialordnung. 22. Mai Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1974. Die Ausgaben sind mit 136,4 Mrd. DM gegenüber dem Ist des Vorjahres um 12,1 vH höher angesetzt; die Nettokreditaufnahme ist auf 7,0 Mrd. DM veranschlagt [RB: 5.9.1973; GE: 19.10.1973/ 1.4.1974; IKT: 1.1.1974; BGBl. I 1974 S. 1229]. Die Bundesbank beschließt, die Rediskontkontingente nur zu 75 vH des Gesamtbetrages in Anspruch nehmen zu lassen. 28. Mai Die Bundesbank gewährt zur Dämpfung der Zinsausschläge am Geldmarkt Sonderlombardkredite zu einem Zinssatz von 10%. 5. Juni Die Bundesbank verfügt, dass die Kreditinstitute in Zukunft monatlich ihre Liefer- und Abnahmeverpflichtungen aus Devisentermingeschäften nach dem Stand vom jeweiligen Monatsende - auf Anforderung auch zu einem zusätzlichen Termin - zu melden haben. Die Meldungen sind erstmals für den Stand Ende Juli 1974 zu erstatten. 21. Juni Bundesfinanzminister Apel erlässt eine Haushaltssperre gemäß § 41 der Bundeshaushaltsordnung. Damit sollen bis zum Jahresende die auf 1,9 Mrd. DM geschätzten Steuerausfälle des Bundes sowie die im Bundeshaushalt veranschlagte globale Minderausgabe von 0,5 Mrd. DM im Wege des Haushaltsvollzugs eingespart werden. 130 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 24. Juni Der Finanzplanungsrat hält 1974 Einsparungen bei den öffentlichen Ausgaben für notwendig. In 1975 sollten die Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden insgesamt - bereinigt um die durch die Steuerreform einschließlich des Familienlastenausgleichs auf der Ausgabenseite bedingten Veränderungen - um weniger als 10 vH steigen. 26. Juni Das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen entzieht dem Bankhaus Herstatt wegen starker Überschuldung durch Verluste in Devisentermingeschäften die Erlaubnis für die Fortführung des Bankgeschäfts und ordnet die Abwicklung an. 30. Juni Der 1973 im Rahmen des finanzpolitischen Stabilitätsprogramms eingeführte Stabilitätszuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer läuft aus. 3. Juli Die Rediskontkontingente der Kreditinstitute können wieder voll in Anspruch genommen werden. Die Bundesbank bietet Lombardkredit zum Satz von 9% ohne betragsmäßige Begrenzung bis einschließlich 31. Juli an. Die Vergabe von Sonderlombardkredit wird eingestellt. 15. Juli Die Bundesbank beschließt die Senkung des Zinsabschlages bei von ihr angebotenen Geldmarktpapieren. 16. Juli Die Abgabesätze für nicht in die Marktregulierung der Bundesbank einbezogene U-Schätze des Bundes einschließlich der „Bundesbank-Schätze“ werden erneut gesenkt. 18. Juli Die Bundesbank verlängert die Frist für die Gewährung von Lombardkredit bis zum 31. August. 26. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (25. Juli) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Einkommensteuerreformgesetz, das einen Entlastungseffekt von 13,4 Mrd. DM (Mehrausgaben 1975: 9,9 Mrd. DM; Mindereinnahmen 1975: 3,5 Mrd. DM) u.a. durch folgende Maßnahmen vorsieht: - Lohn- und Einkommensteuer: die Erhöhung des Grundfreibetrags auf 3 000/ 6 000 DM (Ledige/ Verheiratete), die Verlängerung der Proportionalzone bis 16 000/ 3 000 DM (Ledige/ Verheiratete), die Umgestaltung der Tarifstruktur und die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 56 vH bei einem zu versteuernden Einkommen von 130 000/ 260 000 DM (Ledige/ Verheiratete); außerdem sollen die Höchstbeträge für beschränkt abzugsfähige Vorsorgeaufwendungen erhöht, der Arbeitnehmerfreibetrag auf 480 DM und ein Sparer-Freibetrag von 300/ 600 DM (Ledige/ Verheiratete) eingeführt werden. Zudem ist der Fortfall der Ergänzungsabgabe von 3 vH der Einkommensteuerschuld vorgesehen; - Familienlastenausgleich: Ersetzung der verschiedenen bisherigen Leistungen (Kinderfreibeträge, Kindergeld, Kinderzuschläge im öffentlichen Dienst) durch ein einheitliches einkommensunabhängiges Kindergeld von 50 DM für das erste, 70 DM für das zweite und 120 DM für jedes weitere Kind sowie Verbesserung der Ortszuschläge im öffentlichen Dienst zum Ausgleich des Fortfalls der Kinderzuschläge; 1974 131 - Sparförderung: Einführung einer Einkommensgrenze von 24 000/ 48 000 DM (Ledige/ Verheiratete) für die Inanspruchnahme der Sparprämie und der Wohnungsbauprämie sowie Begrenzung des begünstigten Sparvolumens auf 800/ 1 600 DM (Ledige/ Verheiratete) jährlich [RB: 12.9.1973; GE: 9.1.1974/ 24.4.1974/ 24.5.1974/ 24.5.1974/ 5.7.1974/ 19.7.1974; IKT: 1.1.1975; BGBl. I 1974 S. 1769]. 16. Aug. Die Bundesbank senkt die Mindestreservesätze für reservepflichtige Verbindlichkeiten von Gebietsansässigen um 10 vH (Liquiditätsfreigabe: 4,8 Mrd. DM). Zudem beschließt sie u.a. die Verlängerung der Gewährung von Lombardkrediten ohne betragsmäßige Begrenzung bis zum 31. August sowie die Refinanzierung von zusätzlichen Krediten der KfW an kleinere und mittlere Unternehmen bis zu 500 Mill. DM. 6. Sept. Die Bundesregierung bringt den Entwurf für den Bundeshaushaltsplan 1975 ein und legt die mittelfristige Finanzplanung des Bundes bis 1978 vor. Für 1975 ist ein Ausgabenvolumen von 154 Mrd. DM vorgesehen; gegenüber dem Haushaltssoll 1974 bedeutet dies eine Zunahme um 12,9 vH; bleiben die Auswirkungen des Familienlastenausgleichs und der Steuerreform außer Ansatz, ergibt sich für 1975 ein Haushaltssoll von 147,5 Mrd. DM, das um 8 vH über den Haushalt 1974 hinausgeht. Die Nettokreditaufnahme des Bundes ist auf 15,6 Mrd. DM veranschlagt. Die Finanzplanung sieht bis 1978 eine durchschnittliche jährliche Steigerung der Ausgaben um 8,9 vH vor. 7. Sept. Die Bundesbank gibt bekannt, dass Kreditinstitute, die unverschuldet in Liquiditätsschwierigkeiten geraten sind, ihr Mindestreservesoll verringern können; diese Härteregelung wird rückwirkend ab 1. August in die Anweisung über Mindestreserven aufgenommen. 11. Sept. Die Bundesregierung beschließt die Aufhebung der Bardepotpflicht bei Kreditaufnahme im Ausland sowie der Genehmigungspflicht bei Forderungsabtretungen in das Ausland [RB: 11.9.1974; VE: -; IKT: 15.9.1974; BGBl. I 1974 S. 2324]. 12. Sept. Die Bundesbank beteiligt sich an der Gründung einer Liquiditäts-Konsortialbank. Gegenstand des Unternehmens sind Bankgeschäfte mit Kreditinstituten zur Sicherung ihrer Liquidität, um die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Inland und mit dem Ausland zu gewährleisten. 23. Sept. Der Konjunkturrat für die öffentliche Hand begrüßt die Absicht der Bundesregierung, ein von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam zu tragendes Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung zu verwirklichen. Die bisherige Grundlinie der Stabilitätspolitik werde dadurch nicht verlassen. 24. Sept. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die Mittel für das von der Bundesregierung angekündigte Sonderprogramm im wesentlichen aus den Rücklagen zu finanzieren, die aus dem Investitionssteueraufkommen gebildet worden sind. An dem Programm in Höhe von 1 Mrd. DM sollen sich der Bund mit 0,6 Mrd. DM und die Länder mit 0,4 Mrd. DM beteiligen. 132 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 25. Sept. Die Bundesregierung beschließt ein „Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung“ in Höhe von 1 Mrd. DM. Das Programm wird durch die Auflösung der Rücklagen aus dem Aufkommen der Investitionssteuer finanziert, zum Teil auch aus den obligatorischen Konjunkturausgleichsrücklagen der Länder aus den Jahren 1969 und 1970. 26. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Oktober die Senkung der Mindestreservesätze um 8 vH (Liquiditätsfreigabe: 4,1 Mrd. DM). 18. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1974 ein Wirtschaftswachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 7 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH. Für 1975 werden ein Wachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 6 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 23. Okt. Die Bundesregierung beschließt die erste Fortschreibung des Energieprogramms von 1973. Die Versorgungssicherheit soll erhöht und die Krisenvorsorge verstärkt werden. 24. Okt. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 7 auf 6,5% und des Lombardsatzes von 9 auf 8,5% sowie mit Wirkung vom 1. November die Erhöhung der Rediskontkontingente um 2,5 Mrd. DM. 8. Nov. Der Bundestag verabschiedet das Dritte Verstromungsgesetz. Es sieht bis zum Jahr 1990 die Verstromung von durchschnittlich 33 Mill. Tonnen Steinkohle pro Jahr vor. Zur Stützung des Einsatzes von Steinkohle in Kraftwerken wird eine Ausgleichsabgabe der Stromverbraucher („Kohlepfennig“) in Höhe von 3,24 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher ab 1. Januar 1975 eingeführt [RB: 30.1.1974; GE: 16.4.1974/ 10.10.1974; IKT: 18.12.1974, 1.7.1975; BGBl. I 1974 S. 3473]. 20. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1974 vor. Für 1974 prognostiziert er ein Wirtschaftswachstum von ½ vH, eine Preissteigerung von 7½ vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH. Für 1975 prognostiziert er ein Wachstum von 2 vH, eine Preissteigerung von 5½ bis 6 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1½ vH. 5. Dez. Die Bundesbank gibt erstmals ein monetäres Wachstumsziel bekannt: Der Zuwachs der Zentralbankgeldmenge soll 1975 im Jahresverlauf 8 vH betragen. 13. Dez. Die Bundesregierung beschließt ein „Programm zur Förderung von Beschäftigung und Wachstum bei Stabilität“ mit einem Gesamtvolumen von 1,7 Mrd. DM. Das Programm sieht u.a. zusätzliche Ausgaben des Bundes zur Stärkung der Investitionen (1,1 Mrd. DM) sowie für bestimmte Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber und Mobilitätszulagen an Arbeitslose (0,6 Mrd. DM) vor. Zur Finanzierung werden die aus dem Stabilitätszuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer bei der Bundesbank gebildeten Rücklagen (3,5 Mrd. DM) sowie 1974/ 1975 133 der Rest der Rücklage aus der Investitionssteuer (0,1 Mrd. DM) freigegeben; zudem behält sich der Bund vor, die aus dem Aufkommen der Stabilitätsanleihe gebildete Rücklage in Höhe von 2,5 Mrd. DM ganz oder teilweise aufzulösen. Außerdem wird für Anlageinvestitionen in inländischen Betrieben der gewerblichen Wirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft und der freien Berufe eine befristete Investitionszulage von 7,5 vH der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewährt. 17. Dez. Der SVR legt ein Sondergutachten „Zu den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Ölkrise“ vor. 19. Dez. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 6,5 auf 6% und des Lombardsatzes von 8,5 auf 8%. 1975 1. Jan. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung steigt von 1,7 vH des versicherungspflichtigen Entgelts auf 2,0 vH. 3. Jan. Die Bundesbank setzt die Verkaufszinssätze für Geldmarktpapiere mit Ausnahme von Schatz- und Vorratsstellenwechseln mit Wirkung vom 6. Januar um bis zu 0,5 Prozentpunkte herab. 23. Jan. Die Bundesbank erhöht die Rediskontkontingente um 2,5 Mrd. DM. Die Maßnahme ist bis Ende März befristet. 30. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1975 vor. Sie erwartet darin für 1975 ein Wirtschaftswachstum von rd. 2 vH, eine Preissteigerung von rd. 6 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von rd. 1½ vH. 6. Febr. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 6 auf 5,5% und des Lombardsatzes von 8 auf 7,5%. Die Verkaufszinssätze für Geldmarktpapiere werden um bis zu 1 Prozentpunkt herabgesetzt. 12. Febr. Die Bundesbank verkauft zur Glättung der Zinsausschläge am Geldmarkt vorübergehend Schatzwechsel (Mobilisierungs- und Liquiditätspapiere) an die Kreditinstitute. 13. Febr. Die BA gibt bekannt, dass im Januar 1975 die Zahl der registrierten Arbeitslosen die Millionengrenze (1,15 Mill.) überschritten hat. 28. Febr. Die EG und 46 Mitgliedsländer der Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP) unterzeichnen das „Abkommen von Lomé“ (Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat am 10. bzw. 18. Dezember). Es garantiert für fast alle Waren der AKP-Staaten freien Zutritt zum EG-Markt [RB: 17.9.1975; GE: 134 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 10.10.1975; IKT: 31.12.1975, 1.4.1976; BGBl. II 1975 S. 2317, BGBl. II 1976 S. 1010]. 6. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 5,5 auf 5% und des Lombardsatzes von 7,5 auf 6,5%. Die Verkaufszinssätze für Geldmarktpapiere werden um 0,5 Prozentpunkte herabgesetzt. 21. März Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1975 mit einem Ausgabenvolumen von 155,1 Mrd. DM und einer Nettokreditaufnahme von 22,8 Mrd. DM [RB: 4.7.1974; GE: 6.9.1974/ 6.9.1974/ 20.3.1975; IKT: 1.1.1975; BGBl. I 1975 S. 917]. 24. April Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Lombardsatzes von 6,5 auf 6%. 25. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1975 ein Wirtschaftswachstum von 0 bis 1 vH, eine Preissteigerung von 5,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2,5 vH. 10. Mai Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten zur „Indexierung wirtschaftlich relevanter Größen“ vor. 22. Mai Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 5 auf 4,5% und des Lombardsatzes von 6 auf 5,5% sowie der Mindestreserve auf Inlandsverbindlichkeiten um 5 vH ab 1. Juni (Liquiditätsfreigabe: 2,2 Mrd. DM). Außerdem beschließt sie eine Erhöhung der Obergrenze für den Ankauf von Privatdiskonten von 1,1 Mrd. DM auf 1,5 Mrd. DM. 26. Juni Die Verkaufszinssätze für nicht rückgabefähige Finanzierungspapiere des Bundes mit halbjähriger und einjähriger Laufzeit werden mit Wirkung vom 27. Juni gesenkt. 30. Juni Die Investitionszulage in Höhe von 7,5 vH - eine zentrale Maßnahme im Rahmen des „Programms zur Förderung von Beschäftigung und Wachstum bei Stabilität“ vom 12. Dezember 1974 - läuft aus. 3. Juli Die Bundesbank ermäßigt die Mindestreservesätze für Inlands- und Auslandsverbindlichkeiten rückwirkend zum 1. Juli um 10 vH (Liquiditätsfreigabe: 4 Mrd. DM). 5. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt ein Gutachten „Zur Lage und Entwicklung der Staatsfinanzen in der Bundesrepublik“ vor. 10. Juli Frankreich kehrt, nachdem es am 21. Januar 1974 aus dem Blockfloating ausgeschieden war, in den Europäischen Währungsverbund zurück. 11. Juli Bund und Länder einigen sich für die Jahre 1975 und 1976 auf ein neues Beteiligungsverhältnis an der Umsatzsteuer zur Verteilung der finanziellen Lasten der Steuer- und Kindergeldreform. Der Länderanteil sinkt von 38 vH auf 31,75 vH für 1975 und auf 31 vH für 1976. 1975 135 17. Juli Die Bundesbank senkt die Mindestreservesätze für Auslandsverbindlichkeiten auf das Niveau der Sätze für Inlandsverbindlichkeiten (Liquiditätsfreigabe: 1,5 Mrd. DM). 23. Juli Die Bundesbank kauft im Rahmen ihrer Offenmarktgeschäfte von Kreditinstituten Inlandswechsel für zehn Tage zum Diskontsatz (Liquiditätsfreigabe: 0,8 Mrd. DM). 14. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4,5 auf 4% und des Lombardsatzes von 5,5 auf 5%. 17. Aug. Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur konjunkturpolitischen Lage im August 1975“ vor. 27. Aug. Die Bundesregierung legt den Entwurf des Nachtragshaushalts 1975 mit zusätzlichen Ausgaben von 6,3 Mrd. DM und einem zusätzlichen Kreditbedarf von 15,2 Mrd. DM vor. Die Bundesregierung beschließt ein „Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen“. Das Programm sieht zusätzliche Ausgaben für Investitionen, Investitionshilfen sowie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) in Höhe von 5,8 Mrd. DM vor. 4. Sept. Die Bundesregierung hebt in Übereinstimmung mit der Bundesbank den Genehmigungsvorbehalt für die Verzinsung von Ausländerguthaben bei inländischen Banken auf, der am 10. Mai 1971 eingeführt worden war. Außerdem wird der Erwerb von festverzinslichen Wertpapieren durch Ausländer erleichtert. 10. Sept. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1976 und den Finanzplan bis 1979. Gleichzeitig wird ein Gesetzentwurf zum Haushaltsstrukturgesetz beschlossen, der Sparmaßnahmen, u.a. Eingriffe in zahlreiche Leistungsgesetze sowie Anhebung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung von 2 auf 3 vH, vorsieht. Die gesamte Haushaltsentlastung steigt von 7,9 Mrd. DM in 1976 auf 12,5 Mrd. DM in 1979. Zudem verkündet die Bundesregierung ihre Absicht, zum 1. Januar 1977 die Steuern zu erhöhen. Die Anhebung der Mehrwertsteuer - beim Regelsatz von 11 auf 13 vH und beim ermäßigten Satz von 5,5 auf 6,5 vH - sowie Erhöhung der Tabak- und der Branntweinsteuer sollen dem Bund 1977 Mehreinnahmen von 8,2 Mrd. DM und 1979 von 11 Mrd. DM erbringen. 11. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4 auf 3,5% und des Lombardsatzes von 5 auf 4,5%. Die Rediskontkontingente der Kreditinstitute werden um 3 Mrd. DM erhöht. 25. Sept. Der Bundestag verabschiedet einstimmig ein „Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen“ im Umfang von 5,75 Mrd. DM als konjunkturstützende Maßnahme. 26. Sept. Der Bundestag verabschiedet einen Nachtragshaushalt für das Jahr 1975 mit einem Volumen von 6,3 Mrd. DM und einer Aus- 136 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland weitung der Kreditaufnahme um 15,2 Mrd. DM auf 37,9 Mrd. DM. Mit dem Nachtrag soll insbesondere die Möglichkeit zur Aufstockung der Liquiditätshilfe an die BA und der Ausgleich des Rückgangs der Steuereinnahmen geschaffen werden [RB: 27.8.1975; GE: 28.8.1975; IKT: 1.1.1975; BGBl. I 1975 S. 2627]. 17. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1975 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 4 vH, eine Preissteigerung von 6 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 3,5 vH. Für 1976 werden ein Wachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 5,5 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH prognostiziert. 23. Okt. Die Bundesbank stellt die Stützungskäufe am Rentenmarkt ein. Im Rahmen dieser Offenmarktoperationen hatte sie seit Ende Juli für knapp 8 Mrd. DM öffentliche Anleihen gekauft. 15. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten über „Kosten und Preise öffentlicher Unternehmen“ vor. 15.-17. Nov. In Rambouillet (Frankreich) findet der erste Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, der Bundesrepublik, Großbritanniens, Italiens, Japans und der Vereinigten Staaten erörtern gemeinsame wirtschafts- und währungspolitische Probleme. Sie kommen u.a. überein, gestörten Devisenmarktbedingungen und erratischen Wechselkursschwankungen entgegenzuwirken. 18. Nov. Gemäß § 17 des Bundesbankgesetzes werden mit Zustimmung der Bundesbank zeitweilig freie Guthaben des Bundes ins Bankensystem verlagert, um die Zinsausschläge am Geldmarkt zu glätten. 20. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1975 vor. Er prognostiziert für 1975 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 3½ vH, eine Preissteigerung von 6 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 3 vH. Für 1976 prognostiziert er ein Wachstum von 4½ vH, eine Preissteigerung von 5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH, 5. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das „Gutachten über Probleme und Lösungsmöglichkeiten einer Bodenwertzuwachsbesteuerung“ vor. 18. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Haushaltsstrukturgesetz (BT-Beschluss: 12. Dezember; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) nimmt in nahezu allen Bereichen Ausgabenkürzungen, eine Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sowie einen Abbau von Steuervergünstigungen vor, um das Finanzierungsdefizit infolge der weltweiten Rezession zu senken [RB: 10.9.1975; GE: 8.10.1975/ 23.10.1975/ 27.11.1975/ 11.12.1975; IKT: 1.7./ 1.8./ 1.12.1975, 1.1./ 1.4./ 1.7.1976, 1.1.1977, 1.1.1981; BGBl. I 1975 S. 3091]. - Das Finanzausgleichsgesetz (BT-Beschluss: 10. Dezember) senkt den Länderanteil an der Umsatzsteuer in den Jahren 1975 sowie 1976 von 38 vH auf 31,75 bzw. 31,0 vH infolge einer höhe- 1975/ 1976 137 ren finanziellen Belastung des Bundes durch die Steuer- und Kindergeldreform [RB: 3.9.1975; GE: 24.9.1975/ 1.12.1975; IKT: 1.1.1975; BGBl. I 1976 S. 173]. Die Bundesbank setzt die Expansionsrate der Zentralbankgeldmenge für das Jahr 1976 mit 8 vH an. Die Expansionsrate soll sich jedoch auf den Durchschnitt des Jahres 1976 gegenüber dem Durchschnitt des Jahres 1975 und nicht wie für das Jahr 1975 auf die Zunahme im Jahresverlauf beziehen. 1976 1. Jan. Das „Haushaltsstrukturgesetz“ tritt in Kraft. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung steigt von 2 auf 3 vH des versicherungspflichtigen Entgelts. 7.-8. Jan. In Kingston (Jamaica) beschließt der IWF die Grundsätze für eine neue Währungsordnung, die u.a. die währungspolitische Rolle des Goldes einschränkt. Die Zentralbanken haben künftig die Möglichkeit, Gold zu Marktpreisen zu kaufen; die Verpflichtung, bestimmte Zahlungen an den IWF in Gold zu leisten, entfällt. Ferner wird es den Mitgliedsländern freigestellt, zu einem System flexibler Wechselkurse überzugehen. 28. Jan. Die Bundesregierung beschließt ein Sonderprogramm für zusätzliche Arbeitsförderungsmaßnahmen sowie Maßnahmen für jugendliche und schwer vermittelbare Arbeitslose in Höhe von 0,3 Mrd. DM. 30. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1976 vor. Sie erwartet darin für 1976 ein Wirtschaftswachstum von 4 bis 5 vH, eine Preissteigerung von 5 bis 4½ vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von rd. 1 vH. 15. März Frankreich scheidet abermals aus dem Europäischen Währungsverbund aus. Der EG-Ministerrat beschließt erstmalig die Begebung einer „Gemeinschaftsanleihe“ in Höhe von 1,3 Mrd. US-$, die von den Mitgliedsländern garantiert wird. 18. März Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer“. Es legt die Zusammensetzung des Aufsichtsrates und des Vorstandes fest und regelt die Wahl der Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder von Kapitalgesellschaften mit mehr als 2 000 Beschäftigten [RB: 20.2.1974; GE: 29.4.1974/ 18.2.1976; IKT: 1.7.1976; BGBl. I 1976 S. 1153]. Die Bundesbank senkt die Verkaufszinssätze für Finanzierungsschätze des Bundes mit Wirkung vom 22. März. 30. März Die Bundesbank stellt die zeitweiligen Verlagerungen der freien Guthaben des Bundes in das Bankensystem (§17-Geschäfte), mit deren Hilfe seit Ende 1975 die Zinsausschläge am Geldmarkt geglättet wurden, ein. 1. April Der „Kohlepfennig“ wird von 3,24 auf 4,5 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher angehoben. 138 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 9. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (12. Februar) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes“ zu, das die Einführung eines einjährigen Verlustrücktrags für Verluste bis zu 5 Mill. DM erstmals für den Veranlagungszeitraum 1975 vorsieht [RB: -; GE: 21.5.1975/ 21.1.1976/ 29.1.1976; IKT: 25.4.1976; BGBl. I 1976 S. 1054]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1976 ein Wirtschaftswachstum von 5,5 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. 4. Mai Die Bundesbank beschließt rückwirkend zum 1. Mai die Erhöhung der Mindestreservesätze für alle reservepflichtigen Verbindlichkeiten der Kreditinstitute um 5 vH und mit Wirkung ab 1. Juni um weitere 5 vH (Liquiditätsentzug: 4 Mrd. DM). 13. Mai Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und des Gesetzes über das Branntweinmonopol“, wodurch zum Jahreswechsel die Steuersätze auf Branntwein sowie Tabak auf 20 bzw. 18 vH angehoben werden (Steuermehreinnahmen: 1,3 Mrd. DM) [RB: 10.9.1975; GE: 23.12.1975/ 30.4.1976; IKT: 9.7.1976, 1.1.1977; BGBl. I 1976 S. 1770]. 20. Mai Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Im Haushaltsgesetz 1976 sind die Ausgaben von 164,0 Mrd. DM um 5 vH höher angesetzt als das Ist von 1975; das Finanzierungsdefizit wird auf 32,7 Mrd. DM veranschlagt [RB: 28.8.1975; GE: 17.10.1975/ 13.4.1976; IKT: 1.1.1976; BGBl. I 1976 S. 1381]. - Gegen den Einspruch des Bundesrates (14. Mai) wird die dritte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen verabschiedet, das u.a. eine Verschärfung der Fusionskontrolle im Pressesektor vorsieht, wodurch auch kleinere Unternehmenszusammenschlüsse der Kontrolle unterliegen, was die Pressevielfalt und die Informationsfreiheit absichern soll [RB: -; GE: 11.12.1974/ 18.2.1976; IKT: 28.1.1976; BGBl. I 1976 S. 1697]. 4. Juni Der Bundesrat lehnt die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 11 auf 13 vH (ermäßigter Steuersatz von 5,5 auf 6,5 vH) zum 1. Januar 1977 ab. 25. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (10. Juni) verabschiedeten „Körperschaftsteuerreformgesetz“ zu, das am 1. Januar 1977 wirksam werden soll. Damit wird die Doppelbelastung der ausgeschütteten Gewinne von Körperschaften mit Körperschaft- und Einkommensteuer beseitigt. Ausgeschüttete Gewinne der Kapitalgesellschaften werden mit einem Steuersatz von 36 vH statt bisher von 15 vH belastet. Die höhere Belastung wird aber in Form von Steuergutschriften auf die Steuerschuld des Anteilseigners angerechnet. Zudem wird der Satz für einbehaltene Gewinne von 51 auf 56 vH erhöht [RB: -; GE: 9.1.1974/ 3.6.1976; IKT: 8.9.1976; BGBl. I 1976 S. 2597]. 28.-29. Juni In San Juan (Puerto Rico) findet der zweite Weltwirtschaftsgipfel statt. Zu den am ersten Gipfel im Jahre 1975 in Rambouillet beteiligten Ländern tritt Kanada hinzu. Die 1976 139 sieben Staaten (G7-Staaten) räumen der Eindämmung von Inflation eine höhere Priorität ein als der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. 29. Juni Die Bundesbank bietet ab 1. Juli U-Schätze des Bundes, die nicht vor Fälligkeit zurückgenommen werden, mit Laufzeiten von ein bis zwei Jahren zu erhöhten Zinssätzen an. 2. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das „Gutachten zur Aussagefähigkeit staatswirtschaftlicher Quoten“ vor. Ende August Die Bundesbank setzt ihre im Frühjahr des Jahres aktivierte Offenmarktpolitik am Rentenmarkt fort. Sie verringert ihren Bestand an öffentlichen Anleihen durch forcierte Abgaben bis Ende November um rund 4,5 Mrd. DM. 3. Okt. Bei den Wahlen zum achten Deutschen Bundestag erzielen die Unionsparteien mit 48,6 vH den größten Stimmenanteil (CDU: 38,0 vH; CSU: 10,6 vH). Die SPD erreicht 42,6 vH und die FDP 7,9 vH der Wählerstimmen. Zwar erleiden die bisherigen Regierungsparteien, SPD und FDP, Stimmenverluste, behaupten jedoch ihre absolute Mehrheit, so dass sie weiterhin die Regierung stellen können. Bei dieser Wahl galt für das passive Wahlrecht erstmals ein Mindestalter von 18 Jahren. 17. Okt. Die Mitgliedsländer des Europäischen Währungsverbundes einigen sich auf neue Leitkurse ihrer Währungen. Für die D-Mark ergeben sich folgende Aufwertungssätze: gegenüber dem Holländischen Gulden sowie dem Belgischen Franc und dem Luxemburgischen Franc 2 vH, gegenüber der Norwegischen Krone sowie der Schwedischen Krone 3 vH und gegenüber der Dänischen Krone 6 vH. 21. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1976 ein Wirtschaftswachstum von 6 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1977 prognostiziert sie ein Wachstum von 5,5 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 22. Okt. Die Bundesbank verkauft zur Glättung der Zinsausschläge am Geldmarkt vorübergehend U-Schätze an die Kreditinstitute. Von diesen Titeln, die nicht in die Geldmarktregulierung einbezogen sind, werden bis zum Jahresende rund 2,5 Mrd. DM abgegeben. 10. Nov. Die Bundesregierung verabschiedet ein arbeitsmarktpolitisches Programm, mit dem für ABM, Berufsbildungsmaßnahmen für Jugendliche sowie Mobilitäts- und Eingliederungshilfen 0,4 Mrd. DM bereitgestellt werden. 19. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1976/ 77 vor. Er prognostiziert für 1976 ein Wirtschaftswachstum von 5½ vH, eine Preissteigerung von 4½ vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen um 1 vH. Für 1977 werden ein Wachstum von 4½ vH, eine Preissteigerung von 4 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH prognostiziert. 140 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 20. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Fragen einer neuen Weltwirtschaftsordnung“ vor. 15. Dez. Helmut Schmidt wird vom Bundestag erneut zum Bundeskanzler gewählt und legt seinen Amtseid ab. Am Folgetag erfolgt die Vereidigung des Bundeskabinetts, das aus elf Ministern der SPD sowie vier Ministern der FDP besteht. Hans Apel bleibt Finanzminister und Hans Friderichs Wirtschaftsminister; Dr. Herbert Ehrenberg (SPD) übernimmt das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung. 16. Dez. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für 1977 eine Zunahme der Zentralbankgeldmenge um jahresdurchschnittlich 8 vH gegenüber dem Jahresdurchschnitt von 1976, was bei stetiger monetärer Entwicklung einer Zunahme der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1976 zum 4. Vj. 1977 um 6 bis 7 vH entspricht. 1977 1. Jan. Die Körperschaftsteuerreform sowie die Erhöhung der Tabaksteuer und der Branntweinsteuer treten in Kraft. Die Ergänzungsabgabe von 3 vH der Körperschaftsteuerschuld entfällt. 26. Jan. Die Bundesregierung beschließt den Haushaltsentwurf 1977 und den Finanzplan bis 1980. Das geplante Haushaltsvolumen 1977 ist mit 171,8 Mrd. DM rd. 4,5 vH höher veranschlagt als die Ausgaben des Bundes im Vorjahr (einschl. der Ausgaben für die Konjunkturprogramme). Der Ausgabenanstieg ist für 1978 auf 7,5 vH, für 1979 und 1980 auf jeweils 6 vH veranschlagt. Die Nettokreditaufnahme soll bis 1980 von 22,8 Mrd. DM stufenweise auf 15,5 Mrd. DM abgebaut werden. 28. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1977 vor. Sie erwartet darin für 1977 ein Wirtschaftswachstum von rd. 5 vH, eine Preissteigerung von unter 4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von rd. ½ vH. 3. Febr. Die Bundesbank ändert mit Wirkung vom 1. März die Berechnung der Mindestreserven: Das System der Reserveklassen, für die unterschiedliche Reservesätze galten, wird durch eine einheitliche progressive Staffelung der Sätze ersetzt. Aufgrund dieser Änderung ermäßigt sich das Reserve- Soll um rd. 1 Mrd. DM. 18. Febr. Die Bundesbank senkt die Verkaufszinssätze für nicht vor Fälligkeit rückgebbare U-Schätze mit Wirkung vom 21. Februar um 0,1 Prozentpunkte. 3. März Die Bundesbank erhöht mit Wirkung vom 4. März die Rediskontkontingente der Kreditinstitute um 2,5 Mrd. DM. 9. März Die Bundesbank kauft Handelswechsel mit Rückkaufvereinbarung (Wechsel-Pensionsgeschäfte) am offenen Markt zu einem Zinssatz von 4% an. 1977 141 17. März Die Bundesbank senkt die Verkaufszinssätze für U-Schätze mit Wirkung vom 21. März um 0,1 Prozentpunkte. 23. März Die Bundesregierung beschließt ein „Mehrjähriges öffentliches Investitionsprogramm zur wachstums- und umweltpolitischen Vorsorge (Programm für Zukunftsinvestitionen)“ im Umfang von 16 Mrd. DM während vier Jahren, von denen 8,2 Mrd. DM auf den Bund, 3,4 Mrd. DM auf die Länder, 2,1 Mrd. DM auf die Gemeinden und 2,3 Mrd. DM auf sonstige Träger entfallen. Für öffentliche Investitionen im Verkehrswesen sind 3,7 Mrd. DM, in der Energieversorgung 1,3 Mrd. DM, in der Wasserwirtschaft 4,1 Mrd. DM, für eine bessere Wohnumwelt 4 Mrd. DM und für die Berufsbildung 0,6 Mrd. DM vorgesehen. Im laufenden Jahr sollen bereits Aufträge für 3,5 Mrd. DM erteilt werden. 1. April Neufestsetzung der Wechselkurse der skandinavischen Währungen im Europäischen Wechselkursverbund durch Abwertung der Schwedischen Krone um 6 vH, der Dänischen Krone und der Norwegischen Krone um je 3 vH mit Wirkung vom 4. April 1977. 5. April Die Bundesbank senkt mit Wirkung vom 7. April die Verkaufszinssätze für U-Schätze um 0,25 Prozentpunkte. 26. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1977 ein Wirtschaftswachstum von 4,5 vH, eine Preissteigerung von 4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 29. April Die Finanzminister des Bundes und der Länder beschließen Veränderungen bei der Kraftfahrzeugsteuer. Lastzugbesitzer werden entlastet, Zivilbeschädigte den Kriegsversehrten gleichgestellt. Um die Steuerausfälle auszugleichen, wird die Kraftfahrzeugsteuer von 14,40 DM auf 15,00 DM je 100 ccm Hubraum erhöht. 7.-8. Mai In London (Vereinigtes Königreich) findet der dritte Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Vereinigten Staaten fordern die Länder mit starker Zahlungsbilanzposition (Bundesrepublik und Japan) auf, eine expansive Wirtschaftspolitik zur Ankurbelung der Weltwirtschaft zu betreiben. 18. Mai Die Bundesbank senkt mit Wirkung vom 1. Juni die Mindestreservesätze um 5 vH (Liquiditätsfreigabe: 2,3 Mrd. DM). Außerdem werden die Rediskontkontingente der Kreditinstitute um 2,5 Mrd. DM erhöht. Die Wechsel-Pensionsgeschäfte werden dagegen zum 31. Mai eingestellt. 25. Mai Die Bundesregierung beschließt ein Paket von Maßnahmen zur Stützung der Bauwirtschaft und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Schwerpunkte sind die Verlängerung des Regionalprogramms für den sozialen Wohnungsbau um ein Jahr bis Ende 1978 und die Aufstockung der Mittel für 1977 um 0,7 Mrd. DM auf fast 2 Mrd. DM. Außerdem sollen 0,6 Mrd. DM für ABM zur Eingliederung von Problemgruppen unter den Arbeitslosen bereitgestellt werden. Das Bundesverfassungsgericht verkündet in seinem Urteil, dass die Verausgabung von 2 Mrd. DM überplanmäßiger und au- 142 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland ßerplanmäßiger Ausgaben des Bundes Ende 1973 eine Verletzung des Art. 110 GG darstellt [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 25.5.1977, 2 BvE 1/ 74]. 1. Juni Dr. Otmar Emminger folgt Karl Klasen als Präsident der Deutschen Bundesbank. 24. Juni Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude“ (BT-Beschluss: 27. Mai) dehnt die Abschreibungsbegünstigung des § 7b EStG und die Grunderwerbsteuerfreiheit auf bestehenden Immobilien aus, wodurch Umschichtungen im Wohnungsbestand begünstigt werden sollen [RB: 2.3.1977; GE: 14.4.1977/ 16.5.1977; IKT: 15.7.1977; BGBl. I 1977 S. 1213]. - Das Krankenversicherung-Kostendämpfungsgesetz (BT-Beschluss: 23. Juni; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) soll vor allem den Anstieg der Ausgaben für ärztliche Leistungen und Arzneimittel begrenzen [RB: 16.2.1977; GE: 11.3.1977/ 28.4.1977/ 20.6.1977; IKT: 1.7.1977, 1.1.1978; BGBl. I 1977 S. 1069]. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1977. Die Ausgaben werden mit 171,3 Mrd. DM um 6 vH höher angesetzt als das Ist von 1976. Das Finanzierungsdefizit wird auf 21,1 Mrd. DM veranschlagt [RB: 26.1.1977; GE: 18.2.1977/ 15.4.1977/ 23.6.1977; IKT: 1.1.1977; BGBl. I 1977 S. 1401]. Der Bundestag verabschiedet gegen den Einspruch des Bundesrates den Vermittlungsvorschlag zum „Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung“. Es werden u.a. der Termin der nächsten Rentenanpassung vom 1. Juli 1978 auf den 1. Januar 1979 verschoben, die allgemeine Bemessungsgrundlage der GRV an die Entwicklung der Löhne und Gehälter angepasst sowie ein von der BA zu zahlender Rentenversicherungsbeitrag für Arbeitslose eingeführt [RB: 16.2.1977; GE: 11.3.1977/ 26.4.1977/ 20.6.1977; IKT: 1.1./ 1.7.1977, 1.1./ 1.2./ 1.7. 1978, 1.1.1979, 1.1.1980; BGBl. I 1977 S. 1040, 1744]. 28. Juni Die Bundesbank senkt die Verkaufszinssätze für U-Schätze mit Wirkung vom 1. Juli um 0,25 Prozentpunkte. Bund und Länder beschließen Verwaltungsvereinbarungen über Finanzhilfen des Bundes an Länder und Gemeinden im Rahmen des „Programms für Zukunftsinvestitionen“. 1. Juli Bund und Länder einigen sich auf eine Beibehaltung des Umsatzsteuer-Verteilungsschlüssels von 69: 31. Im Jahr 1978 soll das Verhältnis auf 67,5: 32,5 geändert werden. In beiden Jahren gewährt der Bund den finanzschwachen Ländern Ergänzungszuweisungen in Höhe von 1,5 vH des Umsatzsteueraufkommens. 4. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Rationalisierungsinvestitionen“ vor. 5. Juli Die Bundesbank kauft wieder Handelswechsel mit vereinbartem Rückkauf nach 10 Tagen an (Zinssatz: 4%). 7. Juli Der Finanzplanungsrat berät über den Vollzug der Haushalte von Bund, Ländern 1977 143 und Gemeinden im Jahre 1977 sowie über die Haushaltspläne für 1978 und erörtert die Auswirkungen des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 25. Mai 1977 zur Leistung über- und außerplanmäßiger Ausgaben zu Lasten des Bundeshaushalts 1973. 14. Juli Die Bundesbank senkt mit Wirkung zum Folgetag den Lombardsatz von 4,5 auf 4%. Gleichzeitig wird der Zinssatz für die Offenmarktgeschäfte mit Rückkaufvereinbarung von 4 auf 3,75% ermäßigt. 15. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag (16. Juni) verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Das Steueränderungsgesetz 1977 sieht ab 1. Januar 1978 u.a. folgende Maßnahmen vor: Erhöhung der Mehrwertsteuersätze auf 12 bzw. 6 vH (Mehreinnahmen 1978: 5,3 Mrd. DM) und nicht - wie ursprünglich geplant - auf 13 und 6,5 vH; Entlastung bei der Lohn- und Einkommensteuer durch Erhöhung der Sonderausgabenhöchstbeträge von 1 800 DM auf 2 100 DM und Anhebung der Vorsorgepauschale von 16 auf 18 vH (Mindereinnahmen 1978: 1,3 Mrd. DM); Senkung der Vermögensteuersätze bei natürlichen Personen von 0,7 auf 0,5 vH und bei juristischen Personen von 1,0 auf 0,7 vH (Mindereinnahmen 1978: 1,4 Mrd. DM); Gewerbesteuerentlastung durch Erhöhung der Freibeträge von 15 000 DM auf 24 000 DM bei der Gewerbeertragsteuer und von 9 000 DM auf 60 000 DM bei der Lohnsummensteuer und Ersetzung der bisherigen Freigrenze von 6 000 DM durch einen Freibetrag von 60 000 DM bei der Gewerbekapitalsteuer (Mindereinnahmen 1978: 0,7 Mrd. DM); Leistungsverbesserung des Familienlastenausgleichs durch Erhöhung des Kindergeldes für das zweite Kind von 70 DM auf 80 DM und für das dritte und jedes weitere Kind von 120 DM auf 150 DM monatlich (Mehrausgaben 1978: 1,8 Mrd. DM) [RB: 23.3.1977; GE: 16.4.1977/ 31.5.1977; IKT: 21.8.1977, 1.1.1978, 1.1.1980; BGBl. I 1977 S. 1586]. - Die vierte Novelle des Zweiten Wohngeldgesetzes hebt ab dem Jahreswechsel den Wohngeldanspruch an (Mehrausgaben 1978: 0,49 Mrd. DM; ab 1979: 0,7 Mrd. DM) [RB: 16.2.1977; GE: 14.4.1977/ 27.5.1977; IKT: 1.7.1977, 1.1.1978; BGBl. I 1977 S. 1629]. 27. Juli Die Bundesbank senkt den Zinssatz für Wechselpensionsgeschäfte von 3,75 auf 3,5%. 25. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. September die Senkung der Mindestreservesätze um 10 vH (Liquiditätsfreigabe: 4,5 Mrd. DM). Außerdem werden die Rediskontkontingente der Kreditinstitute um 2 Mrd. DM erhöht. 26. Aug. Die Verkaufszinssätze für U-Schätze werden, nach Laufzeiten differenziert, um 0,15 bis 0,35 Prozentpunkte gesenkt. 28. Aug. Schweden scheidet mit Wirkung zum Folgetag aus dem Europäischen Währungsverbund aus; gleichzeitig werden die Dänische Krone und die Norwegische Krone um je 5 vH abgewertet. 6. Sept. Die Bundesbank stellt die Wechselpensionsgeschäfte ein. 144 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 14. Sept. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Haushaltsplanes für das Jahr 1978. Mit 188,6 Mrd. DM liegen die Ausgaben um 10,1 vH über dem Ansatz für 1977. Der Finanzierungssaldo wird auf 27,8 Mrd. DM veranschlagt. Gleichzeitig wird der Finanzplan des Bundes bis 1981 vorgelegt. In den Jahren 1979 bis 1981 sollen die Ausgaben um jeweils 6 vH steigen. Der Finanzierungssaldo soll bis 1981 auf 25 Mrd. DM zurückgeführt werden. Die Bundesregierung beschließt Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung, die vor allem im „Entwurf eines Gesetzes zur Steuerentlastung und Investitionsförderung“ enthalten sind: Anhebung des Weihnachtsfreibetrages für Arbeitnehmer von 100 DM auf 400 DM, Erhöhung des Grundfreibetrages bei der Einkommensteuer um 510/ 1 020 DM (Ledige/ Verheiratete), Erweiterung der degressiven Abschreibung (Mindereinnahmen 1977: 1,5 Mrd. DM; 1978: 7 Mrd. DM). Ferner wird ein von Bund und Ländern je zur Hälfte zu tragendes Programm zur Energieeinsparung mit einem Volumen von 4,5 Mrd. DM für die Zeit von 1978 bis 1981 vorgeschlagen. 23. Sept. Die Bundesbank nimmt die Wechselpensionsgeschäfte zu einem Zinssatz von 3,5% wieder auf. 7. Okt. Nach dem Rücktritt von Hans Friderichs wird Dr. Otto Graf Lambsdorff (FDP) am gleichen Tag als Bundeswirtschaftsminister im Bundestag vereidigt. 21. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1977 ein Wirtschaftswachstum von 3 vH, eine Preissteigerungsrate von 4 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für 1978 werden ein Wachstum von 4 vH, eine Preissteigerungsrate von 4 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen um 0,5 vH prognostiziert. 3. Nov. Die Bundesbank stellt die Wechselpensionsgeschäfte wieder ein. 4. Nov. Der Bundesrat und der Bundestag (27. Oktober) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Steuerentlastung und Investitionsförderung“. Die Maßnahmen umfassen Entlastungen bei der Lohn- und Einkommensteuer durch Verbesserung oder Einführung von Freibeträgen: Anhebung des Weihnachtsfreibetrages für Arbeitnehmer von 100 DM auf 400 DM bereits für 1977 (Mindereinnahmen 1977: 1,5 Mrd. DM, 1978: 2,2 Mrd. DM); Erhöhung des Grundfreibetrages von 3 000 DM auf 3 300 DM für Ledige bzw. von 6 000 DM auf 6 600 DM für Verheiratete zum 1. Januar 1978 (Mindereinnahmen 1978: 1,9 Mrd. DM); Einführung eines allgemeinen Tariffreibetrages von 510/ 1 020 DM (Ledige/ Verheiratete) zum 1. Januar 1978 (Mindereinnahmen 1978: 4,6 Mrd. DM). Überdies werden Entlastungen bei der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer durch Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten vorgenommen: Anhebung der degressiven Abschreibungssätze für die Abnutzung des beweglichen Anlagevermögens auf das Zweieinhalbfache, höchstens jedoch 25 vH der linearen Sätze (Mindereinnahmen 1978: 1,5 Mrd. DM); Wiedereinführung der degressiven Abschreibungssätze für die Abnutzung von Gebäuden (Mindereinnahmen 1978: 0,2 Mrd. DM) [RB: -; GE: 13.9.1977/ 1977/ 1978 145 14.9.1977/ 4.10.1977/ 20.10.1977; IKT: 9.11.1977; BGBl. I 1977 S. 1965]. 12. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Aktuelle Probleme der Beschäftigungspolitik“ vor. 18. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1977/ 78 vor. Er prognostiziert für 1977 ein Wirtschaftswachstum von 2½ vH, eine Preissteigerung von 4 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen um ½ vH. Für 1978 prognostiziert er ein Wachstum von 3½ vH, eine Preissteigerung von 3½ vH und eine unveränderte Zahl von Erwerbstätigen. 14. Dez. Die Bundesregierung beschließt die zweite Fortschreibung des Energieprogramms. Danach soll die heimische Kohle vorrangig genutzt werden. 15. Dez. Die Bundesbank beschließt die Senkung des Diskontsatzes von 3,5 auf 3% und des Lombardsatzes von 4 auf 3,5% mit Wirkung zum Folgetag sowie die Erhöhung der Mindestreservesätze auf Auslandsverbindlichkeiten zum 1. Januar 1978 für Sichtverbindlichkeiten von 12,75 auf 20 vH, für befristete Verbindlichkeiten von 8,95 auf 15 vH und für Spareinlagen von 5,65 auf 10 vH. Außerdem beschließt sie die Einführung einer gesonderten 80-prozentigen Mindestreserve auf den Zuwachs der Auslandsverbindlichkeiten gegenüber dem Durchschnittsstand in der Periode vom 16. September bis 15. Dezember 1977 ab 1. Januar 1978. Ebenso beschließt sie als Geldmengenziel für 1978 eine Zunahme der Zentralbankgeldmenge gegenüber 1977 um durchschnittlich 8 vH. 1978 1. Jan. Das „Steueränderungsgesetz 1977“ und wichtige Teile des Gesetzes zur Steuerentlastung und Investitionsförderung treten in Kraft. 4. Jan. Die Verkaufszinssätze für U-Schätze werden, nach Laufzeit differenziert, um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte gesenkt. Die Deutsche Bundesbank und das Schatzamt der Vereinigten Staaten vereinbaren, dass die Bundesbank dem Währungsstabilisierungsfonds des Schatzamtes eine Kreditlinie zum Zwecke der Intervention am Dollar-Markt einräumt. Diese Kreditlinie tritt zu der bereits bestehenden gegenseitigen Kreditvereinbarung hinzu. 19. Jan. Die Bundesbank beschließt, dass die Kreditinstitute ab 1. März ihre Bestände an inländischen gesetzlichen Zahlungsmitteln auf die Mindestreserve anrechnen können. Zugleich entfällt aber das Nebenplatzprivileg; Einlagen bei Kreditinstituten an Banknebenplätzen werden nicht mehr mit niedrigeren Reservesätzen belegt. Zum Ausgleich der damit verbundenen liquiditätsmäßigen Entlastung werden die Reservesätze auf Inlandsverbindlichkeiten um 8 vH erhöht. 25. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1978 vor. Sie erwartet darin für 1978 ein Wirtschaftswachstum und eine Preissteigerung von je rd. 3½ vH sowie eine unveränderte Zahl von Erwerbstätigen. 27. Jan. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1978. Die Ausgaben werden mit 146 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 188,7 Mrd. DM um 10,4 vH höher angesetzt als das Ist von 1977; das Finanzierungsdefizit wird auf 31,3 Mrd. DM veranschlagt [RB: -; GE: 30.9.1977/ 15.12.1977/ 26.1.1978; IKT: 1.1.1978; BGBl. I 1978 S. 285]. 10. Febr. Die Norwegische Krone wird im Europäischen Wechselkursverbund mit Wirkung vom 13. Februar um 8 vH abgewertet. 16. Febr. Im Rahmen einer Kabinettsumbildung übernimmt der bisherige Bundesfinanzminister Hans Apel das Verteidigungsressort; neuer Finanzminister wird der bisherige Bundesforschungsminister Hans Matthöfer (SPD). 10. März Die Bundesbank kauft bis zum 16. Juni zur Stützung des Geldmarktes wieder Handelswechsel mit vereinbartem Rückkauf nach zehn Tagen zu einem Zinssatz von 3,25% an. 13. März Die Bundesbank und die Zentralbank der Vereinigten Staaten vereinbaren, ihre bestehende gegenseitige Swap-Kreditlinie um 2 Mrd. US-$ auf 4 Mrd. US-$ zu erhöhen. Gleichzeitig wird vom Schatzamt der Vereinigten Staaten der Verkauf von 0,6 Mrd. SZR an die Bundesbank zur Beschaffung von D-Mark vorgesehen. 16. März Die Bundesbank senkt die Zinssätze für nicht vor Fälligkeit rückgebbare U-Schätze je nach Laufzeit noch einmal um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte. 20. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1978 ein Wirtschaftswachstum von 2,5 vH, eine Preissteigerung von 3 vH und einen Rückgang der Beschäftigung von 0,5 vH. 18. Mai Die Bundesbank senkt zum 1. Juni die Mindestreservesätze für Auslandsverbindlichkeiten auf den Stand, der für Inlandsverbindlichkeiten gilt, und ermäßigt die Sätze für Inlands- und Auslandsverbindlichkeiten um 7 vH. Außerdem wird die Zuwachsmindestreserve auf Auslandsverbindlichkeiten aufgehoben (Liquiditätsfreigabe: 4,5 Mrd. DM). 1. Juni Die Bundesbank überprüft ihr Geldmengenziel für 1978. Sie beschließt, das stark beschleunigte Wachstum der Geldmenge und die damit verbundene Überschreitung des Geldmengenziels hinzunehmen. Die Gefahr eines Preisauftriebs wegen der starken Aufwertung der D-Mark schätzt sie als gering ein. 8. Juni Der Bundestag verabschiedet das 21. Rentenanpassungsgesetz, das aufgrund der schlechten Finanzverfassung der GRV eine vorübergehende Abkehr von der bruttolohnbezogenen Rentenanpassung - die Renten werden zum 1. Januar 1979 um 4,5 vH sowie zum 1. Januar 1980 und 1981 um 4 vH angehoben - sowie die Erhöhung des Beitragssatzes zur GRV zum 1. Januar 1981 von 18 auf 18,5 vH vorsieht [RB: 8.3.1978; GE: 24.4.1978/ 10.5.1978; IKT: 19.10.1972, 1.7./ 1.8.1978, 1.1.1979, 1.1./ 1.12.1981, 1.1.1982; BGBl. I 1978 S. 1089]. 1978 147 14. Juni Der Bundestag verabschiedet einen Nachtragshaushalt mit Mehrausgaben von 0,9 Mrd. DM (Aufstockung der Kokskohlebeihilfe, Investitionshilfen für den Bergbau), die durch Einsparungen an anderer Stelle gedeckt werden [RB: 10.5.1978; GE: 12.5.1978/ 9.6.1978; IKT: 1.1.1978; BGBl. I 1978 S. 1241]. 19. Juni Die Bundesbank stellt die Wechselpensionsgeschäfte ein. Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur wirtschaftlichen Lage im Juni 1978“ vor. 23. Juni Der Bundesrat und der Bundestag (22. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über eine Novelle zum Wohnungsmodernisierungsgesetz (1. Energiesparprogramm). Danach werden heizenergiesparende Investitionen in den nächsten fünf Jahren mit insgesamt 4,4 Mrd. DM gefördert, von denen 2,4 Mrd. DM auf direkte Zuschüsse und 2 Mrd. DM auf einkommensteuerliche Abschreibungserleichterungen entfallen [RB: 12.4.1978; GE: 7.4.1978/ 27.4.1978/ 19.6.1978; IKT: 1.7.1978; BGBl. I 1978 S. 878]. 29. Juni Die Bundesbank erhöht mit Wirkung vom 1. Juli die Rediskontkontingente der Kreditinstitute um 3 Mrd. DM. 6.-7. Juli In Bremen wird beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der EG beschlossen, einen neuen europäischen Währungsverbund einzuführen. 16.-17. Juli In Bonn findet der vierte Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Teilnehmer verpflichten sich zu Maßnahmen zur Belebung der Weltwirtschaft. Die Bundesregierung sagt zu, bis zu 1 vH des BSP zusätzlich für konjunkturanregende Maßnahmen auszugeben. 26. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1979 und die Finanzplanung bis 1982. Im Jahre 1979 übersteigt danach das Haushaltsvolumen mit 204,6 Mrd. DM das Soll von 1978 um 8,4 vH; die Nettokreditaufnahme wird auf 35,5 Mrd. DM angesetzt. Die Ausgaben sollen 1980 um 6 vH, 1981 um 5 vH und 1982 um 4,5 vH gesteigert werden; das Defizit soll bis 1982 auf 30,5 Mrd. DM zurückgeführt werden. 28. Juli Die Bundesregierung beschließt im Anschluss an den „Bonner Weltwirtschaftsgipfel“ (16.-17. Juli) Maßnahmen zur Stärkung der Nachfrage und zur Verbesserung des Wirtschaftswachstums: u.a. Entlastungen bei Einkommensteuer (u.a. durch Änderung des Einkommensteuertarifs ab 1. Januar 1979; Mindereinnahmen 1979: 10,5 Mrd. DM), die Erhöhung des Kindergeldes (Mehrausgaben 1979: 1,5 Mrd. DM) sowie Abschaffung der Lohnsummensteuer und Entlastungen bei der Gewerbeertragsteuer ab 1. Januar 1980 (Mindereinnahmen 1980: 3 Mrd. DM). Um die Haushaltsbelastung zu begrenzen, sollen die Mehrwertsteuersätze ab 1. Juli 1979 von 12 auf 13 vH und von 6 auf 6,5 vH angehoben werden (Mehreinnahmen 1979: 2,5 Mrd. DM). 8. Sept. Die Bundesbank hebt die Verkaufszinssätze für U-Schätze je nach Laufzeit um 0,4 bzw. 0,75 Prozentpunkte an. 148 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 22. Sept. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (21. September) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes und anderer Gesetz“ zu. Darin ist u.a. eine Verdoppelung des Zulagensatzes von 7,5 auf 15 vH für begünstigte Investitionsaufwendungen im Bereich der Forschungs- und Entwicklungszulagen bis zur Höhe von 500 000 DM im Wirtschaftsjahr vorgesehen [RB: -; GE: 5.1.1978/ 2.5.1978/ 15.6.1978/ 7.9.1978; IKT: 1.11.1978; BGBl. I 1978 S. 1693]. 28. Sept. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das „Gutachten zur Schuldenstrukturpolitik des Staates“ vor. 16. Okt. Die Mitgliedsländer des Europäischen Währungsverbundes einigen sich auf neue Leitkurse ihrer Währungen. Die D-Mark wertet gegenüber dem Belgischen Franc und dem Holländischen Gulden um jeweils 2 vH und gegenüber der Dänischen und der Norwegischen Krone um jeweils 4 vH auf. 19. Okt. Die Bundesbank erhöht zum 1. November 1978 die Mindestreservesätze um 9 vH (Liquiditätsentzug: 4,5 Mrd. DM). 20. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1978 ein Wirtschaftswachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und eine unveränderte Zahl von Erwerbstätigen. Für 1979 werden ein Wachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 3,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 1. Nov. Die Vereinigten Staaten verkünden ein umfassendes Programm zur Dollarstützung und Wiederherstellung geordneter Verhältnisse auf dem Devisenmarkt. Es sieht u.a. vor, dass sich die Vereinigten Staaten durch eine IWF-Ziehung und den Verkauf von SZR an die Bundesbank sowie durch die Aufnahme von DM-Anleihen am deutschen Kapitalmarkt D-Mark beschaffen. Außerdem vereinbaren die Bundesbank und die Zentralbank der Vereinigten Staaten eine weitere Aufstockung der gegenseitigen Swap-Kreditlinie um 2 Mrd. US-$ auf 6 Mrd. US-$. 19. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1978/ 79 vor. Er prognostiziert für 1978 ein Wirtschaftswachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 2½ vH und eine unveränderte Zahl von Erwerbstätigen. Für 1979 prognostiziert er ein Wachstum von 3½ bis 4 vH, eine Preissteigerung von 2½ vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. 24. Nov. Der Bundesrat und der Bundestag (17. November) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Steueränderungsgesetz 1979 und setzen damit das infolge des Bonner Weltwirtschaftsgipfels (16.-17. Juli) von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmenpaket zur Stärkung der Nachfrage und des Wirtschaftswachstums um. Es sieht u.a. vor: Entlastungen bei Einkommensteuer (bspw. durch Änderung des Einkommensteuertarifs ab 1. Januar 1979; Mindereinnahmen 1979: 10,5 Mrd. DM), die Erhöhung des Kindergeldes (Mehrausgaben 1979: 1,5 Mrd. DM) sowie Abschaffung der Lohnsummensteuer und Entlastungen bei der Gewerbeertragsteuer ab 1. Januar 1980 (Mindereinnahmen 1980: 3 Mrd. DM). Um 1978 149 die Haushaltsbelastung zu begrenzen, sollen die Mehrwertsteuersätze ab 1. Juli 1979 von 12 auf 13 vH und von 6 auf 6,5 vH angehoben werden (Mehreinnahmen 1979: 2,5 Mrd. DM). Dabei bleibt aber noch offen, wie ab 1980 die Kompensation der Lohnsummensteuer-Ausfälle bei denjenigen Gemeinden erfolgen soll, die diese Steuer noch erheben. Gegenüber dem Entwurf werden die Kindergeldleistungen für Zweitkinder um ein halbes Jahr früher erhöht. Die Haushaltsbelastung aus dem Maßnahmenbündel wird für 1979 auf 13,5 Mrd. DM und für 1980 auf 15 Mrd. DM veranschlagt [RB: 30.8.1978; GE: 22.9.1978/ 18.10.1978/ 17.11.1978; IKT: 3.12.1978, 1.7.1979, 1.1.1980, 1.1.1981; BGBl. I 1978 S. 1849]. 5. Dez. Der Europäische Rat beschließt die Errichtung des Europäischen Währungssystems (EWS) sowie die Einführung der Europäischen Währungseinheit (ECU) zum 1. Januar 1979. Die Bestimmungen über das EWS sollen Anfang 1979 in Kraft treten und nach einer Anlaufphase von zwei Jahren in ein endgültiges System eingebracht werden. 12. Dez. Die Norwegische Krone scheidet aus dem Europäischen Wechselkursverbund aus. 13. Dez. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Januar 1979 eine Verringerung der Rediskontkontingente um rd. 5 Mrd. DM. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für 1979 eine Ausweitung der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1978 zum 4. Vj. 1979 innerhalb einer Bandbreite von 6 bis 9 vH. 16. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Staatliche Interventionen in einer Marktwirtschaft“ vor. Die Organisation der erdölexportierenden Staaten (OPEC) setzt im Gefolge der politischen Krise im Iran kräftige Ölpreissteigerungen für 1979 durch (zweite Ölpreiskrise). Die Preise der offiziellen Notierungen sollen stufenweise bis Oktober 1979 um insgesamt 14,5 vH steigen. 18. Dez. Die Bundesregierung beschließt, zum 1. Januar 1979 den „Kohlepfennig“ von 4,5 auf 6,2 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher anzuheben. 21. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Die auf eine Bund-Länder-Vereinbarung vom 29. April 1977 fußende Novelle des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (BT-Beschluss: 16. November) entlastet Lastzugbesitzer und stellt Zivilbeschädigte den Kriegsversehrten gleich. Um die Steuerausfälle auszugleichen, wird die Kraftfahrzeugsteuer von 14,40 DM auf 15,00 DM je 100 ccm Hubraum erhöht [RB: 21.12.1977; GE: 3.4.1978/ 14.11.1978; IKT: 1.6.1979; BGBl. I 1978 S. 2063]. - Die Novelle des Investitionszulagengesetzes (BT-Beschluss: 15. Dezember) erhöht rückwirkend zum 1. Januar die Zulage für gewerbliche Investitionen im Zonenrandgebiet von 7,5 auf 10 vH [RB: -; GE: 5.10.1978/ 13.12.1978; IKT: 31.12.1978; BGBl. I 1978 S. 2062]. 150 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1979 1. Jan. Die Reform des Einkommensteuertarifs sowie die Erhöhung des Kindergeldes für dritte und weitere Kinder von 150 DM auf 200 DM monatlich treten in Kraft. 17. Jan. Die Bundesregierung verabschiedet ein Soforthilfeprogramm für Werften und Seeschifffahrt. Rückwirkend ab 1. Dezember 1978 bis 1981 sollen Fördermittel in Höhe von 0,7 Mrd. DM bereitgestellt werden. 18. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Lombardsatzes von 3,5 auf 4% sowie mit Wirkung vom 1. Februar die Anhebung der Mindestreservesätze um 5 vH. Durch die höheren Reservesätze wird Zentralbankgeld in Höhe von knapp 3 Mrd. DM gebunden. 24. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1979 vor. Sie erwartet darin für 1979 ein Wirtschaftswachstum von rd. 4 vH, eine Preissteigerung von rd. 3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von rd. ½ vH. 26. Jan. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1979. Die Ausgaben sind mit 203,9 Mrd. DM um 7,8 vH höher angesetzt als das Ist für 1978; das Finanzierungsdefizit ist auf 31,2 Mrd. DM veranschlagt [RB: 26.7.1978; GE: 8.9.1978/ 14.12.1978/ 18.1.1979; IKT: 1.1.1979; BGBl. I 1979 S. 205]. 8. Febr. Die Bundesregierung legt einen Bericht über die Möglichkeiten zur Umstellung der Abschreibungsvergünstigungen nach § 7b EStG auf ein anderes Förderungssystem sowie einen Bericht über die Reform des Grunderwerbsteuergesetzes vor. 10. Febr. Die letzte Rate der Vermögensabgabe, die gemäß dem LAG seit 1952 erhoben wurde, wird fällig. 13. März Das EWS tritt in Kraft. Ihm gehören neben den Währungen, die bis zum 12. März 1979 im Europäischen Wechselkursverbund zusammengeschlossen waren - Deutsche Mark, Belgischer Franc, Dänische Krone und Holländischer Gulden -, auch der Französische Franc, die Italienische Lira sowie das Irische Pfund an. Zwischen den Mitgliedswährungen sind feste, aber anpassungsfähige Wechselkurse mit einer Schwankungsbreite von ±2,25 vH (Italien ±6 vH) einzuhalten. 29. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 3 auf 4% und des Lombardsatzes von 4 auf 5% sowie mit Wirkung vom 1. April eine Erhöhung der Rediskontkontingente (Liquiditätseffekt: 5 Mrd. DM). 30. März Der Finanzplanungsrat berät den Haushaltsentwurf 1980 und die mittelfristigen Finanzpläne bis 1983. Die Bundesregierung hält es für erforderlich, den Anstieg der Ausgaben der Gebietskörperschaften für die Jahre ab 1980 auf eine Rate unterhalb des angestrebten Wachstums des BSP zu begrenzen. 1979 151 1. April Im Iran wird die bisherige Staatsform durch eine Islamische Republik ersetzt. In der Folge kommt es zu erheblichen Preissteigerungen beim Rohöl (zweiter Ölpreisschub). 4. April Die Bundesbank schließt zur Stützung des Geldmarktes mit inländischen Banken erstmals Devisenswapgeschäfte (US-Dollar-Ankauf per Kasse bei gleichzeitig vereinbartem Verkauf per Termin) ab. 6. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1979 ein Wirtschaftswachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 3,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 10. Mai Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs“, das den Anspruch von Müttern auf Freistellung von der Arbeit für einen Zeitraum von sechs Monaten nach der Entbindung, die Fortzahlung des bisherigen Mutterschaftsgeldes für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs, die Aufrechterhaltung der sozialen Sicherung sowie die Ausdehnung des Kündigungsschutzes regelt [RB: 20.12.1978; GE: 5.3.1979/ 22.4.1979; IKT: 1.7.1979; BGBl. I 1979 S. 797]. 16. Mai Die Bundesregierung beschließt ein arbeitsmarktpolitisches Programm für Regionen mit besonderen Beschäftigungsproblemen. 17. Mai Die Bundesbank beschließt, zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute in Umlauf befindliche Mobilisierungs- und Liquiditätspapiere vorzeitig zurückzukaufen. Bis zum 22. Mai kaufte sie solche Papiere im Wert von 3,2 Mrd. DM. 23. Mai Der Finanzplanungsrat empfiehlt, staatliche Bauinvestitionen zur Vermeidung von Übersteigerungen auf dem Baumarkt zu strecken sowie etwaige Steuermehreinnahmen vorrangig zur Verminderung der Kreditaufnahme zu verwenden. 31. Mai Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Lombardsatzes von 5 auf 5,5%. Sie erklärt sich bereit, von Kreditinstituten lombardfähige festverzinsliche Wertpapiere unter der Bedingung zu kaufen, dass die Verkäufer die Wertpapiere gleichzeitig per Termin zurückkaufen. Der Abschluss dieser Offenmarktgeschäfte mit Rückkaufsvereinbarung ist zunächst für eine Frist von 30 Tagen vorgesehen. 19. Juni Die am Vortag aufgenommenen Wertpapierpensionsgeschäfte werden wieder eingestellt (Liquiditätsfreigabe: 7,6 Mrd. DM). 27. Juni Der Bundestag beschließt einen Nachtragshaushalt 1979 in Höhe von reichlich 0,2 Mrd. DM. Er enthält im wesentlichen Ausgaben für das Sonderprogramm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Die Mittel sollen an anderer Stelle des Bundeshaushalts eingespart werden [RB: 23.5.1979; GE: 1.6.1979/ 21.6.1979; IKT: 1.1.1979; BGBl. I 1979 S. 997]. 152 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 28. Juni Die Bundesbank überprüft ihr Geldmengenziel für 1979. Sie beschließt, die Bandbreite für den angestrebten Zuwachs der Zentralbankgeldmenge beizubehalten und das Geldmengenwachstum in der zweiten Jahreshälfte in Richtung auf den unteren Rand der Zielmenge zu beeinflussen. 28.-29. Juni In Tokio (Japan) findet der fünfte Weltwirtschaftsgipfel statt. Es werden vor allem Maßnahmen zur Öleinsparung erörtert. 1. Juli Die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze von 6 auf 6,5 vH und von 12 auf 13 vH tritt in Kraft. Das Kindergeld für das zweite Kind wird von 80 DM auf 100 DM monatlich erhöht (Mehrausgaben: 1 Mrd. DM). 5. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf für den Haushalt 1980 sowie den mittelfristigen Finanzplan bis 1983. Das Haushaltsvolumen für 1980 wird auf 215,3 Mrd. DM festgesetzt, das Soll von 1979 einschließlich der Nachträge um 5,1 vH überschritten; die Nettokreditaufnahme beläuft sich auf 28,2 Mrd. DM. Die jährliche Steigerung der Ausgaben soll bis zum Jahre 1983 auf 5 vH je Jahr begrenzt werden. 12. Juli Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 4 auf 5% und des Lombardsatzes von 5,5 auf 6%. 16. Juli Im Gefolge des zweiten Ölpreisschubs übersteigen die Benzinpreise in der Bundesrepublik erstmals die Schwelle von 1 DM/ l. 23. Aug. Die Bundesbank beschließt, die Bereitstellung von Lombardkrediten an einzelne Kreditinstitute an deren Rediskontkontingenten zu orientieren. Damit wird eine Einschränkung der Lombardkreditgewährung angestrebt. Die Bundesbank beschließt, zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute vom 27. August an Offenmarktkäufe von lombardfähigen festverzinslichen Wertpapieren mit Rückkaufvereinbarung zum Zinssatz von 6,5% vorzunehmen. Bis zum 31. August kaufte sie solche Papiere im Betrage von 11 Mrd. DM. 3. Sept. Die Bundesregierung beschließt einen zweiten Nachtrag zum Bundeshaushaltsplan 1979. Die Mehrausgaben von 1,1 Mrd. DM, insbesondere im Energiebereich und aufgrund internationaler Verpflichtungen, sollen durch eine Verringerung des Zuschusses an die BA ausgeglichen werden. 12. Sept. Die Bundesregierung beschließt, den „Kohlepfennig“ zum 1. Oktober von 6,2 auf 4,5 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher zu senken. Sie verabschiedet zudem Sparmaßnahmen im Energiebereich, wonach u.a. die Anforderungen an den Wärmeschutz bei Alt- und Neubauten erhöht sowie das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs verbessert werden sollen. 1979 153 23. Sept. Die Wechselkurse im EWS werden erstmals angepasst: Aufwertung der D-Mark gegenüber dem Französischen Franc, dem Belgischen Franc, dem Holländischen Gulden, der Italienischen Lira und dem Irischen Pfund um jeweils 2 vH sowie gegenüber der Dänischen Krone um 5 vH. 10. Okt. Die Bundesbank kauft zur Stützung des Geldmarktes Handelswechsel mit vereinbartem Rückkauf nach zehn Tagen am offenen Markt an (Zinssatz: 7,75%). 11. Okt. Der Bundestag verabschiedet den Zweiten Nachtragshaushalt 1979. Bei einem um 0,5 Mrd. DM niedriger veranschlagten Ausgabenvolumen und einem höher angesetzten Steueraufkommen fällt das Finanzierungsdefizit mit 28,8 Mrd. DM um fast 3 Mrd. DM geringer aus als bislang geplant [RB: 3.9.1979; GE: 7.9.1979/ 20.9.1979; IKT: 1.1.1979; BGBl. I 1979 S. 1781]. 18. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1979 ein Wirtschaftswachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1980 werden ein Wachstum von 2,5 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 24. Okt. Die Bundesbank gibt die Emission von DM-Inhaberschuldverschreibungen der Vereinigten Staaten (Carter-Bonds) für November 1979 bis Januar 1980 bekannt. 31. Okt. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 5 auf 6% und des Lombardsatzes von 6 auf 7% sowie eine Erhöhung der Rediskontkontingente (Liquiditätseffekt: 4 Mrd. DM). 9. Nov. Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (8. November) verabschiedeten Neufassung des Umsatzsteuergesetzes zu, die im Rahmen der Harmonisierungsbemühungen in der EG erforderlich geworden war. Zu den wichtigsten Neuregelungen zählen die Einbeziehung der Kleinunternehmer in das Mehrwertsteuersystem sowie die Einführung der Steuerpflicht für An- oder Vorauszahlungen [RB: -; GE: 5.5.1978/ 8.5. 1978/ 28.6.1979/ 8.11.1979; IKT: 30.11.1979, 1.1.1980; BGBl. I 1979 S. 1953, BGBl. I 1980 S. 137]. 18. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1979/ 80 vor. Er prognostiziert für 1979 ein Wirtschaftswachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 4½ vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1980 werden ein Wachstum von 2½ bis 3 vH, eine Preissteigerung von 2 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH prognostiziert. 29. Nov. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für 1980 eine Ausweitung der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1979 zum 4. Vj. 1980 innerhalb eines Bandes von 5 bis 8 vH. 30. Nov. Die Dänische Krone wird gegenüber den Partnerwährungen im EWS um 4,75 vH abgewertet. 154 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 8. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wirtschaftspolitische Folgerungen aus der Ölverknappung“ vor. 14. Dez. Der Bundestag verabschiedet - erstmals vor Beginn der Haushaltsperiode - den Bundeshaushalt für das kommende Jahr. Die Ausgaben sind mit 214,5 Mrd. DM um 5,5 vH höher angesetzt als das Ist für 1979; das Finanzierungsdefizit ist auf 24,3 Mrd. DM veranschlagt [RB: 5.7.1979; GE: 7.9.1979/ 15.11.1979/ 13.12.1979; IKT: 1.1.1980; BGBl. I 1979 S. 2308]. 17. Dez. In Genf (Schweiz) werden als Ergebnis der Tokio-Runde des GATT (Beginn: 12. September 1973) mehrere Abkommen unterzeichnet, darunter ein Protokoll über Zollkonzessionen und Kodizes über Subventionen und Anti-Dumping. Die Jahre 1980-1989 1980 1. Jan. Eine Reihe von steuerliche Erleichterungen tritt in Kraft; vor allem der Wegfall der Lohnsummensteuer sowie die erhöhten Freibeträge bei der Gewerbeertragsteuer. Karl Otto Pöhl folgt Otmar Emminger als Präsident der Deutschen Bundesbank. 17. Jan. Der Börsenstabilisierungsfonds des Finanzministeriums der Vereinigten Staaten bietet sogenannte - nach dem amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten benannte - Carter-Anleihen mit Laufzeiten von 2,5 bzw. 3,5 Jahren zu Zinssätzen von 8,5 bzw. 8,45% an. Das Zeichnungsaufkommen beträgt rund 4,5 Mrd. DM. Zugeteilt werden rund 2 Mrd. DM. Im Gegensatz zu üblichen US-Staatsanleihen lauten Carter- Anleihen auf Deutsche Mark oder Schweizer Franken. 30. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1980 vor. Sie erwartet darin für 1980 ein Wirtschaftswachstum von gut 2½ vH, eine Preissteigerung von 5 bis 4½ vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von bis zu ½ vH. 9. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wirtschaftspolitische Implikationen eines Bevölkerungsrückgangs“ vor. 20. Febr. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Steuerentlastungsgesetzes 1981. Vorgesehen sind für den Zeitraum von 1980 bis 1982 Steuererleichterungen und Leistungsverbesserungen im Umfang von insgesamt 17,5 Mrd. DM. Wichtigste Maßnahmen sind eine erneute Korrektur des Einkommensteuertarifs sowie eine Anhebung des Kindergeldes. 28. Febr. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 6 auf 7% und des Lombardsatzes von 7 auf 8,5% sowie mit Wirkung vom 3. März die Anhebung der Rediskontkontingente um 4 Mrd. DM und die Aufhebung der Bindung von Lombardkrediten an die Rediskontkontingente. 13. März Die Bundesbank lockert angesichts der veränderten außenwirtschaftlichen Lage die Beschränkungen des Kapitalimports; die Laufzeitgrenze für inländische festverzinsliche Wertpapiere, die ins Ausland verkauft werden dürfen, wird mit Wirkung vom 17. März von vier auf zwei Jahre herabgesetzt. Mitte März Die Bundesbank erwirbt zum Ausgleich von Devisenabflüssen die bei Kreditinstituten im Umlauf befindlichen Mobilisierungs- und Liquiditätspapiere vorzeitig zurück (Liquiditätszufluss: 3,1 Mrd. DM). 21. März Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (28. Februar) verabschiedeten vierten No- 156 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland velle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu, die die Regelungen für Unternehmenszusammenschlüsse verschärfen sowie die Missbrauchsaufsicht stärken soll [RB: -; GE: 27.9.1978/ 21.2.1980; IKT: 28.2./ 1.5.1980; BGBl. I 1980 S. 458]. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die Neuverschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden im Jahre 1981 unter Berücksichtigung des Steuerpaketes 1980/ 81 nicht über diejenige des Jahres 1980 steigen zu lassen. 26. April Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das „Gutachten zum Begriff der öffentlichen Investitionen - Abgrenzungen und Folgerungen im Hinblick auf Artikel 115 Grundgesetz“ vor. 28. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1980 ein Wirtschaftswachstum von 2,5 vH, eine Preissteigerung von 5,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 30. April Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Nachtragshaushalts für 1980 mit einem Volumen von 1,8 Mrd. DM. Mehrausgaben sollen durch Einsparungen ausgeglichen werden. Wegen der im März nach unten revidierten Einnahmenschätzung erhöht sich die geplante Nettokreditaufnahme um 1,4 Mrd. DM auf 25,7 Mrd. DM. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung der Mindestreservesätze um 8 vH (Liquiditätsfreigabe: knapp 5 Mrd. DM), mit Wirkung vom 2. Mai die Erhöhung des Diskontsatzes von 7 auf 7,5% und des Lombardsatzes von 8,5 auf 9,5% sowie mit Wirkung vom 5. Mai die Anhebung der Rediskontkontingente um 3 Mrd. DM. 30. Mai In Brüssel (Belgien) einigen sich die EG- Außenminister auf eine Verringerung des britischen Beitrags zum EG-Budget um rund 2,9 Mrd. DM im Jahr 1980 und um 3,4 Mrd. DM im Jahr 1981 und auf eine entsprechende Erhöhung des Beitrags der anderen Länder. Für die Bundesrepublik ergeben sich aus dieser Neuverteilung in den Haushaltsjahren 1980/ 81 Mehrausgaben von insgesamt 2,5 Mrd. DM. 4. Juni Die Bundesregierung stimmt den Beschlüssen der EG-Außenminister vom 30. Mai zu und beschließt Deckungsvorschläge zur Finanzierung des um 2,5 Mrd. DM höheren Beitrags der Bundesrepublik zum EG- Haushalt; so soll die Belastung des Bundeshaushalts von 1,8 Mrd. DM im Jahre 1981 entweder über eine Erhöhung des Anteils des Bundes am Mehrwertsteueraufkommen oder über eine Anhebung der Mineralöl- und der Branntweinsteuer finanziert werden. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die Einnahmeausfälle aus dem Steuerentlastungsgesetz 1981 nicht durch höhere Verschuldung, sondern durch eine Begrenzung der Ausgaben auszugleichen. Die Steigerung der Ausgaben der öffentlichen Haushalte soll für das Jahr 1981 auf 4 vH und für die Jahre 1982 bis 1984 bei Bund und Ländern auf 5 vH sowie bei den Gemeinden auf 5,5 vH begrenzt werden. Die Neuverschuldung der Gebietskörperschaften soll dadurch von 49 Mrd. DM im Jahre 1981 auf 20 Mrd. DM im Jahre 1984 verringert werden. 12. Juni Der Bundestag verabschiedet ein „Zweites Gesetz zur Änderung energierechtlicher Vorschriften“, das u.a. eine Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes vorsieht. 1980 157 Danach wird der Einsatz von heimischer Steinkohle in Kraftwerken subventioniert; die Subvention bemisst sich nach der Differenz der Preise von Steinkohle zu schwerem Heizöl (Ölausgleich) bzw. zu importierter Steinkohle (Importkohleausgleich) [RB: 26.3.1980; GE: 21.4.1980/ 1.6.1980; IKT: 1.1./ 5.9.1980, 1.1.1981 ; BGBl. I 1980 S. 1605, 2137]. 22.-23. Juni In Venedig (Italien) findet der sechste Weltwirtschaftsgipfel statt. Im Schlusskommuniqué wird erklärt, dass der Abbau der Inflation „unmittelbaren Vorrang vor allem anderen“ habe. 26. Juni Die Bundesbank beschließt nach der periodischen Überprüfung des Geldmengenziels zur Jahresmitte, das Wachstum der Zentralbankgeldmenge im restlichen Jahresverlauf in der unteren Hälfte der Bandbreite (5-8 vH) zu halten. 4. Juli Der Bundestag und der Bundesrat verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Steuerentlastungsgesetz 1981. Die Steuererleichterungen und die Leistungsverbesserungen belasten die öffentlichen Haushalte im ersten Jahr seiner vollen Wirksamkeit mit 16,4 Mrd. DM: - Korrektur des Einkommensteuertarifs: Verlängerung der Proportionalzone für zu versteuernde Einkommen von 16 000/ 32 000 DM (Ledige/ Verheiratete) auf 8 000/ 36 000 DM; Einarbeitung des Tariffreibetrages in den allgemeinen Grundfreibetrag, der sich dadurch von 3 690/ 7 380 DM (Ledige/ Verheiratete) auf 4 212/ 8 424 DM erhöht; Abflachung der Progression bis zu Einkommen von 60 000/ 120 000 DM (Ledige/ Verheiratete) (Mindereinnahmen: 6,1 Mrd. DM). - Familienpolitische Maßnahmen: Erhöhung des Kindergeldes für das zweite Kind um 20 DM, das dritte und jedes weitere Kind um 40 DM vom 1. Februar 1981 an (Mehrausgaben: 2 Mrd. DM); Beibehaltung der 1980 eingeführten Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten (Mehrausgaben: 0,5 Mrd. DM); Aufstockung des Wohngeldes mit Verstärkung familienbezogener Leistungen vom 1. Januar 1981 an (Mehrausgaben: 0,6 Mrd. DM); Anhebung des Haushaltsfreibetrages für Alleinstehende mit Kindern vom 1. Januar 1982 an (Mindereinnahmen: 0,3 Mrd. DM). - Ergänzende Maßnahmen für Arbeitnehmer, Selbständige und freie Berufe: Erhöhung des Weihnachtsfreibetrages für Arbeitnehmer vom Jahr 1980 an (Mindereinnahmen: 1,4 Mrd. DM); Übernahme ertragsteuerlicher Werte für Pensionsrückstellungen bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens vom 1. Januar 1981 an (Mindereinnahmen: 0,3 Mrd. DM); Anhebung der Sonderausgaben-Höchstabzugsbeträge sowie des steuerlichen Vorwegabzugsbetrages für Vorsorgeaufwendungen vom 1. Januar 1982 an (Mindereinnahmen: 3,6 Mrd. DM) [RB: -; GE: 27.2.1980/ 14.5.1980/ 3.7.1980; IKT: 22.8.1980, 1.1./ 1.2.1981; BGBl. I 1980 S. 1381]. 24. Juli Die Bundesbank beschließt, zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute am 30. Juli Offenmarktkäufe von Wertpapieren mit Rückkaufsvereinbarung zum Zinssatz von 9,2% und mit einer Laufzeit von 25 Tagen durchzuführen (Wertpapierpensionsgeschäfte). Es werden Geschäfte mit einem Volumen von 5,5 Mrd. DM abgeschlossen. 158 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 21. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. September die Verringerung der Mindestreservesätze für Inlands- und Auslandsverbindlichkeiten um 10 vH (Liquiditätsfreigabe: 5,5 Mrd. DM). 18. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Lombardsatzes von 9,5 auf 9%. Zudem beschließt sie zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute für den 22. September Offenmarktkäufe von Wertpapieren mit Rückkaufsvereinbarung (Wertpapierpensionsgeschäfte) im Tenderverfahren. Es werden Geschäfte mit einem Umfang von 4,7 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 19,2 Mrd. DM) und zu einem Zinssatz von 8,55% abgeschlossen. 5. Okt. Bei den Wahlen zum neunten Deutschen Bundestag gewinnen die Unionsparteien mit 44,5 vH (CDU: 34,2 vH; CSU: 10,3 vH) den größten Stimmenanteil. Die SPD erreicht 42,9 vH und die FDP 10,6 vH der Wählerstimmen; die zum ersten Mal zu einer Bundestagswahl angetretenen Grünen erreichen 1,5 vH. 16. Okt. Die Bundesbank beschließt zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute mit Wirkung vom 20. Oktober die Erhöhung der Rediskontkontingente um 3 Mrd. DM und die Heraufsetzung der Linie für Einreichungen von Privatdiskonten im Rahmen der Marktregulierung um 0,5 Mrd. DM. Ferner werden Wertpapierpensionsgeschäfte im Umfange von 5,1 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 19 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 8,7% und mit einer Laufzeit von 45 Tagen abgeschlossen. 24. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1980 ein Wirtschaftswachstum von 2 vH, einen Preisanstieg von 5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für 1981 werden eine Stagnation des Wachstums, eine Preissteigerung von 4 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH prognostiziert. 30. Okt. Der Rat der EG stimmt der Einführung eines Systems von Erzeugungsquoten für die Stahlindustrie in der Gemeinschaft zu. 4. Nov. Die Bundesbank lockert die Beschränkung des Kapitalimports. Die Laufzeitgrenze für inländische festverzinsliche Wertpapiere, die ins Ausland verkauft werden dürfen, wird von zwei Jahren auf ein Jahr herabgesetzt. Die Bundesregierung beschließt, den Anstieg der Ausgaben im Bundeshaushalt 1981 auf rund 4 vH und die Neuverschuldung auf 27 Mrd. DM zu begrenzen. Hierzu werden u.a. folgende Maßnahmen vereinbart: - Anhebung der Mineralölsteuer für Benzin um 7 Pf/ l und für Dieselöl um 3 Pf/ l ab 1. April 1981 (Mehreinnahmen 1981: 1,8 Mrd. DM) sowie der Branntweinsteuer um 300 DM/ hl ab 1. April 1981 (Mehreinnahmen 1981: 0,9 Mrd. DM); - Abbau von Subventionen und Vergünstigungen sowie der Mischfinanzierung bei Gemeinschaftsaufgaben: u.a. stufenweiser Abbau der Gasölbeihilfe im Personennahverkehr und im Schienenverkehr, Umstellung der Gasölverbilligung in der Landwirtschaft auf nachträgliche Erstattung sowie Kürzung der Mittel um 20 vH für die drei Gemeinschaftsaufgaben „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten- 1980 159 schutzes“, „Ausbau und Neubau von Hochschulen“; - Anhebung des Beitragssatzes zur GRV von 18 auf 18,5 vH zum 1. Januar 1981 (Mehreinnahmen 1981: 3 Mrd. DM) sowie Kürzung des Bundeszuschusses an die GRV um 3,5 Mrd. DM im Jahre 1981. Die Haushaltsentlastungen werden für 1981 auf 1,7 Mrd. DM (Bund: 1,1 Mrd. DM), für 1982 auf 1,9 Mrd. DM (Bund: 1,2 Mrd. DM), für 1983 auf 3,3 Mrd. DM (Bund: 2,0 Mrd. DM) sowie für 1984 auf 3,5 Mrd. DM (Bund: 2,1 Mrd. DM) veranschlagt. 5. Nov. Helmut Schmidt wird vom Bundestag zum dritten Mal zum Bundeskanzler gewählt und legt seinen Amtseid ab. Am Folgetag erfolgt die Vereidigung der Bundesregierung, die aus elf Ministern der SPD (mit Hans Matthöfer als Finanzminister, Herbert Ehrenberg als Minister für Arbeit und Sozialordnung) und vier Ministern der FDP (mit Otto Graf Lambsdorff als Wirtschaftsminister) besteht. 17. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1980/ 81 vor. Er prognostiziert für 1980 ein Wirtschaftswachstum von 2 vH, eine Preissteigerung von 5½ vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. Für 1981 werden ein Wachstum von ½ vH, eine Preissteigerung von 4 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH erwartet. 27. Nov. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für das Jahr 1981 eine Ausweitung der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1980 bis zum 4. Vj. 1981 innerhalb eines Bandes von 4 bis 7 vH. 2. Dez. Die Bundesbank beschließt zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute am 4. Dezember Wertpapierpensionsgeschäfte; es werden Geschäfte im Umfange von 6,2 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 20 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 9,5% und mit einer Laufzeit von 31 Tagen abgeschlossen. 9. Dez. Die Gouverneure der EG-Notenbanken beschließen im Einvernehmen mit dem Europäischen Rat, die Regelungen des EWS unverändert um zwei Jahre zu verlängern. 12. Dez. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, 1981 den Ausgabenanstieg eng zu begrenzen, damit die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte möglichst nicht höher ausfällt als 1980. 16. Dez. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushaltsplanes 1981 sowie den mittelfristigen Finanzplan bis 1984. Das Haushaltsvolumen 1981 ist mit 224,6 Mrd. DM um 4,1 vH höher angesetzt als das Ist für 1980, das Finanzierungsdefizit wird auf 27,4 Mrd. DM veranschlagt. Die jährliche Steigerung der Ausgaben bis 1984 wird auf 5 vH festgelegt. Gleichzeitig verabschiedet die Bundesregierung die Entwürfe eines Subventionsabbaugesetzes und eines Gesetzes über die Erhöhung der Mineralöl- und der Branntweinsteuer. 29. Dez. Im Rahmen der 7. Quotenüberprüfung im IWF wird die Quote der Bundesrepublik um 50 vH auf nunmehr 3,2 Mrd. SZR erhöht. 160 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1981 1. Jan. Wichtige Bestimmungen des Steuerentlastungsgesetzes 1981, insbesondere der neue Einkommensteuertarif, treten in Kraft. Griechenland wird zehntes Mitglied der EG. 2. Jan. Die Bundesbank beschließt, am 5. Januar Wertpapierpensionskäufe vorzunehmen, um eine Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute zu ermöglichen; es werden Geschäfte im Umfang von 9,8 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 20 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 9% und mit einer Laufzeit von 30 Tagen abgeschlossen. 22. Jan. Die Bundesbank beschließt, zum 1. Februar die Mindestreservesätze für Inlands- und Auslandsverbindlichkeiten um 7 vH zu senken. Dadurch wird Zentralbankgeld im Umfang von 3,7 Mrd. DM freigegeben. Zudem beschließt sie die Erhöhung der Rediskontkontingente um 3 Mrd. DM. 29. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1981 vor. Sie rechnet mit einem Wirtschaftswachstum von 0 bis -1 vH, einer Preissteigerung von rd. 4½ vH und einem Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 bis 1½ vH. 1. Febr. Die Bundesbank beschließt, am 3. Februar Wertpapierpensionskäufe durchzuführen; es werden Geschäfte im Umfang von 2,6 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 20,6 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 9,6% und einer Laufzeit von 50 Tagen abgeschlossen. 19. Febr. Die Bundesbank beschließt, vom 20. Februar an bis auf weiteres keinen regulären Lombardkredit zu gewähren. Sie stellt in Aussicht, bei Bedarf Sonderlombardkredit zu einem täglich veränderten Sonderlombardsatz zur Verfügung zu stellen. Die Bundesbank lockert die Beschränkung des Kapitalimports. Gebietsfremde dürfen nun auch festverzinsliche Wertpapiere inländischer Emittenten mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr erwerben. 23. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wirtschaftspolitik bei defizitärer Leistungsbilanz“ vor. 25. Febr. Die Bundesbank gewährt erstmals Sonderlombardkredit (Zinssatz 12%). Er steht den Banken zunächst zwei Tage und nach vorübergehender Suspendierung ab 3. März ohne weitere Unterbrechung zur Verfügung. 18. März Der Bundestag verabschiedet gegen den Einspruch des Bundesrates (13. März) das „Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetz 1981“. Es sieht u.a. eine Anhebung der Mineralölsteuer für Vergaserkraftstoff um 0,07 DM/ l und für Dieselkraftstoff um 0,03 DM/ l sowie der Branntweinsteuer zu Trink- und kosmetischen Zwecken um 300 bzw. 400 DM/ hl vor (Mehreinnahmen 1981: 2,3 Mrd. DM; 1982: 3,5 Mrd. DM) [RB: 16.12.1980; GE: 9.1.1981/ 13.2.1981; IKT: 1.4.1981; BGBl. I 1981 S. 301]. 1981 161 23. März Die Italienische Lira wird gegenüber den Partnerwährungen im EWS um 6 vH abgewertet. 26. März Die Bundesbank beschließt, am 31. März Wertpapierpensionskäufe durchzuführen; es werden Geschäfte im Umfang von insgesamt 5,2 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 22,5 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 12,5% und Laufzeiten von 28 und 47 Tagen abgeschlossen. 27. März Der Finanzplanungsrat spricht sich gegen neue Konjunkturprogramme aus; sie werden für nicht geeignet gehalten, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu überwinden. Im Jahre 1982 soll am Ziel der engen Begrenzung des Ausgabenanstiegs festgehalten und das Defizit der öffentlichen Haushalte weiter verringert sowie mittelfristig eine Verstetigung von Wirtschaftswachstum und Steigerung der öffentlichen Ausgaben angestrebt werden. 1. April Die Bundesbank führt zum dritten Mal in diesem Jahr Wertpapierpensionsgeschäfte durch. 8. April Die Bundesregierung beschließt ein Programm zur Erleichterung der Anpassung der Wirtschaft an die Weltwirtschaft und den Strukturwandel. Hierzu wird u.a. die KfW beauftragt, 6,3 Mrd. DM an den internationalen Kapitalmärkten aufzunehmen und vorzugsweise kleinen und mittleren Unternehmen zinsverbilligt zur Verfügung zu stellen. Ferner beabsichtigt die Bundesregierung, mit den Ländern über ein Anschlussprogramm zur Förderung heizenergiesparender Investitionen, den Ausbau der Fernwärme sowie eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Kernkraftwerke zu verhandeln. 10. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1981 einen Rückgang des realen BSP von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen um 1,5 vH. 5. Mai Die Bundesbank bietet den Kreditinstituten kurzfristige Schatzwechsel (vier bis sieben Tage) zum Zinssatz von 11,5% an. 9. Mai Die Sachverständigenkommission zur Vorklärung finanzverfassungsrechtlicher Fragen für künftige Neufestlegungen der Umsatzsteueranteile legt den Regierungschefs des Bundes und der Länder ein Gutachten über „Maßstäbe und Verfahren zur Verteilung der Umsatzsteuer nach Art. 106 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GG“ vor. 27. Mai Die Bundesregierung beschließt ein wohnungspolitisches Programm; es enthält u.a. steuerliche Vergünstigungen für Familien mit drei und mehr Kindern bei Bau oder Anschaffung eines Eigenheimes, die Ausdehnung der Einfamilienhausbesteuerung auf nur vom Eigentümer genutzte Zweifamilienhäuser, die Eröffnung der Möglichkeit, Staffelmieten für Neubauten zu vereinbaren, die Vereinfachung des Mieterhöhungsverfahrens, die Einführung von Mietspiegeln in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern sowie die Einführung einer Fehlbelegungsabgabe im sozialen Wohnungsbau. 162 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 5. Juni Der Bundestag beschließt den Bundeshaushalt 1981: Die Ausgaben werden auf 231,2 Mrd. DM festgesetzt; ihr Anstieg beträgt gegenüber dem Haushalt 1980 7,2 vH. Die Nettokreditaufnahme wird auf 33,8 Mrd. DM veranschlagt [RB: 16.12.1980; GE: 9.1.1981/ 27.5.1981; IKT: 1.1.1981; BGBl. I 1981 S. 630]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (7. Mai) verabschiedeten Subventionsabbaugesetz zu. Danach werden die Subventionierung des Ölverbrauchs, die Sparförderung und die Steuervergünstigungen für die Kreditwirtschaft abgebaut; überdies werden Mittel für die Gemeinschaftsaufgaben gekürzt (Minderausgaben von 1,7 Mrd. DM in 1981 auf 3,5 Mrd. DM in 1985 steigend) [RB: 16.12.1980; GE: 9.1.1981/ 28.4.1981; IKT: 1.1./ 1.7./ 1.10.1981; BGBl. I 1981 S. 537]. 2. Juli Die Bundesbank beschließt im Zuge der periodischen Überprüfung des Geldmengenziels, in Anbetracht der außenwirtschaftlichen Lage und des kräftigen Preisauftriebs, das monetäre Wachstum für den Rest des Jahres in der unteren Hälfte des Zielkorridors zu halten. 3. Juli Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die Neuverschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden im Jahr 1982 auf die Höhe von 1980 zu begrenzen (52,5 Mrd. DM); dazu seien Eingriffe in öffentliche Leistungen notwendig, die durch Gesetze, Verordnungen, Programme und Richtlinien festgelegt sind; zudem sei eine Eindämmung der Personalausgaben unumgänglich. 4. Juli Der SVR legt ein Sondergutachten „Vor Kurskorrekturen - Zur finanzpolitischen und währungspolitischen Situation im Sommer 1981“ vor. 10. Juli Der Bundesrat zieht seinen am 26. Juni gestellten Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses bezüglich des Haushaltsgesetzes 1981 zurück. 20.-21. Juli In Ottawa (Kanada) findet der siebente Weltwirtschaftsgipfel statt. Nach Forderungen der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs wird der wirtschaftspolitische Kurs der Teilnehmerländer auf eine restriktive Geld- und Ausgabenpolitik festgelegt. 30. Juli Die Bundesregierung beschließt die Eckdaten zum Bundeshaushalt 1982 und zum Finanzplan bis 1985: Im Jahre 1982 sollen die Ausgaben um 4,2 vH auf 240,8 Mrd. DM steigen, die Nettokreditaufnahme ist auf 26,5 Mrd. DM veranschlagt. Vorgesehen dazu sind die Kürzung von Ausgaben im Haushaltsverfahren um 2,5 Mrd. DM und durch gesetzgeberische Maßnahmen um 9,5 Mrd. DM sowie die Erhöhung von Einnahmen um knapp 2,5 Mrd. DM, vor allem durch Abbau von Steuervergünstigungen und die Anhebung der Tabaksteuer. Bis 1985 sollen die Ausgaben des Bundes um nicht mehr als 4 vH jährlich steigen. Die Nettokreditaufnahme soll gegenüber der im Jahre 1982 deutlich sinken. 2./ 3. Sept. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Haushaltsgesetz 1982 sowie den Finanzplan bis 1985. Das Haushaltsvolumen für 1982 wird auf 240,8 Mrd. DM veranschlagt; die Nettokreditaufnahme verringert sich von 33,8 Mrd. DM auf 26,5 Mrd. DM. 1981 163 Zur Entlastung der öffentlichen Haushalte im Jahre 1982 werden im Rahmen der „Operation '82“ die Kürzung von Ausgaben im Haushaltsverfahren, u.a. durch Abbau der Kokskohlebeihilfe, durch Einsparungen im öffentlichen Dienst (Minderausgaben: 4 Mrd. DM, darunter beim Bund: 2,9 Mrd. DM), weitere Einsparungen durch gesetzgeberische Maßnahmen und die Erhöhung der Einnahmen beschlossen (Haushaltsentlastung insgesamt: 15,8 Mrd. DM, darunter beim Bund: 13,3 Mrd. DM). - Gesetz zur Konsolidierung des Haushalts der BA (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz) (insgesamt: 7 Mrd. DM); darunter: Einschränkung der Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (3,3 Mrd. DM), Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte auf 3,5 vH bei gleichzeitiger Senkung der Beiträge zur GRV im selben Umfang auf 18 vH (3 Mrd. DM), Verlagerung von Leistungen der BA (0,6 Mrd. DM). - „Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen“ (insgesamt: 2 Mrd. DM); darunter: Erhöhung der Tabaksteuer (1,4 Mrd. DM), Anhebung der Branntweinsteuer (0,4 Mrd. DM) sowie Erhöhung der Schaumweinsteuer (0,1 Mrd. DM). - Zweites Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (Zweites Haushaltsstrukturgesetz) (insgesamt: 6,6 Mrd. DM, darunter beim Bund: 4,1 Mrd. DM). Die Ausgaben sollen um 4 Mrd. DM gekürzt werden - darunter: Einsparungen beim öffentlichen Dienst (1,4 Mrd. DM) und Kürzungen beim Kindergeld (1,7 Mrd. DM); die Einnahmen sollen um 2,6 Mrd. DM erhöht werden - darunter: Ausschluss des Vorsteuerabzugs bei betrieblich genutzten Personenkraftwagen (0,9 Mrd. DM), Kürzung der Arbeitnehmersparzulage (0,8 Mrd. DM), Wegfall des Haushaltsfreibetrages für Alleinstehende über 49 Jahre (0,4 Mrd. DM). Zur Förderung der Beschäftigung werden für das Jahr 1982 folgende Maßnahmen beschlossen: - Maßnahmen für den Stahlbereich, namentlich Anpassungshilfen, Investitionszuschüsse und -zulagen sowie Förderung der Stahlforschung (Mehrausgaben: 0,3 Mrd. DM; Mindereinnahmen: 0,1 Mrd. DM). - Maßnahmen im Baubereich und zur Energieeinsparung, vor allem „Gesetz zur Stärkung der Investitionstätigkeit im Baubereich und zum Abbau ungleichmäßiger Besteuerung in der Wohnungswirtschaft“ (Mehrausgaben: 0,2 Mrd. DM; Mindereinnahmen: 0,3 Mrd. DM): Erhöhung der degressiven Abschreibung für alle Gebäude, Anhebung der Abschreibungsgrenzen nach § 7b EStG, Einführung einer „Kinderkomponente“ im Rahmen des § 7b EStG in Höhe von 600 DM je Jahr vom zweiten Kind an. - Sonstige Maßnahmen: Verbesserung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter (Bestandteil des Zweiten Haushaltsstrukturgesetzes), zusätzliche Investitionen im Verkehrsbereich, Aufstockung des Kapitals der KfW (Mehrausgaben: 0,6 Mrd. DM; Mindereinnahmen: 0,6 Mrd. DM). Im mittelfristigen Finanzplan für die Jahre 1983 bis 1985 wird die Steigerungsrate der Ausgaben im Bundeshaushalt auf jährlich jeweils knapp 4 vH begrenzt. Die Neuverschuldung soll dadurch von 26,5 Mrd. DM im Jahre 1982 auf 17,5 Mrd. DM im Jahre 1985 sinken. 11. Sept. Die Bundesbank stellt den Verkauf von Schatzwechseln ein. 21. Sept. Der Verkauf von Bundesschatzbriefen wird bis zum 6. Oktober ausgesetzt. 164 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 29. Sept. Die Bundesbank beschließt zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute Wertpapierpensionskäufe am 29. September; es werden Geschäfte im Umfange von 6,2 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 22,5 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 11,4% und mit einer Laufzeit von 34 Tagen abgeschlossen. 4. Okt. Im EWS erfolgt die vierte Neuordnung der Leitkurse: Aufwertung von D-Mark und Holländischem Gulden um 5,5 vH sowie Abwertung von Französischem Franc und Italienischer Lira um 3 vH. Für die D-Mark ergibt sich daraus gegenüber dem Durchschnitt aller Partnerwährungen eine Aufwertung um 5,5 vH. 8. Okt. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Sonder- Lombardsatzes von 12 auf 11%. 23. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1981 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 1 vH, eine Preissteigerung von 6 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1982 prognostiziert sie ein Wachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH. 27. Okt. Die Bundesregierung beschließt zur Deckung des zusätzlichen Finanzbedarfs von 7,8 Mrd. DM im Bundeshaushalt 1982 folgende Maßnahmen: Die Gewinnablieferung der Bundesbank wird in der Haushaltsplanung mit 10 Mrd. DM statt mit 6,1 Mrd. DM eingestellt, der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung wird auf 4,0 vH weiter angehoben (2,9 Mrd. DM), und die Ausgaben für Arbeitslosengeld, Forschungsförderung, Verteidigung und Zinsen werden gekürzt (1,1 Mrd. DM). 29. Okt. Die Bundesbank beschließt zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute Wertpapierpensionskäufe am 3. November; es werden Geschäfte im Umfang von 7,5 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 23 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 11,1% und mit einer Laufzeit von 30 Tagen abgeschlossen. 4. Nov. Die Bundesregierung beschließt die dritte Fortschreibung des Energieprogramms. Danach soll u.a. die „Kohlevorrangpolitik“ fortgeführt werden. 18. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1981/ 82 vor. Er prognostiziert für 1981 ein Wirtschaftswachstum von ½ vH, eine Preissteigerung von 5½ vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1982 prognostiziert sie ein Wachstum von ½ vH und eine Preissteigerung von 5½ vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. 19. Nov. Die Bundesbank beschließt zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute Wertpapierpensionskäufe am 24. November; es werden Geschäfte im Umfang von 3,4 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 9,5 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 10,55% und mit einer Laufzeit von 47 Tagen abgeschlossen. 1981 165 3. Dez. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für das Jahr 1982 eine Ausweitung der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1981 bis zum 4. Vj. 1982 innerhalb eines Bandes von 4 bis 7 vH. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Sonderlombardsatzes von 11 auf 10,5%. Außerdem kündigt sie zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute Wertpapierpensionskäufe am 7. Dezember an; es werden Geschäfte im Umfange von 8,5 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 13,5 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 10,46% und einer Laufzeit von 49 Tagen abgeschlossen. 9. Dez. Das Baumaschinenunternehmen IBH-Holding erhält durch eine Ministererlaubnis die Genehmigung zur Übernahme der WI- BAU AG, die mit der Verbesserung des Marktzutritts auf Auslandsmärkten und der Erhaltung von Arbeitsplätzen begründet wird. 10. Dez. Der Bundestag stimmt dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz zu. Gegenüber dem Gesetzentwurf sehen die Änderungen aus dem Vermittlungsverfahren u.a. geringere ABM- Förderungseinschränkungen, Verlängerung der Versicherungsfreiheit geringfügiger Beschäftigungen sowie Vorbeugung von Sperrzeitumgehungen beim Arbeitslosengeld vor [RB: 2.9.1981; GE: 28.9.1981/ 2.11.1981/ 11.11.1981/ 8.12.1981; IKT: 30.12.1981/ 1.1.1982; BGBl. I 1981 S. 1497]. 13. Dez. Der Haushaltsausschuss beschließt „Änderungen zum Bundeshaushalt 1982“. Die zusätzliche Deckungslücke von 1,5 Mrd. DM aufgrund des Vermittlungsverfahrens und der neuen Schätzung der Steuereinnahmen wird u.a. geschlossen durch die Erhöhung der Gewinnablieferung der Bundesbank um 0,5 Mrd. DM auf 10,5 Mrd. DM, die Verringerung der Haushaltsansätze für Öffentlichkeitsarbeit um 10 vH und die Kürzung in Einzeletats um insgesamt 0,4 Mrd. DM. 14. Dez. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, den Anstieg der öffentlichen Ausgaben bis 1985 eng zu begrenzen und die Defizite deutlich abzubauen. 1982 soll die Nettokreditaufnahme gegenüber den Planungen nicht erhöht werden; vorgesehen ist in den Haushaltsentwürfen eine Neuverschuldung von 55 Mrd. DM. 18. Dez. Nach Ablehnung des Antrages des Vermittlungsausschusses durch den Bundestag (10. Dezember) sowie dem Einspruch des Bundesrates (18. Dezember) verabschiedet der Bundestag neben einer Novelle zum Mineralölsteuergesetz, welche die zunächst bis zum 31. Dezember befristete Heizölsteuer entfristet [RB: 23.7.1981; GE: 21.9.1981/ 8.12.1981; IKT: 1.1.1982; BGBl. I 1981 S. 1561], auch das „Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen“, das u.a. die Tabak-, Branntwein- und Schaumweinsteuer erhöht [RB: 2.9.1981; GE: 28.9.1981/ 28.10.1981; IKT: 1.1./ 1.4./ 1.6.1982; BGBl. I 1981 S. 1562]. Der Bundesrat und der Bundestag (10. Dezember) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das zweite Haushaltsstrukturgesetz. Abweichend vom Regierungsentwurf sieht es u.a. eine Kürzung der Bezüge für Beamtenanwärter, die Beibehaltung des Systems der landwirtschaftlichen Altershilfe, die Kürzung von Sozialhilfeleistungen, die 166 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Nichtanrechnung eigener Einkünfte der Kinder auf den Ausbildungsfreibetrag sowie die Erhaltung des Kinderbetreuungsbetrags, die Beibehaltung der originären Arbeitslosenhilfe (für einen eingeschränkten Personenkreis; Belastung des Bundes 1982: 0,2 Mrd. DM, Entlastung der Gemeinden 1982: 0,2 Mrd. DM) sowie die Beibehaltung des Vorsteuerabzugs für betrieblich genutzte Pkw (Belastung des Bundes 1982: 0,6 Mrd. DM, Belastung der Länder 1982: 0,3 Mrd. DM) vor. Insgesamt ergeben die Änderungen und Ergänzungen für 1982 eine Belastung des Bundes von 1,1 Mrd. DM und eine Entlastung der Länder und Gemeinden von 1,9 Mrd. DM. Fernerhin wird in das Haushaltsstrukturgesetz ein „Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen“ integriert, das die Einführung einer Fehlbelegungsabgabe, Höherverzinsung öffentlicher Altdarlehen, einen bedingten Wegfall der Mietpreisbindung und Schuldennachlass bei vorzeitiger Rückzahlung öffentlicher Darlehen vorsieht [RB: 3.9.1981/ 3.9.1981; GE: 28.9.1981/ 29.10.1981/ 29.10.1981/ 8.12.1981; IKT: 1.1./ 1.2./ 1.4.1982; BGBl. I 1981 S. 1523]. 30. Dez. Die Bundesbank beschließt, am 4. Januar 1982 Wertpapierpensionskäufe durchzuführen (bei einem Zeichnungsvolumen von 10,8 Mrd. DM werden Geschäfte im Umfang von 4,6 Mrd. DM zu einem Zinssatz von 10,25% und einer Laufzeit von 35 Tagen abgeschlossen). 1982 1. Jan. Wesentliche Bestimmungen der Begleitgesetze zum Bundeshaushaltsplan 1982 („Operation '82“) mit dem Ziel der Haushaltsentlastung treten in Kraft. Mehrere Freibetrags- und Höchstbetragsregelungen des Steuerentlastungsgesetzes 1981 und Änderungen nach dem Subventionsabbaugesetz treten in Kraft. Der „Kohlepfennig“ sinkt von 4,5 auf 4,2 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher. 21. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Sonderlombardsatzes von 10,5 auf 10%. 22. Jan. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1982: Die Ausgaben steigen gegenüber dem Ist von 1981 um 3,2 vH auf 240,5 Mrd. DM; die Nettokreditaufnahme wird auf 26,8 Mrd. DM veranschlagt [RB: 3.9.1981; GE: 11.9.1981/ 10.12.1981; IKT: 1.1.1982; BGBl. I 1982 S. 161]. 23. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Probleme der Wohnungswirtschaft“ vor. 28. Jan. Die Bundesbank beschließt zur Ausweitung der Liquidität der Kreditinstitute Offenmarktkäufe von Wertpapieren mit Rückkaufvereinbarung (1. Februar); es werden Geschäfte im Umfang von 8,4 Mrd. DM (bei einem Zeichnungsvolumen von 16,8 Mrd. DM) zu einem Zinssatz von 10% 1982 167 und einer Laufzeit von 35 Tagen abgeschlossen. 3. Febr. Die Bundesregierung beschließt die „Gemeinschaftsinitiative“, die neben Beschäftigungsförderungsmaßnahmen, Veränderungen im Bereich des Mietrechts, die Einführung einer zeitlich begrenzten Investitionszulage, die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze von 13 auf 14 vH und von 6,5 auf 7 vH vom 1. Juli 1983 an eine Aufstockung der Kreditprogramme des ERP- Sondervermögens und der KfW um reichlich 6 Mrd. DM, die Beteiligung der Rentner an den Beiträgen zur GKV vom 1. Januar 1984 statt vom 1. Januar 1985 an sowie eine Erhöhung der Mehrwertsteuersätze von 13 auf 14 vH und von 6,5 auf 7 vH vom 1. Juli 1983 an vorsieht. Mit den zusätzlichen Einnahmen sollen im Jahr 1983 beschäftigungspolitische Maßnahmen, im Jahr 1984 Entlastungen bei der Lohn- und Einkommensteuer finanziert werden. 4. Febr. Die Bundesregierung legt den JWB 1982 vor. Sie rechnet darin für 1982 mit einem Wirtschaftswachstum von 1 bis 1½ vH, einer Preissteigerung von rd. 5½ vH und einem Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von rd. 1 vH. 22. Febr. Im EWS erfolgt die 5. Neuordnung der Leitkurse: Abwertung des Belgischen Franc um 8,5 vH und der Dänischen Krone um 3 vH, was einer Aufwertung der D-Mark gegenüber dem Durchschnitt aller Partnerwährungen um 1,7 vH entspricht. 1. März Die Bundesbank nimmt Wertpapiere für 35 Tage zu einem Zinssatz von 9,8% in Pension. 8. März Die Bundesbank nimmt Wertpapiere für 36 Tage zu einem Zinssatz von 9,75% in Pension. 11. März Die Bundesbank bietet den Kreditinstituten Offenmarktgeschäfte mit Rückkaufvereinbarung über Wechsel an. 18. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 19. März 1982 die Senkung des Sonderlombardsatzes von 10 auf 9,5%. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die Steigerung der Ausgaben von Bund und Ländern in den kommenden Jahren eng zu begrenzen. Eine nachhaltige Eindämmung der Neuverschuldung wird für dringend erforderlich gehalten. Der Anstieg der konsumtiven Ausgaben soll so eng begrenzt werden, dass der Umfang der investiven Ausgaben gehalten werden kann. 23. März Die Bundesbank nimmt Wertpapiere für 34 Tage zu einem Zinssatz von 9,25% in Pension. 29. März Die Bundestagsfraktionen der beiden Regierungsparteien beschließen Änderungen des Haushaltsstrukturgesetzes: Das Taschengeld für Heimbewohner wird neu festgesetzt und die Beitragspflicht zur Sozialversicherung für Nebenverdienste von Beamten und Selbständigen, die 390 DM je Monat übersteigen, wird wieder aufgehoben. 5. April Auslaufende Pensionsgeschäfte werden von der Bundesbank nicht in vollem Um- 168 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland fang erneuert. Für 30 Tage erhalten Banken 5,5 Mrd. DM zu einem Zins von 9,3%. 29. April Im Rahmen einer Kabinettsumbildung übernimmt Manfred Lahnstein (SPD) das Bundesfinanzministerium von Hans Matthöfer und Heinz Westphal (SPD) folgt Herbert Ehrenberg als Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. 30. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1982 ein Wirtschaftswachstum von 0,5 vH, eine Preissteigerung von 4,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH. 6. Mai Die Bundesbank stellt die Gewährung von Sonderlombardkredit zum Satz von 9,5% ein und gewährt ab 7. Mai den Kreditinstituten wieder Lombardkredit zum Satz von 9%. Die FDP lehnt - im Gegensatz zur SPD auf ihrem Münchener Parteitag vom April 1982 - Steuererhöhungen zur Finanzierung weiterer Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit ab. 10. Mai Die Bundesbank nimmt Wertpapiere für 28 Tage zu einem Zinssatz von 8,9% in Pension. Die Bundesbank wiederholt das Angebot am 17. Mai, am 7. Juni und am 9. Juli. 12. Mai Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beschließt einen Kompromiss zur „Gemeinschaftsinitiative“. Darin werden die Einführung einer befristeten Investitionszulage von 10 vH und andere Maßnahmen bestätigt, die für 1983 geplante Erhöhung der Mehrwertsteuersätze wird abgelehnt. 28. Mai Der Bundesrat und der Bundestag (27. Mai) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz über steuerliche und sonstige Maßnahmen für Arbeitsplätze, Wachstum und Stabilität (Beschäftigungsförderungsgesetz)“, das einen Teil der am 3. Februar beschlossenen Gemeinschaftsinitiative darstellt. Es sieht u.a. die Einführung einer zeitlich begrenzten Investitionszulage in Höhe von 10 vH für bewegliche Wirtschaftsgüter des betrieblichen Anlagevermögens sowie für Betriebsgebäude (Mindereinnahmen: 4 Mrd. DM); sowie die Beteiligung der Rentner an den Beiträgen zur GKV vom 1. Januar 1984 statt vom 1. Januar 1985 an (Zuschüsse des Bundes an die GRV werden entsprechend gekürzt; Minderausgaben: 1,4 Mrd. DM) vor [RB: 1.3.1982; GE: 23.3.1982/ 25.3.1982/ 12.5.1982; IKT: 9.6.1982, 1.1.1984; BGBl. I 1982 S. 641]. 6. Juni In Versailles (Frankreich) findet der achte Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Teilnehmer verpflichten sich, „ihre wirtschafts- und währungspolitische Zusammenarbeit zu intensivieren“. Divergenzen gibt es bei der Haltung gegenüber dem Ostblock (insbesondere bei der Kreditvergabe). 14. Juni Im EWS wird die sechste Neuordnung der Leitkurse vorgenommen: Aufwertung der D-Mark und des Holländischen Gulden um jeweils 4,25 vH sowie Abwertung des Französischen Franc um 5,75 vH und der Italienischen Lira um 2,75 vH, was einer Aufwertung der D-Mark gegenüber dem 1982 169 Durchschnitt aller Partnerwährungen um 5,7 vH entspricht. 16. Juni Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Nachtrags zum Bundeshaushalt 1982. Das Haushaltsvolumen erhöht sich durch Mehrausgaben, vor allem an die BA, um 5,2 Mrd. DM auf 245,7 Mrd. DM; die Steigerung der Ausgaben gegenüber dem Ist von 1981 beläuft sich auf 5,5 vH. Zudem wird mit Mindereinnahmen bei den Steuern von 2,1 Mrd. DM und einem geringen Mehr bei den Verwaltungseinnahmen gerechnet. Die Nettokreditaufnahme erhöht sich entsprechend um 7,1 Mrd. DM auf 33,9 Mrd. DM. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 23. Juni die Erhöhung der Rediskontkontingente um 5 Mrd. DM sowie der Linie für die Einreichung von Privatdiskonten um 0,5 Mrd. DM. 30. Juni Die Bundesregierung einigt sich nach langandauernden Auseinandersetzungen (vor allem um die Neuverschuldung) über die Eckwerte des Bundeshaushalts 1983. Wie von der FDP gefordert, wird die Nettokreditaufnahme begrenzt und mit Einsparungen im Sozialbereich begonnen. Steuervergünstigungen sollen abgebaut und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auf 4,5 vH angehoben werden. 1. Juli Die Bundesbank bekräftigt im Zuge der periodischen Überprüfung des Geldmengenziels ihre Absicht, unter günstigen stabilitätspolitischen Voraussetzungen das monetäre Wachstum im Hinblick auf die schwache Binnenkonjunktur auch für den Rest des Jahres in der oberen Hälfte des Zielkorridors zu halten. 7. Juli Die Bundesregierung beschließt den Haushaltsentwurf für 1983 und den Finanzplan bis 1986. Die Ausgaben steigen 1983 gegenüber dem Soll einschließlich dem Nachtrag für das Jahr 1982 um 1,9 vH auf 250,5 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme ist 1983 auf 28,4 Mrd. DM veranschlagt; bis 1986 ist ein Abbau auf 19,6 Mrd. DM vorgesehen. Zur Entlastung des Haushalts schlägt die Bundesregierung die Kürzung von Finanzhilfen und verwandten Ausgabeansätzen (Minderausgaben des Bundes 1983: 1 Mrd. DM), den Abbau von Steuervorteilen (Mehreinnahmen des Bundes 1983: 0,5Mrd. DM) sowie die Dämpfung des Anstiegs der Sozialausgaben (Minderausgaben des Bundes: 8 Mrd. DM) vor; hierzu sollen u.a. stufenweise von 1983 an ein Krankenversicherungsbeitrag der Rentner eingeführt, die Beiträge für Arbeitslose an die GRV und GKV vom Jahr 1983 an nur noch in Höhe von 70 vH und nicht mehr wie bisher nach dem vollen letzten Bruttoarbeitsentgelt berechnet, der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung für drei Jahre von 4,0 auf 4,5 vH erhöht und die Bundeszuschüsse an die GRV im Jahre 1983 einmalig gekürzt werden. Außerdem soll die GKV durch die Einführung mehrerer Maßnahmen der Selbstbeteiligung der Versicherten um rund 1,5 Mrd. DM entlastet werden. 6. Aug. Die Bundesbank nimmt Wertpapiere für 28 Tage zu einem Zinssatz von 8,85% in Pension. 18. Aug. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt ein „Gutachten zur Reform der Gemeindesteuern in der Bundesrepublik Deutschland“ vor. 170 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 26. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 7,5 auf 7% und des Lombardsatzes von 9 auf 8%. 1. Sept. Bundeskanzler Schmidt fordert Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff auf, seine vom Regierungsprogramm abweichenden wirtschaftspolitischen Vorstellungen zu skizzieren. 3. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Oktober die Senkung der Mindestreservesätze um 10 vH (Liquiditätsfreigabe: 5,5 Mrd. DM). Auslaufende Wertpapierpensionsgeschäfte werden erneuert. Der Zinssatz beträgt 7,5% bei einer Laufzeit von 28 Tagen. 9. Sept. Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff legt sein „Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“ (Lambsdorff-Papier) vor, das erhebliche Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionsparteien auslöst. Er fordert darin u.a. eine wachstums- und beschäftigungsorientierte Haushaltspolitik, Eingriffe in das soziale Netz sowie eine unternehmerfreundlichere Politik. 15. Sept. Die Bundesbank nimmt Wertpapiere für 28 Tage zu einem Zinssatz von 7,75% in Pension. 17. Sept. Bruch der SPD-FDP-Koalition - die vier FDP-Minister verlassen das Bundeskabinett. Bundeskanzler Schmidt bildet eine SPD-Minderheitsregierung, in der Finanzminister Lahnstein auch das Wirtschaftsministerium übernimmt. Bundeskanzler Schmidt erklärt seine Bereitschaft, über die Vertrauensfrage im Bundestag den Weg zu Neuwahlen zu öffnen. 23. Sept. Die Bundesbank beschließt, die Mindestreservesätze für Inlands- und Auslandsverbindlichkeiten der Kreditinstitute ab 1. Oktober um 10 vH zu senken (Liquiditätsfreigabe: 5,5 Mrd. DM). 28. Sept. CDU/ CSU und FDP einigen sich auf ein gemeinsames Sachprogramm für eine Regierungskoalition, darunter auf eine Entlastung des Bundeshaushalts 1983 durch Einsparungen bei gesetzlichen Leistungen und Subventionen sowie auf Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. 1. Okt. Auf Antrag der CDU/ CSUsowie der FDP- Fraktion wählt der Bundestag in einem konstruktiven Misstrauensvotum Dr. Helmut Kohl (CDU) zum Bundeskanzler. Er bildet eine von CDU/ CSU und FDP getragene Koalitionsregierung. Die Regierung wird am 6. November aus acht Ministern der CDU und aus jeweils vier Ministern der CSU sowie der FDP gebildet; Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU) wird Finanzminister, Otto Graf Lambsdorff wird Wirtschaftsminister, Dr. Norbert Blüm (CDU) übernimmt das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung. Die Bundesbank verlängert auslaufende Wertpapierpensionsgeschäfte in vollem Umfang zu einem Zins von 7,5% für 32 Tage. 1982 171 9. Okt. Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur wirtschaftlichen Lage im Oktober 1982“ vor. 11. Okt. Der Bundestag verabschiedet den ersten Nachtragshaushalt 1982 mit einem Haushaltsvolumen von 245,9 Mrd. DM und einer Nettokreditaufnahme von 33,8 Mrd. DM [RB: 16.6.1982; GE: 18.6.1982/ 9.9.1982; IKT: 1.1.1982; BGBl. I 1982 S. 1389]. 21. Okt. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 7 auf 6% und des Lombardsatzes von 8 auf 7%. 26. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1982 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 1 vH, eine Preissteigerung von 5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH; für 1983 eine Stagnation des Wachstums, eine Preissteigerung von 3,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH. 27. Okt. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines zweiten Nachtrags zum Bundeshaushalt 1982, den Entwurf des Bundeshaushalts 1983 sowie den Entwurf des „Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983)“. - Entwurf eines zweiten Nachtrags zum Bundeshaushalt 1982: Die Ausgaben des Bundes steigen um 0,6 Mrd. DM auf 246,6 Mrd. DM, die Steigerung gegenüber dem Ist von 1981 erhöht sich dadurch auf 5,9 vH. Die Einnahmen vermindern sich wegen der Verschlechterung der wirtschaftlichen Entwicklung um 4,4 Mrd. DM sowie wegen des Fortfalls der Ausgleichszahlung der Länder aufgrund der Kürzung des Kindergeldes um 1 Mrd. DM. Die Finanzierung des zusätzlichen Fehlbetrages erfolgt über eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme um 6 Mrd. DM auf 39,9 Mrd. DM. - Entwurf des Bundeshaushalts 1983: Die Ausgaben steigen gegenüber dem Soll einschließlich dem zweiten Nachtrag für das Jahr 1982 um 2,9 vH auf 253,8 Mrd. DM. Gegenüber dem Entwurf der vorherigen Bundesregierung betragen die Ausgabensteigerungen 3,3 Mrd. DM, die Einnahmeminderungen 11 Mrd. DM. Die Finanzierung dieses zusätzlichen Fehlbetrages erfolgt über eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme um 13 Mrd. DM auf 41,5 Mrd. DM und eine Erhöhung der Gewinnablieferung der Bundesbank um 1 Mrd. DM auf 11 Mrd. DM. Zur Begrenzung des Ausgabenanstiegs sollen der Zuschuss an die BA verringert (Minderausgaben: 1,9 Mrd. DM), soziale Leistungen gekürzt (Minderausgaben: 1,7 Mrd. DM), Subventionen abgebaut (Minderausgaben: 0,5 Mrd. DM), die Lohn- und Gehaltssteigerung im öffentlichen Dienst begrenzt (Minderausgaben: 0,8 Mrd. DM) sowie Ausgaben im Haushaltsverfahren um 1,1 Mrd. DM verringert werden. - Steuerliche Beschlüsse: Rücknahme der von der alten Bundesregierung vorgesehenen Begrenzung des Steuervorteils beim Ehegatten-Splitting sowie der Anhebung des Steuersatzes bei der Besteuerung der Rücklagen für Betriebspensionen. - Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Juli 1983 von 13 auf 14 vH und von 6,5 auf 7 vH (Mehreinnahmen 1983: 3 Mrd. DM). - Erhebung einer unverzinslichen, rückzahlbaren Investitionshilfeabgabe in Höhe von 5 vH der Steuerschuld bei steuerpflichtigen Einkommen von 50 000/ 100 000 DM (Ledige/ 172 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Verheiratete) in den Jahren 1983 und 1984; befreit sind Steuerpflichtige, die mindestens das Fünffache der andernfalls von ihnen zu zahlenden Abgabe im eigenen Unternehmen für Investitionen aufwenden. Die Rückzahlung soll unverzinst in den Jahren 1987 bis 1989 erfolgen (Mehreinnahmen insgesamt: 2,5 Mrd. DM). - Einführung eines Kinderfreibetrages von 432 DM je Kind und Wegfall der Abzugsmöglichkeit von Kinderbetreuungskosten (Mehreinnahmen 1984: 0,5 Mrd. DM). - Halbierung der Ausbildungsfreibeträge ab 1984 (Mehreinnahmen 1984: 0,3 Mrd. DM). - Verminderung des Anteils des Bundes am Aufkommen aus den Steuern vom Umsatz zugunsten der Länder um 1 Prozentpunkt auf 66,5 vH (Mindereinnahmen: 1 Mrd. DM). - Fortfall der Ausgleichszahlungen der Länder aufgrund der Kürzung des Kindergeldes (Mindereinnahmen: 1 Mrd. DM). - Die Beschlüsse zur Wiederbelebung der Wirtschaft umfassen u.a.: Die Aufstockung der Mittel des Bundes für Gemeinschaftsaufgaben (Mehrausgaben: 0,5 Mrd. DM). - Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen. Absetzbarkeit von Schuldzinsen bis 10 000 DM für die Dauer von drei Jahren für bis einschließlich 1986 neugebautes selbstgenutztes Wohneigentum (Mindereinnahmen: 0,4 Mrd. DM, davon beim Bund: 0,2 Mrd. DM). Erleichterungen bei der Gewerbesteuer und Ausgleich der den Gemeinden entstehenden Einnahmenausfälle durch Senkung der Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder (Mindereinnahmen: 1983: 1,5 Mrd. DM, davon beim Bund: 1 Mrd. DM). - Förderung des sozialen Wohnungsbaus mit Mitteln aus der Investitionshilfeabgabe (Mehrausgaben: 2 Mrd. DM). - Zinsverbilligungen bei der Zwischenfinanzierung von Bausparverträgen um 2,5 Prozentpunkte bei Krediten bis 80 000 DM zuzüglich 15 000 DM je Kind (Mehrausgaben: 0,5 Mrd. DM). - Beschlüsse im Bereich der Arbeitslosenversicherung: Erhöhung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung von 4 auf 4,6 vH zum 1. Januar 1983 (Mehreinnahmen: 3,6 Mrd. DM). - Bemessung der Beiträge an die GRV für Leistungsempfänger der BA nach der Höhe der Lohnersatzleistung. (Minderausgaben: 3,3 Mrd. DM). - Stärkere Differenzierung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung nach der Dauer der Beitragszahlung (Minderausgaben: 0,5 Mrd. DM). - Verringerung der Förderungssätze für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation (Minderausgaben: 0,5 Mrd. DM). - Kürzung der Mittel zur Förderung der deutschen Sprache von Aussiedlern, Asylanten und Flüchtlingen (Minderausgaben: 0,1 Mrd. DM). - Beschlüsse im Bereich der GRV: Verschiebung der Rentenanpassung vom 1. Januar 1983 auf den 1. Juli 1983 (Minderausgaben: 3 Mrd. DM). - Beteiligung der Rentner an den Kosten ihrer Krankenversicherung in Höhe von 1 vH des Rentenbetrages vom 1. Juli 1983 an (3 vH ab 1. Juli 1984 sowie 5 vH ab 1. Juli 1985; Minderausgaben 1983: 0,7 Mrd. DM). - Kürzung der Beitragspauschale an die GKV der Rentner (Minderausgaben: 1,2 Mrd. DM). - Verringerung des Zuschusses des Bundes an die GRV im Jahr 1983 (Mindereinnahmen: 0,9 Mrd. DM). - Erhöhung der Beitragssätze zur GRV von 18 auf 18,5 vH vom 1. September 1983 an (Mindereinnahmen: 0,8 Mrd. DM). - Beschlüsse im Bereich der GKV: Kürzung der Beitragspauschale der GRV (Mindereinnahmen: 1,2 Mrd. DM). - Zuzahlung der Versicherten bei Krankenhausaufenthalten und bei Kuren (Mehreinnahmen: 0,3 Mrd. DM). - Anhebung der Rezeptgebühr von 1,50 DM auf 2 DM je Arzneimittel (Minderausgaben: 0,3 Mrd. DM). - Herausnahme von „Bagatell-Arzneimitteln“ aus 1982 173 der Erstattungspflicht (Minderausgaben: 0,5 Mrd. DM). Durch das „Haushaltsbegleitgesetz 1983“ werden die Haushalte der Gebietskörperschaften per Saldo um 18 Mrd. DM entlastet. 8. Nov. Die Bundesbank nimmt Wertpapiere für 28 Tage zu einem Zinssatz von 6,9% in Pension. 21. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1982/ 83 vor. Er prognostiziert für 1982 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 1 vH, eine Preissteigerung von 5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH. Für 1983 werden ein Wachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 4 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1½ vH prognostiziert. 29. Nov. Der Finanzplanungsrat bekräftigt seine Auffassung, dass 1983 und in den folgenden Jahren die Politik strikter Ausgabenbegrenzung und eine schrittweise Verringerung der strukturellen Defizite zu den Voraussetzungen für eine günstigere gesamtwirtschaftliche Entwicklung gehören. 2. Dez. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 6 auf 5% und des Lombardsatzes von 7 auf 6%. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für das Jahr 1983 die Ausweitung der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1982 bis zum 4. Vj. 1983 innerhalb eines Bandes von 4 bis 7 vH. Der bisherige Kurs einer Ausweitung in der oberen Hälfte der Bandbreite soll fortgeführt werden, „solange die Konjunkturschwäche im Vordergrund der wirtschaftspolitischen Probleme steht und die Preis- und Kostenentwicklung sowie die außenwirtschaftliche Lage dies zulassen“. 9. Dez. Die BA gibt bekannt, dass im November 1982 die Zahl der registrierten Arbeitslosen die Zwei-Millionen-Grenze (2,04 Mill.) überschritten hat. 15. Dez. Der Bundestag verabschiedet einen zweiten Nachtrag zum Bundeshaushalt 1982. Die Gesamtausgaben des Bundes erhöhen sich auf rund 246,4 Mrd. DM, die Nettokreditaufnahme wird auf fast 40 Mrd. DM veranschlagt [RB: 27.10.1982; GE: 5.11.1982 / 9.12.1982; IKT: 1.1.1982; BGBl. I 1982 S. 1802]. 16. Dez. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1983, der ein Volumen von 253,2 Mrd. DM und eine Nettokreditaufnahme von 40,9 Mrd. DM aufweist [RB: 7.7.1982/ 27.10.1982; GE: 27.8.1982/ 5.11.1982/ 9.12.1982/ 9.12.1982/ 9.12.1982; IKT: 1.1.1983; BGBl. I 1982 S. 1811]. 17. Dez. Bundeskanzler Kohl verliert verabredungsgemäß die Abstimmung über die Vertrauensfrage im Bundestag; dies schafft die Voraussetzung für die Auflösung des Bundestags und die für den 6. März 1983 vorgesehenen Neuwahlen [BGBl. I 1983 S. 1]. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Haushaltsbegleitgesetz 1983 (BT- Beschluss: 16. Dezember) sieht eine Entlastung für Bund, Länder und Ge- 174 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland meinden von insgesamt 17,8 Mrd. DM (davon 5,5 Mrd. DM für den Bund) vor [RB: 27.10.1982; GE: 30.11.1982/ 9.12.1982; IKT: 1.7.1983; BGBl. I 1982 S. 1857, BGBl. I 1983 S. 311]. - Das „Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen“ (BT-Beschluss: 10. Dezember) erleichtert Mietanhebungen und erlaubt Vereinbarungen über einen zeitlich gestaffelten Mietzins sowie den Abschluss von Zeitmietverträgen [RB: -; GE: 5.11.1982/ 8.12.1982; IKT: 1.1.1983; BGBl. I 1982 S. 1912]. - Das Grunderwerbsteuergesetzes (BT- Beschluss: 24. November) ersetzt 68 Gesetze und Verordnungen sowie 131 Einzelvorschriften, führt damit zu einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung und beseitigt gleichzeitig die Rechtszersplitterung auf diesem Gebiet. Der Steuersatz wird beim Grundstückserwerb von 7 auf 2 vH gesenkt. Die durch die Herabsetzung des Steuersatzes verursachten Steuerausfälle sollen durch den Abbau der Steuerbefreiungen ausgeglichen werden [RB: -; GE: 19.3.1981/ 12.11.1982; IKT: 1.1.1983; BGBl. I 1982 S. 1777]. 1983 1. Jan. Wesentliche Teile des „Haushaltsbegleitgesetzes 1983“ treten in Kraft. Der „Kohlepfennig“ wird von 4,2 auf 3,5 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher gesenkt. 20. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Februar die Erhöhung der Rediskontkontingente um 4 Mrd. DM sowie der Linie für die Einreichung von Privatdiskonten um 0,5 Mrd. DM. 27. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1983 vor. Sie rechnet darin für 1983 mit einem Wirtschaftswachstum von rd. 0 vH, einem Preisanstieg von rd. 4 vH und einem Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 bis 2 vH. 18. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Konjunkturpolitik - neu betrachtet“ vor. 6. März Bei den Wahlen zum zehnten Deutschen Bundestag verfehlen die Unionsparteien mit einem Stimmenanteil von 48,8 vH (CDU: 38,2 vH; CSU: 10,6 vH) knapp die absolute Mehrheit. Die FDP erreicht 7,0 vH (Verlust von 3,6 Prozentpunkten gegenüber der Bundestagswahl 1980) und stellt weiterhin gemeinsam mit den Unionsparteien die Regierungskoalition. Die Sozialdemokraten verzeichnen ebenfalls Stimmenverluste und erreichen 38,2 vH der Stimmen. Erstmals seit 1957 zieht mit den Grünen (5,6 vH) eine vierte Fraktion in den Bundestag ein. 17. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 5 auf 4% und des Lombardsatzes von 6 auf 5% sowie mit Wirkung vom 5. April die Kürzung der Rediskontkontingente um 5 Mrd. DM. 21. März Im EWS wird die siebente Neuordnung der Leitkurse vorgenommen: Aufwertung der D-Mark um 5,5 vH, des Holländischen Gul- 1983 175 den um 3,5 vH, der Dänischen Krone um 2,5 vH und des Belgischen Franc um 1,5 vH sowie Abwertung des Französischen Franc um 2,5 vH, der Italienischen Lira um 2,5 vH und des Irischen Pfundes um 3,5 vH. Dies entspricht einer Aufwertung der D-Mark gegenüber dem Durchschnitt der Partnerwährungen um 5,5 vH. 29. März Helmut Kohl wird vom Bundestag erneut zum Bundeskanzler gewählt und legt seinen Amtseid ab. Am Folgetag erfolgt die Bildung der Bundesregierung. Das Kabinett besteht aus acht Ministern der CDU, fünf Ministern der CSU sowie drei Ministern der FDP; Gerhard Stoltenberg bleibt Finanzminister, Otto Graf Lambsdorff Wirtschaftsminister und Norbert Blüm Minister für Arbeit und Sozialordnung. 31. März Der Gouverneursrat des IWF beschließt, den Gesamtumfang der Quoten im Rahmen der achten Allgemeinen Quotenüberprüfung von 61 Mrd. auf 90 Mrd. SZR zu erhöhen. Ebenso wird vereinbart, die Refinanzierungsmöglichkeiten des IWF im Rahmen der Allgemeinen Kreditvereinbarungen zu erweitern und deren Volumen von 6,5 Mrd. SZR auf 17 Mrd. SZR aufzustocken. 28. April Der Finanzplanungsrat empfiehlt, zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte den Anstieg der öffentlichen Ausgaben in der mittelfristigen Finanzplanung auf 3 vH zu beschränken. Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte soll durch Begrenzung der Ausgaben und nicht durch Erhöhung von Steuern und Abgaben erreicht werden; die Einsparmaßnahmen sollen beim öffentlichen Dienst, bei Sozialausgaben und Subventionen ansetzen. 30. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1983 ein Wirtschaftswachstum von 0,5 vH, eine Preissteigerung von 3 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH. 18. Mai Die Bundesregierung fasst Grundsatzbeschlüsse zum Bundeshaushalt 1984 und zur mittelfristigen Finanzplanung bis 1987: Die Ausgaben steigen darin 1984 gegenüber dem Soll für das Jahr 1983 um rund 2 vH und in den Folgejahren jeweils um rund 3 vH. Die Nettokreditaufnahme wird 1984 auf unter 40 Mrd. DM zurückgeführt, bis 1987 ist ein Abbau auf 25 Mrd. DM vorgesehen. Diese Verringerung soll durch Kürzung von konsumtiven Ausgaben erreicht werden: - Einsparungen im Bundeshaushalt 1984: Kürzung des Zuschusses an die BA (Minderausgaben: 2,7 Mrd. DM); Verschiebung der Erhöhung von Löhnen und Gehältern des öffentlichen Dienstes auf den 1. April 1985 (Minderausgaben: 0,8 Mrd. DM); Verringerung der Ausgaben im Sozialbereich, darunter der Zuschüsse an die knappschaftliche Rentenversicherung und die landwirtschaftliche Altershilfe, der Ausgaben für Mutterschaftsurlaubsgeld und für Schwerbehinderte (Minderausgaben: 1,7 Mrd. DM); Kürzungen von Ausgaben im Haushaltsverfahren (Minderausgaben: 1,4 Mrd. DM). Bei Ländern, Gemeinden, Bundesbahn, Bundespost und Sozialversicherungen führen diese Maßnahmen 1984 zu Entlastungen von zusammen 5 Mrd. DM. - Maßnahmen im Steuerbereich (Steuerentlastungsgesetz 1984): zum Ausgleich für Mehreinnahmen aus der Anhebung der Mehrwertsteuersätze zum 1. Juli ist u.a. eine Entlastung der gewerblichen Wirtschaft bei der Vermögensteuer so- 176 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland wie den Ertragsteuern vor allem durch Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten vorgesehen (Mindereinnahmen: 3,5 Mrd. DM). - Maßnahmen bei der BA: Kürzung von Ausgaben, vor allem Senkung der Sätze für Lohnersatzleistungen an Arbeitslose ohne Kinder (Minderausgaben: 1,7 Mrd. DM); Erhöhung der Einnahmen durch Einbeziehung von Einmalzahlungen - wie Urlaubs-, Weihnachts- und Krankengeld - in die Beitragspflicht sowie durch Fortfall des Weihnachtsfreibetrages bei der Berechnung der Beitragshöhe (Mehreinnahmen: 0,9 Mrd. DM). - Maßnahmen bei der GRV: Verschärfung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten; Ersetzung der Kinderzuschüsse durch das Kindergeld bei neuen Renten; Einbeziehung von Einmalzahlungen und Krankengeld in die Beitragspflicht sowie Wegfall des Weihnachtsfreibetrages von 100 DM bei der Berechnung der Beitragshöhe (Minderausgaben: 1,8 Mrd. DM; Mehreinnahmen: 3,7 Mrd. DM); Anhebung der Renten entsprechend der Erhöhung der Bruttolöhne und -gehälter im Vorjahr statt - wie bisher - im Durchschnitt der letzten drei Jahre davor. 28.-30. Mai In Williamsburg (Vereinigte Staaten) findet der neunte Weltwirtschaftsgipfel statt. Das große Haushaltsdefizit und die hohen Zinsen in den Vereinigten Staaten werden kritisiert. 14. Juni Die Bundesregierung beschließt eine Beihilfe für die deutsche Stahlindustrie in Höhe von 3 Mrd. DM bis Ende 1985. 25. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Vermindert Arbeitszeitverkürzung die Arbeitslosigkeit? “ vor. 29. Juni Die Bundesregierung verabschiedet auf der Basis der Grundsatzbeschlüsse vom 18. Mai den Entwurf des Bundeshaushaltsplans 1984 sowie die Finanzplanung bis 1987. Die Ausgaben sind für 1984 mit 257,8 Mrd. DM um 1,8 vH höher angesetzt als im Haushaltsplan 1983. In den Folgejahren ist die Steigerung auf 2,8 vH (1985), 3 vH (1986) und 2,9 vH (1986) veranschlagt. Das Finanzierungsdefizit soll im Jahre 1984 auf 37,5 Mrd. DM beschränkt und bis 1987 schrittweise auf 22,5 Mrd. DM zurückgeführt werden. Gleichzeitig werden mehrere Gesetzesentwürfe beschlossen. Der Entwurf zum „Haushaltsbegleitgesetz 1984“ sieht für die öffentlichen Haushalte Entlastungen von insgesamt rund 10 Mrd. DM vor. Die Einsparungen bei gesetzlichen Leistungen der Gebietskörperschaften und der Sozialversicherungen belaufen sich auf 5 Mrd. DM; zudem sollen der Sozialversicherung durch die stärkere Einbeziehung von Sonderzahlungen und des Krankengeldes in die Beitragspflicht Mehreinnahmen in Höhe von rd. 5 Mrd. DM zufließen. Weitere Einsparungen sind vor allem durch eine Verschiebung der Lohn- und Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst vorgesehen. Zudem soll der Erhebungszeitraum für die Investitionshilfeabgabe bis einschließlich 1985 verlängert werden. Der Entwurf zum „Gesetz zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984)“ beinhaltet Verbesserungen der steuerlichen Rahmenbedingungen. Danach soll auch die zweite Hälfte des zusätzlichen Aufkommens aus der Mehrwertsteuer- 1983 177 erhöhung von Mitte 1983 für Steuersenkungen, insbesondere für die vermögensteuerliche Entlastung der Wirtschaft und für Sonderabschreibungen, verwendet werden. Ferner beschließt die Bundesregierung, einem Kreditersuchen der DDR in Höhe von 1 Mrd. DM zuzustimmen. Nach Verhandlungen durch den bayerischen Ministerpräsidenten Strauß gewährt ein Bankenkonsortium unter Führung der Bayerischen Landesbank der DDR-Außenhandelsbank die Kreditsumme in zwei Tranchen zu jeweils 0,5 Mrd. DM in einem angemessenen zeitlichen Abstand und zu marktüblichen Konditionen. Die Bundesregierung übernimmt hierzu eine Bürgschaft und verbindet mit dieser Entscheidung die Erwartung an eine Verbesserung der Beziehungen zur DDR. 30. Juni Die Bundesbank bekräftigt im Zuge der periodischen Überprüfung des Geldmengenziels ihr monetäres Wachstumsziel für 1983. 1. Juli Erhöhung der Mehrwertsteuersätze von 13 auf 14 vH und von 6,5 auf 7 vH treten in Kraft. 7. Juli Die Bundesbank nimmt nach längerer Unterbrechung wieder Wertpapierpensionsgeschäfte mit den inländischen Kreditinstituten auf. Auch im weiteren Verlauf des Jahres wird den Banken zusätzliche Liquidität nur in kurzfristig reversibler Form zu marktgerechten Konditionen zur Verfügung gestellt. 1. Sept. Der Beitragssatz zur GRV steigt von 18 auf 18,5 vH des beitragspflichtigen Entgelts. 8. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Lombardsatzes von 5 auf 5,5%. 21. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1983 ein Wirtschaftswachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 3 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH; für 1984 werden ein Wachstum von 2 vH, eine Preissteigerung von 3 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 2. Nov. Die durch die Zahlungsunfähigkeit der IBH- Holding in eine Krise geratene SMH-Bank wird in einer gemeinsamen Rettungsaktion von 20 deutschen Banken mit 490 Mill. DM gestützt. 21. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1983/ 84 vor. Er prognostiziert für 1983 ein Wirtschaftswachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 3 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH. Für 1984 werden ein Wachstum von 2½ vH, eine Preissteigerung von 3 vH und eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen prognostiziert. 25. Nov. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (10. November) verabschiedeten „Gesetz zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ zu. Durch ein befristetes Angebot von finanziellen Anreizen soll die 178 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Rückkehrbereitschaft von ausländischen Erwerbspersonen gefördert werden [RB: 22.6.1983; GE: 6.9.1983/ 26.10.1983; IKT: 31.11.1983; BGBl. I 1983 S. 1377]. 2. Dez. Der Finanzplanungsrat teilt die Auffassung des SVR, dass der Konsolidierungskurs die wirtschaftliche Erholung nicht behindert, sondern im Gegenteil eher gefördert hat. Er unterstreicht, dass 1984 und in den folgenden Jahren dem schrittweisen Abbau der staatlichen Defizite Vorrang einzuräumen ist und die Konsolidierung bei den Ausgaben ansetzen sollte. 9. Dez. Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsgesetz 1984, wonach die Ausgaben gegenüber dem Soll für das Jahr 1983 um 1,6 vH auf 257,1 Mrd. DM steigen; die Nettokreditaufnahme beträgt 33,6 Mrd. DM [RB: 29.6.1983; GE: 26.8.1983/ 1.12.1983/ 1.12.1983; IKT: 1.1.1984; BGBl. I 1983 S. 1516]. 15. Dez. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für das Jahr 1984 die Ausweitung der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1983 bis zum 4. Vj. 1984 innerhalb eines Bandes von 4 bis 6 vH. 16. Dez. Der Bundesrat stimmt mehreren vom Bundestag (9. Dezember) verabschiedeten Gesetzen zu: - Das Haushaltsbegleitgesetz 1984 sieht u.a. eine Minderung der Rentenerhöhung durch Aktualisierung der Berechnungsgrundlage (Minderausgaben: 1,7 Mrd. DM), Einschränkung der Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (Minderausgaben: 1,6 Mrd. DM), Kürzung des Mutterschaftsurlaubsgeldes (Minderausgaben: 0,3 Mrd. DM) sowie sonstige Einsparungen (Minderausgaben: 2 Mrd. DM) vor. Außerdem erfolgt die verstärkte Einbeziehung der Sonderzahlungen und des Krankengeldes in die Beitragspflicht zur Sozialversicherung (Mehreinnahmen: 5,8 Mrd. DM). Die Entlastung insgesamt beträgt bei Gebietskörperschaften, Sozialversicherung, Bahn und Post 9,9 Mrd. DM (davon beim Bund 4,3 Mrd. DM). Die durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 eingeführte Investitionshilfeabgabe wird um ein Jahr bis einschließlich 1985 verlängert, die Rückzahlung soll ab 1990 erfolgen [RB: 29.6.1983; GE: 2.9.1983/ 24.11.1983; IKT: 1.1.1979, 1.1.1982, 1.1./ 1.7./ 30.12./ 31.12.1983, 1.1./ 1.4.1984, 1.1.1985; BGBl. I 1983 S. 1532, BGBl. I 1984 S. 107, 261]. - Das Steuerentlastungsgesetz 1984 sieht u.a. Entlastungen bei der Vermögensteuer (Mindereinnahmen: 1,3 Mrd. DM), die Einräumung von Sonderabschreibungen für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen (Mindereinnahmen: 1,4 Mrd. DM), sonstige Entlastungen (Mindereinnahmen: 0,4 Mrd. DM) sowie die Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Mehreinnahmen: 0,1 Mrd. DM) vor [RB: 29.6.1953; GE: 2.9.1983/ 5.9.1983/ 25.11.1983; IKT: 29.12.1983, 1.1./ 1.4.1984; BGBl. I 1983 S. 1583]. - Das Vermögensbeteiligungsgesetz soll zur Beteiligung von Arbeitnehmern am Produktivkapital der Wirtschaft anregen, die Investitionsfähigkeit der Unternehmen stärken und zur Zurückhaltung bei Nominallohnabschlüssen beitragen. Es sieht u.a. die Aufstockung des Förderungsrahmens - beschränkt auf Beteiligungen an Produktivvermögen - von 624 DM auf 936 DM vor [RB: 29.6.1983; GE: 2.9.1983/ 30.11.1983; IKT: 29.12.1983; BGBl. I 1983 S. 1592]. 1983/ 1984 179 - Das Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz erhöht die entsprechende Zulage auf 20 vH (Steuermindereinnahmen 1984: 0,3 Mrd. DM; 1985 0,36 Mrd. DM, wovon jeweils die Hälfte auf den Bund entfällt) [RB: 29.6.1983; GE: 2.9.1983/ 5.9.1983/ 24.11.1983; IKT: 25.12.1983; BGBl. I 1983 S. 1570]. 19. Dez. Die Bundesregierung beschließt einen Entwurf zum „Gesetz zur Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den Ruhestand (Vorruhestandsgesetz)“. Von 1984 bis 1988 können Arbeitnehmer mit 59 Jahren vorzeitig in den Ruhestand treten. Das Vorruhestandsgeld, das der Steuersowie der Sozialversicherungspflicht unterliegt, beträgt 65 vH des letzten Bruttolohnes und ist vom Arbeitgeber zu zahlen; dieser erhält von der BA einen Zuschuss von 40 vH, wenn er für den ausgeschiedenen Arbeitnehmer einen Arbeitslosen oder einen Lehrling einstellt. Voraussetzung für die Anwendung des Gesetzes ist eine Betriebsvereinbarung oder eine tarifvertragliche Regelung. Betriebe mit weniger als zwanzig Beschäftigten sind auch bei entsprechendem Tarifvertrag zur Gewährung des Vorruhestandsgeldes nicht verpflichtet. Die öffentlichen Arbeitgeber wollen die Regelung nicht anwenden. 30. Dez. Mit der Einzahlung des Erhöhungsbeitrages beim IWF beträgt die neue IWF-Quote der Bundesrepublik 5,4 Mrd. SZR. 1984 1. Jan. Wesentliche Teile des Haushaltsbegleitgesetzes 1984, das Steuerentlastungsgesetz 1984 und das Vermögensbeteiligungsgesetz treten in Kraft. 2. Febr. Die Bundesregierung legt den JWB 1984 vor. Sie rechnet darin für 1984 mit einem Wirtschaftswachstum von rd. 2½ vH, einem Preisanstieg von rd. 3 vH und einer unveränderten Zahl von Erwerbstätigen. 5. April Der Finanzplanungsrat hält es für erforderlich, den Anstieg der öffentlichen Ausgaben mittelfristig auf eine Größenordnung von jährlich 3 vH zu begrenzen und die Neuverschuldung weiter abzubauen; die Maßnahmen zur Förderung der Familien und Änderungen der Lohn- und Einkommensbesteuerung sollen im Einklang mit der unverändert vorrangigen Aufgabe der Haushaltskonsolidierung stehen. 6. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (29. März) verabschiedeten „Gesetz zur Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den Ruhestand“ zu. Gegenüber dem von der Bundesregierung verabschiedeten Entwurf ergeben sich folgende Änderungen: Herabsetzung der Altersgrenze von 59 auf 58 Jahre („59er-Regelung“); Verringerung des Zuschusses der BA von 40 auf 35 vH; Verpflichtung zur Anwendung des Gesetzes nur für bis zu 5 vH der Belegschaft eines Betriebes statt Entbindung von der Verpflichtung für Betriebe mit weniger als 20 Beschäftigten. Außerdem müssen Unternehmen bei Entlassungen 180 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland von Arbeitnehmern nach der „59er-Regelung“ nicht nur, wie bisher, das Arbeitslosengeld für ein Jahr erstatten, sondern auch das vorgezogene Altersruhegeld [RB: 19.12.1983; GE: 14.12.1983/ 15.3.1984; IKT: 1.5.1984; BGBl. I 1984 S. 601]. 13. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1984 ein Wirtschaftswachstum und eine Preissteigerung von jeweils 3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 30. April Die Bundesregierung beschließt, zum Ausgleich für die durch Beschlüsse der EG - vor allem durch den Abbau des Grenzausgleichs - entstandenen Einkommensverluste der Landwirte ab dem 1. September, die Vorsteuerpauschale für Landwirte von 8 auf 11 vH zu erhöhen und den Bundeszuschuss zur Unfallversicherung der Landwirte von 0,3 Mrd. DM auf 0,4 Mrd. DM aufzustocken (Mehrausgaben: 2 Mrd. DM). Die Bundesregierung berät über die vom Bundesfinanzminister für 1986/ 88 vorgeschlagene Reform der Lohn- und Einkommensteuer. Die vorgesehenen Steuerentlastungen belaufen sich für 1988 auf rund 25 Mrd. DM. Davon entfallen rund 5 Mrd. DM auf eine Erhöhung der Kinderfreibeträge (bei gleichzeitigem Wegfall der Sonderausgabenbeträge für Kinder im Rahmen der Vorsorgeaufwendungen) und rund 20 Mrd. DM auf Tarifkorrekturen, die die Grenzbelastung in der gesamten Progressionszone in Richtung auf einen linear steigenden Tarifverlauf verringern sollen. Die Reform soll teilweise aus dem Abbau von Steuervergünstigungen und aus der Erhöhung der Mehrwertsteuer oder der Mineralöl- und der Tabaksteuer finanziert werden. 4. Mai Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das „Gutachten zu den Problemen einer Verringerung der öffentlichen Netto- Neuverschuldung“ vor. 7.-9. Juni In London (Vereinigtes Königreich) findet der zehnte Weltwirtschaftsgipfel statt. Die von den Teilnehmern verfolgte „umsichtige Geld- und Haushaltspolitik“ wird begrüßt. 26. Juni In Fontainebleau (Frankreich) sagt die Bundesregierung auf dem Gipfeltreffen der EG zusätzliche Zahlungen an den Haushalt der Gemeinschaften zur Entlastung von Großbritannien zu; die anderen Partner stimmen der Erhöhung nationaler Subventionen für die deutschen Landwirte zu. Die Bundesregierung kündigt die Einführung eines Erziehungsgeldes an: Statt des bisherigen Mutterschaftsurlaubsgeldes je 510 DM für vier Monate an berufstätige Mütter sollen ab 1986 alle Eltern nach Geburt eines Kindes je 600 DM für zehn Monate und ab 1988 für zwölf Monate erhalten, vom siebten Monat an unter Berücksichtigung bestimmter Einkommensgrenzen. 28. Juni Dr. Martin Bangemann (FDP) wird im Bundestag als Bundesminister für Wirtschaft vereidigt. Er tritt die Nachfolge von Otto Graf Lambsdorff an, der am Vortag infolge der Flick-Affäre von seinem Amt zurückgetreten war. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 4 auf 4,5% sowie mit Wirkung vom 6. Juli die Anhebung der Rediskontkontingente um 8 Mrd. DM. 1984 181 3. Juli Die Bundesregierung beschließt den Haushaltsentwurf 1985, die Finanzplanung bis 1988 und fasst einen Grundsatzbeschluss zur Steuersenkung und zur Familienentlastung 1986 und 1988. - Bundeshaushalt 1985: Die Ausgaben des Bundes steigen gegenüber dem Soll für 1984 um 1,2 vH auf 260,2 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme 1985 beträgt rd. 24 Mrd. DM. - Finanzplanung bis 1988: Für die Jahre 1986 bis 1988 sind Steigerungen der Ausgaben von nicht mehr als 3 vH vorgesehen, für 1988 ist eine Nettokreditaufnahme von 22,4 Mrd. DM angesetzt. - Grundsatzbeschluss zur Steuersenkung und zur Familienentlastung 1986 und 1988: Die Steuerreform soll in zwei Stufen - 1986 und 1988 - erfolgen. Für 1986 werden folgende Maßnahmen mit einem Entlastungsvolumen von 11 Mrd. DM beschlossen: - Erhöhung des Kinderfreibetrags von 432 DM auf 2 484 DM; Wegfall der Kinderadditive bei den Sonderausgabenhöchstbeträgen; Kindergeldzuschlag von bis zu 45 DM monatlich, wenn der steuerliche Freibetrag nicht oder nicht voll genutzt werden kann (Mindereinnahmen, Mehrausgaben: 5,2 Mrd. DM); - Anhebung des Grundfreibetrages von 4 212/ 8 424 DM (Ledige/ Verheiratete) auf 4 536/ 9 072 DM (Mindereinnahmen: 2 Mrd. DM); - erste Stufe der Tarifreform - leichte Abflachung der Progression des Einkommensteuertarifs (Mindereinnahmen: 3,8 Mrd. DM). 1988 soll die zweite Stufe der Tarifreform mit einer weiteren Abflachung der Progression des Einkommensteuertarifs in Kraft treten (Mindereinnahmen: 7,7 Mrd. DM). 6. Juli Die IG Druck und Papier beendet einen zwölfwöchigen Arbeitskampf um die Einführung einer 35-Stunden-Woche. Die Tarifeinigung sieht - wie in der Tarifauseinandersetzung in der Metallindustrie - eine schrittweise Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 38,5 Wochenstunden vor. 12. Juli Die Bundesbank bekräftigt im Zuge der turnusmäßigen Überprüfung ihr monetäres Wachstumsziel für 1984. 16. Sept. Der Ministerrat der EG legt im Zusammenhang mit der im Abstand von fünf Jahren vorgesehenen routinemäßigen Überprüfung der Währungsanteile der ECU eine neue Gewichtung der ECU neu fest und bezieht die Griechische Drachme in den Währungskorb mit ein. Dabei wird vor allem das Gewicht der D-Mark und des Holländischen Gulden im ECU-Korb reduziert, während sich das Gewicht des Französischen Franc und der Italienischen Lira erhöht. 3. Okt. Die Bundesregierung beschließt die Abschaffung der Kapitalertragsteuer auf Zinsen inländischer festverzinslicher Wertpapiere im Besitz von Ausländern (Kuponsteuer) rückwirkend vom 1. August an (Mindereinnahmen: 0,2 Mrd. DM). Die Bundesregierung verabschiedet den Entwurf eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 1984 mit einem Umfang von 0,7 Mrd. DM zur Finanzierung des deutschen Beitrags für den EG-Nachtragshaushalt. Die Mehrausgaben werden durch Einsparungen ausgeglichen. 182 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 19. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1984 ein Wirtschaftswachstum von 2,5 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für 1985 werden ein Wachstum und eine Preissteigerung von jeweils 2 vH und eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen prognostiziert. 24. Okt. Die Bundesregierung beschließt: - Verlängerung der Höchstdauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für Arbeitnehmer vom 49. Lebensjahr an (befristet auf die Jahre 1985 bis 1989) von 12 auf bis zu 18 Monate, gestaffelt nach der Dauer der versicherungspflichtigen Beschäftigung (Mehrausgaben der BA: jährlich 1 Mrd. DM; Minderausgaben des Bundes für Arbeitslosenhilfe: jährlich 0,6 Mrd. DM). - Verlängerung der Sperrfrist bei schuldhaft herbeigeführter Arbeitslosigkeit von acht auf zwölf Wochen, befristet auf die Jahre 1985 bis 1989 (Minderausgaben: jährlich 0,3 Mrd. DM). - Erhöhung des Beitragssatzes zur GRV um 0,2 Prozentpunkte auf 18,7 vH, befristet auf die Jahre 1985 bis 1989. - Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um 0,2 Prozentpunkte auf 4,4 vH (Mindereinnahmen: jährlich 1,3 Mrd. DM). 6. Nov. Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Investitionshilfeabgabe (Zwangsanleihe) vom 27. Oktober 1982 für unvereinbar mit dem Grundgesetz. Sie muss daher zurückgezahlt werden [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 6.11.1984, 2 BvL 19/ 83]. 15. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Nachtragshaushalt für 1984. Zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit der EG werden 0,7 Mrd. DM zusätzlich an sie überwiesen; die Mehrausgaben sind durch Minderausgaben bei Gewährleistungen und Zinsendienst gedeckt [RB: 3.10.1984; GE: 5.10.1984/ 8.11.1984; IKT: 1.1.1984; BGBl. I 1984 S. 1417]. 20. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1984/ 85 vor. Er prognostiziert für 1984 ein Wirtschaftswachstum und eine Preissteigerung von 2½ vH sowie einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. Für 1985 werden ein Wachstum von 3½ vH, eine Preissteigerung von 2 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH prognostiziert. 23. Nov. Der Finanzplanungsrat stellt fest, dass die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte bei allen Haushaltsebenen weitere Fortschritte gemacht hat. Da das Defizit des Gesamthaushalts aber immer noch zu hoch ist, soll der eingeschlagene finanzpolitische Konsolidierungskurs fortgesetzt werden. Um die Neuverschuldung weiter zurückzuführen, soll der Anstieg der Staatsausgaben 1985 auf 3 vH gegenüber dem voraussichtlichen Ist 1984 begrenzt werden. 30. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushaltsplan 1985 mit einem Ausgabenvolumen von 259,3 Mrd. DM; die Steigerung beträgt gegenüber dem Soll für das Jahr 1984 0,9 vH. Das Finanzierungsdefizit ist auf 25,5 Mrd. DM veranschlagt. Im Vergleich zum Entwurf werden Steuermindereinnahmen von 4 Mrd. DM berücksichtigt, jedoch wird dies großenteils durch Aus- 1984/ 1985 183 gabeneinsparungen sowie dadurch kompensiert, dass der Ansatz für die Gewinnabführung der Bundesbank um 2 Mrd. DM auf 12,5 Mrd. DM erhöht wird [RB: 3.7. 1984; GE: 24.8.1984/ 15.11.1984/ 15.11.1984; IKT: 1.1.1985; BGBl. I 1984 S. 1658]. 7. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (15. November) verabschiedeten Steuerbereinigungsgesetz 1985 zu. Es enthält u.a. die Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei Alleinstehenden, die Rückzahlung der Investitionshilfeabgabe sowie die Abschaffung der Kuponsteuer [RB: 28.3.1984; GE: 19.6.1984/ 14.11.1984; IKT: 3.9.1971, 1.1./ 6.11./ 19.12.1984, 1.1.1985; BGBl. I 1984 S. 1493]. 13. Dez. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für das Jahr 1985 die Ausweitung der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1984 bis zum 4. Vj. 1985 innerhalb eines Bandes von 3 bis 5 vH. 15. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Strukturwandel für Wachstum und mehr Beschäftigung“ vor. 17. Dez. Die Bundesregierung beschließt, auf einen Ersatz für die als verfassungswidrig erklärte Investitionshilfeabgabe aus konjunktur- und wachstumspolitischen Gründen zu verzichten. 18. Dez. Die Bundesregierung beschließt das „Gesetz zur leistungsfördernden Steuersenkung und zur Entlastung der Familie“. Gegenüber dem Beschluss vom Juli ergeben sich folgende Änderungen: die Mindereinnahmen aus der Erhöhung des Kinderfreibetrages werden um 0,4 Mrd. DM geringer veranschlagt, die Maßnahmen zur Verbesserung des steuerlichen Familienlastenausgleichs werden entsprechend aufgestockt, namentlich durch die Erhöhung der Ausbildungsfreibeträge, des Höchstbetrages für den Abzug von Unterhaltsleistungen sowie des Haushaltsfreibetrages für Alleinstehende mit Kindern. Insgesamt sollen die Steuerzahler um 19,4 Mrd. DM entlastet werden. 1985 14. Jan. Die Bundesregierung beschließt die Verringerung der geplanten Erhöhung des Eigenbeitrags der Rentner zur GKV um 0,5 Prozentpunkte; der Beitrag wird nicht von 3 auf 5 vH, sondern nur auf 4,5 vH angehoben. 30. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1985 vor. Sie rechnet darin für 1985 mit einem Wirtschaftswachstum von rd. 2½ vH, einem Preisanstieg von rd. 2 vH und einem Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von rd. ½ vH. 31. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Lombardsatzes von 5,5 auf 6%. Gleichzeitig werden den Kreditinstituten zinsgünstige Wertpapierpensionsgeschäfte angeboten. 7. Febr. Die Bundesregierung beschließt Maßnahmen zur Stärkung der Finanzgrundlagen der GRV: Der Beitragssatz zur GRV soll für 184 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland die Zeit vom 1. Juni 1985 bis zum 31. Dezember 1986 von 18,7 auf 19,2 vH angehoben (Mehreinnahmen 1985: 1,9 Mrd. DM; 1986: 3,9 Mrd. DM) und der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung für denselben Zeitraum von 4,4 auf 4,1 vH gesenkt werden (Mindereinnahmen 1985: 1,0 Mrd. DM, 1986: 2,1 Mrd. DM). Außerdem soll der Eigenbeitrag der Rentner zur GKV am 1. Juli 1986 von 4,5 auf 5,2 vH und am 1. Juli 1987 weiter auf 5,9 vH erhöht und die gesetzlich vorgeschriebene Schwankungsreserve der GRV im Jahre 1985 durch einen Sonderzuschuss des Bundes von bis zu 1,5 Mrd. DM gesichert werden. 14. März Der Bundestag beschließt die Senkung der Mineralölsteuer auf bleifreies Benzin und ihre Erhöhung auf bleihaltiges Benzin um jeweils 2 Pf/ l vom 1. April an [RB: -; GE: 28.11.1984/ 27.2.1985; IKT: 29.3./ 1.4.1985; BGBl. I 1985 S. 578]. 28. März Der Finanzplanungsrat empfiehlt, den jährlichen Ausgabenanstieg der öffentlichen Haushalte mittelfristig auf durchschnittlich 3 vH zu begrenzen und die Neuverschuldung zurückzuführen. Dabei müsse der Schwerpunkt der Konsolidierung nach wie vor bei den konsumtiven Ausgaben liegen, während die Verstärkung wachstums- und beschäftigungsfördernder Maßnahmen fortzusetzen sei. 19. April Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Stärkung der Finanzgrundlagen der Rentenversicherung“, das für den Zeitraum 1. Juni 1985 bis 31. Dezember 1986 den Beitragssatz zur GRV um 0,5 Prozentpunkte anhebt, wobei gleichzeitig der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung für denselben Zeitraum um 0,3 Prozentpunkte vermindert wird. Eine Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags der Rentner erfolgt ab dem 1. Juli auf 4,5 vH, ab dem 1. Juli 1986 auf 5,2 vH sowie ab 1. Juli 1987 auf 5,9 vH [RB: -; GE: 21.2.1985/ 17.4.1985; IKT: 1.6.1985; BGBl. I 1985 S. 766]. 25. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1985 ein Wirtschaftswachstum und eine Preissteigerung von jeweils 2,5 vH sowie eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen. 26. April Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag (19. April) verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung des schadstoffarmen Personenkraftwagens“ sieht vor, dass ab 1. Juli 1985 für Personenkraftwagen, die die vom EG-Ministerrat festgelegten Schadstoffgrenzwerte unterschreiten, eine nach Hubraumgröße gestaffelte befristete Steuerbefreiung oder -begünstigung gewährt wird. Für alle nicht steuerbegünstigten Personenkraftwagen wird die Kraftfahrzeugsteuer ab 1. Januar 1986 erhöht [RB: 7.11.1984; GE: 28.11.1984/ 27.2.1985/ 17.4.1985; IKT: 1.7.1985; BGBl. I 1985 S. 784]. - Das Beschäftigungsförderungsgesetz räumt für die Zeit bis 1990 die Möglichkeit zum Abschluss von Arbeitsverträgen ein, die auf maximal 18 Monate befristet sein können. Die Höchstdauer der Überlassung von Leiharbeitnehmern wird von drei auf sechs Monate verlängert [RB: 22.8.1984; GE: 11.10.1984/ 17.4.1985; IKT: 1.5.1985, 1.1.1986; BGBl. I 1985 S. 710]. 1. Mai Die von der Bundesbank erlassenen neuen Grundsätze für die Begebung von DM- 1985 185 Auslandsanleihen treten in Kraft. Danach dürfen auch inländische Banken, die sich in ausländischem Besitz befinden, die Konsortialführung für DM-Auslandsanleihen übernehmen. Zugleich wird der Anleihenmarkt für eine Reihe von Anleiheformen geöffnet, die auf internationaler Ebene Verbreitung gefunden haben (wie z.B. Anleihen mit variablen Zinsen, Null- Kupon-Anleihen). 2.-4. Mai In Bonn findet der elfte Weltwirtschaftsgipfel statt. Um ein inflationsfreies Wachstum und eine höhere Beschäftigung zu sichern, vereinbaren die Teilnehmer u.a. eine strenge Ausgabendisziplin und eine Verringerung überhöhter Haushaltsdefizite. 7. Mai Der Rat der EG beschließt, die Finanzausstattung der EG zum 1. Januar 1986 im Zusammenhang mit dem Beitritt von Portugal und Spanien durch eine Anhebung des Plafonds der Mehrwertsteuereigenmittel von 1 auf 1,4 vH der Bemessungsgrundlage zu verbessern (Ratifikation durch Bundestag sowie Bundesrat am 5. bzw. 19. Dezember). Bei voller Ausnutzung des neuen Plafonds hätte der Bund im Jahre 1986 zusätzlich 4 Mrd. DM an die EG abzuführen [RB: 7.8.1985; GE: 7.9.1985; IKT: 22.12.1985, 1.1.1986; BGBl. II 1985 S. 1690]. 24. Mai Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (26. April) verabschiedeten Rentenanpassungsgesetz 1985 zu, wodurch u.a. der Eigenbeitrag der Rentner zur GKV nicht wie ursprünglich vorgesehen um 2 Prozentpunkte, sondern nur um 1,5 Prozentpunkte erhöht wird [RB: 30.10.1984; GE: 9.1.1985/ 24.4.1985; IKT: 12.6./ 1.7.1985; BGBl. I 1985 S. 913]. 14. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (24. Mai) verabschiedeten Steuersenkungsgesetz 1986/ 1988 zu. Die erste Stufe im Jahr 1986 mit einem Entlastungsvolumen von rund 11 Mrd. DM kommt vor allem Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen sowie Familien mit Kindern zugute. In der zweiten Stufe im Jahr 1988 wird das Entlastungsvolumen durch eine Tarifreform, die die steuerliche Grenzbelastung über den gesamten Progressionsbereich senkt, auf knapp 20 Mrd. DM aufgestockt [RB: 18.12.1984; GE: 21.2.1985/ 14.5.1985; IKT: 29.6.1985; BGBl. I 1985 S. 1153]. Die EG-Kommission veröffentlicht das „Weißbuch“ über die „Vollendung des Binnenmarktes“, das u.a. Maßnahmen für den Abbau der materiellen, technischen und steuerlichen Schranken bis Ende 1992 vorschlägt. 19. Juni Der Finanzplanungsrat empfiehlt, den eingeschlagenen finanzpolitischen Kurs mittelfristig beizubehalten, d.h. die Neuverschuldung weiter zurückzuführen und den Ausgabenanstieg auf 3 vH je Jahr zu begrenzen. Sich ergebende finanzielle Spielräume sind zur Verstetigung und Steigerung der öffentlichen Investitionen zu nutzen. 23. Juni Der SVR legt ein Sondergutachten „Wirtschaftspolitische Entscheidungen im Sommer 1985“ vor. 1. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 1986 sowie die Finanzplanung bis 1989. - Bundeshaushalt 1986: Die Ausgaben des Bundes sind mit 263,9 Mrd. DM gegenüber dem Soll für das Jahr 1985 um 186 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 2,4 vH höher angesetzt, die Nettokreditaufnahme ist mit knapp unter 25 Mrd. DM gleich hoch veranschlagt wie für 1985. - Finanzplanung bis 1989: Für die Jahre 1987 bis 1989 sind Steigerungen der Ausgaben des Bundes von 2,9 vH je Jahr vorgesehen; für 1989 ist eine Nettokreditaufnahme von 23,3 Mrd. DM angesetzt. Die Bundesregierung beschließt Maßnahmen zur Steigerung der Investitionskraft der Wirtschaft und zur Erleichterung des Anpassungsprozesses im Baubereich mit einem Volumen von 3,2 Mrd. DM. Es ist u.a. vorgesehen, den steuerlichen Abschreibungszeitraum für Wirtschaftsgebäude, für die der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt wurde oder wird, von 50 auf 25 Jahre zu verkürzen sowie die degressive Gebäudeabschreibung zu verbessern. 4. Juli Die Bundesbank bekräftigt im Rahmen der turnusmäßigen Überprüfung zur Jahresmitte ihr monetäres Wachstumsziel für 1985. 5. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (21. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung“ zu. Demnach wird die Hinterbliebenenrente um 40 vH der 900 DM übersteigenden eigenen Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen gekürzt. Außerdem soll für die Erziehung von Kindern ein Jahr je Kind bei der Berechnung der Rente bei Müttern der Jahrgänge ab 1921 angerechnet werden [RB: 24.10.1984; GE: 28.12.1984/ 19.6.1985; IKT: 1.1.1986; BGBl. I 1985 S. 1450]. 18. Juli Die Bundesbank stockt mit Wirkung vom 1. August die Rediskontkontingente um 3 Mrd. DM auf. 21. Juli Im EWS erfolgt die achte Neuordnung der Leitkurse: Abwertung der Italienischen Lira um 6 vH sowie Aufwertung aller anderen Währungen um 2 vH. Dies entspricht einer Aufwertung der D-Mark gegenüber der Italienischen Lira um 8,5 vH. 15. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4,5 auf 4% und des Lombardsatzes von 6 auf 5,5%. 22. Sept. In New York (Vereinigte Staaten) treffen sich die Finanzminister und Notenbankgouverneure der fünf großen westlichen Industrieländer (G5-Länder). Sie sprechen sich für koordinierte Interventionsmaßnahmen zur Reduzierung des Außenwerts des US-Dollar aus („Plaza-Abkommen“). 12. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Steuerpolitik unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten“ vor. 18. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1985 ein Wirtschaftswachstum von 2,25 vH, eine Preissteigerung von 2 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für 1986 werden ein Wachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 2 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH prognostiziert. 1985 187 7. Nov. Der Bundestag verabschiedet eine vierte Novelle des Mineralölsteuergesetzes. Danach soll ab 1. Januar 1986 der Steuersatz für bleifreies Benzin um weitere 3 Pf/ l auf 46 Pf/ l gesenkt werden. Bis März 1989 ist eine sukzessive Wiederanhebung auf 48 Pf/ l vorgesehen. Die Steuer auf verbleites Benzin wird für die Zeit der steuerlichen Förderung des bleifreien Benzins auf 53 Pf/ l festgelegt und am 1. April 1989 auf 51 Pf/ l gesenkt [RB: 25.9.1985; GE: 2.10.1985/ 23.10.1985; IKT: 13.12.1985, 1.1.1986; BGBl. I 1985 S. 2142]. 19. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1985/ 86 vor. Er prognostiziert für 1985 ein Wirtschaftswachstum von 2½ vH, eine Preissteigerung von 2 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. Für 1986 werden ein Wachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 1½ vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH prognostiziert. 29. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1986 mit einem Ausgabenvolumen von 263,5 Mrd. DM. Die Steigerungsrate der Ausgaben beträgt gegenüber dem - um die an die EG geleisteten zusätzlichen Abführungen zur Finanzierung des Nachtragshaushaltes verminderten - Soll für das Jahr 1985 2,2 vH; die Nettokreditaufnahme wird auf 23,7 Mrd. DM veranschlagt [RB: 1.7.1985; GE: 16.8.1985/ 14.11.1985/ 14.11.1985/ ; IKT: 1.1.1986; BGBl. I 1985 S. 2338]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (14. November) verabschiedeten Bundeserziehungsgeldgesetz zu. Es sieht neben einem Erziehungsgeld auch einen Erziehungsurlaub mit Kündigungsschutz für zwölf Monate nach der Geburt eines Kindes vor. Das Erziehungsgeld in Höhe von 600 DM je Monat soll vom 1. Januar 1986 an für zehn Monate und vom 1. Januar 1988 an für zwölf Monate nach der Geburt eines Kindes gezahlt werden; vom siebten Monat an gelten Einkommensgrenzen (Mehrausgaben: 1,5 Mrd. DM bis 2,5 Mrd. DM) [RB: 17.7.1985; GE: 7.9.1985/ 7.11.1985; IKT: 1.1.1986, 1.1.1988; BGBl. I 1985 S. 2154]. 2.-3. Dez. In Luxemburg (Großherzogtum Luxemburg) beschließt der Europäische Rat die Einheitliche Europäische Akte (EEA) (Ratifikation durch Bundestag sowie Bundesrat am 4. bzw. 19. Dezember 1986). Sie enthält vor allem Reformen des EWG-Vertrags; zudem werden die Beschlussfassungsverfahren (Mehrheitsentscheidungen) und die Schaffung des Europäischen Binnenmarktes bis Ende 1992 festgeschrieben [RB: 5.3.1986; GE: 10.11.1986/ 3.12.1986; IKT: 25.12.1986, 1.7.1987; BGBl. II 1986 S. 1102, BGBl. II 1987 S. 451; EGABl. L 169/ 87]. 6. Dez. Der Bundestag verabschiedet eine siebte Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung wird von 4,1 auf 4 vH vom 1. Januar 1986 an gesenkt und vom 1. Januar 1987 an von 4 auf 4,3 vH angehoben. Ferner sieht es u.a. die stufenweise Verlängerung der Höchstdauer des Bezuges von Arbeitslosengeld für Arbeitslose vom 45. Lebensjahr an sowie die Gewährung von Arbeitslosengeld an nicht mehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Arbeitslosen (nach Vollendung des 58. Lebensjahrs) vor (Mehrausgaben der BA 1986: 1,9 Mrd. DM; Mindereinnahmen der BA 1986: 0,8 Mrd. DM; Minderausgaben des Bundes 1986: 0,5 Mrd. DM) [RB: 2.10.1985; GE: 12.11. 1985/ 4.12.1985; IKT: 1.1.1986; BGBl. I 1985 S. 2484, BGBl. I 1986 S. 32]. 188 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 19. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (12. Dezember) verabschiedeten Steuerbereinigungsgesetz 1986 zu, das u.a. bei den gesetzlichen Regelungen zu den Investitionszulagen die Aufhebung des Kumulationsverbots von regionaler Zulage und Forschungszulage vorsieht. Hierdurch soll ein größerer Anreiz für Investitionen im Bereich von Forschung und Entwicklung in den Fördergebieten geschaffen werden [RB: -; GE: 16.8.1983/ 19.6.1984/ 7.5.1985/ 7.5.1985/ 30.5.1985/ 19.7.1985/ 4.11.1985/ 13.11.1985/ 22.11.1985/ 6.12.1985; IKT: 1.1.1982, 16.3./ 25.12.1985, 1.1.1986, 1.1.1987; BGBl. I 1985 S. 2436]. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für das Jahr 1986 eine Ausweitung der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1985 bis zum 4. Vj. 1986 innerhalb eines Bandes von 3,5 bis 5,5 vH. 1986 1. Jan. Die erste Stufe vom „Steuersenkungsgesetz 1986/ 1988“ sowie das „Siebte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes“ treten in Kraft. Der „Kohlepfennig“ sinkt von 3,5 auf 3,3 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher. Die EG wird um Portugal und Spanien erweitert, so dass ihr nunmehr zwölf Mitgliedsländer angehören. 30. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1986 vor. Sie rechnet darin für 1986 mit einem Wirtschaftswachstum von rd. 3 vH, einer Preissteigerung von rd. 1,5 vH und einem Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von rd. 1 vH. 15. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt ein „Gutachten zur einkommensteuerlichen Behandlung von Alterseinkünften“ vor. 21. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt eine „Stellungnahme zum Weißbuch der EG-Kommission über den Binnenmarkt“ vor. 6. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4 auf 3,5%. Mit Wirkung vom 1. Mai beschließt sie die Kürzung der Rediskontkontingente um 5 Mrd. DM; damit soll der größte Teil der Freigabe von Zentralbankgeld (rd. 8 Mrd. DM), die mit der Neuregelung der Mindestreservebestimmungen zum 1. Mai verbunden sein wird, abgeschöpft werden. 13. März Der Finanzplanungsrat stellt fest, dass eine Begrenzung des Anstiegs der öffentlichen Ausgaben auf jahresdurchschnittlich 3 vH, und damit deutlich unter dem Zuwachs des nominalen BSP, auch weiterhin notwendig sei. 6. April Im EWS wird die neunte Neuordnung der Leitkurse vorgenommen: Aufwertung der D-Mark und des Holländischen Gulden um jeweils 3 vH, des Belgischen Franc und der Dänischen Krone um jeweils 1 vH sowie Abwertung des Französischen Franc um 3 vH. Dem entspricht eine Aufwertung der D-Mark gegenüber dem Durchschnitt der Partnerwährungen um 3,1 vH. 1986 189 18. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (21. März) verabschiedeten „Gesetz zur Neuregelung der steuerlichen Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums“ zu. Es werden die Abschreibungsgrenzen - unter Einbeziehung der Grundstückskosten bis zur Hälfte - von 200 000 DM auf 300 000 DM angehoben und ein „Baukindergeld“ als Abzug von der Steuerschuld (jährlich 600 DM je Kind) gewährt; die Nutzungswertbesteuerung von selbstgenutztem Wohnraum entfällt (Mindereinnahmen 1987: 0,3 Mrd. DM) [RB: 26.3.1985; GE: 8.7.1985/ 17.3.1986; IKT: 1.1.1987; BGBl. I 1986 S. 730]. 25. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1986 ein Wirtschaftswachstum von 3,5 vH, eine Preissteigerung von 0,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. 26. April In Tschernobyl (UdSSR) explodiert der vierte Block des Kernkraftwerkes, was den größten Unfall in der zivilen Nutzung der Nuklearenergie darstellt. Große Teile vor allem der Belarussischen sowie der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik werden radioaktiv kontaminiert. 1. Mai Die Neuregelung der Mindestreservebestimmungen der Bundesbank tritt in Kraft: Die Reservesätze für befristete Verbindlichkeiten und Spareinlagen werden gesenkt, und die Reservesatzstruktur wird geändert. Fremdwährungsverbindlichkeiten der Kreditinstitute gegenüber Gebietsfremden werden weitgehend von der Reservepflicht freigestellt und neu emittierte Schuldverschreibungen der Kreditinstitute mit ursprünglicher Laufzeit von bis zu zwei Jahren in die Reservepflicht einbezogen. 4.-6. Mai In Tokio (Japan) findet der zwölfte Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Teilnehmer vereinbaren u.a. eine konsequente Fortführung der mittelfristig orientierten Wirtschaftspolitik. Außerdem wird über ein Wechselkursmanagement in enger Zusammenarbeit mit dem IWF beraten. 1. Juni Der „Kohlepfennig“ steigt von 3,3 auf 4,5 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher. 16. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das „Gutachten zur einkommensteuerlichen Behandlung von Alterseinkünften“ vor. 18. Juni Bundesfinanzminister Stoltenberg verfügt eine Ausgabensperre für das Haushaltsjahr 1986 (Minderausgaben: 1,1 Mrd. DM). 24. Juni Das Bundesverfassungsgericht verkündet sein Urteil über Klagen mehrerer Bundesländer zu Einzelregelungen des Länderfinanzausgleichsgesetzes und des Zerlegungsgesetzes. Das Gericht bestimmt u.a.: Auf der Stufe des horizontalen Finanzausgleichs ist die Finanzkraft der einzelnen Länder angemessen, aber nicht voll auszugleichen. Die Bundesergänzungszuweisungen sollen kein Ersatz, sondern eine Ergänzung des horizontalen Finanzausgleichs sein. Das Urteil gibt dem Bundesgesetzgeber auf, den Finanzausgleich bis spätestens 1. Januar 1988 neu zu regeln [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 24.06.1986, 2 BvF 1/ 83]. 190 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 1987 sowie die Finanzplanung bis 1990. - Bundeshaushalt 1987: Gegenüber dem Soll für das Jahr 1986 sind die Ausgaben des Bundes mit 271 Mrd. DM um 2,9 vH, die Nettokreditaufnahme mit 24,3 Mrd. DM um 0,6 Mrd. DM höher angesetzt. - Finanzplanung bis 1990: Für die Jahre 1988 bis 1990 sind ebenfalls Steigerungen der Ausgaben des Bundes von 2,9 vH je Jahr vorgesehen; die Nettokreditaufnahme, für die 1988 ein Anstieg auf 26 Mrd. DM angesetzt ist, soll bis 1990 auf 22,3 Mrd. DM zurückgeführt werden. Die Bundesregierung beschließt, ab 1. Oktober 1987 auch die Mütter der Jahrgänge vor 1921 in die Regelung über die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der GRV einzubeziehen. 3. Juli Die Bundesbank beschließt im Zuge der turnusmäßigen Überprüfung des Geldmengenziels, an ihrem monetären Wachstumsziel für 1986 festzuhalten. 6. Juli Einrichtung eines Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unter Dr. Walter Wallmann (CDU), der als erster Bundesumweltminister im Bundestag seinen Amtseid ablegt. 2. Aug. Im EWS erfolgt die zehnte Neufestsetzung der Leitkurse: Abwertung des Irischen Pfundes um 8 vH gegenüber den anderen am Wechselkursverbund beteiligten Währungen. 15.-20. Sept. In Punta del Este (Uruguay) wird eine neue Runde von Handelsgesprächen im Rahmen des GATT unter Einbeziehung des Agrarbereichs eröffnet („Uruguay-Runde“). 17. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1986 ein Wirtschaftswachstum von 3 vH, einen Preisrückgang von 0,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Beschäftigten von 1,1 vH; für 1987 ein Wirtschaftswachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,1 vH. 18. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1986/ 87 vor. Er prognostiziert für 1986 ein Wirtschaftswachstum von 2½ vH, einen Rückgang der Preissteigerung von ½ vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1987 werden ein Wachstum von 2 vH, eine Preissteigerung und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von jeweils 1 vH prognostiziert. 21. Nov. Der Finanzplanungsrat bekräftigt, dass die Politik der haushaltswirtschaftlichen Konsolidierung auch weiterhin unverzichtbare Grundlage für eine positive Entwicklung von Wachstum und Beschäftigung ist. Da sich der Defizitabbau 1986 nicht weiter fortsetze, müssten die Anstrengungen verstärkt werden, die Konsolidierung weiter voranzubringen. Er wiederholt seine Empfehlung, den Ausgabenanstieg der Gebietskörperschaften insgesamt auf eine Größenordnung von durchschnittlich 3 vH je Jahr zu begrenzen. 1986/ 1987 191 28. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1987. Die Ausgaben werden gegenüber dem Regierungsentwurf um 2,5 Mrd. DM auf 268,5 Mrd. DM gekürzt. Die Steigerung beträgt gegenüber dem Soll für 1986 1,9 vH und gegenüber dem vorläufigen Ist-Ergebnis 2,6 vH. Die Nettokreditaufnahme wird mit 22,3 Mrd. DM um 2 Mrd. DM niedriger angesetzt als im Regierungsentwurf [RB: 1.7.1986; GE: 15.8.1986/ 13.11.1986/ 13.11.1986; IKT: 1.1.1987; BGBl. I 1986 S. 2568]. Der Bundesrat erteilt sowohl dem vom Bundestag (23. Oktober) verabschiedeten „Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für institutionelle Anleger“ [RB: -; GE: 16.1.1986/ 18.6.1986/ 24.9.1986; IKT: 1.1.1987; BGBl. I 1986 S. 2485] als auch dem „Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften“ [RB: 26.3.1985; GE: 12.12.1985/ 15.10.1986; IKT: 1.1.1987; BGBl. I 1986 S. 2488] seine Zustimmung. Damit sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass der Wirtschaft leichter Beteiligungskapital zur Verfügung gestellt werden kann und dass breite Anlegerschichten sich indirekt an kleinen und mittleren Unternehmen beteiligen können. 6. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wettbewerbspolitik“ vor. 18. Dez. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für das Jahr 1987 eine Ausweitung der Zentralbankgeldmenge vom 4. Vj. 1986 bis zum 4. Vj. 1987 innerhalb einer Bandbreite von 3 bis 6 vH. 19. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (14. November) verabschiedeten zweiten Vermögensbeteiligungsgesetz zu, wodurch ab 1987 die Möglichkeiten zur Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen erweitert werden und die staatliche Förderung verbessert wird [RB: 6.8.1986; GE: 8.9.1986/ 12.11.1986/ 2.12.1986; IKT: 31.12.1986, 2.1.1987; BGBl. I 1986 S. 2595]. 1987 1. Jan. Das „Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums“ tritt in Kraft. Der Beitragssatz zur GRV sinkt von 19,2 vH der versicherungspflichtigen Entgelte auf 18,7 vH, der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung steigt von 4,0 auf 4,3 vH. Der „Kohlepfennig“ steigt von 4,5 auf 7,5 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher. 11. Jan. Im EWS erfolgt die elfte Neufestsetzung der Leitkurse: Aufwertung der D-Mark und des Holländischen Gulden um jeweils 3 vH sowie des Belgischen Franc um 2 vH. Dem entspricht eine Aufwertung der D-Mark gegenüber dem Durchschnitt der Partnerwährungen um rund 2 vH. 15. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1987 vor. Sie rechnet darin für 1987 mit einem Wirtschaftswachstum von rd. 2½ vH, einer Preissteigerung von 0 bis 1 vH und einem Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von rd. 1½ vH. 192 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 22. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 2. Februar die Kürzung der Rediskontkontingente um 8 Mrd. DM und mit Wirkung vom 1. Februar die lineare Anhebung der Mindestreservesätze um 10 vH (Liquiditätsentzug: rd. 12 Mrd. DM). Gleichzeitig beschließt sie, die Senkung des Diskontsatzes von 3,5 auf 3% sowie des Lombardsatzes von 5,5 auf 5% mit Wirkung vom 23. Januar. 25. Jan. Wahlen zum elften Deutschen Bundestag. Die bisherige Regierungskoalition wird - bei Stimmenverlusten für die Unionsparteien und Stimmengewinnen für die FDP - bestätigt. Die Unionsparteien erreichen einen Anteil von 44,3 vH (CDU: 34,5 vH; CSU: 9,8 vH) und die FDP von 9,1 vH der Wählerstimmen. Die Oppositionsparteien, SPD und Grüne, kommen auf 37,0 bzw. 8,3 vH der Wählerstimmen. 10. Febr. Die Bundesregierung beschließt Gesetzentwürfe zur Verlängerung des Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit ab Jahresmitte zur Gewährung einer Geldleistung für die Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921. 22. Febr. In Paris (Frankreich) vereinbaren die Finanzminister und Notenbankgouverneure der führenden westlichen Industrienationen eine intensivere Abstimmung in der Wirtschaftspolitik, u.a. um die weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte abzubauen; des weiteren wird vereinbart, weitere starke Wechselkursschwankungen nicht mehr hinzunehmen, sondern durch engere währungspolitische Zusammenarbeit zu verhindern („Louvre-Akkord“). 24. Febr. Die Bundesregierung beschließt die Steuerreform 1990. Die Bruttosteuerentlastung soll 44,4 Mrd. DM, die Nettoentlastung 25 Mrd. DM betragen. 19,4 Mrd. DM sollen durch Abbau von Steuervergünstigungen und Sonderregelungen, Verringerung von Finanzhilfen sowie gegebenenfalls durch Anhebung indirekter Steuern finanziert werden. Beschlossen wird u.a.: - Die Erhöhung des Grundfreibetrages, die Vorverlegung der unteren Proportionalzone, die Senkung des Eingangssteuersatzes von 22 auf 19 vH, die Einführung eines linear-progressiven Tarifs zwischen unterer und oberer Proportionalzone, die Verringerung des Spitzensteuersatzes der Einkommensteuer von 56 auf 53 vH, die Vorverlegung des Beginns der oberen Proportionalzone sowie die Aufstockung des Kinderfreibetrages und sonstiger familienbezogener Freibeträge; - die Anhebung der Sonderabschreibung für kleine und mittlere Betriebe nach § 7g EStG von 10 auf 20 vH; - die Senkung des Körperschaftsteuersatzes für einbehaltene Gewinne von 56 auf 50 vH. 11. März Helmut Kohl wird zum dritten Mal vom Bundestag zum Bundeskanzler gewählt und legt seinen Amtseid ab. Am Folgetag erfolgt die Bildung der Bundesregierung und die Eidesleistung der Bundesminister im Bundestag. Das Bundeskabinett besteht aus neun Ministern der CDU, fünf Ministern der CSU und vier Ministern der FDP; Gerhard Stoltenberg bleibt Finanzminister, Martin Bangemann Wirtschaftsminister und Norbert Blüm Minister für Arbeit und Sozialordnung. 1987 193 10. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1987 ein Wirtschaftswachstum von 2 vH, eine Preissteigerung von 0,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 3. Juni Der Finanzplanungsrat ist übereinstimmend der Auffassung, dass eine Politik der strikten Ausgabenbegrenzung weiterhin erforderlich ist und dass der Ausgabenanstieg der Gebietskörperschaften insgesamt auf jährlich bis zu 3 vH begrenzt werden muss. 5. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Verlängerung des Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit“. Die Höchstdauer des Bezugs von Arbeitslosengeld wird - nach Alter gestaffelt - auf bis zu 32 Monate verlängert, und die Bezugsfristen von Kurzarbeitergeld für Betriebe der Stahlindustrie werden auf bis zu 36 Monate ausgedehnt (Mehrausgaben der BA 1987: 1,4 Mrd. DM; Minderausgaben des Bundes 1987: 0,7 Mrd. DM) [RB: 10.2.1987; GE: 29.4.1987/ 3.6.1987; IKT: 1.7.1987; BGBl. I 1987 S. 1542]. 8.-10. Juni In Venedig (Italien) findet der 13. Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Teilnehmer bekräftigen die Vereinbarung des „Louvre- Abkommens“ vom 22. Februar 1987. Gleichzeitig erklären sie, dass die Währungen ihrer Länder jetzt in Kursrelationen zueinander stünden, die mit den ökonomischen Fundamentalfaktoren im Einklang ständen. Weitere starke Wechselkursverschiebungen sollen deshalb vermieden werden. 16. Juni Die Bundesbank beschließt, die private Verwendung des ECU im Bundesgebiet und in Berlin (West) zuzulassen. Damit werden insbesondere die Führung von ECU-Konten bei inländischen Kreditinstituten und das Eingehen von auf ECU lautenden Verbindlichkeiten erlaubt. 25. Juni Der Bundestag novelliert das dritte Verstromungsgesetz, wodurch der „Kohlepfennig“ zum 1. Juni von durchschnittlich 4,5 auf 7,5 vH der Stromerlöse an Letztverbraucher erhöht und der Kreditrahmen für den Verstromungsfonds von 0,5 Mrd. DM auf 2 Mrd. DM aufgestockt wird [RB: -; GE: 6.5.1987; IKT: 23.7.1987; BGBl. I 1987 S. 1671]. 27. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Gewinn, Investitionen und Beschäftigung“ vor. 1. Juli Die EEA tritt in Kraft. In ihr wird der 31. Dezember 1992 als Zieldatum für die Errichtung des EG-Binnenmarktes bestimmt. Die EG erhält durch die EEA neue Kompetenzen in den Bereichen Forschung, Technologie und Umweltschutz. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushaltes 1988 sowie die Finanzplanung bis 1991. - Bundeshaushalt 1988: Gegenüber dem Soll für das Jahr 1987 sind die Ausgaben des Bundes mit 275 Mrd. DM um 2,4 vH und die Nettokreditaufnahme mit 29,3 Mrd. DM um 7 Mrd. DM höher veranschlagt. - Finanzplanung bis 1991: Für die Jahre 1989 bis 1991 sind Steigerungen der Ausgaben des Bundes von 2,5 vH vor- 194 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland gesehen. Die Nettokreditaufnahme ist 1989 mit 27,2 Mrd. DM, 1990 mit 30,9 Mrd. DM und 1991 mit 26,1 Mrd. DM angesetzt. 2. Juli Die Bundesbank beschließt im Rahmen der turnusmäßigen Überprüfung des Geldmengenziels, an ihrem monetären Wachstumsziel für 1987 festzuhalten. 10. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (26. Juni) verabschiedeten Steuersenkungs- Erweiterungsgesetz 1988 zu. Aus der Steuerreform 1990 soll ein Entlastungspaket von rund 5 Mrd. DM auf den 1. Januar 1988 vorgezogen werden. Die wichtigsten Maßnahmen sind die weitere Abflachung der Progression beim Einkommensteuertarif, die Erhöhung des Grundfreibetrags von 4 536/ 9 072 DM (Ledige/ Verheiratete) auf 4 752/ 9 504 DM, die Anhebung der Ausbildungsfreibeträge sowie die Erhöhung der Sonderabschreibung für kleine und mittlere Betriebe nach § 7g EStG von 10 auf 20 vH (Mindereinnahmen 1988: 4,8 Mrd. DM) [RB: 1.4.1987; GE: 15.5.1987/ 24.6.1987; IKT: 1.10.1987, 1.1.1988; BGBl. I 1987 S. 1629]. 8. Sept. Die Präsidenten der Notenbanken der Mitgliedsländer im EWS vereinbaren, dass intramarginale Interventionen, die mit Zustimmung der die Interventionswährung emittierenden Notenbank vorgenommen werden, unter bestimmten Voraussetzungen über den Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit finanziert werden können. 11. Okt. Die Bundesregierung beschließt zur teilweisen Finanzierung der Steuerreform 1990 den „Abbau von Steuersubventionen und Sonderregelungen für ein gerechteres und einfacheres Steuersystem“. Diese Maßnahmen sollen zu Steuermehreinnahmen in Höhe von 18 Mrd. DM führen. Insgesamt sollen 42 Vergünstigungen und Sonderregelungen abgeschafft, eingeschränkt oder verändert werden. Die Maßnahmen schließen auch eine stärkere steuerliche Erfassung von Kapitalerträgen durch die Einführung einer zehnprozentigen Kapitalertragsteuer (Kleine Quellensteuer) ein. 19. Okt. Die Unruhen an den Weltfinanzmärkten kumulieren in einer weltweiten Baisse an den Aktienmärkten („Schwarzer Montag“). Kurze Zeit später setzt ein starker Rückgang des Dollarkurses ein. Um temporären Spannungen im EWS zu begegnen, wird mit Zustimmung der Bundesbank ab 29. Oktober erstmalig die Gemeinschaftsfinanzierung intramarginaler Interventionen im Rahmen von DM-Verkäufen durch EWS-Partnernotenbanken in Anspruch genommen. 30. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1987 ein Wirtschaftswachstum von 1¾ vH, eine Preissteigerung von 0,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH. Für 1988 werden ein Wachstum und eine Preissteigerung von jeweils 2 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH prognostiziert. 5. Nov. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 6. November die Senkung des Lombardsatzes von 5 auf 4,5%. 19. Nov. Der Finanzplanungsrat bekräftigt unter Hinweis auf die voraussichtliche Überschreitung der geplanten Nettokreditaufnahme des öffentlichen Gesamthaushalts 1987 seine Auffassung, dass der Ausgaben- 1987 195 anstieg der Gebietskörperschaften insgesamt 3 vH jährlich nicht überschreiten sollte. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1987/ 88 vor. Er prognostiziert für 1987 ein Wirtschaftswachstum von 1½ vH, eine Preissteigerung von 1 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. Für 1988 prognostiziert er ein Wachstum und einen Preisanstieg von jeweils 1½ vH sowie einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. 27. Nov. Der Bundestag beschließt den Bundeshaushalt 1988 mit einem Ausgabenvolumen von 275,1 Mrd. DM (Erhöhung um 2,4 vH) und einem Finanzierungsdefizit von 29,5 Mrd. DM [RB: 1.7.1987; GE: 14.8.1987/ 12.11.1987/ 12.11.1987; IKT: 1.1.1988; BGBl. I 1987 S. 2747]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (12. November) verabschiedeten „Gesetz zur Ergänzung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente und zum Schutz der Solidargemeinschaft vor Leistungsmissbrauch“ zu. Folgende Aufgaben werden vom Bund auf die BA verlagert: die Förderung der Berufsausbildung von benachteiligten Jugendlichen sowie die Sprachförderung von Aussiedlern, Asylanten und Flüchtlingen (Mehrausgaben der BA 1988: 0,95 Mrd. DM; Minderausgaben des Bundes 1988: 0,9 Mrd. DM) [RB: -; GE: 15.9.1987/ 11.11.1987; IKT: 1.1.1982, 1.1.1985, 18.12.1987, 1.1.1988; BGBl. I 1987 S. 2602]. 2. Dez. Die Bundesregierung beschließt „Maßnahmen zur Stärkung des Wachstums“. Die KfW soll in den Jahren 1988, 1989 und 1990 zusätzliche zinsgünstige Investitionsdarlehen in Höhe von 21 Mrd. DM bereitstellen, davon 15 Mrd. DM für die Kommunen und 6 Mrd. DM für kleine und mittlere Unternehmen. Außerdem soll die Deutsche Bundespost ihre Investitionen im Jahr 1988 um weitere 1,5 Mrd. DM auf knapp 20 Mrd. DM verstärken. 3. Dez. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 3 auf 2,5%. Die Bundesregierung beschließt Grundsätze der Reform des Gesundheitswesens, die am 1. Januar 1989 in Kraft treten sollen. Durch mehr Preiswettbewerb im Gesundheitssystem und Begrenzung von Leistungen auf das „notwendige“ Maß sollen die Ausgaben der GKV um 14,5 Mrd. DM gesenkt werden. Die Einsparung soll zur Hälfte zur Verringerung des Beitragssatzes um 1 Prozentpunkt, zur anderen Hälfte für neue Aufgaben - Unterstützung der häuslichen Pflege, Ausbau der Gesundheitsvorsorge - verwendet werden. 10. Dez. Der Bundestag beschließt, den „Kohlepfennig“ zum Jahreswechsel von 7,5 auf 7,25 vH des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher zu senken [RB: -; VE: 26.11.1987; IKT: 1.1.1988; BGBl. I 1987 S. 2599]. 18. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Die achte Novellierung des „Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern“ (BT-Beschluss: 9. Dezember) setzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni 1986 um. Es sieht neben Änderungen des Länderfinanzausgleichs und Neufestsetzung der Bundesergänzungszuweisungen einschließlich des Nachteilsausgleichs für die in Betracht kommenden Länder vor. Für den Bund entstehen keine finanziellen Belastungen, jedoch geht die Ausweitung des Finanzausgleichsvolu- 196 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland mens zu Lasten von Baden-Württemberg und Hessen [RB: 15.9. 1987; GE: 15.9.1987/ 12.11.1987; IKT: 1.1.1987; BGBl. I 1987 S. 2764]. - Die Novelle des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (BT-Beschluss: 13. November) sieht vor, dass der Bund sich künftig mit 2,6 Mrd. DM jährlich am Verkehrsausbau in den Gemeinden beteiligen wird [RB: 5.8.1987; GE: 8.10.1987/ 11.11.1987; IKT: 1.1.1988; BGBl. I 1987 S. 2798]. 23. Dez. Der „Louvre-Akkord“ vom Februar 1987 wird durch eine gemeinsame Erklärung der G7-Staaten bekräftigt. Nachdem der US-Dollar am 31. Dezember bei 1,5815 DM einen Tiefststand erreicht hatte, tragen in der Folgezeit gemeinsame Interventionen der Notenbanken sowie verbesserte Handelsbilanzzahlen der Vereinigten Staaten zu seiner Erholung bei. 1988 1. Jan. Die zweite Stufe vom „Steuersenkungsgesetz 1986/ 1988“ sowie das „Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988“ treten in Kraft. 7. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Februar 1988 die Kürzung der Rediskontkontingente um 6 Mrd. DM. Die Bundesregierung beschließt, im Jahr 1988 eine höhere Neuverschuldung als im Haushaltsplan vorgesehen und die Nettokreditaufnahme des Bundes im Jahr 1989 durch den Abbau von Subventionen, die Erhöhung spezifischer Verbrauchsteuern und die strikte Begrenzung der Ausgaben um mindestens 10 Mrd. DM zurückzuführen. 21. Jan. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für das Jahr 1988 eine Ausweitung der Geldmenge vom 4. Vj. 1987 bis zum 4. Vj. 1988 innerhalb einer Bandbreite von 3 bis 6 vH. Als Zielgröße wird dabei statt der Zentralbankgeldmenge M1 erstmals das Geldmengenaggregat M3 verwendet. 29. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1988 vor. Sie erwartet darin für 1988 ein Wirtschaftswachstum von 1½ bis 2 vH, eine Preissteigerung und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von jeweils 0,5 vH. 24. Febr. Auf der Ruhrgebietskonferenz unter Vorsitz des Bundeskanzlers wird ein Sonderprogramm zur Schaffung von Arbeitsplätzen außerhalb der Montanindustrie in Regionen beschlossen, die vom Strukturwandel besonders betroffen sind. Der Bund stellt hierfür in den Jahren 1989 bis 1993 jeweils 0,5 Mrd. DM bereit, die Länder leisten denselben Betrag. 27. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wirtschaftspolitische Konsequenzen aus den außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten der großen Industrieländer“ vor. 29. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1988 ein Wirtschaftswachstum von 1988 197 2,5 vH, eine Preissteigerung von 1 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 18. Mai Der Finanzplanungsrat hält eine strikte Ausgabendisziplin für notwendig; der Ausgabenanstieg der Gebietskörperschaften insgesamt sollte jährlich deutlich unter 3 vH liegen. 19.-20. Juni In Toronto (Kanada) findet der 14. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zur besseren Koordinierung der Wirtschaftspolitik wird vereinbart, den bisher verwendeten Wirtschaftsindikatoren einen Rohstoffpreisindex hinzuzufügen, um frühzeitig Preisbewegungen zu erkennen. 22. Juni Der Festzinssatz für Wertpapierpensionsgeschäfte (Mengentender) wird von 3,25 auf 3,5% angehoben. 24. Juni Die Finanzminister der zwölf EG-Staaten verabschieden eine Richtlinie zur vollen Liberalisierung des innergemeinschaftlichen Kapitalverkehrs. 30. Juni Die Bundesbank beschließt, mit Wirkung zum Folgetag den Diskontsatz von 2,5 auf 3% zu erhöhen. Der Wertpapierpensionssatz wird um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75% angehoben. 3. Juli Die Bundesbank erhöht den Festzinssatz für Wertpapierpensionsgeschäfte von 3,75 auf 4%. 7. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Nachtrages zum Bundeshaushalt 1988, den Entwurf eines Verbrauchsteueränderungsgesetz 1988, den Entwurf des Bundeshaushalts 1989 sowie die Finanzplanung bis 1992. - Nachtragshaushalt 1988: Das Haushaltsvolumen wird auf 275,4 Mrd. DM festgelegt, die Nettokreditaufnahme soll sich auf 39,2 Mrd. DM belaufen und ist damit um 9,7 Mrd. DM höher als ursprünglich geplant. - Verbrauchsteueränderungsgesetz 1988: 1989 sollen die Mineralölsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer für Diesel-Pkw, die Tabaksteuer und die Versicherungsteuer erhöht und eine Steuer auf den Verbrauch von Erdgas und Flüssiggas eingeführt werden (Mehreinnahmen: 8,5 Mrd. DM). - Bundeshaushalt 1989: Gegenüber dem im Nachtragshaushalt 1988 festgelegten Soll steigen die Ausgaben um 4,6 vH auf 288,2 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme ist mit 32 Mrd. DM um 7,2 Mrd. DM niedriger als im Nachtragshaushalt 1988 angesetzt. - Finanzplanung bis 1992: Der Anstieg der Ausgaben soll 1990 auf 2 vH und in den beiden Jahren danach auf je 2,5 vH begrenzt werden; die Nettokreditaufnahme ist 1990 mit 36 Mrd. DM, 1991 mit 34 Mrd. DM und 1992 mit 29,7 Mrd. DM angesetzt. 20. Juli Die Bundesbank hebt den Wertpapierpensionssatz um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25% an. 28. Juli Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Lombardsatzes von 4,5 auf 5%. 198 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 25. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Anhebung des Diskontsatzes von 3 auf 3,5%. 1. Sept. Die Bundesbank bietet parallel zu einem Mengentender mit einem Festzinssatz von 4,25% auch erstmals ein Wertpapierpensionsgeschäft nach dem „amerikanischen“ Bietungsverfahren an. Im Gegensatz zum bisher angewendeten „holländischen“ Verfahren, bei dem die Zuteilung zum Mindestbietungssatz erfolgte, wird nun die Zuteilung an die individuellen Bietungssätze der Banken vorgenommen. Diese Sätze lagen dabei in einer Spanne von 4,5 bis 5,15%. 30. Sept. Der Bundestag verabschiedet einen Nachtrag zum Bundeshaushalt 1988, der das Haushaltsvolumen nur leicht um 0,3 Mrd. DM anhebt, jedoch die Nettokreditaufnahme um 9,1 Mrd. auf 38,6 Mrd. DM erhöht [RB: 7.7.1988; GE: 2.9.1988/ 28.9.1988; IKT: 1.1.1988; BGBl. I 1988 S. 2082]. 12. Okt. Die Bundesregierung beschließt ein Aussiedler-Wohnungsbauprogramm. Für den Bau von 30 000 Wohnungen sollen 1989 Finanzhilfen in Höhe von 0,8 Mrd. DM bereitgestellt werden. 21. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1988 ein Wirtschaftswachstum von 3,5 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen um 0,5 vH. Für 1989 werden ein Wachstum von 2 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 25. Okt. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 2. November eine Erhöhung der Rediskontkontingente um 5 Mrd. DM. 15. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1988/ 89 vor. Er prognostiziert für 1988 ein Wirtschaftswachstum von 3½ vH, eine Preissteigerung von 1½ vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. Für 1989 werden ein Wirtschaftswachstum von 2½ vH, eine Preissteigerung von 2 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH prognostiziert. 24. Nov. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das Haushaltsgesetz 1989 hebt die Ausgaben gegenüber dem Regierungsentwurf um 2,1 Mrd. DM auf 290,3 Mrd. DM an; die Steigerung beträgt 5,4 vH. Die Nettokreditaufnahme wird mit 27,9 Mrd. DM aufgrund der erwarteten Steuermehreinnahmen um 4,1 Mrd. DM niedriger als im Regierungsentwurf veranschlagt [RB: 7.7.1988; GE: 12.8.1988/ 10.11.1988/ 10.11.1988; IKT: 1.1.1989; BGBl. I 1988 S. 2246]. - Das Verbrauchsteueränderungsgesetz 1988 soll den finanziellen Ausgleich für die besonderen Belastungen im Bundeshaushalt 1989 sicherstellen. Es sieht u.a. vor: Erhöhung der Mineralölsteuer (Mehreinnahmen: 5 Mrd. DM); Einführung einer Steuer auf Erdgas und Flüssiggas (Mehreinnahmen: 1,4 Mrd. DM); Anhebung der Tabaksteuer ab 1. Mai 1989 (Mehreinnahmen: 0,3 Mrd. DM); Erhöhung der Versicherungssteuer (Mehreinnahmen: 1,1 Mrd. DM) [RB: 7.7.1988; GE: 26.9.1988/ 9.11.1988; IKT: 23.12.1988, 1.1./ 1.5.1989, 1.1.1990; BGBl. I 1988 S. 2270]. 1988 199 7. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (23. Juni) verabschiedeten Steuerreformgesetz 1990 zu. Die Bruttosteuerentlastung soll 37,2 Mrd. DM, die Nettoentlastung 19,1 Mrd. DM betragen. 18,1 Mrd. DM sollen durch den Abbau von Steuervergünstigungen und die Verbreiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen finanziert werden [RB: -; GE: 2.5.1988/ 16.6.1988/ 30.11.1988; IKT: 3.8.1988, 1.1.1989, 1.1.1990; BGBl. I 1988 S. 1093, 2074]. 9. Dez. Im Bundestag wird Dr. Helmut Haussmann (FDP) als Bundeswirtschaftsminister vereidigt und tritt damit die Nachfolge von Martin Bangemann an, der das Amt des EG-Kommissars für den Binnenmarkt übernimmt. 15. Dez. Die Bundesbank verkündet als Geldmengenziel für das Jahr 1989 eine Ausweitung der Geldmenge M3 vom 4. Vj. 1988 bis zum 4. Vj. 1989 um „etwa“ 5 vH. Außerdem beschließt die Bundesbank mit Wirkung zum Folgetag den Lombardsatz von 5 auf 5,5% heraufzusetzen. 16. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Haushaltsbegleitgesetz 1989 (BT- Beschluss 24. November) hebt u.a. die Kraftfahrzeugsteuer für Diesel-Pkw entsprechend der Mineralölsteuer für Benzin an und die Steuerbefreiung für schadstoffarme Diesel-Pkw mit Zulassung nach dem 31. Dezember 1988 auf (Mehreinnahmen für Bund und Länder 1989: 1,9 Mrd. DM) [RB: 7.7.1988; GE: 26.9.1988/ 10.11.1988; IKT: 3.8.1988, 1.1.1989, 1.1.1991; BGBl. I 1988 S. 2262]. - Das „Gesetzes zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern“ (BT-Beschluss: 8. Dezember) sieht für die Länder - mit Ausnahme von Baden-Württemberg und Hessen - bis 1998 Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden in Höhe von jährlich 2,5 Mrd. DM vor. Kriterien für die landesspezifische Verteilung der Mittel sind das jeweilige BIP je Einwohner und die jeweilige Arbeitslosenquote im Vergleich zum Bundesdurchschnitt [RB: 12.10.1988.; GE: 7.11.1988/ 7.12.1988; IKT: 1.1.1989; BGBl. I 1988 S. 2358]. - Das Gesundheits-Reformgesetz (BT- Beschluss: 2. Dezember) soll durch Einschränkung der Leistungen und höhere Eigenleistungen der Versicherten die Ausgaben der Krankenkassen nachhaltig senken. Die Einsparungen bzw. Mehreinnahmen sollen von 7,5 Mrd. DM im Jahr 1989 bis 1992 - wenn alle Maßnahmen wirksam werden - auf 14 Mrd. DM steigen. Die Entlastungen sollen hauptsächlich zu Beitragssatzsenkungen und zur Pflegehilfe bei Pflegebedürftigkeit im Alter verwendet werden wird [RB: -; GE: 15.6.1988/ 14.11.1988; IKT: 1.1./ 1.7.1989, 1.1.1990, 1.1.1991, 1.1.1992; BGBl. I 1988 S. 2477]. - Durch das „Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand“ (BT-Beschluss: 2.12.1988) soll zur Konsolidierung der Ausgaben der BA zur Sicherung ihrer Arbeits- und Bildungsförderung beitragen. Durch Kürzung von gesetzlichen Leistungen und durch Ausweitung der Beitragspflicht soll die finanzielle Lage der BA um 1,26 Mrd. DM verbessert werden; weitere 540 Mill. DM soll die Arbeitsverwaltung beim Vollzug ihres Haushalts 1989 einsparen [RB: -; GE: 27.9.1988/ 28.11.1988; IKT: 1.1.1989; BGBl. I 1988 S. 2343]. 200 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1989 1. Jan. Das „Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand“ tritt in Kraft. Das „Verbrauchsteueränderungsgesetz 1988“, das „Haushaltsbegleitgesetz 1989“, das „Gesundheits-Reformgesetz“ sowie das „Strukturhilfegesetz“ treten in Kraft. Einführung einer zehnprozentigen Kapitalertragsteuer auf bestimmte Zins- und Kapitaleinkünfte sowie Erhöhung des „Kohlepfennigs“ von durchschnittlich 7,25 auf 8,5 vH der Stromerlöse an Letztverbraucher. 19. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 3,5 auf 4% und des Lombardsatzes von 5,5 auf 6%. 21. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Europäische Währungsordnung“ vor. 25. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1989 vor. Sie erwartet für 1989 ein Wirtschaftswachstum von rd. 2½ vH, eine Preissteigerung von 2 bis 2½ vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von rd. ½ vH. 10. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das „Gutachten zur Einheitsbewertung in der Bundesrepublik Deutschland“ vor. 12. April Der „Delors-Ausschuss“ zur Prüfung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) legt einen „Bericht über die Wirtschafts- und Währungsunion in der Europäischen Gemeinschaft“ vor. 20. April Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 4 auf 4,5% und des Lombardsatzes von 6 auf 6,5%. 21. April Im Rahmen einer Kabinettumbildung wird im Bundestag Dr. Theodor Waigel (CSU) als Bundesfinanzminister vereidigt und tritt damit die Nachfolge von Gerhard Stoltenberg an, der das Bundesministerium der Verteidigung übernimmt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1989 ein Wirtschaftswachstum und eine Preissteigerung von jeweils 3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. 10. Mai Die Bundesregierung beschließt Änderungen gegenüber dem Steuerreformgesetz 1990, darunter vor allem die Abschaffung der zum 1. Januar eingeführten Quellensteuer auf Zinseinkünfte zum 1. Juli sowie die rückwirkende Verdoppelung des Sparer-Freibetrages ab dem 1. Januar. 24. Mai Der Finanzplanungsrat empfiehlt weiterhin, den Ausgabenanstieg der öffentlichen Haushalte auf insgesamt 3 vH zu begrenzen. 1989 201 2. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Einführung eines Dienstleistungsabends“. Vom 1. Oktober an können Geschäfte und Banken donnerstags bis 20.30 Uhr geöffnet bleiben. Zum Ausgleich der verlängerten Öffnungszeiten werden die Ladenschlusszeiten an verkaufsoffenen Samstagen in den Monaten April bis September von bisher 18 Uhr auf 16 Uhr vorverlegt [RB: -.; GE: 26.9.1988/ 31.5.1989; IKT: 1.10.1989; BGBl. I 1989 S. 1382]. 5. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt die „Stellungnahme zum Bericht des Delors-Ausschusses“ vor. 19. Juni Spanien tritt als neuntes Land dem Wechselkursmechanismus (WKM) des EWS bei. Die Schwankungsbreite der Peseta im EWS wird auf ±6 vH festgesetzt. 20. Juni Die Bundesbank gibt bekannt, dass sie mit Wirkung vom 1. Juli an die Mindestlaufzeiten von auf D-Mark denominierten Schuldverschreibungen ausländischer Emittenten auf zwei Jahre herabsetzen wird. Gleichzeitig verzichtet sie auf die bis dahin für Neuemissionen vorgeschriebene Anzeigepflicht von zwei Tagen. Diese Maßnahmen sollen die Möglichkeiten für die Verwendung der D-Mark im internationalen Emissionsgeschäft erweitern. 26.-27. Juni Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs der EG stellt fest, dass der Bericht des Ausschusses zur Prüfung der WWU (sogenannter Delors-Bericht) eine gute Grundlage für die weitere Arbeit darstellt. Gleichzeitig wird beschlossen, dass die erste Stufe zur Verwirklichung der WWU am 1. Juli 1990 beginnt und dass die zuständigen Gremien die Vorbereitungen für die Einberufung einer Regierungskonferenz zur Festlegung der anschließenden Stufen treffen sollen. 29. Juni Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 4,5 auf 5% und des Lombardsatzes von 6,5 auf 7%. Die Bundesbank überprüft und bestätigt das Geldmengenziel 1989. 30. Juni Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten“ (BT-Beschluss: 16. Juni) sieht u.a. vor: Die zu Jahresbeginn in Kraft getretene zehnprozentige Kapitalertragsteuer auf bestimmte Zins- und Kapitaleinkünfte wird ab 1. Juli - bei Erträgen aus langlaufenden Lebensversicherungen rückwirkend - aufgehoben (Mindereinnahmen 1989: 3 Mrd. DM; 1990: 3,5 Mrd. DM). Der Sparer-Freibetrag wird - bereits mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 1989 - auf 600 DM für Alleinstehende und auf 1 200 DM für Verheiratete verdoppelt (Mindereinnahmen 1989: 0,1 Mrd. DM; 1990: 0,8 Mrd. DM). Zur Förderung des Mietwohnungsbaus werden die Abschreibungsfristen von 50 auf 40 Jahre verkürzt und die Abschreibungssätze angehoben (Mindereinnahmen 1989: 0,1 Mrd. DM; 1990: 0,3 Mrd. DM). Für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in Privathaushalten wird ein auf 12 000 DM begrenzter Sonderausgabenabzug eingeführt (Minder- 202 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland einnahmen 1990: 0,2 Mrd. DM) [RB: 10.5.1989; GE: 5.6.1989/ 14.6.1989; IKT: 1.7.1989; BGBl. I 1989 S. 1267]. - Der Nachtrag zum Bundeshaushalt 1989 (BT-Beschluss: 2. Juni) erhöht das Haushaltsvolumen vor allem wegen der Mehrausgaben für Aussiedler (0,8 Mrd. DM) um 1,1 Mrd. auf 291,3 Mrd. DM; die höheren Ausgaben werden durch die konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen ausgeglichen. Die Nettokreditaufnahme wird leicht auf 27,8 Mrd. DM verringert [RB: -.; GE: 21.4.1989/ 31.5.1989; IKT: 1.1.1989; BGBl. I 1989 S. 1402]. - Die zwölfte Novelle des Bundeskindergeldgesetzes (BT-Beschluss: 16. Juni) erhöht das einkommensabhängige Kindergeld für das zweite Kind ab 1. Juli 1990 von 100 DM auf monatlich 130 DM (Mehrausgaben 1990: 0,4 Mrd. DM; 1991: 0,8 Mrd. DM) [RB: -; GE: 9.5. 1989/ 14.6.1989; IKT: 1.5.1987, 8.7.1989, 1.1./ 1.7.1990; BGBl. I 1989 S. 1294]. - Das „Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften“ (BT-Beschluss: 16. Juni) verlängert den einkommensabhängigen Bezug des Erziehungsgeldes und des Erziehungsurlaubs ab 1. Juli von 12 auf 15 Monate und ab 1. Juli 1990 auf 18 Monate (Mehrausgaben 1990: 0,4 Mrd. DM; 1991: 1,3 Mrd. DM) [RB: -; GE: 9.5.1989/ 14.6.1989; IKT: 1.1.1988, 1.1./ 1.7.1989; BGBl. I 1989 S. 1297]. 1. Juli Das Sonderprogramm zur Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen tritt in Kraft. Danach erhalten Unternehmer, wenn sie Langzeitarbeitslose einstellen, Lohnkostenzuschüsse von bis zu 80 vH des Lohnes; die Höhe ist nach der Dauer der vorangegangenen Arbeitslosigkeit gestaffelt (Mehrausgaben in den nächsten drei Jahren: 1,5 Mrd. DM). Außerdem stellt der Bund zur Beschäftigung und beruflichen Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen mit besonders schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen in den nächsten drei Jahren Zuschüsse in Höhe von 0,3 Mrd. DM zur Verfügung. 5. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1990 sowie die Finanzplanung bis 1993: - Bundeshaushalt 1990: Gegenüber dem im Nachtragshaushalt 1989 festgelegten Soll steigen die Ausgaben des Bundes um 3,4 vH auf 301,4 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme ist mit 33,7 Mrd. DM um knapp 6 Mrd. DM höher als im Nachtragshaushalt 1989 angesetzt. - Finanzplanung bis 1993: Der Anstieg der Ausgaben soll 1991 auf 3,3 vH und in den beiden Jahren danach auf je 2,8 vH begrenzt werden; die Nettokreditaufnahme ist 1991 mit 32,2 Mrd. DM, 1992 mit 27,5 Mrd. DM und 1993 mit 25,6 Mrd. DM angesetzt. 14.-15. Juli In Paris (Frankreich) findet der 15. Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Teilnehmer beraten u.a. über die Entwicklung in Mittel- und Osteuropa. Sie vereinbaren, im multilateralen Rahmen die eingeleiteten Reformprozesse in Polen und Ungarn zu unterstützen. 6. Sept. Die Daimler-Benz AG erhält durch eine Ministererlaubnis die Genehmigung zur Übernahme des Flugzeugbauers MBB. 7. Sept. Die Bundesbank beschließt, bestimmte Sonderlinien der Kreditinstitute im Bereich der Außenhandelsfinanzierung im Wege einer Strukturbereinigung ab 1990 schrittweise abzubauen. Zum liquiditätsmäßigen 1989 203 Ausgleich wird gleichzeitig eine Erhöhung der Rediskontkontingente um 5 Mrd. DM zum 2. November 1989 angekündigt. 11. Sept. Ungarn öffnet für DDR-Bürger die Grenze nach Österreich. 3. Okt. Die Bundesregierung beschließt ein Sofortprogramm für den Wohnungsbau: Die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum in bestehenden Gebäuden soll bis 1992 durch steuerliche Sonderabschreibungen oder zinsgünstige Kredite der KfW gefördert werden. 5. Okt. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 5 auf 6% und des Lombardsatzes von 7 auf 8%. 18. Okt. Der DDR-Staatsratsvorsitzende und Generalsekretär des ZK der SED, Erich Honecker, tritt auf Druck des Politbüros der SED zurück. Egon Krenz (SED) wird neuer Generalsekretär und ab 24. Oktober auch Staatsratsvorsitzender. Andauernde Demonstrationen in Leipzig, Berlin (Ost) und anderen Städten der DDR erzwingen weitere Veränderungen an der Staatsspitze. 19. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1989 ein Wirtschaftswachstum und eine Preissteigerungsrate von jeweils 3,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1990 werden ein Wachstum und eine Preissteigerung von jeweils 3 vH sowie ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH prognostiziert. 7. Nov. Die DDR-Regierung erklärt geschlossen ihren Rücktritt, bleibt aber bis zur Bildung eines neuen Kabinetts kommissarisch im Amt. Die Bundesregierung beschließt weitere Maßnahmen zur Förderung des Wohnungsbaus, wonach die Fördermittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau bis 1993 auf 2 Mrd. DM je Jahr erhöht, die steuerlichen Sonderabschreibungen für den Bau von Sozialwohnungen verbessert, die Zinsen für Bauspar-Zwischenfinanzierungskredite verbilligt und zusätzliche Mittel zur Förderung des Baus von Studentenwohnungen bereitgestellt werden sollen. Der Finanzplanungsrat stellt fest, dass die Begrenzung der Staatsverschuldung weiterhin eine wichtige Aufgabe sei. Deshalb müsse es das Ziel bleiben, den Ausgabenanstieg der öffentlichen Haushalte insgesamt im Durchschnitt der nächsten Jahre auf rund 3 vH zu begrenzen. 9. Nov. Das SED-Politbüro beschließt, die Sektorengrenze nach Berlin (West) und die innerdeutsche Grenze zu öffnen. Im Bundestag wird aufgrund dieses Ereignisses für eine Erklärung der Bundesregierung die laufende Sitzung unterbrochen und anschließend die Nationalhymne gesungen. 13. Nov. Die Volkskammer wählt bei einer Gegenstimme Dr. Hans Modrow (SED) zum Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, der damit die Nachfolge von Willi Stoph (SED) antritt, der das Amt von 1964 bis 1973 sowie von 1976 bis 1989 bekleidete. Die Vereidigung der neuen Regierung erfolgt am 204 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 18. November im Staatsrat der DDR durch Egon Krenz. Die neuen, oppositionellen politischen Kräfte sind in ihr nicht vertreten. 15. Nov. Der Bundestag beschließt das Beschäftigungsförderungsgesetz 1990, mit dem die Gültigkeit bestimmter arbeitsrechtlicher Vorschriften bis 1995 verlängert wird: Bei Neueinstellung können Arbeitsverträge weiterhin auf 18 Monate befristet werden; die „58er Regelung“ bleibt erhalten, und die Verlängerung der Sperrzeiten beim Bezug von Arbeitslosengeld bleibt bestehen [RB: -.; GE: 14.7.1989/ 8.11.1989; IKT: 30.12.1989, 1.1.1990; BGBl. I 1989 S. 2406]. 16. Nov. Der Bundestag verabschiedet eine zweite Novellierung des Dritten Verstromungsgesetzes. Danach wird der „Kohlepfennig“ bis 1993 pro Jahr um 0,25 Prozentpunkte des Durchschnitts der Stromerlöse an Letztverbraucher gesenkt, ausgehend von 8,5 vH im Jahr 1989 [RB: -.; GE: 17.10.1989/ 8.11.1989; IKT: 1.1.1990; BGBl. I 1989 S. 2440]. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1989/ 90 vor. Er prognostiziert für 1990 ein Wirtschaftswachstum und eine Preissteigerung von jeweils 3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. Für 1990 prognostiziert er ein Wachstum und einen Preisanstieg von jeweils 3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1½ vH. 28. Nov. Bundeskanzler Kohl legt im Bundestag im Rahmen der Haushaltsdebatte einen Zehn- Punkte-Plan vor, der föderative Strukturen zwischen den beiden deutschen Staaten mit dem Endziel der nationalen Wiedervereinigung vorsieht. 1. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (9. November) verabschiedeten Rentenreformgesetz 1990 zu, das die GRV mittel- und langfristig im Gleichgewicht halten soll. Es berücksichtigt u.a. den veränderten demografischen Aufbau der Bevölkerung; die Regelung des Bundeszuschusses, des Beitragssatzes und der Rentenanpassung, eine Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit und schrittweise Anhebung der Altersgrenze von 60 und 63 Jahren auf die Regelalterszeit von 65 Jahren ab dem Jahre 2001 [RB: -.; GE: 28.4.1989/ 26.10.1989; IKT: 1.1.1986, 17.7./ 17.11.1987, 1.1./ 1.7.1990, 1.1.1991, 1.1./ 1.7.1992, 1.7.1995, 1.1.1996; BGBl. I 1989 S. 2261, BGBl. I 1990 S. 1337]. 2. Dez. Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsgesetz 1990. Die Ausgaben steigen gegenüber dem im Nachtragshaushalt für das Jahr 1989 festgelegten Soll um 3 vH auf 300,1 Mrd. DM, die Nettokreditaufnahme für 1990 wird mit 26,9 Mrd. DM um 6,8 Mrd. DM niedriger angesetzt als im Regierungsentwurf [RB: 5.7.1989.; GE: 11.8.1989/ 17.11.1989/ 17.11.1989; IKT: 1.1.1990; BGBl. I 1989 S. 2421]. 5. Dez. Die Bundesregierung beschließt die Errichtung eines Fonds zur Finanzierung von Reisezahlungsmitteln für Reisende aus der DDR ab 1. Januar 1990 für die Übergangszeit von zwei Jahren. Der Reisedevisen- Fonds hat im ersten Jahr einen Umfang von rund 3 Mrd. DM. Die DM-Beträge zum Umtausch der Mark der DDR in D-Mark werden zu etwa drei Vierteln von der Bundesrepublik, zu einem Viertel von der DDR aufgebracht. 1989 205 8.-9. Dez. Der Rat der Staats- und Regierungschefs der EG beschließt, vor Ende des Jahres 1990 eine Regierungskonferenz „zur Ausarbeitung einer Änderung des Vertrages im Hinblick auf die Endphasen der Wirtschafts- und Währungsunion“ einzuberufen. 14. Dez. Die Bundesbank verkündet als Geldmengenziel für das Jahr 1990 eine Ausweitung der Geldmenge M3 vom 4. Vj. 1989 bis zum 4. Vj. 1990 um 4 bis 6 vH. 16. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wirtschaftspolitische Herausforderungen der Bundesrepublik im Verhältnis zur DDR“ vor. 19.-20. Dez. Bundeskanzler Kohl und der Vorsitzende des DDR-Ministerrates, Modrow, vereinbaren Verhandlungen über eine deutschdeutsche Vertragsgemeinschaft. 21. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus und zur Ergänzung des Steuerreformgesetzes 1990“ (BT-Beschluss: 7. Dezember) sieht erhöhte Abschreibungen für Aus- und Umbaumaßnahmen zur Schaffung zusätzlichen Wohnraums und für neuerrichtete Wohnungen vor, die mindestens zehn Jahre als Sozialwohnungen vermietet werden (Mindereinnahmen 1990: 0,4 Mrd. DM; 1991: 0,7 Mrd. DM) [RB: -; GE: 14.11. 1989/ 30.11.1989; IKT: 1.1./ 30.12.1989, 1.1.1990; BGBl. I 1989 S. 2408]. - Die fünfte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (BT-Beschluss: 7. Dezember) sieht u.a. eine Änderung der Vorschrift hinsichtlich der unbilligen Behinderung kleiner und mittlerer Unternehmen durch Wettbewerber mit überlegener Marktmacht, Einschränkungen des Diskriminierungsverbots insbesondere hinsichtlich der Belieferung für relativ marktstarke Unternehmen sowie die Einführung eines Freistellungstatbestands für Einkaufskooperationen vor [RB: -.; GE: 30.5.1989/ 30.11.1989; IKT: 1.1.1990; BGBl. I 1989 S. 2486]. - Das „Gesetz zur Anpassung von Eingliederungshilfen für Aus- und Übersiedler“ (BT-Beschluss: 16. November) sieht für Aus- und Übersiedler im ersten Jahr der Arbeitslosigkeit anstelle des Arbeitslosen-, Kranken- oder Urlaubsgeldes ein einheitliches Eingliederungsgeld vor; nach Ausschöpfung des Anspruchs auf Eingliederungsgeld erhalten sie gegebenenfalls eine nach den individuellen Verhältnissen bemessene Arbeitslosenhilfe [RB: -.; GE: 31.8.1989/ 14.11.1989; IKT: 1.1.1990; BGBl. I 1989 S. 2398]. Die Jahre 1990-1999 1990 1. Jan. Die dritte Stufe des Steuerreformgesetzes 1986/ 88/ 90 (einschließlich der Ergänzungen) tritt in Kraft. 5. Jan. Die Bundesbank beschließt, die Begebung von auf fremde Währung, auf ECU oder auf SZR ausgestellte Schuldverschreibungen und Schuldscheinen durch Inländer zuzulassen. Gleichzeitig wird die bisherige Laufzeitbegrenzung von zwölf Monaten für die Aufnahme von Fremdwährungskrediten aufgehoben. 8. Jan. Im EWS erfolgt die zwölfte Neufestsetzung der Leitkurse: Der Leitkurs der Italienischen Lira wird um 3,7 vH gesenkt. Gleichzeitig wird die Schwankungsbreite der Lira- Wechselkurse im EWS von ±6 auf ±2,25 vH verengt. 20. Jan. Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur Unterstützung der Wirtschaftsreform in der DDR: Voraussetzungen und Möglichkeiten“ vor. 22. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1990 vor. Sie erwartet darin für 1990 für die westdeutsche Wirtschaft ein Wachstum von rd. 3 vH, eine Preissteigerung von 3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von rd. 1 vH. 26. Jan. In Frankfurt am Main nimmt die deutsche Terminbörse den Handel auf. 9. Febr. Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur Frage einer Währungsunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR“ vor. 13. Febr. Die Bundesregierung unterbreitet der DDR ein Angebot über eine Währungs- und Wirtschaftsunion auf Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft. 16. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (25. Januar) verabschiedeten Finanzmarktförderungsgesetz zu, das die Börsenumsatzsteuer ab 1991 sowie Gesellschaft- und Wechselsteuer ab 1992 abschafft (Mindereinnahmen 1991: 0,8 Mrd. DM; 1992: 1,6 Mrd. DM) [RB: -.; GE: 19.10.1989/ 13.12.1989; IKT: 1.3.1990, 1.1.1991, 1.1.1992; BGBl. I 1990 S. 266]. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Zur Reform der Unternehmensbesteuerung“ vor. 19. Febr. Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) legt eine Ausarbeitung zu den anstehenden verfassungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Einheit Deutschlands vor. 12. März In Brüssel (Belgien) verabschiedet der Rat der EG-Wirtschafts- und Finanzminister eine „Entscheidung zur Erreichung einer 208 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland schrittweisen Konvergenz der Politiken und der wirtschaftlichen Ergebnisse während der ersten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion“ sowie einen Beschluss, der die Zusammenarbeit zwischen den EG- Zentralbanken auf eine neue Grundlage stellt [EUABl. 1990 L 78/ 23]. 18. März Erste demokratische Wahl zur Volkskammer in der DDR. Die CDU erreicht mit 40,8 vH den höchsten, die SPD mit 21,8 vH den zweithöchsten Stimmenanteil. Weiterhin wurden folgende Parteien und Wahlvereinigungen ins Parlament gewählt: Die vormalige SED erreicht nach ihrer Umbenennung in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) 16,4 vH, die Deutsche Soziale Union (DSU) 6,3 vH, der Bund Freier Demokraten (BFD) 5,3 vH, das Bündnis 90 2,9 vH, die Demokratische Bauernpartei Deutschlands 2,2 vH, Grüne/ Unabhängiger Frauenverband 2,0 vH, der Demokratische Aufbruch (DA) 0,9 vH, die National-Demokratische Partei Deutschlands 0,4 vH, der Demokratische Frauenbund Deutschlands 0,3 vH sowie das Aktionsbündnis Vereinigte Linke 0,2 vH der Wählerstimmen. 20. März Die Bundesregierung verständigt sich darauf, dass eine Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit der DDR bis zum Sommer 1990 verwirklicht werden soll. 27. März Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Schaffung eines gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsgebietes in Deutschland“ vor. 28. März Die Bundesbank erteilt eine allgemeine Genehmigung für die Führung von frei verfügbaren Geschäftskonten für Personen in der DDR bei Geschäftsbanken in der Bundesrepublik. Die Regelung erlaubt die Abwicklung des innerdeutschen Handels außerhalb des Berlin-Abkommens. 30. März Der Bundestag verabschiedet den ersten Nachtragshaushalt 1990. Die Ausgaben des Bundes werden um 6,8 Mrd. auf 306,9 Mrd. DM erhöht. Der Nachtragshaushalt deckt im wesentlichen wirtschaftliche und humanitäre Soforthilfen für die DDR ab; sie belaufen sich insgesamt auf rund 5,8 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme erhöht sich von 26,9 Mrd. DM auf 32,9 Mrd. DM [RB: -; GE: 23.2.1990/ 28.3.1990; IKT: 1.1.1990; BGBl. I 1990 S. 944]. 5. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1990 für Westdeutschland ein Wirtschaftswachstum von 3¾ vH, eine Preissteigerung von 3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH. 6. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (29. März) verabschiedeten „Gesetz über Gebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit schweren Lastfahrzeugen“ zu. Durch Einführung einer für In- und Ausländer gleichen Straßenbenutzungsgebühr soll ein angemessener Beitrag des Straßengüterverkehrs zur Deckung der Wegekosten erreicht werden, und durch gleichzeitige Senkung der Kraftfahrzeugsteuer für schwere Fahrzeuge auf ein mittleres europäisches Niveau sollen die Wettbewerbsbedingungen zwischen in- und ausländischen Güterverkehrsunternehmen angeglichen werden [RB: -.; GE: 1.2.1990/ 14.3.1990; IKT: 1.7.1990; BGBl. I 1990 S. 826]. 1990 209 12. April Lothar de Maizière (CDU) wird von der Volkskammer zum Ministerpräsidenten der DDR gewählt. Er steht einer großen Koalition der ostdeutschen Parteien aus CDU, DSU, DA, SPD und BFD vor. Minister der Finanzen wird Dr. Walter Romberg (SPD), Minister für Wirtschaft Dr. Gerhard Pohl (CDU) und Minister für Arbeit und Soziales Dr. Regine Hildebrandt (SPD). 24. April In Bonn diskutieren Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident de Maizière die am 23. April von der Bundesregierung unterbreiteten Vorschläge zur Währungsunion und die Fragen eines Staatsvertrages zwischen den beiden deutschen Staaten. 3. Mai Bei den Landtagswahlen in Niedersachsen gewinnt die SPD; die CDU/ CSU-regierten Bundesländer verlieren damit ihre Bundesratsmehrheit. 11. Mai Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (28. März) verabschiedeten zwölften Novelle des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu, das u.a. vorsieht, dass Leistungen an Studenten nicht mehr vollständig als Darlehen, sondern zur Hälfte als Zuschuss gezahlt werden, zur Verbesserung der Situation von Familien mit mittlerem Einkommen eine Anhebung der relativen Freibeträge vom Elterneinkommen, die Erweiterung der Förderung auf Schüler von Berufsaufbauschulen und Fachoberschulklassen sowie der Schüler von Fach- und Berufsfachschulklassen (ab Klasse 11), die Ergänzung des leistungsabhängigen Darlehensteilerlasses um eine Zeitkomponente, Einführung einer Studienabschlussförderung, Anhebung des Krankenversicherungszuschlages für Studenten sowie die Verbesserung der Förderung der behinderten Auszubildenden [RB: -.; GE: 4.12.1989/ 14.3.1990; IKT: 1.4./ 1.7./ 1.8./ 1.10.1990, 1.7./ 1.10.1991, 1.1.1993; BGBl. I 1990 S. 936]. 18. Mai In Bonn unterzeichnet die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik den „Vertrag über die Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion“ (Ratifikation durch Bundestag sowie Bundesrat am 21. bzw. 22. Juni). Er schafft einen einheitlichen Währungsraum im Gebiet der Bundesrepublik und der DDR mit der D-Mark als gemeinsamer Währung. Der allgemeine Umstellungssatz beträgt 1 D-Mark für 2 DDR-Mark. Natürlichen Personen wird ein bevorzugter Umstellungssatz von 1: 1 bis zu bestimmten Höchstbeträgen eingeräumt. Die Bundesbank ist die Währungs- und Notenbank des Währungsgebiets. Tragende Prinzipien der Wirtschaftsunion sind: Privateigentum, Leistungswettbewerb, freie Preisbildung, Vertrags-, Gewerbe-, Niederlassungs-, Berufsfreiheit und grundsätzlich volle Freizügigkeit von Arbeit, Kapital und Dienstleistungen im gesamten Währungsgebiet. Die Sozialunion gewährleistet eine Arbeitsrechtsordnung und ein System der sozialen Sicherung in der DDR, das dem der Bundesrepublik weitgehend entspricht. Zur Überwindung der entstehenden finanziellen Engpässe der DDR gewährt ihr die Bundesrepublik Finanzzuweisungen, die über den Fonds „Deutsche Einheit“ geleistet werden; für das zweite Halbjahr sind 22 Mrd. DM und für 1991 35 Mrd. DM veranschlagt. Außerdem sind Haushaltshilfen zur Anschubfinanzierung der Sozialversicherung geplant; sie sind für 1990 mit 2,8 Mrd. DM und für 1991 mit 3 Mrd. DM angesetzt. Die Kreditermächtigung der DDR ist auf 10 Mrd. DM für 1990 und auf 14 Mrd. DM für 1991 begrenzt; der Bun- 210 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland desminister der Finanzen kann bei grundlegend veränderten Bedingungen eine Überschreitung der Kreditobergrenzen zulassen [RB: -.; GE: 7.6.1990/ 18.6.1990/ 20.6.1990; IKT: 30.6./ 1.7.1990, 1.1.1991; BGBl. II 1990 S. 518, 700]. Die Bundesregierung beschließt die Einrichtung des Fonds „Deutsche Einheit“ sowie den Entwurf eines zweiten Nachtragshaushalts 1990: - Fonds „Deutsche Einheit“: Die Bundesrepublik verpflichtet sich, die beim Übergang von der Planzur Marktwirtschaft im Staatshaushalt der DDR entstehenden Defizite teilweise auszugleichen. Die Lasten der Finanzierung werden über den Fonds „Deutsche Einheit“ von Bund und Ländern (einschl. Gemeinden) getragen. Aus diesem Fonds soll die DDR in den nächsten viereinhalb Jahren insgesamt 115 Mrd. DM erhalten, und zwar 22 Mrd. DM in 1990, 35 Mrd. DM in 1991, 28 Mrd. DM in 1992, 20 Mrd. DM in 1993 und 10 Mrd. DM in 1994. Von den 115 Mrd. DM sollen 20 Mrd. DM durch Einsparungen und 95 Mrd. DM durch Kreditaufnahme finanziert werden. - Zweiter Nachtragshaushalt 1990: Das Haushaltsvolumen wird vor allem wegen der Ausgaben zur Anschubfinanzierung der Renten- und der Arbeitslosenversicherung der DDR (2,8 Mrd. DM) sowie zur Finanzierung des Zuschusses an den Fonds „Deutsche Einheit“ (2 Mrd. DM) mit 311,7 Mrd. DM um 4,8 Mrd. DM höher angesetzt als im ersten Nachtragshaushalt 1990. Die höheren Ausgaben werden durch erwartete konjunkturbedingte Steuermehreinnahmen mehr als ausgeglichen, die Nettokreditaufnahme fällt demzufolge mit 30,9 Mrd. DM um 2 Mrd. DM niedriger aus als ursprünglich geplant. 30. Mai Der Finanzplanungsrat empfiehlt, das Ausgabenwachstum in den nächsten Jahren unter dem Anstieg des nominalen BSP zu halten und es mittelfristig wieder auf rd. 3 vH zurückzuführen. 11. Juni Die Bundesbank beschließt, den Kreditinstituten mit Sitz in der DDR ab 1. Juli Refinanzierungskontingente im Gesamtumfang von 25 Mrd. DM einzuräumen. Bemessungskriterium für das individuelle Kontingent ist die Bilanzsumme. In der DDR neu eröffnete Filialen bundesdeutscher oder in der Bundesrepublik ansässiger ausländischer Kreditinstitute erhalten für ihre DDR-Geschäfte keine gesonderten Refinanzierungsmöglichkeiten. 17. Juni Die Volkskammer der DDR verabschiedet das „Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz)“, wodurch die unternehmerische Tätigkeit des Staates zugunsten von Privatisierungen zurückgeführt, die Wettbewerbsfähigkeit möglichst vieler Unternehmen hergestellt und Arbeitsplätze erhalten sowie Grund und Boden für wirtschaftliche Betätigung bereitgestellt werden sollen. Überdies soll nach einer Bestandsaufnahme des volkseigenen Vermögens und seiner Ertragsfähigkeit dieses vorrangig zur Strukturanpassung der Wirtschaft und der Sanierung des Staatshaushaltes eingesetzt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt soll Sparern ein verbrieftes Anteilsrecht an volkseigenem Vermögen eingeräumt werden [RB: -; GE: - ; IKT: 1.7.1990; DDR GBl. I 1990 S. 300]. 21. Juni Der Bundestag verabschiedet den zweiten Nachtragshaushalt 1990: Das Haushaltsvolumen wird mit 311,8 Mrd. DM 1990 211 angesetzt, die Nettokreditaufnahme wird um 1,8 Mrd. auf 31 Mrd. DM vermindert [RB: -; GE: 18.5.1990/ 18.6.1990; IKT: 1.1.1990; BGBl. I 1990 S. 1146]. 22. Juni Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (31. Mai) verabschiedeten achten Novellierung des Wohngeldgesetzes zu. Die Höchstbeträge für zuschussfähige Mieten werden ab Oktober 1990 unter Berücksichtigung der Mietentwicklung angehoben (Mehrausgaben 1990: 0,3 Mrd. DM; 1991: 1,2 Mrd. DM) [RB: -.; GE: 23.4.1990/ 18.5.1990; IKT: 17.8./ 1.10.1990, 1.4.1991; BGBl. I 1990 S. 1522; DDR GBl. I 1990 S. 331]. 29. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Außenwirtschaftspolitische Herausforderungen der Europäischen Gemeinschaft an der Schwelle zum Binnenmarkt“ vor. 30. Juni Die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik und der DDR tritt in Kraft. 1. Juli Die erste Stufe der WWU beginnt. Ihr Ziel ist es, die nationale Wirtschafts- und Währungspolitik in der Gemeinschaft stärker auf die Erfordernisse der Geldwertstabilität und der Haushaltsdisziplin auszurichten und die EG zu einer Stabilitätsgemeinschaft zu entwickeln. 3. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1991 sowie die Finanzplanung bis 1994. - Bundeshaushalt 1991: Gegenüber dem im Zweiten Nachtragshaushalt 1990 festgelegten Soll steigen die Ausgaben des Bundes um 3,9 vH auf 324 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme ist mit 31,3 Mrd. DM um 0,3 Mrd. DM höher angesetzt als im zweiten Nachtragshaushalt. Der Mehrbedarf für 1991 ist im wesentlichen durch den Fonds „Deutsche Einheit“ und durch Ausgaben für weitere DDR-Maßnahmen begründet; Mehraufwendungen entstehen auch durch höhere Zinsausgaben und durch Leistungsausweitungen. Größere Einsparungen sind bei den Verteidigungsausgaben (2,5 Mrd. DM) und den teilungsbedingten Ausgaben (1,8 Mrd. DM) geplant. - Finanzplanung bis 1994: Für die Jahre 1992 bis 1994 sind Steigerungen der Ausgaben des Bundes von 3 vH vorgesehen; die Nettokreditaufnahme ist 1992 mit 24 Mrd. DM, 1993 mit 17,5 Mrd. DM und 1994 mit 11,6 Mrd. DM angesetzt. 4. Juli Die DDR-Regierung beschließt eine auf zwei Jahre befristete Investitionszulage (Investitionszulagenverordnung); die Zulage wird rückwirkend vom 1. Juli 1990 bis zum 30. Juni 1991 auf 12 vH, bis zum 30. Juni 1992 auf 8 vH des Aufwands für Ausrüstungsinvestitionen festgelegt [RB: -; GE: -; IKT: 1.7./ 4.7.1990, 1.7.1991; DDR GBl. I 1990 S. 621]. 9.-11. Juli In Houston (Vereinigte Staaten) findet der 16. Weltwirtschaftsgipfel statt. Im Zentrum der Gespräche stehen der Umbruch in Mittel- und Osteuropa sowie die wirtschaftliche Unterstützung der Sowjetunion. 212 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 12. Juli Der EuGH setzt aufgrund einer einstweiligen Anordnung die am 30. April von der Bundesregierung beschlossene Straßennutzungsgebühr für Lastkraftwagen aus Ländern der EG außer Kraft [EuGH, Urteil v. 12.7.1990, C-195/ 90 R]. 14.-16. Juli Bundeskanzler Kohl erhält bei seinem Besuch in der UdSSR von Präsident Michail Gorbatschow die Zusage, dass die Sowjetunion der Wiederherstellung der vollen Souveränität eines vereinten Deutschlands bei freier Wahl seiner Bündniszugehörigkeit und Abzug der sowjetischen Truppen von deutschem Gebiet zustimmen wird. 22. Juli Die Volkskammer der DDR verabschiedet das Haushaltsgesetz 1990 für das zweite Halbjahr 1990: Die Ausgaben werden auf 64,2 Mrd. DM, die Einnahmen aus Steuern, steuerähnlichen Abgaben sowie Verwaltungseinnahmen auf 29,4 Mrd. DM veranschlagt. Das Finanzierungsdefizit in Höhe von 34,8 Mrd. DM soll durch Kreditaufnahme in Höhe von 10 Mrd. DM sowie Finanzhilfen der Bundesrepublik ausgeglichen werden [RB: -; GE: -; IKT: 22.7.1990; DDR GBl. I 1990 S. 787]. 9. Aug. Die Bundesregierung zieht aufgrund der bevorstehenden deutschen Vereinigung den Entwurf des Bundeshaushalts 1991 und den Finanzplan bis 1994 zurück. Sie erklärt, nach dem Beitritt der DDR unverzüglich einen Kabinettbeschluss über die Eckwerte des gesamtdeutschen Haushalts 1991 herbeizuführen. 23. Aug. Die Volkskammer der DDR beschließt - unter der Voraussetzung des Abschlusses des Einigungsvertrages, der Zwei-plus- Vier-Verhandlungen sowie der Länderbildung in der DDR - den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland zum 3. Oktober 1990 [RB: -; GE: -; IKT: -; DDR GBl. I 1990 S. 1324]. 31. Aug. Die Bundesrepublik und die Deutsche Demokratische Republik schließen den „Vertrag über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag“ (Ratifikation durch die Volkskammer am 20. September sowie durch Bundestag und Bundesrat am 20. bzw. 21. September). Er überträgt das gesamte rechtliche System der Bundesrepublik auf das Gebiet der DDR; er bildet die Grundlage für die Schaffung eines einheitlichen Rechtsraumes und die Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im vereinten Deutschland; die Ausnahmen und Vorbehalte, die der Vertrag vorsieht, sind zeitlich begrenzt. U.a. sind für die Finanzverfassung Übergangsregelungen vorgesehen. So sollen die neuen Bundesländer wegen der unterschiedlichen finanziellen Leistungskraft bis 1995 noch nicht in den Finanzausgleich nach Art. 107 GG einbezogen werden. Mit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrags wird die Treuhandanstalt eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Fach- und Rechtsaufsicht obliegt dem Bundesminister der Finanzen. Im Rahmen des Einigungsvertrages sind u.a. Maßnahmen zur Förderung der Wirtschaft des Beitrittsgebiets vorgesehen. Dazu zählen: - Die Gewährung zinsgünstiger Kredite für kommunale Investitionen (Gemeindekreditprogramm); das Kreditvolumen umfasst 10 Mrd. DM, der Zinsvorteil beträgt bis zu 3 Prozentpunkte für 10 Jahre; - die Gewährung von Aufwendungsdarlehen für die Wohnungsmodernisierung; das Kreditvolumen beträgt 1990 213 10 Mrd. DM, der Kredithöchstbetrag ist auf 10 000 DM festgelegt; - die Gewährung einer Investitionszulage von bis zu 23 vH der Investitionsaufwendungen im Rahmen der auf das Beitrittsgebiet ausgedehnten Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“; die Fördermittel von jährlich 3 Mrd. DM sind je zur Hälfte vom Bund und von den neuen Bundesländern zu finanzieren [RB: -.; GE: 12.9.1990/ 17.9.1990/ 19.9.1990; IKT: 23.9./ 29.9./ 3.10.1990; BGBl. II 1990 S. 885, 1360; DDR GBl. I 1990 S. 1627]. 3. Okt. Beitritt der DDR mit den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zur Bundesrepublik. Ost- und Westberlin bilden das Land Berlin. Gleichzeitig tritt das Grundgesetz auch in den neuen Bundesländern in Kraft, soweit im Einigungsvertrag nichts anderes bestimmt ist. Mit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages wird die Treuhandanstalt eine rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Fach- und Rechtsaufsicht obliegt dem Bundesminister der Finanzen. Beteiligungen der Treuhandanstalt sind mittelbare Beteiligungen des Bundes. 144 Volkskammerabgeordnete aus der ehemaligen DDR ziehen in den Bundestag ein. Vier von ihnen werden als Bundesminister für besondere Aufgaben in das Kabinett aufgenommen und am Folgetag in einer Sitzung des Bundestages in Berlin vereidigt. 8. Okt. Das Vereinigte Königreich beteiligt sich als zehntes Land am WKM des EWS. Die Schwankungsbreite für das Pfund Sterling im EWS wird für eine Übergangszeit auf ±6 vH festgelegt. 9. Okt. Deutschland und die UdSSR schließen ein Abkommen zur Rückführung der sowjetischen Truppen aus der ehemaligen DDR (Ratifikation durch Bundestag sowie Bundesrat am 30. Oktober bzw. 9. November). Es regelt u.a. finanzielle Fragen im Zusammenhang mit dem befristeten Aufenthalt der sowjetischen Truppen bis Ende 1994 in den neuen Bundesländern; Deutschland zahlt an die UdSSR insgesamt 12 Mrd. DM [RB: -.; GE: 18.10.1990; IKT: 30.12.1990, 5.5.1991; BGBl. II 1990 S. 1654, BGBl. II 1991 S. 723]. 14. Okt. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR finden erstmals seit 1946 freie Landtagswahlen statt. In allen Bundesländern mit Ausnahme Brandenburgs geht die CDU als stärkste Kraft hervor. Das CDU/ CSU-FDP- Regierungsbündnis im Bund erreicht damit die Bundesratsmehrheit. 18. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1990 ein Wirtschaftswachstum von 5 vH - für Westdeutschland von 4,0 vH, für Ostdeutschland einen Rückgang von 16 vH (nominal), eine Preissteigerung für Westdeutschland von 2,5 vH, einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH, für Westdeutschland einen Anstieg von 2,5 vH, für Ostdeutschland einen Rückgang von 9,5 vH. Für 1991 werden ein Wachstum von 5,5 vH, für Westdeutschland von 6,5 vH und für Ostdeutschland ein Rückgang von 8,0 vH (nominal), eine Preissteigerung für Westdeutschland von 2,5 vH, ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 3,5 vH, für Westdeutschland ein Anstieg von 1,5 vH, für Ostdeutschland ein Rückgang von 19,5 vH prognostiziert. 25. Okt. Der Bundestag verabschiedet den dritten Nachtragshaushalt 1990; neben den Änderungen des Haushaltsplans für das bisheri- 214 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland ge Gebiet der Bundesrepublik enthält er erstmalig den fortgeltenden Haushaltsplan der ehemaligen DDR vom 22. Juli. Die Nettokreditaufnahme wird mit 66,9 Mrd. DM um reichlich 25 Mrd. DM höher angesetzt als in den bisherigen Haushaltsplanungen [RB: -.; GE: 5.10.1990/ o.D./ 24.10.1990; IKT: 1.1./ 3.10.1990; BGBl. I 1990 S. 2402]. 27.-28. Okt. In Rom (Italien) beschließt der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs der EG, dass die zweite Stufe zur Verwirklichung der WWU am 1. Januar 1994 beginnen soll, wenn eine Reihe von Bedingungen erfüllt ist. 1. Nov. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Lombardsatzes von 8 auf 8,5%. 13. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1990/ 91 vor. Er prognostiziert für 1990 für Westdeutschland ein Wirtschaftswachstum von 4 vH, eine Preissteigerung von 2½ vH sowie einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 2½ vH. Für 1991 werden ein Wachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 3½ vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH prognostiziert. 14. Nov. Die Bundesregierung legt den Eckwertebeschluss zum Bundeshaushalt 1991 und zur Finanzplanung bis 1994 vor. Danach soll der Ausgabenanstieg beim Bund in den Jahren 1991 bis 1994 auf durchschnittlich 2 vH je Jahr begrenzt, die Nettokreditaufnahme 1991 den Betrag von 70 Mrd. DM nicht überschreiten und bis 1994 stufenweise auf 30 Mrd. DM zurückgeführt werden. Zur Haushaltsentlastung sollen das beim Verteidigungsetat und bei den Subventionen, insbesondere bei der Berlin- und Zonenrandförderung, bestehende Sparpotential ausgeschöpft, staatliche Industriebeteiligungen privatisiert und Infrastrukturmaßnahmen in stärkerem Maße privatwirtschaftlich finanziert und durchgeführt werden; zudem soll der Bund durch eine Anhebung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung (einigungsbedingte Anpassung der Sozialsysteme) entlastet werden. Insgesamt soll der Bundeshaushalt 1991 um 35 Mrd. DM entlastet werden; bis 1994 soll das Entlastungsvolumen schrittweise auf 70 Mrd. DM gesteigert werden. Der Finanzplanungsrat, in dem erstmals auch die Finanzminister der neuen Bundesländer vertreten sind, berät den Vollzug der öffentlichen Haushalte 1990 sowie die Haushaltsplanungen der Gebietskörperschaften für 1991. Der Bund und die Länder Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gehen im Unterschied zu den SPD-geführten Bundesländern in Westdeutschland davon aus, dass die einigungsbedingten Mehrbelastungen auf der Basis der dynamischen Wirtschaftsentwicklung in den alten Bundesländern und des baldigen Aufschwungs in den neuen Bundesländern bewältigt werden können, so dass Steuererhöhungen nicht erforderlich sind. Alle Möglichkeiten zu Einsparungen und Umschichtungen sollen ausgeschöpft werden und der Ausgabenanstieg in den nächsten Jahren deutlich unter der Zunahme des nominalen BSP bleiben mit dem Ziel, den Ausgabenzuwachs der öffentlichen Haushalte mittelfristig wieder auf eine Größenordnung von 3 vH zurückzuführen. Durch eine zeitweise Zurückhaltung bei Investitionen im westlichen Teil Deutschlands sollen Mittel für die Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur in Ostdeutschland bereitgestellt werden. 29. Nov. Die Bundesbank beschließt erste Schritte zur Anpassung der Refinanzierungstechnik 1990/ 1991 215 der ostdeutschen Kreditinstitute an die für die westdeutschen geltenden Regelungen. Danach dürfen ostdeutsche Banken mit Wirkung vom 1. Februar 1991 ihr Refinanzierungskontingent nur noch zu höchstens zwei Dritteln mit reinen Bank-Solawechseln belegen, das restliche Drittel darf nur mit Handelswechseln genutzt werden. Gleichzeitig werden die ostdeutschen Kreditinstitute zu Wertpapierpensionsgeschäften zugelassen. 2. Dez. Wahlen zum zwölften Deutschen Bundestag. Erstmals seit 1949 sind sowohl die Bürger in den neuen Bundesländern als auch aus den ehemaligen Westsektoren Berlins stimmberechtigt. Die alten Bundesländer und die ehemaligen Westsektoren Berlins einerseits sowie die neuen Bundesländer und der ehemalige Ostsektor Berlins andererseits bilden jeweils ein Wahlgebiet. Für den Parlamentseinzug genügt es, die Fünf-Prozent-Hürde in nur einem Wahlgebiet zu überspringen. Infolgedessen gelingt sowohl der PDS (2,4 vH) als auch den Grünen (3,8 vH), die zwar im westdeutschen Wahlgebiet an der Sperrklausel scheitern, aber am Tag nach der Wahl mit der Grünen Partei der DDR fusionieren, der Einzug in den Bundestag. Die meisten Stimmen können die Unionsparteien (CDU 36,7 vH, CSU 7,1 vH) auf sich vereinigen, die zusammen mit der FDP (11,0 vH) weiterhin die Regierungsmehrheit stellen. Die Sozialdemokraten erreichen als größte Oppositionspartei 33,5 vH der Stimmen. 13. Dez. Die Bundesbank hält eine Ausweitung der Geldmenge M3 im gesamten Währungsgebiet der D-Mark vom 4. Vj. 1990 bis zum 4. Vj. 1991 um 4 bis 6 vH für angemessen. 14. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt eine „Stellungnahme zu den Gatt-Verhandlungen“ vor. 1991 10. Jan. Die Bundesregierung konkretisiert die im Eckwertebeschluss zum Bundeshaushalt 1991 vorgesehenen Haushaltsentlastungen in Höhe von 35 Mrd. DM; der Haushalt soll durch Erhöhung der Abgaben um 20,3 Mrd. DM, durch Privatisierung von staatlichen Industriebeteiligungen um 0,5 Mrd. DM und durch Einsparungen um 14,2 Mrd. DM entlastet werden. Im einzelnen ist vorgesehen: - Den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung zum 1. April um 2,5 Prozentpunkte auf 6,8 vH zu erhöhen und den Satz zur GRV gleichzeitig um 1 Prozentpunkt auf 17,7 vH zu verringern (Minderausgaben beim Bund: 18,3 Mrd. DM), eine Sonderablieferung der Deutschen Bundespost für die Jahre 1991 bis 1994 einzuführen (Mehreinnahmen: 2 Mrd. DM je Jahr); - im Verteidigungsetat 7,6 Mrd. DM einzusparen, die im Rahmen der Berlin- und Zonenrandförderung gewährten Steuervergünstigungen in einem ersten Schritt abzubauen (Minderausgaben: 1,5 Mrd. DM), die Ausgaben der BA zu kürzen (2,3 Mrd. DM), Finanzhilfen abzubauen (1 Mrd. DM) und die Investitionsausgaben in Westdeutschland durch Aufschieben von Projekten zu verringern (2,3 Mrd. DM). 17. Jan. Helmut Kohl wird vom Bundestag zum vierten Mal zum Bundeskanzler gewählt und legt seinen Amtseid ab. Am Folgetag findet im Bundestag mit der Eidesleistung der Bundesminister die Regierungsbildung ihren Abschluss. Das Kabinett besteht aus zehn Ministern der CDU, vier Ministern der CSU sowie vier Ministern der FDP. Theodor Waigel bleibt Finanzminister und Norbert Blüm Minister für Arbeit und So- 216 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland zialordnung; Jürgen Möllemann (FDP) wird Wirtschaftsminister. 31. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 6 auf 6,5% und des Lombardsatzes von 8,5 auf 9%. 16. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Probleme der Privatisierung in den neuen Bundesländern“ vor. 20. Febr. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 1991 und die Finanzplanung bis 1994. - Bundeshaushalt 1991: Das Haushaltsvolumen wird mit 399,7 Mrd. DM angesetzt, die Nettokreditaufnahme - wie im Eckwertebeschluss angekündigt - auf 69,5 Mrd. DM veranschlagt. - Finanzplanung bis 1994: Der Anstieg der Ausgaben soll 1992 auf 0,8 vH und in den beiden Jahren danach jeweils auf 2,2 vH begrenzt werden; die Nettokreditaufnahme ist 1992 mit 49,4 Mrd. DM, 1993 mit 40,6 Mrd. DM und 1994 mit 30,9 Mrd. DM angesetzt. 28. Febr. Auf einer Konferenz des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten der Länder werden Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzausstattung in Ostdeutschland mit einem Volumen von rund 22 Mrd. DM in 1991 beschlossen. Im Einzelnen ist vorgesehen: - Der Bund gewährt den neuen Bundesländern zusätzliche Finanzhilfen in Höhe von 5 Mrd. DM als Investitionspauschalen für die Gemeinden. Die Mittel sollen nach der Einwohnerzahl auf die einzelnen Länder verteilt werden. - Der Bund verzichtet auf seinen 15-vH- Anteil an den Zuweisungen des Fonds „Deutsche Einheit“ (5,3 Mrd. DM in 1991) und stellt den neuen Bundesländern zur Förderung von Investitionen und Beschäftigung zusätzlich 7 Mrd. DM zur Verfügung. - Die neuen Bundesländer werden anstelle der im Einigungsvertrag festgelegten Stufenregelung bereits ab 1. Januar 1991 entsprechend ihrer Einwohnerzahl am Länderanteil des Umsatzsteueraufkommens beteiligt. 1. März Die Senkung der Kraftfahrzeugsteuer für schwere Nutzfahrzeuge, die am 1. Juli 1990 in Kraft getreten war, wird wieder rückgängig gemacht (Mehreinnahmen 1991: 1 Mrd. DM; 1992: 1,4 Mrd. DM). 8. März Die Bundesregierung beschließt das „Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost“. Damit soll den neuen Bundesländern in den Jahren 1991 und 1992 zusätzlich ein Finanzvolumen von jeweils 12 Mrd. DM zur Verfügung gestellt werden, um u.a. die kommunale Infrastruktur, insbesondere Krankenhäuser, stationäre Alteneinrichtungen und Schulen unverzüglich instandzusetzen (1991: 5 Mrd. DM), um Qualifizierungsmaßnahmen und ABM zu beschleunigen und mit Existenzgründungen zu verbinden (1991: 2,5 Mrd. DM; 1992: 3 Mrd. DM), um die Verkehrsinfrastruktur beschleunigt zu verbessern (1991: 1,4 Mrd. DM; 1992: 4,2 Mrd. DM), um die Modernisierung des Wohnungsbestandes zu erleichtern, kommunale Wohnungen zu privatisieren, die Stadt- und die Dorfsanierung und den städtebaulichen Denkmalschutz zu beschleunigen (1991: 1,1 Mrd. DM; 1992: 1,1 Mrd. DM) sowie um die Frist für die 1991 217 Gewährung der Investitionszulagen von 12 bzw. 8 vH um je ein halbes Jahr zu verlängern und den Investoren die Möglichkeit zu geben, die Zulage mit den Sonderabschreibungen zu kumulieren (1991: 0,4 Mrd. DM; 1992: 0,7 Mrd. DM). 11. März Die Bundesregierung rechnet im JWB 1991 für die alten Bundesländer mit einem Wirtschaftswachstum von 3 bis 3½ vH, einer Preissteigerung von rd. 3½ vH und einem Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von rd. 2 vH. 22. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (15. März) verabschiedeten „Gesetz zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen“ zu. Ziel des Gesetzes, mit dem elf bestehende Gesetze geändert und das Vermögenszuordnungsgesetz neu eingeführt werden, ist es insbesondere, die rechtlichen Voraussetzungen für eine bevorzugte Durchführung von Investitionen und für eine schnelle Klärung der Eigentumsverhältnisse in den neuen Bundesländern zu schaffen [RB: -; GE: 7.3.1991/ 13.3.1991; IKT: 29.3.1991; BGBl. I 1991 S. 766, 1928]. 13. April Der SVR legt ein Sondergutachten „Marktwirtschaftlichen Kurs halten - Zur Wirtschaftspolitik für die neuen Bundesländer“ vor. 25. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1991 für Deutschland ein Wirtschaftswachstum von 1 vH, für Westdeutschland von 3 vH, für Ostdeutschland einen Rückgang von 20 vH; eine Preissteigerung für Westdeutschland von 3,5 vH, für Ostdeutschland einen Anstieg von 11 vH; für Deutschland einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 3,5 vH, für Westdeutschland einen Anstieg von 2,5 vH, für Ostdeutschland einen Rückgang von 23 vH. 14. Mai Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das „Gesetz zur Einführung eines befristeten Solidaritätszuschlags und zur Änderung von Verbrauchsteuer- und anderen Gesetzen“ umfasst die Einführung eines Solidaritätszuschlags zur Einkommen- und Körperschaftsteuer in Höhe von 7,5 vH der Steuerschuld, befristet für den Zeitraum vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1992 (Mehreinnahmen 1991: 10,5 Mrd. DM; 1992: 11,3 Mrd. DM), die Erhöhung der Mineralölsteuer ab 1. Juli sowie die Verlängerung der Erhebung der Erdgassteuer über 1992 hinaus (Mehreinnahmen 1991: 5,4 Mrd. DM; 1992; 13,2 Mrd. DM), die Anhebung der Versicherungsteuer ab 1. Juli (Mehreinnahmen 1991: 0,7 Mrd. DM; 1992: 2,0 Mrd. DM) sowie die Erhöhung der Tabaksteuer ab 1. März 1992 (Mehreinnahmen 1992: 0,8 Mrd. DM) [RB: 8.3.1991; GE: 22.4.1991/ 8.5.1991; IKT: 28.6./ 1.7.1991, 1.3.1992; BGBl. I 1991 S. 1318]. - Das „Gesetz zur Änderung arbeitsförderungsrechtlicher und anderer sozialrechtlicher Vorschriften“ sieht vor, die Sonderregelung über das Kurzarbeitergeld für die neuen Bundesländer bis zum 31. Dezember, und die besonderen Regelungen für die Förderung von ABM dort bis zum 31. Dezember 1992 zu verlängern. Die Altersgrenze für die Inanspruchnahme von Altersübergangsgeld wird vom 57. auf das 55. Lebensjahr gesenkt, die Anspruchsdauer entsprechend verlängert [RB: -; GE: 218 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 24.4.1991/ 8.5.1991; IKT: 3.10.1990, 1.7.1991; BGBl. I 1991 S. 1306]. 16. Mai Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl erklärt seinen Rücktritt. 2. Juni Das CDU/ CSU-FDP Regierungsbündnis verliert nach den Regierungs- und Koalitionswechseln in Hessen (20. Januar), Rheinland-Pfalz (21. April) und Hamburg (2. Juni) die Stimmenmehrheit im Bundesrat. 7. Juni Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1991. Gegenüber dem Haushaltsabschluss für das Jahr 1990, der die drei Nachtragshaushalte und den übergeleiteten DDR-Haushalt für das zweite Halbjahr 1990 umfasst, sind die Ausgaben mit 410,3 Mrd. DM um 8 vH höher angesetzt; die Nettokreditaufnahme ist mit 66,4 Mrd. DM veranschlagt [RB: 20.2.1991; GE: 8.3.1991/ 23.5.1991/ 23.5.1991; IKT: 1.1.1991; BGBl. I 1991 S. 1354]. 13. Juni Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. Juli Maßnahmen, die die Refinanzierungsbedingungen der ostdeutschen Kreditinstitute weiter in Richtung der für westdeutsche Institute geltenden Regelungen anpassen. Insbesondere werden angesichts der nun gegebenen Möglichkeit, auf breiterer Basis an Wertpapierpensionsgeschäften teilzunehmen, die Rediskontkontingente ostdeutscher Institute um 6 Mrd. DM auf 18 Mrd. DM gekürzt und der Anteil der auf Basis einer Ausnahmeregelung rediskontierten Bank-Solawechsel zugunsten „guter Handelswechsel“ von zwei Dritteln auf höchstens die Hälfte der Kontingente verringert. 20. Juni Der Bundestag beschließt mit 338 zu 320 Stimmen, den Parlaments- und Regierungssitz von Bonn nach Berlin zu verlegen. 21. Juni Der Bundesrat und der Bundestag (19. Juni) verabschieden die im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromisse über mehrere Gesetze: - Durch das „Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte sowie über strukturelle Anpassungen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Haushaltsbegleitgesetz 1991)“ überlässt u.a. der Bund den neuen Bundesländern und ihren Gemeinden zur Verbesserung ihrer Finanzausstattung seinen im Einigungsvertrag vorgesehenen Anteil von 15 vH an den Zuweisungen des Fonds „Deutsche Einheit“. Außerdem werden die neuen Bundesländer bereits ab 1. Januar 1991 entsprechend ihrer Einwohnerzahl am Länderanteil des Umsatzsteueraufkommens beteiligt [RB: 8.3.1991; GE: 22.4.1991/ 13.5.1991/ 15.6.1991; IKT: 1.1./ 1.7.1991, 1.1.1992; BGBl. I 1991 S. 1314]. - Das „Gesetz zur Förderung von Investitionen und zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Beitrittsgebiet sowie zur Änderung steuerrechtlicher und anderer Vorschriften (Steueränderungsgesetz 1991)“ umfasst insbesondere steuerliche Fördermaßnahmen in den neuen Bundesländern - Einführung befristeter Sonderabschreibungen, Verlängerung der Frist für die Investitionszulage (Mindereinnahmen 1991: 1,5 Mrd. DM; 1992: 1,7 Mrd. DM), Verzicht auf die Erhebung der Gewerbekapitalsteuer und der Vermögensteuer in den Jahren 1991 und 1992 sowie Einführung eines ermäßigten Staffeltarifs für mittelständische Unternehmen bei der Gewerbe- 1991 219 ertragsteuer (Mindereinnahmen 1991: 0,4 Mrd. DM; 1992: 0,5 Mrd. DM), Einführung eines Tariffreibetrages bei der Einkommensteuer (Mindereinnahmen 1991: 0,7 Mrd. DM; 1992: 1,0 Mrd. DM) - sowie den schrittweisen Abbau der Berlinförderung und der Zonenrandförderung bis Ende 1994 (Mehreinnahmen 1991: 0,9 Mrd. DM; 1992: 4,3 Mrd. DM) [RB: 8.3.1991; GE: 22.4.1991/ 8.5.1991/ 15.6.1991; IKT: 1.7.1990, 1.1./ 1.3./ 28.6./ 1.7.1991, 1.1.1992; BGBl. I 1991 S. 1322]. 27. Juni Das Bundesverfassungsgericht fordert im sogenannten Zinsurteil die Bundesregierung auf, ab 1. Januar 1993 eine steuerliche Erfassung der Zinseinkünfte sicherzustellen [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 27.6.1991, 2 BvR 1493/ 89]. 28. Juni In Budapest (Ungarn) wird der RGW von dessen Mitgliedsländern aufgelöst. Der Austritt der DDR erfolgte bereits mit Wirkung zum 3. Oktober 1990. 10. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1992 sowie die Finanzplanung bis 1995. - Bundeshaushalt 1992: Gegenüber dem im Bundeshaushalt 1991 festgelegten Soll steigen die Ausgaben um 3 vH auf 422,6 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme ist 1992 mit 49,9 Mrd. DM um 16,5 Mrd. DM geringer angesetzt als das Haushaltssoll für 1991. - Finanzplanung bis 1995: Der Anstieg der Ausgaben soll 1993 auf 1,4 vH und in den beiden Jahren danach auf 2,4 vH begrenzt werden; die Nettokreditaufnahme wird 1993 auf 64,0 Mrd. DM, 1994 auf 30,2 Mrd. DM und 1995 auf 25,1 Mrd. DM veranschlagt. 11. Juli Die Bundesbank beschließt, das Geldmengenziel für das laufende Jahr um 1 Prozentpunkt herabzusetzen; vom 4. Vj. 1990 bis zum 4. Vj. 1991 soll die Geldmenge M3 um 3 bis 5 vH ausgeweitet werden. 14. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Lohn- und Arbeitsmarktprobleme in den neuen Bundesländern“ vor. 15.-17. Juli In London (Vereinigtes Königreich) findet der 17. Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Teilnehmer diskutieren insbesondere die Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa sowie in der Sowjetunion und begrüßen die ersten Schritte zu einer Integration der Sowjetunion in die Weltwirtschaft. Am 17. Juli nimmt der Präsident der Sowjetunion, Gorbatschow, als Gast an den Gesprächen teil. 1. Aug. Dr. Helmut Schlesinger folgt Karl Otto Pöhl als Präsident der Deutschen Bundesbank. 15. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 6,5 auf 7,5% und des Lombardsatzes von 9 auf 9,25%. 2. Sept. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Steueränderungsgesetz 1992. Das Gesetz umfasst insbesondere die Verbesserung des Familienlastenausgleichs, die Einschränkung steuerlicher Subventionen und der degressiven Abschreibung 220 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland von Betriebsgebäuden, die steuerliche Entlastung der Betriebe ab 1. Januar 1993 durch Erleichterungen bei der auf Betriebsvermögen entfallenden Vermögensteuer sowie durch Wegfall der Gewerbekapitalsteuer und Staffelung der Messzahlen bei der Gewerbeertragsteuer sowie die Anhebung des allgemeinen Satzes bei der Mehrwertsteuer ab 1. Januar 1993 von 14 auf 15 vH. Die Bundesregierung beschließt den Gesetzentwurf zur Aufhebung des Strukturhilfegesetzes und zur Aufstockung des Fonds ‚Deutsche Einheit'. Danach ist eine Aufhebung des Strukturhilfegesetzes zum 1. Januar 1992 vorgesehen; die Strukturhilfemittel von jährlich 2,5 Mrd. DM sollen über eine Aufstockung des Fonds „Deutsche Einheit“ ab 1992 in die neuen Bundesländer umgelenkt werden. Für die alten Bundesländer ist 1991 eine einmalige Überbrückungshilfe von 0,6 Mrd. DM vorgesehen. Außerdem ist zur Verbesserung der Finanzausstattung der ostdeutschen Länder eine weitere Aufstockung des Fonds durch zusätzliche Bundesleistungen in Höhe von 3,5 Mrd. DM geplant. 17. Okt. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Nachtragshaushalts 1991: Den Mehrausgaben - Finanzzuweisung an die BA in Höhe von 5 Mrd. DM zur Deckung des 1992 erwarteten Defizits sowie Überbrückungshilfe in Höhe von 0,6 Mrd. DM an die alten Länder wegen des Wegfalls des Strukturhilfegesetzes - stehen Minderausgaben in gleicher Höhe gegenüber, so dass die Eckwerte des Bundeshaushalts 1991 durch den Nachtrag nicht verändert werden. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1991 ein Wirtschaftswachstum von 1 vH, für Westdeutschland von 3,5 vH und für Ostdeutschland einen Rückgang von 22,5 vH; eine Preissteigerung für Westdeutschland von 3,5 vH, für Ostdeutschland von 12 vH, einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2,5 vH, in Westdeutschland einen Anstieg von 3,0 vH, für Ostdeutschland einen Rückgang von 20,5 vH. Für 1992 werden ein Wirtschaftswachstum von 2,5 vH, für Westdeutschland von 2 vH, für Ostdeutschland von 10 vH, eine Preissteigerungsrate in Westdeutschland von 4 vH, für Ostdeutschland von 12 vH, einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH, für Westdeutschland von 1 vH und für Ostdeutschland ein Rückgang von 14,5 vH prognostiziert. 12. Nov. Die Bundesregierung beschließt, zur Sicherung der Besteuerung der Zinserträge ab 1993 eine auf die endgültige Steuerschuld anrechenbare Kapitalertragsteuer von 25 vH für Steuerinländer einzuführen. Gleichzeitig sind die Erhöhung der Sparerfreibeträge von 600/ 1 200 DM (Ledige/ Verheiratete) auf 6 000/ 12 000 DM, höhere Freibeträge bei der Vermögensteuer sowie Erleichterungen bei der Altersversorgung und der Besteuerung von Alterseinkünften vorgesehen. Die aus dem „Zinsabschlag“ erwarteten Mehreinnahmen von reichlich 10 Mrd. DM werden durch die aus den übrigen Regelungen resultierenden Mindereinnahmen ausgeglichen. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1991/ 92 vor. Er prognostiziert für 1991 für Westdeutschland ein Wirtschaftswachstum von 2 vH, eine Preissteigerung von 3½ vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 3 vH. Für 1992 werden ein Wachstum von 2 vH, eine Preissteigerung von 4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH prognostiziert. Für Ostdeutschland prognostiziert der SVR für das zweite Halbjahr 1991 einen Rückgang des Wachstums von 10½ vH und eine Preissteigerung von 19½ vH. Für 1992 werden ein Wachstum von 9½ vH, eine Preissteigerung von 12½ vH und ein Rückgang der 1991 221 Zahl der Erwerbstätigen von 9,9 vH prognostiziert. 26. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Nachtragshaushalt 1991, der die Nettokreditaufnahme um 4,8 Mrd. DM reduziert und eine einmalige Zuweisung an die BA in Höhe von 4,9 Mrd. DM vorsieht [RB: 17.10.1991; GE: 18.10.1991/ 14.11.1991; IKT: 1.1.1991; BGBl. I 1991 S. 2350]. 29. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1992. Die Ausgaben steigen um 2,9 vH auf 422,1 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme wird auf 45,3 Mrd. DM veranschlagt. Der gleichzeitig verabschiedete Nachtragshaushalt für 1991 sieht zusätzliche Ausgaben in Höhe von knapp 6,5 Mrd. DM vor, die durch globale Minderausgaben finanziert werden [RB: 10.7.1991; GE: 16.8.1991/ 14.11.1991/ 14.11.1991; IKT: 1.1.1992; BGBl. I 1991 S. 2360]. Der Bundesrat lehnt das Steueränderungsgesetz 1992 und die Aufhebung des Strukturhilfegesetzes ab. 3. Dez. Im Finanzplanungsrat geht der Bund für das Jahr 1992 von Ausgabensteigerungen in Höhe von 2,9 vH und von einer Begrenzung des Defizits auf 45 Mrd. DM aus. Die alten Bundesländer halten unter Hinweis auf die Struktur ihrer Haushalte durchschnittliche Steigerungsraten von 4 vH für unvermeidbar. Deutlich höhere Defizite erwarten die neuen Bundesländer wegen ihres hohen Investitionsbedarfs und einer fortschreitenden Normalisierung des Mittelabflusses für das Jahr 1992. 5. Dez. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für 1994 die Ausweitung der Geldmenge M3 vom 4. Vj. 1991 bis zum 4. Vj. 1992 um 3½ bis 5½ vH. Ferner setzt sie die Refinanzierungskontingente der ostdeutschen Kreditinstitute mit Wirkung ab 2. Januar 1992 um rund 8 Mrd. DM auf 10 Mrd. DM herab und passt zugleich die Voraussetzungen für ihre Inanspruchnahme stärker den in Westdeutschland üblichen Standards an. 9.-10. Dez. In Maastricht (Niederlande) beschließen auf dem EG-Gipfel die Staats- und Regierungschefs der EG-Länder einen Vertragsentwurf über die Errichtung einer Europäischen Union, durch den die bisherigen Verträge über die EG geändert und ergänzt werden sollen. Die Vertragsbestimmungen sehen für die Endstufe der WWU die unwiderrufliche Fixierung der Wechselkurse zwischen den beteiligten Währungen mit anschließendem Übergang zu einer einheitlichen Währung vor und weisen dem künftigen Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) die Aufgabe zu, von diesem Zeitpunkt an die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen und auszuführen. Die Teilnahme der einzelnen EG-Staaten an der Endstufe der WWU, die frühestens am 1. Januar 1997 und spätestens am 1. Januar 1999 beginnen soll, wird von einer Reihe von Anforderungen - geringe Inflation, angemessenes Haushaltsdefizit, stabiler Wechselkurs, geringe Zinsabstände - abhängig gemacht. Am 1. Januar 1994 tritt mit der Gründung des Europäischen Währungsinstituts (EWI) die zweite Stufe der WWU in Kraft. Aufgabe des EWI soll es sein, die Geldpolitik in Europa stärker zu koordinieren und die dritte Stufe der WWU technisch vorzubereiten. 222 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 10. Dez. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat erzielt keine Einigung über das Steueränderungsgesetz 1992. 19. Dez. Der Bundesrat stimmt der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung über eine Verlängerung der Regelung über das Altersübergangsgeld in den neuen Bundesländern um sechs Monate bis zum 30. Juni 1992 zu [RB: 12.12.1991; VE: -; IKT: 1.1.1992; BGBl. I 1991 S. 2342]. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 7,5 auf 8% und des Lombardsatzes von 9,25 auf 9,75%. 1992 1. Jan. Die Rentenreform 1992 tritt in Kraft. Gleichzeitig wird das westdeutsche Rentenrecht auf die neuen Bundesländer ausgedehnt und ein Finanzverbund zwischen den Rentenversicherungsträgern in West- und Ostdeutschland hergestellt. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung wird von 6,8 vH der versicherungspflichtigen Entgelte auf 6,3 vH gesenkt. 24. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt eine „Stellungnahme zu den Vorschriften über eine Industriepolitik in den Verträgen über die Europäische Politische Union und die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion“ vor. 29. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1992 vor. Sie rechnet für das Bundesgebiet mit einem Wirtschaftswachstum von gut 2 vH, einer Preissteigerung von rd. 5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von gut 2 vH. Für die alten Bundesländer erwartet sie ein Wachstum von 6 bis 10 vH, eine Preissteigerung von 12 bis 14 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1½ bis 2 vH; für die neuen Bundesländer ein Wachstum von 6 bis 10 vH, eine Preissteigerung von 12 bis 14 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 10 bis 15 vH. 7. Febr. In Maastricht (Niederlande) wird der „Vertrag über die Europäische Union“ von den Außen- und Finanzministern der EG-Länder unterzeichnet (Ratifikation durch Bundestag sowie Bundesrat am 2. bzw. 18. Dezember). Die Gründung der Europäischen Union setzt den Rahmen für die Europäischen Gemeinschaften und nimmt eine Neudefinition der Aufgaben, Ziele und Politiken der EG vor. Weiterhin wird die schrittweise Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion umgesetzt [RB: -; GE: 1.10.1992/ 27.11.1992; IKT: 31.12.1992, 1.11.1993; BGBl. I 1992 S. 1251, BGBl. I 1993 S. 1947]. 14. Febr. Der Bundesrat und der Bundestag (13. Februar) verabschieden mehrere Gesetze in den Kompromissfassungen des Vermittlungsausschusses: - Das Steueränderungsgesetz 1992 erhöht den allgemeinen Satz der Mehrwertsteuer (ermäßigter Satz bleibt unverändert) ab 1. Januar 1993 von 14 auf 15 vH (Mehreinnahmen 1993: 10,5 Mrd. DM; 1994: 12,9 Mrd. DM). Außerdem wird ab 1992 der Familienlastenausgleich durch Erhöhung des Kindergeldes und 1992 223 des Kinderfreibetrages ausgebaut (Mindereinnahmen 1992: 3,2 Mrd. DM; 1993: 3,8 Mrd. DM) sowie die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Betriebe ab 1993 verbessert: u.a. werden die betriebliche Vermögensteuer gesenkt und vereinfacht, der Freibetrag bei der Gewerbeertragsteuer angehoben und die Messzahlen nach dem Gewerbeertrag stärker gestaffelt, die Aussetzung der Gewerbekapitalsteuer und der Vermögensteuer in den neuen Bundesländern bis Ende 1994 verlängert (Mindereinnahmen: 4,5 Mrd. DM) [RB: 2.9.1991; GE: 25.10.1991/ 6.11.1991/ 5.2.1992; IKT: 22.12.1990, 1.1.1991, 1.1./ 29.2./ 1.3.1992, 1.1.1993; BGBl. I 1992 S. 297]. - Das „Gesetz zur Aufhebung des Strukturhilfegesetzes und zur Aufstockung des Fonds 'Deutsche Einheit'“ sieht u.a. vor, die bisher an die alten Bundesländer transferierten Strukturhilfemittel von jährlich 2,5 Mrd. DM ab 1992 zur Aufstockung des Fonds „Deutsche Einheit“ in die neuen Bundesländer umzulenken. Außerdem werden die Bundeszuweisungen an den Fonds 1992 um 3,5 Mrd. DM und für die Jahre 1993 und 1994 um je 1 Mrd. DM aufgestockt. Die aus der Erhöhung der Mehrwertsteuer stammenden Einnahmen in den Jahren 1993 und 1994 werden zur Aufstockung des Fonds „Deutsche Einheit“ verwendet; dafür wird der Anteil der Länder am Umsatzsteueraufkommen von 35 auf 37 vH für 1993 und 1994 angehoben [RB: 2.9.1991; GE: 30.9.1991/ 5.2.1992; IKT: 31.12.1991; BGBl. I 1992 S. 674]. 6. April Portugal tritt als elftes Land dem EWS bei. Die Schwankungsbreite des Escudo im EWS wird auf ±6 vH festgelegt. 9. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1992 ein Wirtschaftswachstum von 2 vH, in Westdeutschland von 1,5 vH, in Ostdeutschland von 7 vH; eine Preissteigerung von 5 vH, in Westdeutschland von 3¾ vH, in Ostdeutschland von 12 vH; einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH, einen Anstieg in Westdeutschland von 1 vH und einen Rückgang von 14,5 vH in Ostdeutschland. 13. Mai Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Nachtragshaushalts 1992 und die Eckwerte der mittelfristigen Finanzpolitik. - Nachtragshaushalt 1992: Das Ausgabevolumen wird mit 426 Mrd. DM um 3,9 Mrd. DM - überwiegend zur Finanzierung zusätzlicher Investitionsanreize in den neuen Bundesländern - höher angesetzt und die Nettokreditaufnahme aufgrund stärkerer Einsparungen und eines höheren Steueraufkommens mit 42,7 Mrd. DM um 2,6 Mrd. DM niedriger veranschlagt als bisher. - Mittelfristige Eckwerte zum Bundeshaushalt: Der Anstieg der Ausgaben soll bis 1996 auf durchschnittlich 2,5 vH je Jahr begrenzt und das Defizit im Jahr 1995 auf 25 Mrd. DM zurückgeführt werden. Das Ausgabenmoratorium wird bis zum Ende dieser Legislaturperiode verlängert. 3. Juni Die Bundesregierung beschließt, das Gemeinschaftswerk „Aufschwung Ost“ über 1992 hinaus zu verlängern. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, das Finanzierungsdefizit des öffentlichen Gesamthaushalts bis 1996 auf 2 vH des nominalen BSP zurückzuführen; hierzu sei eine Begrenzung des Ausgabenanstiegs beim Bund, bei den alten Ländern und ihren Gemeinden auf durchschnittlich 3 vH erforderlich. 224 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 4. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Regelung der Aufnahme von Krediten durch die Treuhandanstalt“. Danach wird die Kreditaufnahme der Treuhandanstalt für die Jahre 1992 bis 1994 auf jährlich 30 Mrd. DM begrenzt; bei unabweisbarem Mehrbedarf darf sie - mit Einwilligung des Bundesministers der Finanzen und des Haushaltsausschusses des Bundestages - den Kreditrahmen von 30 Mrd. DM um maximal 8 Mrd. DM je Jahr überschreiten [RB: 11.12.1991; GE: 11.3.1992; IKT: 1.1.1992; BGBl. I 1992 S. 1190]. 17. Juni Der Bundestag verabschiedet gegen den Einspruch des Bundesrates ein aus dem Vermittlungsverfahren hervorgegangenes „Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank“. Dieses sieht die Verringerung der Anzahl der Landeszentralbanken von bisher elf in den westlichen Bundesländern auf neun im gesamten Bundesgebiet vor. Neben der Einbindung der ostdeutschen Bundesländer soll damit eine organisatorische Straffung erreicht werden [RB: -; GE: 20.12.1991/ 11.3.1992/ 3.6.1992; IKT: 1.11.1992; BGBl. I 1992 S. 1287]. 26. Juni Der Bundestag verabschiedet den Nachtragshaushalt 1992, der das Haushaltsvolumen um 3 Mrd. auf 425,1 Mrd. DM anhebt und die Nettokreditaufnahme um 4,8 Mrd. auf 40,5 Mrd. DM senkt [RB: 13.5.1992; GE: 15.5.1992/ 17.6.1992; IKT: 1.1.1992; BGBl. I 1992 S. 1290]. 30. Juni Die Erhebung des zum 1. Juli 1991 eingeführten Solidaritätszuschlags zur Einkommen- und Körperschaftsteuer läuft aus. 1. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1993 und die Finanzplanung bis 1996. - Bundeshaushalt 1993: Gegenüber dem im Nachtragshaushalt 1992 festgelegten Soll steigen die Ausgaben des Bundes um 2,5 vH auf 435,7 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme ist 1993 mit 38 Mrd. DM um 2,5 Mrd. DM niedriger als im Haushaltssoll für 1992 angesetzt. - Finanzplanung bis 1996: Der Anstieg der Ausgaben soll bis 1996 auf durchschnittlich 2,3 vH je Jahr begrenzt und die Nettokreditaufnahme bis 1996 auf 22 Mrd. DM zurückgeführt werden. 6.-8. Juli In München findet der 18. Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Teilnehmer beraten über Hilfen für die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Zum Abschluss ihrer Beratungen treffen sie mit dem russländischen Präsidenten, Boris Jelzin, zusammen. 10. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag (26. Juni) verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Anpassung des Umsatzsteuergesetzes und anderer Rechtsvorschriften an den EG-Binnenmarkt“ sieht im Rahmen der Anpassung umsatzsteuerrechtlicher und verbrauchsteuerrechtlicher Regelungen an den Wegfall der Steuergrenzen zwischen den EG-Mitgliedstaaten zum 1. Januar 1993 die Abschaffung der sogenannten kleinen Verbrauchsteuern auf Leuchtmittel, Salz, Zucker und Tee zum 1. Januar 1993 vor (Mindereinnahmen: 0,5 Mrd. DM) [RB: 3.4.1992; GE: 27.4.1992/ 17.6.1992; IKT: 1.1.1991, 2.9.1992, 1.1.1993; BGBl. I 1992 S. 1548]. 1992 225 - Durch das „Gesetz zur Verlängerung der Kündigungsmöglichkeiten in der öffentlichen Verwaltung nach dem Einigungsvertrag“ soll zum Personalabbau in den neuen Bundesländern und damit zur Senkung der Personalkosten in der öffentlichen Verwaltung beitragen, so dass die Kündigungsmöglichkeiten um 15 Monate bis zum 31. Dezember 1993 verlängert werden [RB: -; GE: 12.6.1992; IKT: 2.9.1992; BGBl. I 1992 S. 1546]. 11. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Gesamtwirtschaftliche Orientierung bei drohender finanzieller Überforderung“ vor. 16. Juli Die Bundesbank überprüft und bestätigt ihr Geldmengenziel für 1992. Gleichzeitig beschließt sie mit Wirkung zum Folgetag die Erhöhung des Diskontsatzes von 8 auf 8,75%. 14. Sept. Im EWS wird die 13. Neufestsetzung der Leitkurse umgesetzt: Die Italienische Lira wird um 3,5 vH abgewertet, die übrigen EWS-Währungen werden um 3,5 vH aufgewertet. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 8,75 auf 8,25% und des Lombardsatzes von 9,75 auf 9,5%. 17. Sept. Der EG-Währungsausschuss beschließt ein vorübergehendes Ausscheiden des Britischen Pfundes und der Italienischen Lira aus dem EWS. Die Spanische Peseta wird gegenüber den verbleibenden EWS-Währungen um 5 vH abgewertet. 25. Sept. Der Bundesrat und der Bundestag (24. September) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Zinsabschlaggesetz. Infolge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Zinsbesteuerung vom 27. Juni 1991 war eine Neuregelung erforderlich. Nunmehr sollen Zinseinkünfte vom 1. Januar 1993 an mit einer auf die Einkommen- und die Körperschaftsteuer anrechenbaren Steuervorauszahlung von 30 vH (Zinsabschlag) belastet werden; der Freibetrag für Zinseinkünfte wird auf 6 000/ 12 000 DM (Alleinstehende/ Verheiratete) verzehnfacht, und Vorsorgeaufwendungen werden verstärkt begünstigt (Mehreinnahmen 1993: 2,9 Mrd. DM; 1994: 5,7 Mrd. DM) [RB: -; GE: 30.4.1992/ 3.6.1992/ 6.7.1992; IKT: 13.11.1992, 1.1.1993; BGBl. I 1992 S. 1853]. Das Bundesverfassungsgericht fasst den Beschluss, dass die geltenden Regelungen des Grundfreibetrages im Einkommensteuerrecht nicht dem verfassungsmäßigen Gebot gerecht werden, das Existenzminimum des Steuerpflichtigen von der Einkommensteuer freizustellen. Eine umfassende Neuregelung muss mit Wirkung zum 1. Januar 1996 erfolgen. Jedoch ist bereits mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1993 sicherzustellen, dass bei der Einkommenbesteuerung dem Steuerpflichtigen mit niedrigen Erwerbsbezügen die Einkünfte belassen werden, die er zur Deckung eines nach den Grundsätzen der verfassungsgerichtlichen Entscheidung zu bestimmenden existenznotwendigen Bedarfs benötigt [BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 25.9.1992, 2 BvL 5/ 91]. 22. Okt. Der Bund und die neuen Bundesländer einigen sich über die Aufteilung der Umweltaltlasten bei der Privatisierung ostdeutscher Betriebe: Die ostdeutschen Länder übernehmen 40 vH, der Rest wird von 226 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland der Treuhandanstalt getragen. Die Länder wollen darüber hinaus Freistellungsanträge von Altlasten beschleunigt bearbeiten und bescheiden. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1992 ein Wirtschafswachstum von 1,5 vH, für Westdeutschland von 1,5 vH, für Ostdeutschland von 3,5 vH, Preissteigerungen von 5,0 vH, für Westdeutschland von 4,0 vH, für Ostdeutschland von 11,0 vH, einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH, in Westdeutschland einen Anstieg von 1,0 vH, in Ostdeutschland einen Rückgang von 14,5 vH. Für 1993 werden ein Wachstum von 1,0 vH, für Westdeutschland ein Anstieg von 0,5 vH und für Ostdeutschland von 7,5 vH. Preissteigerungen von 4,5 vH, für Westdeutschland von 3,5 vH, für Ostdeutschland von 8,5 vH, für die Zahl der Erwerbstätigen ein Rückgang von 1 vH, in Westdeutschland von 0,5 vH, in Ostdeutschland ein Rückgang von 4,5 vH prognostiziert. Für das Haushaltsdefizit wird ein Wert von 100 Mrd. DM prognostiziert. 13. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1992/ 93 vor. Er prognostiziert für 1992 für das frühere Bundesgebiet ein Wirtschaftswachstum von 1½ vH, eine Preissteigerung von 4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1993 werden ein Wachstum von 0 vH, eine Preissteigerung von 3½ vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH prognostiziert. Für die neuen Bundesländer werden für 1992 ein Wachstum von 4 vH und eine Preissteigerung von 11 vH, für 1993 ein Wachstum von 6½ vH und eine Preissteigerung von 9 vH prognostiziert. 14. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Zum Länderfinanzausgleich in der Bundesrepublik Deutschland“ vor. 19. Nov. Der Finanzplanungsrat hält angesichts der sich deutlich abschwächenden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einen strikten Sparkurs der öffentlichen Hand, insbesondere im konsumtiven Bereich, für erforderlich. 23. Nov. Im EWS wird die 14. Neufestsetzung der Leitkurse umgesetzt: Die Spanische Peseta und der Portugiesische Escudo werden um jeweils 6 vH abgewertet. 27. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1993. Danach steigen die Ausgaben des Bundes um 2,5 vH auf 435,6 Mrd. DM. Um einen erhöhten Bundeszuschuss an die BA zu vermeiden, wird der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 1993 um 0,2 Prozentpunkte auf 6,5 vH erhöht; im Gegenzug wird der Beitragssatz zur GRV zu Lasten der Rücklagen von 17,7 auf 17,5 vH gesenkt. Die Nettokreditaufnahme wird aufgrund konjunkturbedingter Mindereinnahmen von 6 Mrd. DM mit 43 Mrd. DM um 5 Mrd. DM höher angesetzt als im Regierungsentwurf vom Sommer 1992; der restliche Teil der Mindereinnahmen soll durch Einnahmeverbesserungen ausgeglichen werden [RB: 1.7.1992; GE: 14.8.1992/ 12.11.1992/ 12.11.1992; IKT: 1.1.1993; BGBl. I 1992 S. 2229]. 9. Dez. Der Bundestag verabschiedet gegen den Einspruch des Bundesrates das aus dem Vermittlungsverfahren hervorgegangene „Gesetz zur Änderung von Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen“. Hierdurch soll die BA 1993 um 8 Mrd. DM entlastet werden. Es sieht u.a. eine Befreiung der Arbeits- 1992/ 1993 227 losenversicherung von Belastungen nicht zwingender Frühverrentung, eine Entlastung der BA von den Eingliederungsleistungen für Aussiedler sowie eine Angleichung der Förderkonditionen bei allgemeinen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den neuen Bundesländern an die Regelungen in den alten Ländern vor [RB: -; GE: 7.9.1992/ 14.10.1992/ 12.11.1992; IKT: 1.1./ 1.4./ 24.12.1992, 1.1.1993; BGBl. I 1992 S. 2044]. 10. Dez. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für 1993 eine Ausweitung der Geldmenge M3 vom 4. Vj. 1992 bis zum 4. Vj. 1993 um 4,5 bis 6,5 vH. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (9. Dezember) verabschiedeten Gesundheitsstrukturgesetz zu. Das Gesetz wurde von den Fraktionen der Regierungskoalition und der SPD gemeinsam eingebracht. Durch die verabschiedeten Maßnahmen soll die GKV 1993 um 10,7 Mrd. DM entlastet werden; die Sparmaßnahmen belasten die Leistungserbringer mit 8,2 Mrd. DM und die Versicherten mit 2,5 Mrd. DM [RB: -; GE: 5.11.1992/ 2.12.1992; IKT: 1.1.1992, 1.1.1993, 1.1./ 1.7.1994, 1.1.1995, 1.1.1996; BGBl. I 1992 S. 2266]. 18. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (2. Dezember) verabschiedeten „Gesetz zur Anpassung von Verbrauchsteuer- und anderen Gesetzen an das Gemeinschaftsrecht sowie zur Änderung anderer Gesetze (Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetz)“ zu. Neben Anpassungen an den EG-Binnenmarkt sieht es auch eine Verlängerung und Aufstockung der Investitionszulage in den neuen Bundesländern vor [RB: -; GE: 19.11.1992/ 30.11.1992; IKT: 30.12.1992, 1.1.1993; BGBl. I 1992 S. 2150, BGBl. I 1993 S. 169]. 1993 1. Jan. Eine Reihe von Gesetzen tritt in Kraft: das Gesundheitsstrukturgesetz, das Gesetz zur Änderung von Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen, das Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetz, das Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz, das Zinsabschlaggesetz, Teile des Steueränderungsgesetzes 1992 (wie die Anhebung der Mehrwertsteuer sowie die Steuersenkungen bei der Gewerbesteuer und der betrieblichen Vermögensteuer) sowie eine Verwaltungsregelung zur Steuerfreistellung des Existenzminimums bei der Einkommensteuer bei Geringverdienenden. Der „Europäische Binnenmarkt“ tritt in Kraft, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital weitgehend verwirklicht werden. 22. Jan. Dr. Günter Rexrodt (FDP) wird im Bundestag als Bundesminister für Wirtschaft vereidigt, nachdem Jürgen Möllemann von seinem Amt zurückgetreten war (3. Januar). 1. Febr. Im EWS wird die 15. Neufestsetzung der Leitkurse umgesetzt: Der Leitkurs des Irischen Pfundes wird um 10 vH abgewertet. 4. Febr. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Lombardsatzes von 9,5 auf 9,0% und des Diskontsatzes von 8,25 auf 8,0%. Sie beschließt darüber hinaus die Einführung von Bundesbank- Liquiditäts-Un-Schätzen mit erstmaliger Emission am 1. März zur Erweiterung der offenmarktpolitischen Möglichkeiten so- 228 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland wie die Senkung der Mindestreserve auf Termingelder und Spareinlagen von 4,95% bzw. 4,15% auf einheitlich 2,0% mit Wirkung ab 1. März. 11. Febr. Die Bundesregierung legt den JWB 1993 vor. Sie rechnet mit einem Wirtschaftswachstum von rd. 0 vH, einer Preissteigerung von rd. 4 vH und einem Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1½ vH. Für die alten Bundesländer werden ein Wachstum von 0 bis -1 vH, eine Preissteigerung von rd. 3½ vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von rd. 1 vH erwartet; für die neuen Bundesländer ein Wachstum von 5 bis 7 vH; eine Preissteigerung von 5 bis 7vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 3 bis 4 vH. 4. März Die Regierungskoalition bringt den „Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG)“ in den Bundestag ein: - Zur dauerhaften Finanzierung des Aufholprozesses in Ostdeutschland sollen u.a. der Fonds „Deutsche Einheit“ 1993 und 1994 aufgestockt und die neuen Bundesländer ab 1995 in den bundesstaatlichen Finanzausgleich einbezogen werden. - Zur Bewältigung der finanziellen Erblasten der ehemaligen DDR soll ein „Erblastentilgungsfonds“ errichtet werden, der die bis zum 31. Dezember 1994 auflaufenden finanziellen Lasten aus dem Kreditabwicklungsfonds und der Treuhandanstalt übernimmt. Die Finanzierung des Fonds einschließlich der Tilgung übernimmt der Bund. - Zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte sind Ausgabenkürzungen (Minderausgaben 1993: 2,4 Mrd. DM, 1994: 5,7 Mrd. DM, 1995: 6,8 Mrd. DM, 1996: 7 Mrd. DM), der Abbau von Steuervergünstigungen (Mehreinnahmen 1994: 1,1 Mrd. DM, 1995: 2,1 Mrd. DM, 1996: 2,2 Mrd. DM) sowie die Erhöhung von Steuern - insbesondere die Einführung eines Solidaritätszuschlags zur Einkommen- und Körperschaftsteuer in Höhe von 4 vH - geplant (Mehreinnahmen 1993: 0,7 Mrd. DM, 1994: 1,7 Mrd. DM, 1995: 16,7 Mrd. DM, 1996: 18,1 Mrd. DM). 11. März Bundesumweltminister Dr. Klaus Töpfer (CDU) unterzeichnet das Verwaltungsabkommen zur finanziellen Absicherung der Altlastensanierung in den neuen Bundesländern. Danach stellen der Bund und die fünf neuen Bundesländer in den Jahren 1993 bis 1997 insgesamt 15 Mrd. DM zur Sanierung ökologischer Altlasten in Ostdeutschland zur Verfügung. 13. März Der Bund und die Länder verständigen sich auf ein föderales Konsolidierungsprogramm, das u.a. folgende Einigungspunkte umfasst: - Kernstück der Konsolidierungsmaßnahmen ist die (Wieder-)Einführung eines Solidaritätszuschlags von 7,5 vH zur Einkommen- und Körperschaftsteuer ab 1. Januar 1995 (Mehreinnahmen: 28 Mrd. DM). Daneben soll die Vermögensteuer für Privatvermögen - unter Anpassung der Freibeträge - erhöht werden. 1993 229 - Durch Ausgabenkürzungen und den Abbau von Steuervergünstigungen, wozu auch die Angleichung der Versicherungsteuer an das Niveau der Umsatzsteuer gezählt wird, soll ein Einsparvolumen von 9 Mrd. DM erzielt werden. Soziale Regelleistungen werden nicht gekürzt; bei sozialen und wirtschaftlichen Leistungen soll der Missbrauch nachdrücklich bekämpft werden. - Der Fonds „Deutsche Einheit“ wird 1993 um 3,7 Mrd. DM erweitert. Für 1994 ist eine weitere Aufstockung geplant: Der Bund ist zu einem zusätzlichen Transfer von 5,4 Mrd. DM bereit, und die alten Bundesländer prüfen, ob sie über den zugesagten Betrag von 3,5 Mrd. DM hinausgehen können. - Nach dem Auslaufen des Fonds „Deutsche Einheit“ nehmen die neuen Bundesländer am Bund-Länder-Finanzausgleich teil; dieser soll so geordnet werden, dass die neuen Bundesländer 1995 Zuweisungen von 55,8 Mrd. DM erhalten. Dazu wird der Anteil der Länder am Umsatzsteueraufkommen zu Lasten des Bundes von 37 auf 44 vH erhöht. - Das KfW-Zinsverbilligungsprogramm zur Förderung und Modernisierung der ostdeutschen Wohnungen des Bundes wird von 30 Mrd. DM auf 60 Mrd. DM verdoppelt. Von den Altschulden der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbauunternehmen in Höhe von 51 Mrd. DM übernimmt der Bund 31 Mrd. DM. Bis Mitte 1995 wird die Bedienung der Altkredite je zur Hälfte von Bund und neuen Ländern getragen. - Das Fördergebietsgesetz für Wohnungsbau-Investitionen im Privatvermögen (50 vH Sonderabschreibung in den ersten fünf Jahren) wird um zwei Jahre bis 1996 verlängert. - Zur Verstetigung der Arbeitsmarktpolitik in den neuen Bundesländern stellt der Bund 1993 zusätzlich 2 Mrd. DM zur Verfügung. - Der Kreditrahmen der Treuhandanstalt wird zur Sicherung industrieller Kerne und zur Beseitigung ökologischer Altlasten von 30 Mrd. DM auf 38 Mrd. DM erweitert. 18. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 8,0 auf 7,5%. 26. März Der Bundestag und der Bundesrat verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland“. Es enthält mit Wirkung vom 1. Mai eine Vielzahl von Erleichterungen für Wohnungsbauinvestitionen in den neuen Ländern [RB: -; GE: 29.12.1992/ 10.2.1993/ 24.3.1993; IKT: 1.5.1993; BGBl. I 1993 S. 466]. 22. April Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Lombardsatzes von 9,0 auf 8,5% und des Diskontsatzes von 7,5 auf 7,25%. 4. Mai Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1993 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 1,5 vH, in Westdeutschland von 2 vH, in Ostdeutschland einen Anstieg von 5,5 vH; einen Preisanstieg von 4,5 vH, in Westdeutschland von 4,0 vH, in Ostdeutschland von 8,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2,0 vH, in Westdeutschland von 1,5 vH und in Ostdeutschland von 4 vH. 230 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 13. Mai Fusion der Kali und Salz AG mit der unter Treuhand-Verwaltung stehenden Mitteldeutschen Kali AG. Es ist die größte Privatisierung im Zuge der Wiedervereinigung. Im EWS erfolgt die 16. Neufestsetzung der Leitkurse: Der Leitkurs der Spanischen Peseta wird um 8 vH, der des Portugiesischen Escudo um 6,5 vH gesenkt. 27. Mai Der Bundestag verabschiedet den Nachtragshaushalt 1993, wodurch das Haushaltsvolumen um 22,5 Mrd. DM auf 458,1 Mrd. DM und die Nettokreditaufnahme um 24,6 Mrd. DM auf 67,8 Mrd. DM steigen; ausschlaggebend hierfür sind höhere Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer (u.a. die kommunale Investitionspauschale in Höhe von 1,5 Mrd. DM) sowie konjunkturbedingte Mehrausgaben und Mindereinnahmen [RB: -; GE: 5.3.1993/ 17.5.1993; IKT: 1.1.1993; BGBl. I 1993 S. 934]. Der Finanzplanungsrat empfiehlt, den Anstieg der Ausgaben der Gebietskörperschaften mittelfristig auf höchstens 3 vH je Jahr zu begrenzen, um die Defizitquote der Gebietskörperschaften von 5 vH des nominalen BSP auf unter 3 vH im Jahre 1997 zurückzuführen. 28. Mai Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (27. Mai) verabschiedeten Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG) zu. Es regelt die Finanzierung des Aufholprozesses in Ostdeutschland, die Bewältigung der finanziellen „Erblasten“ der ehemaligen DDR und die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte; vorgesehen ist u.a.: - Ab 1995 nehmen die neuen Bundesländer am normalen Finanzausgleich teil. Für die Übergangszeit wird der Fonds „Deutsche Einheit“ nochmals um 3,7 Mrd. DM (1993) und um 10,7 Mrd. DM (1994) aufgestockt. - Den Bund-Länder-Vereinbarungen vom 13. März entsprechend werden die Unternehmen der Wohnungswirtschaft entlastet, das KfW-Programm des Bundes auf 60 Mrd. DM aufgestockt und für Arbeitsmarktpolitik 2 Mrd. DM zusätzlich zur Verfügung gestellt. - Zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft und zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums gewährt der Bund den neuen Bundesländern ab 1995 für die Dauer von 15 Jahren zusätzliche Finanzhilfen in Höhe von 6,6 Mrd. DM jährlich. - Die Altschuldenfrage in den Bereichen Treuhandanstalt und Kreditabwicklungsfonds wird durch Errichtung des „Erblastentilgungsfonds“ gelöst. - Die Einsparungen im Rahmen des FKPG belaufen sich 1993 auf 1,0 Mrd. DM, 1994 auf 2,8 Mrd. DM und 1995 auf 3,4 Mrd. DM. Sie umfassen u.a. Kürzungen bei der Sozialhilfe, bei den Agrar- und Bergbausubventionen sowie Minderausgaben durch die verzögerte Gehaltsanpassung der Beamten und durch die verstärkte Missbrauchsbekämpfung im Bereich sozialer Leistungen der Arbeitslosenversicherung. - Im Steuerbereich sind u.a. folgende Änderungen vorgesehen: - Vom 1. Januar 1995 an wird ein Solidaritätszuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer in Höhe von 7,5 vH erhoben (Mehreinnahmen 1995: 28 Mrd. DM); - der Satz der Versicherungsteuer (mit Ausnahme der Feuerversicherungen) wird zum 1. Juli um 2 Prozentpunkte auf 12 vH und zum 1. Januar 1995 um weitere 3 Prozentpunkte auf 15 vH erhöht (Mehreinnahmen 1993: 0,7 Mrd. DM, 1994: 1,7 Mrd. DM, 1995: 4,1 Mrd. DM); 1993 231 - die Steuer auf private Vermögen 1995 wird um 0,5 Prozentpunkte auf 1 vH verdoppelt, und gleichzeitig wird der Freibetrag heraufgesetzt (Mehreinnahmen 1995: 1 Mrd. DM); - die Bemessungsgrundlage zur steuerlichen Förderung der Anschaffung von Altbauten (§ 10e Abs. 1 EStG) wird ab 1994 von höchstens 330 000 DM auf höchstens 150 000 DM zurückgeführt (Mehreinnahmen 1994: 0,2 Mrd. DM, 1995: 0,4 Mrd. DM, 1996: 0,6 Mrd. DM); - das Existenzminimum bei Geringverdienern wird ab 1993 von der Steuer freigestellt (Mindereinnahmen 1993: 2,2 Mrd. DM, 1994: 3,1 Mrd. DM, 1995: 3,8 Mrd. DM) [RB: 4.3.1993; GE: 20.4.1993/ 12.5.1993; IKT: 1.1.1991, 1.1./ 27.6./ 1.7.1993, 1.1.1994, 1.1.1995; BGBl. I 1993 S. 944]. 23. Juni Die Bundesregierung beschließt zum 1. Januar 1994 eine Erhöhung der Mineralölsteuer auf Benzin um 16 Pf/ l auf 98 Pf/ l und auf Dieselkraftstoff um 7 Pf/ l auf 62 Pf/ l sowie eine Anhebung der Kraftfahrzeugsteuer für Diesel-Pkw um 7,50 DM/ 100 ccm Hubraum. Die Mehreinnahmen von 8,5 Mrd. DM sollen zur Verringerung der Neuverschuldung der Bundesbahn verwendet werden. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (SKWP) bzw. dem „Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts“. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz). Die Pflegeversicherung soll unter dem Dach der GKV geschaffen werden; u.a. sind folgende Regelungen vorgesehen: - Die Leistungen der Pflegeversicherung sollen stufenweise eingeführt werden, und zwar die ambulanten Leistungen vom 1. Januar 1994, die Leistungen bei stationärer Pflege vom 1. Januar 1996 an. - Die Höhe der Leistungen bei häuslicher Pflege soll nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit gestaffelt werden: das Pflegegeld wird auf 400 DM, 800 DM und 1 200 DM im Monat festgelegt, die Pflegesachleistungen auf höchstens 750 DM, 1 500 DM oder 2 100 DM monatlich. Bei der stationären Pflege sollen die pflegebedingten Aufwendungen des Heimaufenthaltes bis zu einer Höchstgrenze von 2 100 DM (Basis 1991) übernommen werden. - Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung wird für die Jahre 1994 und 1995 auf 1 vH bis zur Bemessungsgrundlage der GKV und ab 1996 auf 1,7 vH festgesetzt. Die Beiträge werden je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen; als Entlastung der Arbeitgeber ist die Einführung einer Selbstbeteiligung bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Karenztage) geplant. - Pflichtversichert sind die in der GKV Versicherten, private Versicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen. 29. Juni Die Bundesregierung beschließt das SKWP, um die Neuverschuldung des Bundes 1994 - wie in 1993 - auf 67,5 Mrd. DM zu begrenzen. Die Haushaltsentlastungen belaufen sich beim Bund 1994 auf 21 Mrd. DM, 1995 auf 27,4 Mrd. DM und 1996 auf 28,8 Mrd. DM; für die Gebietskörperschaften insgesamt werden sie 1994 auf 25,3 Mrd. DM, 1995 auf 32,7 Mrd. DM und 1996 auf 34,6 Mrd. DM veranschlagt. Der Schwerpunkt der Konsolidierung liegt bei den sozialen Leistungen; u.a. ist vorgesehen: 232 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland - Senkung der Lohnersatzleistungen: Kurzarbeitergeld, Eingliederungsgeld, Eingliederungshilfe, Schlechtwettergeld und Arbeitslosenhilfe um 3 Prozentpunkte sowie degressive Ausgestaltung beim Arbeitslosengeld (Minderausgaben 1994: 1,5 Mrd. DM, 1995: 1,4 Mrd. DM); - Begrenzung der Bezugsdauer von Arbeitslosenhilfe auf zwei Jahre (Minderausgaben 1994: 1,8 Mrd. DM, 1995: 2,5 Mrd. DM); - Kürzung der Ausgaben für ABM (Minderausgaben 1994: 1,3 Mrd. DM, 1995: 1,3 Mrd. DM); - Streichung der originären Arbeitslosenhilfe, z.B. für Widerrufsbeamte und Soldaten auf Zeit (Minderausgaben 1994: 1,7 Mrd. DM, 1995: 2,5 Mrd. DM); - Verzicht auf die zum 1. Januar 1994 vorgesehene Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf 6,3 vH (Mehreinnahmen 1994: 2,5 Mrd. DM, 1995: 2,6 Mrd. DM); - Stärkere Berücksichtigung der Einkünfte der Kinder bei der Berechnung des Kindergeldes (Minderausgaben 1994: 1 Mrd. DM, 1995: 1 Mrd. DM). Insgesamt wird die Haushaltsentlastung durch Einsparungen im Sozialbereich und den Verzicht auf die Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung auf 22,5 Mrd. DM (1994), 27,4 Mrd. DM (1995) und 26,1 Mrd. DM (1996) veranschlagt. Darüber hinaus sollen Entlastungen durch die Begrenzung des Staatsverbrauchs, insbesondere durch eine „Nullrunde“ bei der Beamtenbesoldung (Minderausgaben 1994: 3,2 Mrd. DM), durch den Abbau von Subventionen und ähnlichen Sonderleistungen (Minderausgaben 1994: 1,3 Mrd. DM, 1995: 2,1 Mrd. DM, 1996: 2,9 Mrd. DM) sowie durch diverse Maßnahmen im Steuerbereich (Mehreinnahmen 1994: 2,8 Mrd. DM, 1995: 5,2 Mrd. DM, 1996: 5,8 Mrd. DM) erzielt werden. 1. Juli Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat legt einen Einigungsvorschlag zum „Standortsicherungsgesetz“ vor. Danach sind gegenüber dem von Bundestag am 27. Mai 1993 verabschiedeten Gesetz insbesondere folgende Änderungen vorgesehen: Bei der Einkommensteuer wird der Höchststeuersatz für gewerbliche Einkünfte von 53 auf 47 vH gesenkt, und bei der Körperschaftsteuer wird der Satz für einbehaltene Gewinne von 50 auf 45 vH verringert. Der Körperschaftsteuersatz für nicht dem Anrechnungsverfahren unterworfene Körperschaften wird von 46 auf 42 vH vermindert. Die ursprünglich zur Teilfinanzierung der Steuerentlastungen vorgesehene Einschränkung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter von 30 auf 25 vH unterbleibt. Kurzfristig werden die öffentlichen Haushalte durch die Maßnahmen belastet (Mindereinnahmen 1994: 3,8 Mrd. DM; 1995: 5,6 Mrd. DM; 1996: 5,0 Mrd. DM), mittelfristig wird mit einem geringen Plus gerechnet. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Lombardsatzes von 8,5 auf 8,25% und des Diskontsatzes von 7,25 auf 6,75%. 7.-9. Juli In Tokio (Japan) findet der 19. Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Teilnehmer vereinbaren die Verringerung nichttarifärer und tarifärer Marktzugangsbeschränkungen (Marktzugangspaket). 9. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (2. Juli) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europä- 1993 233 ischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz)“. Die zum 1. Januar 1994 anvisierte aufkommensneutrale Reform der Unternehmensbesteuerung enthält die folgenden Schwerpunkte: - Bei der Körperschaftsteuer sollen der Satz auf einbehaltene Gewinne von 50 auf 44 vH, der ermäßigte Satz von 46 auf 41 vH und der Satz auf ausgeschüttete Gewinne von 36 auf 30 vH gesenkt werden. - Bei der Einkommensteuer sollen der höchste Steuersatz für gewerbliche Einkünfte von 53 auf 44 vH begrenzt und eine Ansparabschreibung für kleine und mittlere Betriebe für neue Ausrüstungsinvestitionen eingeführt werden. - Bei der Erbschaftsteuer sollen künftig ein Freibetrag für Betriebsvermögen von 500 000 DM pro Betrieb und ein Bewertungsabschlag für das den Freibetrag übersteigende Betriebsvermögen von 25 vH eingeführt werden. - In den neuen Bundesländern werden die Gewerbekapitalsteuer und die Vermögensteuer bis Ende 1995 nicht erhoben und die Sonderabschreibungen für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bis Ende 1996 verlängert. - Zur Finanzierung der Steuerentlastungen sollen die degressive Abschreibung für Wirtschaftsgebäude von 10 auf 7 vH in den Anfangsjahren verringert und die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens von maximal 30 vH - dem Dreifachen der linearen Abschreibung - auf maximal 25 vH beschränkt werden [RB: 9.12.1992; GE: 20.1.1993/ 12.5.1993/ 1.7.1993; IKT: 18.9./ 1.11.1993, 1.1.1994, 1.1.1995; BGBl. I 1992 S. 1569]. 13. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1994 sowie die Finanzplanung bis 1997: - Bundeshaushalt 1994: Die Ausgaben werden auf 478,4 Mrd. DM festgelegt; ihr Anstieg beträgt gegenüber 1993 4,4 vH, bereinigt um die Ausgaben der Bahnreform 2,6 vH. Die Nettokreditaufnahme wird mit 67,5 Mrd. DM und damit auf dem Niveau von 1993 veranschlagt. - Finanzplanung bis 1997: Der Anstieg der Ausgaben soll in den Jahren 1995 bis 1997 auf durchschnittlich 1,5 vH je Jahr begrenzt und die Nettokreditaufnahme bis 1997 stufenweise auf 38 Mrd. DM zurückgeführt werden. 15. Juli Die Bundesbank überprüft und bestätigt das Geldmengenziel für 1993. 29. Juli Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Lombardsatzes von 8,25 auf 7,75%. 2. Aug. Die Finanzminister und Notenbankpräsidenten der EG-Mitgliedsländer beschließen mit Wirkung vom 2. August 1993 eine temporäre Erweiterung der Schwankungsbreiten im EWS auf ± 15 vH um den jeweiligen Leitkurs. Die Niederlande und Deutschland behalten bilateral die enge Schwankungsbreite von ± 2,25 vH für den Gulden/ DM-Kurs bei. 4. Sept. Die Bundesregierung legt zwei Gesetzentwürfe zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 29. Juni 1993 vor. Aus dem Sparpaket sind im ersten Gesetzentwurf (1. SKWPG) die vom Bundesrat nicht zustimmungspflichtigen Gesetzesänderungen zusammengefasst. Dabei handelt es sich insbesondere um Kürzungen bei der BA sowie beim Kin- 234 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland dergeld und beim Erziehungsgeld. Außerdem enthält das „1. SKWPG“ auch die im Zusammenhang mit der Bahnreform vorgesehene Anhebung der Mineralölsteuer. Der zweite Gesetzentwurf (2. SKWPG) enthält die vom Bundesrat zustimmungspflichtigen Gesetzesänderungen, u.a. die Kürzungen bei der Sozialhilfe und bei der Mutterschaftspauschale. 9. Sept. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 6,75 auf 6,25% und des Lombardsatzes von 7,75 auf 7,25%. 1. Okt. Dr. Hans Tietmeyer folgt Helmut Schlesinger als Bundesbankpräsident. 12. Okt. Das Bundesverfassungsgericht verkündet in seinem Urteil, dass der „Vertrag über die Europäische Union“ (Maastricht-Vertrag) grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar ist [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 12.10.1993; 2 BvR 2134/ 92]. 21. Okt. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 6,25 auf 5,75% und des Lombardsatzes von 7,25 auf 6,75%. 22. Okt. Der Bundestag verabschiedet das „Pflege- Versicherungsgesetz“ sowie das „Entgeltfortzahlungsgesetz“. Gegenüber dem Gesetzentwurf der Bundesregierung werden u.a. folgende Änderungen beschlossen: Die vorgesehenen Leistungen bei häuslicher Pflege sollen erst ab 1. April 1994 gewährt werden. Die Beitragsbelastung der Arbeitgeber soll nicht durch Karenztage, sondern durch Einführung einer Selbstbeteiligung der Arbeitnehmer bei der Entgeltfortzahlung ausgeglichen werden, und zwar durch einen um 20 vH geringeren Lohn an zehn bundeseinheitlichen Feiertagen oder wahlweise durch Verzicht auf zwei Urlaubstage. 26. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1993 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 1,5 vH, für Westdeutschland einen Rückgang von 2,0 vH, für Ostdeutschland einen Anstieg von 6 vH; Preissteigerungen von 4 vH, in Westdeutschland von 3,5 vH und in Ostdeutschland von 8 vH; einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH, in Westdeutschland von 1,5 vH, in Ostdeutschland von 3,5 vH. Für 1994 werden ein Wachstum von 1,5 vH, für Westdeutschland von 1,0 vH, für Ostdeutschland von 7 vH, Preissteigerungen von 3,0 vH, für Westdeutschland von 3,0 vH, für Ostdeutschland von 4,5 vH; ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH, für West- und Ostdeutschland von jeweils 1,5 vH prognostiziert. 1. Nov. Der „Vertrag über die Europäische Union“ tritt in Kraft. Neben einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik bildet die neu zu schaffende WWU die dritte Säule des Vertrages. Zu Beginn der zweiten Stufe des zur Verwirklichung der WWU vorgesehenen Dreistufenplans wird am 1. Januar 1994 das EWI mit Sitz in Frankfurt am Main gegründet. 5. Nov. Der Bundesrat verweigert dem vom Bundestag (22. Oktober) verabschiedeten „Pflege-Versicherungsgesetz“ seine Zustimmung und ruft den Vermittlungsausschuss an; in diesem soll auch die im „Entgeltfortzahlungsgesetz“ vorgesehene Aus- 1993 235 gleichsregelung für die Arbeitgeber behandelt werden. 9. Nov. Die Regierungskoalition beschließt, den „Kohlepfennig“ von durchschnittlich 7,5 auf 8,5 vH auf die Stromerlöse an Letztverbraucher für die Jahre 1994 und 1995 zu erhöhen und diese Regelung zur Finanzierung der Kohlesubventionen auch auf 1996 auszudehnen. 11. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1993/ 94 vor. Er prognostiziert für 1993 für das frühere Bundesgebiet einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 2 vH, eine Preissteigerung von 4 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,8 vH, für die neuen Bundesländer und Berlin (Ost) ein Wachstum von 6½ vH, eine Preissteigerung von 8,8 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 3,9 vH. Für 1994 wird für das frühere Bundesgebiet ein Wachstum von -0 vH, eine Preissteigerung von 3 vH und Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2 vH, für die neuen Bundesländer ein Wachstum von 7½ vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,9 vH prognostiziert. 26. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1994, der eine Ausgabensteigerung um 4,8 vH auf 480 Mrd. DM vorsieht. Der Ausgabenplanung liegen die Gesetzentwürfe zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms („1. SKWPG“ und „2. SKWPG“) zugrunde; außerdem wurde eine globale Minderausgabe in Höhe von 5 Mrd. DM eingestellt. Die Nettokreditaufnahme wird auf 69,1 Mrd. DM veranschlagt [RB: -; GE: 13.8.1993/ 11.11.1993/ 11.11.1993; IKT: 1.1.1994; BGBl. I 1993 S. 2153]. Der Bundesrat verweigert dem „1. SKWPG“, dem „2. SKWPG“ sowie dem „Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts“ seine Zustimmung und ruft den Vermittlungsausschuss an. 10. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Perspektiven staatlicher Ausgabenpolitik“ vor. 16. Dez. Die Bundesbank beschließt als Geldmengenziel für 1994 eine Ausweitung der Geldmenge M3 vom 4. Vj. 1993 bis zum 4. Vj. 1994 um 4 bis 6 vH. 17. Dez. Der Bundesrat und der Bundestag (10. Dezember) verabschieden mehrere Gesetze in den Kompromissfassungen des Vermittlungsausschusses. Die Haushaltsentlastung wird 1994 für den Bund auf 21 Mrd. DM, für alle Gebietskörperschaften auf 25,8 Mrd. DM veranschlagt; das Entlastungsvolumen steigt bis 1996 auf 25 Mrd. DM beim Bund und auf 34,3 Mrd. DM bei den Gebietskörperschaften insgesamt. Durch die Vermittlungsergebnisse fällt die Entlastung für den Bundeshaushalt 1994 um 2,6 Mrd. DM geringer aus als bisher geplant. Der Bundeshaushalt 1994 weist eine Deckungslücke von insgesamt 7,5 Mrd. DM auf, die durch die Einsparungen im Haushaltsvollzug geschlossen werden soll, um die Nettokreditaufnahme auf 69,1 Mrd. DM zu begrenzen. Die Gesetze sehen u.a. vor: - Durch das (nicht zustimmungspflichte, aber im Vermittlungsverfahren mitbehandelte) „1. SKWPG“ sollen Haushaltsentlastungen in den kommenden vier Jahren zwischen 23,0 Mrd. DM und 26,8 Mrd. DM erzielt werden. Es sieht 236 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland u.a. eine Veränderung von Leistungen der BA nach dem Arbeitsförderungsgesetz, eine Einschränkung von Leistungen nach dem Kindergeld-/ Erziehungsgeldgesetz, die Anhebung der Mineralölsteuer im Zusammenhang mit der Bahnreform (Artikel 7) sowie eine abschließende pauschale Ausgleichszahlung an die Berufsgenossenschaften im Beitrittsgebiet vor [RB: -; GE: 4.9.1993/ 20.10.1993/ 9.12.1993; IKT: 1.1.1991, 30.12.1993, 1.1./ 1.4.1994, 1.1.1995; BGBl. I 1993 S. 2353, BGBl. I 1994 S. 72]. - Das „2. SKWPG“ sieht bei den Regelsätzen der Sozialhilfe eine Begrenzung des Anstiegs bis 1996 auf jeweils 2 vH vor [RB: -; GE: 4.9.1993/ 20.10.1993/ 9.12.1993; IKT: 31.12.1993, 1.1./ 1.7.1994; BGBl. I 1993 S. 2374]. - Das „Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts“ setzt den steuerrechtlichen Teils des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms der Bundesregierung um (Haushaltsentlastung: von 0,3 Mrd. DM im Jahr 1994 auf 2,1 Mrd. DM in 1997 steigend). Es handelt sich dabei um: - Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung, zum Abbau ungerechtfertigter Steuervorteile und unerwünschter Steuergestaltung sowie zur Steuervereinfachung, z.B. zeitnahe Besteuerung von betrieblichen Veräußerungsgewinnen, Begrenzung steuersparender Gestaltung durch Verlagerung von Gewinnen ins Ausland, Abschaffung der Arbeitnehmer-Sparzulage für Arbeitnehmer in den alten Bundesländern (Mehreinnahmen: von 1,2 Mrd. DM in 1994 auf 4,3 Mrd. DM in 1997 steigend); - Ausdehnung des Schuldzinsenabzuges für selbstgenutztes Wohneigentum auf den Baujahrgang 1995 (Mindereinnahmen 1995 bis 1997: je 0,3 Mrd. DM); - Senkung der Kraftfahrzeugsteuer für Lkw, Anhebung der Kraftfahrzeugsteuer für Diesel-Pkw und Erhöhung der Kilometer-Pauschale für Pkw bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Mindereinnahmen: von 0,9 Mrd. DM in 1994 auf 1,9 Mrd. DM in 1997 steigend) [RB: -; GE: 27.9.1993/ 8.11.1993/ 8.12.1993; IKT: 1.1./ 30.12.1993, 1.1./ 1.4./ 1.7.1994, 1.1.1995; BGBl. I 1993 S. 2310]. Der Bundesrat stimmt dem „Pflege-Versicherungsgesetz“ in der vom Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat vorgelegten Fassung nicht zu und legt zugleich Einspruch gegen das zur Finanzierung vorgesehene „Entgeltfortzahlungsgesetz“ ein. 1994 1. Jan. Das „Standortsicherungsgesetz“, das „1. SKWPG“, das „2. SKPWG“ sowie das „Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und der Bereinigung des Steuerrechts“ treten in Kraft. Der Beitragssatz zur GRV steigt um 1,7 Prozentpunkte auf 19,2 vH des versicherungspflichtigen Entgelts. Die Bahnreform tritt in Kraft: Die beiden Sondervermögen Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn werden in die Deutsche Bahn AG umgewandelt. Beginn der zweiten Stufe der WWU. 11. Jan. Der Rat des EWI tritt in Frankfurt am Main zur konstituierenden Sitzung zusammen. 1994 237 20. Jan. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. März eine Neugestaltung und Senkung der Mindestreserve. Danach werden die Progressionsstufen bei den Sichteinlagen von Gebietsansässigen (von 6,6 vH, 9,9 vH und 12,1 vH) abgeschafft und der Reservesatz für Sichteinlagen von In- und Ausländern auf einheitlich 5 vH gesenkt. Gleichzeitig wird die Anrechenbarkeit der Kassenbestände der Kreditinstitute bei der Erfüllung der Mindestreserve von 50 auf 25 vH des Reserve-Solls begrenzt. 26. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1994 vor. Sie erwartet 1994 ein Wirtschaftswachstum von 1 bis 1½ vH, in den alten Bundesländern von ½ bis 1 vH, in den neuen von 6 bis 8 vH, Preissteigerungen von rd. 3 vH, in den alten Ländern von rd. 3 vH, in den neuen von 4 bis 5 vH; einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von rd. 1½ vH, in den alten von rd. 1½ vH, in den neuen von rd. 1 vH. 17. Febr. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 5,75 auf 5,25%. 18. März Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur aktuellen Diskussion um die Pflegeversicherung“ vor. 14. April Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 5,25 auf 5% und des Lombardsatzes von 6,75 auf 6,5%. 26. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für Deutschland in 1994 ein Wirtschaftswachstum von 1,5 vH, für Westdeutschland von 1,0 vH, für Ostdeutschland von 7,5 vH; einen Preisanstieg von 3 vH, für Westdeutschland von 3,0 vH, für Ostdeutschland von 4,0 vH; einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH, für Westdeutschland von 1,5 vH, für Ostdeutschland von 1 vH. 28. April Der Bundestag verabschiedet das Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Deutsche Bundesbank, mit dem u.a. das Bundesbankgesetz an die Bestimmungen des Maastricht-Vertrages für den Eintritt in die 2. Stufe der WWU angepasst wird. Insbesondere wird die Ermächtigung der Bundesbank zur Gewährung von Kassenkrediten an Bund und Länder aufgehoben [RB: -; GE: 28.2.1994/ 14.4.1994; IKT: 16.7.1994; BGBl. I 1994 S. 1465]. 29. April Der Bundesrat und der Bundestag (22. April) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit“. Die Leistungen der Pflegeversicherung werden stufenweise eingeführt, und zwar für häusliche Pflege vom 1. April 1995, für ambulante Pflege vom 1. Juni 1996 an. Zur Finanzierung der Pflegeversicherung wird ab dem 1. Januar 1995 ein Beitrag von 1 vH des beitragspflichtigen Einkommens, ab dem 1. Juni 1996 von 1,7 vH erhoben. Die Beiträge werden je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen; zur Kompensation der Arbeitgeberbelastungen sollen die Länder zunächst einen Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt, streichen. Da in Sachsen der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag nicht aufgehoben wird, 238 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland liegt der Beitrag sächsischer Arbeitnehmer zur Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte höher als der Regelsatz [RB: 23.6. 1993; GE: 4.9.1993/ 20.10.1993/ 9.12.1993/ 21.4.1994; IKT: 1.6.1994, 1.1./ 1.4.1995, 1.7.1996; BGBl. I 1994 S. 1014, 2797]. 4. Mai Das EU-Parlament ratifiziert die mit Schweden, Österreich, Finnland und Norwegen vereinbarten EU-Beitrittsabkommen. 11. Mai Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 13. Mai die Senkung des Diskontsatzes von 5 auf 4,5% und des Lombardsatzes von 6,5 auf 6%. 20. Mai Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (28. April) verabschiedeten Wohnungsbauförderungsgesetz zu. Es führt ein neues Konzept zur Förderung des Neubaus von Sozialwohnungen ein: Die „einkommensorientierte Wohnungsbauförderung“ teilt sich auf in eine Grundförderung an den Investor zur Abdeckung der Differenz zwischen festzulegender Miete und Marktmiete und eine Zusatzförderung, die sich nach dem Einkommen des Mieters richtet und regelmäßig angepasst werden soll [RB: -; GE: 19.1.1994/ 25.4.1994; IKT: 1.10.1994; BGBl. I 1994 S. 1184, 1798]. 9. Juni Der Finanzplanungsrat hält eine konsequente Konsolidierung der Staatsausgaben zur deutlichen Rückführung der Defizite der öffentlichen Haushalte und eine Begrenzung der Steuer- und Abgabenbelastung für erforderlich. 10. Juni Der Bundesrat und der Bundestag (27. Mai) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Grenzpendlergesetz, das u.a. eine Neuregelung der Investitionszulage in den neuen Bundesländern vorsieht. Mittelständischen Betrieben des verarbeitenden Gewerbes wird für Investitionen, die nach dem 1. Juli 1994 begonnen und vor dem 1. Januar 1997 abgeschlossen werden, eine Investitionszulage in Höhe von 10 vH gewährt. Das förderfähige Volumen beträgt höchstens 5 Mill. DM je Betrieb und Jahr [RB: -; GE: 21.12.1993/ 27.4.1994/ o.D./ 26.5.1994; IKT: 1.7.1994, 1.1.1996; BGBl. I 1994 S. 1395, 3856]. 17. Juni Der Bundestag verabschiedet den Kompromissvorschlag über das (nach Auffassung des Bundesrates zustimmungspflichtige) „Gesetz zur abschließenden Erfüllung der verbliebenen Aufgaben der Treuhandanstalt“, mit dem ab 1995 eine Umstrukturierung der Treuhandanstalt erfolgt und die Finanzierung von Kreditaufnahme auf Zuwendungen des Bundes umgestellt wird [RB: -; GE: 28.2.1994/ 27.4.1994/ 15.6.1994; IKT: 17.8.1994, 1.1.1995; BGBl. I 1994 S. 2062]. 8. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Beschäftigungsförderungsgesetz 1994“ (BT-Beschluss: 24. Juni) genehmigt u.a. ab 1. August auch private Arbeitsvermittlung; außerdem werden Zuschüsse bei ABM auf 90 vH der Entgelte für vergleichbare ungeförderte Tätigkeiten begrenzt [RB: -; GE: 17.5.1994/ 25.5.1994/ 23.6.1994; IKT: 1.9.1993, 1.8.1994; BGBl. I 1994 S. 1786]. - Das „Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrecht- 1994 239 licher und wertpapierrechtlicher Vorschriften“ (BT-Beschluss: 17. Juni) sieht u.a. die Zulassung von inländischen Geldmarktfonds ab dem 1. August vor. Diese können nun ein Portefeuille halten, das vollständig aus Geldmarktpapieren mit einer Restlaufzeit von bis zu zwölf Monaten bestehen kann [RB: -; GE: 27.1.1994/ 15.6.1994; IKT: 1.8.1994, 1.1.1995; BGBl. I 1994 S. 1749]. 8.-9. Juli In Neapel (Italien) findet der 20. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zur Stärkung der konjunkturellen Entwicklung vereinbaren die Teilnehmer, sich für den Erhalt der „Dynamik der Handelsliberalisierung“ einzusetzen und eine Reihe struktureller Maßnahmen zu ergreifen, u.a. die Verfolgung einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, die Verringerung der indirekten Beschäftigungskosten und die Beseitigung unnötiger Regulierungen. 15. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1995 und die Finanzplanung bis 1998. - Bundeshaushalt 1995: Die Ausgaben werden auf 484,7 Mrd. DM festgelegt; gegenüber dem Soll 1994 beträgt ihr Anstieg 1 vH. Die Nettokreditaufnahme wird auf 68,8 Mrd. DM veranschlagt. - Finanzplanung bis 1998: Die Ausgaben sollen nach einem Rückgang von 1 vH im Jahr 1996 mittelfristig nur schwach steigen - um 0,6 vH 1997 und 1 vH 1998. Die Nettokreditaufnahme soll bis 1998 stufenweise auf 27 Mrd. DM zurückgeführt werden. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Zur Bedeutung der Maastricht-Kriterien für die Verschuldungsgrenzen von Bund und Ländern“ vor. 21. Juli Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 27. Juli die Senkung des Zuteilungssatzes für Offenmarktgeschäfte der Bundesbank mit Rückkaufsvereinbarung über Wertpapiere von 4,88 auf 4,85% sowie die Durchführung von Wertpapierpensionsgeschäften im Mengentenderverfahren mit Festzins. Der Zentralbankrat überprüft und bestätigt das Geldmengenziel für 1994. 31. Aug. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Ordnungspolitische Orientierung für die Europäische Union“ vor. 1. Sept. Bundesfinanzminister Waigel legt ein „Diskussionspaket zur Steuervereinfachung“ (20-Punkte-Plan) vor. Kernpunkte sind die Einführung einer Kurzveranlagung bei der Einkommensteuer, die Umstellung der steuerlichen Wohneigentumsförderung auf einen der Höhe nach begrenzten Schuldzinsenabzug, die wahlweise Pauschalierung von Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie die vereinfachte Gewinnermittlung bei Gewerbetreibenden/ Freiberuflern durch Pauschalierung bei den Betriebsausgaben. 16. Okt. Bei den Wahlen zum 13. Deutschen Bundestag erlangen die bisherigen Parteien der Regierungskoalition trotz Stimmenverlusten die absolute Mehrheit. Die Unionsparteien erhalten 41,5 vH (CDU: 34,2 vH; CSU: 7,3 vH) und die FDP 6,9 vH der Stimmen. Die SPD erhält 36,4 vH Wählerstimmen und Bündnis 90/ Die Grünen 7,3 vH. Die PDS ist aufgrund der Grundmandatsklau- 240 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland sel entsprechend ihres Zweitstimmenergebnisses (4,4 vH) im Bundestag vertreten. 25. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1994 ein Wirtschaftswachstum von 2,5 vH, für Westdeutschland von 2,0 vH, für Ostdeutschland von 8,5 vH; eine Preissteigerung von 3,0 vH, für Westdeutschland von 3,0 vH, für Ostdeutschland von 3,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,0 vH, für Westdeutschland einen Rückgang von 1,0 vH, für Ostdeutschland einen Anstieg von 0,5 vH. Für 1995 werden ein Wachstum von 3 vH, für Westdeutschland von 2,5 vH, für Ostdeutschland von 8,5 vH; eine Preissteigerung von jeweils 2,5 vH, ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH, für Westdeutschland eine Stagnation, für Ostdeutschland ein Anstieg von 1 vH prognostiziert. 15. Nov. Helmut Kohl wird zum fünften Mal vom Bundestag zum Bundeskanzler gewählt und legt seinen Amtseid ab. Zwei Tage später erfolgt die Bildung der Bundesregierung und die Vereidigung der Bundesminister im Bundestag. Das Bundeskabinett besteht aus zehn Ministern der CDU, vier Ministern der CSU sowie drei Ministern der FDP; Theodor Waigel bleibt Finanzminister, Günter Rexrodt Wirtschaftsminister und Norbert Blüm Minister für Arbeit und Sozialordnung. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1994/ 95 vor. Er prognostiziert für 1994 ein Wirtschaftswachstum von 3,0 vH, eine Preissteigerung von 3 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für das frühere Bundesgebiet werden ein Wachstum von 2 vH und eine Preissteigerung von 2½ vH, für die neuen Bundesländer und dem ehemaligen Ostsektor Berlins ein Wachstum von 9½ und eine Preissteigerung von 3½ vH prognostiziert. Für 1995 werden ein Wachstum von 3½ vH, eine Preissteigerung von 2½ vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 0,0 vH prognostiziert, für das frühere Bundesgebiet ein Wachstum von 2½ vH und eine Preissteigerung von 2½ vH, für die neuen Bundesländer und dem ehemaligen Ostsektor Berlins ein Wachstum von 9 vH und eine Preissteigerung von 3 vH. In Frankfurt am Main tritt der Gouverneursrat des EWI zu seiner ersten Sitzung zusammen, um sein Arbeitsprogramm für die Realisierung der dritten Stufe des Maastricht-Vertrages vorzustellen. Bis 1996 soll geprüft werden, ob eine Europäische Zentralbank (EZB) ein nach deutschem Vorbild einheitliches Geldmengenziel formulieren soll. 1. Dez. Die Bundesregierung beschließt den aktualisierten Entwurf des Bundeshaushalts 1995. Die Ausgaben werden mit 484,1 Mrd. DM um 0,6 Mrd. DM niedriger angesetzt als im Entwurf vom 15. Juli 1994; der Anstieg gegenüber dem Soll 1994 beträgt 0,9 vH. Die Nettokreditaufnahme wird mit 58,6 Mrd. DM um 10,2 Mrd. DM geringer veranschlagt als im Regierungsentwurf vom 15. Juli 1994; ausschlaggebend hierfür sind konjunkturbedingte Mehreinnahmen (3,5 Mrd. DM) und zusätzliche Erlöse (5,6 Mrd. DM). 7. Dez. Das Bundesverfassungsgericht gibt seinen Beschluss bekannt, in dem es den „Kohlepfennig“ als unzulässige Sonderabgabe wertet, weil nicht die Stromverbraucher, sondern die Allgemeinheit zur Finanzierung einer sicheren Energieversorgung zu belasten seien. Eine Erhebung sei nur noch bis zum 31. Dezember 1995 statthaft 1994/ 1995 241 [BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 11.10.1994, 2 BvR 633/ 86]. 8. Dez. Bundesfinanzminister Waigel legt in Reaktion auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. September 1992 einen Vorschlag zur Freistellung des Existenzminimums von der Einkommensteuer vor. Der bisherige Grundfreibetrag soll durch einen außertariflichen Abzugsbetrag von der Einkommensteuer ersetzt werden, der zu versteuernde Einkommen bis zu 12 095/ 24 191 DM (Alleinstehende/ Verheiratete) steuerfrei stellt, der aber - zur Begrenzung der Mindereinnahmen - bei zu versteuernden Einkommen von bis zu 30 000/ 60 000 DM stufenweise abgebaut werden soll. Außerdem soll die tarifliche Grenzbelastung - bei Beibehaltung des linear progressiven Tarifs - über die gesamte Progressionszone um 0,7 Prozentpunkte gesenkt werden. Die Steuerausfälle für 1996 werden - einschließlich der Mindereinnahmen beim Solidaritätszuschlag in Höhe von 1,1 Mrd. DM - auf 15,7 Mrd. DM veranschlagt. 10. Dez. In Essen beschließen auf dem EU-Gipfel die Staats- und Regierungschefs der EU- Länder eine Strategie zur weiteren Heranführung der assoziierten Länder Mittel- und Osteuropas an die EU. 22. Dez. Die Bundesbank beschließt - auf der Grundlage eines deutlichen Abschlags auf den Durchschnitt des 4. Quartals 1994 - als Geldmengenziel für 1995 eine Ausweitung der Geldmenge M3 vom 4. Vj. 1994 zum 4. Vj. 1995 von 4 bis 6 vH. Inländische Geldmarktfonds werden mit Wirkung vom 1. Januar 1995 an in der erweiterten Geldmenge M3e erfasst. 1995 1. Jan. Wichtige Bestimmungen des FKPG treten in Kraft: Die föderalen Finanzbeziehungen werden mit der gleichberechtigten Einbeziehung der neuen Bundesländer in den Länderfinanzausgleich neu geordnet, die aufgelaufenen Verbindlichkeiten des Kreditabwicklungsfonds und der Treuhandanstalt (zum Jahresbeginn 1995) sowie eines Teils der Altschulden der ostdeutschen Wohnungswirtschaft (zur Jahresmitte 1995) auf den Erblastentilgungsfonds übertragen und die Steuern um 30 Mrd. DM erhöht, insbesondere durch die (Wieder-) Einführung des Solidaritätszuschlags zur Einkommen- und Körperschaftsteuer in Höhe von 7,5 vH. Der Beitragssatz zur GRV sinkt von 19,2 vH der versicherungspflichtigen Entgelte auf 18,6 vH. Die erste Stufe der Pflegeversicherung tritt in Kraft. Österreich, Finnland und Schweden treten der EU bei, die damit 15 Mitglieder umfasst. 9. Jan. Das EWS umfasst nach dem Beitritt Österreichs zwölf Währungen; die Schwankungsbreite des Österreichischen Schilling wird auf ± 15 vH festgelegt. 1. Febr. Die Bundesregierung legt den JWB 1995 vor. Sie rechnet für 1995 mit einem Wirtschaftswachstum von rd. 3 vH, in den alten Bundesländern von rd. 2½ vH, in den neuen von 8 bis 10 vH; mit Preissteigerungen von rd. 2 vH, in den alten Bundesländern von 2 vH, in den neuen von 2½ vH; mit einem Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen 242 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland von ½ bis 1 vH, in den alten Bundesländern von rd. ½ vH, in den neuen von rd. 2½ vH. 6. März Im EWS erfolgt die 17. Neufestsetzung der Leitkurse: Der Leitkurs der Spanischen Peseta wird um 7 vH, der des Portugiesischen Escudo um 3,5 vH abgewertet. 9. März Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Orientierungen für eine Postreform III“ vor. 27. März Die Regierungsfraktionen legen einen Entwurf zum Jahressteuergesetz 1996 vor; er sieht die Steuerfreistellung des Existenzminimums, eine Reform der Unternehmensbesteuerung, die Verlängerung der Investitionsförderung in den neuen Bundesländern sowie Maßnahmen zur Steuervereinfachung vor. Die Reform der Unternehmensbesteuerung sieht Steuerentlastungen, insbesondere die Abschaffung der Gewerbekapital- und die Senkung der Gewerbeertragsteuer, und zur Finanzierung die Verringerung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vor (Auswirkungen für die Unternehmen: Entlastung um 1,7 Mrd. DM 1996, Belastung um 0,5 Mrd. DM 1997, 2,3 Mrd. DM 1998 und 4,2 Mrd. DM 1999). Die Gemeinden sollen zum Ausgleich für die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer am Aufkommen der Umsatzsteuer beteiligt werden; die Verteilung soll nach einem orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssel erfolgen. Gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vom 25. September 1992 beabsichtigt die Bundesregierung, das Existenzminimum von der Einkommensteuer freizustellen. Hierzu soll der Grundfreibetrag durch eine außertarifliche Steuerermäßigung (Grundentlastung) ersetzt werden, die mit steigendem Einkommen stetig abnimmt; die tarifliche Grenzbelastung soll über die gesamte Progressionszone hinweg gesenkt werden (Mindereinnahmen von 14,8 Mrd. DM 1996 auf 16,3 Mrd. DM 1999 steigend). Der wirtschaftliche Aufbau in den neuen Bundesländern soll u.a. durch Investitionszulagen und Sonderabschreibungen vorrangig zugunsten der gewerblichen Wirtschaft sowie durch Verlängerung der Aussetzung der Vermögensteuer bis 1998 gefördert werden. 30. März Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4,5 auf 4,0%. Darüber hinaus wird der Zuteilungssatz für Offenmarktgeschäfte mit Rückkaufsvereinbarung über Wertpapiere von 4,85 auf 4,5% gesenkt und festgelegt, die darauffolgenden Wertpapierpensionsgeschäfte mit flexiblen Zinssätzen durchzuführen. 11. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1995 Wirtschaftswachstum von 3,0 vH, für Westdeutschland von 2,5 vH und für Ostdeutschland von 8,5 vH; eine Preissteigerung von 2,0 vH, für Westdeutschland von 2,0 vH, für Ostdeutschland von 3,0 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH, in Westdeutschland von 0,0 vH, in Ostdeutschland von 2,0 vH. 25. April Die Bundesregierung beschließt den Gesetzentwurf zur Verbesserung der Leistungen an Studenten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Danach werden u.a. die Bedarfssätze um 4 vH er- 1995 243 höht; der Höchstsatz beträgt in Westdeutschland 990 DM und in Ostdeutschland 980 DM. 27. April Der Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) unterzeichnen den Staatsvertrag zur Fusion beider Bundesländer. Der genaue Zeitpunkt der Vereinigung bleibt offen, als Termine werden 1999 oder 2002 zur Auswahl gestellt. 28. April Der Bundesrat verweist den Entwurf zum Bundeshaushalt 1995 an den Vermittlungsausschuss. Die SPD-regierten Länder fordern eine Aufstockung des Wohngeldes, höhere Mittel für den Wohnungsbau, eine stärkere Anhebung der BAföG-Sätze, eine Verstärkung der Mittel für den Hochschulbau sowie höhere Subventionen für die Werftindustrie. 31. Mai Die EU-Währungskommission legt ein Grünbuch „Über die praktischen Fragen des Übergangs zur einheitlichen Währung“ vor. Bilaterale Wechselkurse sollen Anfang 1997, spätestens aber Anfang 1999 unwiderruflich festgelegt werden; gleichzeitig soll die europäische Währung als Buchungseinheit und gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt werden. 2. Juni Der Bundestag verabschiedet, nachdem er bereits den Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses ablehnte und gegen den am gleichen Tag erfolgten Einspruch des Bundesrates, den Bundeshaushalt 1995. Danach steigen die Ausgaben um 1,3 vH auf 477,7 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme wird auf 49 Mrd. DM veranschlagt; sie liegt aufgrund von Einsparungen (6,5 Mrd. DM) und von Mehreinnahmen (3,1 Mrd. DM) um 9,6 Mrd. DM unter dem Ansatz der Bundesregierung [RB: 1.12.1994; GE: 9.12.1994/ 9.3.1995/ 9.3.1995/ o.D./ 27.3.1995/ 27.3.1995/ ; IKT: 1.1.1995; BGBl. I 1995 S. 819]. Der Bundestag verabschiedet den Entwurf zum Jahressteuergesetz 1996. Neben der Freistellung des Existenzminimums von der Einkommensteuer und der steuerlichen Förderung der Investitionen in den neuen Bundesländern enthält der Gesetzentwurf den Ausbau des Familienleistungsausgleichs; eine Reform der Unternehmensbesteuerung ist nicht enthalten. Der Entwurf umfasst folgende Schwerpunkte: - Das Existenzminimum in Höhe von 12 095/ 24 191 DM (Ledige/ Verheiratete) wird durch Anhebung des Grundfreibetrags von der Einkommensteuer freigestellt; die ursprünglich von der Bundesregierung vorgesehene Freistellung durch eine Grundentlastung außerhalb des Tarifs entfällt. Der neue Tarif beginnt nicht wie ursprünglich vorgesehen mit einem Eingangssteuersatz von 19,5 vH, sondern von 25,9 vH. Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 55 727/ 111 455 DM (Ledige/ Verheiratete) mündet die Tarifkurve in den geltenden Tarif ein; die ursprünglich geplante Senkung der Grenzsteuerbelastung um 0,7 Prozentpunkte entfällt (Mindereinnahmen: 14,0 Mrd. DM (1996); 14,8 Mrd. DM (1997); 14,5 Mrd. DM (1998); 14,1 Mrd. DM (1999)). - Zur Abdeckung des Existenzminimums von Kindern wird der Familienleistungsausgleich ausgebaut. Hierzu erhalten Eltern wahlweise ein die Einkommensteuerschuld minderndes monatliches Kindergeld, von 200 DM für das erste und zweite Kind, 300 DM für das dritte und 350 DM für jedes weitere Kind, oder einen von 4 104 DM auf 6 264 DM aufgestockten Kinderfrei- 244 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland betrag (Mindereinnahmen: 7,8 Mrd. DM (1996); 6,7 Mrd. DM (1997); 6,6 Mrd. DM (1998); 6,6 Mrd. DM (1999)). Sowohl der Kinderfreibetrag als auch das - bislang vom Bund finanzierte - Kindergeld sollen aus dem Aufkommen der Einkommensteuer geleistet werden; um die daraus für Länder und Gemeinden resultierenden Mindereinnahmen auszugleichen, soll ihr Anteil an der Umsatzsteuer um 4,6 Prozentpunkte auf 8,6 vH erhöht werden. - Zur Investitionsförderung in den neuen Bundesländern werden die Sonderabschreibungen - bei Verringerung der Abschreibungssätze - sowie die Investitionszulagen von 5 vH für das Verarbeitende Gewerbe und von 10 vH für kleine und mittlere Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes und des Handwerks bis Ende 1998 verlängert. Außerdem wird die Vermögensteuer bis Ende 1998 ausgesetzt (Mindereinnahmen: 0,7 Mrd. DM 1996; 7,2 Mrd. DM 1997; 11,1 Mrd. DM 1998, 4,6 Mrd. DM 1999). 15. Juni Die Bundesregierung beschließt die Einführung eines „Meister-BAföG“, mit dem die Fortbildung von jungen Fachkräften zum Meister oder Techniker finanziert werden soll (jährliche Mehrausgaben in der mittleren Frist: 0,4 Mrd. DM). 15.-17. Juni In Halifax (Kanada) findet der 21. Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Teilnehmer vereinbaren, sich in makroökonomischen Fragen weiter eng abzustimmen, um ein inflationsfreies Wachstum zu sichern. Auf den Devisenmärkten soll eine größere Stabilität durch ein neues „Frühwarnsystem“ gefördert werden; dieses System soll „bessere und wirksamere Regelungen zur Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitiken und der Entwicklungen auf den Finanzmärkten“ einschließen. 22. Juni Das Bundesverfassungsgericht beschließt, dass die bisherige Form der Erhebung der Vermögensteuer mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes unvereinbar ist. Die Erhebung der Steuer bleibt bis zum 31. Dezember 1996 zulässig [BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 22.6.1995, 2 BvL 37/ 91]. 23. Juni Der Bundesrat lehnt mit den Stimmen der SPD-regierten Länder den vom Bundestag beschlossenen Entwurf zum Jahressteuergesetz 1996 ab. Der Bundestag verweist ihn daraufhin an den Vermittlungsausschuss. 26. Juni Bundesfinanzminister Waigel und der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie Dr. Jürgen Rüttgers (CDU) verständigen sich darauf, dass zur Finanzierung der Mehraufwendungen durch das „Meister-BAföG“ die BAföG-Leistungen für Studenten ab 1996 vollständig als verzinsliche Bankdarlehen gewährt werden; bisher werden diese Leistungen je zur Hälfte als Zuschuss und als unverzinsliches Darlehen ausgezahlt. 28. Juni Die Regierungskoalition beschließt, die Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums nach § 10e EStG zum 1. Januar 1996 durch eine von der Steuerprogression unabhängige Bauzulage zu ersetzen. Sie soll für einen Förderzeitraum von acht Jahren bei Neubauten 5 vH der Anschaffungs- und Herstellungskosten, höchstens jedoch 5 000 DM je Jahr, betragen und bei Altbau- 1995 245 ten 2,2 vH der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 2 200 DM je Jahr. Die Zulage soll bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 120 000/ 240 000 DM (Ledige/ Verheiratete) gewährt werden. Außerdem sind eine Erhöhung des Baukindergeldes für den achtjährigen Förderzeitraum von jährlich 1 000 DM auf 1 500 DM je Kind sowie eine Verbesserung der Bausparförderung vorgesehen (Mehreinnahmen: von 0,5 Mrd. DM im Jahr 1996 auf 1,1 Mrd. DM im Jahr 1999 steigend). 2. Juli Der SVR legt ein Sondergutachten „Zur Kompensation der Pflegeversicherung“ vor. 5. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1996 und die Finanzplanung bis 1999. - Bundeshaushalt 1996: Die Ausgaben werden auf 452 Mrd. DM festgelegt; sie verringern sich damit - bereinigt um die Kindergeldumstellung - gegenüber dem Vorjahr um 1,3 vH. Die Nettokreditaufnahme wird auf 59,8 Mrd. DM veranschlagt. - Finanzplanung bis 1999: Der Anstieg der Ausgaben ist für 1997 auf 1,3 vH, für 1998 auf 2,6 vH und für 1999 auf 2,8 vH angesetzt. Die Nettokreditaufnahme soll bis 1999 stufenweise auf 29 Mrd. DM gesenkt werden. 13. Juli Die Bundesbank überprüft ihr Geldmengenziel und beschließt, trotz der erheblichen Zielunterschreitung am für 1995 festgelegten Ziel von 4 bis 6 vH festzuhalten. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung vom 1. August die Herabsetzung des Mindestreservesatzes für Sichteinlagen von 5 auf 2 vH und für Spareinlagen von 2 auf 1,5 vH. Der Reservesatz für Termineinlagen bleibt unverändert bei 2 vH. Die Anrechenbarkeit des von den Geschäftsbanken durchschnittlich gehaltenen Kassenbestandes auf das Mindestreserve-Soll in Höhe von 25 vH wird abgeschafft. 14. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (30. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über die 17. Novellierung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. Es sieht u.a. eine Anhebung der Bedarfssätze zum Herbst 1995 um 4 vH, Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei alleinstehenden Darlehensnehmern sowie eine Ergänzung der bestehenden Leistungsüberprüfung nach dem vierten Fachsemester durch eine Überprüfung des Studienstandes nach dem zweiten Fachsemester [RB: -; GE: 9.5.1995/ 31.5.1995/ 29.6.1995; IKT: 1.7./ 29.7./ 1.10. 1995; BGBl. I 1995 S. 976]. 18. Juli Die Bundesregierung beschließt den Gesetzentwurf zur Reform des Sozialhilferechts. Danach soll die Arbeitsaufnahme von schwer vermittelbaren Sozialhilfeempfängern durch befristete Lohn- und Einarbeitungszuschüsse an die Arbeitgeber und durch befristete Zuschüsse an die Sozialhilfeempfänger gefördert werden. Außerdem soll der Anstieg der Sozialhilfeausgaben u.a. dadurch begrenzt werden, dass die Anpassung der Regelsätze an der Entwicklung der Nettolöhne orientiert und das Lohnabstandsgebot konkretisiert wird; die Hilfe zum Lebensunterhalt soll ab 1999 um 15 vH unter den Nettoentgelten unterer Lohn- und Gehaltsgruppen liegen. 18. Aug. Das Bundesverfassungsgericht gibt seinen Beschluss bekannt, wonach die Bestim- 246 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland mungen des Vermögensteuerrechts und des Erbschaftsteuerrechts, nach denen einheitsbewertetes Vermögen, insbesondere Grundvermögen, steuerlich geringer belastet wird als sonstiges Vermögen, mit dem Grundgesetz unvereinbar sind. Das geltende Recht darf bei der Erbschaftsbesteuerung noch bis zum 31. Dezember, bei der Vermögensbesteuerung bis zum 31. Dezember 1996 angewandt werden. Wenn sich der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Vermögensteuerrechts für eine Anpassung der Einheitswerte entscheidet, müssen diese bis zum 31. Dezember 1999 ermittelt sein; Übergangsregelungen sollen „die vermögensteuerliche Belastung an die dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstäbe annähern“ [BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 22.6.1995, 2 BvR 552/ 91]. 24. Aug. Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag die Senkung des Diskontsatzes von 4 auf 3,5% und des Lombardsatzes von 6 auf 5,5%. Die Wertpapierpensionsgeschäfte werden weiterhin im Zinstenderverfahren durchgeführt. 22. Sept. Der Bundesrat und der Bundestag (21. September) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Jahressteuergesetz 1996. Danach sind gegenüber dem vom Bundestag am 2. Juni verabschiedeten Gesetzentwurf insbesondere folgende Änderungen vorgesehen: - Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer wird 1997 auf 12 365/ 24 731 DM (Ledige/ Verheiratete) und 1999 auf 13 067/ 26 135 DM angehoben. Der Eingangssteuersatz von 25,9 vH bleibt erhalten; der „Knickpunkt“ des Tarifs verschiebt sich für Ledige/ Verheiratete in den Jahren 1997 auf 58 643/ 117 287 DM und 1999 auf 66 365/ 132 731 DM (Mindereinnahmen 1996: 14,0 Mrd. DM; 1997: 16,9 Mrd. DM; 1998: 17,2 Mrd. DM; 1999: 21,5 Mrd. DM). - Zur Abdeckung des Existenzminimums von Kindern soll der Familienleistungsausgleich 1996 wie vorgesehen ausgebaut werden; 1997 soll das Kindergeld für das erste und zweite Kind auf 220 DM sowie der Kinderfreibetrag auf 6 912 DM angehoben werden (Haushaltsbelastung 1996: 8,8 Mrd. DM; 1997: 11,2 Mrd. DM). Um die aus dieser Regelung für Länder und Gemeinden resultierenden Mindereinnahmen auszugleichen, soll der Länderanteil an der Umsatzsteuer um 5,5 Prozentpunkte auf 49,5 vH erhöht werden. - Die Steuerentlastungen sollen durch Abbau von Steuervergünstigungen teilfinanziert werden (Mehreinnahmen 1996: 2,1 Mrd. DM; 1997: 3,7 Mrd. DM; 1998: 4,3 Mrd. DM; 1999: 5 Mrd. DM); u.a. sollen privat genutzte Firmenwagen stärker besteuert, doppelte Haushaltsführung nur noch zwei Jahre lang steuerlich berücksichtigt und die Absetzbarkeit von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer eingeschränkt werden [RB: -; GE: 27.3.1995/ 31.5.1995/ 7.7.1995/ 31.7.1995/ 5.9.1995; IKT: 1.1./ 31.12.1994, 1.1./ 3.6./ 1.7./ 21.10.1995 1.1./ 1.10.1996; BGBl. I 1995 S. 1250, BGBl. I 1996 S. 714]. 1. Okt. In Valencia (Spanien) bekräftigen die Finanzminister und die Notenbankgouverneure der EU, dass auf Basis der Daten des Jahres 1997 entschieden werden soll, welche Länder sich für die Teilnahme an der Währungsunion ab 1. Januar 1999 „qualifiziert“ haben. 14. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Einnahmenverteilung zwischen Bund und Ländern - Probleme und Lösungsmöglichkeiten“ vor. 1995 247 24. Okt. Die Länder Brandenburg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern erlassen - wie zuvor schon der Bund und die Länder Baden-Württemberg, Thüringen und das Saarland - Haushaltssperren; sie reagieren damit auf geringer erwartete Steuereinnahmen. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1995 ein Wirtschaftswachstum von 2¼ vH, einen Preisanstieg von 2,0 vH sowie eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen. Für 1996 werden ein Wirtschaftswachstum von 2½ vH, ein Preisanstieg von 2 vH sowie ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 2. Nov. Die Bundesregierung beschließt einen Gesetzentwurf zur Reform des Rechts der Arbeitslosenhilfe. In dem Entwurf ist u.a. vorgesehen, ABM künftig auf Arbeitslose zu konzentrieren, die länger als zwölf Monate (bisher sechs Monate) arbeitslos sind, und die Langzeitarbeitslosigkeit durch Arbeitstrainingsmaßnahmen (ATM) für Arbeitslosenhilfeempfänger - unter Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe - entgegenzuwirken. Außerdem sollen das Arbeitsentgelt, das der Bemessung der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegt, künftig jährlich um 5 vH gekürzt sowie dem Leistungsmissbrauch entgegengewirkt werden. Die Maßnahmen sollen zum 1. April 1996 in Kraft treten; die Minderausgaben bei der Arbeitslosenhilfe werden auf jährlich 2,1 Mrd. DM geschätzt. 10. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1996. Die Ausgaben werden mit 451,3 Mrd. DM um 0,7 Mrd. DM niedriger angesetzt als im Entwurf vom 5. Juli 1995. Die Nettokreditaufnahme wird auf knapp 60 Mrd. DM veranschlagt [RB: -; GE: 11.8.1995/ 26.10.1995/ 26.10.1995; IKT: 1.1.1996; BGBl. I 1995 S. 1793]. 12. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1995/ 96 vor. Er prognostiziert für 1995 ein Wirtschaftswachstum von 2 vH, eine Preissteigerung von 1¾ vH und keine Veränderung der Zahl der Erwerbstätigen. Für 1996 werden ein Wirtschaftswachstum von 2 vH, ein Preissteigerung von 2¼ vH und wiederum keine Veränderung der Zahl der Erwerbstätigen prognostiziert. 24. Nov. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (27. Oktober) verabschiedeten „Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung“ zu. Gegenüber dem Regierungsentwurf werden u.a. folgende Änderungen beschlossen: Die Eigenheimzulage für Altbauten wird um 300 DM auf 2 500 DM angehoben. Die Möglichkeit, vor Bezug entstandene Kosten von der Bemessungsgrundlage abzuziehen, wird auf einen Einmalbetrag von 3 500 DM pauschaliert, bei Reparaturkosten beim Bestandserwerb auf maximal 22 500 DM beschränkt [RB: 28.6.1995; GE: 4.9.1995/ 25.10.1995; IKT: 23.12.1995; BGBl. I 1995 S. 1783, BGBl. I 1996 S. 321]. 14. Dez. Die Bundesbank legt das Geldmengenziel für 1996 fest. Danach soll die Geldmenge M3 vom vierten Quartal 1995 bis zum vierten Quartal 1996 um 4 bis 7 vH wachsen. Gleichzeitig beschließt sie, den Diskontsatz und den Lombardsatz mit Wirkung vom 15. Dezember um jeweils einen halben Prozentpunkt auf 3 bzw. 5% herabzusetzen und die drei nächsten Wertpapierpensionsgeschäfte bis Anfang Januar 1996 als Mengentender mit einem Festsatz von 3,75% auszuschreiben. 248 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1996 1. Jan. Das Jahressteuergesetz 1996 und das „Gesetz zur Neuregelung der steuerlichen Wohneigentumsförderung“ treten in Kraft. Die Sonderabgabe „Kohlepfennig“ entfällt. Der Beitragssatz zur GRV steigt von 18,6 auf 19,2 vH der versicherungspflichtigen Entgelte. 19. Jan. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Stabilisierung der Krankenhausausgaben 1996“. Es legt fest, dass die Gesamterlöse eines Krankenhauses 1996, bereinigt um die Tariflohnsteigerung im öffentlichen Dienst, nicht höher sein dürfen als im Jahr 1995 [RB: -; GE: 22.11.1995; IKT: 1.1.1996; BGBl. I 1996 S. 654]. 20. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Langzeitarbeitslosigkeit“ vor. 29. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1996 vor. Sie rechnet darin für 1996 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,5 vH, einer Preissteigerung von rd. 2 vH und einem Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von rd. ½ vH. Für die alten Bundesländer wird ein Wachstum von rd. 1 vH, eine Preissteigerung von rd. 2 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH prognostiziert, für die neuen Länder ein Wachstum von 4 bis 6 vH, eine Preissteigerung von rd. 2½ vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von rd. ½ vH. 30. Jan. Die Bundesregierung beschließt das „Aktionsprogramm für Investitionen und Arbeitsplätze“. Vorgesehen sind neben der Senkung der Staatsquote und der Begrenzung des Wachstums der staatlich bedingten Lohnnebenkosten auch ein Dreistufenplan zur wachstumsfreundlichen Ausrichtung des Steuersystems. 9. Febr. Der Bundesrat und der Bundestag (8. Februar) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Danach werden ausländische Bauunternehmen ab 1996 verpflichtet, ihren nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern die in Deutschland zwingend vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen einzuhalten sowie die zwischen den Tarifpartnern vereinbarten und für allgemeinverbindlich erklärten Mindestlöhne zu zahlen. Die Geltungsdauer des Gesetzes wird auf dreieinhalb Jahre befristet [RB: -; GE: 25.9.1995/ 29.11.1995/ 1.2.1996; IKT: 1.3.1996; BGBl. I 1996 S. 227]. 10. Febr. Die Bundesanstalt für Arbeit teilt mit, dass im Januar 1996 die Zahl der Arbeitslosen zum ersten Mal die Grenze von 4 Mill. (4,16 Mill.) überschritten hat. 6. März Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des gleitenden Übergangs in den Ruhestand. Die Aufnahme von Teilzeitbeschäftigung durch Arbeitnehmer über 55 Jahre wird unter bestimmten Voraussetzungen von der BA gefördert. Ferner soll die Altersgrenze von 1998 bis 1999 in monatlichen Schritten von 60 auf 63 Jahre angehoben werden. Bei vorgezogenem Renteneintritt wird die Rente um 3,6 vH je vorgezogenem 1996 249 Jahr gekürzt (Einsparungen GRV: 17 Mrd. DM bis 2003; BA: 2,1 Mrd. DM; Bund: 3,4 Mrd. DM). 15. März Bundesfinanzminister Waigel erlässt eine Haushaltssperre. Danach dürfen sächliche Verwaltungsausgaben von mehr als 0,5 Mill. DM, Zuweisungen von mehr als 1 Mill. DM und Investitionen von mehr als 4 Mill. DM nur noch mit seiner Zustimmung durchgeführt werden. Bundesfinanzminister Waigel legt die Studie „Finanzpolitik 2000 - neue Symmetrie zwischen einem leistungsfähigen Staat und einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft“ vor. Darin wird u.a. gefordert, die Staatsquote mittel- und langfristig auf unter 46 vH zu reduzieren und das Defizit des Staates auf höchstens 1 vH des BIP zu begrenzen. 18. April Die Bundesbank beschließt mit Wirkung zum Folgetag den Diskontsatz von 3 auf 2,5%, den Lombardsatz von 5 auf 4,5% zu senken. 25. April Die Bundesregierung beschließt das „Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung“. Danach sollen Existenzgründer gefördert, der Zugang zu Wagniskapital erleichtert und das Arbeitsrecht flexibilisiert werden. Außerdem wird eine Entlastung der öffentlichen Haushalte und der Sozialversicherungen angestrebt. In der Steuerpolitik ist u.a. geplant, eine merkliche Tarifsenkung unter Verbreiterung der Bemessungsgrundlage durchzuführen und den Solidaritätszuschlag von 7,5 auf 6,5 vH zu reduzieren. 27. April Der SVR legt ein Sondergutachten „Zum wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf im Frühjahr 1996“ vor. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1996 ein Wirtschaftswachstum von ¾ vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. 22. Mai Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Jahressteuergesetz 1997 sowie den Entwurf zum Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997. Dadurch soll die Vermögensteuer nicht mehr erhoben sowie die Erbschaft- und Schenkungsteuer modifiziert werden; der Solidaritätszuschlag soll von 7,5 auf 6,5 (1997) bzw. 5,5 vH (1998) reduziert werden. Die geplante Erhöhung des Kindergeldes wird auf 1998 verschoben. Die Unternehmenssteuerreform soll in das Jahressteuergesetz 1997 eingearbeitet werden. 24. Mai Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (10. Mai) verabschiedeten „Gesetz zum Inkraftsetzen der 2. Stufe der Pflegeversicherung“ zu, wodurch ab dem 1. Juli die Pflegeleistungen bei stationärer Pflege gewährt werden. Der Beitragssatz steigt von 1 auf 1,7 vH [RB: -; GE: 16.2.1996/ 8.5.1996; IKT: 8.6./ 1.7.1996; BGBl. I 1996 S. 718]. 12. Juni Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Arbeitsförderungs-Reformgesetzes. Er sieht u.a. vor, dass die über ein Jahr hinausgehende Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld erst mit 45 Jahren (bisher 42 Jahre) einsetzt, die längste Anspruchsdauer von 32 Monaten erst bei 57 Jahren (bisher 54 Jahre) erreicht wird und die Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in 250 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland den neuen Ländern schrittweise zurückgeführt werden (Minderausgaben 1997: 1,7 Mrd. DM). Der Finanzplanungsrat empfiehlt, das Ausgabenwachstum der öffentlichen Haushalte auf jährlich 2 vH zu begrenzen und eine stabilitätsorientierte Haushaltspolitik zu betreiben. 13. Juni Der Bundestag verabschiedet gegen den Einspruch des Bundesrates (24. Mai) das „Gesetz zur Reform der Arbeitslosenhilfe“. Es sieht die Senkung der Bemessungsgrundlage für die Arbeitslosenhilfe um jährlich 3 vH, die Abschaffung der originären Arbeitslosenhilfe, die verstärkte Nutzung von ABM durch Bezieher von Arbeitslosenhilfe sowie die Einführung von ATM vor (Einsparungen: 2,1 Mrd. DM pro Jahr) [RB: 2.11.1995; GE: 27.11.1995/ 7.2.1996; IKT: 1.4.1996; BGBl. I 1996 S. 878]. 14. Juni Der Bundestag verabschiedet das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand. Die Altersgrenze für die Rente nach vorangegangener Arbeitslosigkeit wird (mit einer Übergangsregelung) von 60 auf 63 Jahre angehoben, ein früherer Bezug führt zu Abschlägen. Gleichzeitig wird eine neue Leistung der BA eingeführt, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufstockung des Nettoentgelts älterer Arbeitnehmer beim Übergang zur Teilzeitarbeit vorsieht [RB: 6.3.1996; GE: 15.4.1996/ 12.6.1996; IKT: 1.8.1996; BGBl. I 1996 S. 1078]. 21. Juni Der Bundestag beschließt eine Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes. Es ermöglicht eine Verlängerung der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten von 68,5 auf 80 Stunden in der Woche [RB: -; GE: 28.3.1996/ 19.6.1996; IKT: 1.11.1996; BGBl. I 1996 S. 1186]. 27.-29. Juni In Lyon (Frankreich) findet der 22. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind die Globalisierung der Weltwirtschaft, die Stabilisierung der Staatshaushalte, internationale Finanzhilfe sowie Arbeitslosigkeit und der Kampf gegen den Terrorismus. 1. Juli Die zweite Stufe der Pflegeversicherung tritt in Kraft. Der Beitragssatz steigt um 0,7 Prozentpunkte auf 1,7 vH. 5. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (27. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts“. Demnach soll statt der im Regierungsentwurf vorgesehenen „Nullrunde“ eine Anhebung um 1 vH und in den Jahren 1997 und 1998 eine Anpassung gemäß dem Anstieg der Nettolöhne erfolgen. Weiter soll die Arbeitsaufnahme von arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängern durch befristete Lohnkosten- und Einarbeitungszuschüsse unterstützt werden [RB: 18.7.1995; GE: 27.9.1995/ 28.2.1996/ 22.5.1996/ 26.6.1996; IKT: 1.8.1996, 1.1.1999; BGBl. I 1996 S. 1088]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (27. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes“ zu. U.a. soll der Darlehensteil an der Förderung unter bestimmten Voraussetzungen durch ein verzinsliches, privatrechtliches Bankdarlehen ersetzt werden; die Zinsen werden während der Förderung und einer vierjährigen Karenzzeit durch den Staat übernommen (Mehrausgaben: 2,6 Mrd. DM in 1996, von 1997 bis 1999 1996 251 2 Mrd. DM pro Jahr) [RB: -; GE: 28.3.1996/ 26.6.1996; IKT: 1.8./ 1.10.1996, 1.7.1997, 1.7./ 1.10.1998; BGBl. I 1996 S. 1006]. 10. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Bundeshaushalts 1997 und die Finanzplanung bis 2000. - Bundeshaushalt 1997: Die Ausgaben werden auf 440,2 Mrd. DM festgelegt; dies entspricht gegenüber dem Soll für 1996 einem Rückgang um 2,5 vH. Die Nettokreditaufnahme wird auf 56,5 Mrd. DM festgelegt. - Die Finanzplanung sieht in 1998 einen Anstieg der Ausgaben auf 1,6 vH, für 1999 auf 2,5 vH und für 2000 auf 2,2 vH vor. Die Nettokreditaufnahme soll bis zum Jahr 2000 auf 48,9 Mrd. DM zurückgeführt werden. 28. Aug. Die Bundesbank senkt den Wertpapierpensionssatz von 3,3 auf 3 vH. 30. Aug. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Anpassung des deutschen Kartellgesetzes an das europäische Recht“ vor. 12. Sept. Der Bundesrat lehnt sowohl das vom Bundestag (24. Mai) beschlossene Krankenhaus-Neuordnungsgesetz 1997 als auch das GKV-Weiterentwicklungsgesetz ab, wodurch einerseits den Selbstverwaltungen der Kassen mehr Spielraum für die Ausgestaltung der ärztlichen Versorgungsstrukturen gegeben und andererseits die Aufwendungen der Kassen auf den Anstieg der beitragspflichtigen Entgelte begrenzt werden sollte. 13. Sept. Der Bundestag verabschiedet gegen die Einsprüche des Bundesrates mehrere Gesetze: - Das „Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung“ soll durch Anpassungen und Einschränkungen in den Bereichen Rentenversicherung und Arbeitsförderung eine Senkung der Lohnzusatzkosten sowie Konsolidierungsmaßnahmen bei der Arbeitslosenversicherung erreichen. So ist u.a. vorgesehen: Reduzierung anrechenbarer Ausbildungszeiten, Aufhebung der Versicherungsfreiheit bei Beschäftigungen während des Studiums, Neubewertung von Pflichtbeitragszeiten während einer Berufsausbildung, Umwandlung von Zeiten der Arbeitslosigkeit von Anrechnungszeiten in Berücksichtigungszeiten, Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch Vorziehen der bereits beschlossenen stufenweisen Anhebung von Altersgrenzen, insbesondere für Frauen, kostendämpfende Maßnahmen im Bereich der Rehabilitation, Vorverlegung der Fälligkeitstermine für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge, Umwandlung berufsfördernder Leistungen der BA in optionale Leistungen [RB: -; GE: 10.5.1996/ 26.6.1996; IKT: 1.1./ 1.7. 1991, 1.1.1992, 7.5./ 28.9./ 1.10.1996, 1.1.1997; BGBl. I 1996 S. 1461, 1806]. - Durch ein „Arbeitsrechtliches Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung“ wird das Arbeitsrecht flexibilisiert. Es sieht u.a. die Anwendung des Kündigungsschutzes erst bei Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern (zuvor fünf) unter Berücksichtigung von Teilzeitbeschäftigten, eine Begrenzung der Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen, die Einführung eines Ausschlusses bei der Lohnfort- 252 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland zahlung in den ersten vier Wochen der Beschäftigung, Senkung der Lohnfortzahlung von 100 auf 80 vH des Arbeitsentgelts sowie die Erleichterung des Abschlusses befristeter Arbeitsverträge vor [RB: -; GE: 10.5.1996/ 26.6.1996; IKT: 1.10.1996; BGBl. I 1996 S. 1476]. - Das „Gesetz zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung“ sieht u.a. eine Reduzierung der GKV-Beitragssätze, den Abbau von Krankenhausfehlbelegungen mit Hilfe der Pflegeversicherung, die Erhöhung der Zuzahlung bei Arzneimitteln, der Wegfall des Kassenanteils für Brillenfassungen sowie des Zuschusses für Zahnersatz, eine Neuregelungen bei stationären Kuren und die Senkung des Krankengeldes vor [RB: -; GE: 10.5.1996/ 26.6.1996; IKT: 10.5.1996, 1.1.1997; BGBl. I 1996 S. 1631]. 24. Sept. Die Bundesregierung beschließt - nach Ablehnung der Gesetze zur Weiterentwicklung der Strukturreform der GKV und zur Krankenhausfinanzierung durch den Bundesrat - die „Eckpunkte zur Fortführung der Dritten Stufe der Gesundheitsreform“. 13. Okt. Finnland tritt als 13. Land dem EWS bei. Die Finnmark wird in den Interventionsmechanismus eingebunden. 16. Okt. Die Europäische Kommission stellt ihren Entwurf für die Ausgestaltung eines finanzpolitischen Stabilitätspakts für die dritte Stufe der Europäischen Währungsunion und eines neuen Europäischen Währungssystems vor. Im Rahmen der multilateralen Überwachung soll von einem Staat im Falle eines übermäßigen Defizits (mehr als 3 vH des BIP) eine zinslose Einlage bis zur Höhe von maximal 0,5 vH des BIP gefordert werden. Wird das übermäßige Defizit nicht innerhalb von zwei Jahren beseitigt, soll aus der Einlage ein Bußgeld werden. Beim WKM sollen die Schwankungsbreiten zwischen Euro und den noch nicht an der Währungsunion teilnehmenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union relativ weit sein. Die EZB soll zu automatischen Interventionen verpflichtet sein, die sie aber für den Fall, dass sie eine Gefährdung der Preisniveaustabilität sieht, aussetzen kann. Das Wechselkurssystem soll von einer intensivierten Konvergenzpolitik und multilateralen Überwachung flankiert werden. 29. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1996 ein Wirtschaftswachstum von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 2,0 vH sowie einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,0 vH. Für 1997 werden ein Wachstum von 2,5 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und eine gleichbleibende Zahl der Erwerbstätigen prognostiziert. 6. Nov. Das EWI und die Europäische Kommission legen die erste Konvergenzprüfung nach Artikel 109j EG-Vertrag vor. Aus ihr geht hervor, dass der größte Teil der Mitgliedsstaaten die Kriterien für die Einführung einer gemeinsamen Währung noch nicht erfüllt. 9. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Anstehende große Steuerreform“ vor. 13. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1996/ 97 vor. Er prognostiziert für 1996 ein Wirt- 1996 253 schaftswachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 1¾ vH und ein Gleichbleiben der Zahl der Erwerbstätigen. Für 1997 werden ein Wachstum von 2¼ vH, eine Preissteigerung von 1¾ vH und weiterhin ein Gleichbleiben der Zahl der Erwerbstätigen prognostiziert. 20. Nov. Der Finanzplanungsrat diskutiert u.a. über die Vorarbeiten der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion und einem Verfahren zur innerstaatlichen Umsetzung der Maastrichter Fiskalkriterien (nationaler Stabilitätspakt). 25. Nov. Die Italienische Lira kehrt in den Wechselkurs- und Interventionsmechanismus des EWS zurück. 29. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1997. Die Ausgaben werden auf 439,9 Mrd. DM und die Neuverschuldung auf 53,3 Mrd. DM festgelegt [RB: 10.7.1996; GE: 16.8.1996/ 14.11.1996/ 15.11.1996/ 28.11.1996; IKT: 1.1.1997; BGBl. I 1996 S. 2033]. 14. Dez. In Dublin (Irland) stellen die Staats- und Regierungschefs der EU fest, dass die dritte Stufe der WWU nicht im Jahr 1997 beginnen wird und die Prüfung, welche Staaten die Bedingungen erfüllen, zu Beginn des Jahres 1998 erfolgen soll. Ferner beschließen sie den „Stabilitäts- und Wachstumspakt“. 19. Dez. Der Bundesrat und der Bundestag (12. Dezember) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Jahressteuergesetz 1997“. Die Länder forderten eine Kompensation für den Wegfall - infolge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 - der Vermögensteuereinnahmen. Gegenüber dem Regierungsentwurf wird zum Ausgleich der sich durch den Wegfall der Vermögensteuer ergebenden Mindereinnahmen der Länder - neben der Erhöhung der Erbschaftsteuer um zwei Prozentpunkte - der Steuersatz für die Grunderwerbsteuer von 2 auf 3,5 vH angehoben (Mehreinnahmen: 0,3 Mrd. DM (1997) bis 2,3 Mrd. DM (2000)) und die Senkung des Solidaritätszuschlags ausgesetzt [RB: 22.5.1996; GE: 11.6.1996/ 9.10.1996/ 5.11.1996/ 12.12.1996; IKT: 1.1./ 28.12.1996, 1.1.1997, 1.1.1998; BGBl. I 1996 S. 2049]. Der Bundesrat lehnt das „Gesetz zur Begrenzung der Bezügefortzahlungen bei Krankheit“ ab. Der Bundesrat stimmt dem Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997 nicht zu und ruft den Vermittlungsausschuss an. Die Länder fordern einen Ausgleich für den mittelfristig erwarteten Einnahmeausfall durch eine Erhöhung ihres Anteils an der Mineralölsteuer. Die Bundesregierung beschließt Eckwerte zur Reform der Einkommen- und der Körperschaftsteuer. Als Einstieg in die Reform sollen zum 1. Januar 1998 der Solidaritätszuschlag um 2 Prozentpunkte auf 5,5 vH gesenkt und die Besteuerung der gewerblichen Einkünfte mit Einkommen- und Körperschaftsteuer - bei Verbreiterung der Bemessungsgrundlage - verringert werden. Die Bundesbank legt erstmals ein zweijähriges Geldmengenziel fest. Danach soll die Geldmenge M3 in den Jahren 1997 und 1998 um jeweils 5 vH wachsen. 254 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1997 1. Jan. Das Jahressteuergesetz 1997 tritt in Kraft; es sieht u.a. Änderungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer, die Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes, eine Erhöhung bei der steuerlichen Anerkennung hauswirtschaftlicher Beschäftigungsverhältnisse sowie die Verschiebung der mit dem Jahressteuergesetz 1996 beschlossenen Anhebung des Grundfreibetrages auf das Jahr 1998 vor. Der Beitragssatz zur GRV steigt von 19,2 auf 20,3 vH, die Beitragssätze der Krankenkassen steigen von durchschnittlich 13,5 auf 13,6 vH. 23. Jan. Die Bundesregierung beschließt die Verminderung des Solidaritätszuschlags von 7,5 auf 5,5 vH im Jahr 1998 sowie eine Reform der Einkommen- und Körperschaftsteuer in den Jahren 1998 und 1999. Diese soll durch den Abbau von Vergünstigungen und Sonderregelungen sowie durch die Anhebung indirekter Steuern finanziert werden. 29. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1997 vor. Sie rechnet darin für 1997 mit einem Wirtschaftswachstum in den alten und neuen Ländern von jeweils 2½ vH, einer Preissteigerung von 1½ vH, in den alten Ländern von 1 vH, in den neuen von 1½ vH sowie einem Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von jeweils ½ vH. 31. Jan. Der Bundesrat und der Bundestag (30. Januar) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts“. Im Vordergrund steht die Verstärkung der Leistungselemente bei Bezahlung und Beförderung [RB: -; GE: 6.3.1996/ 25.6.1996/ 29.1.1997; IKT: 1.3./ 1.7.1997; BGBl. I 1997 S. 322]. 13. März Der Bund, die Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland sowie die IG Bergbau verständigen sich auf die Rückführung der Steinkohlesubventionen von 9,25 Mrd. DM im Jahr 1998 auf 5,5 Mrd. DM im Jahr 2005. 14. März Der Bundesrat und der Bundestag (13. März) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997. Es reduziert die Kraftfahrzeugsteuer bei emissionsarmen Fahrzeugen und erhöht sie bei Fahrzeugen mit höherem Schadstoffausstoß [RB: 2.5.1996; GE: 17.6.1996/ 13.11.1996/ 12.3.1997; IKT: 1.3./ 25.4./ 1.7.1997; BGBl. I 1997 S. 805]. 18. März Die Bundesregierung beschließt ein Maßnahmenpaket zur Verstetigung beschäftigungsfördernder Investitionen. Durch zinsgünstige Kredite sollen Investitionen in die Infrastruktur, die Wohnungswirtschaft und von mittelständischen Unternehmen gefördert werden. 20 Mrd. DM sollen durch Programme der KfW, 5 Mrd. DM durch privat finanzierte öffentliche Bauvorhaben bereitgestellt werden. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1998, mit dem die Vorschläge der Steuerreformkommission umgesetzt werden sollen. 20. März Der Bundestag verabschiedet gegen den Einspruch des Bundesrates (14. März) das Arbeitsförderungs-Reformgesetz. Damit 1997 255 werden zum 1. April u.a. neue arbeitsmarktpolitische Instrumente wie Trainingsmaßnahmen für Arbeitslose, der Eingliederungsvertrag für Langzeitarbeitslose und Einstellungszuschüsse bei Unternehmensneugründungen eingeführt. Außerdem setzt die über ein Jahr hinausgehende Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld erst mit 45 Jahren (bisher 42 Jahre), die längste Anspruchsdauer von 32 Monaten erst bei 57 Jahren (bisher 54 Jahre) ein [RB: 12.6.1996; GE: 1.10.1996/ 29.1.1997; IKT: 1.1.1995, 28.3./ 1.4.1997, 1.1.1998, 1.1.1999; BGBl. I 1997 S. 594]. 21. März Der Bundestag beschließt den Entwurf zum Steuerreformgesetz 1998. Es setzt einen Teil der Beschlüsse - insbesondere die Senkung des Solidaritätszuschlags und der ertragssteuerlichen Belastung - der Bundesregierung vom 23. Januar um, die ab 1. Januar 1998 wirksam werden sollen. 5.-6. April In Noordwijk (Niederlande) verständigen sich die EU-Finanzminister auf eine verbindliche Auslegung des Stabilitäts- und Wachstumspakts. 22. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1997 ein Wirtschaftswachstum von 2¼ vH, Preissteigerungen von 1,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 1998 werden ein Wirtschaftswachstum von 2¾ vH, eine Preissteigerung von 2,0 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 25. April Der Bundestag beschließt den Entwurf zum Steuerreformgesetz 1999. Die Reform sieht entsprechend den Beschlüssen der Bundesregierung vom 23. Januar eine Senkung der Einkommen- und Körperschaftsteuer vor. Zur Teilfinanzierung ist eine Verbreiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage vorgesehen. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wagniskapital“ vor. 21. Mai Die Bundesregierung beschließt die Verlängerung der Investitionsförderung in den neuen Ländern bis zum Jahre 2004. Danach soll ab 1999 die Förderung auf Zulagen umgestellt werden, die Sonderabschreibungen sollen entfallen. Die hierfür notwendigen Finanzmittel werden in den Jahren 1999 bis 2002 auf je 5,7 Mrd. DM, in den Folgejahren auf je 4 Mrd. DM veranschlagt. 23. Mai Der Sachverständigenrat legt ein Sondergutachten „Fehlentwicklungen bei den öffentlichen Finanzen“ vor. 26. Mai Die SPD legt „Eckwerte zur Steuer- und Abgabenreform 1997/ 98“ vor. Das Konzept sieht eine Verringerung der Sozialabgaben um 2 Prozentpunkte (Mindereinnahmen: 30 Mrd. DM) sowie eine Verringerung der Steuerbelastung vor. Die Steuern für Familien und Arbeitnehmer sollen durch die Senkung des Eingangsteuersatzes und durch die Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrages um 34 Mrd. DM und für Unternehmen durch die Senkung des Körperschaftsteuersatzes für einbehaltene Gewinne von 45 auf 35 vH sowie durch Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer um 14 Mrd. DM reduziert werden. Diese Entlastungen sollen durch Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und durch die Wiedereinführung der Besteuerung hoher Privatvermögen finanziert werden. Zur Finanzierung der Sozialabgabensenkung ist eine Mehrwertsteuer- und Mineralölsteuererhöhung geplant. 256 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 28. Mai Die Bundesregierung erklärt, dass sie eine Neubewertung der Devisenreserven der Bundesbank nach den Grundsätzen des EWI vornehmen werde. Die freiwerdenden Finanzmittel sollen dem Erblastentilgungsfonds zugeführt werden. Die Bundesbank legt dazu eine Stellungnahme vor, in der sie eine Teilausschüttung der Bewertungsgewinne an den Bund für nicht sachgerecht hält. 4. Juni Bundesfinanzminister Waigel erlässt erneut eine Haushaltssperre. 12. Juni Der Bundestag verabschiedet gegen den Einspruch des Bundesrates (16. Mai) mehrere Gesetze: - Das erste GKV-Neuordnungsgesetz sieht u.a. eine Koppelung der Zuzahlung der Versicherten an die Beitragssatzentwicklung ihrer Krankenkasse sowie ein Kündigungsrecht bei Beitragssatzerhöhungen vor; bei Beitragssatzsenkungen vermindert sich die Zuzahlung [RB: -; GE: 8.10.1996/ 13.11. 1996; IKT: 1.7./ 1.9.1997; BGBl. I 1997 S. 1518]. - Das (nach Auffassung des Bundesrates zustimmungspflichtige) zweite GKV- Neuordnungsgesetz sieht zum Haushaltsausgleich u.a. vor, dass bisherige Pflichtleistungen in das Ermessen der einzelnen Krankenkassen gestellt werden. Zudem soll die Flexibilisierung des Vertragsrechts es den Kassen ermöglichen, kostengünstigere Versorgungsstrukturen zu vereinbaren [RB: -; GE: 12.11.1996/ 17.3.1997; IKT: 1.1./ 15.11. 1996, 1.1./ 1.7.1997, 1.1./ 3.1.1998; BGBl. I 1997 S. 1520, BGBl. I 1998 S. 38]. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Umweltsteuern aus finanzwissenschaftlicher Sicht“ vor. 16.-17. Juni In Amsterdam (Niederlande) verabschieden die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Gipfeltreffen den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt, ferner werden Entschließungen zu Wachstum und Beschäftigung sowie zu den Prinzipien des neuen WKM angenommen. 22.-26. Juni In Denver (Vereinigte Staaten) findet der 23. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zum Abschluss werden Deutschland, Frankreich und Italien zu Strukturreformen für mehr Beschäftigung und zur langfristigen Konsolidierung ihrer Haushalte aufgefordert. Erstmals nimmt Russland auf dem „Gipfel der Acht“ von Beginn an teil. 26. Juni Der Bundestag verabschiedet die Steuerreformgesetze 1998 und 1999. Die Entlastungen des ersten Reformschritts sind 1998 um 5,2 Mrd. DM geringer als im Gesetzentwurf. Die Gesetze bedürfen noch der Zustimmung des Bundesrates. 4. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (26. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Förderung in den neuen Ländern“ für die Jahre 1999 bis 2004 zu. Die steuerliche Investitionsförderung wird bis 2004 verlängert [RB: -; GE: 3.6.1997/ 25.6.1997; IKT: 1.1.1996, 26.8.1997, 1.1.1999; BGBl. I 1997 S. 2070, BGBl. I 2001 S. 984]. 1997 257 11. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zu einem Nachtragshaushalt 1997, den Entwurf für den Bundeshaushalt 1998 sowie für die mittelfristige Finanzplanung bis 2001. - Die Ausgaben im Bundeshaushalt 1997 werden mit 458,6 Mrd. DM um 18,7 Mrd. DM höher ansetzt. Die Nettokreditaufnahme erhöht sich von 53,3 Mrd. auf 71,2 Mrd. DM. - Bundeshaushalt 1998: Die Ausgaben werden auf 461 Mrd. DM veranschlagt, dies entspricht einem Anstieg gegenüber 1997 von 0,5 vH. Die Nettokreditaufnahme wird auf 57,8 Mrd. DM veranschlagt. - Finanzplanung bis 2001: Der Anstieg der Ausgaben wird für 1999 auf 0,3 vH, für 2000 und 2001 auf jeweils 1,9 vH festgesetzt. Die Nettokreditaufnahme soll bis 2001 auf 47 Mrd. DM zurückgeführt werden. 5. Sept. Der Bundesrat und der Bundestag (5. August) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform“. Danach sind u.a. die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer (in den neuen Bundesländern ist auch für 1997 keine Erhebung vorgesehen), die Senkung der Gewerbeertragsteuer, die Reduzierung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter von 30 auf 25 vH sowie eine Beteiligung der Gemeinden in Höhe von 2,2 vH am Aufkommen der Umsatzsteuer vorgesehen (Mindereinnahmen 1998: 0,3 Mrd. DM; Mehreinnahmen 1999: 2,4 Mrd. DM, 2000: 4,7 Mrd. DM, 2001: 5,5 Mrd. DM) [RB: -; GE: 19.2.1997/ 4.8.1997; IKT: 1.1./ 1.11.1997, 1.1.1998; BGBl. I 1997 S. 2590]. 26. Sept. Im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat scheitern nach zwei Verhandlungsrunden die Steuerreformgesetze 1998 und 1999 der Bundesregierung. 9. Okt. Der Bundestag beschließt die Senkung des Solidaritätszuschlags von 7,5 auf 5,5 vH zum 1. Januar 1998. Die Mindereinnahmen von 7,1 Mrd. DM sollen u.a. durch eine Verringerung der Bundeszuführung an den Erblastentilgungsfonds und durch Forderungsverkäufe im Bereich der Bundesliegenschaften finanziert werden [RB: -; GE: 11.6.1996/ 7.10.1997; IKT: 29.11.1997, 1.1.1998; BGBl. I 1997 S. 2743]. 15. Okt. Die Bundesbank erhöht den Wertpapierpensionssatz von 3 auf 3,3 vH. 17. Okt. Der Bundesrat lehnt die Steuerreformgesetze 1998 und 1999 endgültig ab. 28. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1997 ein Wirtschaftswachstum von 2,4 vH, eine Preissteigerung von 2,1 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,3 vH. Für 1998 werden ein Wirtschaftswachstum von 2,8 vH, eine Preissteigerung von 2,0 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH prognostiziert. 30. Okt. Bundesfinanzminister Waigel erlässt eine erweiterte Haushaltssperre gemäß § 41 Bundeshaushaltsordnung. Danach dürfen bis Jahresende nur noch gesetzlich gebundene oder vertraglich eingegangene Ausgabenverpflichtungen geleistet werden. 258 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 6. Nov. Die Bundesregierung beschließt, insofern sich keine alternative Finanzierung ergibt, den Beitragssatz in der GRV von 20,3 auf 21 vH der versicherungspflichtigen Entgelte ab dem 1. Januar 1998 anzuheben. 12. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1997/ 98 vor. Er prognostiziert für 1997 ein Wirtschaftswachstum von 2½ vH, eine Preissteigerung von 2¼ vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1½ vH. Für 1998 werden ein Wachstum von 3 vH, eine Preissteigerung von 2¾ vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH prognostiziert. 21. Nov. Die Staats- und Regierungschefs der EU vereinbaren bei ihrem Treffen in Luxemburg eine Intensivierung der Bemühungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. 28. Nov. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das Nachtragshaushaltsgesetz 1997 erhöht das Haushaltsvolumen um 4,45 Mrd. DM auf 444,8 Mrd. DM (der Regierungsentwurf sah einen Zuwachs von 18,7 Mrd. DM vor) sowie die Nettokreditaufnahme um 17,55 Mrd. DM auf 70,85 Mrd. DM und setzt die Zuführung an den Erblastentilgungsfonds 1997 um 6 Mrd. DM herab [RB: 11.7.1997; GE: 15.8.1997/ 13.11.1997; IKT: 1.1.1997; BGBl. I 1998 S. 3242]. - Das Haushaltsgesetz 1998 senkt gegenüber dem Regierungsentwurf die Ausgaben um 4,2 Mrd. DM auf 456,8 Mrd. DM und die Nettokreditaufnahme um 1,4 Mrd. DM auf 56,4 Mrd. DM [RB: 11.7.1997; GE: 15.8.1997/ 13.11.1997/ 13.11.1997; IKT: 1.1.1998; BGBl. I 1997 S. 3256]. 11. Dez. Der Bundestag verabschiedet gegen den Einspruch des Bundesrates (28. November) das Rentenreformgesetz 1999. Kernpunkte sind die Einbeziehung eines „Demographiefaktors“ in die Rentenanpassungsformel, die Neuordnung der Renten wegen verminderter Erwerbstätigkeit sowie die Neubewertung der Kindererziehungszeiten. Darüber hinaus soll der Beitragssatz niedriger festgesetzt werden [RB: -; GE: 24.6.1997/ 2.10.1997; IKT: 1.1.1986, 17.5.1990, 1.1.1992, 1.4.1995, 1.1./ 7.5./ 1.8.1996, 1.1.1997, 1.1./ 1.7.1998, 1.1.1999, 1.1.2000; BGBl. I 1997 S. 2998]. 12. Dez. Der Bundestag beschließt die Änderung des Bundesbankgesetzes gemäß den Vorgaben des EU-Vertrags. Danach gehen die währungspolitischen Befugnisse ab dem 1. Januar 1999 auf die EZB über [RB: -; GE: 21.5.1997/ 10.12.1997; IKT: 31.1.1997, 1.1.1999; BGBl. I 1997 S. 3274]. 18. Dez. Die Bundesbank bestätigt das bereits im Dezember 1996 festgelegte Geldmengenziel für 1998. Danach soll die Geldmenge - bei einem ein Zielkorridor von 3 bis 6 vH - um 5 vH wachsen. 19. Dez. Der Bundesrat und der Bundestag (11. Dezember) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung“. Danach wird ab dem 1. April 1998 der Regelsatz der Mehrwertsteuer von 15 auf 16 vH erhöht und das Mehraufkommen als zusätzlicher Bundeszuschuss an die GRV abgeführt [RB: -; GE: 7.10.1997/ 29.10.1997/ 10.12.1997; IKT: 1.12./ 24.12.1997, 1.1./ 1.4.1998; BGBl. I 1997 S. 3121]. 1998 259 1998 1. Jan. Die Senkung des Solidaritätszuschlags von 7,5 auf 5,5 vH, die Anhebung des Grundfreibetrags bei der Einkommensteuer sowie die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer treten in Kraft. Die Monopole der Post und Telekom werden aufgelöst, das Bundesministerium für Post und Telekommunikation wird durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post ersetzt. 20. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Grundlegende Reform der gesetzlichen Rentenversicherung“ vor. 27. Febr. Das Statistische Bundesamt gibt die Defizitquote des Staates für 1997 bekannt. Sie lag mit 2,7 vH unter dem Referenzwert des Maastrichter Vertrages (3 vH). 5. März Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrecht“ in seiner ursprünglichen Fassung und lehnt die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses ab. Damit entfallen die Gebiets- und Versorgungsmonopole von Strom- und Gasunternehmen [RB: -; GE: 23.3.1997/ 12.11.1997; IKT: 29.4.1998; BGBl. I 1998 S. 730]. 11. März Die Bundesregierung legt den JWB 1998 vor. Sie rechnet darin für 1998 mit einem Wirtschaftswachstum von 2½ bis 3 vH, in den alten Ländern von 2½ bis 3 vH, in den neuen von 2 vH; einer Preissteigerung von 1½ vH, in den alten Ländern von 1 vH, in den neuen von 1½ vH und einem Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 2½ vH, in den alten Ländern von 0 vH, in den neuen Ländern einem Rückgang von 1 vH. 16. März Griechenland tritt als 14. Land dem WKM des EWS bei. Der Leitkurs des irischen Pfunds im EWS wird um 3 vH aufgewertet. 1. April Die Erhöhung des Mehrwertsteuerregelsatzes um 1 Prozentpunkt auf 16 vH tritt in Kraft. 2.-3. Mai Der Europäische Rat beschließt, dass die dritte Stufe der WWU am 1. Januar 1999 mit den Teilnehmerstaaten Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal und Spanien beginnt. Griechenland wird zunächst nicht teilnehmen, da es die Konvergenzkriterien nicht erfüllte. Dr. Willem Duisenberg wird zum ersten Präsidenten der EZB bestellt. 8. Mai Der Bundesrat stimmt mehreren vom Bundestag (2. April) verabschiedeten Gesetzen zu: - Durch das „Gesetz zur Änderung über die Errichtung eines Fonds ,Deutsche Einheit‘“ und das „Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern“ werden die Annuitäten für den Fonds „Deutsche Einheit“ der Jahre 1998, 1999 und 2000 von 10 auf 6,8 vH gesenkt, was eine Reduktion des Schuldendienstes von Bund und Ländern in einem Umfang von 3,04 Mrd. DM je Jahr zur Folge hat [RB: -; GE: 4.3.1998; IKT: 1.1.1998; BGBl. I 1998 S. 1290]. 260 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland - Das Euro-Einführungsgesetz schafft die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung des Euro am 1. Januar 1999 [RB: -; GE: 4.12.1997/ 1.4.1998; IKT: 16.6.1998, 1.1.1999; BGBl. I 1998 S. 1242]. 12. Mai Die Gemeinschafsdiagnose prognostiziert für 1998 ein Wirtschaftswachstum von 2,6 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und eine gleichbleibende Zahl von Erwerbstätigen. Für 1999 werden ein Wirtschaftswachstum von 2,7 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. Für Westdeutschland werden für 1998 ein Wachstum von 2,7 vH, eine Preissteigerung von 1,2 vH, für 1999 ein Wachstum von 1,9 vH und eine Preissteigerung von 1,5 vH prognostiziert; für Ostdeutschland für 1998 ein Wachstum von 1,9 vH und eine Preissteigerung von 1,4 vH, für 1999 ein Wachstum von 2,5 vH und eine Preissteigerung von 1,5 vH. 14. Mai Die Bundesbank führt einen Gewinn von 24,2 Mrd. DM an den Bund ab. Die außergewöhnliche Höhe dieses Betrages ist Folge der Höherbewertung der Dollarbestände. 16.-17. Mai In Birmingham (Vereinigtes Königreich) findet der 24. Weltwirtschaftsgipfel statt. Die Staats- und Regierungschefs der G8 erklären die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bekämpfung der Kriminalität zu vorrangigen Zielen. 29. Mai Der Bundesrat stimmt der vom Bundestag (7. Mai) verabschiedeten sechsten Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu, wodurch eine begrenzte Harmonisierung des EU-Wettbewerbsrecht erreicht werden soll. So gilt nun ein echter Verbotstatbestand, wodurch nicht mehr nur das Ziel einer Wettbewerbsbeschränkung verboten ist, sondern es genügt, das Vorliegen von wettbewerbsbeschränkenden Folgen. Ferner erfolgt eine Streichung bzw. Einschränkung von Ausnahmebereichen, die Ausweitung der präventiven Zusammenschlusskontrolle, sowie eine Verbesserung der Transparenz des Kontrollverfahrens [RB: -; GE: 29.1.1998/ 29.4.1998; IKT: 1.1.1999; BGBl. I 1998 S. 2321]. 2. Juni Das Direktorium der EZB tritt zu seiner ersten Sitzung zusammen. 9. Juni Der EZB-Rat tritt zu seiner ersten Sitzung zusammen. 10. Juni Der Finanzplanungsrat verständigt sich u.a. darauf, den Ausgabenanstieg der öffentlichen Haushalte in der mittleren Frist auf 2 vH zu begrenzen, um einen Beitrag zur Senkung der Staatsquote zu leisten. 8. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 1999 und die Finanzplanung bis 2002. - Bundeshaushalt 1999: Die Ausgaben des Haushalts werden auf 465,3 Mrd. DM festgelegt - ein Anstieg von 0,4 vH gegenüber 1998. Die Nettokreditaufnahme wird auf 56,2 Mrd. DM veranschlagt. - Die Finanzplanung sieht eine Begrenzung des Anstiegs der Ausgaben in den Jahren 2000 bis 2002 in Höhe von 1,4 vH je Jahr vor. Die Nettokreditaufnahme soll bis 2002 auf 45,3 Mrd. DM zurückgeführt werden. 1998 261 10. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (25. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über ein Drittes Vermögensbeteiligungsgesetz. Es sieht u.a. die Anhebung der für die Sparzulage maßgeblichen Einkommensgrenzen und die Aufstockung der Arbeitnehmersparzulage vor [RB: -; GE: 3.3.1998/ 27.4.1998/ 24.6.1998; IKT: 1.1.1999; BGBl. I 1998 S. 2647]. 5. Sept. Gewerkschaften aus Deutschland und den Benelux-Staaten einigen sich auf die „Erklärung von Doorn“. Danach streben sie eine koordinierte Tarifpolitik zur Vermeidung einer Lohnunterbietungskonkurrenz an. 27. Sept. Bei den Wahlen zum 14. Deutschen Bundestag erreichen SPD und Bündnis 90/ Die Grünen zusammen die absolute Mehrheit der Wählerstimmen. Erstmalig wird in der Bundesrepublik eine Bundesregierung komplett abgewählt. Während die Sozialdemokraten erstmals seit 1972 die stärkste Bundestagsfraktion stellen und seit 1980 wieder mehr als 40 vH der Wählerstimmen auf sich vereinigen, erreichen die Unionsparteien (CDU: 28,4 vH; CSU: 6,4 vH) erstmals seit 1949 weniger als 40 vH. Bündnis 90/ Die Grünen erzielen 6,7 vH und FDP 6,2 vH der Stimmen. Die PDS erreicht mit 5,1 vH der Stimmen erstmals Fraktionsstatus im Deutschen Bundestag. 2. Okt. Die Wissenschaftlichen Beiräte beim BMF und BMWi legen die Stellungnahme „Reform der Einkommen- und Körperschaftsteuer“ vor. 13. Okt. Die EZB entscheidet über ihre geldpolitische Strategie. Ein wichtiger Indikator für die Geldpolitik wird die Geldmengenentwicklung in der Währungsunion sein. Als Preisniveaustabilität wird eine Preissteigerungsrate von unter 2 vH bestimmt. 20. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1998 ein Wirtschaftswachstum von 2,7 vH, eine Preissteigerung von 1,0 vH und eine gleichbleibende Zahl von Erwerbstätigen. Für 1999 werden ein Wirtschaftswachstum von 2,3 vH, eine Preissteigerung von 1,2 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 0,4 vH prognostiziert. Für Westdeutschland werden für 1998 ein Wachstum von 2,8 vH, eine Preissteigerung von 1,0 vH, für 1999 ein Wachstum von 2,3 vH und eine Preissteigerung von 1,2 vH prognostiziert; für Ostdeutschland für 1998 ein Wachstum von 2,0 vH und eine Preissteigerung von 1,3 vH, für 1999 ein Wachstum von 2,3 vH und eine Preissteigerung von 1,4 vH. 27. Okt. Der Bundestag wählt Gerhard Schröder (SPD) zum Bundeskanzler. Im Anschluss daran erfolgt die Bildung und Vereidigung der Bundesregierung. Das Kabinett besteht aus zehn Ministern der SPD, drei Ministern von Bündnis 90/ Die Grünen und einem parteilosen Minister. Oskar Lafontaine (SPD) wird Bundesfinanzminister, Dr. Werner Müller (parteilos) Bundeswirtschaftsminister und Walter Riester (SPD) Minister für Arbeit und Sozialordnung. 9. Nov. Die Bundesregierung legt den „Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/ 2000/ 2002“ vor. Während die ersten beiden Stufen in den Jahren 1999 und 2000 weitge- 262 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland hend aufkommensneutral sein sollen, ist in der dritten Stufe im Jahr 2002 eine Nettoentlastung von 15,3 Mrd. DM vorgesehen. Ferner soll eine Unternehmenssteuerreform bis zum Jahr 2000 dafür sorgen, dass eine rechtsformunabhängige Besteuerung aller Unternehmenseinkünfte mit einem einheitlichen Steuersatz von höchstens 35 vH möglich wird. 15. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1998/ 99 vor. Er prognostiziert für 1998 ein Wirtschaftswachstum von 2¾ vH, eine Preissteigerung von 1 vH und eine gleichbleibende Zahl von Erwerbstätigen. Für 1999 werden ein Wachstum von 2 vH, eine Preissteigerung von 1¾ vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ¼ vH prognostiziert. 25. Nov. Die Bundesregierung beschließt ein „Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit“. Hierdurch sollen 100 000 Jugendliche durch Qualifizierung in eine Ausbildungs- oder Beschäftigungsstelle vermittelt werden. 1. Dez. Die EZB legt den Referenzwert für das Geldmengenwachstum 1999 fest. Danach soll die Geldmenge M3 um 4,5 vH steigen. 2. Dez. Die Bundesbank senkt den Wertpapierpensionssatz von 3,3 auf 3%. Die anderen europäischen Zentralbanken - mit Ausnahme der italienischen - verringern ihre Leitzinsen entsprechend. Die kurzfristigen Zinsen erreichen damit ein einheitliches Niveau. 7. Dez. Die konstituierende Sitzung des „Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit“ findet statt. Seit der „Konzertierten Aktion“ stellt es den ersten korporatistischen Abstimmungsprozess zwischen Regierung, Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften auf Bundesebene dar. Es soll u.a. über die Senkung der Lohnnebenkosten, flexible Arbeitszeiten, eine Unternehmenssteuerreform, eine beschäftigungsfördernde Tarifpolitik, den Abbau struktureller Hemmnisse für Gründung und Wachstum von Unternehmen, die Erschließung neuer Beschäftigungsfelder und die Jugend- und Dauerarbeitslosigkeit beraten. 12. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Reform der internationalen Kapitaleinkommensbesteuerung“ vor. 18. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Steueränderungsgesetz 1998 (BT- Beschluss: 10. Dezember), mit dem ein Teil des Steuerentlastungsgesetzes 1999/ 2000/ 2002 vorgezogen wird, soll insbesondere die Anpassung der Pensionsrückstellungen an die längere Lebenserwartung ermöglichen (Mindereinnahmen 1999: 0,7 Mrd. DM; 2000: 1,6 Mrd. DM; 2001 6,5 Mrd. DM) [RB: -; GE: 9.11.1998/ 8.12.1998; IKT: 24.12./ 31.12.1998; BGBl. I 1998 S. 3816]. - Das Steuerentlastungsgesetz 1999 (BT- Beschluss: 4. Dezember) zieht ebenfalls einige Maßnahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/ 2000/ 2002 vor, so dass u.a. die Erhöhung des Kindergeldes, die Anhebung des Grundfreibetrages und die Senkung des Ein- 1998/ 1999 263 gangssteuersatzes der Einkommensteuer vorab wirksam werden (Entlastungen 1999: 7,8 Mrd. DM; 2000: 7,1 Mrd. DM; 2001: 7,1 Mrd. DM; 2002: 7,2 Mrd. DM) [RB: -; GE: 9.11.1998/ 2.12.1998; IKT: 24.12.1998, 1.1.1999; BGBl. I 1998 S. 3779, BGBl. I 1999 S. 847]. - Durch das „Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte“ (BT- Beschluss: 10. Dezember) wird u.a. der demographische Faktor bei der Rentenanpassung für 1999 und 2000 ausgesetzt, Einsparungen bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten rückgängig gemacht und die Sozialversicherungspflicht auf arbeitnehmerähnliche Selbständige (Scheinselbständige) ausgedehnt. Weiterhin erfolgt die Rückkehr zur Regelung der hundertprozentigen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehene Neuregelung der Sozialversicherungspflicht von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen wurde aus dem Gesetz herausgenommen [RB: 9.11.1998; GE: 17.11.1998/ 4.12.1998; IKT: 1.1./ 1.6.1999, 1.1.2000, 1.1.2001; BGBl. I 1998 S. 3843]. - Das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz (BT-Beschluss: 10. Dezember) entlastet ab 1. Januar 1999 die Versicherten u.a. durch Rückführung der Zuzahlungen und durch Aussetzen des „Notopfer Krankenhaus“ [RB: 9.11.1998; GE: 9.11.1998/ 2.12.1998; IKT: 1.1./ 29.12.1998, 1.1.1999; BGBl. I 1998 S. 3853]. 22. Dez. Die EZB beschließt die mit Beginn der Währungsunion geltenden Notenbankzinssätze. Der Hauptrefinanzierungszinssatz wird auf 3%, die Spitzenrefinanzierungsfazilität (SRF) auf 4,5% und der Zinssatz für die Einlagefazilität auf 2% festgelegt. Die Zinssätze für die Einlagefazilität und der für die SRF werden für einen Übergangszeitraum vom 4. Januar 1999 bis zum 21. Januar 1999 auf 2,75% bzw. 3,25% festgesetzt. 31. Dez. Der EU-Rat legt die Euro-Umrechnungskurse fest, zu denen die Währungen der elf teilnehmenden Mitgliedsstaaten durch den Euro ersetzt werden; 1 € entspricht demnach 1,95583 DM. 1999 1. Jan. Die dritte Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beginnt; die Zuständigkeit für die Geldpolitik geht auf die EZB über. Die beiden „Vorläufergesetze“ zum Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000/ 2002 treten in Kraft. Die Neuregelungen im Bereich der GKV und GRV werden wirksam. 4. Jan. Die Bundesregierung beschließt entsprechend dem Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt ein „Deutsches Stabilitätsprogramm“. Bei einem unterstellten Wachstum von 2,5 vH je Jahr soll der Anstieg der Staatsausgaben bis zum Jahr 2002 auf jährlich 2 vH begrenzt werden, so dass die Staatsquote um 3,5 Prozentpunkte auf unter 45 vH sinkt. 7. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten über die „Neuordnung des Finanzierungssystems der Europäischen Gemeinschaft“ vor. 264 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 19. Jan. Das Bundesverfassungsgericht gibt seinen Beschluss bekannt, dass auch zugunsten in ehelicher Gemeinschaft lebender Eltern Kinderbetreuungskosten sowie ein Haushaltsfreibetrag steuermindernd zu berücksichtigen sind, und verpflichtet den Gesetzgeber, die steuerliche Behandlung von Kindern spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2000 bzw. 2002 neu zu regeln [BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 10.11.1998, 2 BvR 1057/ 91]. 20. Jan. Die Bundesregierung beschließt den Bundeshaushalt 1999. Die Ausgaben steigen um 6,8 vH auf 488 Mrd. DM. Die Nettokreditaufnahme wird auf 56,2 Mrd. DM veranschlagt, das sind 0,2 Mrd. DM weniger als im Vorjahr. 28. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1999 vor. Sie rechnet darin für 1999 mit einem Wirtschaftswachstum von 2½ bis 3 vH, in den alten Ländern von 2½ bis 3 vH, in den neuen Ländern von 2 vH; einer Preissteigerung von 1½ vH, in den alten Ländern von 1 vH, in den neuen von 1½ vH und einem Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0 vH, in den alten Ländern von 0 vH, in den neuen Ländern einem Rückgang von 2 vH. 28. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 1999 vor. Sie erwartet für 1998 ein Wirtschaftswachstum von 2 vH, für die alten Länder von 2 vH, für die neuen von 2 bis 3½ vH; Preissteigerungen von 1 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. 3. März Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform“. Zum 1. April werden die Mineralölsteuer (um 6 Pf/ l für Benzin und Dieselkraftstoff, 4 Pf/ l für Heizöl und 0,32Pf/ kWh für Erdgas) angehoben und eine Stromsteuer (von 2 Pf/ kWh) eingeführt. Für das produzierende Gewerbe sind ermäßigte Steuertarife vorgesehen; energieintensive Unternehmen werden von den Erhöhungen befreit. Das Steuermehraufkommen von 8,4 Mrd. DM wird zur Senkung des Beitrages zur GKV um 0,8 Prozentpunkte auf 19,5 vH (ab 1. April) eingesetzt. Ziel ist eine Senkung der Sozialabgabenbelastung bis zum Ende der Legislaturperiode von 42,3 auf unter 40 vH [RB: 9.11.1998; GE: 17.11.1998/ 24.2.1999; IKT: 30.3./ 1.4.1999; BGBl. I 1999 S. 378]. 11. März Oskar Lafontaine tritt als Bundesfinanzminister und SPD-Parteivorsitzender zurück und legt sein Bundestagsmandat nieder. Bundeswirtschaftsminister Müller übernimmt kommissarisch die Leitung des Bundesministeriums der Finanzen. 19. März Der Bundesrat stimmt mehreren vom Bundestag (4. März) verabschiedeten Gesetzen zu: - Beim Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000/ 2002 fallen im Vergleich zum Gesetzentwurf die Entlastungen wegen einer Abschwächung einiger Gegenfinanzierungsmaßnahmen höher aus. Im Jahr 1999 wird mit geringem Mehraufkommen, in den Folgejahren mit Mindereinnahmen von 2,1 Mrd. DM in 2000, 0,6 Mrd. DM in 2001 und mit 20,5 Mrd. DM in 2002 gerechnet [RB: 9.11.1998; GE: 9.11.1998/ 2.12.1998/ 8.12.1998/ 2.3.1999; IKT: 1.1./ 1.4.1999; BGBl. I 1999 S. 402]. 1999 265 - Das „Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse“ hebt die Einkommenshöchstgrenze auf 630 DM monatlich an und ersetzt die Pauschalbesteuerung durch eine Beitragspflicht zur GKV und GRV von 12 bzw. 10 vH (Steuermindereinnahmen 1999: 1,4 Mrd. DM; 2000: 2,1 Mrd. DM; Mehreinnahmen der Sozialversicherungen in 1999: 3,3 Mrd. DM; 2000: 4,9 Mrd. DM) [RB: -; GE: 19.1.1999/ 1.3.1999; IKT: 1.4.1999; BGBl. I 1999 S. 388]. 24. März Angesichts der Zuspitzung des Kosovo- Konflikts verkündet Bundeskanzler Schröder die Beteiligung der Bundeswehr im Rahmen des militärischen Kampfeinsatzes der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Es ist die erste militärische Beteiligung Deutschlands an einem Kampfeinsatz seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. 8. April Die EZB senkt mit Wirkung vom 14. April den Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte (HRG) von 3,0 auf 2,5%. Außerdem werden mit Wirkung zum Folgetag die Zinssätze für die SRF von 4,5 auf 3,5% und für die Einlagefazilität von 2,0 auf 1,5% gesenkt. 12. April Infolge des Sieges bei der Landtagswahl in Hessen durch die CDU verliert die rotgrüne Bundesregierung ihre Bundesratsmehrheit. 15. April Der ehemalige Ministerpräsident Hessens, Hans Eichel (SPD), übernimmt das Amt des Bundesfinanzministers und wird im Bundestag vereidigt. 27. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1999 ein Wirtschaftswachstum von 1,7 vH, eine Preissteigerung von 0,7 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH. Für 2000 werden ein Wirtschaftswachstum von 2,6 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH prognostiziert. Für Westdeutschland werden für 1999 ein Wachstum von 1,7 vH, eine Preissteigerung von 0,7 vH, für 2000 ein Wachstum von 2,6 vH und eine Preissteigerung von 1,5 vH prognostiziert; für Ostdeutschland für 1999 ein Wachstum von 2,0 vH und eine Preissteigerung von 0,7 vH, für 2000 ein Wachstum von 2,6 vH und eine Preissteigerung von 1,5 vH. 28. April Der Bundesfinanzhof (BFH) stellt die Verfassungsmäßigkeit der Begünstigung von gewerblichen Einkünften im Einkommensteuergesetz in Frage und legt seinen Beschluss dem Bundesverfassungsgericht vor. Er sieht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darin, dass bei der Einkommensteuer der Höchstsatz für gewerbliche Einkünfte auf 45 vH begrenzt ist, während er bei anderen Einkunftsarten bis zu einem Steuersatz von 53 vH reicht. 6. Mai Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 1999. Gegenüber dem Entwurf sinkt das Haushaltsvolumen um 2,3 Mrd. DM auf 485,7 Mrd. DM; das Defizit sinkt um 2,7 Mrd. DM auf 53,5 Mrd. DM (1,4 vH des BIP) [RB: 20.1.1999; GE: 5.2.1999/ 22.4.1999; IKT: 1.1.1999; BGBl. I 1999 S. 1387]. 16. Juni Der Finanzplanungsrat bekräftigt seine Absicht zur dauerhaften Einhaltung der 266 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Maastricht-Kriterien und zum konsequenten Defizitabbau. Das Ausgabenwachstum der öffentlichen Haushalte soll mittelfristig auf 2 vH begrenzt werden. 18.-20. Juni In Köln findet der 25. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind die weltweite Finanzarchitektur und Verfahren zur Finanzkrisenvermeidung. 23. Juni Die Bundesregierung beschließt das „Zukunftsprogramm zur Sicherung von Arbeit, Wachstum und sozialer Stabilität“. Es enthält u.a. Einsparungen im Bundeshaushalt 2000 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2003 sowie die Rahmendaten für die Unternehmensbesteuerung und die nächsten Stufen der ökologischen Steuerreform: - Das Sparpaket hat einen Umfang in Höhe von (anfangs) 30 Mrd. DM; Schwerpunkte sind die Stabilisierung des Sozialstaats, der Subventionsabbau und die Straffung des Staatsapparats. - Finanzplanung bis 2003: Sie sieht vor, das Volumen des Sparpakets schrittweise auf 50 Mrd. DM zu erhöhen, die Ausgaben zu begrenzen und schrittweise die Nettokreditaufnahme zurückzuführen. - Zum 1. Januar 2001 soll die Körperschaftsteuer auf 25 vH gesenkt werden. Auch der im Betrieb verbleibende Gewinn von Einzelunternehmern und Personengesellschaften soll künftig nur mit 25 vH besteuert werden. Zur Begrenzung der Mindereinnahmen ist ein Abbau von Steuervergünstigungen geplant. Im Entstehungsjahr wird mit Entlastungen von 8 Mrd. DM gerechnet. - Die Steuersätze auf Kraftstoffe sollen im Rahmen der Fortsetzung der ökologischen Steuerreform in den kommenden 4 Jahren um jeweils 6 Pf/ l und der Steuersatz auf Strom um jeweils 0,5 Pf/ kWh angehoben werden. Die Mehreinnahmen betragen 5,1 Mrd. DM (2000), 10,5 Mrd. DM (2001), 15,8 Mrd. DM (2002) und 21,2 Mrd. DM (2003); sie werden überwiegend zur Anhebung des Bundeszuschusses an die GRV verwendet. 1. Sept. Ernst Welteke folgt Hans Tietmeyer als Bundesbankpräsident. 26. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 1999 ein Wirtschaftswachstum von 1,4 vH, eine Preissteigerung von 0,8 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH. Für 2000 werden ein Wachstum von 2,7 vH, ein Preisanstieg von 1,3 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH prognostiziert. 4. Nov. Die EZB erhöht mit Wirkung vom 10. November den Zins für HRG von 2,5 auf 3%. Die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungs- und Einlagefazilität werden mit Wirkung zum Folgetag von 3,5 auf 4% bzw. von 1,5 auf 2% erhöht. 11. Nov. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform“, wodurch die Nachfrage nach energiesparenden Produkten, die Entwicklung umweltfreundlicher Techniken sowie Senkung der Sozialversicherungsbeiträge erreicht werden soll. Hierfür werden Energieprodukte schrittweise verteuert: Anhebung der Mineralölsteuer auf Kraftstoffe um jährlich 6 Pf/ l bis zum Jahr 2003, steuerliche Förderung schwefelarmer Kraftstoffe und Anhebung der Stromsteuer um jährlich 0,5 Pf/ kWh bis 2003 [RB: 25.8. 1999; GE: 29.9.1999/ 5.11.1999; IKT: 23.12. 1999 267 1999, 1.1.2000; BGBl. I 1999 S. 2432, BGBl. I 2000 S. 440]. Das Bundesverfassungsgericht verkündet sein Urteil zum Länderfinanzausgleich. Zwar hält es das Finanzausgleichsgesetz unter bestimmten Voraussetzungen für anwendbar, verlangt jedoch, dass bis spätestens 2005 neue Regeln in Kraft treten [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 11.11.1999, 2 BvF 2/ 98]. 12. Nov. Der Bundestag verabschiedet das Haushaltssanierungsgesetz. Die Entlastung des Bundes wird mit der vorgesehenen Begrenzung der Besoldungsausgaben auf 12,8 Mrd. DM in 2000, 16,7 Mrd. DM in 2001, 16,4 Mrd. DM in 2002 und 14,1 Mrd. DM in 2003 veranschlagt. Es sieht u.a. eine Verkürzung des Zivildienstes von 13 auf 11 Monate, Reduzierung der Aufwendungen für die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, Abbau von Subventionen im Agrarbereich, Kürzungen bei der Arbeitslosenhilfe und Senkung des zusätzlichen GRV-Bundeszuschusses vor [RB: 25.8.1999; GE: 31.8.1999/ 3.11.1999; IKT: 1.1./ 1.10.1999, 1.1./ 1.7./ 1.10.2000, 1.1.2001, 1.1.2002; BGBl. I 1999 S. 2534]. 15. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 1999/ 2000 vor. Er prognostiziert für 1999 ein Wirtschaftswachstum von 1,4 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH. Für 2000 werden ein Wachstum von 2,7 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH prognostiziert. 18. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Offene Medienordnung“ vor. 24. Nov. Nach Initiative von Bundeskanzler Schröder werden für das größte deutsche Bauunternehmen, die Philipp Holzmann AG, Rettungsmaßnahmen verkündet, um eine drohende Insolvenz abzuwenden. Neben Übergangskrediten von Banken in Höhe von 1 Mrd. DM ist auch eine Bundesbürgschaft von 0,25 Mrd. DM vorgesehen. 26. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 2000. Die Ausgaben verringern sich um 1,4 vH auf 478,8 Mrd. DM. Die Neuverschuldung wird auf 49,5 Mrd. DM veranschlagt [RB: -; GE: 13.8.1999/ 11.11.1999; IKT: 1.1.2000; BGBl. I 1999 S. 2561]. 1. Dez. Die Bundesregierung beschließt die Aktualisierung des Deutschen Stabilitätsprogramms. Das mittelfristige Defizitziel von 1 vH des BIP wird demnach bereits im Jahr 2001 erreicht und mit 0,5 vH im Jahr 2003 unterschritten. Die Schuldenstandsquote des Staates soll auf 58 vH im Jahr 2003 zurückgeführt werden. Darüber hinaus strebt die Bundesregierung einen vollständigen Haushaltsausgleich des Bundes bis spätestens 2006 an. 2. Dez. Die EZB legt den Referenzwert für das Geldmengenwachstum 2000 fest. Danach soll M3 wiederum um 4,5 vH steigen. 16. Dez. Der Bundestag verabschiedet gemäß der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses das „Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000“, mit dem die Beiträge bei Aufrechterhaltung eines hohen Leistungsni- 268 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland veaus stabilisiert werden sollen. Es sieht u.a. eine Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung, Stärkung der Funktion des Hausarztes, Verbesserung der zahnmedizinischen Versorgung, Entwicklung einer Positivliste für Arzneimittel, Förderung der Rehabilitation und Einführung eines Globalbudgets zur Stabilisierung der Beitragssätze vor [RB: 23.6.1999; GE: 23.6.1999/ 3.11.1999/ 15.12.1999; IKT: 1.1./ 1.7.2000, 1.1.2006; BGBl. I 1999 S. 2626]. 17. Dez. Der Bundesrat und der Bundestag (16. Dezember) verabschieden mehrere Gesetze in den Kompromissfassungen des Vermittlungsausschusses: - Das „Gesetz zur Verbesserung der Familienförderung“ sieht in Reaktion auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 10. November 1998 u.a. eine Neuregelung des Familienleistungsausgleichs vor: Einführung eines Betreuungsfreibetrags für jedes Kind bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres in Höhe von 3 024 DM für ein Elternpaar, Anhebung des Kindergelds für das erste und zweite Kind auf 270 DM, Einführung eines Betreuungsfreibetrages von 1 080 DM und eines Kindergeldes von 30 DM für behinderte volljährige Kinder, Anrechnung des erhöhten Kindergelds auch auf die steuerliche Wirkung des Betreuungsfreibetrags. Zum Ausgleich für die ab 1. Januar 2000 geltende Kindergelderhöhung steigt der Länderanteil an der Umsatzsteuer um 0,25 vH auf 49,75 vH [RB: 25.8.1999; GE: 29.9.1999/ 27.10.1999/ 15.12.1999; IKT: 1.1.2000; BGBl. I 1999 S. 2552]. - Das Steuerbereinigungsgesetz 1999 sieht u.a. eine Steuer- und Abgabenfreiheit für ehrenamtliche Tätigkeit bis zur Höhe von 3 600 DM, Steuerfreiheit der Sammelbeförderung zur Arbeitsstätte bei sämtlichen Beförderungsmitteln, Modifizierung der Absetzbarkeit von Schuldzinsen als Betriebsausgaben und eine Neuregelung der Investitionszulage vor [RB: 25.8.1999; GE: 27.9. 1999/ 10.11.1999/ 15.12.1999; IKT: 1.1.1998, 1.1./ 30.12.1999, 1.1.2000; BGBl. I 1999 S. 2601]. 21. Dez. Die Bundesregierung kündigt die „Steuerreform 2000“ an, die die Reform des Einkommensteuertarifs in den Jahren 2001, 2003 und 2005 sowie die Unternehmenssteuerreform umfasst. Durch Senkung des Einkommensteuertarifs sollen die Steuerzahler bis 2005 rascher und umfassender entlastet werden als bislang geplant. Die ursprünglich für 2002 vorgesehene erste Tarifsenkung wird vorgezogen, die zweite Stufe mit Entlastungen von 13,1 Mrd. DM tritt 2003 in Kraft; die dritte Stufe 2005 mit einer Entlastung von 21,1 Mrd. DM. Die Unternehmenssteuerreform sieht eine Entlastung von Kapitalgesellschaften von 17,5 Mrd. DM und von Personengesellschaften in Höhe von 15 Mrd. DM vor. Demnach sollen der Einbehaltungssatz der Körperschaftsteuer von 40 vH auf 25 vH gesenkt, der Ausschüttungssatz von 30 auf 25 vH verringert und das Anrechnungsverfahren durch das Halbeinkünfteverfahren ersetzt werden. Für Personengesellschaften sollen vergleichbare Bedingungen geschaffen werden. Um den verschiedenen Unternehmensformen Rechnung zu tragen, werden den Unternehmen alternative Besteuerungsverfahren zur Auswahl gestellt. Die Gegenfinanzierung u.a. über die Abschaffung der Tarifbegrenzung nach § 32c EStG und die Senkung der degressiven Abschreibung liefert ein Mehraufkommen von 20,7 Mrd. DM. Damit ergibt sich durch die Reform der Unternehmensbesteuerung eine Nettoentlastung von 11,8 Mrd. DM. Die Jahre 2000-2009 2000 1. Jan. Die zweite Stufe des Steuerentlastungsgesetzes 1999/ 2000/ 2002 tritt in Kraft. Dadurch sinkt der Eingangssteuersatz bei der Einkommensteuer von 23,9 auf 22,9 vH und der Spitzensteuersatz von 53 auf 51 vH; der Grundfreibetrag steigt von 13 067 DM auf 13 499 DM. Ferner treten die erweiterte Familienförderung, die zweite Stufe der „ökologischen Steuerreform“ sowie das Haushaltssanierungsgesetz in Kraft. Der Beitragssatz in der GRV sinkt um 0,2 Prozentpunkte auf 19,3 vH. 17. Jan. Der Leitkurs der Griechischen Drachme im WKM II wird um 3,5 vH erhöht. 26. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2000 vor. Sie erwartet darin für 2000 ein Wirtschaftswachstum von 2½ vH, eine Preissteigerung von 1 bis 1½ vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. 1. Febr. Die Bundesregierung legt ein um die Auswirkungen der geplanten Steuerreform aktualisiertes Deutsches Stabilitätsprogramm vor; darin erwartet sie bei stärkerem Wirtschaftswachstum einen vorübergehenden Anstieg der Defizitquote um 0,5 Prozentpunkte auf 1,5 vH im Jahr 2001 und einen unveränderten Zielwert von 0,5 vH für 2003. 3. Febr. Die EZB erhöht mit Wirkung vom 9. Februar den Zinssatz für die HRG von 3,0 auf 3,25%. Außerdem werden mit Wirkung zum Folgetag die Zinssätze für die SRF von 4,0 auf 4,25% und für die Einlagefazilität von 2,0 auf 2,25% erhöht. 9. Febr. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum „Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz)“. Danach soll zum einem der Einkommensteuertarif in drei Schritten gesenkt werden. In der ersten Stufe wird die im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/ 2000/ 2002 ursprünglich erst für 2002 vorgesehene Tarifsenkung um ein Jahr vorgezogen. Die zweite Stufe mit Entlastungen von 13,3 Mrd. DM wird im Jahr 2003 in Kraft treten: Der steuerliche Grundfreibetrag soll auf 14 525/ 29 050 DM (Ledige/ Verheiratete) angehoben, der Eingangssteuersatz von 19,9 auf 17 vH und der Spitzensteuersatz von 48,5 auf 47 vH gesenkt werden. Die dritte Stufe mit einer Entlastung von 21,1 Mrd. DM ist für das Jahr 2005 vorgesehen: Dabei werden der Grundfreibetrag auf 15 011/ 30 022 DM angehoben, der Eingangssteuersatz auf 15 vH, der Spitzensteuersatz auf 45 vH gesenkt und die Progression durchgehend abgeflacht. Zum anderen ist eine Unternehmenssteuerreform geplant. Sie soll vor allem eine Senkung der Körperschaftsteuersätze auf einheitlich 25 vH, den Ersatz des bisherigen körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens durch ein Halbeinkünfteverfahren, die Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen der Kapitalgesellschaften aus Beteiligungen, für die Einzelunternehmen und Personengesellschaften eine pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer bzw. alternativ eine Optionsmöglichkeit der Körperschaftsteuer sowie - als 270 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland wichtigsten Gegenfinanzierungsposten - eine erhebliche Einschränkung der bisherigen steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten umfassen. 9. März Die griechische Regierung beantragt die Aufnahme in die Europäische Währungsunion zum 1. Januar 2001. 16. März Die EZB erhöht mit Wirkung vom 22. März den Zinssatz für die HRG von 3,25 auf 3,5%. Mit Wirkung zum Folgetag werden die Zinssätze für die SRF von 4,25 auf 4,5% und für die Einlagefazilität von 2,25 auf 2,5% angehoben. 18. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2000 ein Wirtschaftswachstum von 2,8 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH, und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,4 vH. Für 2001 werden ein Wachstum von 2,8 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH prognostiziert. 27. April Die EZB erhöht mit Wirkung vom 4. Mai den Zinssatz für die HRG von 3,5 auf 3,75%. Mit Wirkung zum Folgetag werden die Zinssätze für die SRF von 4,5 auf 4,75% und für die Einlagefazilität von 2,5 auf 2,75% erhöht. 26.-27. Mai Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Aktuelle Formen des Kooperatismus“ vor. 8. Juni Die EZB erhöht mit Wirkung zum Folgetag die Zinssätze für die SRF von 4,75 auf 5,25% und für die Einlagefazilität von 2,75 auf 3,25%. Außerdem erhöht sie für die am 15. und 21. Juni abzuwickelnden Geschäfte den Zinssatz für die HRG von 3,75 auf 4,25%; beginnend mit dem Geschäft am 28. Juni werden die HRG des Eurosystems als Zinstender durchgeführt. 19.-20. Juni Der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der EU (Ecofin-Rat) stellt fest, dass Griechenland die Kriterien für den Euro erfüllt, und beschließt den Beitritt Griechenlands zur Europäischen Währungsunion zum 1. Januar 2001. 21. Juni Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2001 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2004. - Bundeshaushalt 2001: Die Ausgaben werden mit 478,7 Mrd. DM um 0,1 Mrd. DM unter dem Soll 2000 festgelegt, die Nettokreditaufnahme wird auf 46,1 Mrd. DM veranschlagt. - Finanzplanung bis 2004: Der Anstieg der Ausgaben soll eng begrenzt werden; nach Konstanz im Jahr 2002 sind in den Jahren 2003 und 2004 Zuwächse von jeweils 1,5 vH vorgesehen. Die Nettokreditaufnahme wird auf 41,2 Mrd. DM (2002), 30,4 Mrd. DM (2003) und 20 Mrd. DM (2004) festgelegt. 1. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten zu „Reformen der europäischen Kartellpolitik“ vor. 11. Juli Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Riester, erlässt eine „Verordnung 2000 271 über die Arbeitsgenehmigung für hochqualifizierte ausländische Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie“ (Green-Card-Initiative). Damit wird ab 1. August die Voraussetzung dafür geschaffen, dass bis 31. Juli 2003 für bis zu 20 000 ausländische IT-Fachkräfte eine auf fünf Jahre befristete Arbeitserlaubnis erteilt werden kann [RB: 31.5.2000; VE: -; IKT: 1.8.2000; BGBl. I 2000 S. 1146]. 14. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Gesetz zur Errichtung einer Stiftung ‚Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘“ (BT-Beschluss: 6. Juli) stellen sowohl die deutsche Wirtschaft als auch die öffentliche Hand den NS- Zwangsarbeitern jeweils 5 Mrd. DM als Entschädigung zur Verfügung [RB: -; GE: 26.5.2000/ 30.6.2000; IKT: 12.8.2000; BGBl. I 2000 S. 1263]. - Das Steuersenkungsgesetz (BT-Beschluss: 6. Juli; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) sieht in den Folgejahren Entlastungen von 44,7 Mrd. DM (2001), 19,9 Mrd. DM (2002), 31,6 Mrd. DM (2003) und 30,7 Mrd. DM (2004) vor [RB: -; GE: 30.3.2000/ 10.5.2000/ 4.7.2000; IKT: 27.10.2000, 1.1.2001, 1.1.2002; BGBl. I 2000 S. 1433]. 21.-23. Juli In Okinawa (Japan) findet der 26. Weltwirtschaftsgipfel statt. Diskutiert werden u.a. die internationale Finanzarchitektur und Auswirkungen der „IT-Revolution“ auf die Volkswirtschaften der G7-Länder. 17. Aug. Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post erzielt aus der Versteigerung (31. Juli bis 17. August) von Frequenzblöcken des neuen Mobilfunkstandards (UMTS-Lizenzen) 99,4 Mrd. DM. Die Bundesregierung beschließt, die Erlöse aus der Versteigerung zum Schuldenabbau zu verwenden. Die Zinsersparnisse sollen zur Finanzierung von Infrastruktur- und Bildungsmaßnahmen verwendet werden. 31. Aug. Die EZB erhöht mit Wirkung vom 6. September den Zinssatz für die HRG von 4,25 auf 4,5%. Mit Wirkung zum Folgetag werden die Zinssätze für die SRF von 5,25 auf 5,5% und für die Einlagefazilität von 3,25 auf 3,5% erhöht. 22. Sept. Die EZB führt mit den Währungsbehörden der Vereinigten Staaten, Japans, des Vereinigten Königreichs und Kanadas eine konzertierte Devisenmarktintervention zur Stützung des Euro durch. 5. Okt. Die EZB erhöht mit Wirkung vom 11. Oktober den Zinssatz für HRG von 4,5 auf 4,75%. Mit Wirkung zum Folgetag werden die Zinssätze für die SRF von 5,5 auf 5,75% und für die Einlagefazilität von 3,5 auf 3,75% erhöht. 11. Okt. Die Bundesregierung legt das aktualisierte Deutsche Stabilitätsprogramm vor. Danach soll das staatliche Budgetdefizit nach dem steuerreformbedingten Anstieg auf 1½ vH im Jahr 2001 durch strikte Ausgabenbegrenzung schrittweise zurückgeführt und im Jahr 2004 ein ausgeglichener Gesamthalthaushalt erreicht werden; bei der Schuldenstandsquote wird ein Rückgang von 58 vH (2001) - im vorangegangenen Stabilitätsprogramm waren noch 60½ vH zugrunde gelegt worden - auf 54½ vH (2004) erwartet. 272 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 24. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2000 ein Wirtschaftswachstum von 3,0 vH, eine Preissteigerung von 1 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,6 vH. Für 2001 werden ein Wachstum von 2,7 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,0 vH prognostiziert. 10. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2000/ 01 vor. Er prognostiziert für 2000 ein Wirtschaftswachstum von 2,8 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 1,6 vH. Für 2001 werden ein Wachstum von 3,0 vH, eine Preissteigerung von 3,7 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 1,0 vH prognostiziert. 15. Nov. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz - AVmG). Ziel der Reform ist es, die „Rentenversicherung auch langfristig für die jüngere Generation bezahlbar zu erhalten und ihr im Alter einen angemessenen Lebensstandard zu sichern“. Um ein Rentenniveau von 64 vH bis zum Jahr 2020 bei einem Beitragssatz von 20 vH und bis zum Jahr 2030 bei einem Satz von 22 vH zu sichern, soll ein Ausgleichsfaktor in die Rentenberechnungsformel eingeführt werden. Um diesen Faktor werden die Rentenansprüche der Neurentner pauschal gekürzt; die Abschläge steigen von 0,3 vH (2011) bis auf 6 vH (2030). Ferner soll über staatliche Zulagen und steuerliche Entlastungen der Aufbau einer zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge ab 2002 bei den Rentenversicherungspflichtigen gefördert werden, die zunächst 1 vH des Bruttoeinkommens hierfür aufwenden („Riester-Rente“); bis 2008 soll dieser Vorsorgebeitrag - alle 2 Jahre um 1 Prozentpunkt steigend - auf 4 vH angehoben werden. Die Zulage wird von 2002 bis 2008 schrittweise gesteigert: 2008 beträgt sie für Alleinstehende 300 DM, für Verheiratete 600 DM und für jedes Kind 360 DM pro Jahr (Mindereinnahmen: von 0,1 Mrd. DM (2001) bzw. 0,5 Mrd. DM (2002) auf 15,2 Mrd. DM (2008) steigend). 16. Nov. Der Bundestag verabschiedet das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz). Danach haben Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten erstmalig Anspruch auf Teilzeitarbeit, sofern dem nicht dringende betriebliche Gründe entgegenstehen [RB: -; GE: 24.10.2000/ 15.11.2000; IKT: 1.1.2001; BGBl. I 2000 S. 1966]. 1. Dez. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 2001. Danach vermindern sich die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr um 1,7 Mrd. DM auf 477 Mrd. DM; die Neuverschuldung wird auf 43,7 Mrd. DM veranschlagt [RB: -; GE: 18.8.2000/ 16.11.2000; IKT: 1.1.2000; BGBl. I 2000 S. 1920]. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Steuersenkungsergänzungsgesetz (BT-Beschluss: 10. November) sieht u.a. die weitere Senkung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer auf 42 vH zum 1. Januar 2005 vor (Mindereinnahmen: von 1 Mrd. DM (2001) auf 6,8 Mrd. DM (2006) steigend) [RB: 30.8.2000; GE: 6.10.2000/ 8.11.2000; IKT: 1.1.2001; BGBl. I 2000 S. 1812]. - Das „Gesetz zur Gewährung eines einmaligen Heizkostenzuschusses“ (BT- Beschluss: 16. November) ist Aus- 2000/ 2001 273 gleichsmaßnahme zur sozialen Abfederung des starken Ölpreisanstiegs. Empfängern von Wohngeld, BAföG und Sozialhilfe wird für die Heizperiode 2000/ 2001 ein einmaliger Heizkostenzuschuss von 5 DM je Quadratmeter Wohnfläche gewährt (Haushaltsbelastung 2001: 1,1 Mrd. DM, 2002: 0,3 Mrd. DM) [RB: 27.9.2000; GE: 26.10.2000/ 15.11.2000; IKT: 24.12.2000; BGBl. I 2000 S. 1846]. 14. Dez. Die EZB beschließt, den Referenzwert für das Geldmengenwachstum von M3 bei 4,5 vH zu belassen. 15. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Freizügigkeit und Soziale Sicherung in Europa“ vor. 21. Dez. Der Bundesrat und der Bundestag (8. Dezember) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale“. Es stellt neben dem Heizkostenzuschuss eine weitere Ausgleichsmaßnahme zur sozialen Abfederung des starken Ölpreisanstiegs dar. Hierfür wird die Kilometerpauschale für Berufspendler von 70 Pf (bzw. 33 Pf) je Entfernungskilometer in eine von der Art des Verkehrsmittels unabhängige Entfernungspauschale von 0,80 DM je Kilometer (0,70 DM für die ersten zehn Kilometer) umgewandelt. Höchstens 10 000 DM können geltend gemacht werden (Mindereinnahmen 2001: 2,0 Mrd. DM; 2002: 1,8 Mrd. DM; 2003: 1,8 Mrd. DM) [RB: 27.9.2000; GE: 26.10.2000/ 15.11.2000/ 7.12.2000; IKT: 1.1.2001; BGBl. I 2000 S. 1918]. 2001 1. Jan. Die erste Stufe der „Steuerreform 2000“, die dritte Stufe der „ökologischen Steuerreform“, die Änderung der Entfernungspauschale sowie die Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer für Fahrzeuge mit relativ hohem Schadstoffausstoß treten in Kraft. Der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung wird um 0,2 Prozentpunkte auf 19,1 vH gesenkt. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz tritt in Kraft. Griechenland tritt dem Euro-System als zwölfter Teilnehmer bei. 26. Jan. Der Bundestag beschließt das „Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz)“. Das Gesetz umfasst den nicht zustimmungspflichtigen Teil der am 15. November 2000 beschlossenen Rentenreform. Sie umfasst insbesondere folgende Maßnahmen: - Um bis zum Jahr 2020 einen Beitragssatz von unter 20 vH und bis zum Jahr 2030 einen von nicht über 22 vH zu sichern, wird der Anstieg der Renten im Rahmen des Umlageverfahrens für gegenwärtige wie für künftige Rentner ab dem Jahr 2003 durch Änderung der Rentenformel verringert. - Mit der modifizierten Nettoanpassung der Renten soll sichergestellt werden, dass die Rentner am Wachstum der Wirtschaft beteiligt bleiben; Veränderungen der Abgabenbelastung, die nicht die Alterssicherung betreffen, bleiben künftig bei der Rentenanpassung unberücksichtigt. - Über Zulagen und steuerliche Entlastungen (Sonderausgabenabzug) wird ab 274 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 2002 der Aufbau einer zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge bei den Versicherungspflichtigen gefördert, die hierfür bis zu 1 vH der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung aufwenden können; bis 2008 soll der Vorsorgebeitrag - alle 2 Jahre um 1 Prozentpunkt steigend - auf 4 vH angehoben werden. Im gleichen Zeitraum wird die Grundzulage von rund 75 DM auf 300 DM pro Jahr, die Kinderzulage von 90 DM auf 360 DM pro Jahr erhöht (Mindereinnahmen: von 0,1 Mrd. DM (2001) bzw. 0,6 Mrd. DM (2002) auf 15,2 Mrd. DM (2008) steigend) [RB: 15.11.2000; GE: 12.1.2001/ 24.1.2001; IKT: 23.12.1995, 1.1./ 27.3.2001, 1.1.2002; BGBl. I 2001 S. 403]. 31. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2001 vor. Sie erwartet darin für 2001 ein Wirtschaftswachstum von 1 bis 1½ vH, Preissteigerungen von 1½ vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 1 bis 1½ vH. 3. April Das Bundesverfassungsgericht hält es für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, dass in der gesetzlichen Pflegeversicherung Mitglieder, die Kinder erziehen und damit einen konstitutiven generativen Beitrag zur Zukunftssicherung des Umlagesystems leisten, mit dem gleichen Beitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden, da dies „zu erkennbarem Ungleichgewicht zwischen dem Gesamtbeitrag der Eltern (Kindererziehung und Geldbeitrag) und dem Geldbetrag der Kinderlosen führt“. Die hieraus resultierende Benachteiligung ist im Beitragsrecht bis zum 31. Dezember 2004 auszugleichen. Außerdem soll die Bundesregierung bis Ende 2004 die Bedeutung dieser Entscheidung auch für andere Zweige der Sozialversicherung prüfen [BVerfG, Urteil des Ersten Senats v. 3.4.2001, 1 BvR 1629/ 94]. 10. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2001 ein Wirtschaftswachstum von 2,1 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,9 vH. Für 2002 werden ein Wachstum von 2,2 vH, eine Preissteigerung von 2,4 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH prognostiziert. 10. Mai Die EZB senkt mit Wirkung vom 15. Mai den Mindestbietungssatz für die HRG um 0,25 Prozentpunkte auf 4,5%. Außerdem werden die Zinssätze für die SRF von 5,75 auf 5,5% und für die Einlagenfazilität von 3,75 auf 3,5% herabgesetzt. 11. Mai Der Bundestag und der Bundesrat verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Altersvermögensgesetz. Es beinhaltet den zustimmungspflichtigen Teil der am 15. November 2000 beschlossenen Rentenreform, wodurch neben dem umlagefinanzierten Rentensystem eine kapitalgedeckte (staatlich geförderte) Altersversorgung eingeführt wird, um die im ersten Teil der Rentenreform umgesetzte Absenkung des Rentenniveaus auszugleichen. Als förderfähige Anlagemöglichkeiten gelten u.a. zertifizierte klassische wie fondsgebundene Rentenversicherungen, Fondssparpläne, Banksparpläne und Bausparverträge. Daneben ist auch eine Förderung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge möglich [RB: 15.11.2000; GE: 14.11.2000/ 12.1.2001/ 24.1.2001/ 9.5.2001; IKT: 1.1.1998, 1.1./ 30.6./ 1.8.2001, 1.1.2002, 1.1.2003, 1.1.2004, 1.1.2009; BGBl. I 2001 S. 1310]. 2001 275 31. Mai Die Bundesregierung beschließt Eckpunkte einer Reform der Arbeitsförderung, insbesondere der arbeitsmarktpolitischen Instrumente. So sollen u.a. die Arbeitsämter in Zukunft verpflichtet sein, jedem Arbeitslosen auf der Basis seiner Qualifikationen und seiner Fähigkeiten einen verbindlichen Eingliederungsplan anzubieten. Ferner sollen die berufliche Aus- und Weiterbildung betriebsnäher gefördert und vor allem der Einstieg von Jugendlichen ins Erwerbsleben unterstützt werden. 13. Juni Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2002 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2005. - Bundeshaushalt 2002: Die Ausgaben steigen im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 vH auf 484,7 Mrd. DM, die Nettokreditaufnahme wird auf 41,2 Mrd. DM veranschlagt - nach 43,7 Mrd. DM im Jahr 2001. - Finanzplanung 2002: Der durchschnittliche Anstieg der Ausgaben soll bis 2005 auf jährlich 0,8 vH begrenzt werden. Die Nettokreditaufnahme wird auf 30,4 Mrd. DM (2003), 19,9 Mrd. DM (2004) und 9,8 Mrd. DM (2005) festgelegt. 22. Juni Der Bundestag beschließt die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, die die Mitbestimmung insbesondere in kleinen und mittleren Betrieben stärken soll. Das Gesetz sieht u.a. vor, Mandate und Freistellungen zu erhöhen sowie die Zuständigkeit des Betriebsrats z.B. auf die Beschäftigungssicherung und Qualifizierung auszuweiten [RB: -; GE: 2.4.2001/ 20.6.2001; IKT: 28.7.2001; BGBl. I 2001 S. 1852]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (18. Mai) verabschiedeten „Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe“ zu. Es sieht u.a. die Einführung einer Abzugsteuer für inländische Bauauftraggeber vor [RB: -; GE: 16.11.2000/ 16.5.2001; IKT: 7.9.2001; BGBl. I 2001 S. 2267]. 7. Juli Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wettbewerbspolitik für den Cyberspace“ vor. 13. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch ein „Zweites Gesetz zur Familienförderung“ (BT-Beschluss: 6. Juli) werden Familien von 2002 an um 4,6 Mrd. DM (per Saldo) je Jahr entlastet. Danach werden u.a. das Kindergeld für das erste und das zweite Kind von 270 DM auf 301,20 DM (154 €) angehoben (Mehrausgaben: 5,95 Mrd. DM), der steuerliche Kinderfreibetrag auf knapp 7 135 DM (3 648 €) aufgestockt und der bisherige Betreuungsfreibetrag von 3 024 DM um eine Erziehungskomponente von 1 200 DM auf knapp 4 225 DM (2 160 €) erhöht (Mindereinnahmen: 1,2 Mrd. DM); zur Teilfinanzierung werden u.a. Ausbildungsfreibeträge reduziert (Mehreinnahmen: 0,9 Mrd. DM) und der Haushaltsfreibetrag bis 2005 in drei Stufen abgebaut (1,8 Mrd. DM) [RB: -; GE: 25.6.2001/ 4.7.2001; IKT: 1.1.2000, 1.1.2002; BGBl. I 2001 S. 2074]. - Das „Gesetz über verfassungskonkretisierende allgemeine Maßstäbe für die Verteilung des Umsatzsteueraufkommens, für den Finanzausgleich unter den Ländern sowie für die Gewährung von Bundesergänzungszuweisungen“ (BT-Beschluss: 5. Juli) konkretisiert u.a. die verfassungsrechtlichen Zuteilungs- und Ausgleichsprinzipien durch allgemeine, abstrakte und auf Langfristigkeit 276 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland angelegte Maßstäbe, die die Grundlage für das bis spätestens 2005 neu zu regelnde Finanzausgleichsgesetz schaffen [RB: -; GE: 7.5.2001/ 2.7.2001; IKT: 13.9.2001; BGBl. I 2001 S. 2302]. - Das „Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (BT- Beschluss: 6. Juli) ermächtigt das Bundesgesundheitsministerium bis zum 31. Dezember 2003, Festbeträge für Arzneimittel durch Rechtsverordnung festzusetzen und anzupassen (Minderausgaben: 0,65 Mrd. DM) [RB: -; GE: 14.5. 2001/ 4.7.2001; IKT: 3.8.2001; BGBl. I 2001 S. 1948]. 20.-22. Juli In Genua (Italien) findet der 27. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind die Armutsbekämpfung, die Weltwirtschaftslage und der globale Klimaschutz. 17. Aug. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts. Er sieht Erleichterungen für die Umstrukturierungen insbesondere von mittelständischen Personenunternehmen vor und richtet das Steuerrecht stärker an den internationalen Verflechtungen der Wirtschaft aus. Kernpunkt des Entwurfs ist die Einführung einer steuerfreien Reinvestitionszulage, um mittelständischen Unternehmen die Umstrukturierung des Beteiligungsbesitzes zu erleichtern (Mindereinnahmen: 150 Mill. €); damit können Unternehmen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einer Höhe von 50 000 € steuerneutral parken, wenn sie diese innerhalb von zwei Jahren in Beteiligungen und bewegliche Wirtschaftsgüter oder innerhalb von vier Jahren in Gebäude reinvestieren. Zudem werden Umstrukturierungshindernisse durch die Grunderwerbsteuer beseitigt. Die Haushaltswirkungen insgesamt werden auf 0,2 Mrd. € (2002), -0,3 Mrd. € (2003), -0,7 Mrd. € (2004) und -0,6 Mrd. € (2005) veranschlagt. Die Bundesregierung beschließt das Programm zum „Stadtumbau Ost“. Damit werden zur Sicherung einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung und zur Konsolidierung der Wohnungswirtschaft in den neuen Bundesländern über acht Jahre insgesamt 2 Mrd. DM zur Verfügung gestellt. 30. Aug. Die EZB senkt mit Wirkung zum Folgetag den Mindestbietungssatz für die HRG um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25%. Außerdem werden die Zinssätze für die SRF von 5,5 auf 5,25% und für die Einlagenfazilität von 3,5 auf 3,25% gesenkt. 11. Sept. In den Vereinigten Staaten werden vom islamistischen Terrornetzwerk al-Qaida mehrere Anschläge verübt, rd. 3 000 Menschen kommen dabei ums Leben. 17. Sept. Die EZB senkt mit Wirkung vom 19. September den Mindestbietungssatz für die HRG um 0,5 Prozentpunkte auf 4,25%. Außerdem werden die Zinssätze für die SRF von 5,25 auf 4,75% und für die Einlagenfazilität von 3,25 auf 2,75% gesenkt. 23. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2001 ein Wirtschaftswachstum von 0,7 vH, eine Preissteigerung von 2,0 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH. Für 2002 werden ein Wachstum von 1,3 vH, ein Preisanstieg von 1,3 vH und eine Stagnation der Zahl der Erwerbstätigen prognostiziert. 2001 277 8. Nov. Die EZB senkt mit Wirkung vom 14. November den Mindestbietungssatz für die HRG um 0,5 Prozentpunkte auf 3,75%. Außerdem werden die Zinssätze für die SRF von 4,75 auf 4,25% und für die Einlagenfazilität von 2,75 auf 2,25% gesenkt. 9. Nov. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das „Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente“ ersetzt die bislang vorwiegend reaktive Ausrichtung der Maßnahmen durch präventive Ansätze [RB: -; GE: 24.9.2001/ 7.11.2001; IKT: 15.12.2001, 1.1./ 2.1.2002, 1.1.2003, 1.1.2004; BGBl. I 2001 S. 3443]. - In Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September werden durch das „Gesetz zur Finanzierung der Terrorbekämpfung“ im Bundeshaushalt 2002 rd. 1,5 Mrd. € zusätzlich zur Verfügung gestellt. Die Tabaksteuer wird - anders als im Regierungsbeschluss vom 19. September geplant - in zwei Schritten zum 1. Januar 2002 bzw. 2003 um jeweils 1 Cent je Zigarette erhöht, die Versicherungsteuer wird wie geplant in einem Schritt zum 1. Januar 2002 um 1 Prozentpunkt angehoben (veranschlagte Mehreinnahmen: 1 Mrd. € bzw. 0,5 Mrd. €) [RB: 19.9.2001; GE: 9.10.2001/ 7.11.2001; IKT: 1.1.2002; BGBl. I 2001 S. 3436]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (18. Oktober) verabschiedeten „Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets“ zu. Die Vorgaben zur Verringerung der Gesamtvergütung wegen Überschreitung der Budgets (Kollektivregress) werden rückwirkend aufgehoben, die Ausgaben im Arznei- und Heilmittelbereich künftig statt durch staatliche Verordnungen direkt von Krankenkassen und Ärzteverbänden geregelt [RB: -; GE: 19.6.2001/ 17.10.2001; IKT: 31.12.2001; BGBl. I 2001 S. 3773]. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2001/ 02 vor. Er prognostiziert für 2001 ein Wirtschaftswachstum von 0,6 vH, eine Preissteigerung von 1,7 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH. Für 2002 werden ein Wachstum von 0,7 vH, eine Preissteigerung von 1,2 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH prognostiziert. 29. Nov. Der Bundestag beschließt, zur Stabilisierung des Beitragssatzes der GRV deren Schwankungsreserve von einer auf 0,8 Monatsausgaben zu senken. Hierdurch wird der Bund beim allgemeinen Bundeszuschuss um 0,5 Mrd. € und bei den Beiträgen für Kindererziehungszeiten um 0,2 Mrd. € entlastet [RB: -; GE: 6.11.2001; IKT: 1.1.2002; BGBl. I 2001 S. 4010]. 30. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 2002. Danach steigen die Ausgaben gegenüber dem Soll des Haushalts 2001 um 1,5 vH auf 247,5 Mrd. €. Die Nettokreditaufnahme wird trotz der konjunkturbedingten Haushaltsbelastungen sowie der Mehrausgaben für innere und äußere Sicherheit (1,5 Mrd. €) mit 21,1 Mrd. € so hoch veranschlagt wie im Regierungsentwurf vom 13. Juni 2001; konjunkturbedingte Mindereinnahmen werden durch höhere Privatisierungserlöse ausgeglichen [RB: 13.6.2001; GE: 17.8.2001/ 15.11.2001; IKT: 1.1.2002; BGBl. I 2001 S. 3964]. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das Steueränderungsgesetz 2001 (BT-Beschluss: 9. November) werden u.a. steuerrechtliche Vorschriften vereinfacht und auf Euro umgestellt [RB: -; GE: 7.9.2001/ 7.11.2001; IKT: 1.1./ 1.5./ 278 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 1.7./ 23.12./ 31.12.2001, 1.1.2002; BGBl. I 2001 S. 3794]. - Durch das „Gesetz zur Bekämpfung von Steuerverkürzungen bei der Umsatzsteuer und anderen Steuern“ (BT-Beschluss: 27. November) soll dem Missbrauch bei der Umsatzsteuer entgegengetreten werden. Es sieht u.a. verbesserte Kontrollverfahren sowie die Einführung eines Haftungstatbestandes für Fälle des Umsatzsteuerbetrugs vor (Mehreinnahmen: 2,3 Mrd. € (2002), 2,5 Mrd. € (2003), 2,6 Mrd. € (2004), 2,7 Mrd. € (2005)) [RB: -; GE: 10.9.2001/ 14.11.2001; IKT: 28.12.2001, 1.1.2002; BGBl. I 2001 S. 3922]. - Das „Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (BT-Beschluss: 9. November) sieht u.a. vor, die Ausgaben für Versicherte mit chronischen Erkrankungen im Risikostrukturausgleich besonders zu berücksichtigen. Außerdem wird - anders als im Gesetzentwurf vom 26. Juni geplant - vom 1. Januar 2002 an ein Risiko-Pool zur Lastenverteilung von weit überdurchschnittlichen Leistungsausgaben eingeführt [RB: 26.6.2001; GE: 26.6.2001/ 7.11.2001; IKT: 1.1.2002; BGBl. I 2001 S. 3465]. 5. Dez. Die Bundesregierung legt das aktualisierte Deutsche Stabilitätsprogramm vor. Danach soll die staatliche Defizitquote nach der vorübergehenden Zunahme auf 2½ vH im Jahr 2001 auf rund 2 vH (2002) bzw. rund 1 vH (2003) zurückgeführt und 2004 ein nahezu ausgeglichener Gesamthaushalt erreicht werden; dabei werden für die Jahre 2000 bis 2005 ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von durchschnittlich rund 2 vH und eine Fortsetzung der Konsolidierung - der Anstieg der Staatsausgaben soll auf knapp 2 vH je Jahr begrenzt werden - zugrunde gelegt. In einem „Szenario mit niedrigeren Wachstumsannahmen und erhöhter Ausgabenlinie“ wird zudem dargelegt, dass sich ein ausgeglichener Haushalt im Fall eines schwächeren Wirtschaftswachstums sowie eines höheren Ausgabenanstiegs erst 2006 erreichen lässt. 6. Dez. Der EZB-Rat beschließt, den Referenzwert für die Jahreswachstumsrate der Geldmenge M3 bei 4,5 vH zu belassen. 7. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF legt das Gutachten „Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik - Konzepte für eine langfristige Orientierung öffentlicher Haushalte“ vor. 14. Dez. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Durch das „Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität“ wird das Ende der zivilen Nutzung der Kernenergie in Deutschland eingeleitet [RB: -; GE: 1.11.2001; IKT: 27.4.2002; BGBl. I 2002 S. 1351]. - Durch das Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz soll mittels Anhebung des Apothekenrabatts sowie Senkung der Preise verschreibungspflichtiger, nicht festbetragsgeregelter Arzneimittel ein Einsparvolumen von rund 0,5 Mrd. € erschlossen werden, durch die Ausweitung der aut-idem-Regelung (Abgabe eines wirkungsgleichen Arzneimittels) wird eine Einsparung von mindestens 0,25 Mrd. € erwartet [RB: -; GE: 16.10.2001/ 12.12.2001; IKT: 1.2./ 23.2. 2002; BGBl. I 2002 S. 684]. 2001/ 2002 279 20. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag (30. November) verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Das Versorgungsänderungsgesetz 2001 überträgt die Reformmaßnahmen im Bereich der GRV wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung. Die von 2003 bis 2010 erwarteten Minderausgaben durch gesenkte Versorgungsleistungen werden auf rund 6 Mrd. € und die Mindereinnahmen aus der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge der Beamten auf 4,8 Mrd. € veranschlagt [RB: -; GE: 24.10.2001/ 28.11.2001; IKT: 3.10. 1990, 1.1.1991, 1.1.1999, 1.1.2001, 1.1./ 2.1.2002, 1.1.2003; BGBl. I 2001 S. 3926]. - Das „Gesetz zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds ‚Deutsche Einheit‘ (Solidarpaktfortführungsgesetz)“ sieht u.a. vor, dass die neuen Bundesländer und Berlin nach dem Auslaufen des Solidarpaktes Ende 2004 zum Abbau teilungsbedingter Lasten für weitere 15 Jahre Bundesergänzungszuweisungen für Sonderbedarfe von insgesamt 105,3 Mrd. € erhalten. Neben diesem Element des bundesstaatlichen Finanzausgleichs werden u.a. die folgenden Ausgleichsregelungen neugestaltet: Die Bemessungsgrundlage des Länderfinanzausgleichs wird verbreitert, indem die Gemeindefinanzkraft in Höhe von 64 vH einbezogen wird. Durch die Abflachung der Ausgleichstarife und die Freistellung von gegenüber dem Vorjahr überproportionalen Mehrbzw. unterproportionalen Mindereinnahmen sollen die Eigenbehalte der Länder erhöht werden [RB: -; GE: 9.10.2001/ 27.11.2001; IKT: 1.1.2002, 1.1.2005; BGBl. I 2001 S. 3955]. Der Bundesrat und der Bundestag (14. Dezember) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz. Danach wird u.a. die Reinvestitionszulage gegenüber dem Gesetzentwurf vom 17. August 2001 von 50 000 € auf 500 000 € verzehnfacht; die hieraus resultierende Entlastung der mittelständischen Wirtschaft wird auf rund 1 Mrd. € veranschlagt. Auf die Grunderwerbsteuer bei Übertragung von Grundvermögen innerhalb eines Konzerns wird verzichtet (ursprünglich geplante Entlastung: 0,4 Mrd. DM); außerdem müssen Kapitalgesellschaften künftig für Dividenden aus Streubesitz Gewerbesteuer entrichten. Die gesamten Haushaltswirkungen werden auf 0,6 Mrd. € (2002), 0,3 Mrd. € (2003), -0,2 Mrd. € (2004) und -0,5 Mrd. € (2005) veranschlagt [RB: 17.8.2001; GE: 10.9.2001/ 7.11.2001/ 11.12.2001; IKT: 15.8./ 25.12.2001, 1.1.2002; BGBl. I 2001 S. 3858]. 2002 1. Jan. Einzelne Elemente der Reform der Unternehmensbesteuerung, die vierte und vorletzte Stufe der „ökologischen Steuerreform“, die Erhöhung der Tabak- und der Versicherungsteuer, das Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmensteuerrechts, das Zweite Gesetz zur Familienförderung sowie das Gesetz über die steuerliche Förderung der privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge treten in Kraft. Der Euro wird in den zwölf Ländern der Europäischen Währungsunion als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt. 12. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Daseinsvorsorge im europäischen Binnenmarkt“ vor. 280 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 14. Jan. Die Bundesregierung beschließt, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit die Förderung des Niedriglohnsektors auszuweiten und mehr Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung zu schaffen. Dazu soll der Kombilohn nach dem „Mainzer Modell“ von Rheinland-Pfalz auf ganz Deutschland ausgedehnt werden. Danach erhalten Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, die eine gering entlohnte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, einen zeitlich befristeten und einkommensabhängigen Zuschuss zu ihren Sozialversicherungsbeiträgen und zum Kindergeld. 24. Jan. Der EuGH erklärt den Mindestlohn im deutschen Baugewerbe für zulässig. Somit darf ein Mitgliedstaat einem Unternehmen des Baugewerbes, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und seine Arbeitnehmer entsendet, einen Mindestlohn vorschreiben [EuGH Urteil v. 24.2.2002, C-164/ 99]. 25. Jan. Bundesregierung, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften können sich im „Bündnis für Arbeit“ nicht auf eine gemeinsame Position zur Tarifpolitik verständigen. 30. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2002 vor. Sie erwartet darin für 2002 ein Wirtschaftswachstum von ¾ vH, eine Preissteigerung von 1½ vH und eine gleichbleibende Zahl von Erwerbstätigen. 31. Jan. Die EU-Kommission beschließt, dem Ecofin-Rat eine Frühwarnung an Deutschland wegen einer drohenden Überschreitung der Defizitobergrenze von 3 vH des BIP zu empfehlen. 6. Febr. Die Bundesregierung verabschiedet den Richtlinienentwurf zur bundesweiten Ausdehnung des Kombilohns nach dem „Mainzer Modell“. Ab März 2002 erhalten Kleinverdiener für bis zu drei Jahre Zuschüsse zu den Sozialbeiträgen und zum Kindergeld, wenn ihr monatliches Arbeitsentgelt zwischen 325 und 897 € (Verheiratete: 1 707 €) liegt. Ihre Ansprüche auf Sozialhilfe bleiben hiervon unberührt. 12. Febr. Der Ecofin-Rat beschließt, keine Frühwarnung an Deutschland wegen der Gefahr eines übermäßigen staatlichen Defizits auszusprechen, da angesichts der Zusagen der Bundesregierung den Bedenken der EU-Kommission in wirksamer Weise Rechnung getragen sei. Die Bundesregierung - „bekräftigt ihr Bestreben, sicherzustellen, dass der Referenzwert von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschritten wird; die Regierung beabsichtigt daher, die Haushaltsentwicklungen auf allen staatlichen Ebenen […] im Jahr 2002 genau zu überwachen, - wird die Haushaltspläne in diesem Jahr sorgfältig ausführen, dabei Ermessensmaßnahmen vermeiden, die die Haushaltsposition verschlechtern könnten, und jeden im Haushalt enthaltenen Spielraum zur Verringerung des Defizits nutzen, - bekräftigt, dass bis zum Jahr 2004 […] eine nahezu ausgeglichene Haushaltsposition erreicht sein wird; dies kann es erforderlich machen, dass sobald sich der wirtschaftliche Aufschwung eingestellt hat, zusätzlich zu den im aktualisierten Stabilitätsprogramm für 2001 enthaltenen Maßnahmen Ermessensmaßnahmen ergriffen werden, - wird im Wege von Vereinbarungen mit den regionalen Regierungsebenen alle Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass die genannten Zusagen eingehalten werden [...]“ 2002 281 22. Febr. Die Bundesregierung beauftragt unter der Führung des Personalvorstandes der Volkswagen AG, Dr. Peter Hartz, die „Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“. Sie soll ein Konzept für eine effiziente Arbeitsmarktpolitik und eine Reform der staatlichen Arbeitsvermittlung ausarbeiten. 1. März Der Bundestag verabschiedet ein „Siebentes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank“. Kernstück ist die Einrichtung eines achtköpfigen Bundesbankvorstands, wobei der Präsident, der Vizepräsident sowie zwei weitere Vorstandsmitglieder auf Vorschlag der Bundesregierung, die übrigen vier Mitglieder auf Vorschlag des Bundesrates im Einvernehmen mit der Bundesregierung bestellt werden. Bundesrat und Bundesregierung haben bezüglich ihrer Besetzungsvorschläge den Vorstand der Bundesbank anzuhören. Die Präsidenten der Landeszentralbanken sind nicht mehr im Leitungsorgan der Bundesbank vertreten [RB: -; GE: 7.9.2001/ 27.2.2002; IKT: 30.2002; BGBl. I 2002 S. 1159]. 6. März Das Bundesverfassungsgericht erklärt die unterschiedliche Besteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Beamtenpensionen für unvereinbar mit dem Gleichheitsgebot (GG Art. 3) und verpflichtet den Gesetzgeber bis zum Ende des Jahres 2004 zu einer Neuregelung [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 6.3.2002, 2 BvL 17/ 99]. 21. März Bund und Länder bekennen sich im Finanzplanungsrat - wie bereits 2001 bei Verabschiedung des Solidarpaktfortführungsgesetzes - zu ihrer Verantwortung gegenüber den Verpflichtungen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts und bekräftigen, eine Rückführung der Neuverschuldung mit dem Ziel ausgeglichener Haushalte anzustreben. Die gesetzliche Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes soll nicht erst im Jahr 2005, sondern bereits in der laufenden Legislaturperiode in Kraft gesetzt werden. Zur Einhaltung der von Deutschland zugesagten Defizitziele wird beschlossen, dass in den Jahren 2003 und 2004 die Ausgaben des Bundes um durchschnittlich ½ vH zurückgeführt und der Ausgabenanstieg der Länder und Gemeinden auf jeweils 1 vH im Jahresdurchschnitt begrenzt werden soll. 22. März Der Bundestag und der Bundesrat verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen“. Ab 2003 ist anstelle der zeitbezogenen Lkw-Vignette die Einführung einer entfernungsabhängigen Autobahnbenutzungsgebühr für Lkw vorgesehen. Die Maut ist beschränkt auf Fahrzeuge des Güterkraftverkehrs und die Verwendung des Mautaufkommens für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur ist zweckgebunden [RB: -; GE: 1.10.2001/ 12.12.2001/ 20.3.2002; IKT: 12.4.2002; BGBl. I 2002 S. 1234]. 23. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2002 ein Wirtschaftswachstum von 0,9 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH. Für 2003 werden ein Wachstum von 2,4 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 282 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 31. Mai Der Bundesrat und der Bundestag (17. Mai) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über ein Viertes Finanzmarktförderungsgesetz, das den Finanzinstituten eine größere Flexibilität einräumen und gleichzeitig den Anlegern größeren Schutz zukommen lassen soll. Im Vermittlungsverfahren wurde u.a. die Untersagungsmöglichkeit für Leerverkäufe, eine Regelung für derivative Pfandbriefgeschäfte mit Kreditinstituten als Treuhänder und der Verzicht auf die Erfassung des Geburtsorts zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus gestrichen [RB: -; GE: 18.1.2002/ 20.3.2002/ 15.5.2002; IKT: 1.7.2002, 1.2./ 1.4.2003, 19.7.2005; BGBl. I 2002 S. 2010, 2316]. 19. Juni Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2003 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2006: - Bundeshaushalt 2003: Die Ausgaben sind mit 246,3 Mrd. € um 0,5 vH geringer angesetzt als im Haushaltsplan 2002, die Nettokreditaufnahme sinkt auf 15,5 Mrd. € - nach 21,1 Mrd. € im Jahr 2002. - Finanzplanung 2003: Die Veränderung der Ausgaben ist auf -0,5 vH (2004), 0,2 vH (2005) und 1,6 vH (2006) veranschlagt, die Nettokreditaufnahme soll auf 10,2 Mrd. € (2004) und 5,0 Mrd. € (2004) zurückgeführt und im Jahr 2006 ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden. 21. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (6. Juni) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Solidarpaktfortführungsgesetzes“ zu. Zur innerstaatlichen Umsetzung der Vorgaben aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt wird damit Artikel 7 des Solidarpaktfortführungsgesetzes (§ 51a Haushaltsgrundsätzegesetz) noch in dieser Legislaturperiode - dem Beschluss des Finanzplanungsrats vom 21. März entsprechend - in Kraft gesetzt [RB: -; GE: 7.5.2002; IKT: 29.6.2002; BGBl. I 2002 S. 2166]. 26.-27. Juni In Kananaskis (Kanada) findet der 28. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Gesprächsgegenstände sind die Themen Weltwirtschaft, Internationale Terrorismusbekämpfung und Neue Partnerschaft mit Afrika. 29. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Reform des Sozialstaates für mehr Beschäftigung im Bereich gering qualifizierter Arbeit“ vor. 12. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (28. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit“. Danach können Unternehmen bei Verstößen bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden; außerdem haftet im Baubereich der Generalunternehmer für die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer des Subunternehmers [RB: -; GE: 11.2.2002/ 20.3.2002/ 27.6.2002; IKT: 1.8.2002; BGBl. I 2002 S. 2787, 3760]. Der Bundesrat lehnt das vom Bundestag (26. April) verabschiedete Tariftreuegesetz ab. Der Gesetzentwurf sah vor, nur an solche Unternehmen des Baugewerbes öffentliche Aufträge zu vergeben, die den Beschäftigten mindestens den am Ort gültigen Tariflohn bezahlen. In Ostdeutschland hätte der ortsübliche Lohn für eine mehrjährige Übergangszeit um bis zu 7,5 vH unterschritten werden können. 2002 283 16. Aug. Die „Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ legt ihren Bericht vor. 13. Sept. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (12. September) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften und zur Errichtung eines Fonds ‚Aufbauhilfe‘ (Flutopfersolidaritätsgesetz)“ zu. Zur Finanzierung der Maßnahmen, die der Beseitigung der durch die Flutkatastrophe an Elbe und Mulde im August entstandenen Schäden dienen, wird der Fonds mit 7,1 Mrd. € dotiert. Die Mittel werden dadurch aufgebracht, dass die zweite Stufe der Steuerreform von 2003 auf 2004 verschoben und der Körperschaftsteuersatz im Jahr 2003 von 25 auf 26,5 vH angehoben wird [RB: -; GE: 26.8.2002/ 9.9.2002; IKT: 12.8./ 21.9.2002, 1.1.2003; BGBl. I 2002 S. 3651]. 18. Sept. Das Energieunternehmen E.ON AG, Düsseldorf, erhält durch eine Ministererlaubnis die Genehmigung zur Übernahme der Ruhrgas AG, Essen, wodurch es einen Marktanteil von 60 vH erreicht und zum größten deutschen Gasversorgungsunternehmen aufsteigt. Eine erste Ministererlaubnis vom 5. Juli ist vom Oberlandesgericht Düsseldorf verworfen worden. Die neue Genehmigung sieht weitere Auflagen vor. 22. Sept. Bei den Wahlen zum 15. Deutschen Bundestag verteidigen die bisherigen Regierungsparteien SPD sowie Bündnis 90/ Die Grünen trotz Stimmenverlusten ihre absolute Mehrheit. Die SPD erzielt ebenso wie die Unionsparteien 38,5 vH (CDU: 29,5 vH; CSU: 9 vH) der Wählerstimmen. Erstmals erhalten sowohl SPD als auch Union weniger als 40 vH der Wählerstimmen. Bündnis 90/ Die Grünen erhalten 8,6 vH und die FDP 7,4 vH der Stimmen. Die PDS erreicht lediglich 4 vH und verliert damit ihren Fraktionsstatus, zieht jedoch mit zwei direkt gewählten Abgeordneten in den Bundestag ein. 24. Sept. Die Bundesregierung übermittelt ihre Haushaltsdaten für das Jahr 2002 an die EU-Kommission; die Defizitquote ist darin auf 2,8 vH veranschlagt. 16. Okt. Die Fraktionen SPD und Bündnis 90/ Die Grünen einigen sich im Rahmen einer Koalitionsvereinbarung auf ein Konsolidierungspaket. Es soll den Bundeshaushalt im Jahr 2003 um 11,6 Mrd. € entlasten, u.a. durch Einsparungen bei der BA (4,0 Mrd. €) und bei der Arbeitslosenhilfe (2,3 Mrd. €) sowie durch den Abbau von Steuervergünstigungen (4,2 Mrd. €). Außerdem wird u.a. vereinbart, die Versicherungspflichtgrenze in der GKV auf das Niveau der (erhöhten) Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung anzuheben und die Schwankungsreserve weiter zu senken. 18. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2002 ein Wirtschaftswachstum von 0,4 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für 2003 werden ein Wachstum von 1,4 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH prognostiziert. 22. Okt. Gerhard Schröder wird vom Bundestag zum zweiten Mal zum Bundeskanzler ge- 284 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland wählt und legt seinen Amtseid ab. Die Bildung der Bundesregierung findet mit der anschließenden Vereidigung der Bundesminister ihren Abschluss. Das Kabinett besteht aus zehn Ministern der SPD und drei Ministern von Bündnis 90/ Die Grünen. Hans Eichel bleibt Bundesminister der Finanzen, Wolfgang Clement (SPD) wird Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und Ursula Schmidt (SPD) Bundesminister für Gesundheit und Soziale Sicherung. 13. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2002/ 03 vor. Er prognostiziert für 2002 ein Wirtschaftswachstum von 0,2 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH. Für 2003 werden ein Wachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH prognostiziert. 16. Nov. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Die Hartz-Reformen - ein Beitrag zur Lösung des Beschäftigungsproblems? “ vor. 19. Nov. Die EU-Kommission verabschiedet den Bericht über die öffentlichen Finanzen in Deutschland als ersten Schritt des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit; sie legt darin für 2002 eine Defizitquote vom 3,8 vH zugrunde. 22. Nov. Die Bundesregierung bringt den Gesetzentwurf zum Nachtragshaushalt 2002 in den Bundestag ein. In ihm werden die Ausgaben insbesondere wegen arbeitsmarktbedingter Mehrausgaben mit 252,5 Mrd. € um 5 Mrd. € höher, die Einnahmen insbesondere konjunkturbedingt um 8,5 Mrd. € niedriger angesetzt. Die Nettokreditaufnahme wird auf 34,6 Mrd. € veranschlagt; sie überschreitet damit die geplanten Investitionen in Höhe von 25 Mrd. €. Bundesfinanzminister Eichel rechtfertigt dies mit der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (Art. 115 GG). 2. Dez. Die Bundesregierung bringt den Entwurf des Steuervergünstigungsabbaugesetzes in den Bundestag ein. Durch den Abbau von Steuervergünstigungen und Sonderregelungen im Bereich der Einkommensteuer (u.a. durch Erhöhung der Pauschalversteuerung für die private Nutzung von Dienstwagen, Einschränkung des Begünstigtenkreises bei der Eigenheimzulage), im Bereich der Umsatzsteuer (u.a. durch die volle Umsatzbesteuerung gartenbaulicher Erzeugnisse, landwirtschaftlicher Vorprodukte und der Leistungen der Zahntechniker, Aufhebung der Umsatzsteuerbefreiung für die grenzüberschreitende Personenbeförderung im Luftverkehr) sowie im Unternehmensbereich (u.a. durch Begrenzung des Verlustabzugs auf die Hälfte des Gesamtbetrags der Einkünfte bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer bzw. auf die Hälfte des Gewinns aus Gewerbebetrieb nach Berücksichtigung der Hinzurechnungen und Kürzungen bei der Gewerbesteuer) werden Mehreinnahmen von 3,6 Mrd. € (2003), 10,7 Mrd. € (2004), 15,0 Mrd. € (2005) und 16,8 Mrd. € (2006) erwartet. 5. Dez. Die EZB verringert den Mindestbietungssatz für die HRG um 0,5 Prozentpunkte auf 2,75%. Die Senkung wirkt erstmals für das Geschäft am 11. Dezember. Außerdem werden die Zinssätze für die SRF von 4,25 auf 3,75% und für die Einlagenfazilität von 2,25 auf 1,75% gesenkt. 18. Dez. Die Bundesregierung legt das Deutsche Stabilitätsprogramm 2002 vor. Danach soll 2002 285 die staatliche Defizitquote nach der Überschreitung der Defizitobergrenze (mit 3¾ vH) mit Hilfe von Konsolidierungsmaßnahmen auf 2¾ vH im Jahr 2003 gesenkt und in den Folgejahren schrittweise auf 1½ vH (2004) und 1 vH (2005) zurückgeführt werden; im Jahr 2006 soll ein ausgeglichener Haushalt erreicht sein. Dabei wird für 2003 ein gesamtwirtschaftliches Wachstum von 1½ vH und für die Jahre 2004 bis 2006 von durchschnittlich 2¼ vH zugrunde gelegt. 19. Dez. Der Bundestag verabschiedet das Nachtragshaushaltsgesetz 2002, wodurch das Haushaltsvolumen von 247,5 Mrd. DM auf 252,5 Mrd. DM sowie die Nettokreditaufnahme von 21,1 Mrd. DM auf 34,6 Mrd. DM erhöht wird [RB: -; GE: 22.11.2002; IKT: 1.1.2002; BGBl. I 2002 S. 4594]. 20. Dez. Der Bundestag verabschiedet gegen die Einsprüche des Bundesrates mehrere Gesetze: - Das „Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform“ sieht u.a. vor, die Steuersätze für Strom, Heizöl und Erdgas für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft von 20 auf 60 vH der Ökosteuerregelsätze zu erhöhen (Mehreinnahmen: 0,38 Mrd. €), den Stromsteuersatz für Nachtspeicherheizungen von 50 auf 60 vH des Stromsteuerregelsatzes anzuheben (0,05 Mrd. €) sowie das Heizen mit Erdgas, Flüssiggas und schwerem Heizöl steuerlich stärker zu belasten (1,02 Mrd. €). Die 2003 erwarteten Mehreinnahmen werden auf zusammen 1,45 Mrd. € veranschlagt [RB: -; GE: 5.11.2002/ 13.11.2002; IKT: 1.1.2003; BGBl. I 2002 S. 4602]. - Durch das Gesetz zur Sicherung der Beitragssätze in der GKV und GRV (Beitragssatzsicherungsgesetz) werden die Versicherungspflichtgrenze - ausgenommen für bereits privat krankenversicherte Arbeitnehmer - im Jahr 2003 auf 3 825 € angehoben (Entlastung der GKV: 0,2 bis 0,3 Mrd. €), ein Rabatt der pharmazeutischen Unternehmen und des Großhandels für die GKV eingeführt (1 Mrd. €), die Handelsrabatte für Apotheker teilweise abgeschöpft (0,35 Mrd. €), bei Ärzten, Zahnärzten und Krankenhäusern im Jahr 2003 die Budgets nicht erhöht (0,66 Mrd. €) sowie das Sterbegeld um die Hälfte gekürzt (0,38 Mrd. €). Die Beitragssätze werden 2003 auf dem Niveau des Jahres 2002 festgeschrieben. Zur Dämpfung des Beitragsanstiegs in der GRV wird u.a. der Korridor der Schwankungsreserve von derzeit 80 bis 120 vH einer Monatsausgabe auf 50 bis 70 vH gesenkt (4,7 Mrd. €) [RB: -; GE: 5.11.2002/ 13.11.2002; IKT: 7.11.2002, 1.1.2003; BGBl. I 2002 S. 4637]. - Weiterhin wird gegen den Einspruch des Bundesrates das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom Bundestag bzw. nach Anrufung des Vermittlungsausschusses das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt von Bundestag (19. Dezember) sowie Bundesrat verabschiedet. Beide Gesetze sollen zu Entlastungen bei der BA in Höhe von 3,4 Mrd. € und bei der Arbeitslosenhilfe in Höhe von 2,5 Mrd. € führen. Sie sehen im Wesentlichen vor: - Arbeitslose zu verpflichten, sich bereits dann arbeitslos zu melden, wenn sie nach erfolgter Kündigung noch beschäftigt sind. Die Nichtbeachtung dieser Regelung wird ab Juli 2003 eine Minderung des Arbeitslosengeldes zur Folge haben. - Nach einer Arbeitslosigkeit von vier Monaten die Zumutbarkeitskriterien zur Beschäftigungsaufnahme zu verschärfen. 286 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland - Für die Weiterbildung erhalten Arbeitslose Bildungsgutscheine, durch die der Wettbewerb unter den Bildungsträgern verstärkt und die Eigenverantwortlichkeit der Arbeitslosen erhöht werden sollen. - In allen Arbeitsämtern werden bis Ende April 2003 Personal-Service- Agenturen (PSA) eingerichtet, in denen hauptsächlich private Zeitarbeitsfirmen ihre Dienste anbieten, die Arbeitslose für ein Jahr als Beschäftigte aufnehmen, um sie an die Privatwirtschaft auszuleihen. Nicht vermittelte Arbeitslose werden weitergebildet. - Ältere Arbeitslose ab dem 50. Lebensjahr erhalten Zuschüsse zum Lohn und zur Sozialversicherung, wenn sie - verglichen mit ihrer vorherigen Beschäftigung - eine schlechter bezahlte annehmen. Arbeitgeber, die über 55-jährige Arbeitslose einstellen, sind von ihrem Beitrag zur Arbeitslosenversicherung befreit. Die Altersgrenze, ab der Arbeitgeber mit älteren Erwerbspersonen ohne sachlichen Befristungsgrund befristete Arbeitsverträge abschließen dürfen, wird für den Zeitraum 2003 bis 2007 vom 58. auf das 52. Lebensjahr gesenkt. - Arbeitslose Leistungsempfänger und Teilnehmer an Arbeits- und Strukturanpassungsmaßnahmen, die eine selbständige Existenz (Ich-AG) gründen, erhalten monatliche finanzielle Zuschüsse (im ersten Jahr 600 €; im zweiten Jahr 360 €; im dritten Jahr 240 €). - Die Förderung des Niedriglohnsektors wird erweitert. Arbeitnehmer können bis zu 400 € in Nebentätigkeit steuer- und abgabenfrei verdienen. Der Arbeitgeber entrichtet eine Pauschalabgabe von 25 vH; bei haushaltsnahen Diensten führt er 12 vH ab und kann im Jahr bis zu 510 € der Arbeitskosten von seiner Steuerschuld abziehen; bei Vermittlung der Hausangestellten durch eine Agentur beträgt die Minderung 600 €. Bei sozialversicherungspflichtig eingestellten Haushaltshilfen (Teil- und Vollzeit) können Arbeitgeber bis zu 2 400 € steuermindernd geltend machen. Über die Verdienstgrenze von 400 € hinaus wird eine Gleitzone von 401 bis 800 € eingeführt. Die Arbeitnehmer entrichten dabei wie bisher Steuern, die Sozialbeiträge steigen stufenweise von 4 auf 21 vH. Die Arbeitgeber leisten Sozialbeiträge in Höhe von 21 vH und Steuern in bisheriger Höhe [Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt: RB: -; GE: 5.11.2002/ 13.11.2002; IKT: 1.1./ 1.5./ 1.7.2003; BGBl. I 2002 S. 4607; Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt: RB: -; GE: 5.11.2002/ 13.11.2002/ 17.12.2002; IKT: 1.1./ 1.4./ 1.5.2003, 1.1.2006; BGBl. I 2002 S. 4621]. 2003 1. Jan. Die letzte Stufe der ökologischen Steuerreform sowie Einschränkung bisheriger Vergünstigungen bei der Ökosteuer, die zweite Stufe der Tabaksteuererhöhung, die vorübergehende Anhebung der Körperschaftssteuer, die Anhebung des Beitragssatzes zur GRV um 0,4 Prozentpunkte auf 19,5 vH, eine deutliche Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen für die Renten- und Arbeitslosenversicherung treten in Kraft. 2003 287 21. Jan. Der Ecofin-Rat stellt erneut ein übermäßiges Defizit Deutschlands fest. Die Bundesrepublik wird gemäß dem Euro-Stabilitätspakt aufgefordert, innerhalb einer Frist von vier Monaten insbesondere durch strikte Haushaltsführung und Umsetzung angekündigter Konsolidierungsmaßnahen im Umfang von einem Prozent des BIP eine Korrektur des Defizits bis spätestens 2004 herbeizuführen. 23. Jan. Der EZB-Rat beschließt hinsichtlich von Längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (LRG), den Zuteilungsbetrag von 15 Mrd. € pro Geschäft beizubehalten. Weiterhin wird der Zeitplan der Mindestreserveerfüllungsperiode angepasst, damit ab Frühjahr 2004 diese am Abwicklungstag des HRG beginnen, so dass diese auch mit der Gestaltung der Zinssätze der ständigen Fazilitäten zusammenfallen, wodurch eine Verbesserung des geldpolitischen Handlungsspielraums erwartet wird. Gleichzeitig wird die Laufzeit der HRG ab diesem Zeitpunkt von zwei auf eine Woche verkürzt. 29. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2003 vor. Sie erwartet für 2003 ein Wirtschaftswachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 1½ vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von ½ vH. 6. März Der EZB-Rat senkt zum 12. März den Mindestbietungssatz von 2,75 auf 2,50%. Bereits mit Wirkung zum Folgetag werden der Zinssatz für die SRF sowie für die Einlagenfazilität um jeweils einen viertel Prozentpunkt auf 3,50% bzw. 1,50% gesenkt. 14. März Bundeskanzler Gerhard Schröder kündigt in einer Regierungserklärung eine „Agenda 2010“ an, die eine grundlegende Reform des Arbeitsmarktes, der sozialen Sicherungssysteme und der Gemeindefinanzen beinhaltet. 17. März Die Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen legt ihren Abschlussbericht vor. 20. März Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 2003 in Höhe von 248,2 Mrd. € (0,4 vH geringer als das Vorjahresergebnis) und einem Defizit von 19,3 Mrd. €. Die wachstumsbedingten Einnahmeausfälle sollen durch Erhöhung des Bundesanteils an der geplanten Steueramnestie kompensiert werden [RB: -; GE: 29.11.2002/ 20.2.2003/ 20.2.2003; IKT: 1.1.2003; BGBl. I 2003 S. 574]. 21. März In Brüssel (Belgien) beschließen die Staats- und Regierungschefs der EU die Einführung eines Rotationsprinzips für Abstimmungen im EZB-Rat, sobald die Anzahl der Euro-Mitgliedsländer 15 übersteigt. Der EZB-Rat wird gleichzeitig ermächtigt, mit Zweidrittelmehrheit zu beschließen, das Rotationsprinzip erst einzuführen, wenn mehr als 18 Länder dem Euro-Währungsgebiet beigetreten sind. Damit wird vom bisherigen Prinzip „eine Stimme je Land“ abgewichen, um auch in einem erweiterten Währungsgebiet effizient Entscheidungen treffen zu können (EUABl. 2003 L 83/ 66). 288 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 11. April Der Bundestag und der Bundesrat verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Steuervergünstigungsabbaugesetz. Der Kompromiss sieht im Unterschied zum Regierungsentwurf vorwiegend begrenzte Änderungen zur Unternehmensbesteuerung vor (Mehreinnahmen sollen von 1 Mrd. € in 2003 auf bis 3,5 Mrd. € in 2006 steigen) [RB: -; GE: 10.1.2003/ 19.2.2003/ 9.4.2003; IKT: 21.05./ 1.07.2003; BGBl. 2003 I S. 660]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2003 ein Wirtschaftswachstum von 0,5 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1 vH. Für 2004 werden ein Wachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH sowie eine gleichbleibende Zahl der Erwerbstätigen prognostiziert. 8. Mai Im Zuge der Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie erklärt der EZB-Rat, an seiner bisherigen Definition von Preisstabilität (Anstieg bis zu 2 vH des HVP für das Euro-Währungsgebiet gegenüber dem Vorjahr) festzuhalten, und zur Begrenzung des Deflationsrisikos eine Preissteigerungsrate von annähernd 2 vH beizubehalten. Er bekräftigt, auch weiterhin seine geldpolitischen Beschlüsse im Hinblick auf Preisstabilitätsrisiken zu treffen. 23. Mai Der Bundesrat und der Bundestag (22. Mai) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über die Einführung einer entfernungsabhängigen LKW-Maut auf Bundesautobahnen mit einer durchschnittlichen Höhe von 12,4 Cent pro Kilometer ab 31. August 2003. Die erwarteten Mehreinnahmen von 2,8 Mrd. € sollen - abzüglich der laufenden Betriebsausgaben für das Mautsystem (0,6 Mrd. €) - ausschließlich für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur eingesetzt werden (RB: -; GE: 17.12.2002/ 21.5.2003; IKT: 9.7.2003; BGBl. 2003 I S. 1001, 1003, 1050). 1.-3. Juni In Évian-les-Bains (Frankreich) findet der 29. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind u.a. die Stärkung des weltweiten Wachstums, Liberalisierung des Welthandels, Bekämpfung der Korruption, Entwicklungszusammenarbeit und Schuldenerlass. Überdies vereinbaren die Staats- und Regierungschefs, durch größere Transparenz Finanzkrisen vorbeugen zu wollen. 5. Juni Der EZB-Rat senkt mit Wirkung zum 9. Juni den Mindestbietungssatz für die HRG auf 2,0% und mit Wirkung zum 6. Juni den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungssowie die Einlagefazilität auf 3,0% bzw. 1,0% an (Senkung um jeweils einen halben Prozentpunkt). 28. Juni Die Tarifauseinandersetzung in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie endet ergebnislos. Ziel der IG Metall war die Einführung der 35-Stunden-Woche. Seit dem Scheitern des Bayernstreiks 1954 gilt dies als ihre größte Niederlage. 2. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2004 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2007: - Bundeshaushalt 2004: Bei einem Ausgabenvolumen von 251,2 Mrd. € wird ein Defizit in Höhe von 31,3 Mrd. € veranschlagt, u.a. als Folge der Einnahmeausfälle durch Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform zum Jahr 2004. 2003 289 Die Investitionsausgaben unterschreiten im Haushaltsentwurf die Nettokreditaufnahme. Durch Konsolidierungsmaßnahmen soll die Neuverschuldung dauerhaft reduziert werden. - Finanzplanung 2004: Für 2005 und 2006 soll die Ausgabenhöhe konstant bleiben, und erst für 2007 ist eine Erhöhung um 1,5 vH vorgesehen. Das Defizit soll bis 2007 auf 10,5 Mrd. € zurückgeführt werden. 3. Juli Der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen gelingt keine Einigung auf ein Reformkonzept. 11. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (3. Juli) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Förderung von Kleinunternehmern und zur Verbesserung der Unternehmensfinanzierung“, das bürokratische Belastungen für Kleinunternehmer durch Anhebung der Betragsgrenzen für die Buchhaltungspflicht senkt und Fördermaßnahmen für Existenzgründer vorsieht. Ferner wird es Kreditinstituten erleichtert, Kreditforderungen zu verbriefen, infolgedessen Verbriefungszweckgesellschaften gewerbesteuerrechtlich hinsichtlich der Behandlung von Dauerschulden den Banken gleichgestellt werden [RB: -; GE: 2.5.2003/ 21.5.2003/ 2.7.2003; IKT: 1.1.2003; BGBl. I 2003 S. 1550]. 16. Juli Die Bundesregierung beschließt, die anteiligen Mehrbelastungen des Bundes (7 Mrd. €) aus dem Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform aus Privatisierungserlösen in Höhe von 2 Mrd. € zu finanzieren, um dadurch die Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt 2004 zu verringern. 28. Aug. Die „Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme“ (Rürup-Kommission) legt ihren Abschlussbericht vor. 29. Sept. Die Kommission „Soziale Sicherheit“ (Herzog-Kommission) legt ihre Reformvorschläge vor. 30. Sept. Die Ministerpräsidenten Roland Koch (Hessen; CDU) und Peer Steinbrück (Nordrhein-Westfalen; SPD) legen ein Konzept zum linearen Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen vor, das i.d.R. eine Kürzung jeweils um 4 vH in den kommenden drei Jahren vorsieht (jährliche Haushaltsentlastung ab 2006: 10,5 Mrd. €), und damit geringer ausfällt, als es der Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vorsieht. 10. Okt. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Tarifautonomie auf dem Prüfstand“ vor. 17. Okt. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (26. September) verabschiedeten „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ zu. Durch das interfraktionell (von den Bundestagsfraktionen SPD, CDU/ CSU, Bündnis90/ Die Grünen) eingebrachte Gesetz sollen die GKV-Beiträge und infolgedessen die Lohnnebenkosten dauerhaft gesenkt werden. Hierzu erfolgen eine Verringerung an Leistungen, eine stärkere Kostenbeteiligung der Versicherten, steuerfinanzierte versicherungsfremde Leistungen sowie die Anwendung des vollen Beitragssatzes auf Zusatzrenten [RB: -; GE: 8.9.2003/ 24.9.2003; IKT: 1.4./ 290 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 9.9./ 26.9./ 20.11.2003, 1.1./ 2.4.2004, 1.1.2005, 1.1.2006, 1.1.2007; BGBl. I 2003 S. 2190, BGBl. I 2004 S. 452]. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2003 ein Wirtschaftswachstum von 0,0 vH, eine Preissteigerung von 0,9 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH. Für 2004 werden ein Wachstum von 1,7 vH, eine Preissteigerung von 1,2 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH prognostiziert. 1. Nov. Jean-Claude Trichet tritt die Nachfolge von Dr. Willem Duisenberg als EZB- Präsident an. 7. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2003/ 04 vor. Er prognostiziert für 2003 ein Wirtschaftswachstum von 0,0 vH, eine Preissteigerung von 0,9 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,4 vH. Für 2004 werden ein Wachstum von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 1,0 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH prognostiziert. 25. Nov. Der Ecofin-Rat beschließt, abweichend vom Vorschlag der Europäischen Kommission, den nächsten Schritt im Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich wegen eines übermäßigen Defizits einzuleiten und empfiehlt eine Korrektur des Defizits erst für 2005 (der Konsolidierungsumfang von 0,6 vH des konjunkturbereinigten Defizits unterschreitet die Empfehlung der EU-Kommission). 3. Dez. Die Bundesregierung legt ihr aktualisiertes Deutsches Stabilitätsprogramm vor. Danach übersteigt die Defizitquote für 2004 mit 3,5 vH (nach 4 vH im Vorjahr) abermals die Maastricht-Grenze. Das Unterschreiten dieses Kriteriums ist erst für 2005 mit 2,5 vH vorgesehen und soll bis 2007 weiter auf 1,5 vH absinken. Im Vierjahreszeitraum bis 2007 soll die Staatsquote um 4,5 Prozentpunkte auf 44,5 vH zurückgeführt werden. Die Schuldenstandsquote soll zunächst bis 2005 um 1,5 Prozentpunkte auf 65,5 vH steigen und dann bis 2007 um einen Prozentpunkt sinken. Damit wird das Maastricht-Kriterium erneut verletzt. 19. Dez. Der Bundesrat verweist die Gesetze zum Nachtragshaushalt 2003 sowie zum Haushalt 2004 an den Vermittlungsausschuss, so dass zum Jahreswechsel der Bundesregierung keine gültigen Bundeshaushaltspläne vorliegen und nur eine vorläufige Haushaltsführung erfolgt. Der Entwurf zum Nachtragshaushalt 2003 der Bundesregierung sieht aufgrund von Steuerausfällen und arbeitsmarktbedingter Mehrausgaben eine Defizitsteigerung von 18,9 € auf 43,4 Mrd. € vor. Da sowohl im Nachtragshaushalt 2003 als auch im Haushalt 2004 die Neuverschuldung die Investitionen übersteigt, werden die Haushaltspläne vom Bundesrat als nicht verfassungskonform abgelehnt. Gegen die Einsprüche des Bundesrates verabschiedet der Bundestag mehrere Gesetze: - Durch ein „Zweites Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ soll der GRV-Beitragssatz auf 19,5 vH stabilisiert werden. Dafür soll die Rentenanpassung 2004 ausgesetzt, die Mindestschwankungsreserve auf 20 vH einer Monatsabgabe reduziert, die Beiträge zur Pflegeversicherung von den Rentnern selbst getragen (ab 1. April 2004) und die Rentenzahlung für Neu- 2003 291 rentner auf das Monatsende verschoben werden [RB: 23.10.2003; GE: 23.10.2003/ 5.11.2003; IKT: 1.1.1.2./ 1.4.2004; BGBl. I 2003 S. 3013]. - Durch das „Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, erfolgt die Restrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit zur Bundesagentur für Arbeit [RB: 13.8.2003; GE: 1.10.2003/ 15.10.2003; IKT: 1.1./ 1.4./ 1.7.2004, 1.1.2005, 1.2.2006; BGBl. I 2003 S. 2848]. Der Bundesrat und der Bundestag verabschieden mehrere (z.T. erheblich) modifizierte Gesetze in den Kompromissfassungen des Vermittlungsausschusses: - Das Haushaltsbegleitgesetz 2004 sieht im Vergleich zum Entwurf nur noch ein teilweises Vorziehen der dritten Steuerreformstufe sowie Haushaltsentlastungen durch einen eingeschränkten Subventionsabbau vor, der aber durch zusätzliche lineare Subventionskürzungen von durchschnittlich 12 vH nach der Koch/ Steinbrück-Liste flankiert wird [RB: 13.8.2003; GE: 8.9.2003/ 15.10.2003/ 16.12.2003; IKT: 1.1./ 1.4.2004; BGBl. I 2003 S. 3076, BGBl. I 2004 S. 69). - Das „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ ermöglicht eine Steueramnestie nach Abgabe einer strafbefreienden Erklärung und Zahlung einer Pauschalabgabe von 25 vH (bis Ende 2004) bzw. 35 vH (1. Vj. 2005) der Bemessungsgrenze. Das Gesetz sieht nach dem Vermittlungsverfahren eine Ausweitung der Straffreiheit bis auf das Jahr 2002 vor, allerdings wird sie bei bereits entdeckten Steuerdelikten abgeschafft (Inkrafttreten war ursprünglich für die Jahresmitte 2003 geplant) [RB: 18.6.2003; GE: 8.9.2003/ 16.12.2003 ; IKT: 30.12.2003; BGBl. I 2003 S. 2928]. - Das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz bezweckt eine Stabilisierung des Körperschaftssteueraufkommens. Fortan gelten Einschränkungen beim Verlustvortrag und der Gesellschafterfremdfinanzierung. Durch eine Sonderregelung für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen können entstandene Buch- und Veräußerungsverluste aus Beteiligungen steuerlich geltend gemacht werden [RB: 13.8.2003; GE: 8.9.2003/ 13.10.2003/ 16.12.2003; IKT: 31.12.2003, 1.1.2004; BGBl. I 2003 S. 2840]. - Das „Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und anderer Verbrauchsteuergesetze“ sieht - zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen der GKV - eine dreistufige Erhöhung der Tabaksteuer auf Pfeifentabak, Zigarren und Feinschnitt um jeweils 1,2 Cent pro 100 g vor [RB: -; GE: 1.7.2003/ 15.10. 2003/ 16.12.2003; IKT: 1.1./ 1.3./ 1.5.2004; BGBl. 2003 I S. 2924]. - Das Gewerbesteuerreformgesetz lässt die bisherigen Regelungen überwiegend unverändert (der Gesetzentwurf sah noch eine Ausweitung auf Freiberufler vor), führt jedoch zu einer Entlastung der Gemeinden durch Senkung der Gewerbesteuerumlage [RB: 13.8.2003; GE: 8.9.2003/ 15.10.2003/ 16.12.2003; IKT: 1.1.2004; BGBl. I 2003 S. 2922]. - Das „Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (sog. Hartz-IV) regelt u.a. die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II (ALG II) auf Anfang 2005 sowie strengere Zumutbarkeitskriterien für Arbeitsangebote. Den Kommunen werden die Unterkunftskosten der Leistungsempfänger auferlegt und können als sogenannte Optionskommunen die Betreuung von Langzeitarbeitslosen übernehmen [RB: 13.8.2003; GE: 5.9.2003/ 15.10.2003/ 16.12.2003; IKT: 1.1./ 1.4.2004, 1.1.2005; BGBl. I 2003 S. 2954]. - Das „Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt“ soll durch Änderungen beim Kündigungsschutz und verbesserter 292 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Möglichkeiten für befristete Einstellungen Beschäftigungsimpulse bewirken [RB: -; GE: 2.9.2003/ 24.9.2003/ 16.12. 2003; IKT: 1.1.2004; BGBl. I 2003 S. 3002]. - Das dritte Gesetz zur Änderung des SGB VI entlastet die GRV je Zugangsjahr um rd. 0,75 Mrd. € durch Verlegung des Rentenauszahlungstermins auf das Monatsende [RB: 23.10.2003; GE: 23.10.2003/ 5.11.2003; IKT: 1.1./ 1.3./ 1.4.2004; BGBl. I 2003 S. 3019]. 2004 1. Jan. Die Einkommenssteuertarife sinken beim Eingangssatz auf 16 vH und beim Spitzensatz auf 45 vH, steuerliche Sondervergünstigungen und Gestaltungsoptionen werden eingeschränkt und eine Steueramnestie gewährt. Im Bereich der Sozialversicherungen treten die Reform der GKV, Maßnahmen zur Stabilisierung des Beitragssatzes zur GRV sowie erste Teile der Arbeitsmarktreformen in Kraft. 12. Jan. Der EZB-Rat beschließt, den Zuteilungsbetrag für alle durchzuführenden LRG des Jahres 2004 um 10 Mrd. € auf 25 Mrd. € zu erhöhen. 16. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten „Zur Förderung erneuerbarer Energien“ vor. 28. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2004 vor. Sie erwartet darin für 2004 ein Wirtschaftswachstum von 1,7 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH. 29. Jan. Im außerplanmäßig aktualisierten Deutschen Stabilitätsprogramm wird - insbesondere wegen der nur teilweise vorgezogenen Steuersenkungen - die erwartete Defizitquote 2004 leicht nach unten auf 3,25 vH revidiert. 13. Febr. Der Bundesrat lehnt mit seinen Einsprüchen sowohl die Gesetze zum Nachtragshaushalt 2003 als auch zum Bundeshaushalt 2004 ab. Die Einsprüche des Bundesrates werden am gleichen Tag mit „Kanzlermehrheit“ im Bundestag zurückgewiesen, so dass die Gesetze in Kraft treten können: - Das Nachtragshaushaltsgesetz 2003 erhöht das Haushaltsvolumen von 248,2 Mrd. € auf 260,2 Mrd. € und die Kreditaufnahme von 18,9 Mrd. € auf 43,4 Mrd. € [RB: -; GE: 30.10.2003; IKT: 1.1.2003; BGBl. 2004 I S. 222]. - Das Haushaltsgesetz 2004 sieht ein Haushaltsvolumen von 251,2 Mrd. € bei einem Defizit von 29,6 Mrd. € vor [RB: 2.7.2003; GE: 15.8.2003/ 13.11.2003/ 13.11.2003; IKT: 1.1.2004; BGBl. 2004 I S. 230]. 8. März Die EZB sowie 14 weitere europäische Zentralbanken einigen sich auf ein erneutes Goldabkommen, welches das vorangegangene zum 27. September ablöst und die Goldverkäufe in den folgenden fünf Jahren auf jährlich 500 Tonnen begrenzt. 10. März Die im Januar 2003 von der EZB beschlossenen Veränderungen des geldpolitischen Instrumentariums werden erstmalig umge- 2004 293 setzt: Die Mindestreserveerfüllungsperiode beginnt am Abwicklungstag des HRGs, das auf die Sitzung zur monatlichen Erörterung der Geldpolitik des EZB-Rates folgt; ebenfalls tritt zukünftig eine Veränderung der Zinssätze der ständigen Fazilitäten i.d.R. am Abwicklungstag dieses HRGs in Kraft. Erstmalig beträgt die Laufzeit eines zwei Tage zuvor ausgeschriebenen regulären HRGs nur eine Woche. 12. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (4. März) beschlossenen „Investitionszulagengesetz 2005“ zu, wodurch in den Jahren 2005 und 2006 getätigte Erstinvestitionen in den Betrieben des verarbeitenden Gewerbes und der produktiven Dienstleistungen in den neuen Bundesländern sowie Berlin weiterhin gefördert werden [RB: -; GE: 17.12.2003/ 3.3.2004; IKT: 24.1./ 17.6./ 4.7.2005; BGBl. I 2004 S. 438, BGBl. I 2005 S. 1059, 2514]. 16. April Ernst Welteke tritt infolge der „Adlon-Affäre“ vorzeitig vom Amt des Präsidenten der Deutschen Bundesbank zurück. Interimspräsident wird Dr. Jürgen Stark. 23. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2004 ein Wirtschaftswachstum von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 1,2 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH. Für 2005 werden ein Wachstum von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 1,2 vH und eine Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH prognostiziert. 24. April Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Keine Aufweichung der Pressefusionskontrolle“ vor. 30. April Dr. Axel Weber übernimmt das Amt des Präsidenten der Deutschen Bundesbank. 1. Mai Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern treten der EU bei, die fortan aus 25 Mitgliedsstaaten besteht. Durch den Beitritt von zehn Staaten zur EU gehören insgesamt 25 nationale Notenbanken sowie die EZB dem ESZB an. Zunächst werden die neuen Mitgliedsstaaten ihre Geldpolitik eigenständig fortführen. 11. Juni Der Bundesrat und der Bundestag (28. Mai) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Alterseinkünftegesetz, das gemäß den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts einen schrittweisen Übergang zu einer nachgelagerten Besteuerung der Altersbezüge im Rahmen der GRV sowie vergleichbarer privater Vorsorgeverträge vorsieht. Weiterhin werden die Regulierungen der „Riester-Renten“ vereinfacht und die Steuerfreit für Kapitallebensversicherungen ab dem Jahr 2005 abgeschafft [RB: 3.12.2003; GE: 26.2.2004/ 28.4.2004/ 26.5.2004; IKT: 1.1.2002, 1.1.2004, 1.1.2005; BGBl. I 2004 S. 1427]. 16. Juni Der Bundestag verabschiedet gegen den Einspruch des Bundesrates (14. Mai) das RV-Nachhaltigkeitsgesetz, das die Rentenanpassungsformel um einen Nachhaltigkeitsfaktor ergänzt, wodurch die Renten geringer steigen, falls das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern steigt. Darüber hinaus erfolgt eine stufenweise Anhebung des frühestmöglichen Renteneintritts nach Altersteilzeit oder aufgrund von 294 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Arbeitslosigkeit sowie die Einschränkung einer rentensteigernden Berücksichtigung von Ausbildungszeiten [RB: 3.12.2003; GE: 9.12.2003/ 10.3.2004; IKT: 1.1.1992, 7.5.1996, 1.1.1998, 1.1.1999, 1.1.2002, 1.8.2003, 1.4./ 1.5./ 27.7./ 1.8.2004, 1.1.2005, 1.1.2006; BGBl. I 2004 S. 1791]. 23. Juni Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2005 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2008: - Bundeshaushalt 2005: Bei einem Ausgabenvolumen von 258,3 Mrd. € wird ein Defizit in Höhe von 22 Mrd. € veranschlagt, das mit 0,8 Mrd. € hinter den Investitionen zurückbleibt. Durch Privatisierungserlöse in Höhe von 15,5 Mrd. € soll eine abermalige Überschreitung der Nettokreditaufnahme gegenüber den investiven Ausgaben vermieden werden. - Finanzplanung 2005: Für 2006 sollen die Ausgaben um 1,8 vH sinken und in den beiden Folgejahren um 1,4 bzw. 1,1 vH wieder ansteigen. Da ab 2006 keine weiteren Privatisierungserlöse zu erwarten sind, sieht die mittelfristige Finanzplanung nur eine geringfügige Defizitreduzierung bis auf knapp unter 20 Mrd. € im Jahr 2008 vor. 27. Juni Estland, Litauen und Slowenien nehmen am WKM II teil, wodurch für alle drei Landeswährungen eine Standardschwankungsbreite von ± 15 vH bezogen auf ihre festgelegten Leitkurse gegenüber dem Euro gilt. Estland und Litauen halten überdies die Fixierung ihrer Währung an den Euro aufrecht, ohne dass hierdurch der EZB Pflichten entstehen. 8.-10. Juli In Sea Island (Vereinigte Staaten) findet der 30. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind die weltwirtschaftliche Entwicklung, die Lage auf dem Ölmarkt, die Integration der Entwicklungsländer in den Weltmarkt, ein Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt sowie eine verbesserte Koordination für die Entwicklung eines AIDS-Impfstoffes. 9. Juli Der Bundesrat und der Bundestag (2. Juli) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch“, das bis zu 69 Gemeinden - zunächst für sechs Jahre - die Möglichkeit eröffnet, die Verantwortung für die Grundsicherung für Arbeitssuchende zu übernehmen (Kostenübernahme durch den Bund). Über eine Revisionsklausel zur Beteiligung des Bundes an den Unterbringungskosten für ALG-II-Empfänger werden die kommunalen Haushalte mit bis zu 2,5 Mrd. € entlastet. Durch Festlegung des Bundesanteils auf 29,1 vH tritt eine zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts in Höhe von 1,5 Mrd. € ein [RB: -; GE: 30.3.2004/ 28.4.2004/ 30.6.2004; IKT: 6.8.2004, 1.1.2005; BGBl. I 2004 S. 2014]. 13. Juli Der EuGH gibt einer Klage der Europäischen Kommission gegen den Ecofin-Rat statt, der entgegen der Empfehlung der Kommission Deutschland und Frankreich im Defizitverfahren nicht in Verzug gesetzt hatte, sondern außerhalb des regulären Verfahrens Empfehlungen an die beiden Länder gab. Wenngleich der Ministerratsbeschluss für nichtig erklärt wurde, weil er nicht auf einem Vorschlag der Kommission beruhte, stellte der EuGH aber fest, dass der Rat die Vorlage zurückweisen darf. Das Defizitverfahren ruht infolgedessen weiterhin [EuGH, Urteil Kommission/ Rat, C-27/ 04]. 2004 295 7. Sept. Der EuGH erklärt in seinem Urteil, dass aufgrund der Kapitalverkehrsfreiheit die in einem anderen Mitgliedsstaat geleistete Körperschaftssteuer im Land der unbeschränkten Steuerpflicht vollständig angerechnet werden muss [EuGH, Urteil v. 7.9.2004, C-319/ 02]. 24. Sept. Der Bundestag beschließt das „Vierte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“, wodurch Existenzgründungszuschüsse einer kritischeren Vorprüfung als bisher bedürfen. Überdies gilt ab 1. Januar 2005 ein Vermögensgrundfreibetrag von 4 100 € je Kind im Rahmen einer ALG-II-Antragstellung [RB: -; GE: 6.9.2004; IKT: 1.1./ 1.5./ 27.11.2004, 1.1.2005, 1.2.2006; BGBl. 2004 I S. 2902]. 6. Okt. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zu einem Nachtrag zum Bundeshaushalt 2004, der vorwiegend die erwarteten Steuermindereinnahmen sowie einen geringeren Bundesbankgewinn berücksichtigt. Das Defizit steigt um 14,5 Mrd. € auf 44 Mrd. € an und überschreitet damit die Investitionssumme, was mit der Abwehr eines gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichts begründet wird. 15. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2004 ein Wirtschaftswachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 1,7 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH. Für 2005 werden ein Wachstum von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 5. Nov. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (1. Oktober) verabschiedeten „Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung“ zu, wodurch die Arbeiter- und die Angestelltenrentenversicherung - v.a. zur Einsparung von Verwaltungskosten - zur Deutschen Rentenversicherung zusammengeführt werden [RB: -; GE: 24.8.2004/ 29.9.2004; IKT: 1.1./ 15.12. 2004, 1.1./ 1.10.2005, 1.1.2006; BGBl. I 2004 S. 3242]. 12. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2004/ 05 vor. Er prognostiziert für 2004 ein Wirtschaftswachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 1,2 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH. Für 2005 werden ein Wachstum von 1,4 vH, eine Preissteigerung von 1,2 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,4 vH prognostiziert. 23. Nov. Der Bundestag verabschiedet das Nachtragshaushaltsgesetz 2004, das das Haushaltsvolumen von 257,3 Mrd. € auf 255,6 Mrd. € senkt und die Kreditaufnahme von 29,3 Mrd. € auf 43,7 Mrd. € erhöht [RB: 6.10.2004; GE: 15.10.2004/ 17.11.2004; IKT: 1.1.2004; BGBl. I 2004 S. 3662]. 26. Nov. Gegen die Einsprüche des Bundesrates verabschiedet der Bundestag folgende Gesetze: - Das „Gesetz zur Berücksichtigung von Kindererziehung im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung“ verlangt fortan für ab 1940 geborene Kinderlose nach Vollendung ihres 23. Lebensjahres einen Zusatzbeitrag von 0,25 Beitragssatzpunkte zur sozialen Pflegeversiche- 296 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland rung [RB: -; GE: 3.9.2004/ 29.9.2004; IKT: 1.1.2005; BGBl. I 2004 S. 3448]. - Das „Gesetz zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz“ führt zum 1. Juli 2005 einen Sonderbeitrag von 0,9 vH zur GKV ein, der ausschließlich von den Mitgliedern zu entrichten ist. Gleichzeitig müssen die Krankenkassen ihre Beitragssätze um 0,9 vH senken, wodurch Arbeitgeber und Rentenkassen entlastet werden sollen [RB: -; GE: 6.9.2004/ 29.9.2004; IKT: 21.12.2004, 1.2.2005; BGBl. I 2004 S. 3445]. 1. Dez. Das vom Bundeskabinett aktualisierte Deutsche Stabilitätsprogramm sieht die Rückführung der Defizitquote von 3,75 vH (2004) auf 2,9 vH (2005) bzw. langfristig auf bis zu 1,5 vH (2008) vor (unter Annahme eines Rückgangs der staatlichen Ausgabenquote um 4 Prozentpunkte auf 43,5 vH im Jahr 2008). Die Schuldenstandsquote wird hingegen voraussichtlich von 65,5 vH zunächst noch ansteigen und schließlich bis 2008 auf 65 vH sinken, wodurch weiterhin das Maastricht-Kriterium von 60 vH deutlich überschritten wird. 14. Dez. Die Europäische Kommission lässt das Defizitverfahren gegen Deutschland weiterhin ruhen, da die im Stabilitätsprogramm aufgeführten Maßnahmen zur Einhaltung der Defizitquote als ausreichend erachtet werden. 15. Dez. Gegen den Bundeshaushalt 2004 reichen unter dem Vorwurf der Nichteinhaltung des Vollständigkeitsprinzips und des Wahrheitsgebots (GG Art. 110) sowie der Verschuldungsgrenze (GG Art. 115) die Bundestagsfraktionen von CDU/ CSU und FDP Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht ein. 17. Dez. Der Bundesrat verweist das Haushaltsgesetz 2005 an den Vermittlungsausschuss. Die von Bundesrat und Bundestag im Jahr 2003 gemeinsam eingesetzte Föderalismuskommission scheitert mit dem Versuch einer Neuregelung, die Verantwortlichkeiten der verschiedenen staatlichen Ebenen klarer zu strukturieren und Gesetzgebungsverfahren zu erleichtern. Anhaltende Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und Ländern über Zuständigkeiten in der Bildungspolitik ließen eine Kompromissfindung nicht zu. 20. Dez. Die Deutsche Bundesbank beschließt den Verkauf von acht Tonnen Gold an das Bundesfinanzministerium für dessen regelmäßiges Goldmünzprogramm und nutzt dafür die ihr zustehende Verkaufsoption aus dem ersten Jahr des erneuerten Goldabkommens (2004-2009). 2005 1. Jan. In der GRV sowie vergleichbarer privater Vorsorgeprodukte erfolgt ein schrittweiser Übergang zur nachgelagerten Besteuerung; Absenkung des Eingangssatzes bei den Einkommenssteuertarifen um einen Prozentpunkt auf 15 vH und des Spitzensatzes um drei Prozentpunkte auf 42 vH durch die letzte Stufe der Steuerreform 2000; Kinderlose führen einen Sonderbeitrag von 0,25 vH zur Pflegeversicherung ab; für Erwerbsfähige wird die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II zusammengelegt; auf deutschen Autobahnen gilt eine LKW-Maut. 2005 297 14. Jan. Der EZB-Rat beschließt hinsichtlich LRG im Jahr 2005, den Zuteilungsbetrag um 5 Mrd. € auf 30 Mrd. € zu erhöhen, um dem gesteigerten Liquiditätsbedarf des europäischen Bankensystems zu entsprechen. 26. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2005 vor. Sie erwartet für 2005 ein Wirtschaftswachstum von 1,6 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH. 18. Febr. Der Bundestag weist den Einspruch des Bundesrates gegen den Bundeshaushalt 2005 zurück, so dass dieser rückwirkend in Kraft tritt. Im Haushaltsgesetz 2005 stehen Ausgaben in Höhe von 254,3 Mrd. € Einnahmen von 232 Mrd. € gegenüber. Die Finanzierungslücke von 8 Mrd. € soll durch Veräußerung von Ansprüchen der Postpensionskassen, Verschiebung von Privatisierungserlösen und Erhöhung der globalen Minderausgabe geschlossen werden. Das Haushaltsdefizit wird dadurch auf rd. 22,5 Mrd. € begrenzt und die Obergrenze für eine Nettokreditaufnahme von 22 Mrd. € knapp eingehalten werden [RB: 23.6. 2004; GE: 13.8.2004/ 11.11.2004/ 11.11.2004; IKT: 1.1.2005; BGBl. I 2005 S. 467]. 18. März Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Alterung und Familienpolitik“ vor. 29. April Lettland, Zypern und Malta nehmen am WKM II teil, wodurch für alle drei Landeswährungen eine Standardschwankungsbreite von ± 15 vH bezogen auf ihre festgelegten Leitkurse gegenüber dem Euro gilt. Lettland behält überdies einseitig die Fixierung seiner Währung an den Euro mit einer 1-Prozent-Bandbreite aufrecht, ohne dass hierdurch der EZB Pflichten entstehen. 22. Mai Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen verliert die letzte rot-grüne Landesregierung ihre Mehrheit, was insbesondere auf die Agenda-2010-Politik der Bundesregierung zurückgeführt wird. Daraufhin erklärt Bundeskanzler Schröder, die Vertrauensfrage stellen zu wollen, um im Herbst Neuwahlen zum Bundestag zu ermöglichen. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2005 ein Wirtschaftswachstum von 0,7 vH, eine Preissteigerung von 1,7 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH. Für 2005 werden ein Wachstum von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,9 vH prognostiziert. 17. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung des Vierten und Sechsten Buches Sozialgesetzbuch“. Mit dem Inkrafttreten müssen die Sozialabgaben für am Monatsende gezahlten Löhne und Gehälter auch im gleichen Monat abgetreten werden. Aus dieser einmaligen zusätzlichen Beitragseinnahme wird das Jahresergebnis der BA und der GRV günstiger ausfallen. Da in der VGR die Sozialbeiträge periodengerecht erfasst werden, ist in dieser Abgrenzung von einem höheren Defizit auszugehen [RB: -; GE: 31.5.2005; IKT: 1.1.2006; BGBl. I 2005 S. 2269]. Der Bundesrat und der Bundestag (16. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über die siebte Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, wodurch insbe- 298 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland sondere eine Anpassung an das EG-Wettbewerbsrecht erfolgt. Neben einer Abschaffung des bisherigen Anmelde- und Genehmigungssystems zugunsten einer Legalausnahme, wodurch bei wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen von Unternehmen eine Selbsteinschätzung erfolgt, die nachträglich durch die Kartellbehörden kontrolliert wird, sollen die zivilrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten verbessert werden [RB: -; GE: 12.8.2004/ 9.3.2005/ 15.6.2005; IKT: 1.7.2005; BGBl. I 2005 S. 1954]. 1. Juli Bundeskanzler Schröder wird im Bundestag von der Mehrheit der Abgeordneten das Vertrauen entzogen, woraufhin Bundespräsident Dr. Horst Köhler am 21. Juli den 15. Deutschen Bundestag auflöst. Der paritätisch aufgeteilte allgemeine Beitragssatz der Krankenkassen wird um 0,9 Prozentpunkte gesenkt und gleichzeitig ein Sonderbeitrag in gleicher Höhe eingeführt, der ausschließlich von den Krankenkassenmitgliedern zu tragen ist. 6.-8. Juli In Uachdar Ardair - Hotel Gleneagles (Vereinigtes Königreich) findet der 31. Weltwirtschaftsgipfel statt. Im Zentrum der Gespräche steht die Entwicklung Afrikas, infolgedessen ein Schuldenerlass in Höhe von 40 Mrd. US-$ bestätigt sowie zusätzliche Entwicklungshilfen von jährlich 50 Mrd. US-$ bis 2010 verabredet werden. Weitere Schwerpunkte bilden die Klimapolitik und die Bekämpfung des Terrorismus. Das Gipfeltreffen überschattet ein islamistischer Terroranschlag (7. Juli) auf den Londoner Nahverkehr, weswegen insbesondere die Terrorismusproblematik in den Fokus der Besprechungen tritt. 8. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (3. Juni) verabschiedeten Freibetragsneuregelungsgesetz zu, wodurch die zulässigen Hinzuverdienstgrenzen von Erwerbseinkommen für den Bezug von ALG II angehoben werden [RB: -; GE: 12.5.2005/ 1.6.2005; IKT: 1.9./ 1.10.2005; BGBl. I 2005 S. 2407]. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten „Zur finanziellen Stabilität des deutschen Föderalstaates“ vor. 13. Juli Im Hinblick auf die Neuwahl des Bundestages verzichtet die Bundesregierung auf die Verabschiedung eines Haushaltsentwurfes für 2006 sowie die mittelfristige Finanzplanung. Die vom Bundesfinanzministerium vorgelegten Dokumente sehen für 2006 eine Nettokreditaufnahme von 22 Mrd. € vor. Um die Verschuldungsgrenze des Grundgesetzes einzuhalten, sind Privatisierungserlöse von 23 Mrd. € vorgesehen. Fernerhin sollen Anspruchsverbriefungen der Postpensionskasse den Bundeshaushalt um 5,5 Mrd. € sowie der Wegfall der Beteiligung des Bundes an den Unterbringungskosten für ALG-II-Empfänger um 3 Mrd. € entlasten. Der Konsolidierungsbedarf, um auch in der mittelfristigen Finanzplanung ab 2007 die Verschuldungsgrenze einhalten zu können, wird auf jährlich 25 Mrd. € beziffert. 1. Sept. Die letzte Stufe der Tabaksteuererhöhung tritt in Kraft. 18. Sept. Bei den Wahlen zum 16. Deutschen Bundestag verliert die bisherige Regierungskoalition aus SPD und Bündnis 90/ Die Grünen die absolute Mehrheit. Die Unionsparteien erhalten 35,2 vH (CDU: 27,8 2005 299 vH; CSU: 7,4 vH) der Wählerstimmen, die SPD 34,2 vH, Bündnis 90/ Die Grünen 9,8 vH, Die Linke 8,7 vH sowie die FDP 9,8 vH. Sowohl einer Neuauflage der bisherigen Regierungskoalition als auch einer aus Union und FDP gebildeten Regierung fehlt damit eine absolute Mehrheit. 1. Okt. Die bisherige Trennung der Rentenversicherung für Arbeiter und Angestellte endet und die Deutsche Rentenversicherung tritt an ihre Stelle. 15. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2005 ein Wirtschaftswachstum von 0,8 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH. Für 2006 werden ein Wachstum von 1,2 vH, eine Preissteigerung von 1,7 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH prognostiziert. 3. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2005/ 06 vor. Er prognostiziert für 2005 ein Wirtschaftswachstum von 0,8 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH. Für 2006 werden ein Wachstum von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,4 vH prognostiziert. 22. Nov. Dr. Angela Merkel (CDU) wird vom Bundestag zum Bundeskanzler gewählt und legt ihren Amtseid ab. Anschließend wird die Bildung der Bundesregierung mit der Vereidigung der Bundesminister abgeschlossen. Dem Kabinett gehören fünf Minister der CDU, zwei Minister der CSU und acht Minister der SPD an. Bundesfinanzminister wird Peer Steinbrück (SPD), Michael Glos (CSU) wird Minister für Wirtschaft und Technologie und Franz Müntefering (SPD) übernimmt das Ministerium für Arbeit und Soziales. 25. Nov. Die Slowakei nimmt am WKM II teil, wodurch für die Slowakische Krone eine Standardschwankungsbreite von ± 15 vH bezogen auf ihren festgelegten Leitkurs gegenüber dem Euro gilt. 1. Dez. Der EZB-Rat beschließt, um jeweils einen viertel Prozentpunkt den Mindestbietungssatz für HRG auf 2,25%, den Zinssatz für SRF auf 3,25% sowie die Einlagefazilität auf 1,25% (mit Wirkung zum 6. Dezember) zu erhöhen. 16. Dez. Der EZB-Rat beschließt hinsichtlich LRG für das Jahr 2006, den Zuteilungsbetrag um 10 Mrd. € auf 40 Mrd. € zu erhöhen, um dem gesteigerten Liquiditätsbedarf des europäischen Bankensystems zu entsprechen. Auch wenn sich der Anteil der LRG am Refinanzierungsvolumen der Finanzinstitute leicht erhöht, soll der Großteil der Liquidität weiterhin über HRG bereitgestellt werden. 21. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag (15. Dezember) verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Mit dem „Gesetz zur Abschaffung der Eigenheimzulage“ wird eine der größten Subventionen abgeschafft, wodurch sich bis 2013 Einsparungen im Umfang von 5,9 Mrd. € ergeben [RB: -; GE: 29.11.2005; IKT: 1.1.2006; BGBl. I 2005 S. 3680]. 300 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland - Das „Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen“ soll die Attraktivität von Steuerstundungsmodellen einschränken und Steuerausfälle vermeiden (Mehreinnahmen 2006: 0,55 Mrd. €, 2007: 1,62 Mrd. €, 2008 bis 2010 jeweils rd. 2,14 Mrd. €) [RB: -; GE: 29.11.2005; IKT: 31.12.2005; BGBl. I 2005 S. 3683]. - Das „Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm“ schafft u.a. die Steuerfreiheit für Abfindungen und den Sonderausgabenabzug für private Steuerberatungskosten ab (Mehreinnahmen 2006: 0,09 Mrd. €, 2007: 0,74 Mrd. €, 2008: 1,12 Mrd. €, 2009: 1,18 Mrd. €, 2010: 1,26 Mrd. €) [RB: -; GE: 29.11. 2005/ 14.12.2005; IKT: 1.1.2006: BGBl. 2005 I S. 3682]. 2006 1. Jan. Die Eigenheimzulage für Neufälle, die Steuerfreiheit von Abfindungen sowie der Sonderausgabenabzug für private Steuerberatungskosten entfallen. Beschränkungen in der Verlustrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen werden wirksam. Die meisten Arbeitgeber müssen fortan die Sozialbeiträge zwei Wochen früher abführen. Die Regelung, wonach Personen ab 58 Jahren Lohnersatzleistungen beziehen können, ohne gleichzeitig dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen zu müssen, wird bis zum Jahresende 2007 verlängert. 21. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Der deutsche Arbeitsmarkt in Zeiten globalisierter Märkte“ vor. 25. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2006 vor. Sie erwartet darin für 2006 ein Wirtschaftswachstum von 1,4 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und eine unveränderte Zahl von Erwerbstätigen. 16. Febr. Der Finanzplanungsrat beschließt, den Ausgabenzuwachs von Bund, Ländern und Gemeinden im Zeitraum 2007 bis 2009 auf jahresdurchschnittlich 1 vH zu begrenzen. Darüber hinaus besteht weitgehend Einigkeit, die Umsatzsteuer ab 2007 um drei Prozentpunkte anzuheben. 17. Febr. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung“. Damit gilt ein zweijähriges Moratorium für alle Arzneimittelpreise, ein zehnprozentiger Zusatzrabatt auf die Herstellerabgabepreise von Generika sowie ein Verbot von Naturalrabatten an Apotheken. Durch Umgestaltung des Festbetragssystems sowie ein Bonus-Malus-System für die verordnenden Ärzte soll der Anstieg der Arzneimittelausgaben gebremst werden. Für die gesetzlichen Krankenkassen werden jährlich Einsparungen in Höhe von 1,3 Mrd. € erwartet [RB: -; GE: 13.12.2005/ 15.2.2006; IKT: 15.12.2005, 17.2./ 1.5.2006; BGBl. I 2006 S. 984]. 20. Febr. Die Bundesbank reagiert infolge des Bekanntwerdens von Unterschlagungsdelikten bei einem Geld- und Werttransportunternehmen auf einen möglichen Engpass in der Bargeldversorgung mit der vorübergehenden Verlängerung die Öffnungszeiten ihrer Schalter sowie einem Sonderöffnungstag ihrer Filialen am Samstag (25. Februar). 2006 301 22. Febr. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2006 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2009: - Bundeshaushalt 2006: Das Ausgabenvolumen wird mit 261,7 Mrd. € veranschlagt, wobei die Nettokreditaufnahme mit 38,5 Mrd. € die Investitionen um 15 Mrd. € übersteigt, was mit der Gefahr einer ernsthaften Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts begründet wird. - Finanzplanung 2006: Die grundgesetzlich (GG Art. 115) regulierte Neukreditaufnahme soll in den Folgejahren wieder eingehalten werden, wofür neben Steuererhöhungen auch die Verwertung von Bundesvermögen herangezogen werden sollen. Für 2007 sind Ausgabensteigerungen von 2,8 vH vorgesehen, in den beiden Folgejahren sollen die Ausgaben lediglich um 1,3 vH bzw. 1,0 vH zunehmen. Das ebenso verabschiedete aktualisierte Deutsche Stabilitätsprogramm sieht für das laufende Jahr eine Defizitquote von 3,3 vH vor, wobei für 2007 eine deutliche Rückführung auf 2,5 vH - und damit die Einhaltung des Referenzwertes - in Aussicht genommen wird. Für 2006 werden ein Anstieg der Schuldenstandsquote auf 69 vH und in den Jahren darauf ein leichter Rückgang erwartet. 2. März Der EZB-Rat hebt mit Wirkung zum 8. März den Mindestbietungssatz für die HRG auf 2,5% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 3,5% bzw. 1,5% an (Erhöhung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). 10. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (17. Februar) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ zu, wonach der ALG-II-Regelsatz im Osten Deutschlands auf das Westniveau angehoben (345 €/ Monat) und der RV-Beitrag für ALG-II- Bezieher ab 2007 nahezu halbiert wird [RB: -; GE: 29.11.2005/ 15.2.2006; IKT: 1.4./ 1.7. 2006, 1.1.2007; BGBl. I 2006 S. 558]. 14. März Der Ecofin-Rat beschließt, Deutschland einem verschärften Defizitverfahren zu unterwerfen und wird gemäß Art. 104 (9) EG-Vertrag mit einer Fristverlängerung bis 2007 in Verzug gesetzt. 7. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag verabschiedeten „Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung“ zu, wonach u.a. befristete Abschreibevergünstigungen, eine Steuerermäßigung für Handwerkerrechnungen sowie höhere Umsatzgrenzen für die Ist-Versteuerung bei der Umsatzsteuer eingeführt werden (Steuermindereinnahmen zwischen 2,8 Mrd. € (2006) und 1,3 Mrd. € (2010)) [RB: -; GE: 14.2.2006/ 15.3.2006; IKT: 6.5./ 1.7.2006; BGBl. I 2006 S. 1091]. 26. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2006 ein Wirtschaftswachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für 2007 werden ein Wachstum von 1,2 vH, eine Preissteigerung von 2,3 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 13. Mai Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten zu „Mehr Wettbewerb 302 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland im System der Gesetzlichen Krankenversicherung“ vor. 8. Juni Der EZB-Rat hebt mit Wirkung zum 15. Juni den Mindestbietungssatz für die HRG auf 2,75% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 3,75% bzw. 1,75% an (Erhöhung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). Die EZB veröffentlicht erstmals Wachstums- und Inflationsprognosen, die die Markterwartungen über kurzfristige Zinsen berücksichtigen. 16. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (19. Mai) verabschiedeten Haushaltsbegleitgesetz 2006 zu, wodurch der Regelsatz der Umsatz- und der Versicherungssteuer ab 2007 von 16 vH auf 19 vH erhöht wird. Hingegen sinkt der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um zwei Prozentpunkte auf 4,5 vH. Begrenzt wird die SV-Freiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen auf einen Stundenlohn von 25 €. Für geringfügig Beschäftigte steigt der Pauschalabgabensatz um fünf Prozentpunkte auf 30 vH; zum Ausgleich wird der allgemeine Bundeszuschuss an die GRV gekürzt. Die Beiträge von ALG-II-Empfängern an die GKV werden verringert und auch der Bundeszuschuss an die GKV soll 2007 von 4,2 Mrd. € auf 1,5 Mrd. € sinken und danach entfallen. Be- und Entlastungen der öffentlichen Haushalte: Bund von 890,8 Mill. € (2006) bis 15,9 Mrd. € (2009); Länder von -105,8 Mill. € (2006) bis 6,9 Mrd. € (2009) [RB: 22.2.2006; GE: 17.3.2006/ 17.5.2006; IKT: 1.7./ 1.8.2006, 1.1.2007; BGBl. I 2006 S. 1402]. 23. Juni Der Bundestag beschließt den Bundeshaushalt 2006, der gegenüber dem Entwurf vom Februar Ausgabenreduzierungen von 10 Mrd. € vorsieht und die Kreditermächtigung nur geringfügig reduziert [RB: 22.2.2006; GE: 17.3.2006/ 1.6.2006/ 1.6.2006; IKT: 1.1.2006; BGBl. I 2006 S. 1634]. 29. Juni Der Finanzplanungsrat empfiehlt, ein jahresdurchschnittliches Ausgabenwachstum bei Bund, Ländern und Gemeinden in den Jahren 2007 bis 2010 von 1 vH anzustreben. Am Defizitabbau ab 2008 von jährlich 0,5 vH des BIP nach den Vorgaben des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakt wird festgehalten. 5. Juli Die Bundesregierung beschließt den Haushaltsentwurf 2007, der ein Volumen von 267,6 Mrd. € sowie eine Rückführung der Nettokreditaufnahme auf 22 Mrd. € vorsieht. Zu dieser Entwicklung tragen höher erwartete Mehreinnahmen (u.a. aus Steuererhöhungen), umfangreiche Vermögensveräußerungen und Belastungsverschiebungen auf andere öffentliche Haushalte bei. Die mittelfristige Finanzplanung bis 2010 sieht eine Verringerung der Nettokreditaufnahme auf 20,5 Mrd. € vor. Der von der Bundesregierung der EU- Kommission erstattete Umsetzungsbericht zu Maßnahmen für den Abbau des übermäßigen Defizits geht für 2006 von einer Defizitquote von 3,1 vH und für 2007 von 2,5 vH aus. Der Vorgabe nach einer strukturellen Konsolidierung um 1 vH des BIP soll sowohl mit einnahmenerhöhenden als auch mit ausgabensenkenden Maßnahmen entsprochen werden. 7. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Durch die mit Zweidrittelmehrheit beschlossene Grundgesetzänderung zur ersten Stufe der Föderalismusreform 2006 303 (BT-Beschluss: 30. Juni) erfolgt eine Entflechtung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern und die Streichung von Mischfinanzierungstatbeständen. Durch die künftige Landeshoheit über Besoldung und Dienstrecht ihrer Beamten sollen den Ländern Gestaltungsspielräume eröffnet werden [RB: -; GE: 7.3.2006/ 7.3.2006/ 28.6.2006/ 28.6.2006; IKT: 1./ 12.9.2006, 1.1.2007; BGBl. I 2006 S. 2034, 2098]. - Das „Steueränderungsgesetz 2007“ (BT- Beschluss: 29. Juni) soll zur dauerhaften Sanierung der öffentlichen Haushalte beitragen. Hierfür wird die Bergmannsprämie abgeschafft, die Pendlerpauschale auf Entfernungen von über 20 km beschränkt, der Sparerfreibetrag um fast 50 vH gesenkt, die Altersgrenze für Kindergeldbezug herabgesetzt und ein höherer Spitzensteuersatz für nichtunternehmerische Einkünfte eingeführt. Die Mehreinnahmen steigen in den Jahren von 2007 bis 2010 von 2,1 Mrd. € auf 5,4 Mrd. € [RB: -; GE: 19.6.2006/ 29.6.2006; IKT: 25.7.2006, 1.1.2007; BGBl. I 2006 S. 1652].´ - Durch das „Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ (BT-Beschluss: 1. Juni) soll der gesamte Prozess im ALG-II-Bezug optimiert werden. Hierfür sind Ausweitungen der Arbeitsgelegenheiten (Ein-Euro-Jobs), die Zusammenführung von Überbrückungsgeld und Existenzgründungszuschuss (Ich-AG) zu einem Gründungszuschuss für Existenzgründer sowie Sanktionsverschärfung und intensivere Prüfung auf Leistungsmissbrauch vorgesehen. Für Bund und Gemeinden steigen die Haushaltsentlastungen in den Jahren 2006 bis 2009 von jeweils 0,5 Mrd. € bis auf 1,5 Mrd. € [RB: -; GE: 9.5.2006/ 31.5.2006; IKT: 1.1.2005, 1.6./ 1.8.2006, 1.1.2007; BGBl. I 2006 S. 1706]. 12. Juli Die Bundesregierung beschließt Eckpunkte einer für 2008 in Aussicht genommenen Unternehmenssteuerreform. Neben Entlastungen von Personenunternehmen soll die steuerliche Gesamtbelastung der Gewinne von Körperschaften auf unter 30 vH begrenzt werden. Vorgesehen ist auch eine Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. Die Einnahmenausfälle sollen durch Gegenfinanzierungsmaßnahmen auf jährlich 5 Mrd. € begrenzt werden. 15.-17. Juli In Sankt Petersburg (Russland) findet der 32. Weltwirtschaftsgipfel statt. Im Mittelpunkt der Beratungen stehen Fragen der globalen Energieversorgung, Sicherheit und Wirtschaftsentwicklung. Mit Ausnahme Deutschlands bekennen sich die übrigen G8-Staaten zur Nutzung der Kernenergie als Beitrag zur globalen Energiesicherheit, Verminderung der Luftverschmutzung und zur Bewältigung des Klimawandels. Durch die kurz zuvor ausgebrochene Israel-Libanon-Krise rücken andere Themen in den Hintergrund. 3. Aug. Der EZB-Rat hebt mit Wirkung zum 9. August den Mindestbietungssatz für die HRG auf 3,0% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 4,0% bzw. 2,0% an (Erhöhung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). 26. Sept. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Mehr Vertragsfreiheit, geringere Regulierungsdichte, weniger Bürokratie“ vor. 5. Okt. Der EZB-Rat hebt mit Wirkung zum 11. Oktober den Mindestbietungssatz für die HRG 304 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland auf 3,25% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 4,25% bzw. 2,25% an (Erhöhung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). 17. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2006 ein Wirtschaftswachstum von 2,3 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für 2007 werden ein Wachstum von 1,4 vH, eine Preissteigerung von 2,2 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH prognostiziert. 19. Okt. Das Bundesverfassungsgericht weist eine Normenkontrollklage des Landes Berlin zurück, in der ein Anspruch auf Bundeshilfen zur Überwindung einer extremen Haushaltsnotlage begründet wurde. Weder sah das Gericht eine solche Notlage als gegeben an, noch seien alle möglichen Maßnahmen ergriffen worden, um auf eine Überwindung der schwierigen Finanzlage hinzuwirken [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 19.10.2006, 2 BvF 3/ 03]. 27. Okt. Der Bundestag verabschiedet das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, wodurch die Einführung der direkten Morbiditätsorientierung im Risikostrukturausgleich auf Anfang 2009 verschoben sowie den Krankenkassen in begründeten Ausnahmefällen gestattet wird, ihre Entschuldung bis Ende 2008 aufzuschieben. Die Honorierung der Privatbehandlung wird in den neuen Bundesländern an das Westniveau angeglichen [RB: -; GE: 30.8.2006/ 25.10.2006; IKT: 1.1./ 27.10.2006, 1.1.2007; BGBl. I 2006 S. 3439]. 1. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2006/ 07 vor. Er prognostiziert für 2006 ein Wirtschaftswachstum von 2,4 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH. Für 2007 werden ein Wachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 2,0 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH prognostiziert. 3. Nov. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (29. September) verabschiedeten „Gesetz zur Einführung des Elterngeldes“ zu, wonach der Bund für einen Zeitraum von 14 Monaten nach der Geburt eines Kindes eine monatliche Geldleistung in Höhe von 67 vH des in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt erzielten Nettoeinkommens (begrenzt auf maximal 1 800 €, entfällt bei Erwerbstätigkeit) leistet. Es werden Ausgaben in Höhe von 3,5 Mrd. € (2007), 4,4 Mrd. € (2008) sowie 3,8 Mrd. € (2009) erwartet [RB: -; GE: 20.6.2006/ 27.9.2006; IKT: 1.1.2007; BGBl. I 2006 S. 2748]. 24. Nov. Der Bundestag beschließt den Bundeshaushalt 2007, der Ausgaben von 270,5 Mrd. € und eine Nettokreditaufnahme von 19,5 Mrd. € vorsieht. Mehrbelastungen entstehen vor allem durch eine höhere Beteiligung an Unterkunftskosten für ALG-II- Empfänger. In der Bundesverwaltung sollen im Haushaltsjahr 2007 1,2 vH der Planstellen des Bundeshaushaltsplans eingespart werden [RB: 5.7.2007; GE: 14.11.2006/ 27.9.2006/ 9.11.2006; IKT: 1.1.2007; BGBl. 2006 I S. 3346]. 29. Nov. Die Bundesregierung beschließt das aktualisierte Deutsche Stabilitätsprogramm, wonach die Defizitquote 2006 auf 2,1 vH 2006/ 2007 305 und 2007 - v.a. wegen der Mehrwertsteuererhöhung - auf 1,5 vH sinken soll. Das strukturelle Defizit wird - da die Einnahmen aus gewinnabhängigen Steuern nicht als konjunkturell bedingt eingestuft werden - in den Jahren 2006 und 2007 kumuliert um 1,25 Prozentpunkte zurückgeführt, wodurch der Vorgabe des Ecofin-Rats (ein Prozentpunkt) entsprochen wird. Obgleich einer prognostizierten günstigen Wirtschaftsentwicklung über das Jahr 2007 hinaus, wird im Jahr 2010 mit einem erwarteten strukturellen Defizit von 1 vH des BIP das Ziel aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt eines mittelfristig ausgeglichenen Haushalts nicht erreicht. 30. Nov. Der Bundestag beschließt, den Beitragssatz zur GRV um 0,4 Prozentpunkte auf 19,9 vH anzuheben, um zur Stabilisierung des Beitragssatzes unter 20 vH beizutragen. Weiterhin sieht das Gesetz aufgrund einer Ausschussempfehlung die Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung ab 2007 von 4,5 auf 4,2 vH vor [RB: -; GE: 7.11.2006/ 29.11.2006; IKT: 28.12.2006, 1.1.2007; BGBl. I 2006 S. 3286]. 7. Dez. Der EZB-Rat hebt mit Wirkung zum 13. Dezember den Mindestbietungssatz für die HRG auf 3,5% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 4,5% bzw. 2,5% an (Erhöhung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). 15. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (1. Dezember) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des Finanzausgleichsgesetzes“ zu, wonach sich der Bund ab 2007 an den Unterkunftskosten von ALG-II-Empfängern mit 31,2 vH beteiligt (für Baden- Württemberg 35,2 vH und Rheinland-Pfalz 41,2 vH) und eine Überprüfung der Angemessenheit im Jahr 2010 vorsieht [RB: -; GE: 7.11.2006/ 30.11.2006; IKT: 1.1.2007; BGBl. I 2006 S. 3376]. 2007 1. Jan. Neuregelungen bei der Umsatz-, Versicherungsowie Einkommensteuer treten in Kraft. Das Elterngeld ersetzt das bisherige Erziehungsgeld. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinkt von 6,5 vH auf 4,2 vH, der Beitragssatz zur GRV steigt um 0,4 Prozentpunkte auf 19,9 vH. Zahlreiche Krankenkassen erhöhen zum Teil deutlich ihre Beiträge (durchschnittlich um einen halben Prozentpunkt auf 14,8 vH). Für den Finanzmarkt werden Immobilien-Aktiengesellschaften als Instrument der indirekten Immobilienanlage zugelassen. Slowenien führt als 13. EU-Staat den Euro ein. Bulgarien und Rumänien treten der EU bei, unterliegen aber in Kernbereichen (Reform des Justizwesens, Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens) einem Kooperations- und Überprüfungsmechanismus. 31. Jan. Das Bundverfassungsgericht verkündet seinen Beschluss, wonach die Erbschaftssteuer in ihrer gegenwärtigen Form nicht verfassungskonform ist (die bisherige Regelung darf jedoch bis Ende 2008 beibehalten werden), da eine gleichmäßige Bewertung verschiedener Vermögenskategorien die Grundlage zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlage sein muss. Unterschiedliche Begünstigungen wie bspw. Unternehmens- oder Immobilieneigentum sind zu- 306 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland lässig, müssen aber im Einklang mit den Gemeinwohlinteressen stehen [BVerfG, Beschluss des Ersten Senats v. 7.11.2006; 1 BvL 10/ 02]. Die Bunderegierung legt den JWB 2007 vor. Sie erwartet für 2007 ein Wirtschaftswachstum von 0,8 vH, eine Preissteigerung von 1,9 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH. 10. Febr. In Essen einigen sich auf ihrem Treffen die G7-Finanzminister auf eine bessere Kontrolle von Hedgefonds. In einer Stellungnahme stellt der Finanzminister der Vereinigten Staaten, Henry Paulson, - ohne dass Risiken auf dem US-Immobilienmarkt Gegenstand des offiziellen G7-Treffens waren - die Lage auf dem amerikanischen Häusermarkt als abgekühlt aber dennoch stabil dar. 16. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (2. Februar) verabschiedeten GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zu. Damit erfolgt eine grundlegende Strukturreform im Gesundheitswesen, wonach die Finanzierung der GKV ab 2009 auf einen Gesundheitsfonds umgestellt wird, der sich neben den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteilen auch aus einem Steueranteil zusammensetzt. Aus diesem Fonds erhalten die gesetzlichen Kassen risikoangepasste Finanzmittelzuweisungen. Sollten diese nicht ausreichen, dürfen die Krankenkassen Zusatzbeiträge (jedoch nicht höher als 1 vH des beitragspflichtigen Einkommens) von den Mitgliedern erheben. Die Krankenkassen werden überdies insolvenzfähig. Prinzipiell besteht fortan Versicherungsschutz für alle Einwohner, da die privaten Krankenversicherungen (PKV) auch einen Standardtarif für Personen ohne Versicherungsschutz einführen müssen, dessen Beitrag denen der gesetzlichen Krankenkassen nicht übersteigen darf und das gleiche Leistungsspektrum anbieten muss. Der Wechsel in die PKV ist künftig erst möglich, wenn in drei aufeinander folgenden Jahren die Versicherungspflichtgrenze (2007: 47 700 €) überschritten wurde [RB: -; GE: 24.10.2006/ 31.1.2007; IKT: 1.1./ 27.10.2006, 1.1./ 2.2./ 31.3./ 1.4./ 1.7.2007, 1.1.2008, 1.1.2009, 1.1.2010, 1.1.2011; BGBl. I 2007 S. 378]. 6. März Der EuGH entscheidet, dass die Nichtanrechnung von im Ausland gezahlter Körperschaftssteuer auf die in Deutschland anfallende Einkommenssteuer (aus der Zeit vor der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens im Jahr 2001) nicht EUrechtskonform ist. Aufgrund einer unbeschränkten Rückwirkung des Urteils erwartet das Bundesfinanzministerium Rückforderungen in Höhe von 5 Mrd. € [EuGH, Urteil v. 6.3.2007, C-292/ 04]. 8. März Der EZB-Rat hebt mit Wirkung zum 14. März den Mindestbietungssatz für die HRG auf 3,75% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 4,75% bzw. 2,75% an (Erhöhung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). 16. März Der Leitkurs der Slowakischen Krone wird im WKM II um 8,5 vH angehoben. 24. März Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Patentschutz und Innovation“ vor. 2007 307 30. März Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (BT-Beschluss: 9. März) wird das gesetzliche Renteneintrittsalter im Zeitraum von 2012 bis 2029 sukzessive von 65 auf 67 Jahre angehoben. Eine Ausnahme für eine abschlagsfreie Rente nach 65 Lebensjahren gilt lediglich für Versicherte mit mindestens 45 Pflichtbeitragsjahren. Die seit 2005 unterbliebenen Rentenanpassungsdämpfungen können ab 2011 mit Rentenerhöhungen verrechnet werden [RB: -; GE: 23.2.2007; IKT: 1.10.1996, 1.1./ 1.10. 2005, 1.1.2006, 1.3./ 1.5./ 1.7. 2007, 1.1.2008, 1.1.2010, 1.1.2012; BGBl. I 2007 S. 554]. - Durch das „Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen“ (BT- Beschluss: 23. März) wird die rechtliche Grundlage für steuerbegünstigte deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften geschaffen. Grundsätzlich gilt für diese Unternehmen, dass der Unternehmensgegenstand in der Immobilienanlage besteht, eine Mindestausschüttung der Gewinne von 90 vH an die Aktionäre erfolgt und eine Mindesteigenkapitalquote von 45 vH nicht unterschritten werden darf [RB: -; GE: 12.1.2007/ 21.3.2007; IKT: 1.1.2007; BGBl. I 2007 S. 914]. 1. April Das am 16. Februar verabschiedete GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz tritt teilweise in Kraft. Die Krankenkassen haben einen größeren Tarifgestaltungsspielraum hinsichtlich von Selbstbehalt- und Beitragserstattungselementen. Das Leistungsspektrum wird erweitert bei Kuren und Schutzimpfungen. Rückwirkend werden die Rechnungsbeträge der Krankenhäuser für alle seit Jahresbeginn entlassenen gesetzlich versicherten Patienten pauschal um 0,5 vH gekürzt. 17. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2007 ein Wirtschaftswachstum von 2,4 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,2 vH. Für 2008 werden ein Wachstum von 2,4 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH prognostiziert. 12. Mai Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Öffentliches Beschaffungswesen“ vor. 5. Juni Der Ecofin-Rat beschließt, das Defizitverfahren gegen Deutschland zu beenden (Beschluss der EU-Kommission vom 16. Mai). Die Schuldenstandsquote überschreitet jedoch um acht Prozentpunkte noch immer den Referenzwert von 60 vH. 6. Juni Der EZB-Rat hebt mit Wirkung zum 13. Juni den Mindestbietungssatz für die HRG auf 4,0% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 5,0% bzw. 3,0% an (Erhöhung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). 6.-8. Juni In Heiligendamm findet der 33. Weltwirtschaftsgipfel statt. Thematische Schwerpunkte bildeten die ökonomische sowie soziale Dimension der Globalisierung, die Probleme der Entwicklung auf dem afrika- 308 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland nischen Kontinent, die Stabilität und Transparenz der Finanzmärkte, Schutz vor Marken- und Produktpiraterie sowie Energieeffizienz und Klimaschutz. 20. Juni Der Finanzplanungsrat empfiehlt, die Defizitquote im Jahresdurchschnitt um einen weiteren halben Prozentpunkt zu senken und stellt damit für 2010 einen strukturell ausgeglichenen gesamtstaatlichen Haushalt in Aussicht. 4. Juli Die Bundesregierung beschließt den Haushaltsentwurf 2008 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2011: - Bundeshaushalt 2008: Die Ausgaben sollen auf 283,2 Mrd. € steigen, die Nettokreditaufnahme beträgt 12,9 Mrd. €. - Finanzplanung 2008: Die Neuverschuldung soll bis 2011 - unter Zuhilfenahme von erheblichen Vermögensveräußerungen - vollständig zurückgeführt werden. 6. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (25. Mai) verabschiedeten Unternehmenssteuerreformgesetz zu. Es soll die steuerliche Standortattraktivität Deutschlands unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens erhöhen. Geringere Auslandsverlagerungen von Unternehmen sollen zu einer langfristigen Sicherung der deutschen Steuerbasis beitragen. Für Kapitalgesellschaften sinkt die nominale Belastung von 38,7 vH auf 29,8 vH (Mindereinnahmen: rd. 5 Mrd. €) [RB: -; GE: 18.5.2007/ 23.5.2007; IKT: 18.8.2007, 1.1.2008, 1.1.2009; BGBl. I 2007 S. 1912]. 9. Juli Das Bundesverfassungsgericht erklärt in seinem Urteil sowohl das Bundeshaushaltsgesetz 2004 als auch das Nachtragshaushaltsgesetz 2004 für verfassungskonform. Obwohl es den begrenzten Beitrag zur Eindämmung der Staatsverschuldung kritisiert, ergehen keine Änderungsvorgaben [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 9.7.2007, 2 BvF 1/ 04]. 30. Juli Die Mittelstandsbank IKB veröffentlicht eine Ad-hoc-Mitteilung, wonach sie infolge der Krise am US-amerikanischen Subprime-Markt in eine existenzbedrohende Schieflage geraten sei. Die nur zehn Tage zuvor im Rahmen des vorläufigen Quartalsberichts für das laufende Jahr veröffentlichte und als ungefährdet dargestellte Gewinnprognose wird durch eine Gewinnwarnung ersetzt. 1. Aug. Um eine Zahlungsunfähigkeit der IKB und eine befürchtete Kettenreaktion auf dem deutschen Bankenmarkt abzuwenden, vereinbaren die Bankenverbände und die KfW ein Rettungspaket im Volumen von 3,5 Mrd. €, an dem sich die KfW mit 70 vH und die privaten Banken mit 30 vH beteiligen. 9. Aug. Infolge der Ausweitung der Subprime- Krise in den Vereinigten Staaten gerät der Interbankengeldmarkt unter Druck. Um dem Liquiditätsengpass zu begegnen, stellt die EZB dem Bankensystem - neben den bereits angekündigten Operationen - innerhalb weniger Tage 211,3 Mrd. € durch Feinsteuerungsoperationen zur Verfügung. In einem unbegrenzten Schnelltender (9. August) zum aktuellen Mindestbietungssatz von 4,0% mit eintägiger Laufzeit teilt die EZB 94,8 Mrd. € zu. In den drei folgenden Operationen mit jeweils eintägiger Laufzeit werden bei variablen Zinssätzen dem Geldmarkt 61,1 Mrd. € zu einem Mindestbietungssatz von 4,05% (10. August), 2007 309 47,7 Mrd. € zu einem Mindestbietungssatz von 4,06% (13. August) sowie 7,7 Mrd. € zu einem Mindestbietungssatz von 4,07% (14. August) zur Verfügung gestellt. 17. Aug. Die Sachsen LB wird durch Geschäfte einer hundertprozentigen irischen Tochtergesellschaft als erste deutsche Landesbank von der Subprime-Krise erfasst. In einer Ad-hoc-Mitteilung gibt sie bekannt, dass mit Hilfe einer Kreditlinie der Sparkassengruppe von 17,3 Mrd. € ihre Liquidität gesichert sei. 22. Aug. Die EZB kündigt ein zusätzliches LRG mit einer Laufzeit von drei Monaten und einem Zuteilungsbetrag von 40 Mrd. € an (Abwicklung am 24. August), wobei der marginale Zuteilungssatz mit 4,49% - aufgrund des hohen Gebotsvolumens und der starken Nachfrage nach LRG - deutlich über dem Mindestbietungssatz von 4,0% liegt. Durch die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für dreimonatige Refinanzierungsgeschäfte werden die wöchentlichen HRG entsprechend vermindert. 26. Aug. Die Sachsen LB gerät aufgrund eines Ausfallrisikos zweier Fonds in Höhe von 250 Mill. € in eine existenzbedrohende Lage, die durch einen Barzuschuss der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) abgewendet wird. Nach einstimmigem Beschluss des sächsischen Kabinetts gibt Ministerpräsident Dr. Georg Milbradt (CDU) den Verkauf der Sachsen LB an die LBBW bekannt, wobei der genaue Kaufpreis (mindestens jedoch 300 Mill. €) erst nach einer endgültigen Bewertung der Sachsen LB ermittelt wird. 31. Aug. Der sächsische Finanzminister, Dr. Horst Metz (CDU), erklärt im Zuge der Sachsen- LB-Krise zum 30. September seinen Rücktritt vom Ministeramt. Seine Nachfolge tritt der bisherige Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, Stanislaw Tillich (CDU), an. 11. Sept. Zum Ende der Reserveperiode August/ September nimmt die EZB durch eine Feinsteuerungsoperation erstmals überschüssige Liquidität im Umfang von 60 Mrd. € vom Markt. 12. Sept. Aufgrund der Verfahren beim Bundesverfassungsgericht gegen eine Beschränkung der Pendlerpauschale auf Entfernungen von über 20 km ist es zunächst wieder möglich, nach altem Recht den entsprechenden Freibetrag in Anspruch zu nehmen. 21. Sept. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (6. Juli) verabschiedeten „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ zu, das u.a. Anreize zur Beteiligung an Stiftungen, eine Entlastung gemeinnütziger Körperschaften und Steuerermäßigungen für gemeinnützige Tätigkeiten und eine Begünstigung von Spenden vorsieht (Mindereinnahmen: 0,5 Mrd. €) [RB: -; GE: 16.2.2007/ 3.5.2007/ 4.7.2007; IKT: 1.1./ 16.10.2007, 1.1.2008; BGBl. I 2007 S. 2332]. 16. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2007 ein Wirtschaftswachstum von 2,6 vH, eine Preissteigerung von 1,8 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbs- 310 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland tätigen von 1,7 vH. Für 2008 werden ein Wachstum von 2,2 vH, eine Preissteigerung von 1,7 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH prognostiziert. 17. Okt. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines Nachtrages zum Haushalt 2007: Aus erwarteten Steuermehreinnahmen in Höhe von den 2 Mrd. € erfolgt die Bildung eines Sondervermögens zur Förderung des Ausbaus von Kinderbetreuungsstätten. Da geringere Privatisierungserlöse erwartet werden, steigt die Nettokreditaufnahme auf 14,5 Mrd. €. 7. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2007/ 08 vor. Er prognostiziert für 2007 ein Wirtschaftswachstum von 2,6 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,7 vH. Für 2008 werden ein Wachstum von 1,9 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH prognostiziert. 14. Nov. Der Finanzplanungsrat empfiehlt die positive Einnahmensituation der öffentlichen Haushalte für einen Defizitabbau und die Schuldentilgung zu nutzen sowie von einer Ausgabenausweitung - abgesehen von bereits beschlossenen Maßnahmen - Abstand zu nehmen. 16. Nov. Der Bundestag verabschiedet ein „Sechstes Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“, das u.a. den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung von 4,2 auf 3,3 vH senkt und eine nach Beitragsjahren und Altersklassen gestaffelte Verlängerung des ALG-I für ältere Personen vorsieht. Eine Entlastung des Bundeshaushaltes um 3 Mrd. € wird erwartet [RB: -; GE: 18.10.2007/ 14.11.2007; IKT: 1.1.2007, 1.1.2008; BGBl. I 2007 S. 3245]. 19. Nov. Die EZB gibt bekannt, dass das neue Zahlungsverkehrssystem „TARGET2“ der Zentralbanken des Eurosystems zunächst in acht Ländern - darunter Deutschland - eingeführt und im Jahr 2008 sukzessive erweitert wird. 27. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Nachtragshaushalt 2007, der u.a. eine Erhöhung des Gesamthaushalts auf 272,27 Mrd. €, eine Senkung der Nettokreditaufnahme auf 14,43 Mrd. € sowie die Bildung eines Sondervermögens zum Ausbau der Kleinkinderbetreuung von 2,15 Mrd. € vorsieht [RB: 17.10.2007; GE: 19.10.2007/ 15.11.2007; IKT: 1.1.2007; BGBl. I 2007 S. 3216]. Franz Müntefering legt sein Amt als Bundesminister für Arbeit und Soziales nieder. Olaf Scholz (SPD) wird im Bundestag als Amtsnachfolger vereidigt. 29. Nov. Die IKB erhält im Rahmen eines zweiten Rettungspakets von öffentlichen und privaten Banken eine zusätzliche Risikogarantie von 350 Mill. €. 30. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 2008. Ausgaben von 283,2 Mrd. € stehen Steuereinnahmen von 237,1 Mrd. € gegenüber. Aufgrund erwarteter Steuermehreinnahmen wird die Nettokreditaufnahme gemäß einer Ausschussempfehlung um 1 Mrd. € auf 11,9 Mrd. € gesenkt [RB: 2007 311 4.7.2007; GE: 10.8.2007/ 15.11.2007/ 15.11. 2007; IKT: 1.1.2008; BGBl. I 2007 S. 3227]. Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag (8. November) verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Gesetz zur Förderung der zusätzlichen Altersvorsorge und zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch“ bleibt die Beitragsfreiheit der Entgeltumwandlung für die betriebliche Altersvorsorge über 2008 hinaus erhalten. Ferner erfolgt eine Erhöhung der Kinderzulage für nach dem 1. Januar 2008 geborene Kinder (Steuermindereinnahme von 0,4 Mrd. €), eine Winterbauförderung im Gerüstbauhandwerk und eine Verlängerung der Erprobungsdauer für Vermittlungsgutscheine zur Arbeitsvermittlung [RB: -; GE: 28.9. 2007/ 7.11.2007; IKT: 1.11./ 18.12.2007, 1.1.2008, 1.1.2009; BGBl. I 2007 S. 2838]. - Das Jahressteuergesetz 2008 sieht neben weiteren Einzelmaßnahmen in verschiedenen Bereichen des Steuerrechts u.a. die Einführung eines Faktorverfahrens für Ehegatten vor, mit dem der Splittingvorteil bereits beim Lohnsteuerabzug gleichmäßig auf die Ehepartner verteilt wird [RB: -; GE: 4.9.2007/ 7.11. 2007; IKT: 1.1.2005, 30.9.2006 1.1./ 29.12. 2007, 1.1.2008; BGBl. I 2007 S. 3150]. 5. Dez. Die Bundesregierung verabschiedet das aktualisierte Deutsche Stabilitätsprogramm. Trotz günstiger Wirtschaftsentwicklung soll 2008 die Defizitquote wieder auf 0,5 vH steigen. Der strukturelle Haushaltsausgleich sowie die Unterschreitung der Schuldenstandsquote unter den Referenzwert von 60 vH ist für 2010 vorgesehen. 12. Dez. Die Notenbanken des Euroraums sowie Großbritanniens, der Schweiz, Kanadas und der Vereinigten Staaten führen zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Geldmarktes eine konzertierte Aktion durch. Der EZB-Rat beschließt überdies das am 19. Dezember beginnende HRG um eine Woche zu verlängern, damit das Geschäft erst nach dem Jahreswechsel endet und den Banken frühzeitige Planungssicherheit über die zum Jahreswechsel zur Verfügung stehenden Zentralbankgeldbestände gewährt wird. 13. Dez. Nach längeren Verhandlungen einigen sich die Länder Sachsen und Baden-Württemberg auf die Übernahme der Sachsen LB durch die LBBW. Die Einigung sieht neben dem Kaufpreis von 328 Mill. € eine Bürgschaft von 8,75 Mrd. € für etwaige Ausfallrisiken aus den Geschäften der Sachsen LB vor, wovon 2,75 Mrd. € Sachsen und 6 Mrd. € die LBBW übernehmen. 19. Dez. Das auf zwei Wochen verlängerte HRG der EZB teilt den Banken 348,6 Mrd. € (marginaler Zuteilungssatz von 4,21%) zu, was den erwarteten Liquiditätsbedarf deutlich übersteigt. Infolgedessen sieht sich das Eurosystem veranlasst, Feinsteuerungsoperationen in dreistelliger Milliardenhöhe zur Abschöpfung überschüssiger Liquidität durchzuführen, um einen massiven Rückgang des Tagesgeldsatzes zu vermeiden. 312 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 2008 1. Jan. Der Körperschaftssteuersatz sinkt um 10 Prozentpunkte auf 15 vH, die Gewinnbesteuerung verringert sich bei einem unterstellten Hebesatz von 400 vH auf 30 vH. Die Thesaurierungsrücklage bei Personenunternehmen wird mit 30 vH besteuert. Durch die „Zinsschranke“ sollen unerwünschte Gestaltungsspielräume begrenzt werden. Der Bund veräußert jährlich 40 Mill. CO 2 - Emissionszertifikate zu Marktpreisen und ab 2010 ausschließlich per Auktion. Die unentgeltliche Zuteilung der CO 2 -Zertifikate an Energieversorgungsunternehmen wird um 10 vH gesenkt. Malta und Zypern führen den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel ein, so dass die Eurozone nunmehr 15 Mitglieder umfasst. 23. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2008 vor. Sie rechnet darin für 2008 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,7 vH, einer Preissteigerung von 2,0 vH und einem Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH. 24. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Zur Begrenzung der Staatsverschuldung nach Art. 115 GG und zur Aufgabe des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes“ vor. 8. Febr. Die WestLB gibt bekannt, dass, nachdem ihr seit April 2007 durch Fehlspekulationen beim Eigenhandel mit Aktien Verluste in Höhe von 0,6 Mrd. €, im Januar 2008 auch Verluste auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt im Umfang von 1 Mrd. € entstanden sind. Um den Fortbestand der Bank zu sichern, einigen sich deren Eigentümer auf eine Kapitalerhöhung um 2 Mrd. € sowie eine Bürgschaft von 3 Mrd. €, was der Bank gestattet, Risikowertpapiere im Nennwert von 23 Mrd. € in eine Zweckgesellschaft auszugliedern, die diese nicht mehr nach ihren Tageswerten, sondern nach dem tatsächlichen Ausfallrisiko bewertet. Gleichzeitig verpflichtet sich die WestLB, in einem Restrukturierungsprogramm innerhalb von drei Jahren 300 Mill. € einzusparen. 12. Febr. Der bayerische Finanzminister und Vize- Vorsitzender des Verwaltungsrats der Landesbank BayernLB, Erwin Huber (CSU), erklärt im Haushaltsausschuss des Landtages, dass Berichte über Milliarden-Belastungen bei der BayernLB Spekulation seien und keine festgestellten, belastbaren Zahlen vorliegen. Noch am gleichen Tag gibt jedoch die BayernLB bekannt, wegen Fehlspekulationen auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt 1,9 Mrd. € abschreiben zu müssen. 15. Febr. Das BMF unterrichtet den Haushaltsausschuss des Bundestages, dass die KfW außerplanmäßig 1,2 Mrd. € zum Ausgleich von Nachteilen durch die IKB-Stützung erhält. Eine frühere Unterrichtung sei unterblieben, um eine unverzügliche Umsetzung erforderlicher Maßnahmen zu ermöglichen. 21. Febr. Eine neue Aufsichtsrichtlinie, die die Zusammenarbeit in der Bankenaufsicht zwischen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und der Deutschen Bundesbank konkretisiert, tritt in Kraft. 2008 313 9. März Die Deutsche Bahn einigt sich mit den drei an den Tarifverhandlungen beteiligten Gewerkschaften auf einen Grundlagenvertrag, wodurch der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn beendet wird. In der Tarifauseinandersetzung gelang es der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, einen eigenständigen Tarifvertrag für ihre Mitglieder auszuhandeln, infolgedessen rd. 1 000 Mitglieder von der Gewerkschaft Transnet zur Lokomotivführergewerkschaft wechseln. 10. März Die Landesbank HSH Nordbank verkündet bei der Vorstellung ihres vorläufigen Jahresergebnisses 2007 die Verschiebung des für dieses Jahr geplanten Börsengangs. Neben einem Jahresüberschuss von 250 Mill. € verweist sie auch auf Verluste auf dem USamerikanischen Immobilienmarkt von rd. 200 Mill. € sowie Abschreibungen in Höhe von 1,1 Mrd. €, wobei die Bank weitere risikobehafteten Anlagen in Höhe von 2 Mrd. € hält. Gleichzeitig geben sowohl die öffentlichen als auch die privaten Anteilseigner bekannt, eine Kapitalerhöhung vorzunehmen. 11. März Die EZB teilt mit, dass sie den Geschäftspartnern des Eurosystems in Zusammenarbeit mit der Zentralbank der Vereinigten Staaten im Rahmen der „Term Auction Facility“ (TAF) eine Refinanzierung von 15 Mrd. US-$ für einen Zeitraum von 28 Tagen zur Verfügung stellen wird, um Liquiditätslücken der Banken in US-Dollar zu verringern. Entsprechende Geschäfte wurden bereits im Dezember 2007 und Januar 2008 im Umfang von jeweils 10 Mrd. US-$ durchgeführt. 14. März Der Bundestag verabschiedet das Pflege- Weiterentwicklungsgesetz, dessen Leistungsausweitungen (u.a. stärkere Berücksichtigung des Beaufsichtigungsbedarfs und des Auf- und Ausbau wohnortnaher Versorgungsstrukturen) ab dem 1. Juli durch eine Beitragssatzerhöhung von 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 vH (zzgl. 0,25 vH als Sonderbeitrag für Kinderlose) finanziert wird [RB: -; GE: 7.12.2007/ 12.3.2008; IKT: 31.5./ 1.7.2008, 1.1.2009; BGBl. I 2008 S. 874]. Das Bundesverfassungsgericht gibt seinen Beschluss bekannt, dass der Sonderausgabenabzug von PKV-Beiträgen den existenznotwendigen Aufwand des Steuerpflichtigen berücksichtigen muss. Die bislang geltenden Höchstgrenzen sind verfassungswidrig, wenn sie nicht ausreichen, um eine sozialhilfegleiche Kranken- und Pflegeversorgung zu gewährleisten [BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 13.2.2008, 2 BvL 1/ 06]. 3. April Die BayernLB veröffentlicht ihren Bericht für das erste Quartal. Sie muss darin Wertberichtigungen für 2007 im Umfang von 2,3 Mrd. € sowie weitere 2 Mrd. € für das erste Quartal 2008 vornehmen, wobei sich das Gesamtvolumen der von Wertberichtigung bedrohten Wertpapierbestände auf 24 Mrd. € beläuft. Der Bayerische Landtag beschließt, einen Untersuchungsausschuss zur Prüfung möglicher Versäumnisse von Finanzminister Huber und Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein (CSU) im Zusammenhang mit der Informationspflicht gegenüber dem Parlament über Verluste, Abschreibungen und Wertberichtigungsbedarf der BayernLB und der Ausübung der diesbezüglichen Kontrollfunktion einzusetzen. 314 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 15. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2008 ein Wirtschaftswachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 2,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,2 vH. Für 2009 werden ein Wachstum von 1,4 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH prognostiziert. 2. Mai Der EZB-Rat beschließt, gemeinsam mit der Zentralbank der Vereinigten Staaten die im Rahmen der TAF alle zwei Wochen bereitgestellte Liquidität auf 25 Mrd. US-$ zu erhöhen. 8. Mai Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Rentenanpassung 2008“, das durch Verschiebung der für 2008 und 2009 vorgesehenen Einführung von Dämpfungsfaktoren in beiden Jahren zu Rentensteigerungen von 0,6 Prozentpunkten führt. Die ausgesetzte Anpassungsbegrenzung soll erst in den Jahren 2012 und 2013 nachgeholt werden [RB: -; GE: 8.4.2008; IKT: 1.7.2008; BGBl. I 2008 S. 1076]. 16. Mai Der Landtag von Nordrhein-Westfalen beschließt den Nachtragshaushalt 2008, worin die Landesregierung ermächtigt wird, für etwaige Verluste der Zweckgesellschaft, in die die verminderten Vermögenswerte der WestLB von 23 Mrd. € ausgelagert wurden, Bürgschaften bis zu einer Höhe von 5 Mrd. € zu übernehmen [IKT: 1.1.2008; GV. NRW. 2007 S. 701]. 2. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2009 sowie die mittelfristige Finanzplanung bis 2012. Die Ausgaben für das Haushaltsjahr 2009 belaufen sich auf 288,4 Mrd. €. Neben einer Nettokreditaufnahme von 10,5 Mrd. € sollen Einnahmen aus Privatisierungserlösen in Höhe von 6,5 Mrd. € erzielt werden. Am Ziel eines ausgeglichenen Haushalts für das Jahr 2011 wird festgehalten. Mehreinnahmen von 3 Mrd. € sollen - anders als in der mittelfristigen Finanzplanung des Vorjahres vorgesehen - zur Ausgabenausweitung verwendet werden. Der Finanzplanungsrat erwartet für die Jahre 2008 und 2009 ausgeglichene gesamtstaatliche Haushalte, mahnt aber im Hinblick auf die demographische Entwicklung und der unsicheren Wirtschaftsentwicklung eine Begrenzung des Ausgabenwachstums an. 3. Juli Der EZB-Rat hebt mit Wirkung zum 9. Juli den Mindestbietungssatz für die HRG auf 4,25% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 5,25% bzw. 3,25% an (Erhöhung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). 4. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren vom Bundestag verabschiedeten Gesetzen seine Zustimmung: - Das Eigenheimrentengesetz (BT-Beschluss: 20. Juni) setzt weitere Anreize für eine zusätzliche private Altersvorsorge, indem inländische selbst genutzte eigene Wohnimmobilien und Genossenschaftswohnungen umfänglicher in die steuerlich geförderte Altersvorsorge (sog. Riester-Rente) einbezogen werden. Für die öffentlichen Haushalte werden davon jährliche Steuermindereinahmen zwischen 20 Mill. € und 105 Mill. € erwartet [RB: -; GE: 26.5.2008/ 18.6.2008; IKT: 1.8.2008; BGBl. I 2008 S. 1509]. 2008 315 - Das „Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen“ (BT-Beschluss: 27. Juni) soll die Verfügbarkeit von Wagniskapital in Deutschland verbessern. Unter bestimmten Voraussetzungen können nun steuerliche Verlustvorträge von Unternehmen erhalten bleiben, wenn Wagniskapitalgesellschaften in sie investieren. Überdies werden mit dem Gesetz erstmals steuerliche Anreize für Geschäftsengel geschaffen, um deren Bereitschaft zu verstärken, ihr Kapital in junge Unternehmen zu investieren [RB: -; GE: 7.9.2007/ 25.6.2008; IKT: 19.8.2008; BGBl. I 2008 S. 1672]. 7.-9. Juli In Tōyako (Japan) findet der 34. Weltwirtschaftsgipfel statt. Thematische Schwerpunkte bilden vor dem Hintergrund der Finanz- und Immobilienkrise die weltwirtschaftliche Entwicklung sowie die Klima- und Energiepolitik, sicherheitspolitische Fragen (Terrorismus, Nichtverbreitung von Nuklearwaffen) und die Entwicklung in Afrika. 15. Sept. Die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers stellt, nachdem Verkaufsverhandlungen gescheitert waren und staatliche Unterstützung ausblieb, einen Insolvenzantrag. 18. Sept. Das Eurosystem sowie die Notenbanken Großbritanniens, der Schweiz, Japans, Kanadas und der Vereinigten Staaten beschließen eine konzertierte Aktion, um dem Zusammenbruch des Interbankengeldmarktes infolge der Insolvenz der USamerikanischen Investmentbank Lehman Brothers (15. September) entgegenzuwirken. Die EZB weitet in Zusammenarbeit mit der Notenbank der Vereinigten Staaten die Bereitstellung von US-Dollar erheblich aus. Bei eintägiger Laufzeit stehen 40 Mrd. US-$ zur Refinanzierung zur Verfügung. Überdies können im Rahmen der TAF bei vierwöchiger Laufzeit 25 Mrd. US-$ und bei zwölfwöchiger Laufzeit 15 Mrd. US-$ abgerufen werden. 22. Sept. Die G7-Finanzminister erklären in einer gemeinsamen Stellungnahme, die verstärkte enge Zusammenarbeit zwischen Finanzministern, Zentralbanken und Regulierungsbehörden aufrechtzuerhalten, sowie ihre Bereitschaft, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Stabilität des internationalen Finanzsystems zu gewährleisten. 24. Sept. Die HSH Nordbank verkündet, für die erste Jahreshälfte infolge der globalen Finanzmarktturbulenzen Wertberichtigungen von rd. 0,5 Mrd. € vornehmen zu müssen. 29. Sept. Der Bund einigt sich mit den Privatbanken auf Bürgschaften in Höhe von 26,5 Mrd. € bzw. 8,5 Mrd. € für die Bankenholding Hypo Real Estate, die infolge von Finanzierungsgeschäften ihrer Tochtergesellschaft, der „Deutschen Pfandbriefbank“, ein existenzgefährdender Liquiditätsengpass über 35 Mrd. € drohte. 5. Okt. Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Steinbrück erklären gemeinsam vor Pressevertretern im Bundeskanzleramt, dass die privaten Bankeinlagen in Deutschland in unbegrenzter Höhe garantiert werden. 316 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 7. Okt. Die Bundesregierung beschließt ein „Maßnahmenpaket zur Senkung der steuerlichen Belastung, Stabilisierung der Sozialversicherungsabgaben und für Investitionen in Familien“ (Entlastungen 2009: 6 Mrd. €; ab 2010: jährlich rd. 14 Mrd. €), das u.a. eine Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages sowie weitere Unterstützungen für Familien vorsieht. Der EZB-Rat beschließt den Zuteilungsbetrag für das zusätzliche sechsmonatige LRG, das am Folgetag durchgeführt wird, von 25 Mrd. € auf 50 Mrd. € zu erhöhen. 8. Okt. In einer konzertierten Aktion senken die Zentralbanken des Eurosystems, Großbritanniens, Schwedens, der Schweiz, Kanadas und der Vereinigten Staaten ihre Leitzinsen um jeweils einen halben Prozentpunkt. Die japanische Zentralbank - deren Leitzins 0,5% beträgt - beteiligt sich nicht an der Maßnahme, befürwortet diese aber nachdrücklich. Für die ab dem 15. Oktober abzuwickelnden HRG, die als Mengentender mit vollständiger Zuteilung durchgeführt werden, wird ein Zinssatz von 3,75% festgelegt. Mit Wirkung zum Folgetag beschließt der EZB-Rat, den Zinskorridor der ständigen Fazilitäten auf 100 Basispunkt einzuengen, wodurch die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungssowie die Einlagefazilität 4,25% bzw. 3,25% betragen. Die Maßnahmen gelten mindestens bis zum 20. Januar 2009. 10. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2008 ein Wirtschaftswachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 2,0 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,3 vH. Für 2009 werden ein Wachstum von 0,2 vH, eine Preissteigerung von 1,8 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH prognostiziert. 12. Okt. Die Euro-Mitgliedsländer, Großbritannien, die EU-Kommission sowie die EZB einigen sich darauf, Finanzinstituten staatliche Hilfen einzuräumen. 15. Okt. Die EZB und die Schweizerische Nationalbank einigen sich auf ein Verfahren, das der EZB einen Liquiditätszugang in Schweizer Franken verschafft, um Geschäftsbanken im Euro-Raum eine kurzfristige Refinanzierungsmöglichkeit zu ermöglichen. 16. Okt. Die EZB und die Ungarische Zentralbank einigen sich auf ein Verfahren, das letzterer eine Kreditfazilität von bis zu 5 Mrd. € zur Verfügung stellt. 17. Okt. Bundestag und Bundesrat verabschieden das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, das größtenteils bereits zum Folgetag in Kraft tritt. Als Instrument zur zeitnahen Überwindung der Liquiditätsengpässe und der Finanzmarktstabilisierung in Deutschland wird der „Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung“ (SoFFin) gegründet. Alle Unternehmen des Finanzsektors mit Sitz in Deutschland können Anträge auf Gewährung von Stabilisierungsmaßnahmen an ihn richten, wobei ihm hierfür bis zum 31. Dezember 2009 drei Instrumente zur Verfügung stehen: - Garantieermächtigung: Übernahme von Garantien für im Zeitraum 18. Oktober 2008 bis 31. Dezember 2009 neu begebener Schuldtitel und sonstiger Verbindlichkeiten von Unternehmen des Finanzsektors bis zu einer Gesamthöhe von 40 Mrd. €; - Rekapitalisierung: Gegen Leistung einer Einlage darf der SoFFin zusätzliche 2008 317 Eigenkapitalanteile, stille Beteiligungen oder sonstige Eigenmittelbestandteile von Unternehmen erwerben; - Risikoübernahme: Zeitweise Übernahme von vor dem 13. Oktober 2008 von Finanzunternehmen erworbenen Risikopositionen (bspw. Forderungen, Wertpapiere und derivate Finanzinstrumente etc.) gegen Übertragung von Schuldtiteln der Bundesrepublik Deutschland. Die nach Abwicklung des Fonds verbliebenen Defizite werden zwischen Bund und Ländern im Verhältnis 65: 35 aufgeteilt; die Verwaltungskosten trägt der Bund [RB: -; GE: 14.10.2008/ 17.10.2008; IKT: 18.10.2008, 1.1.2011; BGBl. I 2008 S. 1982]. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (der Bundesrat betrachtet die Gesetzesvorlage abweichend von der Bundesregierung als zustimmungspflichtig, beschließt jedoch weder eine Ablehnung noch eine Überweisung des Gesetzes an den Vermittlungsausschuss). Damit wird die Insolvenzfähigkeit aller Krankenkassen eingeführt und diese zu einer am Handelsgesetzbuch orientierten Rechnungslegung sowie zur Bildung von Pensionsrückstellungen (ab 2010) verpflichtet [RB: -; GE: 16.6.2008/ 15.10.2008; IKT: 1.7./ 1.10./ 17.10./ 18.12., 1.1./ 1.4.2009, 1.1.2010; BGBl. I 2010 S. 2426]. 21. Okt. Die BayernLB teilt in einer Ad-hoc-Mitteilung mit, einen Verlust von 3 Mrd. € für das laufende Jahr zu erwarten. Um eine angemessene Eigenkapitalbasis zu erlangen, beantragt die BayernLB als erste deutsche Bank Mittel aus dem SoFFin in Höhe von 5,4 Mrd. €. Der Freistaat Bayern und die bayerischen Sparkassen beteiligen sich als Anteilseigner mit 700 Mill. € bzw. 300 Mill. € ebenfalls an der Kapitalerhöhung. 22. Okt. Der Finanzminister des Freistaates Bayern, Erwin Huber, erklärt infolge der Krise der BayernLB seinen Rücktritt. 27. Okt. Die EZB und die Dänische Nationalbank schließen ein wechselseitiges Währungsabkommen zur Verbesserung der Liquidität für kurzfristige Geschäfte an den Euro- Geldmärkten in Höhe von 12 Mrd. €, das so lange wie nötig in Kraft bleiben soll. 2. Nov. Der SoFFin und die Commerzbank schließen eine Vereinbarung (Veröffentlichung am Folgetag) über die Gewährung einer stillen Einlage in Höhe von 8,2 Mrd. € (feste jährliche Verzinsung mit 9,0% sowie variable Verzinsung von 0,01% pro 4,4 Mill. € ausgeschütteter Dividende), womit die Kernkapitalquote auf 11,2 vH erhöht werden soll. Überdies wird ihr ein Garantierahmen von 15 Mrd. € bereitgestellt. 3. Nov. Die HSH Nordbank teilt mit, für die ersten drei Quartale einen Verlust von 360 Mill. € und Abschreibungen im Umfang von 1,3 Mrd. € vorzunehmen. Sie beantragt beim SoFFin Garantien von bis zu 30 Mrd. €. 5. Nov. Die Bundesregierung beschließt das Maßnahmenpaket „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung“ (Konjunkturpaket I), das u.a. beinhaltet: Verlängerung der Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld von zwölf auf 18 Monate (befristet auf ein Jahr); Schaffung eines Finanzierungsinstruments mit einem Volumen von bis zu 15 Mrd. € bei der KfW; Sonderabschreibungsmöglichkeiten für KMU (befristet auf zwei Jahre); Umsetzung dringlicher Verkehrsinvestitionen mit einem zusätzlichen 318 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Volumen von 0,5 Mrd. € bis 1 Mrd. €; Kfz- Steuerbefreiung von einem Jahr für Neuwagenkäufe. Zusammen mit den am 7. Oktober beschlossenen Maßnahmen werden demnach 32 Mrd. € in den Jahren 2009 und 2010 aus den öffentlichen Haushalten zur Verfügung gestellt. 6. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2008/ 09 vor. Er prognostiziert für 2008 ein Wirtschaftswachstum von 1,7 vH, eine Preissteigerung von 2,3 vH und Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,3 vH. Für 2009 werden ein Wachstum von 0,0 vH, eine Preissteigerung von 2,1 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH prognostiziert. Der EZB-Rat senkt mit Wirkung zum 12. November den Mindestbietungssatz für die HRG auf 3,25% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 3,75% bzw. 2,75% an (Senkung um jeweils einen halben Prozentpunkt). 12. Nov. Der Bundestag verabschiedet das Dienstrechtsneuordnungsgesetz, das durch Förderung des Leistungsprinzips, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Eigenverantwortung ein modernes Beamten-, Besoldungs- und Versorgungsrecht schafft. Überdies werden analog zur GRV rentenanpassungsdämpfende Maßnahmen und die stufenweise Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre in das Versorgungsrecht des Bundes übernommen [RB: -; GE: 12.11.2007/ 12.11.2008; IKT: 12.2.2009; BGBl. I 2009 S. 160, 462]. 14. Nov. Das Automobilunternehmen Adam Opel GmbH beantragt eine von Bund und Ländern zu tragende Staatsbürgschaft zur Kreditabsicherung, da es infolge eines massiven Absatzrückgangs sowie durch die drohende Insolvenz seines US-amerikanischen Mutterkonzerns General Motors in eine Krise geraten sei. 19. Nov. Der Finanzplanungsrat erwartet für 2008 einen Überschuss der öffentlichen Haushalte von 5 Mrd. € (2009 wird erneut ein Defizit erwartet). Während der Bund sein Defizit im geplanten Umfang von 12 Mrd. € halten könne, werden für Länder und Gemeinden deutliche Überschüsse erwartet. Als vorrangiges Ziel gilt weiterhin die strukturelle Haushaltskonsolidierung, wobei zur Absicherung der Konsolidierungserfolge der letzten Jahre eine härtere verfassungsmäßige Schuldengrenze gefordert wird. 21. Nov. Die HSH Nordbank erhält vom SoFFin Liquiditätsgarantien in Höhe von 30 Mrd. €. 28. Nov. Der Bundestag beschließt den Bundeshaushalt 2009. Gegenüber dem Entwurf steigen die Ausgaben um 1,6 Mrd. € auf 290,0 Mrd. €. Darüber hinaus sieht das Gesetz geringere Einnahmen aus Steuern und Privatisierungserlösen von 2 Mrd. € bzw. 2,5 Mrd. € vor. Die Finanzierungslücke wird durch Erhöhung der Nettokreditaufnahme auf 18,5 Mrd. € geschlossen [RB: 2.7.2008; GE: 8.8.2008/ 20.11.2008/ 21.11. 2008; IKT: 1.1.2009; BGBl. I 2008 S. 2899]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (13. November) verabschiedeten „Gesetz zur Schaffung einer Nachfolgeregelung und Änderung des Investitionszulagengesetzes 2007“ zu, das eine Förderung von Erstinvestitionsvorhaben im Zeitraum 2010 bis 2013 in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, der produktionsnahen Dienstleistungen und des Beherbergungsgewerbes in den neuen Bundesländern und 2008 319 Berlin vorsieht, wobei KMU eine doppelt so hohe Förderung wie Großunternehmen erhalten. Eine jährliche Minderung des Fördersatzes ist vorgesehen [RB: -; GE: 22.9.2008/ 12.11.2008; IKT: 11.12.2008; BGBl. I 2008 S. 2350]. Der bayerische Ministerpräsident, Horst Seehofer (CSU), kündigt ein Rettungspaket für die BayernLB im Umfang von 31 Mrd. € an, nachdem sich innerhalb nur weniger Wochen seit der Ad-hoc-Mitteilung deren Finanzbedarf nahezu verdoppelt hatte. 4. Dez. Der Bundestag verabschiedet eine fünfte Novellierung des SGB II, wodurch die Bundesbeteiligung an Leistungen für Unterkunft und Heizung von ALG-II-Empfängern im Jahr 2009 auf durchschnittlich 26 vH festlegt wird. Gegenüber dem Haushaltssoll 2008 von 3,9 Mrd. € wird der Bund um 0,7 Mrd. € entlastet [RB: -; GE: 7.11.2008; IKT: 1.1.2009; BGBl. I 2008 S. 2859]. Der EZB-Rat senkt mit Wirkung zum 10. Dezember den Mindestbietungssatz für die HRG auf 2,5% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 3,0% bzw. 2,0% an (Senkung um jeweils einen dreiviertel Prozentpunkt). 5. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das „Gesetz zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets ‚Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung‘“ (BT- Beschluss: 4. Dezember) setzt das am 5. November beschlossene sogenannte ‚Konjunkturpaket I‘ um, dessen wesentliche Maßnahmen sind: Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auf max. 25 vH in den Jahren 2009 und 2010; Erweiterung der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen für KMU für die zwei Folgejahre; Erhöhung des Höchstbetrages für die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für Handwerkerleistungen von 3 000 € auf 6 000 €, wodurch sich auch der Abzug der Steuerschuld von 600 € auf 1 200 € verdoppelt. Um eine mögliche Kaufzurückhaltung - bedingt durch Unklarheiten über die Umstellung der Kfz-Steuer auf CO 2 -Basis - aufzulösen, wird die Kfz- Steuer für zwischen dem 5. November 2008 und dem 30. Juni 2009 angeschaffte Pkw mit Erstzulassung bis zu zwei Jahre ausgesetzt. Die steuerrechtlichen Regelungen des Maßnahmenpakets werden flankiert durch eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen insbesondere im investiven Bereich, deren Umsetzung mit besonderem Gesetz erfolgt [RB: -; GE: 13.11.2008/ 2.12.2008; IKT: 30.1./ 5.11. 2008, 1.1.2009; BGBl. I 2008 S. 2896]. - Das Erbschaftssteuerreformgesetz (BT- Beschluss: 27. November) setzt die Forderung des Bundesverfassungsgerichts an eine einheitliche Bewertung am gemeinen Verkehrswert um. Die persönlichen Freibeträge für Ehegatten, Kinder und Enkel werden stark angehoben. Zur Erleichterung der Generationennachfolge in Unternehmen können deren Vermögen ganz oder zum größten Teil steuerfrei übertragen werden [RB: 11.12.2007; GE: 28.1.2008/ 25.11.2008; IKT: 1.1./ 1.7.2009; BGBl. I 2008 S. 3018]. 9. Dez. Das Bundesverfassungsgericht erklärt in einem Urteil die 2007 eingeführte Begrenzung der Entfernungspauschale für verfassungswidrig und fordert eine zügige Erstattung zu viel gezahlter Steuern [BVerfG, 320 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Urteil des Zweiten Senats v. 9.12.2008, 2 BvL 1/ 07]. 16. Dez. Der Bayerische Landtag beschließt den zweiten Nachtragshaushalt des Jahres 2008, der die bayerische Landesregierung zu einer Kapitalerhöhung der BayernLB im Umfang von 10 Mrd. € ermächtigt (bei Gesamtausgaben des Haushalts von rd. 39 Mrd. €). Weiterhin erfolgt eine Risikoabschirmung der Bank bei wertgeminderten Vermögenswerten durch eine Bürgschaft in Höhe von 3 Mrd. € sowie eine Verpflichtungsermächtigung für bereits absehbare Verluste im Umfang von 1,5 Mrd. €. Die Finanzierung der Kapitalerhöhung erfolgt durch eine Kreditermächtigung, weswegen Art. 18 der Landeshaushaltsordnung, die eine Nettoneuverschuldung nahezu unterbindet, ausgesetzt wird. 18. Dez. Der Bundestag verabschiedet das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz, dessen Mehrausgaben vor allem auf die anteilige Finanzierung der Tariflohnerhöhungen für 2008 und 2009 entfallen. Ein Förderprogramm soll zur Verbesserung der Situation des Pflegepersonals in Krankenhäusern (21 000 zusätzliche Stellen im Pflegedienst) beitragen [RB: -; GE: 7.11.2008/ 17.12.2008; IKT: 1.1./ 25.3.2009; BGBl. I 2009 S. 534]. Der EZB-Rat beschließt mit Wirkung zum 21. Januar 2009, den Zinskorridor der ständigen Fazilitäten auf 200 Basispunkte auszuweiten. 19. Dez. Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Mit der Novellierung des Wohngeldgesetzes (BT-Beschluss: 5. Dezember) wird aufgrund gestiegener Energiekosten das Wohngeld rückwirkend zum 1. Oktober 2008 erhöht. Die Mehrkosten von 120 Mill. € teilen sich paritätisch Bund und Länder [RB: -; GE: 7.11.2008/ 3.12.2008; IKT: 30.12.2008; BGBl. I 2008 S. 2963]. - Das Familienleistungsgesetz (BT-Beschluss: 18. Dezember; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) erhöht den Kinderfreibetrag um 216 € auf 3 864 €. Das Kindergeld steigt für die ersten beiden Kinder um 10 € auf 164 €, für das dritte Kind um 16 € auf 170 € sowie für jedes weitere Kind um 16 € auf 195 €. Außerdem werden steuerliche Regelungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen zusammengefasst und erhalten eine einheitliche Förderung von 20 vH (Steuermindereinnahmen von 2009 bis 2012: 2,24 Mrd. €) [RB: -; GE: 7.11.2008/ 2.12.2008/ 17.12.2008; IKT: 1.1./ 2.1./ 1.8. 2009; BGBl. I 2008 S. 2995]. - Das Jahressteuergesetz 2009 setzt neben Einzelmaßnahmen in verschiedenen Bereichen des Steuerrechts eine Anpassung an das EU-Recht um und soll Steuerausfällen entgegenwirken [RB: -; GE: 2.9.2008/ 25.11.2008; IKT: 1.1.2006, 1.1./ 29.12.2007, 1.1./ 30.7./ 1.11./ 25.12. 2008, 1.1.2009, 1.10.2010; BGBl. I 2008 S. 2794]. Der EZB-Rat und die Zentralbanken der Schweiz, Großbritanniens, Japans und der Vereinigten Staaten schließen eine Vereinbarung über die Fortführung der liquiditätszuführenden Geschäfte in US-Dollar mit ein-, viersowie zwölfwöchiger Laufzeit. Die Umsetzung erfolgt in Form von Rückkaufgeschäften gegen EZB-fähige Sicherheiten und als Festzinstender mit voller Zuteilung. Aufgrund begrenzter Nachfrage werden die Aktivitäten in Form von Euro/ US-Dollar-Devisenswaps Ende Januar eingestellt. 2009 321 2009 1. Jan. Wichtige Neuerungen bei der Neuregelung der Einkommensteuer, der Abgeltungssteuer, der Erbschaftssteuer sowie des Kindergeldes treten in Kraft. Der Beitragssatz zur BA sinkt von 3,3 vH auf 2,8 vH. Durch die Einführung des Gesundheitsfonds wird das Finanzierungssystem der GKV neu geregelt. Der Beitragssatz steigt von durchschnittlich 14,9 vH auf einheitlich 15,5 vH. Die Slowakei führt den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel ein (16. Mitgliedsstaat im Euro-Raum). 8. Jan. In einer Ad-hoc-Mitteilung erklärt die Commerzbank, zusätzliches Kapital im Umfang von 10 Mrd. € vom SoFFin zu erhalten. Dies erfolgt durch Emission von 295 Mill. Stück Stammaktion zu einem vereinbarten Preis von 6 € je Aktie sowie durch eine stille Einlage in Höhe von 8,2 Mrd. €. Nach der Transaktion hält der Bund 25 vH plus eine Aktie an der Bank. 14. Jan. Die Bundesregierung beschließt den „Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland zur Sicherung der Arbeitsplätze, Stärkung der Wachstumskräfte und Modernisierung des Landes“ („Konjunkturpaket II“), der in den Jahren 2009 und 2010 dem Konjunktureinbruch durch Maßnahmen im Umfang von 50 Mrd. € entgegenwirken soll. Er enthält u.a. folgende Beschlüsse: Zukunftsinvestitionen der öffentlichen Hand; Beschleunigung von Investitionen durch Vereinfachung des Vergaberechts; Kredit- und Bürgschaftsprogramm; Ausweitung der bundesgedeckten Exportfinanzierung; Innovationsförderung des Bundes; Stärkung der PKW-Nachfrage; Senkung der Einkommensteuer. 15. Jan. Der EZB-Rat senkt mit Wirkung zum 21. Januar den Mindestbietungssatz für die HRG auf 2,0% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 3,0% bzw. 1,0%, womit der durch die ständigen Fazilitäten gebildete Korridor wieder auf 200 Basispunkte ausgeweitet wird. 16. Jan. Die EZB und die Schweizerische Nationalbank geben bekannt, die seit Oktober 2008 einwöchigen Euro/ Franken-Swapgeschäfte bis Ende April 2009 fortzusetzen, um eine verbesserte Liquidität an den kurzfristigen Geldmärkten für Schweizer Franken zu bewirken. 20. Jan. Der EZB-Rat beschließt den Risikokontrollrahmen zur Besicherung geldpolitischer Refinanzierungsgeschäfte anzupassen. Ab dem 1. März emittierte forderungsbesicherte Wertpapiere (ABS) müssen bei ihrer Begebung über ein AAA/ Aaa-Rating - und während ihrer Laufzeit nicht schlechter als „A“ - einer zugelassenen Ratingagentur verfügen, um als Sicherheit beim Eurosystem hinterlegt werden zu können. Überdies sollte die Basis dieser Wertpapiere nicht vollständig oder teilweise aus Tranchen anderer forderungsbesicherter Wertpapiere bestehen. Weiterhin erlässt der EZB-Rat Beschränkungen für ungedeckte Bankschuldverschreibungen als Sicherheiten für geldpolitische Operationen. 21. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2009 vor. Sie erwartet für 2009 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 2¼ vH, eine Preissteigerung von 0,9 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH. 322 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 27. Jan. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Nachtragshaushalt 2009, der Steuermindereinnahmen im Umfang von 11 Mrd. €, die Rückkehr zur früheren Regelung bei der Entfernungspauschale sowie das Konjunkturpaket II umfasst. Mehrausgaben im Umfang von 7,5 Mrd. € umfassen v.a. die Zuschüsse zum Gesundheitsfonds, Unterstützungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose sowie Bürgschaften. Die Nettokreditaufnahme übertrifft mit 37 Mrd. € deutlich die Summe der Investitionen von 29 Mrd. €, was mit der Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts begründet wird. Bis Ende 2011 sollen durch Einrichtung eines Sondervermögens, dem „Investitions- und Tilgungsfonds“, weitere konjunkturstimulierende Maßnahmen im Umfang von 17 Mrd. € durch Kreditaufnahmen finanziert werden. Ab 2010 sollen die Schulden aus Teilen der Gewinnausschüttung der Bundesbank getilgt werden. 3. Febr. Der EZB-Rat und die Zentralbank der Vereinigten Staaten beschließen, ihre gegenseitige Währungsvereinbarung bis zum 30. Oktober zu verlängern, um dem anhaltenden Druck auf die US-Dollar-Finanzierungsmärkte zu begegnen. 10. Febr. Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Glos, scheidet aus seinem Amt aus. Seine Nachfolge tritt am gleichen Tag Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) an. 12. Febr. Die Föderalismuskommission einigt sich auf eine Neuregelung der Bund-Länder- Finanzbeziehungen, Hilfen für finanzschwache Bundesländer sowie Verschuldungsgrenzen. Ab 2016 wird die strukturelle Neuverschuldung des Bundes auf 0,35 vH des BIP begrenzt; die Länder sollen ab 2020 auf eine Neuverschuldung vollständig verzichten. Ausnahmen hiervon bilden lediglich - bei Vorlage eines Tilgungsplans - schwerwiegende konjunkturelle Krisen oder Naturkatastrophen. Die Länder Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen- Anhalt und Schleswig-Holstein erhalten in den Jahren 2011 bis 2019 jährliche Hilfen im Umfang von 0,8 Mrd. €, wenn sie ihre Neuverschuldung wie verabredet absenken und auf Haushaltsnotlageklagen vor dem Bundesverfassungsgericht verzichten. Eine Arbeitsgruppe soll die notwendigen Begleitgesetze bis zum 5. März ausarbeiten. 13. Febr. Der Bundestag verabschiedet den Nachtragshaushalt 2009, der das Haushaltsvolumen von 290,0 Mrd. € auf 297,6 Mrd. € und die Kreditaufnahme von 18,5 Mrd. € auf 36,9 Mrd. € anhebt. Damit werden die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen zur Umsetzung des am 14. Januar beschlossenen Konjunkturpakets II geschaffen, die nicht durch das Sondervermögen „Investitions- und Tilgungsfonds“ finanziert werden [RB: 27.1.2009; GE: 27.1.2009/ 11.2.2009; IKT: 1.1.2009; BGBl. I 2009 S. 406]. 20. Febr. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (13. Februar) verabschiedeten „Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland“ zu, womit Maßnahmen des Konjunkturpakets II - insbesondere mit kurz- und mittelfristiger Wirkung zur Entlastung der privaten Haushalte - umgesetzt werden. Das Gesetz sieht u.a. vor: Eine schrittweise Senkung der Einkommensteuer, einmalige Bonuszahlung für Kindergeldberechtigte von 100 €; Erleichterung von Kurzarbeit; Förderung beruflicher Weiterbildung, Erhöhung von Sozialleistungsregelsätzen für Kinder, Senkung 2009 323 des GKV-Beitragssatzes auf 14,9 vH; Errichtung des Sondervermögens „Investitions- und Tilgungsfonds“, der mehrere befristete Maßnahmen umsetzt wie öffentliche Investitionen, Stärkung der Pkw- Nachfrage („Abwrackprämie“ für Altautos bei Anschaffung eines Neu- oder Jahreswagens), Innovationsprogramm Mittelstand sowie Forschungsförderung im Bereich Mobilität [RB: -; GE: 27.1.2009/ 11.2.2009; IKT: 1.2./ 6.3./ 1.7./ 1.8.2009, 1.1.2011; BGBl. I 2009 S. 416]. 5. März Die Föderalismuskommission II beschließt mit Mehrheit ein umfangreiches Reformpaket, dessen wichtigster Bestandteil die Regelungen zur Neuverschuldung sind. Der EZB-Rat senkt mit Wirkung zum 11. März den Mindestbietungssatz für die HRG auf 1,5% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 2,0% bzw. 0,5% (Senkung um jeweils einen halben Prozentpunkt). 6. März Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch die Grundgesetzänderung zu den Artikeln 106, 106b, 107, 108 GG werden Teile des Konjunkturpakets II umgesetzt, wodurch u.a. die Erträge aus der Kfz-Steuer an den Bund übergehen und die Länder einen jährlichen Festbetrag als Kompensation erhalten [RB: -; GE: 27.1.2009/ 11.2.2009; IKT: 26.3./ 1.7.2009; BGBl. I 2009 S. 606]. - Das „Gesetz zur Neuregelung der Kraftfahrzeugsteuer und Änderung anderer Gesetze“ (BT-Beschluss: 5. März; nach Anrufung des Vermittlungsausschusses) stellt als Maßnahme zum Klimaschutz und zur Umsetzung der EU-Strategie zur Minderung der CO 2 -Emissionen die Bemessungsgrundlage der Kfz- Steuer von Hubraum auf Schadstoffemissionen (v.a. CO 2 ) um [RB: -; GE: 27.1.2009/ 11.2.2009/ 4.3.2009; IKT: 1.7.2009; BGBl. I 2009 S. 1170]. 31. März Die Bundesregierung meldet im Rahmen des EU-Haushaltsüberwachungsverfahrens für 2009 eine erwartete Defizitquote von 2,9 vH sowie eine Schuldenstandsquote von 69,7 vH. In 2008 wird mit einer Defizitquote von 0,1 vH ein nahezu ausgeglichener Haushalt erreicht, während infolge der Finanzmarktstabilisierungsmaßnahmen die Schuldenstandsquote gegenüber 2007 um 0,8 Prozentpunkte auf 65,9 vH anstieg. 2. April Der EZB-Rat senkt mit Wirkung zum 8. April den Mindestbietungssatz für die HRG auf 1,25% sowie den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 2,25% bzw. 0,25% an (Senkung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). 3. April Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (19. März) verabschiedeten „Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale“ zu und kehrt damit zur ursprünglichen Regelung zurück (jährliche Steuermindereinnahmen 2009 bis 2013: 5,4 Mrd. € bis 2,5 Mrd. €) [RB: -; GE: 3.3.2009; IKT: 1.1.2007, 24.4.2008; BGBl. I 2009 S. 774]. 21. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2009 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 6,0 vH, eine Preissteigerung von 0,3 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,3 vH. Für 2010 werden ein Rückgang des Wachstums von 0,5 vH, eine Preissteigerung von 0,0 vH 324 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2,5 vH prognostiziert. 7. Mai Der EZB-Rat beschließt, zum 13. Mai die Zinssätze für die HRG sowie die SRF um einen viertel bzw. einen halben Prozentpunkt auf 1,0% bzw. 1,75% zu senken. Der Zinssatz für die Einlagefazilität bleibt unverändert. Darüber hinaus fasst der EZB- Rat den Beschluss, die Europäische Investitionsbank als Geschäftspartner für Offenmarktoperationen und Dauerfazilitäten zuzulassen und ein Ankaufprogramm für auf Euro lautende gedeckte Bankschuldverschreibungen aufzulegen. 27. Mai Die Bundesregierung verabschiedet den Entwurf eines zweiten Nachtragshaushalts 2009, der das Haushaltsvolumen von 297,6 Mrd. € auf 303,2 Mrd. € sowie die Kreditaufnahme von 36,9 Mrd. € auf 47,6 Mrd. € anhebt. Neben den Steuermindereinnahmen werden auch zusätzliche Ausgaben für ein Darlehen an den Gesundheitsfonds in Höhe von 4,7 Mrd. € sowie Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit im Umfang von 1,5 Mrd. € berücksichtigt. Haushaltsentlastend wirkt die volle Vereinnahmung der Gewinnausschüttung der Bundesbank, da erstmals keine Schulden des (ursprünglichen) Erblastentilgungsfonds bedient werden müssen. 28. Mai Der Bundestag beschließt eine einmalige Aufstockung der Finanzmittel für die Abwrackprämie zur Förderung des Pkw-Verkaufs von 3,5 Mrd. € auf 5 Mrd. € [RB: -; GE: 21.4.2009/ 27.5.2009; IKT: 1.7.2009; BGBl. I 2009 S. 1577]. 29. Mai Der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Scholz, verlängert nach einem Kabinettsbeschluss per Verordnung die maximale Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld um ein halbes Jahr auf nunmehr 24 Monate [RB: -; VE: -; IKT: 5.6.2009; BGBl. I 2009 S. 1223]. 30. Mai Um das Automobilunternehmen Opel vom Insolvenzverfahren seines US-amerikanischen Mutterunternehmens, General Motors, abzutrennen und es anschließend zu veräußern, werden 65 vH der Anteile der Adam Opel GmbH in eine Treuhandgesellschaft eingebracht. Die Bundesregierung genehmigt infolgedessen einen Überbrückungskredit in Höhe von 1,5 Mrd. €, um die Liquidität übergangsweise sicherzustellen. 4. Juni Der EZB-Rat gibt die technischen Modalitäten für das Ankaufprogramm von auf Euro lautenden Bankschuldverschreibungen bekannt. Die Ankäufe haben ein Volumen von 60 Mrd. € und erstrecken sich über das gesamte Euro-Währungsgebiet. 10. Juni Die EZB und die Schwedische Zentralbank beschließen, gemäß ihrer Vereinbarung vom 20. Dezember 2007 das temporäre Währungsabkommen zu aktivieren, wonach die schwedische Zentralbank Euro von der EZB im Tausch gegen Schwedische Kronen im Umfang von 10 Mrd. € bei einer maximalen Laufzeit von drei Monaten aufnehmen kann. 12. Juni Der Bundesrat (bei Stimmenthaltung der Länder Berlin, Mecklenburg-Vorpommern 2009 325 sowie Schleswig-Holstein) und der Bundestag (29. Mai) verabschieden die Grundgesetzänderung zur Umsetzung der Beschlüsse der Föderalismuskommission II mit erforderlicher Zweidrittelmehrheit, wodurch die Schuldenbegrenzung für Bund und Länder Verfassungsrang erhält. Mit dem Gesetz wird fernerhin ein Stabilitätsrat errichtet, der die Nachfolge des Finanzplanungsrates antritt [RB: -; GE: 24.3.2009/ 27.5.2009; IKT: 1./ 18.8. 2009, 1.1./ 1.7.2010, 1.1.2015; BGBl. I 2009 S. 2248, 2702]. 19. Juni Der Bundestag beschließt das „Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze“, wodurch u.a. Rentenkürzungen auch dann ausgeschlossen sind, wenn im Vorjahr die Pro-Kopf-Löhne gesunken sind. Das Gesetz sieht ferner eine vollständige Erstattung der Sozialbeiträge von Arbeitgebern ab dem siebten Monat vor [RB: -; GE: 8.4.2009/ 17.6.2009; IKT: 1.1./ 1.7./ 22.7./ 1.8./ 1.9./ 1.10.2009, 1.9.2011; BGBl. I 2009 S. 1939]. 23. Juni Das Eurosystem und der Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden veröffentlichen „Empfehlungen für Wertpapierabwicklungssysteme und zentrale Gegenparteien in der Europäischen Union“, mit denen die Sicherheit, Solidität und Effizienz von Wertpapier-Clearing- und Abwicklungssystemen und zentralen Gegenparteien in der EU erhöht werden sollen. 24. Juni Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2010 sowie die mittelfristige Finanzplanung bis 2013. - Bundeshaushalt 2010: Das Haushaltsvolumen beträgt 327,7 Mrd. € und die Kreditaufnahme 86,1 Mrd. €. Die Überschreitung der mit 48,6 Mrd. € bezifferten Investitionen wird mit der Abwehr der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts begründet. - Mittelfristige Finanzplanung 2010: Bis 2013 soll die Nettokreditaufnahmen auf 46 Mrd. € verringert werden. Das strukturelle Defizit beläuft sich 2010 voraussichtlich auf 1,6 vH des BIP und muss nach der neuen Regelung zur Verschuldungsbegrenzung in gleichmäßigen Schritten im Zeitraum 2011 bis 2016 auf 0,35 vH zurückgeführt werden: Zur Erreichung dieses Ziels werden globale Minderausgaben angesetzt, die schrittweise auf 20 Mrd. € anwachsen sollen. 25. Juni Der EZB-Rat verlängert die befristete gegenseitige Währungsvereinbarung (Swap- Linie) mit der Zentralbank der Vereinigten Staaten bis 1. Februar 2010. Überdies wird beschlossen, die liquiditätszuführenden Geschäfte in US-Dollar mit ein- und zwölfwöchiger Laufzeit bis mindestens 30. September fortzuführen, wohingegen jene mit vierwöchiger Laufzeit zum 28. Juli eingestellt werden. Der EZB-Rat beschließt im Einvernehmen mit der Schweizerischen Nationalbank, die einwöchigen Swap-Geschäfte in Schweizer Franken bis mindestens zum 31. Oktober fortzusetzen. 1. Juli Der einheitliche Beitragssatz zum Gesundheitsfonds sinkt von 15,5 vH auf 14,9 vH. Die Mindereinnahmen (2009: 3 Mrd. €; 2010: 6,5 Mrd. €) werden durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt ausgeglichen. 326 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 2. Juli Der Bundestag verabschiedet den zweiten Nachtragshaushalt 2009, der die Gesamtausgaben auf 303,31 Mrd. € sowie die Nettokreditaufnahme auf 49,08 Mrd. € erhöht [RB: 27.5.2009; GE: 28.5.2009/ 1.7.2009; IKT: 1.1.2009; BGBl. I 2009 S. 2290]. 8. Juli Der Finanzplanungsrat geht für 2009 und 2010 von einem Anstieg der Defizitquote auf 4 vH bzw. 6 vH aus. Um sowohl der neuen Verschuldungsregel als auch dem Stabilitäts- und Wachstumspakt gerecht zu werden, wird eine Alternative zu einer strikten Haushaltskonsolidierung erst ab 2011 gesehen. 8.-10. Juli In L’Aquila (Italien) findet der 35. Weltwirtschaftsgipfel statt. Thematische Schwerpunkte sind das Kyoto-Nachfolgeprotokoll, die Entwicklungszusammenarbeit sowie finanz- und wirtschaftspolitische Fragen. 10. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung“ (BT-Beschluss: 3. Juli) wird eine Stützung der Ertragslage der deutschen Banken sowie die Freisetzung regulatorisch gebundener Eigenmittel bezweckt, damit die Banken ihre Finanzierungsfunktion für die Realwirtschaft besser wahrnehmen können. Fortan können Bankbilanzen von risikobehafteten Wertpapieren bereinigt werden, in dem diese in zwei verschiedenen Modellen an Zweckgesellschaften („Bad Banks“) übertragen werden: Das Zweckgesellschaftsmodell richtet sich insbesondere an private Banken und gestattet diesen, gegen Gebühr beim SoFFin Garantien mit bis zu 20-jähriger Laufzeit zu erhalten. Dadurch belasten Wertberichtigungen der Risikowertpapiere nicht mehr das Eigenkapital, da der Wert der Zweckgesellschaft durch die staatliche Garantie unverändert bleibt. Voraussetzung für die Garantieübernahme ist ein Abschlag auf den Buchwert. Das Konsolidierungsmodell richtet sich insbesondere an Landesbanken, steht aber auch privaten Banken offen. Hierfür können bei der Finanzmarktstabilisierungsanstalt (bundes- oder landesrechtliche) eigenständige Abwicklungsanstalten eingerichtet werden, die nicht nur die Auslagerung von Risikowertpapieren, sondern auch von ganzen Geschäftsbereichen erlaubt. Die Haftung des Staates - sofern er nicht selbst als Eigentümer fungiert - soll generell dadurch eingeschränkt werden, dass potentielle Verluste von den Eigentümern der übertragenden Bank aus ihnen zustehenden Dividenden ausgeglichen oder aufgrund Beteiligung am Stammkapital der „Bad Bank“ übernommen werden [RB: - ; GE: 26.5.2009/ 1.7.2009; IKT: 23.7.2009; BGBl. I 2009 S. 1980]. - Das „Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen“ (BT-Beschluss: 19. Juni) sieht eine vollständige steuerliche Berücksichtigung tatsächlich geleisteter Beiträge zur privaten und gesetzlichen Kranken- und Pflege-Pflichtversicherung auf sozialhilferechtlich gewährleistetem Leistungsniveau ab 2010 vor, und setzt damit den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 2008 um. Überdies enthält es in Form von Steuerentlastungen für Unternehmen konjunkturunterstützende Elemente (Steuermindereinnahmen 2009: 2,5 Mrd. €; 2010: 9,6 Mrd. €; 2011: 11,2 Mrd. €; 2012: 9,1 Mrd. €; 2013: 11,7 Mrd. €) [RB: -; GE: 16.3.2009/ 17.6.2009; IKT: 9.4./ 1.7./ 23.7./ 31.7.2009, 1.1.2010; BGBl. I 2009 S. 1959]. 2009 327 16. Juli Das Eurosystem unterzeichnet mit 27 europäischen zentralen Wertpapierverwahrern eine Absichtserklärung zur weiteren Fortführung des „TARGET2-Securities- Projekt“ (T2S). Die Einführung von T2S ist für Juni 2013 vorgesehen. 28. Aug. Die Bundesbank schließt mit dem IWF eine bilaterale Kreditvereinbarung über 15 Mrd. € mit einer Laufzeit von zwei Jahren und einer Verlängerungsmöglichkeit auf maximal vier Jahre, um dem IWF zur Unterstützung der G20 höhere Kreditvergabemittel einzuräumen. 18. Sept. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Akzeptanz der Marktwirtschaft: Einkommensverteilung, Chancengleichheit und die Rolle des Staates“ vor. 24. Sept. Der EZB-Rat beschließt, die einwöchigen liquiditätszuführenden Geschäfte in US- Dollar von Oktober 2009 bis Januar 2010 fortzuführen, jedoch die zwölfwöchigen Geschäfte nach dem 6. Oktober aufgrund begrenzter Nachfrage und verbesserten Bedingungen an den Refinanzierungsmärkten einzustellen. Ferner beschließt der EZB-Rat im Einvernehmen mit der Schweizerischen Nationalbank die einwöchigen liquiditätszuführenden Swapgeschäfte bis Ende Januar 2010 fortzuführen. 27. Sept. Bei den Wahlen zum 17. Deutschen Bundestag erreichen die Unionsparteien (CDU: 27,3 vH; CSU: 6,5 vH) und FDP (14,6 vH) die absolute Mehrheit der Stimmen im Parlament. Die SPD (23,0 vH) erzielt ihr bis dahin schwächstes Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Neben der FDP können die Linke (11,9 vH) und Bündnis90/ Die Grünen (10,7 vH) Zuwächse verzeichnen. Die Wahlbeteiligung war mit 70,8 vH die geringste bei einer Wahl zum Bundes- oder Reichstag, zur Volkskammer und zur Deutschen Nationalversammlung seit 1898. 30. Sept. Die Bundesregierung meldet im Rahmen des EU-Haushaltsüberwachungsverfahrens der EU-Kommission für 2009 eine Defizitquote von 3,7 vH sowie eine Schuldenstandsquote von 74,2 vH. Da aufgrund einer methodischen Revision staatliche Interventionen an den Finanzmärkten zur Durchführung von Stützungsmaßnahmen für angeschlagene Banken nicht mehr defiziterhöhend erfasst werden, weisen die Jahre 2007 sowie 2008 für Deutschland mit 0,2 vH bzw. 0,0 vH kein Defizit aus. 13. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2009 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 5,0 vH, eine Preissteigerung von -0,2 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH. Für 2010 werden ein Wachstum von 1,2 vH, eine Preissteigerung von 0,3 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 2,0 vH prognostiziert. 28. Okt. Angela Merkel wird vom Bundestag zum Bundeskanzler gewählt und legt ihren Amtseid ab. Anschließend wird die Bildung der Bundesregierung mit der Vereidigung der Bundesminister abgeschlossen. Dem Kabinett gehören sieben Minister der CDU, drei Minister der CSU und fünf Minister der FDP an. Bundesfinanzminister wird Wolfgang Schäuble, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Rainer 328 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Brüderle (FDP) und Bundesminister für Arbeit und Soziales Dr. Franz Josef Jung (CDU). 4. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2009/ 10 vor. Er prognostiziert für 2009 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums von 5,0 vH, eine Preissteigerung von 0,2 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,0 vH. Für 2010 werden ein Wachstum von 1,6 vH, eine Preissteigerung von 0,8 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 1,5 vH prognostiziert. 20. Nov. Der EZB-Rat beschließt eine Anpassung seiner Anforderung an hinterlegte Sicherheiten für geldpolitische Operationen. Nach dem 1. März 2010 emittierte forderungsbesicherte Wertpapiere benötigen mindestens zwei Bewertungen von anerkannten Ratingagenturen, deren schlechteste Bonitätsnote mindestens den am 20. Januar beschlossenen Anforderungen entsprechen muss. 25. Nov. Nach Beschluss des Bundeskabinetts wird die Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld im Jahr 2010 per Verordnung erneut auf 18 Monate verlängert [RB: -; VE: -; IKT: 19.12. 2009; BGBl. I 2009 S. 3855]. In ihrem Finanzstabilitätsbericht 2009 bescheinigt die Deutsche Bundesbank dem deutschen Finanzsystem eine Stabilisierung, verweist jedoch u.a. auf langanhaltende Stagnationsphasen wichtiger Volkswirtschaften, die Zurückhaltung bei der Kreditvergabe sowie die rapide angestiegene (implizite wie explizite) Staatsverschuldung als Risikofaktoren. 30. Nov. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Franz Josef Jung, legt sein Amt nieder. Seine Nachfolge tritt die bisherige Bundesfamilienministerin, Dr. Ursula von der Leyen (CDU), an. 2. Dez. Der Ecofin-Rat stellt für Deutschland ein übermäßiges Defizit fest, das bis 2013 wieder unter den Referenzwert von 3 vH des BIP zurückgeführt werden muss. Das strukturelle Defizit soll ab 2011 jahresdurchschnittlich um 0,5 vH des BIP zurückgeführt werden. 16. Dez. Die Bundesregierung beschließt den überarbeiteten Entwurf des Bundeshaushalts 2010. Gegenüber dem Entwurf der Vorgängerregierung wird der Ausgabensatz um 2,3 Mrd. € auf 325,4 Mrd. € und die Nettokreditaufnahme nur um 0,3 Mrd. € auf 85,5 Mrd. € (die bis dahin höchste Nettokreditaufnahme der Bundesrepublik) gesenkt. Haushaltsmehrbelastungen entstehen insbesondere durch geplante Steuersenkungen (4 Mrd. €), einen Einmalzuschuss an den Gesundheitsfonds (4 Mrd. €), erhöhte Agrarsubventionen sowie Mehrausgaben für Bildung und Forschung von 1 Mrd. €. 18. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (4. Dezember) verabschiedeten Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu, das zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise beitragen soll. Neben Steuerminderungen (u.a. ermäßigter Umsatzsteuersatz für Beherbergungsdienstleistungen) sieht es auch eine Erhöhung des Kindergeldes sowie des Kinderfreibetrages vor (Steuermindereinnahmen von 8,5 Mrd. €) [RB: 9.11.2009; GE: 9.11.2009/ 2.12.2009; IKT: 31.12.2009; BGBl. I 2009 S. 3950]. Die Jahre 2010-2019 2010 1. Jan. Der Grundfreibetrag der Einkommensteuer steigt um 330 € auf 8 004 €; Gewährung der steuerlichen Absetzbarkeit von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung; Erhöhung des Kindergeldes und der Freibeträge für Kinder; Beherbergungsdienstleistungen werden fortan mit dem ermäßigten Umsatzsteuer belastet; Veränderungen der Erbschaftssteuer sehen für nähere Angehörige Entlastungen sowie Erleichterungen bei Unternehmensübertragungen vor. 27. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2010 vor. Sie erwartet für 2010 ein Wirtschaftswachstum von 2¼ vH, eine Preissteigerung von 0,9 vH und einen Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH. 31. Jan. Aufgrund eines verbesserten Marktumfeldes werden die Swap-Geschäfte der EZB zur Bereitstellung zusätzlicher Liquidität in Schweizer Franken sowie US-Dollar beendet (Beschlüsse vom 18.1.2010 bzw. 27.1.2010). 9. Febr. Das Bundesverfassungsgericht stellt in seinem Urteil fest, dass die Leistungssätze für ALG-II sowie für Sozialgeld bei Angehörigen unzureichend begründet und atypische Sonderbedarfe ungenügend berücksichtigt sind. Die Koppelung der Regelsätze an die Rentenentwicklung wird verworfen, die Leistungshöhe jedoch nicht als grundgesetzwidrig eingestuft. Bis zum Jahresende 2010 werden gesetzliche Neuregelungen gefordert [BVerfG, Urteil des Ersten Senats v. 9.2.2010, 1 BvL 1/ 09]. Im Rahmen des EU-Haushaltsüberwachungsverfahrens legt die Bundesregierung ein aktualisiertes Deutsches Stabilitätsprogramm vor, dem ein BIP-Anstieg von 1,4 vH (2010) sowie von 2,0 vH für die Jahre bis 2013 zugrunde liegt. Das strukturelle Defizit soll jährlich um durchschnittlich 0,5 vH des BIP gesenkt und das Maastricht-Kriterium ab 2013 wieder eingehalten werden. Konkrete Maßnahmen zum Erreichen der Ziele werden nicht genannt. 11. Febr. In Brüssel (Belgien) erklären die Staats- und Regierungschefs der Euro-Mitgliedsländer auf einem Sondergipfel, nachdem Griechenland über Monate hinweg kein Vertrauen in die Tragfähigkeit seiner öffentlichen Finanzen gewinnen konnte, notfalls Maßnahmen zu ergreifen, um die Finanzmarktstabilität im Euro-Währungsgebiet zu erhalten. 4. März Der EZB-Rat beschließt aufgrund der zunehmenden Finanzmarktstabilisierung, seine nicht standardisierten Maßnahmen schrittweise einzustellen. Ab dem 28. April werden die LRG wieder im Zinstenderverfahren mit variablem Zinssatz durchgeführt sowie die Sonderrefinanzierungsoperationen mit sechsmonatiger Laufzeit zum durchschnittlichen Hauptrefinanzierungssatz der jeweiligen Laufzeit ausgeschrieben. Da zum 1. Juli der erste langfristige Refinanzierungstender mit einjähriger Laufzeit, der am 25. Juni 2009 mit einem 330 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Volumen von 442,2 Mrd. € zugeteilt wurde, fällig wird und Verwerfungen auf dem Euro-Geldmarkt vermieden werden sollen, schreibt das Eurosystem einen sechstägigen Brückentender aus, wodurch den Kreditinstituten bis zum darauffolgenden HRG insgesamt 111,2 Mrd. € zur Verfügung gestellt werden. 15.-16. März Die Euro-Gruppe begrüßt die von Griechenland beschlossenen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung und fordert gleichzeitig die griechische Regierung dazu auf, weitere Anstrengungen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit zu unternehmen. Aufgrund der anhaltenden Vertrauenskrise bezüglich der öffentlichen Finanzen Griechenlands wird die Erklärung der Euro- Mitgliedsländer vom 11. Februar bekräftigt und betont, einzelnen Mitgliedsländern keine finanziellen Hilfen zum durchschnittlichen Zinssatz des Euro-Währungsgebietes anzubieten. 19. März Der Bundestag beschließt den Bundeshaushalt 2010, der Ausgaben in Höhe von 319,5 Mrd. € bei einer Nettokreditaufnahme von 80,2 Mrd. € vorsieht (gegenüber dem Entwurf vom Dezember 2009 wird die Nettokreditaufnahme um 5,6 Mrd. € infolge geringerer arbeitsmarktbedingter Ausgaben sowie Zinskosten gemindert). Die Investitionen liegen mit 28,7 Mrd. € deutlich unter der Nettokreditaufnahme, was mit der Abwehr der Störung eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts begründet wird . Die strukturelle Nettokreditaufnahme (Ausgangswert der Schuldengrenze nach der neuen Schuldenbremse) wird auf 66,6 Mrd. € veranschlagt [RB: 16.12.2009; GE: 1.1.2010/ 5.3.2010/ 5.3.2010; IKT: 1.1. 2010; BGBl. I 2010 S. 346]. 25. März Die Staats- und Regierungschefs des Euro- Währungsgebiets erklären sich im Rahmen eines Hilfspakets für Griechenland, das bei einem Mehrheitsanteil europäischer Finanzmittel auch eine erhebliche Finanzierung des IWF umfasst, zu koordinierten bilateralen Darlehen zur Sicherung der Finanzstabilität im Euro-Raum bereit. Jede Auszahlung aus bilateralen Darlehen muss von den Mitgliedsstaaten einstimmig beschlossen, an Bedingungen geknüpft und an eine Beurteilung durch die Europäische Kommission und die EZB geknüpft werden. 26. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (5. März) verabschiedeten Sozialversicherungsstabilisierungsgesetz zu, wodurch die BA zum Ausgleich ihres Defizits im Jahr 2010 ausnahmsweise ein Bundeszuschuss statt eines rückzahlbaren Darlehens erhält. Überdies werden dem Gesundheitsfonds zur Kompensation krisenbedingter Mindereinnahmen der GKV 3,9 Mrd. € zur Verfügung gestellt [RB: -; GE: 25.1.2010; IKT: 17.4.2010; BGBl. I S. 410]. 8. April Der EZB-Rat beschließt, für Refinanzierungsoperationen des Eurosystems die Mindestbonitätsanforderungen für handelbare und nicht handelbare Vermögenswerte (hiervon sind forderungsbesicherter Wertpapiere ausgenommen) über das Jahresende hinaus bei einer Rating-Klassifikation von BBB-/ Baa3 aufrechtzuhalten. Überdies wurde beschlossen, ab 2011 für die Kategorien BBB+/ Baa1 bis BBB-/ Baa3 statt eines einheitlichen Bewertungsabschlages von 5 vH abgestufte Abschläge einzuführen. Ab 2011 werden Vermögenswerte nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert, wenn diese auf Fremdwährungen lauten, auf einem nicht regulierten 2010 331 Markt gehandelt werden oder es sich um nachrangige Schuldtitel handelt. 11. April Die Finanzminister der Euro-Gruppe einigen sich auf weitere Details für etwaige Hilfsmaßnahmen für Griechenland. Im ersten Jahr eines dreijährigen Programms wollen die Euro-Mitgliedsstaaten zusammen mit dem IWF 30 Mrd. € bereitstellen, um eine Zahlungsunfähigkeit der Hellenischen Republik abzuwenden. Im Anschluss an die Verabschiedung eines wirtschafts- und finanzpolitischen Sparprogramms Griechenlands soll in den Folgejahren über finanzielle Hilfen entschieden werden. 13. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2010 ein Wirtschaftswachstum von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 0,8 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,4 vH. Für 2011 werden ein Wachstum von 1,4 vH, eine Preissteigerung von 0,8 vH und ein Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen von 0,4 vH prognostiziert. 16. April Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt ein Gutachten „Zur Reform der Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung“ und ein Gutachten zur „Reform von Bankenregulierung und Bankenaufsicht nach der Finanzkrise“ vor. 23. April Griechenland beantragt aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit Hilfen aus einem internationalen Hilfsprogramm. 28. April Der Stabilitätsrat beschließt auf seiner konstituierenden Sitzung neben einer Geschäftsordnung auch Kennziffern mit Schwellenwerten, bei deren Überschreitung er auf eine drohende Haushaltsnotlage hinweisen kann. Nach Einleitung einer Prüfung durch den Stabilitätsrat können gegebenenfalls Sanierungsprogramme vereinbart werden. 30. April Die WestLB überträgt auf die in der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) geführte bundesrechtliche Erste Abwicklungsanstalt (EAA) ein Portfolio zum Nominalwert von 71 Mrd. €. 2. Mai Die Finanzminister der Euro-Gruppe, die EZB und der IWF erklären, dass zur Sicherung der Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet eine Kreditbereitstellung für Griechenland erforderlich ist. Die Minister der Euro-Länder beschließen (mit Ausnahme der Slowakei) bilaterale Kredite. Im Gegenzug verpflichtet sich Griechenland zur Einhaltung des verabschiedeten Sparprogramms. Von dem dreijährigen Kreditprogramm werden 80 Mrd. € durch die Euro-Länder sowie 30 Mrd. € durch den IWF bereitgestellt. Die erste Auszahlung soll vor dem 19. Mai erfolgen, da an diesem Tag eine griechische Anleihe in Höhe von 8,5 Mrd. € fällig wird. 3. Mai Der EZB-Rat beschließt vor dem Hintergrund der griechischen Konsolidierungsmaßnahmen, die Mindestbonitätsanforderungen für von der griechischen Regierung begebenen und garantierten Vermögenswerte bis auf weiteres auszusetzen. Die Aussetzung gilt für alle ausstehenden und neu begebene marktfähige Schuldtitel. 7. Mai Der Bundestag verabschiedet das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz, das das BMF zur Übernahme von Gewähr- 332 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland leistungen für Hilfskredite an Griechenland in Höhe von 8,4 Mrd. € im ersten Jahr sowie 14 Mrd. € in den Folgejahren ermächtigt [RB: -; GE: 3.5.2010/ 5.5.2010; IKT: 8.5.2010; BGBl. I 2010 S. 537]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (22. April) verabschiedeten Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates zu. Die fortzuführenden Arbeiten werden an den - im Rahmen der Föderalismusreform II eingeführten - Stabilitätsrat übertragen [RB: -; GE: 10.3.2010/ 21.4.2010; IKT: 6.3.2009, 1.1./ 3.6.2010; BGBl. I 2010 S. 671]. 7.-9. Mai Auf einem EU-Sondergipfel in Brüssel bekräftigen die Staats- und Regierungschefs ihre Entschlossenheit zur Aufrechterhaltung von Stabilität, Einheit und Integrität des Euro-Währungsgebietes und alle dafür zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen. Die EU-Kommission wird aufgefordert, einen Stabilisierungsmechanismus zur Wahrung der Finanzmarktstabilität in Europa auszuarbeiten und den Vorschlag dem Ecofin-Rat zu einer Sondertagung am 9. Mai zur Entscheidung vorzulegen. 9. Mai Auf einer Ecofin-Sondersitzung beschließen die EU-Finanzminister einen europäischen „Rettungsschirm“ mit einem Gesamtvolumen von 500 Mrd. €. Dieser besteht aus einem EU-Instrument (Europäische Finanzstabilisierungsmechanismus; EFSM) auf Grundlage des Artikels 122 AEUV mit einem Umfang von 60 Mrd. € sowie der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) - einer noch zu gründenden zwischenstaatlichen Zweckgesellschaft - im Umfang von 440 Mrd. €. Überdies wird eine Beteiligung des IWF in Höhe der Leistungen aus EU-Staaten erwartet. Hilfeleistungen an ein Land werden an finanz- und wirtschaftspolitische Auflagen gebunden. 10. Mai Der EZB-Rat beschließt vier Sondermaßnahmen, um den starken Spannungen in bestimmten Segmenten des Finanzmarktes entgegenzuwirken, die den geldpolitischen Transmissionsmechanismus behindern: - Durch das Wertpapiermarktprogramm werden Papiere öffentlicher sowie privater Emittenten zur Intervention in besonders dysfunktionalen Finanzmarktsegmenten aufgekauft. - Um die durch das Wertpapiermarktprogramm eingesetzte Liquidität wieder zurückzuführen, werden nachfolgende Operationen auf dem Geldmarkt durchgeführt: Die Ausschreibung der regulären LRG am 26. Mai sowie am 30. Juni erfolgt als Festzinstender mit vollständiger Zuteilung der eingereichten Gebote. Am 12. Mai wird ein zinsindexiertes LRG (der Kurs bestimmt sich nach dem durchschnittlichen Mindestbietungssatz für HRG während der Laufzeit) mit sechsmonatiger Laufzeit bei vollständiger Zuteilung durchgeführt. Ab dem 11. Mai werden die vorübergehenden Swap-Linien mit der Zentralbank der Vereinigten Staaten zur Bereitstellung von Liquidität in US-Dollar wiedereingeführt. 20. Mai Die Bundesnetzagentur führt die Versteigerung von Funkfrequenzen durch, die mit Gesamtgeboten von 4,38 Mrd. € endet. Erwartet wurde ein Ergebnis zwischen fünf und 8 Mrd. €. Die Einnahmen werden dem Bundeshaushalt zugeführt. 21. Mai Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“, wodurch sich die Bundesrepublik mit bis zu 123 Mrd. € am EFSF beteiligt. Der Beitrag kann um 20 vH 2010 333 angehoben werden [RB: -; GE: 11.5.2010/ 19.5.2010; IKT: 23.5.2010; BGBl. I 2010 S. 627]. 7. Juni Das Bundeskabinett beschließt Eckpunkte zur Konsolidierung des Bundeshaushalts bis 2014, wodurch in den Jahren 2011 bis 2014 eine kumulierte Saldoverbesserung von 80 Mrd. € angestrebt wird. Zur Einnahmenverbesserung werden Begünstigungen für das produzierende Gewerbe bei der Energie- und Stromsteuer eingeschränkt und zwei neue Steuern erhoben. Neben dem zur Stromerzeugung eingesetzten Kernbrennstoff sollen Abflüge von inländischen Flughäfen - in Abhängigkeit von der Entfernung zum endgültigen Reiseziel - besteuert werden. Ferner sollen Dividenden der Deutschen Bahn Einnahmen von jährlich 0,5 Mrd. € erbringen. Gleichzeitig ist eine Ausgabensenkung vorgesehen, wofür u.a. in der aktiven Arbeitsmarktpolitik Pflichtin Ermessensleistungen umgewandelt werden und die für 2011 geplante Besoldungsanhebung für den öffentlichen Dienst wird um mehrere Jahre aufgeschoben. Zur Krisenfolgenbewältigung ist für 2011 eine Sonderzahlung des Bundes in Höhe von 2 Mrd. € an den Gesundheitsfonds vorgesehen. Für 2011 beläuft sich das gesamte Konsolidierungsprogramm auf 11,2 Mrd. €, wodurch die Einhaltung der Schuldenbremse erreicht wird. Bis zum Jahresende sollen Teile des Programms umgesetzt werden, wobei zum angestrebten Konsolidierungsvolumen eine Lücke von 0,1 Mrd. € verbleibt. 10. Juni Der EZB-Rat beschließt, die kommenden drei regelmäßigen LRG (am 28. Juli, 25. August sowie 29. September) mit dreimonatiger Laufzeit infolge der durch die Staatsschuldenkrise verschlechterten Geldmarktsituation wieder als Festzinstender mit vollständiger Zuteilung durchzuführen. 18. Juni Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften“, das eine Anhebung des Herstellerabschlags auf Arzneien ohne Festbetrag von 6 auf 16 vH vorsieht und ein Preismoratorium für Arzneimittel einführt, die zulasten der GKV abgegeben werden [RB: -; GE: 31.3.2010/ 16.6.2010; IKT: 1.1./ 1.7./ 30.7.2010; BGBl. I 2010 S. 983]. 25.-26. Juni In Huntsville (Kanada) findet der 36. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind die weitere globale Konjunkturentwicklung, Fragen zur künftigen Gestaltung wirtschaftlichen Wachstums, die Haushaltskonsolidierung sowie die Einführung einer Bankenabgabe und einer Finanztransaktionssteuer. 30. Juni Die EZB teilt mit, dass das am 7. Mai 2009 beschlossene Ankaufprogramm für gedeckte Bankschuldverschreibungen vollständig umgesetzt ist. Die Zentralbanken des Eurosystems beabsichtigen, die zum Nominalbetrag von 60 Mrd. € erworbenen Pfandbriefe bis zur Fälligkeit zu halten. 7. Juli Das Bundeskabinett beschließt die mittelfristige Finanzplanung bis 2014 sowie den Entwurf zum Bundeshaushalt 2011, der im kommenden Jahr ein Haushaltsvolumen von 307,4 Mrd. € vorsieht. Die Neuverschuldung beträgt 57,5 Mrd. €. Da als zulässige strukturelle Neuverschuldung 45,8 Mrd. € angesetzt werden und als Konjunkturkomponente 5,5 Mrd. € sowie für den Erwerb von Finanztiteln per Saldo 6,2 Mrd. € veranschlagt werden, wird die daraus resultierende (unbereinigte) Neuverschuldung von 57,5 Mrd. € gemäß der neuen Schuldenregel vollständig ausgeschöpft. 334 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 23. Juli Die BaFin und die Bundesbank veröffentlichen die Ergebnisse der deutschen Kreditinstitute in EU-weit durchgeführten „Stresstests“. Mit Ausnahme der Hypo Real Estate Holding AG, für die weitere Stabilisierungsmaßnahmen vorgesehen sind, erwiesen sie sich als robust und widerstandsfähig. 2. Sept. Der EZB-Rat beschließt, solange wie notwendig die HRG sowie die Refinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit von einer Reserveperiode als Festzinstender mit vollständiger Zuteilung durchzuführen. Die am 28. Oktober, 25. November sowie 23. Dezember zuzuteilenden LRG werden mit dreimonatiger Laufzeit zinsindexiert bei vollständiger Zuteilung ausgeschrieben. Analog zum Vorgehen bei der Fälligkeit des ersten langfristigen Refinanzierungstenders zum 1. Juli beschließt der EZB-Rat zur Vermeidung von Verwerfungen auf dem Euro-Geldmarkt drei Feinsteuerungsoperationen zum 30. September, 11. November sowie 23. Dezember durchzuführen, wenn die Sechsbzw. Zwölfmonatstender fällig werden. Hierfür werden Festzinstender mit vollständiger Zuteilung zu den Zinssätzen des jeweiligen HRGs angeboten. 12. Sept. Die Group of Governors and Heads of Supervision des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht einigt sich auf neue Eigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute, die bis zum 1. Januar 2019 sukzessive eingeführt werden sollen. 30. Sept. Der zweite Einjahrestender des Eurosystems mit einem Volumen von 75,2 Mrd. € wird fällig. Der angebotene Brückentender zur Vermeidung von Verwerfungen auf dem Euro-Geldmarkt wird mit einem Volumen von 29,4 Mrd. € in Anspruch genommen. 1. Okt. Auf die FMS Wertmanagement, eine bundeseigene Abwicklungsanstalt für die verstaatlichte „Hypo Real Estate“-Gruppe, werden Risikopositionen und nicht strategienotwendige Geschäftsbereiche der Hypo Real Estate Holding AG im Wert von 175,7 Mrd. € übertragen. 9. Okt. Der EZB-Rat passt seine Leitlinie für geldpolitische Instrumente an, was zu Änderungen am Sicherheitenrahmen ihrer geldpolitischen Refinanzierungsgeschäfte führt. Das betrifft u.a. die Nutzung forderungsbesicherter Wertpapiere als Sicherheiten, die Ergänzung diskretionärer Maßnahmen zur Risikobegrenzung sowie die Vorgehensweise bei der Nichteinhaltung der Sicherheitendeckung [IKT: 18.9./ 10.10. 2010, 1.1.2011; EUABl. 2010 L 267/ 21]. 12. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2010 ein Wirtschaftswachstum von 3,5 vH, eine Preissteigerung von 1,8 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH. Für 2011 werden ein Wachstum von 2,0 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH prognostiziert. 15. Okt. Der Stabilitätsrat stellt für die Länder Berlin, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein Anzeichen einer drohenden Haushaltsnotlage fest, zu deren Überprüfung er einen Evaluationsausschuss einsetzt. 2010 335 28. Okt. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Das Haushaltsbegleitgesetz 2011 umfasst die fachgesetzlichen Regelungen zur Umsetzung des Konsolidierungspaktes. Hierzu werden u.a. eine Luftverkehrssteuer eingeführt, Energie- und Stromsteuervergünstigungen für das produzierende Gewerbe sowie der Land- und Forstwirtschaft zurückgeführt, der Heizkostenzuschuss zum Wohngeld und die Versicherungspflicht in der GRV für ALG-II-Empfänger abgeschafft. Die Haushaltsentlastungen treten überwiegend im Bundeshaushalt auf (gesamtstaatliche Mehreinnahmen: 3,78 Mrd. € (2011); 5,74 Mrd. € (2012); 6,0 Mrd. € (2013); 5,2 Mrd. € (2014)) [RB: -; GE: 27.9.2010/ 26.10.2010; IKT: 15.12. 2010, 1.1.2011; BGBl. I 2010 S. 1885]. - Durch das Kernbrennstoffsteuergesetz sollen dem Bund zur Haushaltssanierung in den Jahren 2011 bis 2016 Mehreinnahmen von 2,3 Mrd. € zufließen [RB: -; GE: 28.9.2010/ 26.10.2010; IKT: 1.1.2011; BGBl. I 2010 S. 1804]. - Mit der elften Novelle des Atomgesetzes werden die Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert, wobei an der grundsätzlichen Entscheidung zum Atomausstieg festgehalten wird [RB: -; GE: 28.9.2010; IKT: 14.12.2010; BGBl. I 2010 S. 1814]. - Durch das „Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens ‚Energie- und Klimafonds‘“ wird ein Sondervermögen geschaffen, das Maßnahmen im Bereich Klimaschutz, Energieeffizienz und erneuerbare Energien finanzieren soll. Der Fonds soll insbesondere aus Beiträgen von Kernkraftwerksbetreibern infolge zusätzlicher Gewinne aus der Laufzeitverlängerung gespeist werden [RB: -; GE: 28.9.2010/ 26.10.2010; IKT: 14.12.2010; BGBl. I 2010 S. 1807]. 29. Okt. Auf dem Gipfeltreffen in Brüssel (Belgien) nehmen die Staats- und Regierungschefs der EU den sogenannten Van-Rompuy- Bericht zur Kenntnis. Er enthält verschiedene Vorschläge zum frühzeitigen Erkennen makroökonomischer Ungleichgewichte, zu einer stärkeren Koordinierung haushaltspolitischer Maßnahmen und zu Strukturreformen zur Wachstums- und Beschäftigungsförderung sowie zur Stärkung von Institutionen auf europäischer wie nationaler Ebene. 3. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2010/ 11 vor. Er prognostiziert für 2010 ein Wirtschaftswachstum von 3,7 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH. Für 2011 werden ein Wachstum von 2,2 vH, eine Preissteigerung von 1,1 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH prognostiziert. 11. Nov. Der Bundestag verabschiedet mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz einen ersten Teil der von der Bundesregierung im September beschlossenen Gesundheitsreform. Hierdurch werden Kosteneinsparungen bei Arzneimittelpreisen ermöglicht, da die Pharmaunternehmen fortan nicht mehr die Preise frei gestalten können, sondern den Zusatznutzen der Arznei nachweisen müssen [RB: -; GE: 6.7.2010/ 10.11.2010; IKT: 28.12.2010, 1.1.2011, 1.1.2012; BGBl. I 2010 S. 2262]. 12. Nov. Der Bundestag verabschiedet das GKV- Finanzierungsgesetz, das einen weiteren zentralen Teil der Gesundheitsreform darstellt. Danach steigt der - im Konjunkturpaket II um 0,6 Prozentpunkte herabge- 336 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland setzte - allgemeine Beitragssatz von 14,9 vH wieder auf seinen alten Stand von 15,5 vH an. Die Anhebung tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gleichen Teilen, wobei der Arbeitgeberanteil auf 7,3 vH fixiert wird. Tritt ein höherer Finanzierungsbedarf auf, werden (einkommensunabhängige) Zusatzbeiträge von den Kassenmitgliedern erhoben. Ein Sozialausgleich soll übermäßige Belastungen unterer Einkommensgruppen vermeiden. Zugleich wird der Wechsel in die PKV erleichtert, indem Versicherte nur einmalig die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreiten müssen anstatt drei Jahre aufeinander [RB: -; GE: 28.9.2010/ 10.11.2010; IKT: 1.1.2008, 1.1./ 22.9./ 31.12.2010, 1.1./ 2.1.2011, 1.1.2012; BGBl. I 2010 S. 2309]. 21. Nov. Als erster Staat beantragt Irland Finanzhilfen aus dem europäischen Rettungsschirm, was vom EZB-Rat im Hinblick auf die Wahrung der Finanzstabilität im Euro- Währungsgebiet sowie der gesamten Europäischen Union befürwortet wird. 25. Nov. Die Bundesbank attestiert in ihrem Finanzstabilitätsbericht dem deutschen Finanzsystem eine verbesserte Stabilitätslage, verweist aber auch auf weiter bestehende Schwächen des deutschen Bankensektors. 26. Nov. Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsgesetz 2011, das bei einem Haushaltsvolumen von 305,8 Mrd. € eine Nettokreditaufnahme (nach Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses um rd. 9 Mrd. € gesenkt) von 48,4 Mrd. € vorsieht [RB: 7.7.2010; GE: 13.8.2010/ 12.11.2010/ 12.11. 2010; IKT: 1.1.2011; BGBl. I 2010 S. 2228]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (28. Oktober) verabschiedeten Restrukturierungsgesetz zu, das die Errichtung eines Restrukturierungsfonds bei der FMSA für Kreditinstitute zur Finanzierung künftiger Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen bei systemrelevanten Banken vorsieht (Beitragspflicht für alle Kreditinstitute) [RB: -; GE: 27.9.2010/ 26.10.2010; IKT: 15.12., 31.12.2010, 1.1.2011; BGBl. I 2010 S. 1900]. 28. Nov. Die EU-Finanzminister, die EU-Kommission und die EZB erklären, dass sie zur Gewährleistung der Finanzstabilität im Euro- Währungsgebiet eine Unterstützung Irlands aus Mitteln des europäischen Hilfspakts für gerechtfertigt halten. Die Hilfskredite im Umfang von 85 Mrd. € sind an ein wirtschafts- und finanzpolitisches Anpassungsprogramm gebunden. Die Euro-Gruppe verständigt sich auf die Einrichtung eines permanenten Krisenreaktionsinstruments. Hierzu wird in Anlehnung an den EFSF der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) aufgebaut, um finanzielle Hilfen leisten zu können, falls die Finanzstabilität im gesamten Euro- Währungsgebiet gefährdet ist. Die Nichtbeistandsklausel zur Ausschließung einer gemeinschaftlichen Haftung für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten bleibt hiervon unberührt. 2. Dez. Der EZB-Rat beschließt, solange wie notwendig die HRG sowie die Refinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit von einer Reserveperiode als Festzinstender mit vollständiger Zuteilung durchzuführen. Fernerhin werden die am 26. Januar, 23. Februar sowie 30. März 2011 zuzuteilenden LRG mit dreimonatiger Laufzeit erneut zinsindexiert bei ebenso vollständiger Zuteilung ausgeschrieben. 2010 337 15. Dez. Die Bundesregierung beschließt, die Wehrpflicht zum 1. Juli 2012 auszusetzen (von Einberufungen gegen den Willen des Wehrpflichtigen wird bereits ab dem 1. März 2012 abgesehen), wovon die Pflicht zur Dienstleistung im Verteidigungsfall unberührt bleibt. 16. Dez. Der Europäische Rat billigt die Vereinbarung der EU-Finanzminister vom 28. November über die Funktionsweise des ESM. Zwecks Umsetzung dieser Vereinbarung einigen sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf eine Änderung des AEU- Vertrags (Art. 136), die keine Kompetenzerweiterung der EU bewirken soll, da die Änderung nur die Euro-Mitgliedsländer betrifft. Nach Genehmigung durch die Mitgliedsländer soll sie spätestens zum Jahresbeginn 2013 in Kraft treten und das Instrument ab Juni 2013 zur Verfügung stehen. Der EZB-Rat beschließt für ihre Geldpolitik weitere Anpassungen des Sicherheitenrahmens. Fortan gilt eine Offenlegungspflicht für Einzelkreditinformationen bei forderungsbesicherten Wertpapieren; beim Eurosystem als Sicherheiten gehaltene Termineinlagen unterliegen keinem Bewertungsabschlag. Außerdem erfolgt eine Erhöhung des gezeichneten Kapitals der EZB um 5 Mrd. € auf 10,76 Mrd. €, wodurch sich der auf die Bundesbank entfallende Betrag um fast 1 Mrd. € auf 2,04 Mrd. € erhöht. 17. Dez. Der Bundesrat lehnt die vom Bundestag (3. Dezember) - in Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar - beschlossene Regelleistungserhöhung für ALG-II-Empfänger um 5 € ab, da diese als nicht ausreichend angesehen wird. Die EZB und die Zentralbank des Vereinigten Königreiches vereinbaren, um auf einen etwaigen Liquiditätsbedarf irischer Banken in Pfund Sterling reagieren zu können, eine temporäre Swap-Linie von bis zu 10 Mrd. Pfund Sterling für einen Zeitraum bis Ende September 2011. 21. Dez. Der EZB-Rat beschließt gemeinsam mit weiteren Zentralbanken sowohl die Swap- Vereinbarungen mit der Zentralbank der Vereinigten Staaten bis zum 1. August 2011 zu verlängern als auch die liquiditätszuführenden US-Dollar-Geschäfte mit siebentägiger Laufzeit fortzusetzen. 23. Dez. Der dritte und letzte Tender mit einjähriger Laufzeit und einem Volumen von 96,9 Mrd. € wird fällig. Die zur Vermeidung von Verwerfungen auf dem Geldmarkt ausgeschriebene Brückenfinanzierung wird mit 20,6 Mrd. € von den Kreditinstituten in Anspruch genommen. 31. Dez. Da der SoFFin zum Jahresende keine weiteren Finanzinstitute mehr unterstützen kann und die zum Jahreswechsel in Kraft tretende neue Haushaltsregel eine Einräumung neuer Kreditermächtigungen für Sondervermögen untersagt, werden die nicht genutzten Garantie- und Kreditermächtigungen bis zu einem maximalen Volumen von 100 Mrd. € bzw. 20 Mrd. € (gemäß §§ 6 (Abs. 4), 12 (Abs. 6) RStrukt- FG) an den Restrukturierungsfonds übertragen. 338 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 2011 1. Jan. Einschränkungen von steuerlichen Begünstigungen für das produzierende Gewerbe sowie die Land- und Forstwirtschaft bei der Energie- und Stromsteuer werden wirksam; durch das Luftverkehrssteuergesetz wird für Passagierflüge eine Abgabe erhoben; das Kernbrennstoffsteuergesetz tritt in Kraft. Die Kreditwirtschaft entrichtet Beiträge zur Finanzierung des Restrukturierungsfonds. Der allgemeine Beitragssatz zur GKV steigt von 14,9 vH auf 15,5 vH und der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung um 0,2 Prozentpunkte auf 3 vH. Der Umlagesatz für das Insolvenzgeld wird vorübergehend ausgesetzt. Estland tritt als 17. EU-Staat dem Euro- Währungsgebiet bei. 19. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2011 vor. Sie erwartet darin für 2011 ein Wirtschaftswachstum von 2,3 vH, eine Preissteigerung von 1,7 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH. 31. Jan. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Überschuldung und Staatsinsolvenz in der Europäischen Union“ vor. 11. Febr. Axel Weber erklärt, zum 30. April 2011 - bereits ein Jahr vor Ende seiner regulären Amtszeit - von seinem Amt als Präsident der Deutschen Bundesbank zurückzutreten. 25. Febr. Der Bundestag und der Bundesrat verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch“, wodurch rückwirkend zum Jahresanfang der ALG-II-Regelsatz um 5 € (ab 2012 um 3 €) erhöht wird. Gleichzeitig verpflichtet sich der Bund, die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab 2014 vollständig zu übernehmen. Geplant ist ferner eine schrittweise Halbierung des regelgebundenen Bundeszuschusses an die BA [RB: -; GE: 29.11.2010/ 1.12.2010/ 9.2.2011/ 23.2.2011; IKT: 1.1./ 30.3.1.4.2011; BGBl. I 2010 S. 453]. 3. März Der EZB-Rat beschließt aufgrund von Anspannungen auf den Finanzmärkten, die Refinanzierungsgeschäfte bis zum 12. Juli als Mengentender bei vollständiger Zuteilung durchzuführen. 14. März Als Reaktion auf die Nuklearkatastrophe von Fukushima (Japan) vom 11. März verkündet die Bundesregierung (auf Grundlage § 19 Abs. 3 Atomgesetz) eine Sicherheitsüberprüfung aller deutschen Kernkraftwerke sowie eine dreimonatige Stilllegung der sieben ältesten deutschen Kernkraftwerke und des Kernkraftwerkes Krümmel. 18. März Das Eurosystem beteiligt sich auf Ersuchen Japans an einer konzertierten Intervention der G7 an den Devisenmärkten, um eine Begrenzung der Volatilität des Yen infolge der Dreifachkatastrophe aus Tōhoku-Erdbeben, Tsunami und Nuklearkatastrophe von Fukushima zu erreichen. 24. März Der Bundestag verabschiedet das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011, wodurch die Wehrpflicht zum 1. Juli ausgesetzt und stattdessen ein freiwilliger Wehrdienst 2011 339 eingeführt wird. Durch die Aussetzung der Wehrpflicht entfallen auch alle anderen Wehrersatzdienstleistungen [RB: 15.12. 2010; GE: 21.2.2011/ 23.3.2011; IKT: 1.1./ 1.7./ 1.6.11; BGBl. I 2011 S. 678]. 25. März In Brüssel (Belgien) beschließen die Staats- und Regierungschefs der EU sechs Gesetzgebungsmaßnahmen zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sowie die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus als permanentes Krisenreaktionsinstrument für Länder mit Finanzierungsproblemen. Ferner beraten sie mit dem Euro-Plus-Pakt ein auf freiwilliger Zusammenarbeit beruhendes Maßnahmenpaket der Euro-Mitgliedsländer sowie Bulgariens, Dänemarks, Litauens, Polens und Rumäniens, das zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit in den betreffenden Ländern beitragen soll. 31. März Der EZB-Rat beschließt, aufgrund einer positiven Beurteilung des irischen Hilfsprogramms sowie der am gleichen Tag beschlossenen Kapitalaufstockung der vier großen irischen Banken durch den irischen Staat, Bonitätsanforderungen für das Kreditgeschäft des Eurosystems herabzusenken, indem der Bonitätsschwellenwert auf marktfähige von der irischen Regierung begebene oder garantierte Schuldtitel ausgesetzt wird. 5. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2011 ein Wirtschaftswachstum von 2,8 vH, eine Preissteigerung von 2,0 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,1 vH. Für 2012 werden ein Wachstum von 2,0 vH, eine Preissteigerung von 1,7 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH prognostiziert. 7. April Der EZB-Rat beschließt erstmals seit dem 7. Mai 2009 eine Änderung des Leitzinses. Mit Wirkung zum 13. April wird der Mindestbietungssatz für die HRG auf 1,25% sowie der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 2,0% bzw. 0,5% angehoben (Erhöhung um jeweils einen viertel Prozentpunkt). 11. April Portugal stellt bei der EU-Kommission einen Hilfsantrag auf finanzielle Unterstützung. Das dazugehörige Anpassungsprogramm wird am 16. Mai von der Eurogruppe beschlossen. 13. April Die Bundesregierung legt ihr aktualisiertes Deutsches Stabilitätsprogramm vor, worin sie die Defizitquote für das laufende Jahr auf 2,5 vH schätzt. Bis 2015 soll die Schuldenstandsquote auf 75,5 vH sinken. 15. April Nach den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein (10. bzw. 30. März) unterzeichnen auch Berlin, Bremen und Saarland eine Verwaltungsvereinbarung zur Konsolidierungshilfe mit dem BMF. Neben den strukturellen Ausgangsdefiziten des Jahres 2010 werden auch die abgestuften Defizitgrenzen bis zum vollständigen Haushaltsausgleich im Jahr 2020 festgelegt. 1. Mai Dr. Jens Weidmann tritt die Nachfolge von Axel Weber als Präsident der Deutschen Bundesbank an. 340 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 12. Mai Bundeswirtschaftsminister Brüderle legt nach seiner Wahl zum FDP-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag sein Ministeramt nieder. Seine Nachfolge tritt der bisherige Bundesgesundheitsminister, Dr. Philipp Rösler (FDP), an. 23. Mai Der Stabilitätsrat stellt eine drohende Haushaltsnotlage der Länder Berlin, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein fest und verlangt von den betreffenden Ländern die Einreichung von Sanierungsprogrammen, die vom Evaluationsausschuss überprüft werden sollen. 26.-27. Mai In Deauville (Frankreich) findet der 37. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind die Umbrüche in den arabischen Ländern, finanzielle Hilfen zur Absicherung der Reformen in Ägypten und Tunesien, die Entwicklung in Afrika sowie - als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima (Japan) - der künftige Umgang mit der zivilen Nutzung der Kernkraft. 6. Juni Die Bundesregierung beschließt einen stufenweisen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie bis zum Jahr 2022. 9. Juni Der EZB-Rat beschließt die HRG im dritten Quartal 2011 als Mengentender mit vollständiger Zuteilung durchzuführen. Überdies wird bekanntgegeben, die LRG mit dreimonatiger Laufzeit am 27. Juli, 31. August und 28. September erneut zinsindexiert bei ebenso vollständiger Zuteilung auszuschreiben. 29. Juni Der EZB-Rat verlängert die im Mai 2010 getroffenen Swap-Vereinbarungen zwischen den Zentralbanken des Eurosystems, Großbritanniens, Japans, Kanadas und der Schweiz einerseits und der Zentralbank der Vereinigten Staaten andererseits bis August 2012. Das Eurosystem wird weiterhin liquiditätszuführende Geschäfte mit siebentägiger Laufzeit in US-Dollar durchführen. 30. Juni Der Bundestag verabschiedet eine Novelle des Atomgesetzes und regelt damit den Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie. Acht Kernkraftwerke verlieren dadurch ihre Betriebsgenehmigung, die übrigen neun Kernkraftwerke stellen sukzessive bis spätestens 2022 ihre Stromerzeugung ein [RB: 6.6.2011; GE: 6.6.2011; IKT: 6.8.2011; BGBl. I 2011 S. 1704]. 6. Juli Die Bundesregierung beschließt den Haushaltsentwurf 2012 sowie die mittelfristige Finanzplanung: Der Bundeshaushalt 2012 sieht ein Volumen vom 306 Mrd. € und eine Nettokreditaufnahme von 27,2 Mrd. € vor. Gegenüber dem Eckwertebeschluss vom Frühjahr wurden die Ansätze für die Steuereinnahmen erhöht; haushaltsbelastend wirken der beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie, die Verschiebung der für 2012 geplanten Einführung einer Finanztransaktionssteuer sowie der Personalabbau bei der Bundeswehr. In der mittelfristigen Finanzplanung steigt hingegen die Nettokreditaufnahme insbesondere wegen jährlicher Kapitalzuführungen an den ESM von 4,3 Mrd. €. 7. Juli Der EZB-Rat beschließt aufgrund von Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität, zum 13. Juli die Zinssätze (um jeweils einen 2011 341 viertel Prozentpunkt) für die HRG auf 1,5% sowie für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 2,25% bzw. 0,75% anzuheben. Der EZB-Rat beschließt - analog zur Regelung mit Irland - ferner, auch für von Portugal begebene und garantierte Schuldtitel den Bonitätsschwellenwert auszusetzen, nachdem von Portugal das mit EU, IWF unter Beteiligung der EZB ausgehandelte Konsolidierungs- und Reformprogramm verabschiedet wurde. 21. Juli In Brüssel (Belgien) vereinbaren die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder eine Laufzeitverlängerung sowie eine Reduzierung des Zinsaufschlags für EFSF-Hilfskredite und erweitern das Instrumentarium von EFSF sowie ESM. Ferner wird ein zweites Griechenland-Rettungspaket verabschiedet, das neben Finanzierungshilfen von 109 Mrd. €, eine Zinsreduktion für Euro-Kredite auf 3,5% sowie eine Laufzeitverlängerung von bis zu 30 Jahre vorsieht. Außerdem soll sich der private Sektor (Banken, Versicherungen, Fonds) bis 2014 mit rd. 50 Mrd. € an den Rettungsmaßnahmen beteiligen. 4. Aug. Der EZB-Rat beschließt, ein zusätzliches LRG mit einer Laufzeit von sechs Monaten (Zuteilung am 10. August, Fälligkeit zum 1. März 2012) zu einem durchschnittlichen Zinssatz der HRG während der Laufzeit durchzuführen, um Spannungen an einigen Finanzmärkten des Euro-Gebietes entgegenzuwirken. Dazu kündigt der EZB- Rat an, auch im vierten Quartal solange wie nötig unbeschränkt Liquidität zur Verfügung zu stellen. 7. Aug. Der EZB-Rat begrüßt die Erklärungen der italienischen und spanischen Regierung zu neuen finanz- und strukturpolitischen Reformmaßnahmen und sagt gleichzeitig zu, das Programm für die Wertpapiermärkte (Securities Markets Programme) aktiv umzusetzen, d.h. Staats- und Unternehmensanleihen anzukaufen. 25. Aug. Der EZB-Rat beschließt, die Liquiditätsswapvereinbarung mit der britischen Zentralbank bis zum 28. September 2012 zu verlängern. 6. Sept. Die Schweizerische Nationalbank erklärt, um dem Risiko einer deflationären Entwicklung sowie der Überbewertung des Schweizer Frankens zu begegnen, den Euro/ Franken-Kurs zu fixieren (Mindestkurs: 1,20 Franken pro Euro) und dazu unbeschränkt Devisen anzukaufen. 7. Sept. Das Bundesverfassungsgericht verkündet in seinem Urteil, dass die im Frühjahr 2010 vereinbarten Maßnahmen zur Griechenland-Hilfe und die Einrichtung der EFSF im Einklang mit dem Grundgesetz stehen. Allerdings muss der Gesetzgeber gewährleisten, dass das Haushaltsrecht auch künftiger Bundestage nicht durch Verpflichtungen gegenüber anderen Ländern beschnitten wird. Wesentliche Hilfeleistungen Deutschlands bedürften überdies der Billigung des Haushaltsausschusses [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 7.9.2011, 2 BvR 987/ 10]. 15. Sept. Der EZB-Rat beschließt, zusätzlich zu den laufenden wöchentlichen siebentägigen Operationen drei dreimonatige liquiditätszuführende Geschäfte in US-Dollar (in Abstimmung mit den Zentralbanken Groß- 342 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland britanniens, Japans, der Schweiz sowie der Vereinigten Staaten) durchzuführen. 16. Sept. Das Bundesverfassungsgericht gibt seinen Beschluss bekannt, wonach in Bund-Länder-Streitfällen ausschließlich den jeweiligen Regierungen ein Klagerecht zusteht. Dementsprechend wird der Antrag des schleswig-holsteinischen Landtages, der durch die grundgesetzliche Verankerung der Schuldenbremse seine Haushaltsautonomie eingeschränkt sah, als unzulässig abgewiesen [BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 19.8.2011, 2 BvG 1/ 10]. 19. Sept. Bundesbankpräsident Weidmann kritisiert im Rahmen einer öffentlichen Sitzung des Bundestagshaushaltsausschusses die beabsichtigte Novellierung des Stabilisierungsmechanismusgesetzes, da die zugrundeliegenden EU-Beschlüsse das Risiko gemeinschaftlicher Haftung und geringerer Disziplinierung durch die Kapitalmärkte erhöhen, ohne gleichzeitig Kontroll- und Einflussmöglichkeiten auf die nationalen Finanzpolitiken auszuweiten. 29. Sept. Der Bundestag verabschiedet eine Novelle zum Stabilisierungsmechanismusgesetz, wodurch sich das deutsche Garantievolumen auf rund 211 Mrd. € erhöht und das potentielle EFSF-Kreditvergabevolumen ausgeweitet werden kann [RB: -; GE: 5.9.2011/ 21.9.2011; IKT: 14.10.2011; BGBl. I 2011 S. 1992]. 6. Okt. Der EZB-Rat beschließt ein weiteres Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen mit einem Volumen von 40 Mrd. € für den Zeitraum November 2011 bis Oktober 2012 aufzulegen. Darüber hinaus werden zwei außerordentliche Refinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit von zwölf und 13 Monaten angekündigt (Zinssatz entsprechend dem Durchschnitt der Zinssätze aus den HRG während der Laufzeit). 11. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2011 ein Wirtschaftswachstum von 2,9 vH, eine Preissteigerung von 2,3 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,3 vH. Für 2012 werden ein Wachstum von 0,8 vH, eine Preissteigerung von 2,3 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 21. Okt. Im Rahmen der EU-Haushaltsüberwachung wird aufgrund der neuen Definition (gemäß VGR-Revision) die Defizitquote von 3,3 vH auf 4,3 vH angehoben, wobei die Schuldenstandsquote unverändert 83,2 vH beträgt. Für 2011 übermittelt die Bundesregierung eine niedrigere als zuvor erwartete Defizitquote von 1,3 vH sowie eine Schuldenstandsquote von 81,1 vH. 26. Okt. Bundeskanzlerin Merkel gibt im Anschluss an den EU-Gipfel und vor dem am gleichen Tag stattfindenden Euro-Gipfel der Staats- und Regierungschefs des Euro- Währungsgebietes eine Regierungserklärung ab, in der sie den Erhalt der politischen Zukunft Europas vom Erhalt des Euros abhängig macht („Niemand sollte glauben, dass ein weiteres halbes Jahrhundert Frieden und Wohlstand in Europa selbstverständlich ist. Es ist es nicht. Deshalb sage ich: Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“). In Brüssel (Belgien) wird auf dem Euro- Gipfel vereinbart, das Instrumentarium der 2011 343 EFSF zu erweitern und deren Kreditvergabevolumen zu vervielfachen. Überdies soll dem EFSF und dem ESM gestattet sein, vorsorglich Kreditlinien für Staaten einzurichten, auf dem Primär- und Sekundärmarkt Staatsanleihen aufzukaufen und zweckgebundene Kredite zur Bankenrekapitalisierung an Staaten zu vergeben. An private Gläubiger wird appelliert, auf freiwilliger Basis auf die Hälfte ihrer Forderungen gegenüber Griechenland zu verzichten. 1. Nov. Dr. Mario Draghi tritt die Nachfolge von Jean-Claude Trichet im Amt des EZB- Präsidenten an. 3. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2011/ 12 vor. Er prognostiziert für 2011 ein Wirtschaftswachstum von 3,0 vH, eine Preissteigerung von 1,9 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,3 vH. Für 2012 werden ein Wachstum von 0,9 vH, eine Preissteigerung von 1,8 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,3 vH prognostiziert. Der EZB-Rat beschließt im Hinblick auf Spannungen an den Finanzmärkten, verstärkten Wachstumsrisiken und einer absehbar sinkenden Inflationsentwicklung, zum 9. November die Zinssätze (um jeweils einen viertel Prozentpunkt) für die HRG auf 1,25% sowie für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 2,0% bzw. 0,5% abzusenken. Überdies beschließt er die Modalitäten für das zweite Ankaufprogramm. 6. Nov. Der Koalitionsausschuss einigt sich auf mehrere Maßnahmen mit haushaltsbelastender Wirkung: - Berücksichtigung höherer Ausgaben für Verkehrsinvestitionen im Bundeshaushalt 2012; - Aufnahme zusätzlicher Leistungen für Demenzkranke in die Pflegeversicherung; - Anhebung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte ab 2013; - Rechtsverschiebung des Einkommensteuertarifs in den Jahren 2013 und 2014 (als erforderliche steuerliche Freistellung des Existenzminimums sowie zur Kompensation der kalten Progression); - Einführung eines Betreuungsgeldes ab 2013 (für im Haushalt betreute Kinder nach Auslaufen des Elterngeldanspruchs bis zum Ende des dritten Lebensjahres). 25. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 2012, der Ausgaben in Höhe von 306,2 Mrd. € bei einer Nettokreditaufnahme von 26,1 Mrd. € vorsieht [RB: 6.7.2011; GE: 12.8.2011/ 10.11.2011/ 11.11.2011; IKT: 1.1.2012; BGBl. I 2011 S. 2938]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (27. Oktober) verabschiedeten „Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen“ zu, welches den Bund stärker an der Finanzierung der Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beteiligt [RB: -; GE: 26.9.2010; IKT: 1.1.2012; BGBl. I 2011 S. 2563]. 30. Nov. Das Eurosystem und die Zentralbanken Kanadas, Großbritanniens, Japans, der Schweiz und der Vereinigten Staaten vereinbaren eine koordinierte Maßnahme, wonach ab dem 5. Dezember der Zinssatz für liquiditätszuführende Swapvereinbarungen in US-Dollar um einen halben Pro- 344 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland zentpunkt gesenkt und entsprechende Vereinbarungen bis Februar 2013 verlängert werden. 1. Dez. Der Stabilitätsrat bekräftigt seine Forderung, am Konsolidierungskurs festzuhalten, um die Neuverschuldung nachhaltig zu reduzieren. Mit den Ländern Berlin, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein werden für die Jahre 2012 bis 2016 Sanierungsprogramme beschlossen, um die jeweiligen Haushaltsnotlagen abzuwenden. 8. Dez. Der EZB-Rat beschließt, zum 14. Dezember die Zinssätze für die HRG (um jeweils einen viertel Prozentpunkt) auf 1,0% sowie für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 1,75% bzw. 0,25% zu senken. Überdies beschließt er eine Reihe von Sondermaßnahmen: Neben der Durchführung zweier außerordentlicher Refinanzierungsgeschäfte im Dezember 2011 und Februar 2012 mit Laufzeiten von 36 und 37 Monaten, wird der Bonitätsschwellenwert bestimmter forderungsbesicherter Wertpapiere herabgesetzt und Kreditforderungen zusätzlich als Sicherheit akzeptiert. Fernerhin wird der Mindestreservesatz von 2,0% auf 1,0% gesenkt und die Feinsteuerungsoperationen am jeweils letzten Tag einer Mindestreserveerfüllungsperiode ausgesetzt. 9. Dez. Die Staats- und Regierungschefs des Euro- Währungsgebietes verständigen sich - nach Widerstand des Vereinigten Königreichs gegen eine Änderung der europäischen Verträge für einen Einstieg in eine Fiskalunion - auf einen Fiskalpakt (in einem völkerrechtlich bindenden Vertrag), dem sowohl die Euro-Mitgliedsländer als auch weitere EU-Länder angehören. Die Paktmitglieder verpflichten sich zu nationalen Schuldenbremsen, einer stärkeren Sanktionsautomatik im Defizitverfahren sowie der Überwachung von Strukturreformen durch die EU-Kommission. Bei Überschreitung der Schuldenstandsquote (Referenzwert 60 vH) soll die Differenz um jährlich mindestens 0,2 Prozentpunkte reduziert werden. Weiterhin sollen die Voraussetzungen für die Aktivierung des ESM bereits im Jahr 2012 geschaffen werden. 19. Dez. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Realwirtschaftliche Weichenstellungen für einen stabilen Euro“ vor. 21. Dez. Durch einen Dreijahrestender stellt das Eurosystem Liquidität im Umfang von 489 Mrd. € zur Verfügung. 2012 1. Jan. Der Beitragssatz zur GRV sinkt von 19,9 auf 19,6 vH. 18. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2012 vor. Sie erwartet für 2012 ein Wirtschaftswachstum von 3,0 vH, eine Preissteigerung von 2,1 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,3 vH. 26. Jan. Der Bundestag verabschiedet das Zweite Finanzmarktstabilisierungsgesetz, das den SoFFin, bei dem seit Jahresbeginn keine 2012 345 weiteren Anträge auf Stabilisierungsmaßnahmen gestellt werden konnte, wiederbeleben soll. Im Falle einer systemischen Krise sowie bei der Festsetzung höherer Eigenmittelanforderungen durch die BaFin können dadurch wieder Hilfsmittel zur Stützung deutscher Finanzinstitute zur Verfügung gestellt werden. Hierfür sollen die Kreditermächtigungen um 50 Mrd. € auf 70 Mrd. € angehoben werden. Die Anrechnung auf die strukturelle Neuverschuldung ist erst nach Inanspruchnahme eines Kredits vorgesehen [RB: 14.12.2011; GE: 17.1.2012/ 25.1.2012; IKT: 1.3.2012; BGBl. I 2012 S. 206]. 31. Jan. Die Euro-Länder und alle weitere EU-Staaten (mit Ausnahme Tschechiens und des Vereinigten Königreiches) beschließen den „Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“ (Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat am 29. Juni). Bei Verstoß gegen die vereinbarten Haushaltsstabilitätskriterien des „Fiskalpaktes“ sind fortan finanzielle Sanktionsmöglichkeiten gegeben [RB: -; GE: 20.3.2012/ 27.6.2012; IKT: 19.9.2012, 1.1.2013; BGBl. II 2012 S. 1006, BGBl. II 2013 S. 162]. 2. Febr. In Brüssel schließen die Staaten des Euro- Währungsgebietes den „Vertrag über die Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (Ratifikation durch Bundestag und Bundesrat am 29. Juni). Der ESM wird als dauerhaftes Krisenbewältigungsinstrument eingerichtet, der zur Stabilität des Euro-Währungsgebietes beitragen soll und die bisherigen Instrumente (EFSM, EFSF) ablöst. Unter der Voraussetzung der Ratifikation des Fiskalpaktes und der Einführung einer nationalen Schuldenbremse können an Auflagen gebundene Finanzhilfen an Mitgliedsstaaten des Euro-Währungsgebietes gewährt werden [RB: -; GE: 20.3.2012/ 27.6.2012; IKT: 19.9.2012, 27.9.2012; BGBl. II 2012 S. 981, BGBl. II 2012 S. 1086, BGBl. II 2019 S. 264]. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Wege zu einer wirksamen Klimapolitik“ vor. 9. Febr. Der EZB-Rat billigt für sieben nationale Zentralbanken gemäß deren Vorschlägen die Hereinnahme von zusätzlichen nicht notleidenden Kreditforderungen als Sicherheit für die Kreditgeschäfte des Euro- Systems. 21. Febr. Die Euro-Gruppe verständigt sich auf ein zweites Hilfsprogramm für Griechenland im Umfang von 130 Mrd. € unter der Bedingung positiver Bewertungen der vorherigen griechischen Haushaltsmaßnahmen sowie der Beteiligung privater Gläubiger an einem Schuldenschnitt. 27. Febr. Der Bundestag billigt auf Antrag des BMF ein zweites Hilfsprogramm für Griechenland, mit dem zusätzliche EFSF-Hilfskredite gewährt werden sollen. 28. Febr. Der EZB-Rat beschließt angesichts der Beteiligung privater Gläubiger an der Entschuldung Griechenlands sowie der Ratingentwicklung, von Griechenland begebene und vollständig garantierte Anleihen vorläufig nicht als Sicherheiten zu akzeptieren. Betroffenen steht die Inanspruchnahme von Liquiditätsnothilfen zur Verfügung. Grundsätzlich werden griechische Anleihen wieder akzeptiert, sobald die von den Staats- und Regierungschefs beschlos- 346 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland sene Bonitätsverbesserung von Sicherheiten in Kraft gesetzt wird. Das Bundesverfassungsgericht verkündet in seinem Urteil die im Stabilisierungsmechanismusgesetz vorgesehene Übertragung von Mitwirkungsrechten des Bundestages bezüglich EFSF-Hilfsmaßnahmen auf ein Sondergremium für unzulässig, da sie mit dem Prinzip der repräsentativen Demokratie und der Gleichheit aller Abgeordneten nicht im Einklang steht. Allenfalls Entscheidungen über Sekundärmarktkäufe von Staatsanleihen dürfen auf das Sondergremium übertragen werden [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 28.2.2012, 2 BvE 8/ 11]. 29. Febr. Durch den zweiten Dreijahrestender wurde vom Eurosystem Liquidität im Umfang von 529 Mrd. € zur Verfügung gestellt. 8. März Der EZB-Rat beschließt einhergehend mit der Aktivierung des Rückkaufprogramms, die von Griechenland begebenen oder garantierten Schuldtitel wieder - bis zum Abschluss des Rückkaufprogramms Ende Juli - als Sicherheiten für geldpolitische Geschäfte wieder zu akzeptieren. 13. März Nach Erfüllung der Kriterien für einen Schuldenschnitt bei den privaten Gläubigern Griechenlands (von 177 Mrd. € an Anleihen werden 152 Mrd. € zum Umtausch eingereicht) sind die Voraussetzungen geschaffen, um über die Auszahlung weiterer Tranchen der Finanzhilfen an Griechenland zu entscheiden. 21. März Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Nachtragshaushalt 2012, der die Ausgaben für vorgezogene ESM-Einzahlungen enthält. Hierdurch steigt die Nettoneuverschuldung um 8,7 Mrd. € auf 34,8 Mrd. €. Weitere Haushaltsbelastungen werden z.T. durch den Ansatz geringerer Zinsausgaben aufgefangen. Die Bundesregierung beschließt die Eckwerte zum Bundeshaushalt 2013 und der mittelfristigen Finanzplanung bis 2016. Für 2013 sollen geringere Zuweisungen an die Sozialversicherungen den Haushalt entlasten. Da die Zinsbelastungen geringer ausfallen als im vorherigen Finanzplan, können die ab 2014 veranschlagten Minderausgaben von 5 Mrd. € ohne Konsolidierungsmaßnahmen aufgelöst und die Nettokreditaufnahme bis 2016 auf 1 Mrd. € abgesenkt werden. Die nationalen Zentralbanken des Eurosystems müssen fortan Bankschuldverschreibungen, die von in einem Anpassungsprogramm befindlichen Land garantiert werden, nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert werden. 30. März Die Euro-Gruppe beschließt, den Kreditvolumenrahmen von EFSF und ESM um 200 Mrd. € auf nun zusammen 700 Mrd. € anzuheben. 17. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2012 ein Wirtschaftswachstum von 0,9 vH, eine Preissteigerung von 2,1 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH. Für 2013 werden ein Wachstum von 2,0 vH, eine Preissteigerung von 2,0 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH prognostiziert. 18. April Die Bundesregierung legt ein aktualisiertes Deutsches Stabilitätsprogramm vor. Darin erwartet sie einen Rückgang der Defizit- 2012 347 quote von 1,0 vH (2012) auf 0,5 vH (2013). Aufgrund der anstehenden Abwicklung der WestLB, die zur Übernahme weiterer Passiva und Risikoaktiva auf den Staat führt, wird mit einem Anstieg der Schuldenstandsquote auf 82 vH gerechnet, die bis 2016 sukzessive auf 73 vH verringert werden soll. 27. April Der Bundestag beschließt die Novellierung des Stabilisierungsmechanismusgesetzes zur Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 28. Februar, wodurch die Mitwirkungsrechte des Parlaments bei Entscheidungen über die Bereitstellung von EFSF-Mitteln ausgeweitet werden [RB: -; GE: 27.3.2012/ 25.4.2012; IKT: 1.6.2012; BGBl. I 2012 S. 1166]. 6. Mai Nach der Parlamentswahl in Griechenland kommt es infolge unklarer Mehrheitsverhältnisse nicht zu einer Regierungsbildung, so dass die Auflagen des zweiten Hilfsprogramms nicht erfüllt werden und für 2012 geplante Hilfszahlungen über mehrere Monate nicht ausgezahlt werden können. 18.-19. Mai In Camp David (Vereinigte Staaten) findet der 38. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind die globale Wirtschaftskrise und die Euro-Schuldenkrise. In der Abschlusserklärung wird eine Festlegung auf einen Weg zur Krisenbewältigung vermieden. 24. Mai Der Stabilitätsrat stellt einen deutlichen Rückgang der Neuverschuldung bei Bund, Ländern und Gemeinden fest und bekräftigt seine Forderung, die Ausgabendisziplin bei anhaltend hohen Steuereinnahmen beizubehalten. Den Ländern Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wird die Erfüllung ihrer Verpflichtungen zur Verringerung ihrer strukturellen Haushaltsdefizite bescheinigt, so dass an sie Konsolidierungshilfen in Höhe von 0,8 Mrd. € geleistet werden. 6. Juni Der EZB-Rat beschließt, die HRG sowie die LRG mit dreimonatiger Laufzeit mindestens bis Januar 2013 und die Sonderrefinanzierungsgeschäfte mit der Laufzeit einer Mindestreserveperiode bis auf weiteres bei voller Zuteilung durchzuführen. 14. Juni Der Bundestag verabschiedet den Nachtragshaushalt 2012, der im Unterschied zum Entwurf eine um 2,5 Mrd. € niedrigere Nettoneuverschuldung (32,1 Mrd. €) vorsieht [RB: 21.3.2012; GE: 20.4.2012/ 12.6.2012; IKT: 1.1.12; BGBl. I 2012 S. 1902]. 17. Juni Die nach neuerlicher Parlamentswahl gebildete griechische Regierung erklärt, an den Vereinbarungen des zweiten Hilfsprogramms festzuhalten. Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Hilfszahlungen ist ein positiver Bericht von IWF, EU- Kommission und EZB („Troika“). 22. Juni Der EZB-Rat beschließt, die Bonitätsschwellen für bestimmte forderungsbesicherte Wertpapiere herabzusetzen, um dem Bankensektor im Euro-Währungsgebiet einen verbesserten Zugang zu den geldpolitischen Operationen des Euro- Systems zu ermöglichen. 25. Juni Zypern stellt bei der EFSF einen Antrag auf Finanzhilfen. 348 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 27. Juni Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2013 sowie die mittelfristige Finanzplanung bis 2016. Demnach sind für 2013 Ausgaben in Höhe von 302,2 Mrd. € bei einer Nettokreditaufnahme von 18,8 Mrd. € vorgesehen. In der mittelfristigen Finanzplanung ist bis 2016 der vollständige Abbau der Nettoneuverschuldung vorgesehen. 29. Juni Der Bundestag verabschiedet das Pflegeneuausrichtungsgesetz, das insbesondere für Demenzkranke Leistungsausweitungen vorsieht und durch Anhebung des Beitragssatzes um 0,1 Prozentpunkte auf 2,05 vH (für Kinderlose zuzüglich 0,25 vH) finanziert werden soll [RB: -; GE: 23.4.2012/ 27.6.2012; IKT: 30.10.2012, 1.1./ 1.6.2013; BGBl. I 2012 S. 2246]. Bundestag und Bundesrat ratifizieren mit jeweils Zweidrittelmehrheit die Verträge zum ESM und zum Fiskalpakt. Ferner verabschiedet der Bundestag das (vom Bundesrat als zustimmungspflichtig erachtete) ESM-Finanzierungsgesetz, das den deutschen Gesamtrahmen an der Finanzierung des ESM auf 21,7 Mrd. € festlegt. Bundespräsident Dr. Joachim Gauck (parteilos) erklärt, bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das ESM- Gesetz nicht zu unterzeichnen [RB: -; GE: 20.3.2012/ 27.6.2012; IKT: 19.9.2012; BGBl. I 2012, S. 1918]. Der Europäische Rat beschließt einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung", der zur Stärkung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit der EU beitragen soll. Die vereinbarten Bedingungen für die Vergabe von ESM-Krediten werden erleichtert und Möglichkeiten einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht - als Voraussetzung für eine direkte Rekapitalisierung von Finanzinstituten - geprüft. 1. Juli Die WestLB wird abgewickelt. Das Verbundgeschäft übernimmt die Landesbank Helaba, das Portfolio- und Servicegeschäft einschließlich des verbliebenen Personalstocks geht an den Rechtsnachfolger Portigon AG über. Die Übernahme des wesentlichen Teils der Aktiva erfolgt durch die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) innerhalb der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung. Hierdurch werden weitere Bilanzpositionen vom Staat übernommen. Die Schuldenstandsquote erhöhte sich bereits im Vorjahr um zwei Prozentpunkte, da vorsorglich Verbindlichkeiten für die Liquiditätszuführung aufgenommen wurden. 5. Juli Der SVR legt ein Sondergutachten „Nach dem EU-Gipfel: Zeit für langfristige Lösungen nutzen“ vor. Der EZB-Rat beschließt, zum 11. Juli die Zinssätze für die HRG (um jeweils einen viertel Prozentpunkt) auf 0,75% sowie für die Spitzenrefinanzierungs- und die Einlagefazilität auf 1,5% bzw. 0,0% zu senken. 19. Juli Der Bundestag stimmt dem Antrag des Bundesfinanzministeriums auf EFSF- Finanzhilfen zugunsten Spaniens zur Unterstützung des Bankensektors zu. 25. Juli Von Griechenland begebene oder vollständig garantierte Anleihen werden nach Ablauf des Rückkaufprogramms von der EZB nicht mehr als Sicherheit für geldpolitische Geschäfte akzeptiert. 26. Juli In London (Vereinigtes Königreich) erklärt EZB-Präsident Draghi, innerhalb des Man- 2012 349 dats „alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten“. Daraufhin sinken die Renditen für italienische und spanische Staatsanleihen deutlich. 2. Aug. EZB-Präsident Draghi erklärt auf einer Pressekonferenz, dass der Euro „unumkehrbar“ sei. Risikoprämien, die auf der Sorge einer Euro-Abschaffung beruhten, seien inakzeptabel und müssten fundamental angegangen werden. Ferner erwähnt er, dass Bundesbankpräsident Weidmann Staatsanleihekäufen kritisch gegenüberstehe. 6. Sept. Der EZB-Rat beschließt, das 2010 eingeführte Wertpapiermarktprogramm einzustellen. Ferner gibt er die Bestimmungen über vorbehaltlose geldpolitische Geschäfte (OMT) zum Kauf von Staatsanleihen im Euro-Währungsgebiet bekannt. 12. Sept. Das Bundesverfassungsgericht verkündet sein Urteil, dass der ESM-Vertrag und der Fiskalpakt verfassungskonform sind, insofern völkerrechtlich sichergestellt ist, dass die deutsche Haftung (ohne Zustimmung des deutschen Vertreters in den ESM- Gremien) 190 Mrd. € nicht überschreitet [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 12.9.2012, 2 BvR 1390/ 12]. Der EZB-Rat beschließt, die Swapvereinbarung mit der britischen Zentralbank um ein weiteres Jahr zu verlängern. Die EZB begrüßt den Vorschlag der EU- Kommission zur Schaffung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus zur Bildung einer Finanzmarktunion. 26. Sept. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf eines zweiten Nachtragshaushalts. Neben der Finanzierung einer Kapitalaufstockung der Europäischen Investitionsbank in Höhe von 1,5 Mrd. € soll das Sondervermögen zum Ausbau der Kleinkinderbetreuung um 0,5 Mrd. € erhöht werden, was überwiegend durch geringere Ansätze für Zinsausgaben gegenfinanziert werden soll. 9. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2012 ein Wirtschaftswachstum von 0,8 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,1 vH. Für 2013 werden ein Wachstum von 1,0 vH, eine Preissteigerung von 1,8 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,4 vH prognostiziert. 24. Okt. Der Stabilitätsrat erklärt, dass sich im Rahmen der regelmäßigen Haushaltsüberwachung keine Hinweise auf eine drohende Haushaltsnotlage bei Bund und Ländern ergeben. 25. Okt. Der Bundestag verabschiedet das Finanzstabilitätsgesetz, das der Deutschen Bundesbank Aufgaben zur Wahrung der Finanzstabilität zuweist. Ferner sieht das Gesetz die Bildung des Ausschusses für Finanzstabilität vor, dem neben jeweils drei stimmberechtigten Mitgliedern des BMF, der Bundesbank und der BaFin auch als nichtstimmberechtigtes Mitglied der Vorsitzende des Lenkungsausschusses der FMSA angehört [RB: -; GE: 19.6.2012/ 17.10.2012; IKT: 4.12.2012, 1.1./ 1.3.2013; BGBl. I 2012 S. 2369]. 350 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 31. Okt. Das zweite EZB-Programm zum Ankauf gedeckter Bankschuldverschreibungen endet planmäßig nach einem Jahr. Vom ursprünglich zur Verfügung gestellten Ankaufvolumen von 40 Mrd. € wurden lediglich 16,4 Mrd. € eingesetzt. 1. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2012/ 13 vor. Er prognostiziert für 2012 ein Wirtschaftswachstum von 0,8 vH, eine Preissteigerung von 1,9 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 1,3 vH. Für 2013 werden ein Wachstum von 0,8 vH, eine Preissteigerung von 1,9 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,4 vH prognostiziert. 20. Nov. Der Bundestag verabschiedet mehrere Gesetze: - Ein zweiter Nachtragshaushalt 2012 senkt sowohl das Haushaltsvolumen um 1,1 Mrd. € auf 311,6 Mrd. € als auch - aufgrund eines höheren Steueraufkommens - die Nettokreditaufnahme um 4 Mrd. € auf 28,1 Mrd. € [RB: 26.9.2012; GE: 12.10.2012/ 8.11.2012; IKT: 1.1.2012; BGBl. I 2012 S. 2580]. - Das Haushaltsbegleitgesetz 2013 sieht Kürzungen des Bundeszuschusses bei den Sozialversicherungen vor (u.a. einmalige Verminderung des Bundeszuschusses an den Gesundheitsfonds von 2 Mrd. €) [RB: -; GE: 3.9.2012/ 9.11.2012; IKT: 1.1.2013, 1.1.2017; BGBl. I 2012 S. 2781]. 23. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 2013, der bei Ausgaben von 302 Mrd. € eine Nettokreditaufnahme von 17,1 Mrd. € vorsieht (gegenüber dem Entwurf um 1,7 Mrd. € abgesenkt) [RB: 27.6.2012; GE: 10.8.2012/ 8.11.2012/ 8.11.2012; IKT: 1.1.2013; BGBl. I 2012 S. 2757]. 27. Nov. Die Euro-Gruppe einigt sich mit dem IWF auf Anpassungen beim Griechenland- Hilfsprogramm. 30. Nov. Der Bundestag stimmt auf Antrag des BMF Anpassungen (Lockerung der Zielvorgaben, Gewährung zusätzlicher Transfers) am Griechenland-Hilfsprogramm zu. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Altersarmut“ vor. 6. Dez. Der EZB-Rat beschließt, die Refinanzierungsgeschäfte weiterhin bei voller Zuteilung durchzuführen. 13. Dez. Der Ecofin-Rat einigt sich auf einen Zeitplan zur Einführung einer gemeinsamen Bankenaufsicht, die bei der EZB angesiedelt wird. Der ESM soll eine direkte Bankenrekapitalisierung ermöglichen, sobald ein wirksamer Aufsichtsmechanismus eingerichtet ist. Der Einrichtung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus wird von der EZB begrüßt. Um Interessenkonflikte zwischen geldpolitischen und aufsichtsrechtlichen Zielen zu vermeiden, wird innerhalb der EZB ein Aufsichtsgremium geschaffen. Die Euro-Gruppe gibt die Auszahlung einer weiteren Tranche der Hilfszahlungen an Griechenland frei, nachdem der Rückkauf von griechischen Staatsanleihen abgeschlossen wurde. 2012/ 2013 351 Der EZB-Rat beschließt gemeinsam mit der britischen, japanischen, kanadischen, schweizerischen sowie US-amerikanischen Zentralbank, die Swapvereinbarungen Februar 2014 zu verlängern. 13.-14. Dez. Die Staats- und Regierungschefs der EU erwägen einen Fonds einzurichten, der bei Einhaltung vertraglich festgelegter Reformmaßnahmen Hilfsmittel zur Verfügung stellt. 19. Dez. Der EZB-Rat beschließt im Anschluss an die positive Beurteilung des zweiten Anpassungsprogramms für Griechenland, von der Hellenischen Republik begebene oder vollständig garantierte Anleihen als Sicherheiten für geldpolitische Geschäfte des Eurosystems zu akzeptieren, wobei der übliche Bonitätsschwellenwert weiterhin ausgesetzt bleibt. 2013 1. Jan. Der steuerliche Grundfreibetrag steigt um 126 € auf 8 130 € (Freistellung des Existenzminimums). In der GRV sinkt der Beitrag um 0,7 Prozentpunkte auf 18,9 vH; die Praxisgebühr entfällt. Der Pflegeversicherungsbeitrag steigt um 0,1 Prozentpunkte auf 2,05 vH (zuzüglich 0,25 Prozentpunkte für Kinderlose). Der Fiskalpakt tritt in Kraft. 16. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2013 vor. Sie erwartet ein Wirtschaftswachstum von 0,4 vH, Preissteigerungen von 1,7 vH und eine gleichbleibende Zahl von Erwerbstätigen. 30. Jan. Im Rahmen des ersten dreijährigen Refinanzierungsgeschäfts haben Banken erstmals die Möglichkeit zur vorzeitigen Rückzahlung, was 278 Banken in Anspruch nehmen und 137 Mrd. € von den ursprünglich bereitgestellten 489 Mrd. € zurückzahlen. Fortan sind Rückzahlungen von nicht benötigter Liquidität aus dem Dreijahrestender im Wochenrhythmus möglich. 1. Febr. Der Bundesrat und der Bundestag (17. Januar) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das „Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts“, das überwiegend auswärts tätige Berufsgruppen und Arbeitnehmer mit einer doppelten Haushaltsführung entlasten soll [RB: -; GE: 25.9.2012/ 24.10.2012/ 12.12.2012; IKT: 26.2.2013, 1.1.2014; BGBl. I 2013 S. 285]. 20. Febr. Die Euro-Finanzminister, die EU-Kommission sowie das Europäische Parlament einigen sich auf zwei Reformen, die eine stärkere finanzpolitische Überwachung ermöglichen. 21. Febr. Der EZB-Rat teilt den Bestand gehaltener Anleihen (im Rahmen des Wertpapiermarktprogramms) mit. Bei einem Gesamtbestand von 218 Mrd. €, entfallen 103 Mrd. € auf italienische (47 vH), 44 Mrd. € auf spanische (20 vH), 34 Mrd. € auf griechische (16 vH), 23 Mrd. € auf portugiesische (11 vH) sowie 14 Mrd. € auf irische (7 vH) 352 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Anleihen. Die Anleihen haben eine durchschnittliche Restlaufzeit von 4,3 Jahren. 27. Febr. Analog zum ersten dreijährigen Refinanzierungsgeschäft haben Banken nun auch im Rahmen des zweiten Dreijahrestenders die Möglichkeit zur vorzeitigen Rückzahlung, was 356 Banken in Anspruch nehmen und 61 Mrd. € von den ursprünglich bereitgestellten 529 Mrd. € zurückzahlen. 1. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (1. Februar) verabschiedeten Ehrenamtsstärkungsgesetz zu, wodurch es gemeinnützigen Einrichtungen ermöglicht wird, ihre freien Rücklagen flexibler einzusetzen [RB: -; GE: 26.11.2012/ 16.1.2013; IKT: 1.1./ 29.3.2013, 1.1.2014, 1.1.2015; BGBl. I 2013 S. 556]. 21. März Der EZB-Rat beschließt, der zypriotischen Zentralbank nur bei Vorlage eines EU/ IWF- Anpassungsprogramms Notfallliquiditätshilfen über den 25. März hinaus zu gewähren. 22. März Der EZB-Rat beschließt hinsichtlich der Gleichbehandlung ihrer Geschäftspartner, ab dem 1. März 2015 keine ungedeckten, staatlich garantierten Bankschuldverschreibungen und gedeckte Schuldverschreibungen als geldpolitische Sicherheiten zu akzeptieren, wenn diese vom Geschäftspartner selbst oder mit einer ihm eng verbundenen Stelle begeben worden sind. 16. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2013 ein Wirtschaftswachstum von 0,8 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH. Für 2014 werden ein Wachstum von 1,9 vH, eine Preissteigerung von 1,8 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 17. April Die Bundesregierung legt ein aktualisiertes Deutsches Stabilitätsprogramm vor. Darin erwartet sie für 2013 eine Defizitquote von 0,5 vH sowie in den beiden Folgejahren einen ausgeglichenen Haushalt. Die Schuldenstandsquote soll von 81,9 vH (2012) bis zum Jahr 2017 auf 69 vH zurückgeführt werden. 18. April Der Bundestag stimmt auf Antrag des BMF dem zypriotischen Hilfsprogramm zu. 2. Mai Der EZB-Rat beschließt, zum 8. Mai die Zinssätze für die HRG auf 0,5% sowie für die SRF auf 1,0% zu senken (Verringerung um einen viertel bzw. einen halben Prozentpunkt) und die Einlagefazilität bei 0,0% zu belassen. Überdies beschließt der EZB- Rat, die Refinanzierungsgeschäfte bis zum 8. Juli bei voller Zuteilung durchzuführen. 15. Mai Der IWF stimmt dem EU/ IWF-Anpassungsprogramms für Zypern zu (Zustimmung der Euro-Mitgliedstaaten: 24. April), wodurch finanzielle Hilfen im Umfang von 10 Mrd. € zur Verfügung stehen (ESM: 9 Mrd. € sowie IWF: 1 Mrd. €). 2013 353 17. Mai Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen“, wodurch frühzeitig und präventiv hinsichtlich eines etwaigen Krisenfalls bei systemrelevanten Banken Maßnahmen (Sanierungspläne der Kreditinstitute; Abwicklungspläne durch die BaFin) ergriffen werden können. Weiterhin sieht das Gesetz vor, dass das Kundengeschäft von Risiken aus spekulativen Geschäften abgeschirmt wird und führt ferner Strafbarkeitsregelungen für Geschäftsleitungen im Risikomanagement ein [RB: 6.2.2013; GE: 4.3.2013/ 15.5.2013; IKT: 13.8.2013, 2.1./ 31.1.2014; BGBl. I 2013 S. 3090]. 28. Mai Der Stabilitätsrat stellt fest, dass Deutschland erstmals seit der Deutschen Einheit einen strukturellen gesamtstaatlichen Überschuss erzielte. Den Ländern Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wird bescheinigt, ihren Konsolidierungsverpflichtungen nachgekommen zu sein. 29. Mai Die EU-Kommission legt dem Europäischen Rat Empfehlungen für die anhängigen Defizitverfahren vor: Das 2009 gegen Italien eingeleitete Verfahren soll wegen der Unterschreitung des Referenzwertes für die Defizitquote im Jahr 2012 und der gleichzeitig prognostizierten künftigen Einhaltung eingestellt werden. Den Niederlanden, Frankreich, Portugal, Slowenien und Spanien wird bescheinigt wirksame Maßnahmen ergriffen zu haben, so dass die Korrekturfristen um zwei Jahre (Frankreich, Slowenien, Spanien) bzw. um ein Jahr (Niederlande, Portugal) verlängert werden. Gegen Belgien und Malta soll ein Defizitverfahren eingeleitet werden. Im Falle Belgiens sieht die EU-Kommission nicht, dass geeignete Maßnahmen zur Defizitkorrektur ergriffen wurden. 30. Mai Die Verordnungen des EU-Reformprogramms (sog. Zweierpaket) zur intensiveren Überwachung der nationalen Finanzpolitiken treten in Kraft [EUABl. 2013 L 140/ 1, L 140/ 11]. 6. Juni Der Bundestag verabschiedet den Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses über die (nicht zustimmungspflichtige) achte Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das insbesondere Änderungen und Klarstellungen im Bereich der Wasserversorgungsunternehmen, dem Pressewesen sowie die Sanktionierung im Falle von Ordnungswidrigkeiten beinhaltet. Die Anwendung des Kartellrechts und Beteiligung des Kartellamts im Krankenkassenwesen soll nur bei freiwilligen Zusammenschlüssen erfolgen [RB: -; GE: 31.5.2012/ 17.10.2012/ 5.6.2013; IKT: 30.6.2013, 1.1. 2018; BGBl. I 2013 S. 1738]. Das Bundesverfassungsgericht gibt seinen Beschluss bekannt, wonach die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen beim Ehegattensplittung gemäß allgemeinen Gleichheitsgrundsatz verfassungswidrig ist und fordert eine rückwirkende Änderung der Vorschriften [BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 7.5.2013, 2 BvR 909/ 06]. 7. Juni Der Bundesrat und der Bundestag (6. Juni) verabschieden den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz, das Anreize für kapitalgedeckte zusätzliche Altersvorsorge schafft [RB: -; GE: 354 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 16.10.2012/ 30.1.2013/ 5.6.2013; IKT: 1.7.2013; BGBl. I 2013 S. 1667]. 17.-18. Juni In Lough Erne (Vereinigtes Königreich) findet der 39. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind neben dem syrischen Bürgerkrieg, die Bekämpfung des Terrorismus in Afrika und Maßnahmen gegen Steuerflucht. Ferner wird bekanntgegeben, ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten zu verhandeln. 24. Juni Die Bundesregierung beschließt einen Entwurf zum Nachtragshaushalt 2013, der einen Hilfsfonds im Umfang von 8 Mrd. € für Maßnahmen infolge des Hochwassers (Ende Mai/ Anfang Juni) in verschiedenen Regionen Deutschlands vorsieht. Außerdem wird ein Gesetzentwurf zur Errichtung eines Fluthilfefonds beschlossen. 26. Juni Die Bundesregierung beschließt einen Entwurf zum Bundeshaushalt 2014, der angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl vorläufigen Charakter hat. 28. Juni Der EZB-Rat beschließt, infolge der Umschuldung Zyperns und den damit einhergehenden Ratingabstufungen keine von Zypern begebenen oder garantierten Anleihen als geldpolitische Sicherheiten zu akzeptieren. 1. Juli Kroatien tritt der EU bei, der fortan 28 Mitgliedsländer angehören. Mit dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union gehört auch die kroatische Zentralbank dem ESZB an. 5. Juli Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (31. Januar) verabschiedeten „Gesetz zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags“ zu, das eine Obergrenze für das gesamtstaatliche Defizit verankert, so dass die strukturelle Defizitquote auf 0,5 vH beschränkt wird. Zur Überwachung der Obergrenze wird der Stabilitätsrat beauftragt, der für diese zusätzliche Aufgabe von einem neu zu gründenden Beirat unterstützt wird [RB: -; GE: 15.1.2013; IKT: 19.7.2013; BGBl. I 2013 S. 2398]. Der EZB-Rat beschließt, Schuldtitel Zyperns nach abgeschlossener Umschuldung als geldpolitische Sicherheiten wieder zu akzeptieren. 18. Juli Der EZB-Rat ändert im Rahmen seiner regelmäßigen Überprüfung seines Risikokontrollrahmens einige Kriterien für geldpolitische Sicherheiten. 20. Sept. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Langfristige Steuerung der Versorgungssicherheit im Stromsektor“ und das Gutachten „Evaluierung wirtschaftspolitischer Fördermaßnahmen als Element einer evidenzbasierten Wirtschaftspolitik“ vor. 22. Sept. Bei den Wahlen zum 18. Deutschen Bundestag verliert die von den Fraktionen aus CDU/ CSU und FDP getragene Bundesregierung ihre Mehrheit. Erstmals erreicht die FDP mit 4,8 vH der Wählerstimmen nicht den Einzug in den Bundestag. Ebenso verpasst die Alternative für Deutschland (AfD) mit 4,7 vH den Einzug in den Bundestag. Die stärkste Fraktion stellen mit die 41,5 vH der Wählerstimmen die Unionsparteien (CDU: 34,1 vH; CSU: 7,4 vH) 2013 355 vor der SPD (25,7 vH), der Linken (8,6 vH) sowie Bündnis90/ Die Grünen (8,4 vH). Der EZB-Rat beschließt erstmals eine Swapvereinbarung mit der Zentralbank der Volksrepublik China, die bei einer Laufzeit von drei Jahren maximale Bereitstellungssummen von 350 Mrd. Renminbi an die EZB sowie 45 Mrd. € an die chinesische Zentralbank vorsieht. 15. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2013 ein Wirtschaftswachstum von 0,4 vH, eine Preissteigerung von 1,7 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH. Für 2014 werden ein Wachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 1,8 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH prognostiziert. 23. Okt. Die EZB führt vor Übernahme der Bankenaufsicht im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus eine umfassende Bewertung großer Banken durch. Rd. 130 Kreditinstitute werden einer Risikobewertung, einer Prüfung der Aktiva-Qualität und einem Stresstest unterzogen. 31. Okt. Der EZB-Rat vereinbart mit den Zentralbanken Japans, Kanadas, der Schweiz, des Vereinigten Königreiches und der Vereinigten Staaten, die temporären Swapvereinbarungen in dauerhafte Einrichtungen zu überführen. 6. Nov. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2013/ 14 vor. Er prognostiziert für 2013 ein Wirtschaftswachstum von 0,4 vH, eine Preissteigerung von 1,9 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH. Für 2003 werden ein Wachstum von 1,6 vH, eine Preissteigerung von 1,9 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH prognostiziert. 7. Nov. Der EZB-Rat beschließt, zum 13. November die Zinssätze für die HRG auf 0,25% sowie für die SRF auf 0,75% zu senken (Verringerung um jeweils einen viertel Prozentpunkt) und die Einlagefazilität auf 0,0% zu belassen. 8. Nov. Die EZB fordert in einer Stellungnahme bezüglich des Aufbaus eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus von Kreditinstituten eine klare Trennung zwischen abwicklungs- und aufsichtsrechtlichen Verantwortlichkeiten der Zentralbank. 15. Nov. Die EU-Kommission gibt gemäß den Verordnungen des „Zweierpakets“ ihre Beurteilung der gesamtstaatlichen Haushaltspläne der Mitgliedsstaaten bekannt. Zwar erhalten fünf Länder die Aufforderung, Maßnahmen zur Einhaltung der Empfehlungen des Defizitverfahrens zu ergreifen, jedoch kann bei keinem Land eine eklatante Nicht-Beachtung der Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes festgestellt werden, so dass die EU-Kommission von der Vorlage überarbeiteter Haushaltspläne absieht. 4. Dez. Irland werden nach Feststellung einer erfolgreichen Anpassung die letzten Finanzhilfen ausgezahlt. Insgesamt wurden Hilfen im Umfang von 67,5 Mrd. € zur Verfügung gestellt. Das Land steht weiter unter Beobachtung, solange 75 vH der europäischen Hilfskredite nicht getilgt wurden. 356 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 5. Dez. Der Stabilitätsrat stellt fest, dass das Land Bremen aufgrund des weiter schrumpfenden Abstandes zur maximal zulässigen Nettokreditaufnahme einen erfolgreichen Abschluss des vereinbarten Sanierungsprogramms gefährdet. 17. Dez. Angela Merkel wird vom Bundestag zum Bundeskanzler gewählt und legt ihren Amtseid ab. Anschließend wird mit der Vereidigung der Bundesminister die Regierungsbildung abgeschlossen. Ihrem Kabinett gehören sechs Minister der CDU, drei Minister der CSU und sieben Minister der SPD an. Bundesfinanzminister wird Wolfgang Schäuble, Bundesminister für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel (SPD) und Bundesminister für Arbeit und Soziales Andrea Nahles (SPD). 2014 1. Jan. Die einkommensteuerliche Grundfreibetrag steigt um 224 € auf 8 354 €. Das Ehrenamtsstärkungsgesetz und das „Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts“ treten in Kraft. Lettland wird Mitglied des Eurosystems und führt als 18. EU-Staat den Euro ein. 23. Jan. Das 18-monatige Hilfsprogramm des ESM für spanische Banken endet. Insgesamt stellte der ESM dem staatlichen spanischen Restrukturierungsfonds (Fondo de Reestructuración Ordenada Bancaria) 41,3 Mrd. € zur Verfügung, womit die Obergrenze von 100 Mrd. € deutlich unterschritten wurde. 24. Jan. Der EZB-Rat beschließt, die liquiditätszuführenden Geschäfte in US-Dollar mit dreimonatiger Laufzeit aufgrund mangelnder Nachfrage einzustellen. 7. Febr. Das Bundesverfassungsgericht erklärt, sein Urteil zur Einrichtung des ESM sowie des Vertrages zum Fiskalpakt vom OMT-Beschluss des EZB-Rates (6. September 2012) abzutrennen. Das Verfahren zum OMT- Beschluss wird ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. 12. Febr. Die Bundesregierung legt den JWB 2014 vor. Sie erwartet für 2014 ein Wirtschaftswachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 1,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,6 vH. 5. März Die EU-Kommission legt ihre Analyse zu makroökonomischen Ungleichgewichten Deutschlands vor. Sie kritisiert insbesondere die hohen Leistungsbilanzüberschüsse der vorangegangenen Jahre. Gleichzeitig wird hervorgehoben, dass die hohe Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auch anderen europäischen Ländern nütze. Es werden Maßnahmen zur Stärkung der Inlandsnachfrage und des Wachstumspotentials empfohlen. 11. März Das EU-Parlament erweitert die Solvabilität-II-Richtlinie und setzt damit den Rahmen für die Versicherungsregulierung sowie -aufsicht in der EU [IKT: 23.5.2014, 1.1.2016; EUABl. 2014 L 153/ 1]. 12. März Der von der Bundesregierung beschlossene Entwurf zum Bundeshaushalt 2014 sieht 2014 357 ein Haushaltsvolumen von 298,5 Mrd. € und eine Nettokreditaufnahme von 6,5 Mrd. € vor. 18. März Das Bundesverfassungsgericht verkündet sein Urteil, wonach die Regelungen zum ESM sowie zum Fiskalpakt nicht gegen die Verfassung verstoßen, insofern sichergestellt wird, dass Deutschland im Falle von Kapitalnachforderungen des ESM - im Rahmen der vereinbarten Obergrenzen - diesen auch fristgerecht nachkommen kann, um sein Stimmrecht im ESM wahrnehmen zu können [BVerfG, Urteil des Zweiten Senats v. 18.3.2014, 2 BvR 1390/ 12]. 19. März Deutschland erhält aus dem EU-Solidaritätsfonds eine Finanzhilfe in Höhe von 360,4 Mill. €. Diese dient dazu, die Schäden aufgrund der Hochwasserkatastrophe vom Mai und Juni 2013 zu kompensieren. 24.-26. März In Den Haag (Niederlande) findet angesichts der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland (21. März) ein Sondertreffen der G7-Staaten statt. Die Staats- und Regierungschefs der G7 beschließen, solange die G8-Treffen auszusetzen, bis Russland seinen politischen Kurs ändert, wodurch der geplante Weltwirtschaftsgipfel in Sotschi (Russland) abgesagt und stattdessen ein G7-Treffen in Brüssel (Belgien) vereinbart wird. 8. April Die Bundesregierung legt ein aktualisiertes Deutsches Stabilitätsprogramm für 2014 vor. Darin erwartet sie ein Wirtschaftswachstum von 1,8 vH (2015: 2 vH; 2016: 1,5 vH). Neben einen ausgeglichenen staatlichen Gesamthaushalt bis 2016 ist in den beiden Folgejahren ein Überschuss von 0,5 vH des BIP vorgesehen. Die Schuldenstandsquote soll von 78,4 vH (2013) auf 65 vH im Jahr 2018 abgesenkt werden. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2014 ein Wirtschaftswachstum von 1,9 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH. Für 2015 werden ein Wachstum von 2,0 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,2 vH prognostiziert. 11. April Das Finanzgericht Hamburg erachtet in seinem Beschluss die Kernbrennstoffsteuer als verfassungswidrig und setzt deren Erhebung in Teilen des Bundesgebietes aus. Der Bund wird verpflichtet 2,2 Mrd. € bereits geleisteter Steuerzahlungen den Kernkraftwerksbetreibern zu erstatten [FG Hamburg, Beschluss v. 11.4.2014, 4 V154/ 13]. 16. April Das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union erlassen eine Neufassung der EU-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme. Danach müssen die Mitgliedsstaaten bis Ende Mai 2016 (für einige Anforderungen bereits ab 4. Juli 2015) Umsetzungsgesetze zur Harmonisierung von Einlagensicherungseinrichtungen in Kraft setzen [IKT: 1.7.2014; EUABl. 2014 L 173/ 149]. 15. Mai Das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union erlassen eine EU-Richtlinie zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierinstituten. Alle Mitgliedsstaaten müssen bis zum Jahresende Umsetzungsgesetze erlassen, die eine geordnete Sanierung und Abwicklung von 358 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Banken in der EU ermöglichen [IKT: 1.7.2014; 1.1.2015; EUABl. 2014 L 173/ 190]. 18. Mai Portugal beendet nach dreijähriger Laufzeit das EU/ IWF-Anpassungsprogramm. Die Auszahlung der letzten Tranche in Höhe von 2 Mrd. € aus dem bereitgestellten Gesamtvolumen von 78 Mrd. € entfällt, da auf den Abschluss einer letzten Überprüfung verzichtet wird. 19. Mai Die Deutsche Bundesbank tritt dem Vierten Zentralbankgoldabkommen bei. Gold bleibt ein elementarer Bestandteil der geldpolitischen Reserven und soll derzeit nicht in größerem Umfang verkauft werden. Goldtransaktionen zwischen den Teilnehmern sollen weiterhin in koordinierter Form stattfinden. 21. Mai Die EU-Kommission beschließt eine Überarbeitung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung, wonach die EU- Mitgliedstaaten ohne vorherige Genehmigung durch die EU-Kommission mehr Beihilfemaßnahmen und höhere Beihilfebeträge gewähren können, was zu einer erheblichen Verringerung des Verwaltungsaufwands und für die Beihilfeempfänger zu mehr Rechtssicherheit führen soll [IKT: 1.7.2014; EUABl. 2014 L 187/ 69]. 23. Mai Der Bundestag verabschiedet das RV-Leistungsverbesserungsgesetz, wodurch Versicherte mit 45 Beitragsjahren bereits ab dem 63. Lebensjahr abschlagsfrei in Rente gehen können. Mit Ausnahme der letzten beiden Jahre vor Renteneintritt werden auch Jahre mit Bezug von ALG I berücksichtigt. Die Altersgrenze wird bis 2029 wieder auf 65 Jahre angehoben. Kindererziehungszeiten werden für vor 1992 geborene Kinder um zwölf Monate verlängert und Renten für Erwerbsgeminderte werden großzügiger ausgestaltet. Die Mehrausgaben der GRV belaufen sich in den Jahren 2015 bis 2030 auf jährlich neun bis 11 Mrd. € [RB: -; GE: 25.3.2014/ 21.5. 2014; IKT: 1.1./ 1.7.2014; BGBl. I 2014 S. 787]. 28. Mai Der Stabilitätsrat erwartet in den Jahren bis 2018 einen Finanzierungsüberschuss von jeweils 0,5 vH, wodurch die zulässige Defizitobergrenze von 0,5 vH bis 2018 eingehalten wird. Die Länder Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig- Holstein erhalten finanzielle Unterstützung, damit sie ab 2020 die Verschuldungsregel einhalten können. 4.-5. Juni In Brüssel (Belgien) findet der 40. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Gesprächsthemen bilden die Steigerung der Beschäftigung angesichts erwarteten globalen Wirtschaftswachstums, ein Klimaschutzabkommen sowie die Sicherung der globalen Energieversorgung. Im Hinblick auf politische Spannungen in Nahost erklärten die Staats- und Regierungschefs, die Präsidentenwahlen in Syrien nicht anzuerkennen. Hinsichtlich der Ukraine-Krise werden Russland Sanktionen angedroht. Ferner fordern die G7-Staaten von Russland, die ukrainische Präsidentenwahl anzuerkennen und Garantien für die weitere Gasversorgung zu geben. 5. Juni Der Bundestag verabschiedet das GKV- Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz, wodurch der allgemeine GKV-Beitragssatz von 15,5 auf 14,6 vH ge- 2014 359 senkt wird. Der Arbeitgeberanteil bleibt weiterhin in Höhe von 7,3 vH festgeschrieben, jedoch der einkommensunabhängige Zusatzbeitrag durch einen einkommensabhängigen ersetzt, der allein von den Mitgliedern der GKV zu zahlen ist [RB: -; GE: 5.5.2014/ 4.6.2014; IKT: 6.6./ 25.7./ 1.8.2014, 1.1.2015, 1.1.2016; BGBl. I 2014 S. 1133]. Der EZB-Rat beschließt, den Zinssatz für HRG auf 0,15% (Senkung um 10 Basispunkte), den Zinssatz für die SRF auf 0,4% (Senkung um 35 Basispunkte) sowie den Zinssatz der Einlagefazilität auf -0,1% (Senkung um 10 Basispunkte) zum 11. Juni zu senken, wodurch von der EZB erstmals Negativzinsen erhoben werden. Ferner beschließt der EZB-Rat, die HRG sowie die LRG mit dreimonatiger Laufzeit bis zum Jahresende bei Vollzuteilung durchzuführen. Die Refinanzierungsgeschäfte mit einer Sonderlaufzeit von einer Erfüllungsperiode werden nach dem 10. Juni eingestellt. Die Feinsteuerungsoperation zur Neutralisation der im Rahmen durch das Wertpapiermarktprogramm freigesetzten Liquidität wird ebenfalls nach dem 10. Juni ausgesetzt. Der EZB-Rat gibt Maßnahmen zur Verbesserung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus bekannt. Hierfür sind in den nächsten zwei Jahren acht gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (GLRG) mit einer Laufzeit von bis zu vier Jahren vorgesehen, die einer Verbesserung der Kreditvergabe der Banken an den nichtfinanziellen Sektor (ausgenommen Wohnungsbaukredite an private Haushalte) dienen sollen. Der Zinssatz dieser Geschäfte liegt zehn Basispunkte über dem des bei der Zuteilung geltenden Hauptrefinanzierungszinssatzes. Im Hinblick auf die Rolle forderungsbesicherter Wertpapiere auf eine verbesserte Vergabe neuer Kredite an die Wirtschaft werden die Vorbereitungsarbeiten für ein entsprechendes Ankaufprogramm verstärkt. 17. Juni Der EZB-Rat beschließt, in Kooperation mit den Zentralbanken Japans, der Schweiz und des Vereinigten Königreichs die liquiditätszuführenden Geschäfte des Eurosystems in US-Dollar mit einwöchiger Laufzeit über den 31. Juli hinaus zu verlängern. 24. Juni Der Bundestag verabschiedet das Haushaltsbegleitgesetz 2014, das eine Verringerung des Bundeszuschusses an den Gesundheitsfonds um 3,5 Mrd. € auf 10,5 Mrd. € für das laufende Jahr sowie im Jahr 2015 um 2,5 Mrd. € auf 11,5 Mrd. € vorsieht. Die Mindereinnahmen des Fonds sollen durch Entnahmen aus dessen Liquiditätsreserve ausgeglichen werden. Ab 2016 soll der Bundeszuschuss wieder seine ursprüngliche Höhe von 14 Mrd. € erreichen und ab 2017 um 0,5 Mrd. € erhöht werden [RB: 12.3.2014; GE: 4.4.2014/ 5.6.2014; IKT: 16.8.2014; BGBl. I 2014 S. 1346]. 27. Juni Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 2014, der Ausgaben in Höhe von 296,5 Mrd. € (2 Mrd. € weniger als im Entwurf) bei einer Nettokreditaufnahme von 6,5 Mrd. € vorsieht [RB: 12.3.2014; GE: 19.3.2014/ 5.6.2014/ 5.6.2014; IKT: 1.1.2014; BGBl. I 2014 S. 914]. 2. Juli Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zum Bundeshaushalt 2015 sowie die mittelfristige Finanzplanung bis 2018, die beide keine Nettokreditaufnahme vorsehen. Das Haushaltsvolumen beträgt im Jahr 2015 299,5 Mrd. €. Zwischenzeitlich eingetretene Entlastungen beim Schuldendienst sollen insbesondere für höhere Bildungsausgaben und die geplante Besoldungs- und Versorgungsanpassung eingesetzt werden. 360 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 3. Juli Der EZB-Rat beschließt, ab Januar 2015 im Sechs-Wochen-Rhythmus seine geldpolitischen Sitzungen (zuvor alle vier Wochen) abzuhalten und entsprechend die Mindestreserveerfüllungsperiode für die Banken anzupassen. Überdies werden die Rahmenbedingungen für die GLRG bekanntgegeben. 4. Juli Der Bundestag beschließt das Lebensversicherungsreformgesetz, das den Erhalt von Leistungen aus Lebensversicherungsverträgen gewährleisten soll, falls das Niedrigzinsumfeld weiter andauert. Neben der Unterbindung nicht gerechtfertigter Mittelabflüsse (u.a. Begrenzung von Dividendenzahlungen an Aktionäre) werden die Versicherungsunternehmen zu einem besseren Risikomanagement verpflichtet sowie die Eingriffsbefugnisse der Aufsicht erweitert [RB: -; GE: 18.6.2014/ 2.7.2014; IKT: 7.8.2014, 1.1.2015; BGBl. I 2014 S. 1330]. 11. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Das Tarifautonomiestärkungsgesetz (BT-Beschluss: 3. Juli) führt zum Jahreswechsel einen allgemeinen Mindestlohn von 8,50 €/ Stunde (Übergangsfristen für bestimmte Branchen) zum Jahreswechsel ein. Die zukünftige Höhe bestimmt eine Mindestlohnkommission, die neben dem Vorsitzenden aus jeweils drei von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern vorgeschlagenen stimmberechtigten Mitgliedern besteht. Darüber hinaus gehören zwei nicht stimmberechtigte Vertreter der Wissenschaft der Kommission an [RB: -; GE: 28.5. 2014/ 2.7.2014; IKT: 16.8.2014; BGBl. I 2014 S. 1348]. - Mit dem „Gesetz zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ (BT-Beschluss: 5. Juni) wird die Ungleichbehandlung von Verheirateten und Lebenspartnern beim Ehegattensplitting aufgehoben [RB: -; GE: 5.5. 2014/ 4.6.2014; IKT: 24.7.2014; BGBl. I 2014 S. 1042]. 4. Sept. Der EZB-Rat beschließt, die Zinssätze für die HRG auf 0,05% sowie für die Spitzenals auch die Einlagefazilität auf 0,3% bzw. - 0,2% zu senken (Verringerung um jeweils zehn Basispunkte). Überdies werden Details zum Ankaufprogramm für forderungsbesicherte Wertpapiere sowie gedeckte Schuldverschreibungen bekannt gegeben. Das Programm soll die Kreditvergabe an den nichtfinanziellen Sektor unterstützen. 18. Sept. Die EZB veröffentlicht das Auslosungsergebnis über die Stimmrechtsrotation im EZB-Rat. Durch den Beitritt Litauens zur Währungsunion zum Jahreswechsel sind mehr als 18 Zentralbankpräsidenten im EZB-Rat vertreten, wodurch gemäß Beschluss des Rates der Europäischen Union aus dem Jahr 2003 ein Rotationssystem einzuführen ist. Entsprechend der Größe ihrer Volkswirtschaft bilden die Länder zwei Gruppen, in denen die Stimmrechte jeweils rotieren, so dass in der Gruppe der größten Volkswirtschaften neben dem Bundesbankpräsidenten auch die Vertreter der Zentralbanken Frankreichs, Italiens, Spaniens und der Niederlande im Wechsel jeweils einen Monat ohne Stimmrecht sind. Die EZB gibt bekannt, dass beim ersten der acht GLRG 82,6 Mrd. € an 255 Banken zugeteilt wurden. 2014 361 25. Sept. Der Bundestag beschließt, die nicht vom Bund verwendeten Mittel des Sondervermögens „Aufbauhilfe“ in Höhe von 1 Mrd. €, das zur Beseitigung der Hochwasserschäden des Jahres 2013 gebildet wurde, dem Bundeshaushalt zuzuführen [RB: -; GE: 30.7.2014; IKT: 21.11.2014; BGBl. I 2014 S. 1716]. 26. Sept. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Engpassbasierte Nutzerfinanzierung und Infrastrukturinvestitionen in Netzsektoren“ vor. 2. Okt. Die EZB gibt Modalitäten zu ihren Ankaufprogrammen von forderungsbesicherten Wertpapieren sowie gedeckter Schuldverschreibungen bekannt. Danach beläuft sich die Programmlaufzeit auf mindestens zwei Jahre und orientiert sich an den Zulassungskriterien am Sicherheitenrahmen des Eurosystems für geldpolitische Refinanzierungsgeschäfte (Ausnahmen gelten für Griechenland und Zypern, deren Länderratings nicht die Mindestbonitätsbewertung erfüllen). 7. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2014 ein Wirtschaftswachstum von 1,3 vH, eine Preissteigerung von 1,0 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH. Für 2015 werden ein Wachstum von 1,2 vH, eine Preissteigerung von 1,3 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,1 vH prognostiziert. 17. Okt. Der Bundestag verabschiedet das erste Pflegestärkungsgesetz, das den Beitragssatz zur Pflegeversicherung um 0,3 vH auf 2,35 vH anhebt (Zusatzbeitrag für Kinderlose bleibt unverändert bestehen). Zwei Drittel dieser Mehreinnahmen werden unmittelbar für Pflegeleistungen (insbesondere für Demenzkranke) eingesetzt, währenddessen ein Drittel (0,1 vH) über zwanzig Jahre hinweg in einen von der Bundesbank verwalteten Vorsorgefonds fließen, um ihn anschließend zur Abgabenentlastung wieder aufzulösen [RB: -; GE: 23.6.2014/ 15.10.2014; IKT: 18.10./ 24.12.2014, 1.1.2015; BGBl. I 2014 S. 2222]. 26. Okt. Die EZB veröffentlicht die Ergebnisse ihrer Überprüfung der 130 größten Banken im Euroraum. Die Prüfung erstreckte sich über ein Jahr. 13 Banken werden zur Schließung ihrer Kapitallücken aufgefordert, wofür sie innerhalb von zwei Wochen Kapitalpläne vorlegen und anschließend in einem Zeitraum von bis zu neun Monaten die Kapitallücken schließen müssen. Nach Ankündigung der umfassenden Überprüfung stärkten die 30 größten Banken ihre Bilanz um 200 Mrd. €, wofür Eigenkapital in Höhe von 60 Mrd. € aufgenommen wurde. Die Maßnahme dient auch der Vorbereitung der Übernahme der Bankenaufsicht durch die EZB. 30. Okt. Die Aareal Bank zahlt den Restbetrag der Stillen Einlage in Höhe von 300 Mill. € an den SoFFin zurück, wodurch sie keine Stabilisierungsmaßnahmen im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes mehr in Anspruch nimmt. 4. Nov. Der einheitliche europäische Bankenaufsichtsmechanismus tritt in Kraft, wodurch die EZB die Bankenaufsicht über die größten Banken des Euroraums übernimmt, 362 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland deren Bilanzsumme 30 Mrd. € oder 20 vH der Wirtschaftsleistung eines Landes übersteigt. 6. Nov. Der Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung des ESM-Finanzierungsgesetzes“ infolge des Beschlusses des ESM- Gouverneursrat über ein neues Finanzhilfeinstrument zur direkten Bankenrekapitalisierung. Danach sind im Haftungsfall vorrangig Eigentümer und Gläubiger in Anspruch zu nehmen. Wenn anschließend Hilfeleistungen des Mitgliedsstaates (u.U. mit Unterstützung des ESM) nicht ausreichen, kann vom betreffenden Mitglied ein Antrag auf direkte Bankenrekapitalisierung durch den ESM gestellt werden [RB: -; GE: 22.9.2014/ 5.11.2014; IKT: 8.12.2014; BGBl. I 2014 S. 1821, 2193]. Der SVR legt sein Jahresgutachten 2014/ 15 vor. Er prognostiziert für 2014 ein Wirtschaftswachstum von 1,2 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH. Für 2015 werden ein Wachstum von 1 vH, eine Preissteigerung von 1,6 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,4 vH prognostiziert. 7. Nov. Der EZB-Rat beschließt, die Möglichkeit einer vorzeitigen Rückzahlung von Mitteln aus den dreijährigen LRG über den Jahreswechsel auszusetzen. 28. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Haushalt 2015, der gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung das Haushaltsvolumen um 0,4 Mrd. € auf 299,1 Mrd. € absenkt. Trotz geringer erwarteter Steuereinnahmen sowie höherer Ausgaben für Langzeitarbeitslose wird eine Nettokreditaufnahme vermieden, indem geringere Ausgaben für Zinsen angesetzt werden. Das Defizit in Höhe von 280 Mill. € soll durch Münzeinnahmen ausgeglichen werden [RB: 2.7. 2014; GE: 8.8.2014/ 13.11.2014/ 13.11.2014; IKT: 1.1.2015; BGBl. I 2014 S. 2442]. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (6. November) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/ EU und weiterer Vorschriften“ zu, wodurch der Missbrauch des Freizügigkeitsrechtes durch Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Inanspruchnahme von Sozialleistungen und Kindergeld unterbunden werden soll [RB: -; GE: 22.9.2014; IKT: 1.1./ 9.12.2014, 8.6.2015; BGBl. I 2014 S. 1922]. 11. Dez. Die EZB teilt durch das zweite GLRG an 306 Banken 129,8 Mrd. € zu. 15. Dez. Der Stabilitätsrat stellt fest, dass Bund, Länder, Gemeinden sowie die Sozialversicherungen 2013 zum zweiten Mal in Folge einen strukturellen Finanzierungsüberschuss auswiesen. 17. Dez. Das Bundesverfassungsgericht verkündet sein Urteil zum geltenden Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz. Danach ist die Begünstigung von Unternehmen in Teilen verfassungswidrig. Das Gericht fordert zu einer Korrektur bis zum 30. Juni 2016 auf, bis dahin behalten die geltenden Regelungen ihre Gültigkeit [BVerfG, Urteil des Ersten Senats v. 17.12.14, 1 BvL 21/ 12]. 19. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (4. Dezember) verabschiedeten „Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ 2014/ 2015 363 zu, womit eine Verschärfung der Regelungen der strafbefreienden Selbstanzeige und zum Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen (u.a. Nachzahlung hinterzogener Steuern einschließlich Zinsen, maximaler Hinterziehungsbetrag von 25 000 € sowie generelle Ausdehnung des Berichtigungszeitraums auf zehn Jahre) zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung zum Jahreswechsel in Kraft tritt [RB: -; GE: 3.11.2014; IKT: 1.1.2015; BGBl. I 2014 S. 2415]. 23. Dez. Der Bundesfinanzhof gibt seinen Beschluss zur Kernbrennstoffsteuer bekannt, wonach der vorläufige Rechtsschutz für Kernkraftwerksbetreiber wieder aufgehoben wird und die entsprechenden Steuerzahlungen fällig werden [BFH; Beschluss v. 25.11.2014, VII B 65/ 14]. 2015 1. Jan. Die letzte Stufe der Tabaksteuerreform tritt in Kraft. Die FMSA übernimmt für Deutschland zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben die Funktion der nationalen Abwicklungsbehörde. Die Antragsfrist des SoFFin wird für neue Maßnahmen bis Ende 2015 verlängert. Litauen wird Mitglied des Eurosystems und führt als 19. EU-Staat den Euro ein. 14. Jan. Im Verfahren zum EZB-Programm zum Kauf von Staatsanleihen, das dem EU-Gerichtshof vom Bundesverfassungsgericht vorgelegt wurde, macht der Generalanwalt des EU-Gerichtshofes in seinem Plädoyer keine Verstöße gegen EU-Recht geltend. Diese geldpolitische Maßnahme sei gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar und stelle keinen Verstoß gegen das Verbot monetärer Staatsfinanzierung dar. Jedoch sei sicherzustellen, dass die EZB parallel zu einem etwaigen Anleihenkauf keinen maßgeblichen Einfluss bei der Überwachung vereinbarter Finanzhilfeprogramme erhält. 22. Jan. Der EZB-Rat beschließt ein erweitertes Ankaufprogramm für Vermögenswerte, wodurch die Ankäufe der EZB auf Anleihen von Staaten, staatlicher Agenturen mit Förderauftrag sowie supranationaler europäischer Institutionen ausgedehnt wird. Das Programm schließt das bisherige Ankaufprogramm für forderungsbesicherte Wertpapiere und gedeckte Schuldverschreibungen ein und sieht bei einer Mindestlaufzeit bis September 2016 monatliche Ankäufe in Höhe von 60 Mrd. € vor. Die Risikoteilung unter den Zentralbanken des Eurosystems wird zu 80 vH der Käufe ausgeschlossen. Das Programm soll der bereits lange anhaltenden Niedriginflationsphase entgegenwirken. Überdies wird der Beschluss gefasst, den bisherigen Zinsaufschlag von zehn Basispunkten (gegenüber dem jeweiligen HRG) bei den GLRG abzuschaffen. 28. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2015 vor. Sie erwartet für 2015 ein Wirtschaftswachstum von 1,5 vH, eine Preissteigerung von 1,0 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,9 vH. Die Bundesregierung beschließt die Subventionspolitischen Leitlinien, die um eine Nachhaltigkeitsprüfung sowie eine grundsätzliche regelmäßige Evaluierung erweitert werden. 364 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 4. Febr. Der EZB-Rat beschließt, dass ab dem 11. Februar auch für von Griechenland begebene und garantierte marktfähige Sicherheiten die Mindestbonitätsanforderungen gelten werden. 25. Febr. Die Bundesregierung beschließt eine Änderung der Anlageverordnung und der Pensionsfonds-Kapitalanlagenverordnung, die Anlagevorschriften an das Kapitalanlagegesetzbuch anpasst und überdies Investitionsmöglichkeiten in langfristige Anlagen (bspw. Infrastruktur) ermöglicht [RB: -; VE: -; IKT: 7.3.2015; BGBl. I 2015 S. 188]. 5. März Der Bundestag verabschiedet das Mietrechtsnovellierungsgesetz, wonach durch eine sogenannte „Mietpreisbremse“ der Mietanstieg bei Wiedervermietung von Bestandswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten (Festlegung dieser Gebiete per Verordnung) auf maximal 10 vH begrenzt wird [RB: -; GE: 10.11.2014; IKT: 28.4./ 1.6.2015; BGBl. I 2015 S. 610]. 6. März Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (5. Februar) verabschiedeten „Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen“ zu und setzt damit die erweiterte Solvabilität-II-Richtlinie der EU um. Es ersetzt das bisherige Versicherungsaufsichtsgesetz und führt überdies zu einer umfassenden Modernisierung der Solvenzanforderungen an Versicherungsunternehmen, um deren Insolvenzrisko zu mindern [RB: -; GE: 22.10.2014/ 28.1.2015; IKT: 11.4.2015, 1.1.2016; BGBl. I 2015 S. 434]. 19. März Die EZB teilt das dritte von acht geplanten GLRG im Volumen von 97,8 Mrd. € an 143 Banken zu. 26. März Der Bundestag verabschiedet das Gesetz zur Umsetzung der EU-Einlagensicherungsrichtlinie, das u.a. eine umfassende Sicherungspflicht aller Kreditinstitute durch Zugehörigkeit zu einem Einlagensicherungssystem, eine Informations- und Zugangsverbesserung für Einleger, eine weitere Harmonisierung durch eine antragsfreie gesetzliche Entschädigung sowie Regelung grenzüberschreitender Ausfälle vorsieht [RB: -; GE: 20.1.2015/ 25.3.2015; IKT: 6.6./ 3.7.2015; BGBl. I 2015 S. 786]. 14. April Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2015 ein Wirtschaftswachstum von 2,1 vH, eine Preissteigerung von 0,5 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH. Für 2016 werden ein Wachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 1,2 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,5 vH prognostiziert. 15. April Die Bundesregierung legt ein aktualisiertes Deutsches Stabilitätsprogramm vor. Darin ist für den staatlichen Gesamthaushalt bis 2016 keine Neuverschuldung vorgesehen, Überschüsse werden jedoch erst ab 2019 erwartet. Die Schuldenstandsquote soll bis 2019 auf 61,5 vH sinken. 23. April Der Bundestag verabschiedet das Kleinanlegerschutzgesetz, wodurch Verbesserungen des Anlegerschutzes - u.a. durch Hinweispflicht bei etwaigen Risiken - beim Erwerb von Vermögensanlagen erreicht 2015 365 werden sollen. Überdies werden die Interventionsmöglichkeiten der BaFin erweitert, die fortan bei Rechtsverstößen oder Gefahren für den Anlegerschutz, die über den Einzelfall hinausgehen, Produkte verbieten oder deren Vermarktung beschränken kann [RB: -; GE: 11.2.2015/ 22.4.2015; IKT: 10.7.2015, 1.1.2016, 3.1.2017, 3.1.2018; BGBl. I 2015, S. 1114, 2017, BGBl. I 2017 S. 3768]. 24. April Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Potenziale nutzen - mehr Fachkräfte durch weniger Arbeitsmarkthemmnisse“ vor. 19. Mai Das EU-Parlament und der Europäische Rat erlassen eine Verordnung, wodurch Kapital von langfristig orientierten Investmentfonds insbesondere in Infrastrukturprojekte und KMU gelenkt werden soll, um deren Abhängigkeit von der Bankenfinanzierung zu reduzieren [IKT: 9.12.2015; EU- ABl. 2015 L 123/ 98]. 21. Mai Der Bundestag verabschiedet einen Nachtrag zum Bundeshaushalt 2015, wodurch der Gesamthaushalt um 2,5 Mrd. € auf 301,6 Mrd. € steigt. Mindereinnahmen ergeben sich aufgrund bisher niedriger zu erwartender Steuereinnahmen, was durch niedrigere Zinsausgaben ausgeglichen wird. Zusätzliche Ausgaben ergeben sich durch die Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen sowie durch Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen [RB: -; GE: 17.4.2015/ 20.5.2015; IKT: 1.1.2015; BGBl. I 2015 S. 980]. 3. Juni Der Stabilitätsrat stellt fest, dass die Obergrenze (0,5 vH des BIP) des strukturellen gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizits im Projektionszeitraum bis 2019 eingehalten wird. Für das laufende Jahr erwartet er einen strukturellen Überschuss von 0,75 vH. Den Ländern Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wird bescheinigt, die Verpflichtungen zum Abbau der strukturellen Defizite eingehalten und damit die Voraussetzungen geschaffen zu haben, die Schuldenbremse ab dem Jahr 2020 eigenständig einzuhalten. 7.-8. Juni In Krün auf Schloss Elmau findet der 41. Weltwirtschaftsgipfel statt. Zentrale Themen sind die Einhaltung des Zwei-Grad- Zieles bei der Erderwärmung, das Ziel der Dekarbonisierung bis zum Ende des Jahrhunderts und die Förderung des globalen Wirtschaftswachstums durch einen Abbau von Handelsschranken. Eine Wiederaufnahme Russlands in den Teilnehmerkreis wird nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland und nach der Eskalation der Kriegshandlungen im Osten der Ukraine abgelehnt. Im Falle einer weiteren Eskalation in der Ostukraine werden weitere Sanktionen angedroht. 12. Juni Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (21. Mai) verabschiedeten „Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern“ zu. Zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen wird ein Sondervermögen des Bundes von 3,5 Mrd. € errichtet. Überdies erhalten die Kommunen Mehreinnahmen von 1 Mrd. € durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer (entsprechende Mindereinahmen beim 366 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Bund). Darüber hinaus werden Länder und Kommunen bei den Kosten der Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen sowie bei den ALG-II-Ausgaben vom Bund entlastet [RB: -; GE: 20.4.2015/ 20.5.2015; IKT: 30.6.2015; BGBl. I 2015 S. 974]. 16. Juni Der EuGH erklärt in seinem Urteil zum OMT-Programm der EZB, dass diese ihre Kompetenzen nicht überschritten hat, da es im Einklang mit dem Mandat des Eurosystems zur Erhaltung der Preisstabilität steht, und ausreichende Sicherheitsmaßnahmen zur Vermeidung einer monetären Staatsfinanzierung vorsieht. Dem EZB-Rat ist überdies ein weiter Ermessensspielraum bei der Vorbereitung und Durchführung des Offenmarktprogramms einzuräumen [EuGH, Urteil v. 16.6.2015 im Vorab-Entscheidungsersuchen des Bundesverfassungsgerichts, C-62/ 14]. Die EZB teilt im Rahmen des vierten GLRG 128 Banken 73,8 Mrd. € zu. 19. Juni Die im Mai von der Bundesnetzagentur begonnene Versteigerung von Frequenzen für mobiles Breitband endet. Der Erlös von rd. 5,1 Mrd. € fließt zum größten Teil (3,75 Mrd. €) dem Bundeshaushalt 2015 zu. 22. Juni Die EU-Kommission legt den „Fünf-Präsidenten-Bericht“ (Präsidenten der EU-Kommission, des Europäischen Rates, der Eurogruppe, des EU-Parlaments sowie der EZB) zur Vertiefung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion vor. Er sieht den Ausbau zentraler europäischer Entscheidungen sowie gemeinsamer Risikoteilung in den Feldern Wirtschafts-, Kapitalmarkt- und Fiskalunion vor. Bedingung hierfür sowie den notwendigen Ausbau der politischen Union ist eine Stärkung der europäischen Institutionen und ihrer demokratischen Legitimation. Eine erste Stufe sieht bis 2017 die Bildung eines beratenden Europäischen Fiskalausschusses, ein europäisches System nationaler Wettbewerbsräte sowie eine Kapitalmarktunion vor. Die Bankenunion soll insbesondere durch eine gemeinsame Einlagensicherung weiterentwickelt werden. Bis 2025 sollen in einer zweiten Stufe die Reformen in einen EU-Vertrag aufgenommen werden. Die zu vereinbarenden und einzuhaltenden Konvergenzkriterien sollen Voraussetzung zur Teilnahme an einem gemeinsamen Stabilisierungsmechanismus sein. Weitere Schritte sollen 2017 von der EU-Kommission in einem Weißbuch vorgeschlagen werden. 25. Juni Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Regionale Wirtschaftsförderung“ vor. 30. Juni Der Ausschuss für Finanzstabilität empfiehlt der Bundesregierung, die rechtliche Grundlage für weitere makroprudenzielle Instrumente zur Regulierung der Darlehensvergabe mit dem Ziel des Baues oder Erwerbs von Wohnimmobilien zu schaffen. 1. Juli Die Bundesregierung verabschiedet den Entwurf zum Bundeshaushalt 2016 sowie die mittelfristige Finanzplanung. Demnach ist ein Gesamthaushalt von 312 Mrd. € bei erwarteten Steuereinnahmen in Höhe von 290,4 Mrd. € vorgesehen. Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise tritt der Bund 0,5 Mrd. € aus dem Umsatzsteueraufkommen an Länder und Gemeinden ab. Sowohl im Haushaltsjahr 2016 als auch in der Finanzpla- 2015 367 nung bis 2019 ist der Verzicht auf eine Nettokreditaufnahme vorgesehen. 10. Juli Der Bundesrat erteilt mehreren Gesetzen seine Zustimmung: - Durch das „Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags“ (BT-Beschluss: 18. Juni) wird für Familien, bei denen sich der Kinderfreibetrag nicht auswirkt, im gleichen Verhältnis das Kindergeld in den Jahren 2015 und 2016 angehoben. Für Geringverdiener wird überdies der Kinderzuschlag um 20 € auf monatlich 160 € angehoben. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steigt auf 1 908 € und wird nach der Kinderzahl gestaffelt (er steigt für das zweite und jedes weitere Kind nochmals um jeweils 240 €). Darüber hinaus wird die kalte Progression abgebaut. Die Maßnahmen sollen die Bürger insgesamt jährlich um rd. 5,4 Mrd. € entlasten (Steuermindereinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden 2015: 1,7 Mrd. €; in den Jahren 2016 bis 2019 zwischen 3,5 Mrd. € bis 3,8 Mrd. €) [RB: -; GE: 20.4.2015/ 17.6.2015; IKT: 1.1./ 23.7.2015, 1.1./ 1.7.2016; BGBl. I 2015 S. 1202]. - Durch das Bürokratieentlastungsgesetz (BT-Beschluss: 2. Juli) werden die Schwellenwerte für steuerliche und handelsrechtliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten sowie die Pauschalierungsgrenze für kurzfristig Beschäftigte angehoben. Weiterhin ergeben sich Erleichterungen beim Lohnsteuerabzug bei Ehegatten sowie Reduzierungen von Melde-, Mitteilungs- und Berichtspflichten [RB: -; GE: 20.5.2015/ 1.7.2015; IKT: 1.8.2015, 1.1.2016; BGBl. I 2015 S. 1400]. 21. Juli Das Bundesverfassungsgericht verkündet sein Urteil, in dem es das seit Sommer 2013 vom Bund gewährte Betreuungsgeld (150 € monatlich) bei Erziehung eines Kindes als verfassungswidrig erklärt, da die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht vorliegt [BVerfG, Urteil des Ersten Senats v. 21.7.2015, 1 BvF 2/ 13]. 28. Juli Der SVR legt ein Sondergutachten zu „Konsequenzen aus der Griechenland- Krise für einen stabileren Euro-Raum“ vor. 19. Aug. Die EU-Kommission sowie Griechenland und die griechische Zentralbank unterzeichnen eine Grundsatzvereinbarung über ein drittes Hilfsprogramm, nachdem das zweite Hilfsprogramm Ende Juni unvollendet ausgelaufen war. Es werden ESM- Mittel im Volumen von 86 Mrd. € in Aussicht gestellt. Vorgesehen sind Kreditvergaben unter zinsvergünstigten Konditionen bei langen Laufzeiten (durchschnittlich 32,5 Jahre). 31. Aug. Auf der Bundespressekonferenz erklärt Bundeskanzlerin Merkel im Hinblick auf die Flüchtlingskrise: „Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft - wir schaffen das! “ 3. Sept. Der EZB-Rat beschließt nach Ablauf der ersten sechs Monate des Ankaufprogramms für Wertpapiere des öffentlichen Sektors, die Obergrenze von 25 vH auf 33 vH anzuheben. 368 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland 5. Sept. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann erklärt in Abstimmung mit Bundeskanzlerin Merkel und dem ungarischen Ministerpräsidenten Dr. Viktor Orbán, aufgrund einer Notlage aus Ungarn kommende Flüchtlinge die Weiterreise nach Österreich und Deutschland zu gestatten. 16. Sept. Der EZB-Rat beschließt, den nationalen Zentralbanken fortan zu erlauben, die Vergabe von Notfallliquiditätshilfen an Banken in ihrem Land zu veröffentlichen. 23. Sept. Der EZB-Rat beschließt, den Anteil der Käufe im Rahmen des Programms für forderungsbesicherte Wertpapiere durch nationale Zentralbanken zu erhöhen, und damit künftig weniger Ankäufe durch externe Dienstleister durchzuführen. Die belgische sowie die französische Zentralbank sollen die Ankäufe als Vermögensverwalter des Eurosystems durchführen. Unberührt hiervon bleibt im Vorfeld jeder Transaktion die Kaufpreis- und die Due- Diligence-Prüfung durch das Eurosystem. 24. Sept. Der Bundestag verabschiedet das Abwicklungsmechanismusgesetz, wodurch die deutschen Regelungen für Banken an die europäischen Vorgaben angepasst werden. Der Einheitliche Europäische Bankenabwicklungsmechanismus (SRM) ermöglicht eine Bankenabgabe an den einheitlichen Abwicklungsfonds. Überdies werden spezifische Regelungen eingeführt, die die Haftung von Gläubigern und Eigentümern einer in Schieflage geratenen Bank erleichtern [RB: -; GE: 26.5.2015/ 23.9.2015; IKT: 6.11.2015, 1.1.2016., 1.1.2017; BGBl. I 2015 S. 1864]. Bund und Länder einigen sich angesichts der anhaltend hohen Zuwanderung von Asylbewerbern und Flüchtlingen (erwartet werden zu diesem Zeitpunkt bis zum Jahresende 800 000 Migranten) auf ein beschleunigtes Asylverfahren, die Erweiterung der sicheren Herkunftsstaaten um die Länder Albanien, Kosovo und Montenegro sowie die innerstaatliche Verteilung der entstandenen Kosten. Der Bund beteiligt sich ab 2016 mit einer monatlichen Pauschale (670 €/ Person) an den Leistungen für Asylbewerber und abgelehnte Personen sowie an den erhöhten Ausgaben für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die Mittelabtretungen des Bundes zur Flüchtlingshilfe werden für das laufende Jahr auf 2 Mrd. € erhöht und steigen 2016 auf 4,5 Mrd. € (inkl. Aufstockung der Wohnungsbauförderung und zusätzlicher Mittel für den Schienennahverkehr). Überdies unterstützt der Bund durch den Wegfall des Betreuungsgeldes die Länder mit rd. 1 Mrd. €, um Kindergärten und Bildungseinrichtungen für die Flüchtlingsaufnahme auszustatten. Die EZB teilt im Rahmen des fünften GLRG 88 Banken 15,5 Mrd. € zu. 29. Sept. Die Bundesregierung verabschiedet den Entwurf zum zweiten Nachtragshaushalt 2015. Haushaltsentlastungen aufgrund der Einnahmen aus der Frequenzversteigerung, einem gestiegenen Steueraufkommen sowie niedrigerer Zinsausgaben sollen vor allem zur Bildung einer Rücklage in Höhe von 5 Mrd. € für die zu erwartenden Mehrausgaben für Asylbewerber und Flüchtlinge genutzt werden. 6. Okt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2015 ein Wirtschaftswachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 0,7 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbs- 2015 369 tätigen von 0,5 vH. Für 2016 werden ein Wachstum von 1,8 vH, eine Preissteigerung von 1,1 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,8 vH prognostiziert. 16. Okt. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (24. September) verabschiedeten Steueränderungsgesetz 2015 zu, das u.a. Erleichterungen für KMU beim Investitionsabzugsbetrag zur Liquiditätsverbesserung und bei der Verlustverrechnung enthält [RB: -; GE: 13.5.2015/ 23.9.2015; IKT: 1.1./ 1.11./ 6.11. 2015, 1.1.2016; BGBl. I 2015 S. 1834]. 5. Nov. Der Bundestag verabschiedet den zweiten Nachtrag zum Bundeshaushalt 2015, der auf Grundlage des von Bund und Ländern vereinbarten Gesamtkonzepts zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Versorgung und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen eine Erhöhung des Haushalts um 5,3 Mrd. € auf 306,9 Mrd. € vorsieht. Gegenüber dem Entwurf werden die Ansätze für die Zinsausgaben um 1 Mrd. € gesenkt und die Ausgabenansätze für Leistungen im Zusammenhang mit Langzeitarbeitslosigkeit angehoben [RB: 29.9.2015; GE: 29.9.2015/ 4.11.2015; IKT: 1.1.2015; BGBl. I 2015 S. 2056]. Im Rahmen der 2012 geschlossenen Vereinbarung von 35 Staaten zur Stärkung der Mittel des IWF verlängert die Bundesbank die bilaterale Kreditlinie an den IWF um ein weiteres Jahr (der Anteil der Bundesbank beträgt 41,5 Mrd. € bei einem Gesamtvolumen von 360 Mrd. €). Der SVR legt sein Jahresgutachten 2015/ 16 vor. Er prognostiziert für 2015 ein Wirtschaftswachstum von 1,7 vH, eine Preissteigerung von 0,9 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH. Für 2016 werden ein Wachstum von 1,6 vH, eine Preissteigerung von 1,4 vH und ein Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,7 vH prognostiziert. 13. Nov. Der Bundestag verabschiedet das zweite Pflegestärkungsgesetz, das den gleichberechtigten Zugang (unabhängig von körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen) zu Leistungen der Pflegeversicherung öffnet und sich stärker als bisher an den individuellen Bedürfnissen orientiert. Zur Finanzierung wird der Beitragssatz um 0,2 vH auf 2,55 vH (Kinderlose 2,8 vH) angehoben [RB: -; GE: 7.9.2015/ 11.11.2015; IKT: 1.1.2016, 1.1.2017, 1.1.2018; BGBl. I 2015 S. 2424]. 27. Nov. Der Bundestag verabschiedet den Bundeshaushalt 2016. Nach Empfehlung des Haushaltsausschusses wird der Gesamthaushalt gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung um 4,9 Mrd. € auf 316,9 Mrd. € angehoben. Das Defizit in Höhe von rd. 6,4 Mrd. € wird zum größten Teil durch eine Entnahme aus der Rücklage ausgeglichen. Nicht verausgabte Steuereinnahmen werden gemäß § 9 Abs. 6 des Haushaltsgesetzes zur Bildung einer sog. „Flüchtlingsrücklage“ zugeführt [RB: 1.7.2015; GE: 14.8.2015/ 12.11.2015/ 12.11.2015; IKT: 1.1.2016; BGBl. I 2015 S. 2378]. 3. Dez. Der Bundestag verabschiedet eine Novelle des Bausparkassengesetzes, wodurch zusammen mit der ebenfalls erfolgten Neufassung der Bausparkassenverordnung Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Bausparkassen einen erweiterten Handlungsspielraum ermöglichen, um auf die anhaltende Niedrigzinsphase reagieren zu können [RB: -; GE: 19.10.2015/ 2.12.2015; IKT: 29./ 31.12.2015; BGBl. I 2015 S. 2399, 2576]. 370 Wirtschaftspolitische Chronik der Bundesrepublik Deutschland Die Ministerpräsidentenkonferenz einigt sich auf einen Vorschlag zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab dem Jahr 2020. Demnach sollen zwar der bisherige Länderfinanzausgleich sowie der Sonderstatus der neuen Bundesländer wegfallen, aber alle Länder trotzdem eine finanzielle Verbesserung erreichen. Für den Bund ergeben sich Mehrbelastungen von rd. 9,5 Mrd. € aufgrund von höheren Anteilen der Länder an der Umsatzsteuer sowie weiteren Bundesergänzungszuweisungen. Der EZB-Rat beschließt, den Zinssatz für die Einlagefazilität auf -0,3% abzusenken (Verringerung um zehn Basispunkte), jedoch die Zinssätze für das HRG sowie die SRF unverändert bei 0,05% bzw. 0,3% zu belassen. Ferner beschließt der EZB-Rat geldpolitische Sondermaßnahmen: Das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten wird verlängert. Bis Ende März 2017 (erforderlichenfalls darüber hinaus) sind Ankäufe im Volumen von monatlich 60 Mrd. € vorgesehen, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Anpassung der Inflationsrate am Zielwert von knapp unter 2 vH feststellt. Solange wie erforderlich werden die Tilgungsbeträge der im Rahmen des Ankaufprogramms für Vermögenswerte erworbenen Wertpapiere bei Fälligkeit reinvestiert. Künftig werden auch marktfähige Schuldverschreibungen regionaler und lokaler Gebietskörperschaften im Euroraum angekauft. Die HRG sowie die LRG mit drei-monatiger Laufzeit werden mindestens bis zur letzten Erfüllungsperiode des Jahres 2017 (erforderlichenfalls darüber hinaus) als Mengentender bei Vollzuteilung durchgeführt. 9. Dez. Der Stabilitätsrat stellt fest, dass die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte in den vergangenen Jahren die Voraussetzungen geschafft hat, die Herausforderungen im Hinblick auf Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu bewältigen. Die Entwicklung der fünf Konsolidierungshilfeländer wird hinsichtlich der Beendigung ihrer Sanierungsverfahren im Jahr 2016 positiv beurteilt. Für Schleswig-Holstein wird jedoch festgestellt, dass aufgrund der gestiegenen Flüchtlingszahlen der Abstand zur zulässigen Neuverschuldung erheblich gesunken ist (2014: 779 Mill. €; 2015: 519 Mill. €; 2016: 465 Mill. €). 11. Dez. Die EZB verleiht im Rahmen des sechsten GLRG an 55 Banken 18,3 Mrd. €. 15. Dez. Die BaFin verkündet die erstmalige Festlegung der Quote für den inländischen antizyklischen Kapitalpuffer. Da eine übermäßige Kreditvergabe im deutschen Bankensektor nicht zu erkennen ist, wird die Quote in einer Allgemeinverfügung im ersten Quartal 2016 - wie in vielen anderen europäischen Staaten - auf 0 vH festgelegt. 18. Dez. Der Bundesrat stimmt dem vom Bundestag (12. November) verabschiedeten „Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze“ zu, wodurch gemäß den von der OECD erarbeiteten gemeinsamen Standards eine effektivere Bekämpfung grenzüberschreitender Steuerhinterziehung angestrebt wird [RB: -; GE: 7.9.2015/ 11.11.2015; IKT: 31.12.2015, 15.4.2010; BGBl. I 2015 S. 2531]. 31. Dez. Die Möglichkeit zur Beantragung von Hilfen aus dem während der Finanzmarktkrise 2008 gegründeten Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) wird zum Jahresende eingestellt. 2016 371 2016 1. Jan. Die Zusatzbeiträge zur GKV steigen von durchschnittlich 0,8 vH auf 1,1 vH. Der Grundfreibetrag der Einkommenssteuer steigt um 180 € auf 8 652 €; auch die übrigen Eckwerte wurden angehoben. Der Kinderfreibetrag steigt um 96 € auf 7 248 € sowie das Kindergeld je Kind um monatlich 2 €. Der Einheitliche Abwicklungsmechanismus ist mit der Übertragung der vollen Kompetenzen zur Bankenabwicklung an das Einheitliche Abwicklungsgremium einsatzfähig. Zusammen mit dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus soll damit die geordnete Abwicklung notleidender und grenzüberschreitend tätiger Kreditinstitute gewährleistet werden. 27. Jan. Die Bundesregierung legt den JWB 2016 vor. Sie erwartet für 2016 ein Wirtschaftswachstum von 1,7 vH, eine Preissteigerung von 1,1 vH und einen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 0,9 vH. 3. Febr. Die Bundesregierung beschließt den Entwurf zu einem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus, womit eine zeitlich befristete Sonderabschreibung für neu gebaute Mietwohnungen in hierfür ausgewiesenen Gebieten eingeführt werden soll, um in Gebieten mit besonders angespannten Mietwohnungsmärkten preiswerten Wohnraum zu schaffen. Das Gesetz wird aufgrund des Ablaufs der Legislaturperiode nicht verabschiedet, obwohl die ursprüngliche Planung ein Inkrafttreten im Jahr 2016 vorsah. 5. Febr. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMWi legt das Gutachten „Mehr Transparenz in der Bildungspolitik“ vor. 7. März Zypern beendet vorzeitig das IWF-Anpassungsprogramm, woraus es 1 Mrd. € Finanzhilfen erhalten hatte, bleibt aber einem Monitoringprogramm unterworfen. 10. März Der EZB-Rat beschließt, mit Wirkung zum 16. März die Zinssätze für die HRG und SRF um fünf Basispunkte auf 0,0% bzw. 0,25% sowie für die Einlagefazilität um zehn Basispunkte auf -0,4% zu senken. Ferner beschließt der EZB-Rat, das Volumen der monatlichen Ankäufe im Rahmen des erweiterten Programms für Vermögenswert