Friedrich A. von Hayek
Die größten Ökonomen
0914
2020
978-3-8385-5276-7
978-3-8252-5276-2
UTB
Hansjörg Klausinger
Große Ökonomen, ihr Werk und ihre Bedeutung kennenlernen.
Sie prägen seit Jahrhunderten die Welt der Ökonomie: die größten Ökonomen. Einer von ihnen ist Friedrich August von Hayek. Der gebürtige Wiener ist angesehener Wirtschaftswissenschaftler und Sozialphilosoph und gilt als Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Im Jahr 1974 wurden seine Arbeiten mit einem Nobelpreis gewürdigt. Hansjörg Klausinger stellt den Ökonomen in dieser zweiten, überarbeiteten Auflage ausführlich vor. Er geht dabei auch auf die wichtigsten Werke Hayeks ein und stellt sie in ihrem ideengeschichtlichen Kontext vor. Erfahren Sie in diesem Buch mehr über diesen herausragenden Wissenschaftler, seine Neubegründung des Liberalismus, die Kritik am Sozialismus und seine kritische Haltung zu John Maynard Keynes.
<?page no="0"?> Hansjörg Klausinger Friedrich August von Hayek Die größten Ökonomen 2. Auflage Kluge Köpfe <?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Wilhelm Fink · Paderborn Narr Francke Attempto Verlag / expert verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Ernst Reinhardt Verlag · München Ferdinand Schöningh · Paderborn transcript Verlag · Bielefeld Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlag · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld utb 0000 0000 u t b 3 7 9 2 <?page no="3"?> Hansjörg Klausinger Die größten Ökonomen: Friedrich August von Hayek 2., überarbeitete Auflage UVK Verlag · München <?page no="4"?> 2. Auflage 2020 1. Auflage 2012 © UVK Verlag 2020 - ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart CPI books GmbH, Leck utb-Nr. 3792 ISBN 978-3-8252-5276-2 (Print) ISBN 978-3-8385-5276-7 (ePDF) ISBN 978-3-8463-5276-2 (ePub) Umschlagabbildung: © shutterstock Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.ddb.de abrufbar. <?page no="5"?> 7 9 12 14 17 20 23 25 27 33 37 40 44 47 49 52 58 60 62 69 73 75 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leben und Werk - Eine Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Tradition der Österreichischen Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hayek, der theoretische Ökonom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hayek, der Theoretiker einer freiheitlichen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hayek, der Theoretiker der spontanen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das neoklassische Gleichgewichtskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hayek, der Gleichgewichtstheoretiker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleichgewicht, Wirtschaftsrechnung und Wissensteilung . . . . . . . . . . . . . . Kritik der modernen Gleichgewichtstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jenseits von Gleichgewicht: Marktprozess und Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . Vorläufige Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historischer und ideengeschichtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hayeks Konjunkturtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Konzept des neutralen Geldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnose und Therapie der Großen Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitaltheorie und Ricardo-Effekt: Zwei Sackgassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hayeks Feldzug: Keynes und die Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Feldzug gegen den Keynesianismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 79 81 87 89 91 95 99 102 105 ✷ 111 ✷ 115 ✷ 123 ✷ 127 ✷ 129 ✷ 139 Hayek und Friedman: Unbehagliche Weggefährten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von der Goldwährung zur Währungskonkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hayeks Liberalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hayeks Liberalismus im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freiheit, Ordnung, Regeln, Evolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liberalismus und Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftspolitik in einer freiheitlichen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Appendix: Hayeks Methodologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Aktualität F. A. Hayeks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Biographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glossarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wichtige Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfreiche Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zitierte Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stichwörter und Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> Vorwort Wie bei so vielen großen Ökonomen, deren Wirken in die Gegenwart hineinragt, ist das Werk Friedrich August Hayeks bei aller Anerkennung nicht unumstritten und die ihm gegenüber eingenommenen Positionen reichen von einer Anhän‐ gerschaft, die sich von seinen Thesen die Rettung bzw. Restauration einer Marktwirtschaft ohne Adjektive erwartet, bis zu ebenso überzeugten Kritikern, die in ihm nicht mehr als einen Apologeten einer überwunden geglaubten Form des Kapitalismus erkennen können. Als Autor dieses Büchleins versuche ich mich auf diesem Kontinuum der Meinungen in einer Position abseits der Ex‐ treme einzuordnen. Es erscheint mir offensichtlich, dass ein Buch über Werk und Wirken einer Forscherpersönlichkeit wie Hayek beim Autor ein Minimum an wohlwollendem Verständnis für dessen Thesen voraussetzt. Darüber hinaus werde ich aber Hayek weder in allen seinen Thesen und Schlussfolgerungen bedingungslos folgen, noch versuchen beckmesserisch gegen ihn Recht zu be‐ halten: Nach Darstellung und Kritik des Hayekschen Werkes muss das Urteil letztlich der Leserin und dem Leser überlassen werden. Ein Ziel dieses Unter‐ nehmens wäre jedenfalls auch zu Lektüre und Studium des Originals anzuregen, wofür die umfangreichen Literaturangaben am Ende dieses Bandes einen Anreiz bieten mögen. Der hier vorliegende Beitrag resultiert aus einer lange währenden Beschäfti‐ gung mit dem Werk Hayeks, besonders auf den Gebieten der Geld- und Kon‐ junkturtheorie. Dabei habe ich auf eine Reihe von in den letzten Jahren veröf‐ fentlichten Aufsätzen zurückgegriffen, besonders jedoch auf meine Einführungen zu den jüngst erschienenen Bänden über Hayeks Konjunktur‐ theorie ( Business Cycles, Part I and II, The Collected Works of F. A. Hayek , vols 7 and 8, Chicago, 2012). Allen, die mich bei diesem Unternehmen mit Rat und Kritik unterstützt haben, möchte ich hier meinen Dank aussprechen. Zum formalen Apparat: Für Literaturangaben wird das Autor (Erscheinungs‐ jahr)-System verwendet. Die Werke Hayeks werden prinzipiell in deutscher Übersetzung zitiert, wenn möglich nach der Ausgabe der Gesammelten Schriften , bei Nachdrucken bzw. Übersetzungen wird das Erscheinungsjahr der Erstbzw. Originalausgabe in eckigen Klammern angeführt und diese eigens im <?page no="8"?> Literaturverzeichnis angegeben. Wo keine deutsche Quelle zitiert ist, handelt es sich um meine eigene Übersetzung. Die Literaturangaben zu Hayek sind in zwei Kategorien unterteilt, in der Rubrik „Wichtige Werke“ werden ausschließlich Monographien und Sammelbände, in der Rubrik „Zitierte Literatur“ die Aus‐ gaben gesammelter Werke und Einzelbeiträge angeführt - daneben auch die Literatur von anderen Autoren. Wien im Juli 2020 Hansjörg Klausinger 8 Vorwort <?page no="9"?> Leben und Werk - Eine Einführung <?page no="11"?> 1 Zu diesem Kapitel vgl. Caldwell (2004), Hennecke (2000), Ebenstein (2003) sowie als autobiographische Quellen Hayek (1983a, 1992b, 1994). Ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit seien noch als bedeutende Werke über Hayek erwähnt: O’Driscoll (1977), Gray (1984), Colonna et al. (1994a, b), Shearmur (1996), Vanberg (2001, 2011), Feser (2006), Böhm (2009), Garrison & Barry (2014), Boettke (2018) und die von Streissler (1969), Machlup (1977) und Leube (1984) herausgegebenen Festschriften. 2 Vgl. hierzu Caldwell (1988), Kolev (2013) und Mirowski (2007). 3 Der Einfachheit halber sollen diese Phasen im Folgenden als „frühe“, „mittlere“ und „späte“ Phase bezeichnet werden. A ls Friedrich August Hayek im Jahre 1974 - gemeinsam mit seinem lang‐ jährigen Gegenspieler auf ökonomischem und gesellschaftspolitischem Gebiet, Gunnar Myrdal - den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften zuerkannt erhielt, waren seine Leistungen als Wirtschaftstheoretiker beinahe vergessen und stellten seine liberalen Ideen in der öffentlichen Diskussion nur eine Minderheitenposition dar. Sein wissenschaftliches Werk hatte bereits da‐ mals die Grenzen fachwissenschaftlicher Disziplinen überschritten: es reichte von der theoretischen Ökonomie über die Sozial- und Rechtsphilosophie bis zu Beiträgen zur Psychologie, zur Wissenschaftstheorie und zur Ideengeschichte. In den Hayek noch verbleibenden zwei Jahrzehnten konnte er nicht nur seine wissenschaftlichen Forschungen weiter vorantreiben, er erlebte auch eine Re‐ naissance (neo-)liberaler Positionen und deren - von ihm durch Interventionen in die politische Auseinandersetzung unterstützte - Umsetzung in die Praxis. 1 In der Auseinandersetzung von Zeitgenossen und Historikern mit diesem so umfangreichen und breit gefächerten wissenschaftlichen Werk wird oftmals zwischen unterschiedlichen Schaffensperioden und Schwerpunkten differen‐ ziert. 2 So geht Bruce Caldwell von einer um 1937 einsetzenden „Transformation“ aus, von Hayek I, dem theoretischen Ökonomen der Österreichischen Schule , zu Hayek II, dem Sozialphilosophen und Theoretiker der Wissensteilung . Andere In‐ terpreten von Hayeks Lebenswerk gliedern die zweite Phase noch weiter auf: einem den Gedanken des Ordoliberalismus verpflichteten Hayek II folge dem‐ nach der Theoretiker der kulturellen Evolution , Hayek III, der Spätphase. Für Philip Mirowski, der Hayek als einem Propagandisten des neoliberalen Pro‐ gramms mit großer Skepsis gegenüber steht, schließt sich an die vom „Miss‐ brauch der Vernunft“-Projekt geprägte zweite Phase eine dritte mit Hayek als „evolutionären Proto-Kybernetiker“ an. Der folgende Überblick über Leben und Werk wird in den groben Linien dieser Einteilung in drei Perioden folgen. 3 Zunächst soll aber die Tradition der Öster‐ reichischen Schule der Nationalökonomie dargestellt werden, die für die wis‐ senschaftliche Sozialisierung Hayeks von ausschlaggebender Bedeutung war. 11 Leben und Werk - Eine Einführung <?page no="12"?> Die Tradition der Österreichischen Schule Als Hayek 1918 sein Studium an der Universität Wien begann, war die Politische Ökonomie an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät noch durch die Gründerväter der Österreichischen Schule geprägt: Carl Menger, der seinen Lehrstuhl bereits 1903 aufgegeben hatte, war sein Schüler Friedrich von Wieser nachgefolgt, der bis zu seiner Emeritierung 1922 an der Universität wirkte und als Lehrer Einfluss auf Hayek ausübte. Eugen von Böhm-Bawerk, neben Wieser der bedeutendste Ökonom der zweiten Generation der Österreichischen Schule und seit 1904 ebenfalls Professor an der Wiener Universität, war bereits 1914 verstorben. Carl Menger (1840-1921), Autor der Grundsätze der Volkswirtschaftslehre (1871), gilt als Begründer der Grenznutzenschule in ihrer spezifisch österreichischen Ausprägung, die auf der Grundlage von Subjektivismus und methodologi‐ schem Individualismus die Steuerung des Wirtschaftsablaufs durch die Ent‐ scheidungen der Konsumenten betont. Für die Preistheorie bedeutet das z. B., dass nicht die „objektiven“ Kosten den Preis eines Gutes bestimmen, sondern dessen subjektive Wertschätzung durch die Konsumenten. Daneben positioniert sich Menger im Methodenstreit mit der Jüngeren Historischen Schule, besonders mit dem die deutsche Volkswirtschaftslehre beherrschenden Gustav von Schmoller (1838-1917), als Vertreter des Primats der abstrakten (exakten) Theorie. Menger widersetzt sich damit nicht nur dem Historismus als For‐ schungsprogramm, sondern auch dessen Verständnis von der Entstehung so‐ zialer Institutionen : diese würden nicht primär (wie es den Vorstellungen Schmollers und der „Kathedersozialisten“ entspräche) pragmatisch, durch Pla‐ nung und obrigkeitliches Dekret geschaffen, sie seien vielmehr das organische Ergebnis des Zusammenwirkens vieler individueller Entscheidungen, aus denen eine Ordnung im Sinne erfolgreicher Koordination entstehe. Als bekanntestes Beispiel für eine solche Entstehung von Institutionen führt Menger die spontane Herausbildung von Geld als allgemein akzeptiertes Tauschmittel aus der indi‐ viduellen Verwendung unterschiedlich absatzfähiger Waren im Tauschverkehr an. Eugen von Böhm-Bawerk (1851-1914) setzt im Sinne Mengers dessen liberale Tradition fort. Sein bedeutendster eigenständiger Beitrag ist die Entwicklung einer genuin österreichischen Kapitaltheorie . Kapital wird demnach durch die von der ersten Stufe der Produktion bis zur Erlangung der Konsumreife eines Gutes verstreichende Zeit repräsentiert. Je mehr „Produktionsumwege“ bei der Herstellung eines Gutes eingeschlagen werden, je mehr Aufwand an Zeit daher 12 Leben und Werk - Eine Einführung <?page no="13"?> im produzierten Gut steckt, desto ergiebiger wird das Ergebnis dieses Produk‐ tionsprozesses ausfallen. Zeit wird zu einem Produktionsfaktor, der sich in der temporalen Struktur der Produktion widerspiegelt, die Kapitalbildung äußert sich in der Bereitschaft, auf das Ergebnis des Produktionsprozesses zuzuwarten. An diese Sicht, die der schwedische Ökonom Knut Wicksell (1851-1926) weiter entwickelt, wird Hayek mit seinen Arbeiten zur Kapitaltheorie anknüpfen. Friedrich von Wieser (1851-1926) wird in der Regel nicht mit einer spezifi‐ schen, herausragenden theoretischen Leistung identifiziert, vielmehr gilt er als Systematiker, dem das Verdienst zukommt, die einzelnen Lehrstücke der Öster‐ reichischen Schule miteinander - und mit Elementen der anderen neoklassi‐ schen Schulen - zu einer konsistenten Synthese verbunden zu haben. Auch wenn Wieser von der mathematischen Methode Leon Walras‘ (1834-1910) und der Lausanner Schule keinen Gebrauch macht, findet durch ihn die Idee eines allgemeinen Gleichgewichts Eingang in die Österreichische Schule. Kritiker dieses Ansatzes sehen deshalb in Wieser einen Mitverantwortlichen für Hayeks frühe Prägung als „Gleichgewichtsökonom“. Von der nachfolgenden dritten Generation der Österreichischen Schule sind wegen ihrer Bedeutung für Hayeks Entwicklung als Ökonom Mises, Schumpeter und Mayer zu erwähnen. Ludwig von Mises (1881-1973) wird in der Zwischenkriegszeit zur führenden Persönlichkeit der Schule und gleichzeitig zum wohl radikalsten Anhänger einer kompromisslos liberalen Doktrin. Auf theoretischem Gebiet wirkt er vor allem durch zwei Beiträge bahnbrechend: Erstens erweitert er in seiner Habilitations‐ schrift aus 1912, Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel , den bis dahin primär als reale Analyse, d. h. ohne Einbeziehung des Geldes, konzipierten österreichi‐ schen Ansatz auf eine Geldwirtschaft. Sie enthält als kurze Skizze bereits den Kern dessen, was später als österreichische Konjunkturtheorie bekannt werden sollte, nämlich die Erklärung der Krise als Folge eines durch Inflation hervor‐ gerufenen Aufschwungs und der darin beschlossenen strukturellen Fehlent‐ wicklungen. Zweitens initiiert Mises die Debatte über die Möglichkeit der Wirtschaftsrechnung im Sozialismus, die sich in vieler Hinsicht befruchtend für die Analyse der Funktionsweise von Markt- und Planwirtschaft erweist. Aus beiden Beiträgen sollten sich Schwerpunkte von Hayeks theoretischen Schriften herausbilden. Obwohl nicht dem engeren Kreis der Österreichischen Schule zugehörig, übt auch Joseph Schumpeter (1883-1950) einen, wenn auch weniger direkten Ein‐ fluss auf Hayek aus. 1908 habilitiert sich Schumpeter in Wien mit seiner Schrift, 13 Die Tradition der Österreichischen Schule <?page no="14"?> Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie , die sowohl durch ihre positivistische Methodologie als auch durch die Hervorhebung des Walrasschen Konzepts des allgemeinen Gleichgewichts als Grundgerüst der (statischen) ökonomischen Theorie von der Hauptlinie der Österreichischen Schule abweicht. Schumpeters Hauptwerk, die 1911 erschienene Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung , stellt dem statischen einen dynamischen Ansatz gegenüber, für den die Durchsetzung des Neuen durch innovierende Unter‐ nehmer und damit Fortschritt durch fortwährende Zerstörung des statischen Gleichgewichts charakteristisch ist. Auch diese für viele Autoren der 1920er- und 1930er-Jahre beispielhafte Hinwendung zur Dynamik wird später Hayeks Werk auszeichnen. Hans Mayer (1879-1955), der Schüler Wiesers und sein Nachfolger an der Wiener Universität, vertritt innerhalb der Österreichischen Schule eine eigen‐ ständige Linie. Er wendet sich insbesondere gegen die funktionalen Gleichge‐ wichtstheorien (vom Typ Walras‘) und plädiert für einen kausal-genetischen Ansatz, dem es um die Nachverfolgung konkreter Prozesse in der Zeit geht, als eine Theorie des Pfades, dem die Wirtschaft, z. B. nach einer auf sie einwir‐ kenden Störung, folge. Auch wenn Mayer ein durchschlagender wissenschaft‐ licher Erfolg versagt bleibt, wirkt er dennoch mit diesen Arbeiten auf die jüngere Generation ein. Diese jüngere Generation, Zeitgenossen und großteils Studienfreunde Hayeks, bringt mit Gottfried Haberler (1900-1995), Fritz Machlup (1902-1983) und Oskar Morgenstern (1902-1977) weitere prominente Mitglieder der Schule hervor, mit denen Hayek oft eine lebenslange Korrespondenz und eine kaum versiegende Bereitschaft zur Diskussion ökonomischer Probleme verbinden wird. Hayek, der theoretische Ökonom Friedrich August von Hayek wird am 5. Mai 1899 in Wien als Sohn des Arztes und Privatdozenten der Botanik, August von Hayek, geboren, mütterlicherseits bestehen verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie Wittgenstein, der be‐ rühmte Philosoph ist ein entfernter Cousin Hayeks. Die Nobilitierung der Hayeks lässt sich ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen, mit der Abschaffung des Adels in der Ersten Republik geht das Prädikat „von“ verloren und wird von Hayek erst mit der britischen Staatsbürgerschaft 1938 wieder angenommen. In Wien durchläuft Hayek den traditionellen (und intellektuell nicht immer be‐ 14 Leben und Werk - Eine Einführung <?page no="15"?> fruchtenden) Bildungsweg eines österreichischen Gymnasiums, den er mit der erfolgreichen Reifeprüfung 1917 abschließt. Unmittelbar darauf wird er zum Militärdienst eingezogen, den er an der italienischen Front ableistet, von wo er 1918 leicht versehrt heimkehrt. Nach dem Kriegsende gerät Hayek wie viele andere Heimkehrer für einige Zeit unter den Einfluss sozialistischer Ideen. Für die im Februar 1919 stattfindenden Wahlen zur konstituierenden Nationalversammlung unterstützt er allerdings - gemeinsam mit seinem Studienkollegen Joseph Herbert Fürth - die Bürger‐ lich-Demokratische Partei, die eine gemäßigt liberal-deutschnationale Richtung vertritt und in deren Umkreis auch der Publizist Gustav Stolper wirkt. Bei den Wahlen erreicht sie nur ein einziges Mandat. Sein akademisches Studium beginnt Hayek an der Universität Wien, wo er erst ein juristisches und dann ein staatswissenschaftliches Doktorat erwirbt. (Da‐ neben pflegt Hayek auch sein Interesse an der Psychologie, aus dem eine be‐ merkenswerte Studie hervorgeht, die erst 1952 als The Sensory Order veröffent‐ licht wird.) Zu dieser Zeit war von den älteren Vertretern der Österreichischen Schule nur noch Wieser als Ordinarius aktiv; Mises hatte es aus den verschie‐ densten Gründen nur zur Stellung eines unbezahlten Privatdozenten mit dem Titel eines außerordentlichen Professors gebracht. Zunächst steht Hayek aber unter dem Einfluss von Othmar Spann, dem Exponenten eines von der Romantik geprägten „Universalismus“. In seiner dem Typus der „Konservativen Revolu‐ tion“ zuzurechnenden Ablehnung von Individualismus, Liberalismus und So‐ zialismus bezieht Spann jedenfalls eine strikte Gegenposition zu den „Österrei‐ chern“. Bald kommt es allerdings zum Bruch zwischen Spann und seinem „Lieblingsschüler“, und wohl als eine Art Befreiung von dessen Einfluss gründet Hayek gemeinsam mit Fürth den „Geist-Kreis“ als Stätte sozialwissenschaftli‐ cher und philosophischer Diskussion. In seiner wissenschaftlichen Karriere wendet sich Hayek nun verstärkt der Österreichischen Schule zu. Eine wesent‐ liche Rolle dabei spielt die Lektüre von Mengers Grundsätzen , nicht nur als theoretisches Werk, sondern auch in der Förderung des Verständnisses für das spontane Entstehen von Institutionen. In seiner Dissertation behandelt Hayek das von seinem Lehrer Wieser besonders forcierte Zurechnungsproblem. Dabei geht es um die Frage, wie den einzelnen an der Produktion eines Konsumgutes beteiligten Produktionsmitteln ihr Beitrag zum durch den Konsum erzielten Nutzen „zugerechnet“ und dadurch ihr Wert bestimmt werden kann. Hayeks Dissertation bietet eine systematische, allerdings insgesamt wenig originelle Übersicht über den Gegenstand; Hayek schätzte ihren Wert im Rückblick als gering ein. 15 Hayek, der theoretische Ökonom <?page no="16"?> Erst nach seinem Abgang von der Universität tritt Hayek in das Umfeld seines späteren Mentors Mises und wird unter anderem regelmäßiger Teilnehmer des sog. Mises-Privatseminars. Mises, der als leitender Sekretär für die Wiener Han‐ delskammer tätig ist, stellt Hayek auf die Empfehlung Wiesers für eine Position im für die Abgleichung der Schulden mit den nunmehrigen Nachfolgestaaten der Monarchie zuständigen Abrechnungsamt ein. Bereits 1923/ 24 verlässt Hayek Wien für einen auf eigene Faust und ohne institutionelle Finanzierung unternommenen USA-Aufenthalt, der ihn unter anderem an der Columbia Uni‐ versity in Kontakt mit Wesley Clair Mitchell (1874-1948) bringt. Bei Mitchell, dem Vorreiter einer empirischen Konjunkturforschung, lernt er den Umgang mit den neuen statistischen Methoden, wie sie etwa vom damals berühmten Harvard Economic Service verwendet werden, kennen, aber nicht unbedingt schätzen. Wieder nach Wien zurückgekehrt, kommen Hayek die neu gewon‐ nenen statistischen Fähigkeiten zugute, indem sie ihn für die Tätigkeit am - auf Initiative von ihm und Mises - 1927 neu gegründeten Österreichischen Institut für Konjunkturforschung qualifizieren, dessen Leitung ihm übertragen wird. Trotz des hohen Arbeitspensums am Institut, dem erst nach und nach weitere Mitarbeiter zur Verfügung stehen, verschafft diese Position Hayek nun den be‐ nötigten Freiraum für wissenschaftliches Arbeiten. Aus einem ersten, schließ‐ lich Fragment bleibenden Buchprojekt, Geldtheoretische Untersuchungen (1925-29) , entsteht immerhin der wichtige Aufsatz über „Intertemporales Gleichgewicht“ (1928); dem folgt die Monographie Geldtheorie und Konjunktur‐ theorie (1929a), mit der er sich an der Wiener Universität, von Mayer unterstützt, habilitiert, sowie der ebenfalls veröffentlichte Habilitationsvortrag, „Gibt es einen ‚Widersinn des Sparens‘? “ (1929b). Die Lektüre dieses Aufsatzes bildet für Lionel Robbins, Leiter des Economics-Departments an der London School of Economics (LSE), den Anstoß, Hayek im Jänner 1931 zu einer Vortragsserie ein‐ zuladen. Die schwierigen und für das britische Publikum fremdartigen Vorle‐ sungen machen gleichwohl Furore und werden als Prices and Production (1931a) publiziert - wohl das wichtigste und erfolgreichste Werk aus Hayeks früher Schaffensperiode - und sie verschaffen Hayek eine Professur an der LSE. In London verfolgt Hayek weiter seine in Prices and Production grundgelegten Ansätze in der Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie. Gleichzeitig positioniert er sich (gemeinsam mit Teilen des Economics Departments der LSE, unter ihnen auch Robbins) als liberaler Gegenpol zur von interventionistischem, wenn nicht gar sozialistischem Gedankengut dominierten Cambridge-Schule, als deren Ex‐ ponent - neben dem Wohlfahrtsökonomen Arthur C. Pigou (1877-1959) - nach der Publikation der Treatise on Money (1930) besonders John Maynard Keynes 16 Leben und Werk - Eine Einführung <?page no="17"?> (1883-1946) hervorragt. Sowohl im engeren Bereich der Geldtheorie, in den Auseinandersetzungen Hayeks mit Keynes und Piero Sraffa, als auch in aktu‐ ellen wirtschaftspolitischen Fragen (über die Abkehr vom Goldstandard, Zölle versus Freihandel) wird bald klar, dass mit Hayek und Keynes einander Vertreter von Liberalismus und Interventionismus (bzw. einem neuen Sozial-Libera‐ lismus) als Kontrahenten gegenüberstehen. Den Hintergrund für die Auseinandersetzung über die Krisenpolitik zwischen (liberalem) „Restriktionismus“ und (keynesianischem) „Expansionismus“ bildet die Große Depression der 1930er-Jahre, die schwerste Wirtschaftskrise des 20. Jahrhunderts mit hoher Arbeitslosigkeit, Produktionsrückgängen und sin‐ kenden Preisen. Hayeks radikale auf geldpolitischer Kontraktion, fiskalpoliti‐ scher Austerität und Zuwarten auf die Bereinigung der Krise durch die Markt‐ kräfte beruhende Linie verliert allerdings bald an Rückhalt, sowohl in der öffentlichen Meinung als auch im fachlichen Diskurs. Dem überwältigenden Erfolg von Keynes‘ General Theory (1936) und der sich daraus in den Folgejahren entwickelnden Keynesschen Revolution setzt Hayek zunächst wenig Wider‐ stand entgegen. Einerseits unterschätzt er die aktuelle, und noch mehr die sä‐ kulare, Bedeutung dieses Werkes, was unter anderem im Verzicht auf eine eigene Rezension zum Ausdruck kommt; anderseits versucht er mit der Arbeit an seinem Kapital-Projekt die Konjunkturtheorie auf theoretisch besser ausgear‐ beitete Grundlagen zu stellen, deren Vernachlässigung im Keynesschen Theo‐ riegebäude er als entscheidenden Mangel ansieht. Als The Pure Theory of Capital (1941) schließlich erscheint, ist Hayek jedoch von der fast zehnjährigen Arbeit daran so erschöpft, dass er den Plan eines zweiten Bandes zur dynamischen Theorie aufgibt; der Einfluss seiner Kapitaltheorie auf die aktuelle ökonomische Diskussion bleibt gering. Hayeks für lange Zeit letzte Hervorbringung auf dem Gebiet der Geld- und Konjunkturtheorie, die Einführung des sog. Ricardo-Ef‐ fekts, erfährt ein ähnliches Schicksal - vernichtend kritisiert, bleibt sie künftig weithin unbeachtet. Hayek, der Theoretiker einer freiheitlichen Ordnung Neben dem Gebiet der Geld- und Konjunkturtheorie hatte sich Hayek stets auch - insbesondere vor dem Hintergrund der Debatte um die Möglichkeit der Wirt‐ schaftsrechnung im Sozialismus - mit der Aussagekraft und mit möglichen Er‐ weiterungen der Gleichgewichtsanalyse beschäftigt. Seine ersten Arbeiten hatten auf die Integration von Zeit, Erwartungen und Geld in die Gleichge‐ wichtsanalyse gezielt, mit dem bahnbrechenden Aufsatz „Economics and Know‐ 17 Hayek, der Theoretiker einer freiheitlichen Ordnung <?page no="18"?> ledge“ (1937b) tritt nun die Berücksichtigung des Problems der Kommunikation von dezentralisiertem Wissen hinzu. Neben die altehrwürdige Idee der Arbeitsteilung rückt Hayek damit das Problem der Wissensteilung ins Zentrum der Analyse eines Marktsystems: Märkte, Preise und (die Tendenz zum) Gleichgewicht schaffen es, Informationen zu nutzen, die einer zentralen Planungsinstanz unzugänglich bleiben müssen, und dies sei es, was die Überlegenheit des Marktes begründe. Diese Einsicht in die Bedeutung der Wissensteilung führt für Hayek zu einem Perspektivenwechsel sowohl innerhalb der Ökonomie - zu einer neuen Sicht auf die Rolle von Märkten, Preisen und Wettbewerb - als auch zu einer Aus‐ weitung seines Forschungsprogramms auf den Bereich der Sozialphilosophie. Hier geht es ihm nun darum zu untersuchen, welche (historisch entstandenen) Institutionen der Funktionsfähigkeit eines solchen Systems der Wissensteilung besonders zuträglich sind. Darüber hinaus bestärkt dieser neue Ansatz Hayek auch in der Einsicht in die Beschränktheit dessen, was Ökonomie und Sozial‐ wissenschaften an Erklärungen oder gar Voraussagen anbieten können: nämlich bloß qualitative Aussagen über das Wirken von Koordinationsmechanismen (Gleichgewicht, spontane Ordnung) statt scheinpräziser quantitativer Pro‐ gnosen. Mit diesem Perspektivenwechsel geht für Hayek die Periode seines Schaffens zu Ende, die primär Beiträgen zur technischen Ökonomie gewidmet war. Parallel zu seinen letzten Beiträgen zur Kapital- und Konjunkturtheorie widmet sich Hayek nun den historischen und philosophischen Strömungen, die er als ver‐ antwortlich für den neuen „Trend im ökonomischen Denken“ (so schon Hayek 1933d) und die damit einhergehenden Übelstände ansieht: die Abkehr vom me‐ thodologischen Individualismus hin zu einem positivistisch inspirierten Denken in Makro-Aggregaten; der Vorrang des Formalen und Quantitativen und damit einer Schein-Präzision in der Nachahmung naturwissenschaftlicher Methoden; das Überhandnehmen sozialistischer Ideen über die Unvermeidlichkeit und Er‐ wünschtheit von Planung in Wirtschaft und Gesellschaft; die Auslieferung der Individuen an die Allmacht des Staates als einem wohlwollenden Diktator. Nicht mehr das ökonomisch-theoretische Detail ist für Hayek von Interesse - viel‐ leicht auch, weil in diesen Formalismen nicht unbedingt seine Stärke der Ana‐ lyse liegt -, sondern die ideen- und zeitgeschichtlichen Triebkräfte einer dro‐ henden Transformation des Denkens. 18 Leben und Werk - Eine Einführung <?page no="19"?> Mit einer Serie von Artikeln beginnt Hayek die Arbeit an seinem Projekt über den „Missbrauch der Vernunft“, in dem er eine Konzeption der gesellschaftlichen Ordnung und eine Form von Planung kritisiert, die das Problem der Wissens‐ teilung missachten und daher letztlich selbstzerstörerisch wirken müssen. Dabei geht es um den Versuch, der Sicht der erfolgreichen Naturwissenschaften und ihrer Ingenieursmentalität folgend, eine gesellschaftliche Ordnung wie eine große komplizierte Maschine zu konstruieren, die die Handlungen der Indivi‐ duen bis ins Detail zu bestimmen und zu koordinieren sucht. Diesem Kon‐ struktivismus, innerhalb dessen der Sozialismus im Sinne einer zentralen Wirtschaftsplanung einen Spezialfall darstellt, schreibt Hayek zwei grundsätz‐ liche Mängel zu: Er verpflichtet die Gesellschaft auf ein einziges, der zentralen Planung zugrunde liegendes Ziel, das in Konflikt mit den vielen, voneinander verschiedenen Zielen, die die Individuen zu erreichen trachten, geraten muss. Und zudem entgeht einem solchen System der Planung der Zugriff auf jenes nur den Individuen zugängliche, „verstreute“ Wissen, das bei deren Einbeziehung in den Entscheidungsprozess, durch Dezentralisierung, nutzbar gemacht werden kann. Das Projekt als Ganzes kann Hayek nicht vollenden - eine Sammlung von Stu‐ dien erscheint erst 1952 unter dem Titel The Counter-Revolution of Science . Aus dem als Abschluss des Projekts geplanten Teil entsteht allerdings als selbstän‐ diges Werk das erfolgreichste jemals von Hayek verfasste Buch, The Road to Serfdom (1944). Inhaltlich bietet es eine Erweiterung der Sozialismuskritik. Nicht nur sei der Sozialismus, als System einer zentralen Planwirtschaft, ökonomisch ineffizient, genauso zerstörerisch seien die Auswirkungen auf politischem Ge‐ biet. Die Ausweitung der Wirtschaftsplanung (bis hin zur Zentralplanwirt‐ schaft) führe notwendigerweise zum Verlust politischer Freiheit. Der Anspruch allumfassender Planung, die Unterwerfung aller Aktivitäten unter einen ein‐ heitlichen Willen in der Ökonomie, kollidiert mit Freiheit, Pluralismus und De‐ mokratie in der Politik. Der Sozialismus - und in diesem Sinne sei auch der National sozialismus nur eine Spielart des Sozialismus - führe demnach unver‐ meidlich in den Totalitarismus. Der Erfolg von Hayeks dezidiert auch an ein Laienpublikum adressiertem Buch erweist sich als zwiespältig, einerseits wird das Buch - insbesondere in den USA und nach der Veröffentlichung einer Rea‐ der’s Digest-Version - zum Bestseller, anderseits wird es insbesondere von „pro‐ gressiven“ Autoren vehement kritisiert und von anderen als zu „populär“ miss‐ achtet. Für Hayek bringt jedenfalls die von seinem Verlag organisierte Vortragsreise in die USA einen unerwarteten Erfolg, der aufgrund der dort auf‐ genommenen Kontakte auch Folgewirkungen zeitigt. 19 Hayek, der Theoretiker einer freiheitlichen Ordnung <?page no="20"?> Eine dieser Folgewirkungen ist die Unterstützung Hayeks durch der liberalen Idee verpflichtete Geldgeber, darunter Harold Luhnow und der von ihm ge‐ gründete William Volker Fund. Daraus stammt auch die Finanzierung für ein als Nachfolgeprojekt von Road to Serfdom gedachtes Unternehmen, aus dem eine lange währende Zusammenarbeit Hayeks mit der University of Chicago und deren Economics-Department erwächst. Zunächst in Kooperation mit dem bald verstorbenen Henry Simons (1899-1946), sodann mit Aaron Director (1901-2004) und Milton Friedman (1912-2006), kann dieses Projekt als die Keimzelle betrachtet werden, aus der sich schließlich die Chicago School of Eco‐ nomics und der von ihr vertretene „ Neoliberalismus “ entwickelt hat. Parallel dazu ist Hayek auch bei der Gründung der Mont Pèlerin-Society im Jahre 1947, die viele prominente Liberale zu ihren Mitgliedern zählt, führend aktiv; er wird für die nächsten vierzehn Jahre deren Präsident. Einen weiteren Schwerpunkt der späten 1940er-Jahre bilden Hayeks Verbin‐ dungen zum deutschen Ordoliberalismus , insbesondere zur Freiburger Schule und deren Repräsentanten Walter Eucken (1891-1950) und Wilhelm Röpke (1899-1966). Hayek begrüßt nicht nur das Wiederaufleben einer liberalen Schule in Deutschland und deren wirtschaftspolitische Aktivitäten, die schließlich in der von Ludwig Erhard (1897-1977) durchgesetzten Währungsreform im Jahre 1948 gipfeln, sondern vertritt in diesem Zeitraum auch selbst eine Position, die Gemeinsamkeiten mit dem Ordoliberalismus aufweist. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass Hayek durchaus für einen starken Staat eintritt, sofern er sich - im Gegensatz zum Konstruktivismus, der die Gesellschaft auf einen einheit‐ lichen Plan verpflichten möchte - auf die Planung des institutionellen Rahmens der Wirtschaft beschränkt, auf die Festlegung von „Spielregeln“, die die wirt‐ schaftlichen Akteure einzuhalten haben. Die Annäherung an den Ordolibera‐ lismus erweist sich jedoch als eine bloß vorübergehende Phase, für die spätere Distanzierung sind möglicherweise neben sachlichen auch persönliche Beweg‐ gründe verantwortlich: Euckens plötzlicher Tod während eines London-Auf‐ enthalts 1950 und das Zerwürfnis mit Röpke anlässlich eines Konflikts innerhalb der Mont Pèlerin-Society 1961/ 62. Hayek, der Theoretiker der spontanen Ordnung Am Beginn der 1950er-Jahre übersiedelt Hayek - vorwiegend aus persönlichen Gründen - von London an die University of Chicago, wo er allerdings institu‐ tionell nicht dem Department of Economics, sondern dem Committee on Social Thought angehört. Das mag auch als Hinweis darauf gedeutet werden, dass 20 Leben und Werk - Eine Einführung <?page no="21"?> Hayek an der Neuausrichtung der Chicago-Schule auf eine spezifische Variante des Neoliberalismus nur am Rande mitwirkt. In Chicago entsteht, als Gegen‐ stück zu The Road to Serfdom mit The Constitution of Liberty (1960) ein positives Programm für eine zeitgemäße liberale Ordnung. Mit der umfassenden Abgren‐ zung der Staatsaufgaben definiert dieses Werk Hayeks Position zur Rolle des Staates, insbesondere in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Daneben markiert es aber auch eine Akzentverschiebung in seiner Begründung des Liberalismus: Noch stärker als zuvor wird die Beschränkung staatlicher Aktivitäten durch Regeln als Vorbedingung individueller Freiheit und die Entstehung dieser Re‐ geln in einem Prozess der kulturellen Evolution betont. Dem entspricht die wichtige Rolle, die nun dem Wissen zugemessen wird, das durch solche evolu‐ tionäre Prozesse in sozialen Traditionen bzw. Konventionen aufbewahrt und gespeichert wird. Auf Hayeks akademischem Berufsweg sind seine nächsten Stationen die Beru‐ fung nach Freiburg, an die Heimstätte des Ordoliberalismus, danach ein kurzes, wenig geglücktes Intermezzo an der Salzburger Universität und die Rückkehr als Emeritus nach Freiburg. In dieser Zeit entstehen zunächst die Freiburger Studien (1969a), und dann als Weiterführung seines Ringens um die Verfassung der Freiheit das dreibändige Werk, Law, Legislation and Liberty (1973-79). Darin werden die Grundideen der spontanen Ordnung und deren Herausbildung durch Selektion nochmals bekräftigt. Wichtige Schwerpunkte der einzelnen Bände bilden die Unterscheidung von spontanen und oktroyierten Ordnungen ( Kosmos und Taxis ), die Ablehnung des Konzepts der sozialen Gerechtigkeit und ein neuer Vorschlag eines Zweikammer-Systems für eine mit einer freiheitlichen Ordnung vereinbare Form der Demokratie. Nach dem Nobelpreis 1974 wendet sich Hayek wieder geld- und konjunktur‐ theoretischen Themen zu. Mit seiner endgültigen Abrechnung mit Keynes und dem Keynesianismus verbindet Hayek eine verstärkte Agitation in der politi‐ schen Arena. Die makroökonomische Misere der 1970er-Jahre sieht er als Folge von durch den Wohlfahrtsstaat überstrapazierten Staatshaushalten, inflationis‐ tischer Geldpolitik und übermächtigen Gewerkschaften. Im Nachhinein er‐ scheinen seine Rezepte als Blaupausen für die von den Regierungen Thatcher und Reagan vorangetriebene neoliberale Wende , die Hayek mit einer Vielzahl von tagespolitischen Kommentaren unterstützt. Zu dieser Zeit erscheint auch sein radikaler Vorschlag zur ultimativen Lösung des Inflationsproblems durch Entstaatlichung des Geldes und (private) Währungskonkurrenz (Hayek 1976b). Dies ist auch Hayeks Gegenentwurf zu einer europäischen Einheitswährung , der er ablehnend gegenüber steht. 21 Hayek, der Theoretiker der spontanen Ordnung <?page no="22"?> Die letzten Worte des nun schon 89-Jährigen sind in The Fatal Conceit (1988), zugleich der erste Band seiner schon zu Lebzeiten geplanten Gesamtausgabe der Werke, enthalten. Radikaler in der Argumentation, aber in der logischen Strin‐ genz mit früheren Arbeiten nicht mehr ganz vergleichbar und wohl auch vom Herausgeber stark redigiert, bietet es die abschließende Auseinandersetzung mit dem Sozialismus. Hayek stirbt am 23. März 1992 in Freiburg. Die folgenden Kapitel sollen die Einsichten und Erkenntnisse, ebenso wie An‐ satzpunkte zu Kritik, herausarbeiten, die wir Hayeks lebenslanger Auseinan‐ dersetzung mit sozialwissenschaftlichen und sozialphilosophischen Fragen ver‐ danken. Manchmal sage ich im privaten Gespräch, dass ich in den Sozialwissen‐ schaften eine Entdeckung und zwei Erfindungen gemacht habe: die Entde‐ ckung ist der Ansatz der Verwertung verstreuten Wissens …, und die zwei Entdeckungen, die ich gemacht habe, sind die Entstaatlichung des Geldes und mein System der Demokratie … (Hayek 1983a, 425-426) 22 Leben und Werk - Eine Einführung <?page no="23"?> Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="25"?> D ie sich wandelnde Beurteilung der Rolle des Gleichgewichtskonzepts für die Erfassung wirtschaftlicher Phänomene stellt ein wesentliches Element in der Entwicklung der Hayekschen Theorie dar. Auf den ersten Blick erscheint Hayek in seiner Frühzeit (Hayek I) als ein überzeugter Gleichge‐ wichtstheoretiker, während er sich in den späteren Phasen von der traditionellen Gleichgewichtsidee - zugunsten der Sicht der spontanen Ordnung und eines dadurch bestimmten „Stroms der Güter und Leistungen“ (Hayek 1984) - ent‐ fernt. Diese Kritik darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass das Ergebnis von Hayeks lebenslangem Ringen um die Bedeutung des Gleichgewichtskon‐ zepts sowohl Wandel als auch Kontinuität widerspiegelt. Das neoklassische Gleichgewichtskonzept Das neoklassische Konzept des allgemeinen wirtschaftlichen Gleichgewichts wird üblicherweise als ein Bestandteil des Prinzips des methodologischen Indi‐ vidualismus angesehen. Gemäß diesem Prinzip sind systemische (hier: gesamt‐ wirtschaftliche) Phänomene so zu erklären, dass sie auf das Zusammenwirken von individuellen Handlungen zurückgeführt werden können. Wie Hayek später (1937b) selbst klarmacht, impliziert das zwei Typen von Erklärungen: Erstens, wird auf der Ebene des Individuums dessen Handeln erklärt, z. B. aus dem Kalkül einer rationalen Entscheidung (Ziel-Mittel-Abwägung) abgeleitet. Zweitens, bedarf es noch einer Erklärung, wie das Zusammenwirken, die Inter‐ aktion, der individuellen Handlungen gesamtwirtschaftliche Erscheinungen hervorruft. Die von der neoklassischen Theorie hierbei verwendeten Ansätze sind auf der Individualebene das Rationalprinzip bzw. auf der Interaktionsebene das Prinzip des Gleichgewichts . Im einfachsten Fall des sog. Marktgleichgewichts leiten die Haushalte (Konsumenten) ihre optimalen Nachfragepläne ab, indem sie für gegebene Güterpreise ihren Nutzen, und die Firmen (Produzenten) ihre Angebotspläne, indem sie ihren Gewinn maximieren. Ein solcher Nachfrageplan besteht dann darin, dass jeder Haushalt (und daher auch die Gesamtheit der Haushalte) angeben kann, welche Gütermenge er bei einer bestimmten Kon‐ stellation von Preisen nachzufragen plant; Analoges gilt für die Angebotspläne der Firmen. Die Ableitung dieser Pläne gehört zur Individualebene. Auf der In‐ teraktionsebene wird sodann ein Zustand gesucht, bei dem Angebots- und Nachfragepläne übereinstimmen und daher auch wie geplant ausgeführt werden können. In unserem Beispiel bedeutet das, dass es eine Preiskonstella‐ tion gibt, bei der die Gütermenge, die die Firmen anzubieten planen, mit derje‐ 25 Das neoklassische Gleichgewichtskonzept <?page no="26"?> nigen übereinstimmt, die die Haushalte nachzufragen planen. Dieser Zustand stellt ein Gleichgewicht dar. Zwei Aspekte dieses Ansatzes sind zu beachten. Erstens bedarf es spezifischer Annahmen über die Struktur des Marktes, auf dem Angebots- und Nachfrage‐ pläne aufeinandertreffen. Das sind die Annahmen des sog. vollkommenen Wett‐ bewerbs , wonach unter anderem auf jeder Marktseite eine Vielzahl, im Verhältnis zum Gesamtmarkt „kleiner“ Einheiten (Haushalte, Firmen) existiert, homogene (gleichartige) Güter ausgetauscht werden und vollständige Information über die Preisofferten der Anbieter und Nachfrager herrscht. Unter diesen Umständen wird sich auf dem vollkommenen Markt ein einheitlicher Preis herausbilden und kein Anbieter oder Nachfrager wird die Möglichkeit haben, den Preis individuell zu beeinflussen. Damit lässt sich das Optimierungsproblem der Haushalte und Firmen, so wie oben angeführt, für aus individueller Sicht gegebene Preise for‐ mulieren. Der zweite Aspekt ist die Unterscheidung zwischen partiellem und allgemeinem Gleichgewicht. Die Analyse eines partiellen Gleichgewichts greift einen Markt aus dem gesamten Wirtschaftssystem heraus, leitet für diesen die Angebots- und Nachfragepläne ab und bestimmt das Marktgleichgewicht. Unter der plausiblen Annahme, dass mit einem höheren Preis die nachgefragte Menge fällt und die angebotene Menge steigt - fallende Nachfrage- und steigende Angebotskurve -, kann das Marktgleichgewicht durch die folgende Abbildung dargestellt werden: Der Schnittpunkt der beiden Kurven repräsentiert das Gleichgewicht, beim Gleichgewichtspreis p * wird die gleiche Menge, q *, angeboten wie nach‐ gefragt. Abb. 1: Marktgleichgewicht 26 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="27"?> 4 So ergibt sich z. B. aus dem sog. Walras’schen Gesetz, dass nur n -1 der n Gleichungen voneinander linear unabhängig sind, sodass daher nur n -1 Preise im Gleichgewicht bestimmt werden können. Bei der Analyse eines allgemeinen Gleichgewichts wird die Wirtschaft insgesamt als ein System von Märkten betrachtet, in das alle Märkte einbezogen sind, auf denen Güter und Leistungen getauscht werden. Aus dem Rationalkalkül abge‐ leitet, werden die geplanten Angebots- und Nachfragemengen eines bestimmten Gutes nicht mehr allein von dessen Preis, sondern von allen Preisen abhängen. Allgemeines Gleichgewicht bedeutet eine Preiskonstellation, so dass auf allen Märkten Angebot und Nachfrage miteinander übereinstimmen. Im Gleichge‐ wicht werden somit die Preise und die Verwendungen der einzelnen Güter be‐ stimmt. Mathematisch kann ein solches Gleichgewicht durch ein Gleichungs‐ system erfasst werden, in dem jeder Markt mit der Bedingung Angebotsmenge = Nachfragemenge eine Gleichung liefert, also bei n Märkten n Gleichungen. Angebot und Nachfrage hängen wiederum von den Preisen aller Güter ab, das sind demnach n Preise. Die Lösung dieses Gleichungssystems aus n Gleichungen und n Variablen (den Preisen) - und damit die Frage nach der Existenz, d. h. der logischen Möglichkeit, eines Gleichgewichts - ist aber keineswegs trivial. 4 Lange Zeit gaben sich die Theoretiker mit „heuristischen“ Argumenten zur Existenz des Gleichgewichts zufrieden, ehe in den 1930er-Jahren mathematische Ökonomen begannen sich mit der Existenzfrage als formales Problem ausein‐ anderzusetzen. Hayek, der Gleichgewichtstheoretiker Die frühesten wissenschaftlichen Betätigungsfelder, denen sich Hayek zu‐ wendet, sind die Geld- und Konjunktur-, später auch die Kapitaltheorie. Dabei macht er von Anfang an klar, dass seine Analyse dem Ansatz des methodologi‐ schen Individualismus im Allgemeinen und der Gleichgewichtsmethode im Be‐ sonderen folgt. Nur eine „Gleichgewichtstheorie“, „die in erster Linie durch ihr Ausgehen von der Logik des wirtschaftlichen Handelns charakterisiert“ ist (d. h. vom Rationalprinzip, das die Individuen leitet), sei imstande zu zeigen, „durch welche Umstände überhaupt gewisse Preise oder bestimmte Verwendungen ge‐ gebener Güter bestimmt werden können“ (Hayek 2016 [1929a], 11). Es ist jedoch unsere Kenntnis davon, wie Individuen auf Änderungen in ihrer Umgebung reagieren, die uns in die Lage versetzt, die ökonomischen Wir‐ kungen irgend eines Ereignisses vorauszusagen. Es ist diese individualisti‐ 27 Hayek, der Gleichgewichtstheoretiker <?page no="28"?> 5 Vgl. Hayek (2015a [1925-29], 203 und 216n.3). sche Methode, der wir alle Einsicht in wirtschaftliche Zusammenhänge ver‐ danken, die wir überhaupt besitzen; und dass die moderne, subjektivistische Theorie in der folgerichtigen Benützung dieses individualistischen Gesichts‐ punktes noch einen Schritt über die Klassiker hinausgegangen ist, ist wahr‐ scheinlich ihr größter Vorzug … (Hayek 2016 [1931b], 116) Die Hauptlinie der Österreichischen Schule geht zwar von einem Gesamtzu‐ sammenhang der wirtschaftlichen Phänomene - als „totales Gleichgewicht“ - aus, formuliert diesen aber typischerweise nicht mathematisch als allgemeines Gleichgewicht. Ansätze in dieser Richtung, an die Hayek anknüpfen kann, finden sich freilich bei Friedrich Wieser und in den Werken von Joseph Schum‐ peter; als weiterer wichtiger Einfluss könnte auch der schwedische Ökonom Gustav Cassel, mit der Popularisierung dieses Ansatzes in seiner Theoretischen Sozialökonomie (1918), genannt werden. Wie führt Hayek nun das Gleichgewichtskonzept in seinen frühen Werken ein? Eine erste Diskussion findet sich bereits in den Fragment gebliebenen Geldthe‐ oretischen Untersuchungen (Hayek 1925-29). Mit einer anachronistischen, die spätere Entwicklung von Hayek vorwegnehmenden Formulierung könnte seine Darstellung von Gleichgewicht als die einer sich selbst regulierenden und sich selbst reproduzierenden Struktur charakterisiert werden. Diese Struktur bildet sich in Abhängigkeit von gegebenen äußeren Bedingungen, den sog. wirt‐ schaftlichen Daten, heraus. Diese Daten einer Wirtschaft umfassen auf der Seite der Haushalte deren Präferenzen und Ausstattung mit Gütern und Leis‐ tungen sowie auf der Seite der Firmen deren technisch bestimmte Produktions‐ möglichkeiten. Unter der Voraussetzung des Rationalprinzips und vollkom‐ menen Wettbewerbs bildet sich bei jeder Konstellation von Daten ein bestimmtes Gleichgewicht heraus. Diesem Gleichgewicht wird die Sicherung eines „relativen Optimums“ in der Güterversorgung zugeschrieben, insbeson‐ dere da es die „Ausnützung aller theoretisch gegebenen Tauschmöglichkeiten“ impliziert. 5 Noch wichtiger ist die Eigenschaft der Beständigkeit: Bleiben die Daten unverändert, so kann das Gleichgewicht über die Zeit hinweg fortbe‐ stehen. Daraus folgt, dass für Hayek Gleichgewicht kein vom Zeitablauf abstrahierender, zeitloser Begriff ist, sondern in der Zeit existiert. Das typische 28 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="29"?> 6 Vgl. dazu Hayek (2015a [1925-29], 228-229, 233-236). Beispiel eines solchen Gleichgewichts ist ein stationärer Zustand , in dem sich bei Konstanz der Daten ein und dasselbe (stationäre) Gleichgewicht im Zeitab‐ lauf ständig wiederholt. Dass die Selbststeuerung der Wirtschaft durch den Preismechanismus … Voraussetzung ihres kontinuierlichen Ablaufes ist, ist die grundlegende An‐ nahme, von der alle theoretische Betrachtung ebenso wie jede politische Stellungnahme zum bestehenden Wirtschaftssystem ausgehen muss. (Hayek 2015a [1925-29], 203) Den Bereich, der sich auf diesen Typus von Gleichgewicht beschränkt, be‐ zeichnet Hayek - in Übereinstimmung mit zeitgenössischen Theoretikern wie Schumpeter und Adolph Löwe - als statische Theorie . Gegenstand der Statik sind somit der Gleichgewichtszustand bzw. - als Folge von Datenänderungen - zu solchen Gleichgewichten hinstrebende Anpassungsprozesse. Das kritische Merkmal der Statik ist demnach die „Tendenz zum Gleichgewicht“ (Hayek 2016 [1929a], 28). Demgegenüber ist das Objekt der dynamischen Theorie ein Wirtschaftssystem, das infolge welcher Ursachen auch immer kompliziertere Anpassungsprozesse als bloße Annäherungen an ein vorweg bestimmtes Gleichgewicht zulässt. In der zeitgenössischen Terminologie wird in diesem Zusammenhang von der In‐ determiniertheit des Gleichgewichts gesprochen. In den Geldtheoretischen Un‐ tersuchungen gibt Hayek Beispiele für solche Komplikationen: 6 Nach einer Datenänderung mag das Wirtschaftssystem zwar zu einem bestimmten Gleich‐ gewicht hinstreben, es aber in endlicher Zeit nicht völlig erreichen. Es mag sich, bevor es zu einer Anpassung zum Gleichgewicht kommt, zunächst vom Gleich‐ gewicht wegbewegen. Oder es mag sogar der Ablauf des Anpassungsprozesses die Eigenschaften des schließlich erreichten Gleichgewichts beeinflussen. In heutiger Terminologie geht es bei den angeführten Fällen um Stabilitätsprobleme bzw. um das Problem der sog. Pfaddependenz - der Pfad, der zum Gleichgewicht hinführt, beeinflusst, wo das Gleichgewicht liegt. Bevor sich Hayek auf die Unwägbarkeiten einer dynamischen Analyse einlässt, versucht er jedoch zu erfassen, welchen Erweiterungen die statische Analyse zugänglich ist, d. h. unter welchen erweiternden Annahmen ein statisches Gleichgewicht abgeleitet werden kann. Diese Erweiterungen gehen in drei Richtungen, nämlich die Berücksichtigung von: 29 Hayek, der Gleichgewichtstheoretiker <?page no="30"?> 7 Vgl. dazu insbesondere Hayek (1928). ■ korrekt vorausgesehenen Datenänderungen , ■ Geld als Tauschmittel, und ■ Kapital im Sinne einer zeitaufwändigen Produktion. Die erste Erweiterung zielt darauf, an die Stelle zeitlich unveränderter Daten die Annahme zu setzen, dass sich die Daten wohl im Zeitablauf än‐ dern, diese Änderung aber von allen wirtschaftlichen Akteuren korrekt vorausgesehen wird. 7 Ein einfaches Beispiel hierfür wäre eine saisonal schwankende Nachfrage nach Gütern. In diesem Fall tritt, wie Hayek (wenn auch nicht im Sinne eines formalen Beweises) zeigt, an die Stelle eines sich unverändert im Zeitablauf wiederho‐ lenden stationären Gleichgewichts ein intertemporales Gleichgewicht , in dem Preise und Mengen durchaus (in unserem Beispiel: saisonal) schwanken können. Damit kann durch die Annahme vollkommener Voraussicht der Gel‐ tungsbereich der Statik über den bloß konstanter auch auf sich ändernde Daten ausgeweitet werden. Ein besonderes Problem ist hier allerdings zu beachten, wenn die Zeiträume, auf die sich dieses intertemporale Gleichgewicht bezieht, keine „abgeschlossenen Perioden“ bilden, sondern die Entscheidungen in den einzelnen Perioden (in unserem Beispiel: über den Wechsel der Jahreszeiten hinaus) voneinander ab‐ hängen. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang liegt dann vor, wenn durch die Möglichkeit der Aufnahme und Vergabe von Darlehen für das einzelne Indivi‐ duum die Budgetbeschränkung (Einkommen = Ausgaben) nicht für jede ein‐ zelne Periode, sondern bloß über den gesamten Zeithorizont erfüllt werden muss. In diesem Fall kann das Gleichgewicht der laufenden Periode nur gleich‐ zeitig mit dem der nächsten Periode bestimmt werden, das der nächsten Periode nur gleichzeitig mit dem der übernächsten Periode usw. Insoweit es kein „na‐ türliches Ende“ für das Wirtschaftssystem gibt, kann sich der relevante Zeitho‐ rizont bis ins Unendliche ausdehnen, und für das Zustandekommen eines in‐ tertemporalen Gleichgewichts wäre es erforderlich, dass sich auch die perfekte Voraussicht bis in die unendlich ferne Zukunft erstreckte. Dies ist sicherlich eine Annahme, die - auch wenn sie in der neueren Theorie des allgemeinen Gleich‐ gewichts regelmäßig getroffen wird - übermenschliche kognitive Fähigkeiten 30 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="31"?> 8 Vgl. dazu Hayek (2015a [1925-29], Abschnitte 5 und 7; 1929a). der Individuen voraussetzt. Hayek geht jedenfalls bei seiner Ableitung von in‐ tertemporalem Gleichgewicht davon aus, dass es möglich wäre, sie auf endliche abgeschlossene Perioden zu beschränken. Die zweite Erweiterung hat ihr Motiv darin, dass sich die statische Theorie üblicherweise auf eine geldlose oder Naturalwirtschaft bezieht. 8 Dahinter steckt die implizite Annahme eines vollkommenen zentralen Abrech‐ nungssystems (eine Art Clearing), durch das die Individuen alle vorteilhaften Tauschmöglichkeiten ausnützen können, ohne dass es dafür der Existenz eines allgemeinen Tauschmittels wie des Geldes bedürfte. In der Realität existiert ein solches Clearing-System nicht und ohne dieses vermag tatsächlicher Tausch‐ handel das Problem der mangelnden wechselseitigen Übereinstimmung der Be‐ dürfnisse der Tauschpartner nicht zu lösen. Daher gibt es einen Anreiz, dass sich Geld als allgemein akzeptiertes Tauschmittel herausbildet. Hayek fragt nun, was die Geldwirtschaft von der perfekt organisierten Naturalwirtschaft unter‐ scheidet und ob die statische Theorie überhaupt auf eine Geldwirtschaft ange‐ wendet werden kann. Den kritischen Unterschied sieht er darin, dass in der Naturalwirtschaft die Ausgaben für eine geplante Nachfrage simultan (in der gleichen Periode) durch Einnahmen aus einem geplanten Angebot (oder aus einer geplanten Produktion) finanziert werden müssen. Dies bedeutet unter an‐ derem, dass unter diesen Bedingungen ein genereller Überschuss oder Mangel an Nachfrage nach Gütern unmöglich ist. In der Geldwirtschaft kann hingegen eine geplante Ausgabe über das verfügbare Einkommen hinaus durch eine Re‐ duktion der Kassenbestände oder durch Geldschöpfung des Bankensystems fi‐ nanziert werden - der umgekehrte Fall wäre eine Nachfragereduktion durch Bildung von Horten oder durch Geldvernichtung. Daher kann in der Geldwirt‐ schaft die Identität von Gesamtangebot und Gesamtnachfrage gestört werden, an die Stelle der Simultanität der Angebots- und Nachfragepläne tritt eine Se‐ quenz (ein Nacheinander) von Entscheidungen. Nur im fiktiven Fall, dass solche Phänomene nicht auftreten, kann demnach die Geldwirtschaft durch die stati‐ sche Theorie beschrieben werden. Hayek bezeichnet diesen Fall als den des neutralen Geldes. Ist Geld neutral, dann kann auch in der Geldwirtschaft ein intertemporales Gleichgewicht realisiert werden. 31 Hayek, der Gleichgewichtstheoretiker <?page no="32"?> 9 Vgl. dazu Hayek (2015a [1925-29], Abschnitt 8). Bei der Definition des neutralen Geldes folgt Hayek (1933b) der von Johan Koop‐ mans in die zeitgenössische Diskussion eingebrachten Begriffsklärung. [Es ist] der Idealtypus einer reinen Tauschwirtschaft nach den Gesetzen der Gleichgewichtstheorien … der hypothetische, in der Realität wohl überhaupt nicht denkbare Zustand, in dem gleichzeitig sowohl die Friktionserschei‐ nungen, die sich mangels eines allgemein anerkannten Tauschmittels dem Zustandekommen eines vollständigen Gleichgewichts widersetzen, wie auch die spezifischen Änderungen, die sich infolge der tatsächlichen Einführung eines derartigen Tauschmittels in den Wirtschaftskreislauf ergeben, als nichtexistierend vorausgesetzt werden. (Koopmans 1933, 228, 230) Diese Definition lenkt allerdings auch den Blick auf den Hauptkritikpunkt am Konzept des neutralen Geldes, nämlich die Frage nach seiner logischen Mög‐ lichkeit : Um neutrales Geld zu ermöglichen, müssen zunächst in die Natural‐ wirtschaft „Friktionen“ eingeführt werden, die eine Funktion für Geld als all‐ gemeines Tauschmittel begründen - die perfekt organisierte Naturalwirtschaft käme ja ohne es aus. Sodann müssen durch die Einführung des Geldes alle diese Unvollkommenheiten wieder gänzlich überwunden werden, damit die Geld‐ wirtschaft das gleiche intertemporale Gleichgewicht erzeugt wie die vollkom‐ mene Naturalwirtschaft. Erst dann ist Geld neutral. Für Hayek ist die Existenz des neutralen Geldes ein Postulat . Die moderne gleichgewichtsorientierte Geld‐ theorie hat sich an allerlei Friktionen versucht, um das Ergebnis der Neutralität abzuleiten, z. B. an der Friktion der sog. „überlappenden Generationen“, aller‐ dings wie es scheint, ohne überzeugenden Erfolg. Ein ähnliches Problem wie bei der Einführung von Geld stellt sich im dritten Fall durch die Berücksichtigung von Kapital im Sinne einer zeitaufwän‐ digen Produktion. 9 Auch hier kann die Simultanität der Pläne, die Identität von Gesamtangebot und Gesamtnachfrage, durchbrochen werden. Die Ursache besteht in der Zeit, die für die Produktion eines Gutes benötigt wird - bis zur Erreichung der Konsum‐ reife muss ein Gut, ausgehend von der Urproduktion, eine Anzahl von Pro‐ duktionsstufen durchlaufen. In einer solchen kapitalverwendenden Wirt‐ schaft kann zwar ein einmal erreichtes Gleichgewicht (bei Konstanz der Daten) aufrecht erhalten werden, nach einer Änderung von Daten stehen einer sofor‐ 32 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="33"?> 10 Siehe dazu die Ausführungen im folgenden Kapitel. tigen Anpassung aber kaum überwindbare Hindernisse entgegen. Dies gilt ins‐ besondere dann, wenn die Datenänderung dazu führt, dass künftig mehr oder weniger Kapital als zuvor in der Produktion eingesetzt wird und sich z. B. die Zahl der Produktionsstufen vergrößert oder verkleinert. Eine solche Änderung der Produktionsstruktur braucht Zeit, da die Produktion auf allen Stufen an‐ gepasst werden muss. Eine reibungslose Anpassung würde voraussetzen, dass die Änderung der Daten hinreichend lange Zeit im Vorhinein vorausgesehen wird. Dann könnte die Produktionsstruktur bereits beginnen sich anzupassen, bevor die eigentliche Datenänderung eintritt. Die dargestellten Erweiterungen, insbesondere die Berücksichtigung von Geld und Kapital, lassen das Gleichgewichtskonzept der statischen Theorie nur noch als eine Fiktion zurück. Wohl geht Hayek, auch wenn er keinen formalen Nach‐ weis führt, von der logischen Konsistenz der Gleichgewichtsidee (der „Existenz“ des Gleichgewichts) aus - ein einmal erreichtes Gleichgewicht kann demnach bei Konstanz der Daten aufrecht erhalten werden. Für die Reaktion auf Daten‐ änderungen ist jedoch die für die statische Theorie auschlaggebende Tendenz zum Gleichgewicht nicht mehr gesichert. Mit der Einführung von Geld und Ka‐ pital erscheinen alle möglichen Komplikationen denkbar, der Gleichgewichts‐ zustand wird „fiktiv“. Um die in der wirklichen Wirtschaft wirkenden Prozesse zu erfassen, muss daher über die statische Theorie hinweg zu einer dynamischen Theorie übergegangen werden. Der daraus sich ergebende Schwebezustand zwischen der Verwendung der statischen Theorie als Norm und Ausgangspunkt und der Notwendigkeit einer dynamischen Theorie für die Prozesse innerhalb einer kapitalverwendenden Geldwirtschaft charakterisiert denn auch Hayeks frühe Arbeiten zur Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie. 10 Um den Gleichgewichtsbegriff voll anwenden zu können, müssen wir die Behauptung aufgeben, er beziehe sich auf etwas Reales. - Es scheint nahe‐ liegend, mit dem Modell eines fiktiven Zustandes zu beginnen, … ohne jedoch zu fragen, ob dieser Zustand jemals verwirklicht werden wird oder kann. (Hayek 2006a [1941], 18, 19-20) Gleichgewicht, Wirtschaftsrechnung und Wissensteilung Ein zweiter wichtiger Strang für Hayeks Interpretation von Gleichgewicht ist seine Auseinandersetzung mit dem Wissensproblem. Im Gleichgewicht werden 33 Gleichgewicht, Wirtschaftsrechnung und Wissensteilung <?page no="34"?> 11 Zu Hayeks Konjunkturtheorie vgl. das folgende Kapitel. 12 Für einen Überblick über diese Kontroverse aus „österreichischer“ Sicht vgl. Lavoie (1985). die Preise durch das Handeln der Individuen bestimmt und bilden gleichzeitig die Anreize und Signale , die das Handeln der Individuen bestimmen. Die in den Preisen enthaltenen (richtigen oder falschen) Informationen über Verfügbarkeit bzw. Knappheit von Gütern spielen implizit bereits in den frühen Arbeiten Hayeks eine wichtige Rolle. Das Gleichgewicht der Statik ist beständig, weil die sich im Gleichgewicht bildenden Preise korrekte Signale darstellen und Infor‐ mationen übermitteln, die mit dem Fortbestand des Gleichgewichts vereinbar sind. Im Gegensatz dazu enthält das gestörte Gleichgewicht (intertemporales Ungleichgewicht ) Preise, die fehlerhafte Signale darstellen und falsche Informa‐ tionen vermitteln. Zum Beispiel zeigt ein durch monetäre Störungen zu nied‐ riger Zinssatz irrigerweise eine Verfügbarkeit von Sparmitteln an, die über das Ausmaß der tatsächlichen (oder „freiwilligen“) Ersparnisbildung hinausgeht. Die auf dieser Fehlinformation beruhenden Pläne sind nicht intertemporal kon‐ sistent und können daher auf Dauer nicht realisiert werden, wodurch es schließ‐ lich zu einer (krisenhaften) Umstrukturierung der Wirtschaft kommen muss. 11 Eine wesentliche Vertiefung des Verständnisses für den Zusammenhang zwi‐ schen Gleichgewicht und Wissen ist zweifellos Hayeks Mitwirkung (Hayek 1935) an der von Mises ausgelösten Kontroverse über die Möglichkeit einer Wirtschaftsrechnung im Sozialismus zu verdanken. 12 Dabei geht es darum, ob und wie bei arbeitsteilig organisierter Produktion die Koordination der wirt‐ schaftlichen Aktivitäten, die Abstimmung der Pläne der Produzenten unterein‐ ander und mit denen der Konsumenten, durch eine zentrale Planbehörde in einer sozialistischen Planwirtschaft erreicht werden kann. Das zielt auf die Lösung des Wirtschaftlichkeitsproblems - welchen Verwendungen sollen knappe Res‐ sourcen zugewiesen werden? Mises behauptet (in seiner Gemeinwirtschaft , 1922) die Unmöglichkeit einer solchen Wirtschaftsrechnung und damit der ef‐ fizienten Steuerung durch eine Planbehörde, die ohne Märkte und Preise aus‐ kommen muss: Keine Wirtschaftsrechnung ohne Geld, Märkte und Preise! Das gilt insbesondere für die Produktionsmittel, die im Produktionsprozess einge‐ setzt werden und für die in einer sozialistischen Planwirtschaft keine Preise existieren, die deren Verbrauch in die ergiebigsten Verwendungen lenken könnten. Von sozialistischen Ökonomen wurde demgegenüber vorgebracht, gerade das von der neoklassischen Ökonomie am weitesten entwickelte Modell einer Marktwirtschaft, der Ansatz des allgemeinen Gleichgewichts, zeige die formale 34 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="35"?> 13 Vgl. auch Hayek (2007c [1945], 57). Analogie zwischen der Markt- und der Planlösung. Das allgemeine Gleichge‐ wicht, als idealisiertes Abbild einer Marktwirtschaft, wird mathematisch durch die Lösung eines Gleichungssystems bestimmt, wobei jede Gleichung für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf einem Markt für Güter oder Pro‐ duktionsmittel steht. Sind nun diese Gleichungen bekannt - und die Daten über Ausstattungen, Präferenzen und Produktionsmöglichkeiten, aus denen Angebot und Nachfrage abgeleitet werden -, so müsse die Planbehörde bloß diese Lösung finden. Damit wäre das Wirtschaftsrechnungsproblem „mathematisch“ gelöst. Auf diesem Weg könnte prinzipiell sogar ein Idealzustand erreicht werden, der der Marktwirtschaft aufgrund des Einwirkens von allerlei Friktionen versperrt sei, und gleichzeitig über die Manipulation der Ausgangsausstattungen eine „gerechtere“ Einkommensverteilung verwirklicht werden. Obwohl es klar war, dass diese Lösung nicht praktisch umsetzbar war, so konnte man doch in dieser Hinsicht auf die Fortschritte der Mathematik (und später der Computerwissen‐ schaften) hoffen. In jedem Fall schien damit gezeigt, dass die Lösung des Wirt‐ schaftsrechnungsproblems im Sozialismus, wenn auch praktisch undurch‐ führbar, nicht logisch unmöglich war. Das war der Stand der Debatte in den späten 1930er-Jahren und im Urteil vieler Zeitgenossen war damit, zumindest auf der Ebene der Theorie, die von Mises und seinen Anhängern am Sozialismus geäußerte Kritik erfolgreich zurückgewiesen worden. Mit seinen Arbeiten über Gleichgewicht und Wissen tritt Hayek unter anderem auch diesem Gebrauch (oder besser: Missbrauch) der Gleichgewichtstheorie entgegen. Tatsächlich könnte - bei gegebenen Daten - die Planbehörde die durch das allgemeine Gleichgewicht dargestellte Marktlösung nachvollziehen. In seinem berühmten Artikel über Wirtschaftstheorie und Wissen stellt Hayek (2007c [1937b], 142) jedoch die entscheidende Frage: Wem sind die Daten gegeben? 13 Denn anders als der Theoretiker als Konstrukteur des Modells verfügt weder in einer Marktwirtschaft noch in irgendeiner denkbaren Form der Planwirtschaft ein einziger Akteur (oder eine Planbehörde) über das gesamte, in der Wirtschaft verstreute Wissen. In einer modernen Wirtschaft existiert neben der Arbeits‐ teilung in der Produktion auch eine Wissensteilung : (nur) die einzelnen Konsu‐ 35 Gleichgewicht, Wirtschaftsrechnung und Wissensteilung <?page no="36"?> menten kennen ihre eigenen Präferenzen, (nur) die einzelnen Firmen kennen ihre Produktionsmöglichkeiten (bzw. haben Anreize sie herauszufinden). Dieses verstreute Wissen existiert zudem oft nur in impliziter Form: Es handelt sich um informelles, lokales, stillschweigendes Wissen, das daher nicht ohne weiteres zwischen den Individuen (oder an eine Planbehörde) kommuniziert werden kann. In einer späteren, von Hayek des Öfteren als Beleg herangezo‐ genen Studie von Michael Polanyi wird in dieser Hinsicht zwischen „theoreti‐ schem und verkörpertem Wissen“ oder auch zwischen dem „Wissen, wie“ und dem „Wissen, dass“ unterschieden: Wir wissen mehr, als wir zu sagen wissen. (Polanyi 1985, 14). Für das von Hayek skizzierte Koordinationsproblem bedeutet das, dass zumin‐ dest Teile dieses verstreuten Wissens (über die „Daten“) nicht unabhängig von den Handlungen der Akteure existieren, sondern sich erst in diesen Handlungen ausdrücken und durch sie kommuniziert werden. In einer solchen durch verstreutes Wissen gekennzeichneten Konstellation ist nun, so Hayeks Argument, die Marktlösung der Planlösung weit überlegen, weil in ihr die Zentralisierung des Wissens bei einem einzigen Akteur entbehrlich ist. Vielmehr fungieren die auf Märkten sich bildenden Preise als jener uner‐ setzliche Mechanismus, durch den das verstreute Wissen in Preissignale aggre‐ giert und den einzelnen Marktteilnehmern (Produzenten und Konsumenten) zugänglich gemacht wird. Die einzelnen Akteure verfügen mittels dieser Preise über Informationen über die Knappheitsbedingungen in der Wirtschaft, ohne die Fülle der einzelnen individuellen Daten kennen zu müssen, und überdies stellen die Preise für sie einen Anreiz dar, bei ihren Entscheidungen diese Knapp‐ heitsbedingungen zu berücksichtigen. Das Marktsystem erlaubt in diesem Sinne dezentrale Entscheidungen, es ist imstande, das lokal existierende Wissen für die einzelnen Akteure zusammenzufassen und nutzbar zu machen, und es tut dies mit durchaus bescheidenen Ansprüchen an die kognitiven Fähigkeiten der einzelnen Akteure. Diese müssen bloß die Preissignale „richtig lesen“, sie müssen aber nicht, um rational entscheiden zu können, je für sich das Problem des zentralen Planers lösen. Das bedeutungsvollste an diesem System ist die Wirtschaftlichkeit, mit der es das Wissen ausnützt, d. h., wie wenig die einzelnen Teilnehmer zu wissen brauchen, um die richtige Handlung vornehmen zu können. (Hayek 2007c [1945], 65-66) 36 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="37"?> Es ist das „Wunder“ des Preissystems (Hayek 2007c [1945], 66), dass es das Koordinationsproblem in einer Situation der Wissensteilung löst. Das Preis‐ system macht - im Gleichgewicht - die Pläne und die Handlungen der einzelnen Akteure miteinander vereinbar und damit auch umsetzbar. Vereinbarkeit der Pläne ist für Hayek das Kriterium von Gleichgewicht, der Zustand des Gleich‐ gewichts für eine Gesellschaft bedeute, „dass die verschiedenen Pläne, welche die sie zusammensetzenden Individuen für die Handlungen der Zukunft ge‐ macht haben, miteinander verträglich sind“ (Hayek 2007c [1937b], 144). Dem Preissystem wird (zumindest) die Fähigkeit zugesprochen, gegenüber auf das System einwirkenden Störungen eine Neuausrichtung auf das Gleichgewicht zu gewährleisten. Eine der Wissensteilung unterliegende Wirtschaft, die - wie die typische Planwirtschaft - ohne ein Preissystem auskommen muss, sei hingegen zu Fehlkoordination und Ineffizienz verurteilt. Kritik der modernen Gleichgewichtstheorie In diesem Zusammenhang ist zwischen der Kritik an der neoklassischen Theorie des allgemeinen Gleichgewichts und deren Missbrauch als Lösungsmodell für eine Planwirtschaft zu unterscheiden - eine Differenzierung, die auch Hayek nicht immer mit der wünschenswerten Klarheit trifft. So kritisiert er z. B. die Gleichgewichtstheorie, indem er den Ökonomen die „Gewohnheit“ zuschreibt, an das Koordinationsproblem „mit der Annahme eines mehr oder weniger voll‐ kommenen Wissens seitens fast jedermanns“ heranzugehen (Hayek 2007c [1945], 66). Tatsächlich nimmt die Gleichgewichtstheorie zwar vollkommene Koordination auf der Marktebene (vollkommener Wettbewerb mit dem Ergebnis eines einheitlichen, individuell nicht beeinflussbaren Preises für ein Gut) und vollkommenes Wissen über die jeweils individuellen Daten an (die Firmen kennen z. B. ihre Produktionsmöglichkeiten, die Konsumenten ihre Präferenzen). Sie setzt aber nicht vollkommene Information aller Akteure über alle Daten voraus - das ist vielmehr gerade die Zusatzannahme, die benötigt würde, um das Modell für die Zwecke der Zentralplanung nutzbar zu machen. Insofern beschreibt auch die neoklassische Gleichgewichtstheorie ein System, in dem die Entscheidungen und das Wissen dezentralisiert sind. 37 Kritik der modernen Gleichgewichtstheorie <?page no="38"?> 14 Für eine Übersicht vgl. Radner (1972). Abb. 2: Das Marktgleichgewicht als Wohlfahrtsoptimum Es können auch mit den Mitteln der neoklassischen Gleichgewichtstheorie durchaus qualitative Aussagen über Eigenschaften eines Gleichgewichts ge‐ troffen werden, ohne dass der theoretische Ökonom (als Modellkonstrukteur) gleichsam wie ein Zentralplaner alle verstreuten Informationen besitzen müsse. (Noch weniger muss davon ausgegangen werden, dass die einzelnen Anbieter und Nachfrager alle relevanten individuellen Daten kennen.) Ein Beispiel ist das wohlbekannte Theorem, wonach auf einem einzelnen Markt die durch das Marktgleichgewicht bestimmte Menge diejenige ist, die die „Wohlfahrt“ (im Sinne der Summe aus Produzenten- und Konsumentenrente) maximiert. Für den „Beweis“ dieses Satzes braucht die Theorie bloß die Annahme „normal“ verlau‐ fender Angebots- und Nachfragekurven, keineswegs muss dafür aber der theo‐ retische Ökonom über Wissen verfügen, das ihn befähigte, den konkreten Preis oder die konkrete Gleichgewichtsmenge für diesen Markt vorauszusagen. Schwieriger stellt sich die Frage nach den Wissensannahmen der allgemeinen Gleichgewichtstheorie in ihrer modernen, auf die Arbeiten von Arrow und Debreu zurückgehenden Version. 14 In diesem Ansatz wird - so wie bei Hayeks intertemporalem Gleichgewicht - der Zeitablauf explizit im Modell berücksich‐ tigt. Das kann durch zwei Arten von Annahmen erreicht werden: Entweder es exis‐ tieren annahmegemäß in der Gegenwart alle Zukunftsmärkte für alle Güter (al‐ lenfalls noch nach unsicheren „Zuständen der Welt“ differenziert), dann können 38 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="39"?> 15 Zur Frage der Antizipation vgl. Milgate (1979). im Prinzip alle Pläne bereits in der Gegenwart formuliert und bindend vereinbart werden. Die Koordination von Produktion und Konsumtion aller (der gegen‐ wärtigen und künftigen) Güter erfolgte damit bereits am Beginn des Zeitablaufs. Oder es existiert neben den Märkten für Güter der jeweiligen laufenden Periode noch ein zusätzlicher Markt, auf dem Kaufkraft zwischen den Perioden trans‐ feriert werden kann, dann müssen die Pläne sequentiell (in jeder Periode) for‐ muliert und koordiniert werden. Intertemporale Konsistenz der Pläne kommt trotz des Fehlens der Zukunftsmärkte zustande, wenn für alle Akteure vollkom‐ mene Voraussicht angenommen wird, die sich, zeitlich unbegrenzt, auf alle künf‐ tigen Gleichgewichtspreise (bzw. deren Abhängigkeit von den Zuständen der Welt) bezieht. Kann Hayeks Konzept des intertemporalen Gleichgewichts unter der An‐ nahme korrekter Voraussicht der auftretenden Datenänderungen als eine Antizipation des modernen Ansatzes angesehen werden bzw. trifft seine Kritik der Wissensannahmen auf diesen Ansatz zu? 15 Gegen eine vollständige Antizipation spricht, dass sich Hayek der formalen Konsequenzen seiner eigenen Annahmen nicht voll bewusst war: So erkannte er z. B. nicht, dass sich die von ihm sog. „abgeschlossenen Perioden“ auf eine einzige, von heute bis in die unendliche Zukunft reichende Periode ausdehnen müssten. Gerade deshalb besteht Hayeks Kritik gegenüber dieser Version der Gleichgewichtstheorie weitgehend zu Recht: Denn deren Wissensannahmen stehen im schärfsten Gegensatz zu seinem Verständnis der Leistung des Preis‐ systems. Die moderne Version vollkommener Voraussicht verlangt, dass jeder einzelne Akteur „im Kopf “ das Problem eines Zentralplaners löst, nämlich für die Wirtschaft alle künftigen Gleichgewichtspreise zu finden. Im Gegensatz dazu will Hayek zeigen, wie sehr ein funktionierendes Preissystem die Akteure von der Aufgabe der Informationsverarbeitung entlastet. Kaum etwas erscheint weniger geeignet, dies zu demonstrieren, als der Ansatz der modernen Gleich‐ gewichtstheorie. 39 Kritik der modernen Gleichgewichtstheorie <?page no="40"?> Jenseits von Gleichgewicht: Marktprozess und Wettbewerb Von der Idee der Wissensteilung ausgehend schwächt Hayek in der Folge die seiner Analyse zugrunde liegenden Wissensannahmen immer weiter ab - weiter als dies der Analyserahmen der neoklassischen Theorie zuließe - und verschärft damit seine Kritik an den neoklassischen Konzepten von Wettbewerb und Gleichgewicht. Drei Aspekte sollen hierbei hervorgehoben werden: ■ der subjektivistische Charakter der wirtschaftlichen Daten, ■ die Rolle des Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren und ■ das Konzept des Stroms als Alternative zum Gleichgewicht. In Bezug auf das Koordinationsproblem betont Hayek zunehmend den subjektivistischen Charakter der Analyse. Die Daten, auf denen die Pläne der individuellen Akteure beruhen, sind nicht objektiv gegeben, sondern bestehen in deren Wahrnehmungen; die Präferenzen und Produktionsbedingungen sind nur insofern relevant, als sie von den Ak‐ teuren wahrgenommen werden. „Die ‚Tatsachen‘ der Sozialwissenschaften“ (Hayek 2007c [1943a]) sind subjektives Wissen, nicht objektive Daten. Was in diesem Sinne für das Koordinationsproblem gilt, trifft auch allgemeiner für die Charakterisierung ökonomischer Institutionen zu. Für eine so wesentliche In‐ stitution wie die des Geldes besteht das definierende Merkmal nicht in den phy‐ sischen Eigenschaften des Geldgutes, sondern in der Übereinstimmung der Er‐ wartungen der betroffenen Individuen über den Gebrauch dieses Geldgutes als Tauschmittel. Diese Einsicht macht einen Kernpunkt des von Hayek in der Tra‐ dition von Menger und Mises vertretenen Ansatzes des Subjektivismus aus. Es ist wahrscheinlich keine Übertreibung zu sagen, dass in den letzten hun‐ dert Jahren jeder bedeutende Fortschritt in der Wirtschaftstheorie ein wei‐ terer Schritt in der konsequenten Anwendung des Subjektivismus war. (Hayek 2004b [1952b], 25) Die subjektivistische Grundlage des Koordinationsproblems führt für Hayek auch zu einer Akzentverschiebung in der Charakterisierung von Gleichgewicht: Nach 1937 wird dem Kriterium der Konsistenz der Pläne gegenüber dem der Korrespondenz, der Übereinstimmung der Pläne und der in ihnen beschlossenen Erwartungen mit den „Tatsachen“, der Vorrang eingeräumt. Was das „Wunder“ 40 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="41"?> 16 Vgl. z. B. Shackle (1972) und Lachmann (1976). Lachmann und Shackle hatten in den 1930er-Jahren bei Hayek an der LSE studiert, wobei Shackle eine Synthese des Hayek‐ schen Subjektivismus mit (fundamental-)keynesianischen Ideen anstrebte. des Preissystems zustande bringt, ist nicht eine Vereinheitlichung der Erwar‐ tungen in Richtung auf eine zeitlich unbeschränkte vollkommene Voraussicht der Zukunft. Vielmehr geht es um die Abstimmung der individuellen Pläne für eine bloß begrenzte Zeitspanne, darüber hinaus lässt Hayeks Vorstellung einer durch das Preissystem hergestellten „Ordnung“ durchaus zwischen den Indivi‐ duen divergierende, heterogene Erwartungen zu. Die Bedeutung des subjektivistischen Charakters der individuellen Erwar‐ tungen wird von Hayek selbst und von manchen seiner Anhänger in unter‐ schiedlich starkem Ausmaß betont. Besonders hervorgehoben wird dieser As‐ pekt vom radikalen Subjektivismus , wie ihn Ludwig Lachmann (1906-1990) und G.L.S. Shackle (1903-1992) vertreten - für sie sind heterogene und sich plötzlich ändernde Erwartungen typisch für den Marktprozess. Die Koordina‐ tion von Märkten angesichts von divergierenden Erwartungen ist hierbei nach Lachmann insbesondere für Finanzmärkte typisch: Das Preissystem bringt auf Finanzmärkten keine Homogenisierung der Erwartungen zustande, vielmehr leitet es z. B. Vermögenstitel in die Hände von denjenigen, die deren Wert am höchsten einschätzen - eine Funktion des Preissystems, die mit der Vorstellung vollkommener Voraussicht unvereinbar ist. Mit der Möglichkeit von plötzlichen Änderungen in den Erwartungen kommt ein zusätzliches Element der Dynamik hinzu: Marktprozesse sind nicht länger nur von Anpassungen an vergangene Störungen bestimmt - also rückwärts gerichtete Anpassungen, sondern können auch - vorwärts gerichtet - durch Erwartungsänderungen aufgrund der Wahr‐ nehmung neuer „Tatsachen“ vorangetrieben werden. Aus subjektivistischer Sicht lässt sich der Marktprozess nicht durch den Ablauf eines „Uhrwerks“ dar‐ stellen, sondern besser durch den Wechsel der Bilder, die ein Kaleidoskop er‐ zeugt. Daraus leitet sich auch die von Lachmann und Shackle propagierte Be‐ zeichnung „ kaleidic society “ ab. 16 Die zweite Schlussfolgerung aus dem Ansatz der Wissensteilung ist die ge‐ genüber dem neoklassischen Standpunkt gewandelte Sicht des Wettbe‐ werbs . Der vollkommene Wettbewerb der Neoklassik beschreibt einen Zustand, in dem - wie oben bereits angemerkt - sich ein einheitlicher Preis auf dem Markt her‐ 41 Jenseits von Gleichgewicht: Marktprozess und Wettbewerb <?page no="42"?> 17 Die Konsequenzen dieser Sicht für die Wettbewerbspolitik werden weiter unten the‐ matisiert (siehe „Wirtschaftspolitik in einer freiheitlichen Ordnung“). ausgebildet hat, auf den keiner der Marktteilnehmer allein Einfluss ausüben kann, die Konsumenten und Produzenten ihre Pläne bestmöglich, angesichts ihrer Präferenzen und Produktionsmöglichkeiten, formuliert haben, und schließlich „das Preissystem“ diese Pläne in Übereinstimmung gebracht hat. Dieses Gleichgewicht beschreibt demnach den (fiktiven) Endzustand, der von Marktprozessen bei Konstanz aller Daten erreicht würde. Es ist somit der Zu‐ stand, in dem der Wettbewerb im üblichen Sinne des Wortes aufgehört hat: „‚vollkommener‘ Wettbewerb bedeutet tatsächlich das Fehlen aller wettbewerb‐ liche Tätigkeiten“ (Hayek 2003b [1948c], 111). Im Gegensatz zu diesem Gleich‐ gewichtszustand ist der Prozess, der tendenziell die Koordination auf dem Markt herbeiführt, durch gerade solche wettbewerbliche Aktivitäten wie „Werbung, Preisunterbietungen, Verbesserungen (oder ‚Differenzierung‘) der hervorge‐ brachten Güter“ (ibid.) charakterisiert. Demnach ist das Merkmal von „freiem Wettbewerb“ weder die Struktur noch das Ergebnis des vollkommenen Wett‐ bewerbs, sondern vielmehr das Vorherrschen solcher wettbewerblicher Aktivi‐ täten, wie sie durch die Offenheit (oder „Bestreitbarkeit“) von Märkten gewähr‐ leistet wird. 17 Ein anderer Aspekt, den Hayek bei seiner Kritik des neoklassischen Wettbe‐ werbskonzepts anspricht, ist die Annahme, die einzelnen Akteure verfügten bereits vor und unabhängig von den Marktprozessen über vollkommenes Wissen bezüglich ihrer eigenen Entscheidungsgrundlagen. Das übersieht die Funktion des Wettbewerbs als Anreiz für die Entstehung dieses Wissens oder, wie Hayek es nennt, des „Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren “ (Hayek 1969e). Es ist demnach erst die Situation des Wettbewerbs, die die Produzenten dazu bringt, ihre Produktionsmöglichkeiten herausfinden (den Verlauf ihrer Produk‐ tionsfunktionen zu entdecken), oder die Konsumenten dazu, sich ihrer Präfe‐ renzen gewahr zu werden. Dahinter steckt auch die Berücksichtigung des „unternehmerischen Elements“: die Produzenten agieren nicht auf der Basis gegebenen Wissens, sondern ver‐ suchen neues Wissen zu entdecken, neue Konstellationen zu schaffen. Markt‐ prozess, Wettbewerb und unternehmerisches Handeln sind daher aus Hayeks Sichtweise eng miteinander verknüpft. Die Ähnlichkeiten mit anderen Konzep‐ tionen des unternehmerischen Handelns sind unverkennbar und sollen an zwei Beispielen herausgestellt werden: Da ist einerseits die Schumpetersche Idee des Unternehmers als Durchsetzer von Innovationen (z. B. neuen Produkten und 42 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="43"?> 18 Vgl. Schumpeter (1911 und 1946, Kapitel 7) sowie Kirzner (1978). neuen Produktionsverfahren), die bestehende Gleichgewichte aufheben und über einen Prozess der „schöpferischen Zerstörung“ wirtschaftlichen Fortschritt bewirken. Und da ist anderseits die komplementäre Sicht von Israel Kirzner (1930-), des Unternehmers als Arbitrageur, der unausgenützte Gewinnmöglich‐ keiten realisiert und damit Gleichgewicht nicht zerstört, sondern herbeiführt. 18 In beiden Fällen, wie in dem Hayeks, ist der Marktprozess das Primäre und wird die Frage nach dem schließlich erreichten Gleichgewichtszustand sekundär. Es verbleibt die Frage, welche Rolle dem Gleichgewichtskonzept in Hayeks letzter Analyse überhaupt noch zukommt bzw. welche Alternativen er an‐ bietet. Mit seiner Hinwendung zu Konzepten der evolutionären Entstehung sozialer Strukturen geht Hayek in seinem Spätwerk von der Terminologie des Gleich‐ gewichts ab und ersetzt diese durch die spontane Ordnung bzw. die Katallaxie als spontane Ordnung der Wirtschaft. Diese Ordnung, als Koordination indivi‐ dueller Handlungen, wird als ein im Zeitablauf durch unablässige Anpassungs‐ reaktionen gekennzeichneter Prozess gedacht. Ohne dass dieser Prozess einen beständigen Zustand im Sinne eines Gleichgewichts erreichen kann, sind die auf Störungen erfolgenden Reaktionen doch stets auf eine Wiederherstellung von Koordination gerichtet. Diese Reaktionen resultieren einerseits aus verzö‐ gerten Anpassungen an vergangene Störungen - Verzögerungen, die z. B. durch die zeitaufwändige Veränderung der Kapitalstruktur bedingt sein können. An‐ derseits können sie auf Änderungen in den Erwartungen, auf die Entdeckung neuer künftiger Gewinnmöglichkeiten zurückgehen. Wie oben erwähnt, ist es ein Nebeneinander solcher rückwärts- und vorwärtsgerichteter Prozesse, die diese Anpassung auszeichnet. In einer seiner letzten Stellungnahmen zum Koordinationsproblem lehnt Hayek das Gleichgewichtskonzept als Mittel zur Beschreibung der Realität einer Markt‐ wirtschaft rundweg ab und behauptet, er habe „nie einen Zweifel über die [ge‐ ringe, HK] direkte Bedeutung der Gleichgewichtsanalyse für die Erklärung em‐ pirisch zu beobachtender Erscheinungen“ gehegt. Gleichgewicht sei ihm bloß als „ein sehr nützliches Konzept erschienen, um die Art von Ordnung zu er‐ klären, zu der der Wirtschaftsprozess tendiert, ohne sie jemals zu erreichen“ (Hayek 1983a, 187-188). Nun aber zieht er die Analogie mit einem Strom vor und 43 Jenseits von Gleichgewicht: Marktprozess und Wettbewerb <?page no="44"?> sieht die Entwicklung der Wirtschaft durch Faktoren bedingt, wie sie „den Lauf des Wassers in einem sehr unregelmäßigen Flussbett bestimmen“ (ibid.) Für diesen „Strom der Güter und Leistungen“ wird die Erreichung von Gleichge‐ wicht schlichtweg unmöglich. Genaugenommen kann eigentlich ein Strom niemals im Gleichgewicht sein , denn gerade das Ungleichgewicht hält ihn in Fluss und bestimmt seine Rich‐ tung. (Hayek 2001 [1984], 169) Mit der Konzeptualisierung der Wirtschaft als einen von individuellen Ent‐ scheidungen und Handlungen bestimmten Strom grenzt sich Hayek nicht nur gegen die Verwendung des Gleichgewichtskonzepts ab, sondern auch gegen jede Form einer „Makroökonomie“, d. i. gegen eine theoretische Analyse der Wirt‐ schaft an Hand von gesamtwirtschaftlichen, aggregierten Größen, die nicht aus individuellen Entscheidungen abgeleitet werden. Vorläufige Würdigung Im Rückblick kann Hayeks lebenslange Auseinandersetzung mit dem Gleich‐ gewichtskonzept als eine Art „Befreiungskampf “ betrachtet werden. War dieser erfolgreich? Zweifellos offenbart sich in Hayeks Werk eine stetig zunehmende Kritik an den Annahmen der traditionellen Gleichgewichtstheorie - so funda‐ mental, dass es gewiss keine Rolle spielt, dass sich der späte Hayek gegenüber den neuen Entwicklungen der Gleichgewichtstheorie in einer Attitüde der wohlwollenden Missachtung übte. Damit verstärkte sich für Hayek die von An‐ fang an präsente Sicht von Gleichgewicht als einer bloßen Fiktion . Trotzdem ist aber auch in seinen letzten Schriften das Spannungsverhältnis zwischen der Fiktion des Gleichgewichts und der Realität der Wirtschaft als Strom nicht gänzlich überwunden. Wie ließe es sich sonst erklären, dass Hayek als Maß für die Funktionstüchtigkeit einer marktwirtschaftlichen Ordnung die „durch‐ schnittliche Nähe zum Gleichgewichtsideal“ (Hayek 2001 [1984], 170) heran‐ zieht? Insgesamt mag man das doch als Evidenz ansehen, dass Hayek - bei aller Schwierigkeit einer klaren Trennlinie - als ein Vertreter eines „Ungleichge‐ wichts-“, nicht aber eines „gleichgewichtslosen“ Ansatzes anzusehen ist. Auch wenn Hayek im Wandel seines Ansatzes von der Vorstellung einer Ten‐ denz zum Gleichgewicht zur Idee der spontanen Ordnung und der Wirtschaft als Strom übergeht, so bleibt doch die Frage nach der diesem Strom zuzuschrei‐ benden Selbstregulierungskapazität offen. Die Überzeugung von der Existenz einer solchen Fähigkeit zur Selbstregulierung kann in Hayeks Analyse nicht 44 Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung <?page no="45"?> „bewiesen“ werden, sondern ist ein Glaubenssatz. Die Möglichkeit, dass Markt‐ kräfte in bestimmten Situationen nicht spontane Ordnung, sondern Chaos, ge‐ scheiterte statt erfolgreiche Koordination herbeiführen können, ist nicht von vorneherein auszuschließen. 45 Vorläufige Würdigung <?page no="47"?> Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="49"?> 19 Als wichtigste Beiträge aus dieser Periode sind zu nennen: das Buchfragment (Hayek 1925-29), die Monographien Geldtheorie und Konjunkturtheorie (1929a) und Preise und Produktion (1931b), die Arbeiten über intertemporales Gleichgewicht (1928) und über den „Widersinn des Sparens“ (1929b); nach 1936, dem Jahr der Publikation von Keynes‘ General Theory , erschienen eine Studie zur internationalen Währungsordnung (1937a), die Aufsatzsammlung mit der Einführung des „Ricardo-Effekts“ (1939, 1942), und zuletzt Hayeks opus magnum zur Kapitaltheorie (1941). - Für eine Neuinterpretation vgl. Gar‐ rison (2001) und Horwitz (2000). 20 Vgl. dazu die Beiträge in Konrad & Maderthaner (2008). I n der frühen Phase zeichnet sich Hayeks Wirken durch eine eigenständige Fortführung des österreichischen Ansatzes der Geld-, Konjunktur- und Ka‐ pitaltheorie aus. 19 Hier vertritt er angesichts der Vielzahl wirtschaftspoliti‐ scher Problemlagen eine dezidiert liberale Position und gerät zunehmend in Konflikt mit den Befürwortern aktiver „stabilisierender“ Eingriffe in den Wirt‐ schaftsablauf, wie sie in den 1930er-Jahren insbesondere von Keynes und seinen Anhängern propagiert werden. Dieses Kapitel wird die Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg behandeln, als die Positionen von Hayek und Keynes einander in der Sicht der Fachwelt als ebenbürtige Alternativen gegenüberstanden. Hayeks späte Beiträge, seine lebenslange Auseinandersetzung mit der Keynesschen Re‐ volution nach 1945 werden im folgenden Kapitel dargestellt. Historischer und ideengeschichtlicher Hintergrund Hayeks Grundpositionen in der Geld- und Konjunkturtheorie wurden durch die spezifische Sicht der Österreichischen Schule auf die krisenhafte Wirtschafts‐ entwicklung nach dem Ersten Weltkrieg geprägt. In wirtschaftlicher Hinsicht war die Nachkriegsgeschichte Mitteleuropas durch die Zerrüttung der Staatsfinanzen angesichts der aushaftenden Kriegsanleihen, die Schwierigkeiten der Rückwandlung der Kriegsin eine Friedenswirtschaft und vor allem die zunehmende Desintegration des vormals einheitlichen Wirt‐ schaftsraumes der Österreichisch-Ungarischen Monarchie gekennzeichnet. Elend, Hunger und Krankheit, verschärft durch die Epidemie der „spanischen Grippe“ 1918/ 19, waren weit verbreitet. Für die Republik Österreich, 20 den „Rest“ der einstigen Monarchie, wollten unter diesen Umständen nur wenige die Mög‐ lichkeit des wirtschaftlichen Überlebens als selbständiger Staat bejahen, und viele strebten als Lösung den Anschluss an das Deutsche Reich an. Für das staatliche Budget schufen die akuten Wirtschaftsprobleme, wie die Kriegsan‐ leihen und die Verbindlichkeiten gegenüber den Nachfolgestaaten, die hohe Ar‐ 49 Historischer und ideengeschichtlicher Hintergrund <?page no="50"?> 21 Vgl. dazu differenziert Janssen (2009, 315-329). 22 Vgl. Fisher (1911). beitslosigkeit und die politische Notwendigkeit kostspieliger Nahrungsmittel‐ subventionen, Ansprüche an die Finanzierung, die aus den regulären Steuermitteln einer krisengeschüttelten Wirtschaft nicht zu befriedigen waren. Wie in anderen Ländern Mitteleuropas (z. B. Deutschland und Ungarn) bestand der letzte Ausweg in der Monetisierung der Defizite durch die Geldschöpfung der Notenbank. Das Ergebnis war hohe und in der Endphase 1922/ 23 Hyperin‐ flation: Ehe 1923 die Währungsreform mit Hilfe einer Völkerbundanleihe ge‐ lang, war der Wert der Krone im Vergleich zu 1918 auf ca. ein Fünftausendstel gefallen. Der Inflation und der von ihr hervorgebrachten kurzzeitigen „Schein‐ prosperität“ wurden eine Fülle negativer Folgen zugeschrieben: die Entwertung des Vermögens der Mittelschichten und die Bereicherung der Spekulanten, die unvermeidliche Stabilisierungskrise mit dem Abbau von Beamten, dem Anstieg der Lebensmittelpreise und einer Serie von Bankenpleiten. All dies traumati‐ sierte nicht nur das kollektive Gedächtnis der österreichischen Bevölkerung, es prägte auch die Sicht der Ökonomen der Österreichischen Schule, schienen diese Erfahrungen doch die Warnungen vor einer Politik des „Inflationismus“ (Mises 1924, 200-225) eindrücklich zu bestätigen. Der wirtschaftlichen Katastrophe der Hyperinflation entsprach aus Sicht der „Österreicher“ ein Versagen der deutschen Wissenschaft. Denn die Mehrheit der in der Tradition der Historischen Schule ausgebildeten Ökonomen hätte sich den Erkenntnissen des monetären Ansatzes verschlossen und die Hyperinfla‐ tion im Lichte der sog. Zahlungsbilanztheorie interpretiert: Diese sah die Ursache in einem strukturellen Defizit der Handelsbzw. Leistungsbilanz, in der Folge verteuerte die dadurch ausgelöste Abwertung der Währung Importe und Le‐ benshaltungskosten und führte zu Lohn- und Preissteigerungen. Um diese zu akkommodieren, war die Notenbank „gezwungen“, die Geldmenge passiv an‐ zupassen usw. 21 So gesehen, exkulpierte dieser Ansatz Fiskal- und Geldpolitik von der Verantwortung für die Inflation und deren Folgen. Die traditionelle monetäre Erklärung von (Hyper-)Inflation liefert die Quanti‐ tätstheorie . Prominentester zeitgenössischer Vertreter dieser Theorie war Irving Fisher (1867-1947), 22 aber auch Mises und die Österreicher hingen dieser Er‐ klärung der Inflation an. 50 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="51"?> 23 Es ist zu beachten, dass im zeitgenössischen Schrifttum, besonders der Autoren der Österreichischen Schule, mit „Inflation“ typischerweise der Anstieg der Geldmenge, und nicht des Preisniveaus, bezeichnet wird. 24 Hinzu kommt bei hoher Inflation die Beschleunigung von V , weil ein Anreiz besteht, das sich entwertende Geld möglichst schnell wieder auszugeben. Die Grundgleichung der Quantitätstheorie ist: M × V = P × Q . Die Gleichung bezieht sich auf die in einer Wirtschaft innerhalb einer Periode getätigten Umsätze von Gütern und Leistungen im Austausch gegen Geld: Die linke Seite misst den dabei entstehenden Geldstrom als Geldmenge ( M ) mal Umlaufsgeschwindigkeit ( V ), d. i. die Anzahl, wie oft eine Geldeinheit für Um‐ sätze verwendet wird. Die rechte Seite misst den Wert des Güterstroms als Preisniveau ( P ) mal Gütervolumen ( Q ). Da Geld- und Güterstrom das Gleiche messen, müssen die Werte identisch sein. Im Sinne der Quantitätstheorie wird die Geldmenge M von der Geldpolitik (bzw. der Zentralbank) kontrolliert. Eine beständige Erhöhung von M führt, bei konstantem V , zu einer beständigen Er‐ höhung von P × Q . Diese äußert sich zunächst (kurzfristig) als Wirtschafts‐ wachstum (eine Zunahme von Q ); langfristig wird sich der monetäre Impuls aber bloß in einem Anstieg des Preisniveaus, in „Preisinflation“, 23 nieder‐ schlagen. Angewandt auf die österreichische (und deutsche) Hyperinflation sieht die Quantitätstheorie die Ursache in der exzessiven Zunahme der Geld‐ menge, die die Zentralbank - in Reaktion auf die defizitären Staatsfinanzen - zugelassen hat. 24 Daraus folgt ein simples Rezept zur Bekämpfung der Inflation: ein Ende der Geldschöpfung durch die Zentralbank und als Voraussetzung die Sanierung der Staatsfinanzen! Auch wenn Hayek die Quantitätstheorie als zu „mechanistisch“ ansieht, um für eine monetäre Erklärung des Konjunkturphänomens auszureichen, ist sie für ihn doch als Nachweis der monetären Ursachen von Inflation unentbehrlich: Ich bin … bereit zuzugeben, … dass von praktischen Gesichtspunkten aus es überaus folgenschwer werden könnte, wenn die weiteren Kreise des Publi‐ kums jemals wieder aufhören sollten, an die elementaren Sätze der Quanti‐ tätstheorie zu glauben. (Hayek 2016 [1931b], 116) Wenn nun Hayek daran geht, eine Theorie der Konjunkturschwankungen aus‐ gesetzten Geldwirtschaft zu entwickeln, dann baut er einerseits auf diesen his‐ torischen Erfahrungen auf, die ihn darin bestärken, in der Inflation die Ursache von Konjunkturen und Krisen zu sehen. Anderseits greift er für seine Theorie 51 Historischer und ideengeschichtlicher Hintergrund <?page no="52"?> 25 Hayek bedient sich der üblichen Bezeichnung der Konjunkturphasen: Aufschwung - Hochkonjunktur - Krise - Depression. auf Elemente der Lehre der Österreichischen Schule zurück. Die wichtigsten sind: ■ die Erweiterung der Quantitätstheorie durch Wicksells Analyse von Geldschöpfung und Zinsmechanismus ; ■ die auf Mises zurückgehende Erklärung der Konjunktur aus strukturellen Effekten der Inflation ; ■ die Anwendung der österreichischen Kapitaltheorie zur Beschreibung der Änderungen in der Produktionsstruktur ; ■ und schließlich der Versuch alle diese Elemente - mit den Mitteln des Gleichgewichtsansatzes - in den Korpus der reinen (oder statischen) Theorie zu integrieren. Hayeks Konjunkturtheorie Hayeks Konjunkturerklärung ist monetär und strukturell zugleich. Sie betont im gleichen Maße „die monetären Ursachen …, die die Konjunkturzyklen aus‐ lösen “, wie auch „die realen Verschiebungen im Aufbau der Produktion …, die jene Schwankungen konstituieren“ (Hayek 2016 [1931b], 104). Kürzest möglich zu‐ sammengefasst besagt sie, dass die Aufschwungphase der Konjunktur monetär - durch Geldschöpfung bzw. Inflation - hervorgerufen wird und strukturelle Fehlentwicklungen in der Wirtschaft bewirkt. Spätestens mit dem Aufhören der Inflation im Stadium der Hochkonjunktur kann diese Struktur nicht länger auf‐ recht erhalten werden und es muss zur Krise kommen. In der Abschwungphase bilden sich die Verzerrungen des Aufschwungs wieder zurück, die dabei entste‐ henden Symptome einer Depression, das gleichzeitige Auftreten von Arbeits‐ losigkeit und Überkapazitäten, resultieren aus der trägen Anpassung der Pro‐ duktionsstruktur. 25 Vor dem Hintergrund von Hayeks Konzept des intertemporalen Gleichgewichts sind die im Aufschwung durch Geldschöpfung verursachten Verzerrungen als Abweichungen vom Ideal eines neutralen Geldes zu interpretieren. Sie sind das Ergebnis von durch Geldschöpfung ausgelösten Effekten auf die Zusammen‐ setzung der Güternachfrage - sog. „Cantillon-Effekten“, in Anlehnung an den 52 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="53"?> 26 Vgl. dazu Hagemann & Trautwein (1998). 27 Zur Problematik der durchschnittlichen Produktionsperiode siehe unten, Abschnitt 6. Ökonomen Richard Cantillon (ca. 1680-1734). 26 Diese Effekte wirken - einer zentralen Einsicht der Geldtheorie von Wicksell folgend - insbesondere auf den Zinssatz. In einer Naturalwirtschaft wäre der Zinssatz - der natürliche oder Gleichgewichtszinssatz - durch die realen Faktoren des Kapitalmarkts bestimmt: das Angebot an ersparten Mitteln einerseits und die Nachfrage nach Kapital‐ bildung anderseits, wobei letztere vom erwarteten Ertrag der Investitionen und diese wiederum vom existierenden Kapitalstock abhängen. Ist Geld nicht neutral und kommt es z. B. in der Wirtschaft zu Geldschöpfung, so wird der in der Geld‐ wirtschaft herrschende Geldzins vom Gleichgewichtszinssatz abweichen . Vor der Behandlung des Konjunkturproblems sind noch kurz die Gesetzmäßig‐ keiten der statischen Theorie darzustellen, denen die neutrale Geldwirtschaft unterliegt: Es herrscht Vollbeschäftigung, gesichert durch einen flexiblen Real‐ lohn, auf dem Kapitalmarkt bringt der Zinssatz Sparen und Investieren in Über‐ einstimmung und damit gleichzeitig auch Angebot und Nachfrage im Konsum‐ güter- und Kapitalgütersektor. In Prices and Production (1931a) verwendet Hayek ein Schema, in dem der Kapitalgütersektor als eine Folge von hintereinander geschalteten Produktionsstufen dargestellt wird, die von allen Gütern auf dem Weg von der Urproduktion zur Konsumreife durchlaufen werden müssen. Diese starke Vereinfachung erlaubt es, die Produktionsstruktur durch eine durch‐ schnittliche Produktionsperiode darzustellen. 27 Eine längere Produktionspe‐ riode bedeutet hier eine größere Anzahl von Produktionsstufen und indiziert eine kapitalintensivere, zeitaufwändigere Produktion. In diesem Schema lassen sich die Effekte einer Erhöhung des freiwilligen Sparens (als Ausdruck einer verminderten Zeitpräferenz, d.i. der Präferenz für gegenwärtigen Konsum) wie folgt ableiten: Einem höheren Angebot an Sparmitteln entspricht ein niedrigerer Zinssatz , dieser schafft den Anreiz zu einer Verlängerung der Produktionspe‐ riode , die eine Steigerung der Produktion von Gütern und Leistungen ermöglicht. Bei unverändertem Arbeitsangebot und Vollbeschäftigung führt dies zu höherem Reallohn und Konsum . Sparen und kapitalintensivere Produktion sind daher in dieser Sichtweise die Quellen des wirtschaftlichen Fortschritts. Im Rahmen seiner Konjunkturtheorie will Hayek zeigen, dass im Gegensatz dazu das durch Geldschöpfung erzwungene Sparen diese vorteilhaften Eigenschaften nicht besitzt. In der nicht-neutralen Geldwirtschaft wird die Geldschöpfung zum Auslöser von Konjunkturen und Krisen. Für die Ursachen der Geldschöpfung liefert Hayek (1929a, 53 Hayeks Konjunkturtheorie <?page no="54"?> 28 Im ersteren Fall wäre es zu einer Erhöhung des natürlichen Zinses bei unverändertem Geldzins gekommen. Obwohl Hayek in Geldtheorie und Konjunkturtheorie an diesem Fall die Endogenität der Geldschöpfung demonstriert, verwendet er in Prices and Production die in dieser Hinsicht weniger plausible Alternative. Ein Grund mag gewesen sein, dass verbesserte Gewinnerwartungen konsistent nur durch technischen Fortschritt erklärt werden können und Hayek diese Komplikation der Analyse vermeiden wollte. Kapitel 4) eine innovative Begründung. Während Mises, auf dessen Ansatz Hayek sonst aufbaut, die Ursache in der inflationistischen Politik der Notenbanken sieht - als Reflex der Vorliebe der Öffentlichkeit für (zu) niedrige Zinsen, wird die Tendenz zur Geldschöpfung bei Hayek zu einem inhärenten Merkmal des Geschäftsbanken‐ systems. Ausschlaggebend ist dabei die Institution des „fractional reserve banking“, wonach das von den Banken im Wege des Kredits geschaffene Buchgeld (Sichtein‐ lagen) nicht zu 100% durch Zentralbankgeld gedeckt sein muss. Diese geringere als 100%ige Reserveverpflichtung ermöglicht es den Geschäftsbanken, ihr Einlagen-Re‐ serven-Verhältnis flexibel anzupassen. Für die einzelne Bank gibt es daher bei einer Ausweitung der Kreditnachfrage seitens der Investoren einen Anreiz, darauf mit einer Ausweitung des Angebots zu unveränderten Konditionen (Zinssätzen) zu re‐ agieren und nicht, wie dies bei neutralem Geld der Fall sein müsste, mit einer Erhö‐ hung des Zinssatzes. Insbesondere wenn alle Banken im Gleichschritt agieren, wird dadurch das Kreditangebot im Rahmen des Geldschöpfungspotentials über die ver‐ fügbaren Sparmittel hinaus erhöht. Im Gegensatz dazu könnte bei neutralem Geld das Kreditangebot nur in dem Ausmaß erhöht werden, als es durch einen Anstieg des „freiwilligen“ Sparens gedeckt ist. Der Clou von Hayeks Argumentation ist je‐ doch, dass in dem von ihm beschriebenen Bankensystem die einzelne Bank nicht mehr unterscheiden kann, ob ein von ihr gewährter zusätzlicher Kredit auf einer Zunahme der Ersparnis oder auf Geldschöpfung beruht. Die Geldschöpfung im Auf‐ schwung wird somit für Hayek zu einer automatischen Reaktion eines auf gerin‐ gerer als 100%iger Reservehaltung beruhenden Bankensystems. Für die Erklärung des Aufschwungs geht Hayek von einer durch Geldschöpfung zustande gekommenen Ausweitung der Kreditvergabe der Banken aus. Neben einer Verbesserung der Gewinnerwartungen kommt dafür auch eine autonome Aktion der Geschäftsbanken (oder der Notenbank) als Ursache in Frage. Im letzteren Fall führt dies zu einer Senkung des Geldzinses bei unverändertem natürlichen Zins. 28 Während ein mit dem natürlichen Zins übereinstimmender Geldzins die Investitionsnachfrage auf das Niveau des freiwilligen Sparangebots beschränkt, stellen nun die Banken den Produzenten darüber hinausgehend zu‐ sätzliche Kredite zur Verfügung, die diese als Nachfrage nach Kapitalgütern verwenden. Die Produktionsstruktur verlagert sich von der Konsumgüterweg zur Kapitalgüterproduktion, damit wird ein Prozess der Verlängerung der Pro‐ 54 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="55"?> duktionsperiode in Gang gesetzt (Überinvestition). Im Konsumgütersektor steht der vorerst unveränderten nominellen Konsumnachfrage ein verringertes Angebot gegenüber, der reale Konsum sinkt, die Zunahme der Investition wird also durch ein erzwungenes Sparen finanziert. Der im Verhältnis zum natürlichen Zins zu niedrige Geldzins bewirkt eine relativ zu den freiwillig aufgebrachten Sparmitteln zu kapitalintensive Pro‐ duktionsstruktur. Gemessen an der Norm des neutralen Geldes resultiert die Geldschöpfung in „falschen Preisen“, d. i. einem zu niedrigen Zinssatz, und damit einer Verfälschung der Spar- und Investitionsentscheidungen . Hier stellt sich nun die Frage nach der Unvermeidlichkeit der Krise . Lässt sich die durch Geldschöpfung und erzwungenes Sparen geschaffene kapitalintensivere Produktionsstruktur auf Dauer aufrecht erhalten, ist eine „ewige Prosperität“ möglich? Hayek verneint dies, indem er argumentiert, dass die zu kapitalinten‐ sive Produktionsstruktur nur weiterbestehen könne, solange die Inflation an‐ hält. Dem Andauern der Inflation sind aber Grenzen gesetzt: In einem System des Goldstandards löst die Zunahme der Geldnachfrage im Aufschwung bei den Banken einen internen Abfluss von Bargeld und einen Verlust von Reserven aus, der sie schließlich zwingt, den Zinssatz zu erhöhen und die Kreditvergabe ein‐ zuschränken. In einer offenen Wirtschaft kommt es zudem zu einem externen Abfluss von Devisen, der die Notenbank zu einer Restriktion der Geldschöpfung nötigt. Aber auch ein ungebundenes Geldsystem, das unbeschränkte Geld‐ schöpfung der Banken zulässt, erlaubt keine unbegrenzte Inflation. Denn Infla‐ tion schafft Inflationserwartungen, und werden diese berücksichtigt, verlangt die Aufrechterhaltung des erzwungenen Sparens stetig zunehmende, akzelerie‐ rende Inflation . Wie aber die Erfahrungen nach dem Kriege gezeigt haben, ist eine Stabilisierung spätestens dann unvermeidlich, wenn durch Hyperinflation Geld seine Rolle als Tauschmittel zu verlieren droht. Früher oder später muss demnach die Geldschöpfung aufhören, der Geld‐ zins auf das Gleichgewichtsniveau zurückkehren und die übermäßige In‐ vestition sich zurückbilden. Nach der Verlängerung der Produktionspe‐ riode im Aufschwung muss es nun zu einer Verkürzung kommen und die Produktionsstruktur sich an das Ausmaß der freiwillig verfügbaren Spar‐ mittel anpassen. 55 Hayeks Konjunkturtheorie <?page no="56"?> 29 Siehe Hayek (2016 [1931b], Kapitel 3, besonders 165). 30 Vgl. Hayek (2016 [1931b], 160-161, 172). Die Umlenkung der Ressourcen - im Aufschwung zur Kapitalgüterproduktion, im Abschwung zurück zur Konsumgüterproduktion - wird durch den Preisme‐ chanismus gesteuert. Hayek entwickelt hierfür das Konzept des Preisfächers. 29 Demnach hängen im Gleichgewicht die Preise in den einzelnen Stufen über den Zinssatz zusammen, der Preis des Gutes einer konsumnäheren Stufe ergibt sich aus dem Preis in der vorgelagerten Stufe vermehrt um einen Zinsfaktor. Der Preiszusammenhang beginnt bei der Urproduktion, deren Kosten annahme‐ gemäß nur aus dem Lohnsatz bestehen, und endet beim Preis des Konsumgutes. Wenn es zu einer Verlagerung der Nachfrage zum Konsum und den konsum‐ nahen Stufen kommt, bedeutet das, dass der Preis des Konsumguts steigt. Gleichzeitig herrscht nun auch ein höherer Zinssatz, sodass die Spanne zwi‐ schen den Preisen benachbarter Stufen zunimmt. (Hayek vergleicht die Vergrö‐ ßerung der Preisspannen mit dem Öffnen eines Fächers, die Verkleinerung mit dem Schließen.) Diese Vergrößerung der Preisspannen gibt den Anreiz, die Pro‐ duktion in die konsumnahen Stufen zu verlagern und die Anzahl der Stufen zu verringern. Die Produktionsstruktur und ihre Veränderung im Konjunkturver‐ lauf wird daher von den relativen Preisen , den Preisspannen, gesteuert - eine für Hayek entscheidende These, mit der er der Sicht entgegentritt, die Bewegungen der Produktion hingen vom Preisniveau ab. Folgt man der Erklärung bis hierher, so können daraus zyklische Verlagerungen zwischen der Konsum- und der Kapitalgüterproduktion abgeleitet werden - und tatsächlich stellt die Schwankung der Kapitalgüterproduktion im Konjunktur‐ verlauf ein „stilisiertes Faktum“ dar. Das vermag aber nicht zu begründen, warum die Strukturanpassung in der Krise - im Gegensatz zu derjenigen im Aufschwung - mit Arbeitslosigkeit und Überkapazitäten einhergeht. Dazu be‐ darf es einer zusätzlichen Begründung, die Hayek mit der Annahme komple‐ mentärer und spezifischer Kapitalgüter liefert. 30 Produktionsmittel sind komple‐ mentär, wenn sie nur gemeinsam eingesetzt und in engen Grenzen substituiert werden können. Sie sind spezifisch, wenn sie ausschließlich in einer Produkti‐ onsstufe (oder in nur wenigen) verwendet werden können, andernfalls sind sie nicht-spezifisch. Hayek geht nun von der (empirischen) Annahme aus, dass unter den typischerweise komplementären Produktionsmitteln manche, wie langlebige Kapitalgüter, spezifisch, andere, wie Arbeit oder Rohstoffe, nicht-spe‐ zifisch, also auf allen Stufen einsetzbar seien. In der Krise führt die Änderung der Preisspannen zwischen den einzelnen Stufen dazu, dass die nicht-spezifi‐ schen Produktionsmittel rasch von den konsumfernen in die konsumnahen 56 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="57"?> Stufen wandern, während die spezifischen Produktionsmittel in den ursprüng‐ lichen Stufen verharren. Dadurch kommt es auf den konsumnahen Stufen zu einem Mangel an komplementären Kapitalgütern und auf den konsumfernen Stufen fehlt es zur Fortführung der Produktion an nicht-spezifischen Produkti‐ onsmitteln wie z. B. Arbeit. Das Ergebnis ist eine inkohärente Produktions‐ struktur - es herrscht gleichzeitig Überschuss und Mangel an bestimmten Pro‐ duktionsmitteln: Arbeitslosigkeit durch Kapitalmangel auf der einen Seite, Überkapazitäten auf der anderen Seite. Diese Arbeitslosigkeit ist strukturell und vielleicht sogar unvermeidbar: es ist „möglich, dass in so einer Situation zeit‐ weilig kein Lohn niedrig genug wäre, um allen Arbeitern Beschäftigung zu geben“ (Hayek 2016 [1931b], 172n.11). Zur Illustration dieses Sachverhalts bedient sich Hayek einer Variante des be‐ liebten Robinson Crusoe-Beispiels. Die Lage ist also die, in der sich etwa die Bevölkerung einer abgeschlossenen Insel befinden würde, die, nachdem sie den Versuch gemacht hat, unter Her‐ anziehung aller Ersparnisse und Aufzehrung allen vorhandenen Kapitals eine ungeheure Fabrik zu bauen, die sie mit allem Bedarf versorgen sollte, herausfindet, dass sie alles vorhandene Kapital und alle Ersparnisse aufge‐ zehrt hat, bevor noch die neue Fabrik in Betrieb gesetzt werden kann. Die Leute hätten dann keine andere Wahl, als zeitweilig die Arbeit an der Fer‐ tigstellung der Fabrik aufzugeben und alle ihre Kräfte dazu zu verwenden, sich ihre tägliche Nahrung ohne die Unterstützung irgendwelchen Kapitals zu verschaffen. (Hayek 2016 [1931b], 172) Wie kann nun aber aus der Krise und Depression die Rückkehr der Wirtschaft ins Gleichgewicht erfolgen bzw. gefördert werden? Auf die konkreten wirt‐ schaftspolitischen Empfehlungen wird weiter unten genauer eingegangen, of‐ fensichtlich liegt aber der Weg aus der Krise in der Wiederherstellung einer ausgeglichenen Preis- und Produktionsstruktur. Einerseits muss sich die Kapi‐ talstruktur der Nachfrageverschiebung anpassen, anderseits kann dieser An‐ passungsbedarf erleichtert werden, wenn dieser Nachfrageverschiebung zum Konsum entgegenwirkt würde. Insofern erscheint für Hayek - konträr zu Keynes - eine Zunahme des Sparens als Möglichkeit die Krise abzukürzen. 57 Hayeks Konjunkturtheorie <?page no="58"?> 31 In seiner Rekonstruktion der österreichischen Kapitaltheorie wählt Hicks (1973) dafür den Ausdruck „Traverse“. Die Krise stellte sich dann als eine „gescheiterte Traverse“ dar (siehe Desai & Redfern 1994). Kritik Sowohl in der zeitgenössischen Diskussion als auch im historischen Rückblick wurde Hayeks Versuch einer in den Gleichgewichtsansatz integrierten Geld- und Konjunkturtheorie als herausragende Leistung gewürdigt. Gleichwohl mangelte es nicht an Kritikpunkten an der konkreten Umsetzung dieses Ver‐ suchs. Diese können in eine logische und eine empirische Kritik unterschieden werden: Erstere fragt, ob Hayeks Theorie eine logisch mögliche, in sich wider‐ spruchsfreie Wirtschaft abbildet, letztere zielt darauf ab, ob diese logisch mög‐ liche mit der „wirklichen“ Wirtschaft übereinstimmt. Zur logischen Kritik zählt die Frage, ob die von Hayek in seiner Theorie be‐ haupteten Abläufe und Zusammenhänge aus den von ihm getroffenen An‐ nahmen ableitbar sind. Diese Frage ließe sich dann klären, wenn die Theorie mathematisch - genau genommen: axiomatisch - formuliert wäre. Das ist nicht der Fall, was wohl nicht nur auf die generelle Abneigung der Österreichischen Schule gegen die Mathematik als Werkzeug der Analyse zurückgeht, sondern auch darauf, dass Hayeks Modell zu komplex ist, um mathematisch formuliert analytische Lösungen zuzulassen. Die verbale Argumentation, der sich Hayek bedient, lässt ein absolut schlüssiges Urteil über die logische Konsistenz seiner Thesen jedenfalls nicht zu. Ein Aspekt, der mit dieser logischen Kritik zusammenhängt, ist die Asymmetrie zwischen Aufschwung und Abschwung bzw. zwischen den Anpassungsreakti‐ onen bei neutralem und nicht-neutralem Geld. Wie oben dargestellt, werden beim Übergang 31 zu einem neuen Gleichgewicht nach einer Zunahme des frei‐ willigen Sparens die Behinderungen durch die Existenz spezifischer und kom‐ plementärer Kapitalgüter vernachlässigt. Im Gegensatz dazu führt die Rückkehr zum Gleichgewicht nach einer Periode des erzwungenen Sparens notwendiger Weise zu struktureller Arbeitslosigkeit. Dieses Nebeneinander von „glatter“ und „gestörter“ Anpassung ist jedoch nur bei einer bestimmten Konstellation der Kapitalstruktur gewährleistet: Wären alle Kapitalgüter komplementär und spe‐ zifisch, geriete auch die Anpassung an eine Erhöhung des freiwilligen Sparens in allerlei Schwierigkeiten; wären sie im Gegenteil alle substituierbar und nicht-spezifisch, könnte die Reaktion auf die Fehlanpassung im Aufschwung wohl zu einem Einkommensrückgang, nicht aber zu Arbeitslosigkeit und Über‐ 58 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="59"?> 32 Vgl. dazu kritisch Garrison (2004). 33 Das war ein Hauptpunkt der Kritik von Sraffa (1932). kapazitäten führen. Die Frage nach der Kapitalstruktur, die gerade imstande ist, Hayeks Resultate zu produzieren, bleibt von ihm unbeantwortet. Eine Reihe von Kritiken beziehen sich auf von Hayek in seiner Ableitung ver‐ wendete vereinfachende Annahmen und sind in dieser Hinsicht als empirisch zu verstehen. ■ Hayek nimmt als Ausgangspunkt des Konjunkturzyklus eine Situation der Vollbeschäftigung, sodass im Aufschwung die Zunahme der Produk‐ tion von Kapitalgütern nur auf Kosten der Produktion von Konsumgütern erfolgen kann; ausgeschlossen ist das Phänomen einer insgesamt schwan‐ kenden Produktion. 32 ■ Von der Geldschöpfung gehen insofern Verteilungseffekte aus, als sie nur für Produzentenkredite, und nicht für Konsumentenkredite verwendet wird; die Verschiebung der Nachfrage zugunsten von Kapitalgütern be‐ ruht auf dieser Annahme. 33 ■ Die Produktionsstruktur lässt sich durch das Konzept einer durchschnitt‐ lichen Produktionsperiode fassen, die auf Änderungen der Daten „wohl verhaltend“ reagiert, sodass z. B. einem niedrigeren Zinssatz eine längere Produktionsperiode entspricht. ■ Die Rolle des technischen Fortschritts im Konjunkturzyklus wird ver‐ nachlässigt. ■ Schließlich impliziert die Hayeksche Theorie, dass der Konjunkturzyklus durch ausgeprägte Änderungen der Produktionsstruktur charakterisiert ist - Zunahme der Kapitalintensität im Aufschwung und Abnahme im Abschwung. Kritiker bezweifelten die Gültigkeit dieser These für die kurze Frist des Konjunkturzyklus. Ein letzter Punkt bezieht sich auf die Vernachlässigung des Problems der effek‐ tiven Nachfrage, des Kernpunkts von Keynes‘ alternativer Erklärung insbeson‐ dere der Depression. Aus Hayeks Sicht kommt es auch in der Depression nur auf relative Preise bzw. auf die Relationen von Konsum- und Kapitalgüternach‐ frage an. Die Depression wird ausschließlich als Strukturproblem betrachtet, niemals ist die absolute Höhe der (gesamten) Nachfrage nach Gütern entschei‐ dend. Diese Beschränkung auf strukturelle Faktoren spielt bei Hayeks Erklä‐ rungsversuch für die Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre eine wichtige Rolle. 59 Kritik <?page no="60"?> 34 Für eine Diskussion dieser Faktoren vgl. Hayek (1931b, Kapitel 4). Das Konzept des neutralen Geldes Hayek hat das Konzept des neutralen Geldes als ein theoretisches Instrument entwickelt - um festzustellen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Anwendung der statischen Theorie auf eine Geldwirtschaft gerecht‐ fertigt werden kann. Das bringt uns zunächst zur Frage, ob und wie sich in der Realität ein neu‐ trales Geld und damit die Ausschaltung von Konjunkturschwankungen verwirklichen ließen, und welche Norm für die Geldpolitik daraus folgte. Hayek (1933b) hebt drei Voraussetzungen für neutrales Geld hervor: ■ völlige Flexibilität aller Preise und Löhne, ■ korrekte Voraussicht künftiger Preise, insbesondere im Bezug auf lang‐ fristige Verträge, die in Geldeinheiten zu erbringende Leistungen fixieren, und ■ Konstanz des Geldstroms. Das letzte Kriterium verlangt im Sinne der Quantitätstheorie ein Konstanthalten von M × V . Das heißt, dass es nicht ausreicht, die Geldmenge M konstant zu halten, sondern darüber hinaus Schwankungen in der Umlaufsgeschwindigkeit V exakt kompensiert werden müssten. 34 Damit würden diejenigen inflatorischen Effekte auf die Geldwirtschaft ausgeschlossen, die den Anstoß zu Konjunktur‐ schwankungen geben. Für die langfristige Entwicklung einer Wirtschaft, die durch technischen Fortschritt und Wirtschaftswachstum ausgezeichnet ist, be‐ deutet das, dass Neutralität in Konflikt mit dem Ziel der Preisniveaustabilisie‐ rung gerät, wie es von den von Hayek sog. „Stabilitätstheoretikern“ Cassel, Keynes oder Hawtrey propagiert wird. Denn bei Konstanz des Geldstroms muss in einer wachsenden Wirtschaft das Preisniveau sinken; das Preisniveau folgt einer Produktivitätsnorm, indem es sich invers zur Entwicklung der Produk‐ 60 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="61"?> 35 Vgl. Selgin (1995). Eine der Hayekschen ähnliche Strategie wird neuerdings von den Befürwortern des Nominaleinkommens als geldpolitisches Zwischenziel verfolgt, wobei zu beachten ist, dass es Hayek nicht primär um die Steuerung, sondern um die Konstanz des Geldstroms gegangen ist. 36 Vgl. Bordo et al. (2009). 37 Zum Chicago-Plan siehe Simons (1994 [1933]) und kritisch dazu Hayek (1999b [1937a], 92-93). 38 Vgl. z. B. die Ausführungen in Hayek (1931b, Kapitel 4). tivität bewegt. 35 Nach Hayek ist diese Form von „guter (Preis-)Deflation“ not‐ wendig, 36 um Konjunkturschwankungen zu verhindern. Kann die Neutralität des Geldes aber je praktisch verwirklicht und damit das Konjunkturphänomen ausgeschaltet werden? Darauf gibt Hayek eine skepti‐ sche Antwort. Die „Spitzfindigkeiten“ in der Analyse der Bedingungen neu‐ tralen Geldes beweisen gleichsam die Unmöglichkeit es durch Maßnahmen der Geldpolitik zu verwirklichen. Der Versuch der Neutralisierung der Geldwirt‐ schaft muss angesichts der Wissensanforderungen an die geldpolitische Instanz und an institutionellen Beschränkungen scheitern. Auch der Beseitigung der Ursache des Geldschöpfungspotentials der Banken durch die im Rahmen des sog. Chicago-Plans geforderte 100%-ige Reservehaltung gegenüber Einlagen kann Hayek wenig abgewinnen - sie muss an der Existenz von Geldsubstituten scheitern, die einer solchen Verpflichtung nicht unterliegen. 37 Letztlich gelangt Hayek zum Schluss, dass Nicht-Neutralität und Konjunkturschwankungen im herrschenden Wirtschaftssystem unvermeidbar seien - es gehe nicht darum, sie abzuschaffen, sondern sie auf ein Maß zu beschränken, das mit wirtschaftlichem Wohlstand verträglich sei. 38 Im Hinblick auf das Konjunkturproblem sieht Hayek die Aufgabe der Geldpolitik vorwiegend in der Prävention, die Krise sei leichter zu verhindern als zu be‐ kämpfen, und das Mittel dazu sei strikteste Zurückhaltung von jeder Form der Geldschöpfung. … eine Bestätigung der alten Wahrheit, dass wir vielleicht in der Lage sind, eine Krise durch rechtzeitige Bremsung der Expansion zu verhindern, dass wir aber nichts dazu tun können, sie zu beseitigen, wenn sie einmal einge‐ treten ist. - [Es] ist wohl die einzige praktische Regel für die Währungspolitik …, dass die Zentralbanken daher außer während einer akuten Krise niemals, auch nicht zu Zeiten einer allgemeinen Depression, fürchten müssen, die Produktion durch übermäßige Vorsicht zu schädigen. (Hayek 2016 [1931b], 176 und 189) 61 Das Konzept des neutralen Geldes <?page no="62"?> 39 Die Bezeichnung geht auf den Titel von Robbins (1934) zurück. Die im Folgenden ver‐ wendeten Daten stammen aus Mitchell (1992) und Gordon (1986). 40 Als Referenz vgl. z. B. Kindleberger (1986). Wie sich diese krisenpolitischen Maximen Hayeks in der Großen Depression der 1930er-Jahre bewährt haben, wird der folgende Abschnitt zeigen. Die Kon‐ sequenzen für das aus Hayeks Sicht anzustrebende nationale bzw. internationale Währungssystem werden im folgenden Kapitel behandelt. Diagnose und Therapie der Großen Depression Als Hayek 1931 an der LSE seine Konjunkturtheorie und ihre wirtschaftspoli‐ tischen Schlussfolgerungen präsentierte, befand sich die Weltwirtschaft gerade auf dem Weg in die tiefste Krise in der Geschichte des Kapitalismus. Einige Daten und Fakten sollen das Außergewöhnliche der Großen Depression verdeutli‐ chen. 39 Zu den am schwersten getroffenen Ländern zählten die USA, das Deut‐ sche Reich und Hayeks Heimatland Österreich, in denen die Arbeitslosenraten Werte von 30% überschritten. In den USA ging nach einer langen Hochkon‐ junktur in den 1920er-Jahren das Nationalprodukt zwischen 1929 und 1933 um fast ein Drittel zurück, im Deutschen Reich, dessen Wirtschaft sich schon zuvor durch Wachstumsschwäche ausgezeichnet hatte, um ein Fünftel. Die Schrump‐ fung der Wirtschaft wurde in beiden Ländern von einer Deflation begleitet, die das Preisniveau um ca. 25% senkte. In Großbritannien waren, nach einer Periode der Stagnation und hoher Arbeitslosigkeit in den 1920er-Jahren, die Auswir‐ kungen der Krise milder, die Arbeitslosigkeit erreichte 1931 ihren Höchstwert von 15% und verharrte dort die Folgejahre. Für die Beurteilung der Ursachen der Großen Depression von besonderer Be‐ deutung sind die Entwicklungen im internationalen Währungssystem. 40 Die im Gefolge des wirtschaftlichen Abschwungs auftretenden Banken- und Wäh‐ rungskrisen führten zum Zusammenbruch des in den 1920er-Jahren mühsam wiederaufgebauten Systems des Goldstandards. In Österreich, Deutschland und anderen Ländern Mitteleuropas wurde 1931 die Devisenbewirtschaftung einge‐ führt; im September desselben Jahres verließ das Pfund den Goldstandard; 1933 folgten die USA, die unter Roosevelt den New Deal mit einer Politik der Dol‐ larabwertung kombinierten; 1936 zerbrach schließlich auch der Goldblock. Von diesen Turbulenzen gingen wichtige Folgewirkungen aus: Einerseits förderten sie protektionistische Maßnahmen - paradigmatisch die Einführung des Smoot-Hawley-Zolltarifs in den USA 1930 - und bewirkten damit einen drasti‐ 62 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="63"?> 41 Vgl. Friedman & Schwartz (1965, Kapitel 7). 42 Unter Zentralbankgeld (oder monetärer Basis) versteht man den Bargeldumlauf plus die bei der Zentralbank gehaltenen Einlagen. M 1 umfasst den Bargeldumlauf in den Händen des Publikums (außerhalb des Bankensektors) und die Sichteinlagen bei den Geschäftsbanken. M 2 enthält zusätzlich zu M 1 noch die Spareinlagen. schen Rückgang des Welthandels, der von 1929 bis 1932 nominell um 60%, real immerhin um 25% schrumpfte. Anderseits war der Goldstandard, für diejenigen Länder, die in dem System verharrten, eine „Fessel“ für eine autonome Steuerung des Geldumlaufs. Ein markantes Beispiel liefert die Entwicklung des Geldumlaufs in den USA. 41 Durch die Wirtschaftskrise und eine Serie von Bankzusammenbrüchen war es zu einer Schrumpfung der Einlagen bei den Banken gekommen, die durch die gleichzeitige Ausweitung der Zentralbankgeldmenge, von 1929 bis 1933 im‐ merhin um 15%, in ihrer Auswirkung nicht kompensiert werden konnte. 42 Die Geldmengenaggregate M 1 und M 2 sanken in diesem Zeitraum um 26% bzw. 33%, und erst 1937 wurde das Ausgangsniveau vor der Krise wieder erreicht. Die Quantitätstheorie macht das Krisenpotential deutlich, das in dieser Schrump‐ fung der Geldmenge steckt: Wird das „ M “ der Quantitätsgleichung mit M 1 bzw. M 2 identifiziert, so führte das selbst unter der unplausiblen Annahme einer un‐ veränderten Umlaufsgeschwindigkeit V zu einem monetär bedingten Rückgang des Nominaleinkommens P × Q um mehr als ein Viertel. Hayek bot die Große Depression ein Anwendungsgebiet für seine Konjunktur‐ theorie; in manchen der betroffenen Länder sah er allerdings als Ursachen für die krisenhafte Entwicklung nicht nur konjunkturelle, sondern auch struktu‐ relle Faktoren am Werk. Die strukturellen Faktoren bestimmen in einem ungestörten Gleichgewicht, als Referenzpunkt für konjunkturelle Abweichungen, Produktion und Produkti‐ onsstruktur. Zu diesen Faktoren zählen unter anderem die Höhe der Ersparnis, die Rentabilität der Investitionen und die vorhandenen Anreize für Unterneh‐ mertum und Innovation. Staatliche Eingriffe haben nun - aus Hayeks Sicht - in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg diese strukturellen Faktoren negativ be‐ einflusst: Hohe Steuern und Soziallasten zur Finanzierung der gestiegenen so‐ zialpolitischen Ansprüche, die Zulassung, wenn nicht Förderung der Gewerk‐ schaften und ihrer Hochlohnpolitik, all dies habe sich schon vor der Krise schädlich auf die Produktionsstruktur ausgewirkt. Hayek sieht weite Teile Eu‐ ropas, insbesondere das Deutsche Reich und Österreich, als Opfer solcher Struk‐ turschwächen. Es sei eine Situation der Kapitalaufzehrung mit exzessivem pri‐ 63 Diagnose und Therapie der Großen Depression <?page no="64"?> 43 Vgl. neben Hayek (1932a) auch Mises (1931); die Diagnose ähnelt derjenigen von Knut Borchardt und Albrecht Ritschl (vgl. z. B. Borchardt 1978) zur Strukturschwäche der Wirtschaft der Weimarer Republik. 44 Vgl. Friedman & Schwartz (1965). 45 Als Beispiele für Hayeks Argumentation siehe Hayek (1932b, c); als Zusammenfassung vgl. Klausinger (2012b, 5-15). vatem und öffentlichem Konsum entstanden. Als Folge kommt es zu einer Schrumpfung der Wirtschaftsleistung und einer Abnahme der Ergiebigkeit der Produktion - auf die Dauer zum Verfall des Lebensstandards. 43 Für die Erklärung der 1929 einsetzenden Krise greift Hayek auf seine Konjunk‐ turtheorie zurück, die die Ursache im inflationär finanzierten Aufschwung sieht. Zentral für die Argumentation ist hierbei die Entwicklung in den USA: Dort waren die 1920er-Jahre durch eine lange Hochkonjunktur gekennzeichnet, die - anders als frühere Aufschwungphasen - nicht mit einem Anstieg des Preis‐ niveaus verbunden war. Aus Hayeks Sicht war Inflation aber dennoch präsent, denn um in der wachsenden Wirtschaft das Preisniveau stabil zu halten, war Geldschöpfung und eine ständige Kreditexpansion notwendig - ein Verstoß gegen die von Hayek propagierte Produktivitätsnorm und daher, in der Termi‐ nologie von Haberler (1931), „relative Inflation“. Wie jede Inflation bewirkt auch diese reale Verzerrungen und finanzielle Fehlspekulationen und führt unwei‐ gerlich in die Krise. Nach dem Eintreten der Krise und dem Übergang in eine Depression sieht Hayek kaum aussichtsreiche Ansatzpunkte einer aktiven Krisenbekämpfung. Insbe‐ sondere den expansiven Einsatz der Geld- und Fiskalpolitik lehnt er ab. In der Diagnose der monetären Ereignisse nach 1929 steht Hayeks Position in scharfem Gegensatz zur heute dominierenden Interpretation des Monetarismus, die die Große Depression in den USA als eine Folge einer Großen Kontraktion des Geldumlaufs ansieht. 44 Sie macht die Geldpolitik des Fed insofern für die Dauer und die Tiefe der Depression verantwortlich, als sie diese Kontraktion zugelassen und nur unzureichend versucht habe ihr entgegenzuwirken. Eine Möglichkeit dazu hätte z. B. in einer großangelegten expansiven Offen-Markt- Politik bestanden, um durch eine Ausweitung der monetären Basis die Schrump‐ fung der Bankeinlagen zu kompensieren. Für Hayek und seine Anhänger liegt die Sache gerade umgekehrt. Die Versuche der Krisenbekämpfung durch ex‐ pansive Geldpolitik hätten die selbsttätige Krisenbereinigung verhindert und die Krise bloß verlängert. 45 Denn für Hayek steht fest: 64 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="65"?> 46 Zu diesem Problemkomplex vgl. Klausinger (2005). 47 In einem Leserbrief an The Times vom 21. Februar 1933; vgl. entgegengesetzt den Le‐ serbrief der LSE-Ökonomen Hayek, Robbins, T.E. Gregory und A. Plant vom 19. Oktober 1932. …, dass eine solche Kreditexpansion, wenn sie versucht wird, bevor der Li‐ quidationsprozess der vorangegangenen Krise weit genug fortgeschritten ist, wirkungslos bleibt und sogar die Depression verlängert. (Hayek [1932c] in Machlup et al. (2005), 139) In diesem Zusammenhang bleibt kritisch zu hinterfragen, inwiefern Hayek und anderen Befürwortern einer „restriktionistischen“ Geldpolitik die Tatsache der Schrumpfung des Geldumlaufs - angesichts des Fehlens verlässlicher statisti‐ scher Daten - bekannt und ihnen bewusst war, dass dies im Widerspruch zu einer Voraussetzung neutralen Geldes, nämlich der Konstanz des Geldstroms, steht. Tatsächlich stellt diese Position ein nicht leicht aufzulösendes Rätsel dar. Denn einerseits gehört es zu den Kernelementen der österreichischen Konjunk‐ turtheorie, die Bankeinlagen in gleicher Weise wie Zentralbankgeld zum Geld‐ umlauf zu zählen. Anderseits wird aber die Schrumpfung der Bankeinlagen während der Krise keineswegs als schädlich angesehen, vielmehr vor dem Ver‐ such gewarnt, diesen Rückgang durch eine Ausweitung der Zentralbankgeld‐ menge zu kompensieren. 46 Eine andere Frontstellung ergibt sich zwischen Hayek und Anhängern einer keynesianischen Krisenpolitik avant la lettre . In Großbritannien entzündet sich der Konflikt an der Frage, „Saving or Spending? “, d. h. ob der Krise seitens der privaten und öffentlichen Haushalte durch Sparen oder durch Ausgeben beizu‐ kommen sei. In Kommentaren und Leserbriefen (insbesondere in der Times , 1932/ 33) meldet sich eine ganze Reihe von britischen Ökonomen zu Wort, wobei sich bald die Minderheitenposition Hayeks herausstellt. Die Mehrheit unter‐ stützt eine wenn auch vorsichtige fiskalische Expansion. Selbst Pigou, der später für Keynes in der General Theory den Strohmann für eine bis zur Unkenntlichkeit entstellte „klassische Ökonomie“ abgeben sollte, resumiert die Diskussion mit der Feststellung: „Im Zweifel, expandieren! “ 47 Auch in Deutschland hatte sich im Gefolge der Krise eine kaum überschaubare Fülle von selbsternannten Experten und Reformern mit allerlei heterodoxen Pro‐ grammen einer Nachfrageausweitung hervorgetan. Unter den wissenschaftlich respektablen Hervorbringungen sind die unter der Mitwirkung von Röpke ent‐ standenen Berichte der Brauns-Kommission aus dem Jahre 1930 hervorzuheben. Es war nämlich mit Röpke ein den Ideen der österreichischen Konjunkturtheorie 65 Diagnose und Therapie der Großen Depression <?page no="66"?> 48 Zur Brauns-Kommission siehe Röpke (1931). 49 Vgl. Röpke (1932, 88-92). 50 Neben die Liquidation der realen Kapitalgüter tritt in der Depression auch die Liqui‐ dation im finanziellen Sinn: die Rückführung der Verschuldung („de-leveraging“) durch Sparen oder durch Bankrotte; in Hayeks Analyse der Depression spielt dieser Aspekt nur eine untergeordnete Rolle. 51 Vgl. Hayeks Kritik an den Unterkonsumtionstheorien von Foster und Catchings (Hayek 1929b); später wird Hayek auch Keynes‘ Theorie diesem Ansatz zurechnen. nahestehender liberaler Ökonom, der - im Widerspruch zu Hayek - dafür ein‐ trat, die Krise mit expansionistischer Politik zu bekämpfen. 48 Die theoretische Grundlage für diese Position liefert ihm die Unterscheidung von zwei Phasen der Depression bzw. Deflation: primäre und sekundäre Depression. 49 Die primäre Depression ist gekennzeichnet durch Anpassungen, die auf eine Wiederherstellung des gestörten Gleichgewichts gerichtet sind; sie ist funk‐ tional . Es handelt sich um eine „Reinigungskrise“ (Röpke 1932, 90). Folgt man - mit Röpke - Hayeks Theorie, so liegt die Ursache der Verzerrungen in der Über- und Fehlinvestition, die nun wieder rückgängig und mit der Höhe der freiwil‐ ligen Ersparnis vereinbar gemacht werden muss. Zu diesem Ziel führen einer‐ seits der Abbau (Liquidation) bzw. die Umschichtung der vorhandenen Kapitalgüter, anderseits wird das Wiederreichen eines Gleichgewichts auch durch vermehrtes Sparen gefördert: einen Sparkurs der öffentlichen Haushalte oder Lohnsenkungen und damit eine Umverteilung zu den Einkommensbezie‐ hern mit niedrigerer Konsumneigung. 50 Für Hayek ist diese ursachenadäquate Therapie die einzig Erfolg Versprechende. Die weit verbreitete Erklärung der Krise als Folge von Unterkonsumtion 51 lehnt Hayek strikt ab. Eine auf die Stär‐ kung der Kaufkraft der Konsumenten abzielende Politik würde die Rückbildung der Verzerrungen bloß behindern und damit die Krise verlängern. Röpke und andere Vertreter einer expansionistischen Schule (Röpke 1933) gehen davon aus, dass die Depression in eine sekundäre Phase übergehen kann. Die in der primären Depression entstandenen Deflationsprozesse - die Schrumpfung der Kredite, des effektiven Geldumlaufs, der Preise und der Einkommen - können anhalten und die Reaktion auf die primäre Krisenursache überlagern. Der dadurch entstehende kumulative Prozess von Einkommens-, Nachfrage- und Geldmengenrückgängen - ähnlich dem Multiplikatorprozess der Keyness‐ chen Theorie - wird dann dysfunktional , er bringt die Wirtschaft nicht mehr ins Gleichgewicht zurück, sondern immer weiter davon weg. Fern vom Gleichge‐ wicht verlieren in der sekundären Phase auch die Preise ihre Signalwirkung. 66 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="67"?> 52 Eine moderne Reinterpretation dieses Ansatzes findet sich in der von Leijonhufvud (1981, Kapitel 6) aufgestellten „Korridor-Hypothese“. Es gibt kaum noch eine Investition, die sich nicht als ‚Fehlinvestition‘ her‐ ausstellen wird, es gibt kaum noch Löhne, die nicht zu hoch sind, kaum noch eine Bank oder ein Industrieunternehmen, die nicht in ernster Gefahr sind. (Röpke 1936, 130) Hier und, wie die Anhänger dieses Ansatzes betonen, nur hier liegt die Lösung des Krisenproblems nicht in mehr, sondern in weniger Sparen. Eine Politik der Nachfrageexpansion kann als Initialzündung die Erholung der Wirtschaft an‐ kurbeln (Röpke 1932, 104), z. B. mittels eines durch die Notenbank (also durch Inflation! ) finanzierten staatlichen Ausgabenprogramms (Budgetdefizits). Ziel dieser Politik wäre demnach die Wirtschaft wieder in jenen Bereich der Gleich‐ gewichtsnähe zu bringen, in denen die Selbststeuerungsmechanismen des Marktsystems wirksam werden. 52 Allerdings kann Hayek dieser Unterscheidung wenig abgewinnen. Was er al‐ lenfalls als eine sekundäre, über die primären Anpassungsbedürfnisse hinaus gehende Deflationsphase akzeptiert, ist für ihn eine Reaktion auf die existie‐ renden Rigiditäten (Lohnstarrheit, Immobilität etc.) des Wirtschaftssystems, die wohl die Krise verlängern, sich aber gleichwohl durch die Brechung dieser Ri‐ giditäten als nützlich erweisen kann (Hayek 2016 [1933c], 224). In jedem Fall sei aber die Bekämpfung der Krise gerade durch diejenigen Mittel, die sie verursacht haben, nämlich durch Inflation, fragwürdig: Wenn nämlich durch Kreditexpansion ein Aufschwung hervorgerufen wird, so ist … mit Sicherheit anzunehmen, dass damit schon der Samen für eine neue Krise gesät wird und wir die gegenwärtige Beschleunigung der Bele‐ bung um den Preis der Verschlimmerung der nächsten Krise erkaufen. Die Behandlung der Depression im Wege der Kreditexpansion stellt ja eine Art homöopathisches Verfahren dar, bei dem man die Krankheit mit denselben Mitteln, die sie verursacht hat, zu heilen versucht. (Hayek [1932c] in Machlup et al. (2005), 139-140) Die aus ökonomischer Sicht richtige Politik sei daher eine des Abwartens. Allein politische Gründe, z. B. die Abwendung eines drohenden politischen Umsturzes, könnten eine ansonsten fragwürdige expansionistische Krisenpolitik rechtfer‐ tigen. 67 Diagnose und Therapie der Großen Depression <?page no="68"?> Es wäre die Politik des Desperados, der nichts zu verlieren und von einer kurzen Atempause alles zu gewinnen hätte. (Hayek 2012b [1939], 250n.) Diese Rechtfertigung gesteht Hayek auch der Position Röpkes zu, der in der Endphase der Weimarer Republik mit seinen Argumenten, wenn auch erfolglos, die Deflationspolitik des Reichskanzlers Brüning kritisierte. Wie wir heute wissen, hätte eine aktivere Krisenpolitik vielleicht eine letzte Chance geboten, den endgültigen Verfall der demokratischen Institutionen und die Machtergrei‐ fung Hitlers zu verhindern. Als 1936 Keynes‘ General Theory erscheint und damit den einzelnen praktischen Vorschlägen monetärer und fiskalischer Expansion einen wissenschaftlich an‐ spruchsvollen theoretischen Rahmen verleiht, ist dies für Hayek wohl nicht mehr als eine weitere Auflage eines Traktats über Unterkonsumtion und Infla‐ tionismus. War Hayek schon zuvor in der britischen Diskussion der Krisenpo‐ litik offenkundig in eine Minderheitenposition geraten, so fegte in der Folgezeit die „Lawine“ der Keynesschen Revolution den Geld- und Konjunkturtheoretiker Hayek aus dem aktuellen Bewusstsein der Fachwelt. Hayek und Keynes „John Maynard Keynes, ein Mann von großen geistigen Fähigkeiten, aber be‐ schränkten Kenntnissen der Wirtschaftstheorie“ (Hayek 2001 [1978c], 147): Trotz dieser schroffen Charakterisierung ist Hayeks Urteil über Keynes nicht ohne Ambivalenzen. Bezeichnenderweise begann Hayeks internationale Kar‐ riere als Ökonom an der LSE mit einer scharfen Kritik an Keynes‘ Treatise on Money (1930), an der er bereits viele jener Mängel entdeckte, die für ihn auch Keynes‘ Hauptwerk, die General Theory (1936), kennzeichnen. Obwohl es in der Zeit des Krieges bei manchen Themen, z. B. der Frage der Kriegsfinanzierung, zu Annäherungen kommt, erachtet Hayek Keynes‘ öffentliches Wirken als Ökonom für verderblich: es mache ihn zu einer „öffentlichen Gefahr“. Die Key‐ nessche Revolution, insbesondere in ihrer wirtschaftspolitischen Praxis, wie sie erst nach Keynes‘ Tod (1946) Gestalt angenommen hat, ist für Hayek ein auf „Aberglauben“ beruhender „Schwindel“, wobei er offen lässt, wie weit all deren Implikationen tatsächlich den Vorstellungen von Keynes entsprechen oder das Werk seiner Anhänger und Apologeten sind. 68 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="69"?> 53 Diese Kritik wurde in der sog. Cambridge-Kapitalkontroverse formuliert, vgl. Cohen & Harcourt (2003); speziell zur Böhm-Bawerkschen Kapitaltheorie vgl. Samuelson (2001). Kapitaltheorie und Ricardo-Effekt: Zwei Sackgassen Vor dem Hintergrund der auf eine ganze Generation junger Ökonomen wir‐ kenden Faszination der Keynesschen Lehren und seiner Hinwendung zu me‐ thodischen und sozialphilosophischen Fragen kommt Hayeks Beschäftigung mit der Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie in den frühen 1940er-Jahren zu einem vorläufigen Abschluss. Dieser wird durch das Erscheinen seiner Pure Theory of Capital (1941) und durch die Kontroverse rund um den sog. Ricardo-Effekt mar‐ kiert. Hayeks Kapitaltheorie ist das Ergebnis eines bereits Anfang der 1930er-Jahre in Angriff genommenen Projekts, das über die reine (oder statische) Theorie hin‐ ausgehend in einer dynamischen Theorie des Kapitals hätte münden sollen. Diesen Anspruch konnte Hayek nicht mehr einlösen, doch stellt auch der sta‐ tische Teil einen Höhe- und zugleich Endpunkt in der Entwicklung der öster‐ reichischen Kapitaltheorie dar. Der Ausgangspunkt des Kapitalprojekts war Hayeks Einsicht, dass die von ihm zuvor verwendete Repräsentation der Pro‐ duktionsstruktur einer Wirtschaft durch die durchschnittliche Produktionspe‐ riode nur unter äußerst restriktiven Annahmen gerechtfertigt werden kann. Seine Ambition war daher eine Kapitaltheorie ohne jeden Rückgriff auf dieses übervereinfachende Konzept zu entwickeln. Zwei wesentliche Kritikpunkte sind gegen das Konzept der Produktionsperiode vorzubringen. 53 Erstens ist es nicht möglich die Produktionsperiode als eine rein technische Darstellung der Produktionsstruktur zu behandeln, da die Höhe des Zinssatzes in die Definition der Produktionsperiode eingeht und daher eine Zinsänderung - selbst bei unveränderten Produktionsmethoden - zu einer Än‐ derung des für die Produktionsperiode errechneten Wertes führen muss. In diesem Sinne wäre es auch missverständlich davon zu sprechen, dass der Zins‐ satz die Länge der Produktionsperiode bestimmt, denn vielmehr können diese beiden Größen im Gleichgewicht nur simultan ermittelt werden. Der zweite Kritikpunkt ist noch fundamentaler: Der üblicherweise - auch von Hayek - unterstellte negative Zusammenhang zwischen Zinssatz und Produktionspe‐ riode, sodass einem niedrigeren Zinssatz eine „kapitalintensivere“ Produktions‐ struktur und damit eine längere Produktionsperiode entsprechen muss, gilt nur unter restriktiven Annahmen. Sind diese nicht erfüllt, so ist nicht auszu‐ schließen, dass ein und dieselbe Produktionsmethode bei niedrigen und hohen 69 Kapitaltheorie und Ricardo-Effekt: Zwei Sackgassen <?page no="70"?> 54 Vgl. dazu kritisch Steedman (1994). Zinssätzen für die Produzenten die gewinnmaximale Wahl darstellen kann, während bei einem „mittleren“ Zinssatz eine andere Methode gewählt würde. Dieses Phänomen des sog. Reswitching schließt offensichtlich einen eindeutig negativen Zusammenhang zwischen dem Zinssatz und der Kapitalintensität der Produktion aus. Hatte Hayek den ersten Einwand selbst als Kritik der Produk‐ tionsperiode formuliert, so ist unklar, ob ihm die Tragweite des Reswit‐ ching-Phänomens voll bewusst wurde - geht er doch auch nach 1941 von der üblichen Vorstellung eines eindeutigen Einflusses des Zinssatzes auf die Pro‐ duktionsstruktur aus. 54 Was jedenfalls die Wirkung von Hayeks Kapitaltheorie auf die Fachwelt anbe‐ langt, so ist es wohl eines seiner am wenigsten wahrgenommenen Werke: Er‐ schließen sich schon im Normalfall die Subtilitäten der Kapitaltheorie nur einem kleinen Kreis eingeweihter theoretischer Ökonomen, so waren auch die Zeit‐ umstände für eine günstigere Aufnahme nicht förderlich. Einen Ersatz für die ungeschriebene dynamische Theorie des Kapitals sollten Hayeks zwei Arbeiten zum Ricardo-Effekt bilden (Hayek 1939, 1942). Dabei ging es ihm darum zu zeigen, dass auch unter realistischeren als den in Prices and Production getroffenen Annahmen jeder inflationär finanzierte Aufschwung unvermeidlich in Krise und Depression enden muss. Ein wesentlicher Unter‐ schied zur früheren Version besteht darin, dass nun die Ausgangssituation nicht durch Vollbeschäftigung, sondern durch die Existenz unbeschäftigter Res‐ sourcen charakterisiert ist. Weiters wird die Möglichkeit unbeschränkter Aus‐ dehnung der Geldmenge bei unverändertem Zinssatz angenommen, sodass die Krise nicht mehr durch Krediteinschränkung und Zinserhöhung hervorgerufen wird. In Hayeks neuer Variante wird die Nachfrage nach Kapitalgütern einer‐ seits von der Konsumgüternachfrage bestimmt - ähnlich dem sog. Akzelera‐ torprinzip, anderseits von der Höhe der Reallöhne - dem Ricardo-Effekt, wobei ein Sinken der Reallöhne die Nachfrage dämpft, weil dann offenbar der Einsatz von Arbeit im Vergleich zu Kapital profitabler wird. Im Aufschwung kommt nach Hayek ein Sinken der Reallöhne dadurch zustande, dass aufgrund be‐ schränkter Kapazitäten im Konsumgütersektor dort die Preise (im Gegensatz zu denen des Kapitalgütersektors) zu steigen beginnen und die Nominallöhne starr sind. Der andauernde Rückgang der Reallöhne müsse schließlich zu einem Rückgang der Investitionsnachfrage führen, der Ricardo-Effekt den Akzele‐ rator-Effekt überwiegen und damit Krise und Abschwung einleiten. 70 Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie <?page no="71"?> 55 Für die Widerlegung des Ricardo-Effekts vgl. Kaldor (1942). Abgesehen von der fragwürdigen empirischen Evidenz für solche Schwan‐ kungen der Kapitalintensität im Konjunkturzyklus wurde in der Debatte um den Ricardo-Effekt dessen logische Unhaltbarkeit aufgezeigt 55 - er vermag einen automatischen Rückgang der Investitionsnachfrage im Aufschwung nicht zu begründen. Am vorläufigen Ende seiner Karriere als technischer Ökonom schien Hayek in den 1940er-Jahren in einer Sackgasse angelangt zu sein. Seine Kapitaltheorie hatte wenig Resonanz gefunden und ihm selbst mangelte nach der langwierigen Arbeit an The Pure Theory of Capital die Energie für eine Fortsetzung. Der Ver‐ such einer neuen Grundlegung seiner Konjunkturtheorie hatte mit einer Nie‐ derlage in der Kontroverse mit seinen Kritikern geendet. Angesichts seiner Neuorientierung auf sozialphilosophische Fragestellungen, die Hayek bereits parallel zu diesen Arbeiten mit dem Projekt über den „Missbrauch der Vernunft“ in Angriff genommen hatte, fehlte ihm wohl auch der Anreiz in den in seinem ursprünglichen Fachgebiet ausgebrochenen Auseinandersetzungen aktiv mit‐ zuwirken. 71 Kapitaltheorie und Ricardo-Effekt: Zwei Sackgassen <?page no="73"?> Hayeks Feldzug: Keynes und die Folgen <?page no="75"?> 56 Zum Folgenden vgl. die in Hayek (2001) abgedruckten Beiträge aus den Jahren 1950, 1958 und insbesondere 1978. A uch wenn er erst nach der Verleihung des Nobelpreises wieder verstärkte Aufmerksamkeit erfuhr, war Hayek doch durch Jahrzehnte hindurch als beharrlicher Kritiker eines makroökonomischen Ansatzes im Allgemeinen und des Keynesianismus im Besonderen hervorgetreten. Hier sollen besonders seine Kritik an der keynesianischen Wirtschaftspolitik, die Abgrenzung gegen‐ über Friedman und dem Monetarismus, und zuletzt die Entwicklung von Hayeks Ideen zu einer idealen Geldordnung dargestellt werden. Der Feldzug gegen den Keynesianismus Die in der Auseinandersetzung mit Keynes vorgebrachten Hauptpunkte von Hayeks Kritik sind: ■ Die keynesianische Theorie basiert auf als kausal gedachten Bezie‐ hungen zwischen gesamtwirtschaftlichen (aggregierten bzw. Durch‐ schnitts-)Größen, die aus statistischen Regelmäßigkeiten mit dem In‐ strumentarium der Ökonometrie abgeleitet werden sollen. Dies widerspricht dem Prinzip des methodologischen Individualismus und damit der Forderung nach einer Mikrofundierung der Makroökonomik . ■ Der Keynesianismus setzt an die Stelle einer realen, auf strukturelle Ur‐ sachen abstellenden, „preistheoretischen“ eine primär monetäre, an der Gesamtnachfrage nach Gütern orientierte Erklärung der Wirtschaftsak‐ tivität (Konjunktur). Bezeichnend dafür ist das Fehlen einer ausgearbei‐ teten Kapitaltheorie. ■ Dies führe dazu, dass das Vertrauen (oder wie Hayek wohl formulieren würde, die Einsicht) in die selbsttätige Tendenz zu Gleichgewicht und Koordination in einer Marktwirtschaft dem Glauben an die Notwendigkeit der Steuerung der Wirtschaft durch staatliche Eingriffe weicht. Es sind nun die aus einer konsequenten Durchführung keynesianischer Wirt‐ schaftspolitik drohenden Gefahren, vor denen Hayek in den Nachkriegsjahr‐ zehnten nicht müde wird zu warnen: Inflationismus, Übermacht der Gewerk‐ schaften, Schwächung des Preissystems und Abgleiten in Planwirtschaft. 56 Hayek verkennt keineswegs die Möglichkeit, durch Nachfrageexpansion - wie sie der Keynesianismus befürwortet - auf kurze Sicht Arbeitslosigkeit zu be‐ 75 Der Feldzug gegen den Keynesianismus <?page no="76"?> seitigen und „Vollbeschäftigung“ herzustellen, und in Ausnahmefällen einer all‐ gemeinen Arbeitslosigkeit mag diese Politik sogar gerechtfertigt sein. Wenn der Keynesianismus diese Politik allerdings zum Regelfall erheben will, übersieht er zweierlei: Erstens liegt zwischen den Stadien von allgemeiner Arbeitslosigkeit und von Vollbeschäftigung ein weiter Übergangsbereich, in dem Arbeitslosig‐ keit und Vollbeschäftigung nebeneinander in verschiedenen Sektoren auftreten. Und zweitens beruht die Wirksamkeit der Nachfrageexpansion auf der Geldil‐ lusion der Arbeitnehmer bzw. der sie vertretenden Gewerkschaften, denn nur dann würden die Löhne nicht nur nach unten, sondern auch nach oben starr bleiben und gestiegenen Preisen nicht angepasst werden. Weniger Keynes als vor allem dessen Schülern, den eigentlichen Wegbereitern der Keynesschen Re‐ volution, wirft Hayek vor, die schädlichen Folgen einer auf diesen Fehlan‐ nahmen basierenden Politik zu negieren. Eine unter diesen Umständen verfolgte bedingungslose Vollbeschäftigungspo‐ litik, wofür Hayek Großbritannien als typisches Beispiel heranzieht, habe zur Folge, dass sich die strategische Position der Regierung (bzw. der Zentralbank) gegenüber den Gewerkschaften grundlegend ändert. Legte sich die Regierung auf eine Politik der Geldwertstabilität fest, dann würde damit ein kompatibles Niveau der Gesamtnachfrage vorgegeben, an das sich die Gewerkschaften mit ihren Lohn‐ forderungen anpassen müssten - die Verantwortlichkeit für die Arbeitsmarktlage würde den Gewerkschaften zugerechnet. Vollbeschäftigungspolitik kehrt diesen Zusammenhang um: Nun kann die Gewerkschaft ihre Lohnansprüche vorgeben und der Regierung fällt die Aufgabe zu, die für Vollbeschäftigung ausreichende Nachfrage zu schaffen. Im „Zwang“, Kostenerhöhungen durch zusätzliche Nach‐ frage zu akkommodieren, liegt hier die eigentliche Ursache von Kostendruck-In‐ flation. Dieser Kostendruck ist aber geradezu das unvermeidliche Ergebnis von Voll‐ beschäftigungspolitik : Durch den Verlust der Geldillusion kommt es zu einem Wettlauf zwischen Lohn- und Preiserhöhungen. Zudem wird durch die Lohnstarr‐ heit nach unten die Anpassung an die unterschiedliche Entwicklung in den Wirt‐ schaftssektoren behindert - relative Positionen lassen sich nur durch Lohnerhö‐ hungen im expandierenden und nicht durch Lohnsenkungen im stagnierenden Sektor ändern, wodurch ein zusätzlicher struktureller Lohndruck entsteht. Schließ‐ lich können auch von außen einwirkende Kostenerhöhungen, wie die Erdölpreis‐ schocks der 1970er-Jahre, in ihrer Wirkung auf die Beschäftigung nur durch Schaf‐ fung von Inflation abgefangen werden. Bei nach unten starren Nominallöhnen und sektoral unterschiedlich verteilter Arbeitslosigkeit muss keynesianisches Nachfragemanagement einerseits zu Verzerrungen der Wirtschaftsstruktur, anderseits durch die als Nebeneffekte 76 Hayeks Feldzug: Keynes und die Folgen <?page no="77"?> 57 Vgl. z. B. Hayek (2001 [1978c]). auftretenden Preissteigerungen zur fortwährenden Enttäuschung von Erwar‐ tungen führen. Die angestrebte Beschäftigungswirkung wird letztlich nur durch eine ständige Intensivierung dieser Politik und eine Beschleunigung der Infla‐ tion aufrecht zu erhalten sein. Hayeks Diagnose der Folgen keynesianischer Politik weist gegenüber seiner in den 1930er-Jahren formulierten Konjunkturerklärung Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede auf: Einerseits ist wiederum Inflation die Ursache von Struktur‐ verzerrungen der Wirtschaft und das unvermeidliche Ende der Inflation der Auslöser der Krise. Anderseits besteht diese Verzerrung nun nicht mehr bloß in der „Kapitalgüterlastigkeit“ der Produktionsstruktur, sondern äußert sich in mannigfachen, durch die jeweilige staatliche Nachfrageexpansion bestimmten Richtungen, auch hat die Reaktion auf die „Große Inflation“ der Nachkriegszeit länger als erwartet auf sich warten lassen. Trotzdem sei sie nun unvermeidbar und werde die Stabilisierungskrise umso heftiger ausfallen müssen, je länger an der irrigen Politik einer Inkaufnahme von Inflation festgehalten wird. Das Ergebnis ist „Erzeugung von Arbeitslosigkeit durch sogenannte ‚Voll‐ beschäftigungspolitik‘“ (Hayek 2001 [1978c], 149) Im Übrigen nimmt diese verbale Argumentation Hayeks (und anderer Kritiker des Keynesianismus) mit dem Vorwurf des „Inflationismus“ Ergebnisse vorweg, wie sie die spätere, spieltheoretisch inspirierte Literatur als These des Inflati‐ onsbias (Barro & Gordon 1983) ableitet. Demnach führt eine diskretionäre, d. h. nicht an Regeln gebundene, Politik der Nachfragesteuerung, die ein „zu ehrgei‐ ziges“, über dem Gleichgewichtswert liegendes Beschäftigungsziel anstrebt, auf Dauer zu einer exzessiven Inflationsrate. Wird die Präferenz für das Beschäfti‐ gungsziel absolut, gibt es für die Inflation keine modellimmanente Obergrenze. Gewöhnung an die Inflation ist oft mit Süchtigkeit nach Rauschgift vergli‐ chen worden. Eine der schwerwiegendsten Fragen unserer Zeit [betrifft die] Fähigkeit demokratischer Institutionen, die enormen Kräfte für Gedeih und Verderb, die die neuen Instrumente der Wirtschaftspolitik ihnen in die Hand geben, vernünftig zu handhaben. (Hayek 2001 [1950], 99-100) Aus Hayeks Sicht 57 hatte - wir stehen nun in den 1970er-Jahren - spät, aber unvermeidbar, die keynesianische Politik hohe und zunehmende Inflation her‐ 77 Der Feldzug gegen den Keynesianismus <?page no="78"?> 58 Für die Sichtweise eines neoliberalen „Thinktanks“ wie des Institute of Economic Af‐ fairs, siehe z. B. Seldon (1981, besonders Preamble und Kapitel 2). Für die Einordnung in die globalen wirtschaftspolitischen Zusammenhänge vgl. z. B. James (2003, Kapitel 10 und 11). vorgerufen, die eine neue Gefahr offenbarte. Um die (für Hayek unumgängliche) Stabilisierungskrise zu vermeiden, versuchten Regierungen in vielen Ländern der Inflation durch allerlei Notbehelfe Herr zu werden: durch diverse Varianten einer Einkommenspolitik, durch Kontrolle oder gar automatische Indexierung von Löhnen und Preisen. Diese Versuche, den Markt- und Preismechanismus außer Kraft zu setzen, bewirkten aber - so Hayek - nur noch mehr Ineffizienz, verstärkte Anfälligkeit und daher noch größere Abhängigkeit des Wirtschafts‐ systems von der keynesianischen Rezeptur. Letztlich drohe die Gefahr, dass eine konsequent zu Ende geführte Vollbeschäftigungspolitik in die Planwirtschaft abgleitet. In diesem Sinn zählt Hayek auch den Keynesianismus zu jenen Ver‐ irrungen einer Planungsmentalität, die auf den „Weg zur Knechtschaft“ führen. Die Krise des Keynesianismus und die neoliberale Wende als Gegenreaktion waren nirgendwo schärfer ausgeprägt - und von Hayek mit Beifall begleitet - als in Großbritannien. Nach den traumatischen Krisenerfahrungen der Zwi‐ schenkriegszeit hatte das Land nach 1945 für eine Vollbeschäftigungspolitik op‐ tiert. Am Ende der 1970er-Jahre sahen Kritiker als deren Folge eine Kumulation ökonomischer Missstände: 58 Der Einsatz von lockerer Geld- und Fiskalpolitik als Wachstumsstimulantia hatte zu hohen Budgetdefiziten und Inflationsraten ge‐ führt; die Einkommenspolitik und die Gesetzgebung die Macht der Gewerk‐ schaften gestärkt; rigide relative Löhne, mangelnde Mobilität zwischen den Sektoren und Widerstand gegen technische Neuerungen zur Ineffizienz der bri‐ tischen Industrie und zur Wachstumsschwäche der Wirtschaft beigetragen. Mit dem Scheitern moderater Reformvorschläge der Labour-Regierung an den Ge‐ werkschaften im „Winter des Missvergnügens“ 1979 schien sich die Kraft des keynesianischen Programms erschöpft zu haben. Hayek hatte die britische Wirtschaftspolitik der 1970er-Jahre mit zunehmend schärferer Kritik verfolgt und die marktliberal-konservative Position Margaret Thatchers schon in ihrer Zeit als Oppositionsführerin unterstützt. Das Pro‐ gramm der Thatcher-Regierung (1979-1990) bedeutete eine radikale Wende und schien zum Teil wie einer neoliberalen Blaupause entnommen: Budgetkonsoli‐ dierung ohne Rücksicht auf die Konjunktursituation, Inflationsbekämpfung durch Kontrolle der Geldmenge (später durch eine weniger erfolgreiche Anbin‐ dung an das Europäische Währungssystem), Zurückdrängung der Gewerk‐ schaftsmacht (im Bergarbeiterstreik 1984), Liberalisierung des Kapitalmarkts 78 Hayeks Feldzug: Keynes und die Folgen <?page no="79"?> und des Kapitalverkehrs, Privatisierungen usw. In der Langzeitwirkung er‐ wiesen sich diese Reformen (hier wie anderswo) als nahezu unumkehrbar. Die Rolle Hayeks bei der Umsetzung des Thatcherschen Reformprogramms ist eher in der vorbereitenden Kritik der traditionellen Politik und in der Fundie‐ rung einer radikalen Position des Liberalismus zu sehen als in konkreter wirt‐ schaftspolitischer Beratung. Das öffentliche Eintreten Hayeks für die Politik Thatchers wurde unter anderen in Vorträgen und Leserbriefen (z. B. in der Times ) deutlich, wobei er die Regierung gelegentlich zum Mut zu noch radika‐ lerem Vorgehen aufforderte und vor der Rückkehr zu verfehlten Kompromissen wie dem einer „gemischten Wirtschaft“ warnte. Die gemischte Wirtschaft: The Muddle of the Middle (Hayek 1983b). Hayek und Friedman: Unbehagliche Weggefährten Die Zurückdrängung des Keynesianismus durch eine alternative, auf neoklassi‐ schen Grundlagen beruhende Theorie war allerdings viel mehr der sog. monetaris‐ tischen Gegenrevolution zu verdanken als der Kritik Hayeks. Diese Gegenrevolution ist vor allem mit der Person Milton Friedmans verbunden. Obwohl in der Gegner‐ schaft zum Keynesianismus geeint, waren sich Hayek und Friedman doch gewich‐ tiger Unterschiede in ihren theoretischen Positionen bewusst. Friedmans Monetarismus beruht auf einer Neuformulierung der Quantitätstheorie , mit deren Hilfe er erklärt, wie monetäre Impulse kurzfristig zwar die Produktion steigern können, langfristig aber zu Inflation führen. Ein Element seiner Erklärung ist die Berücksichtigung von Inflationserwartungen, und ähnlich wie Hayek in seiner Konjunkturtheorie kommt er zum Schluss, dass ein Andauern der stimulie‐ renden Effekte über die kurze Frist hinaus eine akzelerierende Inflation erfordert, die langfristig nicht aufrecht erhalten werden kann. So sehr Hayek mit den Ergeb‐ nissen dieser Überlegungen übereinstimmt, so sehr kritisiert er aber die Methode, mit der sie hergeleitet werden. Seine Hauptkritik liegt darin, dass letztlich auch der Monetarismus nur eine, wenn auch dem Keynesianismus überlegene, Makroöko‐ nomik sei und glaube, ökonomische Ursachen und Wirkungen ließen sich aus Be‐ ziehungen zwischen Aggregaten und Durchschnitten ableiten. Darin hat wohl auch die inhaltliche Divergenz zwischen Hayek und Friedman bei der Interpretation der Ursachen der Großen Depression ihren Grund: Für die monetaristische Sicht liegt die Ursache in der Kontraktion der Geldmenge, für Hayek in der Notwendigkeit der Strukturanpassung. Für Friedman und 79 Hayek und Friedman: Unbehagliche Weggefährten <?page no="80"?> 59 Vgl. Hayek (2001 [1978c], 135-136, 140-141). Schwartz bestand der Fehler der amerikanischen Geldpolitik in einem Zuwenig, für Hayek dagegen in einem Zuviel an Expansion. Im Rückblick machte Friedman (wenn auch ohne Hayek beim Namen zu nennen) aus seiner Ableh‐ nung der an der LSE vertretenen Position, „der verkümmerten und erstarrten Karikatur“ der Quantitätstheorie (1970, 77), kein Hehl. Hayek hat allerdings im Laufe der 1970er-Jahre in mehreren Stellungnahmen seine zur Zeit der Großen Depression vertretene, radikale Position teilweise widerrufen. 59 Insbesondere in Bezug auf die Bekämpfung eines in der Krise auf‐ tretenden Deflationsprozesses plädiert er nun - entgegen den damals geäu‐ ßerten Vorbehalten - dafür, ein Schrumpfen der Geldmenge in der Krise kei‐ nesfalls zuzulassen. Dafür würde wohl bereits die bloße Ankündigung einer solchen Politik durch die Zentralbank ausreichen, sodass tatsächliche expansive Maßnahmen gar nicht notwendig wären. Zur Zeit der Großen Depression habe er die Gefahr der Deflation unterschätzt, obwohl er sich auch bereits damals gegen die Bekämpfung einer sekundären Deflation bloß aus politischen, nicht aus rein ökonomischen Motiven ausgesprochen habe. In diesem Sinne bekennt sich Hayek nachträglich zu der damals u. a. von Röpke eingenommenen Posi‐ tion, auch wenn seine Rechtfertigung mit dem Hinweis auf politische Motive angesichts der zeitgenössischen Quellen nicht völlig überzeugen kann. Hayek und Friedman Milton Friedman gilt als Neubegründer einer auf neoliberale Positionen ver‐ pflichteten Chicago-Schule und als die Leitfigur der monetaristischen Gegen‐ revolution. Er war Gründungsmitglied der Mont Pèlerin-Society und arbeitete nach 1945 wiederholt mit Hayek zusammen, u. a. in der gemeinsamen Zeit an der University of Chicago. Obwohl beide überzeugte Anhänger eines liberalen Wirtschaftssystems und Gegner des Keynesianismus waren, bestanden zwi‐ schen ihnen doch auch grundlegende Differenzen. So meinte Hayek, er „stimme mit Milton [Friedman] in fast allem überein außer in der Geldpolitik“ (1994, 144) - ein für den Geldtheoretiker Friedman wenig schmeichelhaftes Urteil. Auch lehnt Hayek die von Friedman vertretene positivistische („instrumentalisti‐ sche“) Methodologie - als eine Fortführung der älteren empirischen Konjunk‐ turforschung mit den Methoden der modernen Ökonometrie - ab. In diesem Sinne hält Hayek Friedmans Essays in Positive Economics (1953), mit dem Leit‐ beitrag „The Methodology of Positive Economics“, für ein „ziemlich gefährliches Buch“, vor dem er hätte warnen sollen (ibid., 145) 80 Hayeks Feldzug: Keynes und die Folgen <?page no="81"?> 60 Vgl. dazu Hayek (2015a [1928], 321-336; 1937a). 61 Vgl. Keynes (1971a [1923], 138) und Hayek (2016 [1931b], 190-191; 1932b). Noch 1978 nennt Hayek (2001, 137) den Goldstandard „das beste System unter den realisierbaren“. Von der Goldwährung zur Währungskonkurrenz Für Hayeks frühe Diskussion des Währungsproblems bildet das bereits oben dargestellte Konzept des neutralen Geldes den Ausgangspunkt. Dieses wird zu‐ nächst aber nur auf eine isolierte Volkswirtschaft oder auf die Weltwirtschaft als Ganze angewendet. Sind die einzelnen Volkswirtschaften jedoch wie im Goldstandard durch feste Wechselkurse miteinander verbunden, so käme es entsprechend der unterschiedlichen Entwicklung in diesen Ländern zu Umver‐ teilungen der globalen Geldmenge - ein Prozess, den die klassischen Ökonomen als „natürliche Verteilung der Goldwährung“ bezeichneten. Neutralität würde daher in einem internationalen System die Konstanz des globalen Geldumlaufs, nicht aber unveränderliche Geldmengen in den einzelnen Ländern erfordern. 60 Als Hayek diese Ideen in den 1930er-Jahren formulierte, ging es in der aktuellen währungspolitischen Kontroverse um die Frage: Goldstandard oder gelenkte Währung? Eine gelenkte Währung sollte sich an binnenwirtschaftlichen Zielen, z. B. einem stabilen Preisniveau, orientieren - Machlup (1933) nannte sie deshalb auch „Indexwährung“, Hayek (2016 [1931b], 190) sprach von einer „ma‐ nipulierten“ Währung. Da die Ziele eines stabilen Wechselkurses und eines sta‐ bilen Preisniveaus aber i. d. R. nicht miteinander vereinbar sind, war eine ge‐ lenkte Währung innerhalb des Goldstandards unmöglich - eine Einsicht, die Hayek und Keynes teilten, aus der sie allerdings unterschiedliche Konsequenzen zogen. Während für Keynes der Goldstandard ein „Relikt der Barbarei“ dar‐ stellte, hielt ihm Hayek Jahrzehnte lang die Treue und bezeichnete ihn als das beste unter den praktikablen Währungssystemen. 61 Der Goldstandard Der klassische Goldstandard des 19. Jahrhunderts, auf den sich Hayek bezieht, war durch die folgenden Eigenschaften ausgezeichnet: ■ Die einzelnen nationalen Währungen (Dollar, Pfund etc.) waren durch den Gegenwert eines bestimmten Gewichts an Gold (Pa‐ rität) definiert und konnten frei gegen Gold eingetauscht werden. ■ Zwischen den einzelnen Währungen herrschten über die Goldpa‐ rität feste Wechselkurse. 81 Von der Goldwährung zur Währungskonkurrenz <?page no="82"?> 62 Und zwar, weil durch die Reaktion der Goldproduktion auf Änderungen des Goldpreises (bzw. des allgemeinen Preisniveaus) die Forderung nach konstantem Geldumlauf ver‐ letzt wurde - auch die Goldwährung war „zu elastisch“. 63 Vgl. dazu z. B. Hayek (1932b, 1937a). ■ Zwischen den Ländern war unbehinderter Export und Import von Gold möglich. Im Goldstandard kommt es zum automatischen Ausgleich von Ungleich‐ gewichten: Steigt in einem Land das Preisniveau, so vermindert sich dessen Wettbewerbsfähigkeit, dadurch entsteht ein Abfluss von Gold, der Geld‐ umlauf verringert sich und drückt das Preisniveau wieder nach unten ( der klassische Preis-Gold-Mechanismus ). Auch wenn der Goldstandard dem Ideal des neutralen Geldes nicht entsprach, 62 schrieb ihm Hayek doch eine Reihe von Vorzügen zu. 63 Zunächst ist für Hayek aus preistheoretischer Sicht ein System fester Wechselkurse für die Bewältigung von Störungen, die die Wirtschaft aus dem Gleichgewicht bringen, besser ge‐ eignet - es kann, so meint er, die Anpassung durch Änderung einer geringeren Anzahl von Preisen zustande bringen. Entscheidend ist jedoch das polit-ökono‐ mische Argument für den Goldstandard: Seine Funktionsweise ist automatisch, durch Währungsbehörden nicht manipulierbar, und entzieht daher die Wäh‐ rungspolitik dem staatlichen Zugriff. Dadurch stellt er eine Barriere gegen eine Politik des Inflationismus dar, und es ist für Hayek kein Zufall, dass die Epoche des Goldstandards die einzige in der Geschichte war, die von anhaltender Geld‐ entwertung verschont blieb. Dagegen wiegt der Nachteil der Abhängigkeit der globalen Geldversorgung von den Imponderabilien der Goldproduktion in Hayeks Sicht nicht schwer. Am restaurierten Goldstandard der 1920er-Jahre kritisiert er dessen Abweichungen vom klassischen Vorbild, die den Währungs‐ behörden mehr Spielraum belassen, als Unvollkommenheit; den Zusammen‐ bruch während der Großen Depression sieht er als unheilvollen Vorboten des künftigen Verfalls liberaler Ideale und einer Politik schrankenloser Inflation. Zur Rekonstruktion des internationalen Währungssystems nach dem Zweiten Weltkrieg macht Hayek (1943b) den bemerkenswerten, von der Goldwährung inspirierten Vorschlag einer Warenreservewährung . Diese sollte ähnlich wie die Goldwährung güterbasiert sein, jedoch auf einem breiteren, vorwiegend aus Rohstoffen bestehenden Warenkorb beruhen. Die Währungen der beteiligten Länder wären in Einheiten dieses Warenkorbs festzulegen und durch Käufe und Verkäufe der entsprechenden Waren stabil zu halten. Die sich aus diesem Vor‐ 82 Hayeks Feldzug: Keynes und die Folgen <?page no="83"?> 64 Siehe Hayek (2011c [1977], 160-162). schlag mit Keynes (1943) entspinnende Diskussion ist erhellend: Während Hayek seinen Vorschlag als internationalen Standard intendiert, erkennt Keynes daran Vorteile als Basis für eine nationale Währung - die Orientierung der na‐ tionalen Lohnpolitik an den Erfordernissen einer international gültigen Waren‐ währung lehnt er jedoch ab. Er erweist sich dadurch aus Hayeks Sicht als kon‐ sequenter Vertreter eines monetären Nationalismus . Im Abkommen von Bretton Woods 1944, das für die folgenden Jahrzehnte das Währungssystem bestimmt, tritt an die Stelle der von Hayek favorisierten Wa‐ renreservewährung ein Gold-Dollar-Standard mit dem US-Dollar als einzige in Gold konvertible Währung und mit innerhalb von Bandbreiten festen Wechsel‐ kursen der anderen Währungen zum Dollar. Als in der Folge die USA von der asymmetrischen Position als Reservewährung Gebrauch machen und sich die globalen Dollarbestände erhöhen, beobachtet Hayek diese Entwicklung weg von einer goldbasierten hin zu einer Papierwährung mit zunehmender Skepsis. Den endgültigen Zerfall des Bretton Woods-Systems 1973 sieht er als logische Folge der ihm inhärenten Mängel; der Übergang zum „Nicht-System“ flexibler Wech‐ selkurse birgt für ihn durch die Beseitigung der festen Wechselkurse als letzter Bremse gegen Inflation die Gefahr zunehmender und anhaltender Geldentwer‐ tung. Vor diesem Hintergrund präsentiert Hayek seine erste „Erfindung“, den Vorschlag der Währungskonkurrenz als Alternative zum staatlichen Geldmonopol. Zunächst schlägt Hayek mit dem Konzept der „freien Währungswahl“ (Hayek 2001 [1976c]) eine gemäßigte Variante vor: Demnach sollten sich die Länder verpflichten, wechselseitig alle nationalen Währungen (und Gold! ) im eigenen Land als gesetzliches Zahlungsmittel anzuerkennen. Davon erwartet sich Hayek eine Konkurrenz der (nationalen) Währungen, aus der die den Präferenzen der Währungsverwender am besten entsprechende - er vermutet, diejenige mit dem stabilsten Wert - als Siegerin hervorgehen werde. Als Folge müssten die anderen Länder entweder dem Beispiel der stabilsten Währung folgen, oder ihre Wäh‐ rungen würden vom Markt verdrängt. In dieser Hinsicht formuliert Hayek ein Anti-Greshamsches Gesetz : 64 83 Von der Goldwährung zur Währungskonkurrenz <?page no="84"?> 65 Eigentlich meint „Denationalisation“: „Entstaatlichung“, d. h. „Privatisierung“! Greshams Gesetz : „Das schlechte Geld verdrängt das gute Geld.“ Während Greshams Gesetz solange gilt, als unterschiedliche Währungen in einem festen Verhältnis gegeneinander getauscht werden können, gilt bei einem variablen Umtauschverhältnis gerade das Gegenteil: Schlechtes Geld entwertet sich auf dem Markt relativ zu gutem Geld, ein Prozess, der zu einer verstärkten Wahrnehmung dieses Qualitätsunterschieds führen und daher mit der Verdrän‐ gung von schlechtem durch gutes Geld enden müsste. Die radikalste Variante eines neuen Geldsystems und eine konsequente An‐ wendung der Sicht des Wettbewerbs als eines Entdeckungsverfahrens stellt je‐ doch Hayeks Vorschlag der Entstaatlichung des Geldes (Hayek 1977) dar. 65 Die Währungen selbst sollen nun privat produziert, von privaten Geschäftsbanken in Umlauf gebracht werden. Die Banken könnten darin konkurrieren, dass sie Währungen anbieten, denen unterschiedliche Warenkörbe zugrunde liegen, deren Wert sie stabil zu halten versprechen. Der Wettbewerb würde dann die überlegene Währung oder möglicherweise mehrere jeweils für verschiedene Verwendungen oder von verschiedenen Konsumentengruppen präferierte Währungen hervorbringen. Freilich müsste diese Form der Währungskonkur‐ renz mit einem Abgehen vom System der „fraktionellen“ Reservehaltung ver‐ bunden werden und würden auch zugleich die Zentralbanken und deren lender of last resort-Funktion verschwinden. Besonders hervorzuheben ist, dass Hayeks Vorschlag eine radikale Alternative nicht nur zu den zeitgenössischen Geldsystemen darstellt, sondern viel mar‐ kanter noch zum System einer europäischen Einheitswährung, wie sie im Euro verwirklicht worden ist. Überdies ist eine einzige internationale Währung in vieler Hinsicht nicht besser, sondern schlechter als eine nationale Währung, falls sie nicht besser geleitet wird. … Der Vorteil einer internationalen Instanz sollte hauptsächlich darin liegen, einen Mitgliedstaat vor den schädlichen Maßnahmen anderer zu schützen, und nicht, ihn zu zwingen, ihre Torheiten mitzumachen. (Hayek 2011 [1977], 142) Der Nachteil einer Einheitswährung besteht demnach darin, dass sie einerseits die Macht der Zentralbank als supranationale Instanz vermehrt, anderseits die 84 Hayeks Feldzug: Keynes und die Folgen <?page no="85"?> 66 Exemplifiziert an den Arbeiten von Friedman & Schwartz (vgl. z. B. 1987). Zur Diskus‐ sion vgl. auch Dowd & Greenaway (1993) und Luther (2011). Währungskonkurrenz reduziert und die Evolution des Währungssystems durch Nutzung des Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren verhindert. Hinter Hayeks Ablehnung des staatlichen Geldmonopols steht sein Generalver‐ dacht der Schädlichkeit aller staatlichen Intervention, wie im Allgemeinen so im Besonderen auch im Bereich des Geldes: Nicht nur fehlt es den Verantwort‐ lichen i. d. R. an den Informationen, die nötig wären, um die richtigen Entschei‐ dungen zu treffen, sondern selbst wenn diese vorlägen, ließe der auf ihnen las‐ tende politische Druck die richtigen Entscheidungen nicht zu. Konsequenter Weise vermag Hayek im Fall der Zentralbanken nicht daran zu glauben, dass diese je auf Dauer den Pressionen in Richtung auf Inflation und Geldentwertung erfolgreich widerstehen könnten. Daraus ergeben sich auch die Besonderheiten der Hayekschen Position im Ver‐ gleich mit dem geldpolitischen Programm des Monetarismus. Der Moneta‐ rismus 66 befürwortet die Beibehaltung einer staatlichen Währung, wenn auch unter der Restriktion einer (am besten konstitutionell verankerten) Regelbin‐ dung der Geldpolitik und unter der Obhut einer unabhängigen Zentralbank. Eine solche Regel ist etwa Friedmans k%-Regel , die Fixierung einer am durch‐ schnittlichen Produktionswachstum orientierten festen Wachstumsrate einer wohldefinierten Geldmenge, oder die Vorgabe eines Inflationsziels ( inflation targeting ). Jedenfalls unterstellt dieses Programm insoweit eine benevolente Regierung, als diese bereit sein muss, mit der Einführung der Regelbindung auf zuvor vorhandene Spielräume für diskretionäre Geldpolitik zu verzichten und diese Bindung auch angesichts von exzeptionellen Umständen beizubehalten. Hayek, der in diesem Zusammenhang betont, seine Skepsis gegenüber staatli‐ chen Regelungen habe sich im Laufe seines Lebens durchgehend vergrößert (Hayek 2001 [1976c], 151), bezweifelt diese Annahmen. Im Gegenzug ist die monetaristische Position gegenüber Hayeks Marktopti‐ mismus für den Fall der privaten Geldproduktion skeptisch. Einerseits sei nicht klar, dass das Problem der dynamischen Inkonsistenz des optimalen Geldange‐ bots durch die Banken ohne weiteres gelöst werden könne - für einen kurzfristig optimierenden, malevolenten Geldproduzenten gibt es einen Anreiz, trotz des Versprechens von Geldwertstabilität ein exzessives Geldangebot in Umlauf zu bringen (nach dem Vorbild des „wildcat banking“ in den USA des 19. Jahrhun‐ derts). Anderseits handelt es sich bei Geld als allgemein akzeptiertem Zahlungs‐ mittel um ein Gut mit Netzwerkeffekten, wie sie bereits Mengers Idee der spon‐ 85 Von der Goldwährung zur Währungskonkurrenz <?page no="86"?> tanen Entstehung der Institution Geld zugrunde liegen. Der Nutzen für den Verwender eines bestimmten Geldes ist demnach umso größer, je größer die Anzahl der anderen Individuen ist, die dasselbe Geld verwenden. Solche Netz‐ werkeffekte können Geld zu einem natürlichen Monopol machen, das gegen‐ über den Bedrohungen durch private Konkurrenz robuster ist, als dies Hayek annimmt. Die Resistenz, die auch Währungen mit hohen Inflationsraten aus‐ zeichnet, z. B. gegenüber der Substitution durch andere Währungen oder die Einführung von indexierten Anleihen, spricht für die Existenz solcher Effekte. Wie bei anderen natürlichen Monopolen auch, ist die Verstaatlichung des An‐ gebots aber nur eine von mehreren möglichen Regulierungsoptionen. 86 Hayeks Feldzug: Keynes und die Folgen <?page no="87"?> Hayeks Liberalismus <?page no="89"?> 67 Die Entwicklung lässt sich an den innerhalb von fünf Jahrzehnten entstandenen Werken Hayeks ablesen, von The Road to Serfdom über das Abuse of Reason -Projekt zu The Con‐ stitution of Liberty und den Spätwerken, Freiburger Studien , Law, Legislation and Li‐ berty , und The Fatal Conceit . 68 Vgl. dazu Hayek (1948b). 69 Für den Begriff „Konstruktivismus“ vgl. z. B. Hayek (2007c [1967c], 74), zuvor spricht Hayek (2004b [1952b], Teil 1, besonders Kapitel 10) synonym von „Szientismus“ oder „Planungsmentalität“. G Hayeks Liberalismus im Vergleich ilt Friedrich August Hayek auch - für Freund und Feind - als „Ikone“ des Neoliberalismus, so wird ihm diese Bezeichnung doch nicht ganz gerecht, einesteils weil Hayek sich selbst eher als (zeitgemäßen) Restaurator eines klassischen Liberalismus sieht, andernteils weil der Begriff Neoliberalismus selbst diffus und von dessen Kritikern als Kampfbegriff eingesetzt worden ist. In diesem Abschnitt sollen daher die Grundlinien von Hayeks Konzeption des Li‐ beralismus in ihrer Entwicklung und in ihren kennzeichnenden Merkmalen dargestellt werden. 67 Für Hayeks Transformation als Ordnungstheoretiker war ebenso wie für ihn als theoretischer Ökonom seine Einsicht in die Bedeutung der Wissensteilung aus‐ schlaggebend. Folgte Hayek bereits in seinen frühen Arbeiten dem Prinzip des methodologischen Individualismus, so wendet er nun seine Erkenntnisse aus der Wirtschaftsrechnungsdebatte auf die allgemeinere Frage des Entstehens von Institutionen an. Diese behandelt er im sozialphilosophischen Projekt über „Missbrauch und Verfall der Vernunft“ (Hayek 2004b [1952b]). Im Zentrum stehen hierbei die Kritik am „rationalistischen Konstruktivismus“ und die Un‐ terscheidung von wahrem (schottischen) und falschem (französischen) Indivi‐ dualismus. 68 Der Irrtum des Konstruktivismus bestehe demnach darin, dass er meint, der institutionelle Rahmen für Wirtschaft und Gesellschaft ließe sich ra‐ tional (quasi wie am Reißbrett) planen und gestalten. Dahinter steckt eine „In‐ genieursmentalität“, die die Gesellschaft behandelt wie eine große Maschine, die es zu (re-)konstruieren gilt. 69 Zentrale Wirtschaftsplanung ist der Extremfall einer solchen konstruktivistischen Sicht: Die Individuen werden einem einer einzigen Zielsetzung folgenden Plan unterworfen, im Glauben, alles für dessen Durchführung benötigte Wissen könne dem Planer verfügbar gemacht werden. Der Organisation der Gesellschaft nach einem einzigen umfassenden Plan, wie er dem Konstruktivismus vorschwebt, setzt Hayek das Konzept einer Ordnung entgegen, die es den Einzelnen erlaubt, ihr (allenfalls nur ihnen allein verfüg‐ bares und nicht kommunizierbares) Wissen für die Verfolgung eigener Ziele 89 Hayeks Liberalismus im Vergleich <?page no="90"?> 70 Vgl. Hayek 2004a [1944], 34-40). einzusetzen. Die Voraussetzung hierfür ist ein institutionelles Regelwerk, das eine Ordnung - paradigmatisch dafür ist das Konzept des ökonomischen Gleich‐ gewichts - schafft, die eine wechselseitige Abstimmung und Koordination der Handlungen ermöglicht. In einer späteren Arbeit bezeichnet Hayek (2003a [1973], Kapitel 2) diesen Gegensatz zwischen der Organisation nach einem ein‐ zigen Plan und der Ordnung , innerhalb der eine Vielzahl individueller Pläne verwirklicht werden kann, als den zwischen Taxis und Kosmos . In der Frage, wie sich das Regelwerk einer solchen Ordnung herausbildet, unterliegt Hayeks Po‐ sition insofern einem Wandel, als für ihn historisch gewachsene im Gegensatz zu gesetzten Regeln zunehmend an Bedeutung gewinnen. In seiner mittleren Phase akzeptiert Hayek die planvolle Setzung der Regeln durch den Staat als Element der Wirtschaftspolitik. Er unterscheidet diese „gute“ den Wettbewerb ermöglichende Form von Planung („Planung für den Wettbe‐ werb“) von der „schlechten“ Planung, die trachtet den Markt zu ersetzen. 70 Das kommt der ordoliberalen Idee der aktiven Herstellung einer Wettbewerbsord‐ nung nahe, auch wenn Hayek hierzu keine konkreten Vorschläge anbietet und später von dieser Form der Wettbewerbspolitik wieder abrückt. In seiner späten Phase begründet Hayek die Herausbildung des institutionellen Regelwerks evo‐ lutorisch - analog zur Generierung des Preissystems im Rahmen einer markt‐ wirtschaftlichen Ordnung bilden sich auf einer höheren Ebene Regelwerke als „Handelnsordnung“ (Hayek 2003b [1969d], Kapitel 4) heraus. Der Staat tritt nun nicht mehr aktiv als Regelsetzer auf, sondern nur als Ermöglicher der Heraus‐ bildung der spontanen Ordnung eines gesellschaftlichen Regelwerks durch den Prozess der kulturellen Evolution. Als klassische Beispiele für derart entstan‐ dene Ordnungsstrukturen nennt Hayek (in Anlehnung an Mandeville): „Gesetz und Moral, Sprache, Markt, Geld und das Wachsen unseres technischen Wis‐ sens“ (2017 [1969c], 104). Zusammenfassend kann die spezielle Ausprägung des Hayekschen Liberalismus und dessen Wandel im Zeitablauf an der dem Staat zugedachten Rolle im Ver‐ gleich zu anderen Ansätzen dargestellt werden. Hayek anerkennt jedenfalls die Notwendigkeit eines - vom Staat durchzusetzenden - institutionellen Rahmens, innerhalb dessen die freien Entscheidungen der Individuen (z. B. in der Wirt‐ schaft) erst zur Geltung kommen. In der von Hayek (2003a [1976a], 266-271) bevorzugten Metapher eines Spiels (der Katallaxie ) ausgedrückt: der Staat be‐ stimmt die Spielregeln (die Ordnung), aber nicht die Spielzüge (den Prozess). Jedenfalls befürwortet Hayek damit ein „positives Programm“ für einen neu zu 90 Hayeks Liberalismus <?page no="91"?> 71 Für die Gärtner-Metapher siehe Hayek (2004a [1944], 20), zum Vergleich mit Mises und Eucken siehe instruktiv Kolev (2013, Kapitel 2 und 4). 72 Vgl. z. B. Hayek (2005 [1960], Kapitel 1). konzipierenden Liberalismus und wendet sich damit gegen die - im Manchester-Liberalismus des 19. Jahrhunderts vorherrschende - negative Sicht, die vom Staat bloßes Nichtstun, „laisser faire“, fordert. Anders als Hayek möchte etwa Mises, als Vertreter eines solchen Paläoliberalismus , die Staatsaufgaben auf die bloße Gewährleistung der „Sicherheit des Lebens und der Gesundheit, der Freiheit und des Sondereigentums [i.e. Privateigentums] gegen gewaltsame An‐ griffe“ beschränken (Mises 1927, 46). Er vertritt hierbei die Position eines ratio‐ nalistischen Utilitarismus, wonach die liberalen Institutionen von selbst aus dem Zusammenwirken der autonomen Entscheidungen der Individuen und deren rationaler Einsicht in die Überlegenheit der Ergebnisse eines Marktsystems ent‐ stehen. Dagegen fungiert in der Sicht Euckens der Staat als Schiedsrichter , was ihn in manchen Belangen - so bei der Herstellung der Wettbewerbsordnung - zu diskretionären Eingriffen in den Wirtschaftsprozess berechtige. In diesem Sinne enthält der Ordoliberalismus Elemente eines konstruktivistischen An‐ satzes, auch wenn er bei der Setzung des Ordnungsrahmens die Bedeutung ge‐ wachsener (statt gesetzter) Regeln betont. Hayeks eigene Metapher für die Funktion des Staates ist die des Gärtners - nota bene : eines englischen, nicht eines französischen Gartens -, somit eines Staates, der sich auf die Durchsetzung bestehender Regeln beschränkt und der Entwicklung neuer Regeln (im Wettbe‐ werb) freien Raum lässt. 71 In seiner im Zeitablauf sich stetig verstärkenden Ab‐ lehnung einer konstruktivistischen Position sieht Hayek das Potential für ge‐ sellschaftlichen Fortschritt aber immer weniger im Er finden als im Finden und Entdecken institutioneller Regelwerke. Die zwei „Erfindungen“ (die Entstaatli‐ chung des Geldes und sein System der Demokratie), die sich Hayek selbst zu Gute hält, interpretiert er in diesem Sinne als Nachvollzug von staatlich behin‐ derten Evolutionen. Freiheit, Ordnung, Regeln, Evolution Im Folgenden soll Hayeks Verständnis der freiheitlichen Ordnung, ihrer Eigen‐ schaften und ihres Entstehens, dargestellt werden. Vorauszuschicken ist, dass Hayek in seinem Werk den Vorrang der individuellen Freiheit sowohl als abso‐ lutes Ziel als auch instrumentell, als Mittel, um das Überleben einer arbeitsteilig organisierten Gesellschaft zu sichern, begründet. 72 91 Freiheit, Ordnung, Regeln, Evolution <?page no="92"?> 73 Vgl. den Gegensatz von Kosmos und Taxis in Hayek (2003a [1973], Kapitel 2). 74 Vgl. z. B. Gray (1984, 64). Von besonderer Bedeutung ist Hayeks Verknüpfung von Freiheit und Rechts‐ staat. Individuelle Freiheit als Abwesenheit von (staatlichem) Zwang ist nur unter der „Herrschaft des Gesetzes“ („rule of law“) möglich (Hayek 2005, Teil 2). Dabei ist der Rechtsstaat für Hayek dadurch definiert, dass die Handlungen der Individuen nur durch Regeln eines ganz bestimmten Typus beschränkt werden dürfen, nämlich durch allgemeine, abstrakte und negative Regeln. Sie müssen demnach für alle Individuen gleichermaßen gelten, sich nicht (nur) auf einen konkreten Fall beziehen, und spezifische Handlungen wohl verbieten, aber nicht vorschreiben. Im Gegensatz zu solchen Regeln, die das Fundament einer (freiheitlichen) Ordnung bilden, gehören Anordnungen - die sich an Einzelne richten und ihr Handeln in einer konkreten Situation anleiten - ins Reich der Organisation . 73 Allerdings wurde gegenüber Hayeks Grundlegung der Freiheit geltend gemacht, dass die geforderten Eigenschaften von Regeln wohl eine not‐ wendige, aber keine hinreichende Bedingung für individuelle Freiheit als Ab‐ wesenheit von Zwang bieten; sie seien daher in mancher Hinsicht ergänzungs‐ bedürftig. 74 Hayek sieht unter dem Aspekt der Wissensteilung eine Analogie zwischen der Orientierung an Preisen in einer Marktwirtschaft und der Befolgung von Regeln in einer freiheitlichen Ordnung. Ebenso wie das Preissystem sei ein System von Regeln eine Reaktion auf das generische Problem der Unwissenheit, dem sich individuelle Akteure in ihrem Handeln gegenübersehen. Da die Wissensanfor‐ derungen an eine optimale Entscheidung unerfüllbar groß sind, liegt die Alter‐ native darin, sich an Regeln zu halten, die das Verhalten ordnen, indem sie die Handlungen anderer voraussehbar machen und die individuelle Anpassung er‐ leichtern. Die in Frage kommenden Regeln erschöpfen sich keineswegs in denen des gesetzten Rechts, vielmehr sind auch moralische und soziale Normen Bei‐ spiele für solche abstrakte, dem Individuum oft gar nicht (völlig) bewusste Re‐ geln. Deren Befolgung durch eine Vielzahl von Individuen schafft - insbeson‐ dere in komplexen Umwelten - eine Ordnung, d. h. eine Situation, in der sich die wechselseitigen Erwartungen der Individuen erfüllen können. Wie erwähnt, hat bereits Menger die Entstehung solcher Ordnungen durch einen spontanen Prozess der Bildung von Institutionen - wie z. B. Geld oder Sprache - be‐ schrieben. Daran anknüpfend prägt Hayek für dieses Phänomen den Begriff der spontanen Ordnung . Solche Ordnungen werden nicht vom Menschen konstru‐ iert, sondern sind das Ergebnis des Wirkens einer „unsichtbaren Hand“ (Adam 92 Hayeks Liberalismus <?page no="93"?> 75 Siehe z. B. Hayek (2003b [1969b, d], Kapitel 13 und 4, sowie 2003a [1973], Kapitel 2). Eine erkenntnistheoretische Grundlage für das Handeln nach Regeln bietet Hayeks Studie, Die sensorische Ordnung (2006b [1952a]). Smith), das „Ergebnis menschlichen Handelns, aber nicht menschlichen Ent‐ wurfs“ (Adam Ferguson). 75 In seiner späten Phase betont Hayek besonders die Bedeutung des Prozesses der kulturellen Evolution für die Hervorbringung spontaner Ordnungen und als dafür kritischen Mechanismus den der Gruppenselektion. Der Ausgangs‐ punkt für die Entstehung neuer Regeln mag dabei sowohl im Zufall als auch im (ursprünglich vielleicht eigennützig motivierten) Bruch traditioneller Regeln liegen. Unter den konkurrierenden Regeln werden durch die kulturelle Evolu‐ tion jene Traditionen (oder institutionelle Regelwerke) selektiert, die sich für die Reproduktion der sie befolgenden Gruppen am günstigsten auswirken. Solche ein Regelsystem begünstigenden Effekte sind die steigende Verfügungs‐ macht über materielle Ressourcen - z. B. durch eine höhere Produktivität in der Güterversorgung - und als deren Folge die Zunahme der Zahl der Gruppen‐ mitglieder durch Bevölkerungswachstum oder durch Migration. In diesem Sinne stellen die in den Traditionen enthaltenen Regelwerke einen Speicher sozialen Wissens dar und bilden zugleich eine autonome Quelle menschlicher Werte, neben der natürlichen Selektion (Instinkt) und der plane‐ rischen Anwendung des Intellekts (Vernunft). Die drei Quellen menschlicher Werte: Neben den „genetisch bestimmten und somit angeborenen [und] den Produkten rationalen Denkens“ ist als dritte Quelle die „Kultur weder natürlich noch künstlich, weder genetisch übertragen noch rational geplant“. (Hayek 2003a [1979a], 460, 462) Die in eine Großgesellschaft (nach dem Vorbild von Adam Smiths „Great So‐ ciety“) eingebettete moderne Marktwirtschaft sieht Hayek als Ergebnis dieses Prozesses der kulturellen Evolution. Sie habe sich im Wettstreit der Traditionen (und Kulturen) durchgesetzt, weil sie das Überleben und den Wohlstand der Menschen am besten zu befördern vermochte - erst die Marktwirtschaft er‐ möglichte die Reproduktion eines Vielfachen der Bevölkerungszahl früherer Jahrhunderte. Diese Gesellschaft ist „groß“ in dem Sinne, dass die Beziehungen zwischen den Individuen über das überschaubare Ausmaß der Kleingruppe hin‐ ausgehen und durch abstrakte Regeln bestimmt sind, die Ordnung - ein den 93 Freiheit, Ordnung, Regeln, Evolution <?page no="94"?> Erwartungen entsprechendes Verhalten - auch im Verkehr mit „Fremden“ er‐ möglichen (Hayek 2003a [1976a], Kapitel 11). Die Großgesellschaft: in der „Company of Strangers“! (Seabright 2004) Im Widerstreit mit Instinkt und Vernunft werden die Hervorbringungen der kulturellen Evolution von diesen alternativen Motivationen des menschlichen Handelns bedroht. Einerseits schätzt, wie bereits dargelegt, der Konstrukti‐ vismus die Ergebnisse der kulturellen Evolution gerade deshalb gering, weil sie historisch gewachsen und nicht das Produkt eines planerischen Kalküls sind. Auf der anderen Seite steht das Regelwerk der Großgesellschaft in Konflikt mit dem instinktgeleiteten Verhalten, wie es sich in einer frühen Entwicklungsphase in Kleingruppen und Stammesgesellschaften bewährt hat. Als ein Beispiel für solche Konflikte zwischen den Erfordernissen der Großge‐ sellschaft und aus der stammesgesellschaftlichen Phase sich nährenden In‐ stinkten nennt Hayek die Idee der sozialen Gerechtigkeit (Hayek 2003a [1976a], Teil 2). Hayeks Ablehnung dieses „Trugbildes“ knüpft an das Konzept der kom‐ mutativen im Gegensatz zur distributiven Gerechtigkeit an: Ergebnisse von ge‐ sellschaftlichen Prozessen, für die kein Individuum verantwortlich ist, können demnach nur gerecht genannt werden, insofern sie aus einem Prozess resul‐ tieren, der nach „gerechten“ Regeln („just conduct“) abläuft. Dies seien aber die nach den Grundsätzen der Herrschaft des Gesetzes definierten Regeln. Die Gleichbehandlung unterschiedlicher Individuen muss zu unterschiedlichen Re‐ sultaten führen; gleiche Ergebnisse können nur durch Ungleichbehandlung er‐ reicht werden. Für „Verteilungsgerechtigkeit“ ist in Hayeks System daher kein Platz. Insbesondere ist hervorzuheben, dass Hayeks Position auch im Gegensatz zum Versuch einer meritokratischen Rechtfertigung der Marktwirtschaft steht: Erfolg hänge mindestens ebenso sehr von Zufall wie von Leistung ab. Hayek ergänzt hierzu: Sicherlich ist es in der Marktwirtschaft … wichtig, dass der einzelne daran glaubt, dass sein Wohlbefinden in erster Linie von seinen eigenen Anstren‐ gungen und Entscheidungen abhängt. (Hayek 2003a [1976a], 225) Die sich stetig steigernde Abneigung gegen das „Wiesel-Wort“ „sozial“ machte schließlich auch vor der sozialen Marktwirtschaft nicht Halt: Was es [das Wort ‚sozial‘] eigentlich heißt, weiß niemand. Wahr ist nur, dass eine soziale Marktwirtschaft keine Marktwirtschaft, ein sozialer Rechtsstaat 94 Hayeks Liberalismus <?page no="95"?> 76 Vgl. hierzu Hennecke (2000, 271) und die Leserbriefe Hayeks an The Times , 21. und 31. Dezember 1976, 13 und 15. 77 Ein Beispiel dafür bietet Schumpeters These von der Erosion der moralischen Stützen des Kapitalismus durch die vom Markt geförderte (Ziel-Mittel-)Mentalität (vgl. Schum‐ peter 1946). 78 Vgl. „Why I am not a conservative“, Nachwort zu Hayek (2005 [1960]). kein Rechtsstaat, ein soziales Gewissen kein Gewissen, soziale Gerechtigkeit keine Gerechtigkeit - und ich fürchte auch, soziale Demokratie keine De‐ mokratie ist. (Hayek 2004c [1979b], 62) Ludwig Erhard legt er allerdings die Interpretation in den Mund, Marktwirt‐ schaft sei eo ipso sozial und brauche nicht sozial gemacht zu werden, und die Praxis der deutschen Wirtschaftspolitik beurteilt Hayek noch 1976 als vorbild‐ lich. 76 Der von Hayek skizzierten Großgesellschaft entspricht ein Menschenbild, dessen Gefährdungen deren prekäre Existenz belegen. Die Großgesellschaft ba‐ siert auf dem Individuum, das Regeln befolgt, die aus einer respektierten Tra‐ dition - Recht, Moral, Religion - stammen (und nur behutsam angepasst werden). Die sich daraus ergebende Ordnung ist gefährdet sowohl durch Ak‐ teure, deren Verhalten instinktgeleitet und von der Kleingruppe der Stammes‐ gesellschaft geprägt ist, als auch durch diskretionär (für den Einzelfall) nutzen‐ maximierende Akteure, die auf Grund ihrer Vorteilsberechnungen bereit sind, gegen Regeln zu verstoßen und diese damit zu zerstören. 77 In dieser Hinsicht enthält das Hayeksche Denken - obwohl er sich an anderer Stelle gegen diese Verwandtschaft verteidigt 78 - durchaus konservative Elemente, z. B. in der Hoch‐ schätzung traditioneller moralischer Werte (Familie, Religion), die er als für die Großgesellschaft förderlich erachtet (Hayek 2011b [1988], Kapitel 9). Liberalismus und Demokratie Einen besonderen Aspekt des Hayekschen Werkes macht die Untersuchung des Spannungsverhältnisses von wirtschaftlicher und politischer Freiheit bzw. von freiheitlicher Ordnung und Demokratie aus. Das erste Thema behandelt Hayek in The Road to Serfdom , der ersten Station auf seinem Weg vom Ökonomen zum Sozialphilosophen. Während Hayek in der Wirtschaftsrechnungsdebatte gegen die Planwirtschaft noch deren ökonomi‐ sche Ineffizienz hervorhob, konzentriert er sich nun auf die politischen Folgen. Ein System der zentralen Wirtschaftsplanung bedingt, dass im Prinzip alle öko‐ 95 Liberalismus und Demokratie <?page no="96"?> 79 Vgl. Hayek (2005 [1960], Kapitel 17, besonders 350); siehe dazu auch Caldwell (2011) und Farrant & McPhail (2011). 80 Vgl. dazu Farrant & McPhail (2009). nomischen Aktivitäten einem einzigen Plan unterworfen werden müssen. Dieser Plan muss die Dringlichkeit der zu produzierenden Güter sowie die zu wählenden Produktionsverfahren bestimmen - die Frage der Allokation , und er muss letztlich die Aufteilung der Produktion auf die einzelnen Individuen vor‐ nehmen - die Frage der Verteilung . Das steht im Gegensatz zum Ordnungs‐ prinzip einer Marktwirtschaft, die die Verfolgung unterschiedlicher individu‐ eller Pläne zulässt, indem z. B. die Konsumenten ihre Kaufentscheidungen aufgrund ihrer eigenen Dringlichkeitsreihungen treffen können. Selbst wenn in einer Gesellschaft ein Konsens über die „Notwendigkeit von Planung“ bestehen sollte, wäre es aber schwer vorstellbar, dass eine Einigung über den Inhalt des Plans erfolgen könnte: Wenn Menschen dahin übereinkommen, dass es eine zentrale Planwirtschaft geben muss, aber über die Ziele verschiedener Ansicht sind, so läuft das un‐ gefähr auf dasselbe hinaus, wie wenn eine Gruppe von Personen sich zu einer gemeinsamen Reise entschließen würde, ohne sich jedoch über das Reiseziel einig zu sein, was zur Folge hat, dass sie alle eine Reise unternehmen müssen, die die meisten ganz und gar nicht machen wollen. (Hayek 2004a [1944], 57). Im Versuch, einen solchen einheitlichen Plan gegenüber den einander wider‐ streitenden individuellen Zielen durchzusetzen, erkennt Hayek eine eminente Bedrohung der politischen Freiheit, sowohl der individuellen Freiheitsrechte als auch der demokratischen Regierungsform. Aus seiner Sicht geht dem Abgleiten politischer Systeme in Diktatur und Totalitarismus regelmäßig die Einführung planwirtschaftlicher Elemente voran: Jeder Sozialismus (wie schon der Na‐ tional sozialismus ) führt in den Totalitarismus. Die Verpflichtung der Individuen auf einen einzigen Plan steht im Widerspruch zur Ausübung wirtschaftlicher und politischer Entscheidungsfreiheit und daher müssten diese zugunsten von jenem geopfert werden. Dazu ist festzuhalten, dass Hayek (zumindest in seiner späten Phase) die Freiheit nicht nur durch den „heißen“ Sozialismus einer Plan‐ wirtschaft, sondern auch durch den „kalten“ Sozialismus des Wohlfahrts‐ staates bedroht sieht, den er durch die Kombination von Umverteilung, das Überhandnehmen des öffentlichen Sektors und ausufernde Sozialpolitik cha‐ rakterisiert. 79 Offen beibt die Frage der Unvermeidlichkeit dieser Entwicklung. 80 The Road to Serfdom ist am Ende des Krieges angesichts einer weit verbreiteten Pla‐ 96 Hayeks Liberalismus <?page no="97"?> 81 Vgl. die unterstützende Evidenz bei Lawson & Clark (2010). 82 Vgl. besonders Hayek (2003a [1979a], Teil 3). nungs-Euphorie entstanden und war als Warnung vor den schwerwiegenden Folgen solcher Planung gedacht. Hayek beschäftigte sich daher zunächst mit den zu befürchtenden Konsequenzen einer umfassenden Planwirtschaft. Den Weg dorthin sah er als einen sich selbst beschleunigenden Prozess, einen „schlüpfrigen Abhang“, wobei jeder Eingriff in Richtung Planwirtschaft ein Mehr an Intervention nach sich zöge und so die Tendenz zu Sozialismus und Totalitarismus verstärkte. Auch wenn er damit nicht so weit geht wie Mises, für den jede auch noch so geringfügige Abweichung von einem 100%igen Libera‐ lismus ein Abgleiten in den Sozialismus bedeutete, schreibt wohl auch Hayek intermediären Positionen zwischen Markt und Plan - wie dem Misesschen Typus des Interventionismus , der gemischten Wirtschaft oder wohl auch dem Wohlfahrtsstaat - Instabilität und damit die Tendenz zu Sozialismus und Tota‐ litarismus zu. Anderseits liegt es gerade im Charakter einer Warnung, dass diese Tendenzen nicht als irreversibel betrachtet werden: Das Überhandnehmen von Planung in der Wirtschaft und der Weg in die Knechtschaft unterliegen keinem Determinismus, sondern können durch die Rückkehr zu dem von Hayek befür‐ worteten liberalen Programm umgekehrt werden. Hayeks Postulat einer ein‐ seitigen Kausalität zwischen wirtschaftlicher und politischer Unfreiheit mag nicht für alle historischen Beispiele überzeugen. Die Tatsache, dass im Länder‐ vergleich die Kombination von wirtschaftlicher Unfreiheit mit politischer Frei‐ heit eine Rarität darstellt, spricht immerhin für einige Meriten von Hayeks These. 81 Während Hayek in The Road to Serfdom wirtschaftliche und in der Folge politi‐ sche Freiheit durch den Sozialismus bedroht sieht, legt er später den Schwer‐ punkt auf potentielle Konflikte zwischen Liberalismus, Rechtsstaat und Demo‐ kratie. 82 Der Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass in einer Verfassung u. a. zwei wesentliche Fragen entschieden werden müssen: Wie soll über die Macht‐ ausübung im Staat entschieden werden, und: Wie soll die Machtausübung be‐ grenzt werden? Die Demokratie überantwortet die Entscheidung über die Macht‐ ausübung dem „Volk“ (in welcher konkreten Form auch immer) und macht dadurch einen friedlichen Machtwechsel möglich. Der Liberalismus (in der Form der Herrschaft des Gesetzes ) hingegen begrenzt das Ausmaß möglicher Machtaus‐ übung durch die Beschränkung auf allgemeine und abstrakte Regeln. In diesem Sinne kann Demokratie in Konflikt mit dem Liberalismus und dem Rechtsstaat gelangen, wenn davon ausgegangen wird, der Volkswille (die Mehrheit) recht‐ 97 Liberalismus und Demokratie <?page no="98"?> 83 Siehe Hayeks Leserbrief an The Times , 3. August 1978, 15; vgl. dazu auch Hennecke (2000, 348-351) und neuerdings Caldwell & Montes (2015). 84 Vgl. Hayek (2003a [1979a], Kapitel 17). fertige die Verabschiedung von Gesetzen, die die Grenze der so definierten Rechtsstaatlichkeit überschreiten. Hayek unterscheidet in diesem Sinne zwischen beschränkter und unbe‐ schränkter Demokratie: Eine beschränkte Demokratie mag tatsächlich der individuellen Freiheit den besten Schutz bieten, besser als irgendeine andere Form beschränkter Herr‐ schaft, aber eine unbeschränkte Demokratie ist wahrscheinlich schlechter als irgendeine andere Form unbeschränkter Herrschaft. (Leserbrief an The Times , 11. Juli 1978) Tatsächlich sieht Hayek unter diesem Gesichtspunkt die Entwicklung der west‐ lichen Demokratien in die Richtung einer ständig anwachsenden Machtfülle der Regierung mit großer Skepsis. Je weniger die Macht der Demokratie beschränkt ist, desto größer die Gefahr, dass sie von Partikularinteressen usurpiert wird. Diese Gefahr gehe besonders von den Ideen der sozialen Gerechtigkeit und des Wohlfahrtsstaates aus, weil unter deren Vorherrschaft Demokratie in eine Dik‐ tatur der Mehrheit ausarten könne, in der nicht mehr gleiche Regeln für alle gelten, sondern sich die Mehrheit die für sie geltenden Regeln zurechtbiegt. Hayek befürwortet daher durchaus einen starken Staat , allerdings einen, der seine Stärke in der Abwehr von Partikularinteressen und populistischen For‐ derungen zeigt. Einen blinden Fleck seiner Sicht des Antagonismus von Freiheit und Demokratie offenbart Hayek allerdings in der Behauptung, wonach manchmal autoritäre Regime (wie z. B. das Pinochets in Chile) die Freiheit besser schützten als De‐ mokratien. 83 Was Hayek - zumindest bei dieser Gelegenheit - wohl verkannt hat, ist, dass wirtschaftliche Freiheit (die solche autoritäre Regime garantieren mögen) keine hinreichende Bedingung für zivile Freiheiten darstellt und dass sich der Gegensatz zur Freiheit nicht im Sozialismus erschöpft. Als institutionelle Lösung des Konflikts zwischen Demokratie und Liberalismus propagiert Hayek seine zweite „Erfindung“ (unter dem Namen Demarchie), nämlich die Trennung der Funktionen von Gesetzgebung und Vollziehung und die Zuweisung dieser Funktionen an zwei separate Kammern. 84 Der Beschluss von Gesetzen im Sinn von Hayeks Rechtsstaatkonzeption - allgemeine und abstrakte Regeln - sollte einer Kammer vorbehalten bleiben, deren Mitglieder 98 Hayeks Liberalismus <?page no="99"?> 85 Vgl. zum Folgenden Hayek (2005 [1960], Teil 3, und 2003a [1979a], Kapitel 14). Die schon in den vorigen Kapiteln behandelten Positionen Hayeks zur Geld-, Währungs- und Konjunkturpolitik werden hier nicht mehr dargestellt. für so lange Perioden gewählt werden, dass dadurch die Unabhängigkeit ihrer Entscheidungen gewährleistet erscheint. Ihnen möchte Hayek die Weiterent‐ wicklung des institutionellen Rahmenwerks, im Nachvollzug und allenfalls als Ergänzung der evolutorisch sich durchsetzenden Normen, anvertrauen. Die Be‐ schlüsse der mit der Vollziehung betrauten Kammer können nur auf Grund dieser Gesetze erfolgen und entsprechen insofern dem Ideal einer „beschränkten Demokratie“. Wirtschaftspolitik in einer freiheitlichen Ordnung Die Aussagen zur freiheitlichen Ordnung werden im wirtschaftlichen Bereich durch die Festlegung konkretisiert, worin die Aufgaben und Grenzen staatlicher Wirtschaftspolitik bestehen. Hayek hat zu dieser Frage in seinen Schriften, von The Road to Serfdom bis zu The Fatal Conceit , in durchaus unterschiedlicher Nuancierung Stellung bezogen. Scheint der frühe Hayek z.T. noch in der neoklassischen Tradition der Wohl‐ fahrtsökonomik befangen, die mit dem Kriterium der Effizienz argumentiert, so wird für ihn später immer mehr der Aspekt der Regelbasierung und Wettbe‐ werbsorientierung entscheidend. Ohne diese Positionsverschiebung in Hayeks Denken zu vernachlässigen, wird im Folgenden doch versucht, die gemeinsamen Grundüberzeugungen zur Rolle des Staates herauszufiltern. 85 Prinzipiell geht Hayek davon aus, dass überall dort, wo eine Koordination durch Marktpreise und private Unternehmen möglich ist, der Markt mit der Produk‐ tion solcher (privater) Güter betraut werden soll. Die Existenz kollektiver (oder öffentlicher ) Güter wird aber nicht bestritten. Sofern für diese Nicht-Ausschließ‐ barkeit bzw. Nicht-Rivalität im Konsum gilt, kann weder die Entscheidung über das Ausmaß der Versorgung noch die Finanzierung privatwirtschaftlich (durch Preise) erfolgen. Daraus folgt zwar, dass das Versorgungsniveau durch politische Entscheidung festgesetzt und die Finanzierung durch Steuern gesichert werden muss, aber nicht, wie Hayek nicht müde wird zu betonen, dass die Produktion selbst durch öffentliche Unternehmen erfolgen muss, vielmehr plädiert Hayek für eine Auslagerung an den privaten Sektor. Dem Nutzen, den öffentliche Güter stiften, müssen aber bei der Entscheidung eindeutig die Lasten der Steuern ge‐ gengerechnet werden - einen konkreten Mechanismus für die korrekte Offen‐ 99 Wirtschaftspolitik in einer freiheitlichen Ordnung <?page no="100"?> 86 Vgl. zusätzlich Hayek (2001 [1952d], Kapitel 17). 87 Vgl. z. B. Hayek (2005 [1960], Kapitel 19). legung der Präferenzen für öffentliche Güter gibt er jedoch nicht an. Der gene‐ rellen Rechtfertigung staatlicher Eingriffe in das Marktergebnis mit dem Argument des Marktversagens (neben öffentlichen Gütern z. B. bei externen Ef‐ fekten oder Informationsasymmetrien) steht Hayek allerdings zunehmend skep‐ tisch gegenüber: Der Staat sei kein allwissender und wohlwollender Diktator, sondern agiere unter der Bedingung beschränkten Wissens und potentieller Fehlanreize - im Vergleich zum Marktversagen sei Staatsversagen die größere Gefahr. In der Steuerpolitik folgt Hayeks Position konsequent aus der Befürwortung des Ideals der kommutativen im Gegensatz zur distributiven Gerechtigkeit sowie generell aus einer auf Gleichbehandlung basierenden Politik. Dieses Kriterium der Gleichbehandlung sieht Hayek z. B. durch eine progressive Besteuerung der Einkommen verletzt. Darüber hinaus lehnt er auch eine mit dem Ziel der Um‐ verteilung begründete Besteuerung von Vermögen und Erbschaften ab. 86 Von besonderer Bedeutung - in Abgrenzung zum von Hayek abgelehnten Wohlfahrtsstaat - ist sein Ansatz zum Problem der sozialen Sicherheit . Da in der Großgesellschaft die anfallenden Risiken nicht mehr wie in der Kleingruppe durch Gruppensolidarität aufgefangen werden können, sieht Hayek hier eine Aufgabe für den Staat durch Gewährung einer Mindestsicherung für alle. Diese könne zwar ein bedingungsloses Mindesteinkommen und Sozialversicherung (in den Bereichen Altersvorsorge, Krankheit, Arbeitslosigkeit) umfassen, müsse aber auf Regeln beruhend und wettbewerblich orientiert organisiert sein. So wendet sich Hayek z. B. gegen ein staatliches Angebotsmonopol in der Sozialversicherung ebenso wie gegen die Finanzierung durch ein Umlagever‐ fahren, das nur zu Inflation und Konflikten zwischen den Generationen führe. Im Übrigen besteht zwischen dem von Hayek akzeptierten und dem von Wohl‐ fahrtsstaatkonzeptionen angestrebten Umfang der sozialen Sicherung ein quan‐ titativer Unterschied - so ist für Hayek etwa die Berücksichtigung von Anrei‐ zeffekten wichtig. Strikt lehnt Hayek auch den Versuch ab, im Namen einer Sozialpolitik die relativen (Einkommens-)Positionen der Betroffenen abzusi‐ chern. 87 Einer intensiveren Würdigung wert ist zuletzt Hayeks vorsichtige Position in der Wettbewerbspolitik . Hier sticht der Unterschied zum Ordoliberalismus Eu‐ ckenscher Prägung besonders hervor. Besteht zunächst noch eine gewisse Nähe 100 Hayeks Liberalismus <?page no="101"?> 88 Vgl. die 1945 gebrauchte Formulierung, Wettbewerb „benötige sehr viel an staatlicher Aktivität, damit er wirksam bzw. dort ergänzt werde, wo er nicht wirksam gemacht werden kann“ (zitiert in Hayek 1994, 111). zu dieser Sichtweise, 88 so wendet sich Hayek im Lauf der Jahre tendenziell der von Mises und der (neuen) Chicago-Schule vertretenen Position zu: Nicht die Monopole an sich, sondern die Verhinderung von Wettbewerb seien das zu be‐ kämpfende Übel. Daher gehe es um möglichste Wettbewerbsfreiheit , ein Offen‐ halten der Märkte und die Vermeidung staatlicher Begünstigung von Mono‐ polen. Diese (negative) Form der Wettbewerbspolitik steht im Gegensatz zu denjenigen Maßnahmen, wie sie die Ordoliberalen, aber auch die US-amerika‐ nische Tradition des „trust-busting“ fordern: Kartellverbote bzw. Missbrauchs‐ prinzip, Verbot von Fusionen, Zerschlagung von Monopolen, Preisregulierung bei natürlichen Monopolen usw. Dass nicht ein Monopol, sondern nur die Verhinderung von Wettbewerb … moralisch unrecht ist, sollten besonders jene ‚Neoliberalen‘ bedenken, die glauben, ihre Unparteilichkeit dadurch unter Beweis stellen zu müssen, dass sie gegen jedes Unternehmermonopol ebenso wettern wie gegen Gewerk‐ schaftsmonopole, und dabei vergessen, dass viele Unternehmermonopole das Ergebnis besserer Leistung sind, während jedes Gewerkschaftsmonopol auf der erzwungenen Unterdrückung von Wettbewerb beruht. (Hayek 2003a [1979a], 389) Maßnahmen staatlicher Monopolbekämpfung müssen - nach Hayek - am kon‐ stitutiven Wissensdefizit der staatlichen Behörden scheitern, deren Unwissen über die mit Wettbewerb noch verträgliche Unternehmensgröße oder den kor‐ rekten „Als-ob“-Wettbewerbspreis. Zudem behinderten solche Regulierungen das Entdeckungsverfahren des Wettbewerbs. Zusammenfassend ist Hayeks Sicht der Grenzen staatlicher Aktivität über die Zeit nicht unverändert geblieben, sondern hat sich tendenziell zu einer immer staatsskeptischeren Position hin entwickelt. Auch in seiner letzten und rigi‐ desten Phase ist Hayek kein Anhänger eines Minimalstaates, allerdings werden auch nur wenige (wie Hoppe 1994) in ihm einen Krypto-Sozialdemokraten er‐ kennen können. 101 Wirtschaftspolitik in einer freiheitlichen Ordnung <?page no="102"?> 89 Vgl. z. B. Hutchison (1981, Kapitel 7) versus Caldwell (1992) und die folgende Diskussion. Appendix: Hayeks Methodologie Im Vergleich zu einigen neueren Arbeiten (vgl. Caldwell 2004, Vanberg 2011) wurde auf Hayeks methodologische Ansätze hier weniger Wert gelegt, ein kurzer Überblick soll nun nachgeholt werden. In zweierlei Hinsicht steht Hayek, wie bereits erwähnt, fest in der Tradition der Österreichischen Schule, nämlich in der konsequenten Fortsetzung des metho‐ dologischen Individualismus und Subjektivismus . Ersterer kommt schon früh in seiner Ablehnung „makroökonomischer“ Ansätze zum Ausdruck, die Bezie‐ hungen zwischen Durchschnitts- oder Aggregatgrößen stipulieren, ebenso in seiner Sicht von Institutionen als Ordnungen und Ergebnis menschlichen Han‐ delns, nicht aber als Organisationen und Ergebnis planerischer Konstruktion. Letzterer zeigt sich unter anderem im Zusammenhang mit der Wissensteilung darin, dass es nicht die physischen Umstände sind, die das Handeln leiten und eingrenzen, sondern das Wissen darum, deren subjektive Wahrnehmung: In diesem Sinne sind alle sozialwissenschaftlichen Fakten subjektiv. In der Sekundärliteratur ist umstritten, inwieweit Hayek die methodologische Position seines Mentors Mises teilte. 89 Mises gilt als radikaler Vertreter eines Apriorismus , wonach alle Aussagen über das wirtschaftliche System sich aus dem einsichtigen Axiom des zielgerichteten Handelns der wirtschaftlichen Ak‐ teure entwickeln ließen - von Kritikern als Extremfall einer „Schreibtischöko‐ nomie“ bezeichnet. Demgegenüber hält Hayek schon früh - bereits in seiner Habilitationsschrift - die Bedeutung der empirischer Prüfung von Theorien fest, wenn auch in der Form, dass diese Tests die Grenzen der Gültigkeit der Theorien aufzeigen. Klar, wenn auch diplomatisch formuliert, distanziert sich jedenfalls Hayek (1937b) vom Misesschen Apriorismus, indem er nur den Theoremen des individuellen Gleichgewichts apriorische - aus der Annahme des rationalen Handelns abzuleitende - Gültigkeit zuspricht, nicht aber denen des Markt‐ gleichgewichts oder allgemeiner den Aussagen über die (Markt-)Koordination. Diese hänge essentiell von der Kommunikation von Wissen zwischen den in‐ dividuellen Akteuren ab, die sich einer Erfassung a priori entzieht. In dieser Hinsicht nähert sich Hayek der von Karl Popper vertretenen Position des kriti‐ schen Rationalismus an, wonach Theorien durch empirische Beobachtungen wohl widerlegt (falsifiziert), nicht aber bestätigt (verifiziert) werden können. Hayeks intensive Auseinandersetzung mit dem Problem der Wissensteilung und des unvollständigen Wissens führt ihn allerdings dazu sich vom Falsifikatio‐ 102 Hayeks Liberalismus <?page no="103"?> 90 Vgl. Hayek (2004b [1952b], 41-42); siehe auch Caldwell (2004, 247). 91 Vgl. Hayek (1967a [1955], Kapitel 1, und 2007c [1967b], Kapitel 13). nismus (in seiner naiven Form) abzugrenzen. Denn im Gegensatz zu den Na‐ turwissenschaften erlaube die in den Sozialwissenschaften anzutreffende kom‐ plexe Struktur des Untersuchungsobjekts keine konkreten Voraussagen, sondern nur „Erklärungen des Prinzips“ - z. B. ließe sich wohl das Zustande‐ kommen eines Fußpfades voraussagen, nicht aber dessen konkrete Position. 90 Nach der Veröffentlichung von The Sensory Order und einer verstärkten Rezep‐ tion der Systemtheorie rückt Hayek von der Dichotomie von Natur- und Sozi‐ alwissenschaften zugunsten einer Unterscheidung der Wissenschaften danach ab, ob sie sich mit einfachen oder komplexen Phänomenen befassen. 91 Einfache Phänomene sind demnach durch das Zusammenwirken von wenigen Variablen charakterisiert, oder von vielen unabhängig wirkenden Variablen, die mit den Mitteln des Wahrscheinlichkeitskalküls erfasst werden können. Komplexe Phänomene (solche „organisierter Komplexität“) treten typischerweise bei sich selbstorganisierenden Ordnungen auf, auch außerhalb der Sozialwissenschaften - Hayek nennt hierfür als Beispiel die Evolutionstheorie. Eine Theorie kom‐ plexer Phänomene muss sich jedenfalls auf Mustervoraussagen („pattern pre‐ dictions“) beschränken, sie kann die Eigenschaften solcher Ordnungen quali‐ tativ beschreiben, nicht aber quantitativ voraussagen. Die Phänomene, die die Ökonomie untersucht, sind - wie die vieler anderer Wissenschaften auch - komplex, das macht sie zu einem anderen Typus von Wissenschaft als viele Naturwissenschaften, es macht sie deshalb aber nicht zu einer Pseudowissen‐ schaft. 103 Appendix: Hayeks Methodologie <?page no="105"?> Die Aktualität F. A. Hayeks <?page no="107"?> D ie Entwicklung der Wirtschaftstheorie hat im 20. Jahrhundert eine Reihe von Umbrüchen, wissenschaftlichen Revolutionen , durchlebt. Der Key‐ nesschen Revolution nach 1945 folgte in den 1970er-Jahren das Zeitalter von Schumpeter und danach die Rehabilitation Friedrich August Hayeks als großer Ökonom. Hayeks wiederhergestellte Reputation rührte zum nicht ge‐ ringen Teil von seiner Prophezeiung des Zusammenbruchs des Sozialismus her. Auch in der gegenwärtig herrschenden Finanz- und Wirtschaftskrise, die die Ökonomen, was deren Diagnose und Therapie anlangt, in zwei konkurrierende Lager gespalten hat, wird häufig auf Hayek Bezug genommen. Die eine Seite vermeint in der Krise die Folgen eines ungebändigten, nach neoliberalem Muster organisierten Finanzsystems zu sehen und propagiert - contra Hayek - die Rückkehr zu verstärkter Regulierung und keynesianischen Rezepten der Nach‐ fragesteuerung. Die andere Seite greift direkt auf Hayeks Warnungen vor den Gefahren der Inflation zurück und weist die Verantwortung für die Krise einer zu lockeren Geldpolitik zu, die auch nach Eintreten der Krise kein taugliches Mittel der Krisenbekämpfung sei. Die Ähnlichkeiten und Unterschiede der heu‐ tigen Krise und der darüber von den Ökonomen geführten Kontroverse mit derjenigen der 1930er-Jahre - mit Keynes und Hayek als den prominentesten Exponenten - erscheinen augenfällig, auch wenn ein endgültiges Urteil wohl erst im Rückblick des Historikers möglich sein wird. Gerade die heutigen Kon‐ flikte zeigen das Spannungsfeld auf, dem sich die Würdigung der Leistungen Hayeks als Ökonom und Sozialphilosoph auszusetzen hat. Die alles überstrahlende Einsicht, die auch Hayeks Denken in den verschie‐ densten Bereichen der Ökonomie und anderer Disziplinen Einheitlichkeit ver‐ leiht, ist die in die Tatsache der Wissensteilung als das zentrale Problem gesell‐ schaftlicher Koordination oder „Ordnung“. Diese Einsicht wird für die unterschiedlichsten Fragestellungen nutzbar gemacht: In der Geld- und Kon‐ junkturtheorie geht es um die Signale intertemporaler Knappheit, die vom Zins‐ satz ausgehen, und deren Störungen von der Geldseite her. In der Wirtschafts‐ rechnungsdebatte begründet die Existenz verstreuten Wissens die Unmöglichkeit einer rationalen Zusammenschau der Entscheidungen durch einen zentralen Wirtschaftsplan, sie begrenzt auch die Erfolgsmöglichkeiten einer weniger ambitiösen, bloß auf Korrektur sog. Marktversagens ausgerich‐ teten interventionistischen Wirtschaftspolitik. Für die Theorie einer freiheitli‐ chen Ordnung begründet die Unvollkommenheit des Wissens für die Individuen die Notwendigkeit, anstatt alle Einzelfälle „rational“ zu entscheiden, sich an in der Vergangenheit bewährte Regeln zu halten. Und es ist letztlich auch dieses Wissensdefizit, aus dem Hayek sein Vertrauen in die Überlegenheit von durch 107 Die Aktualität F. A. Hayeks <?page no="108"?> die kulturelle Evolution tradierten Normen gegenüber den rationalen Konstruk‐ tionen von „Sozialingenieuren“ schöpft. Die Anerkennung dieser für die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften überaus bedeutenden Einsicht zwingt allerdings nicht dazu, allen von Hayek daraus ab‐ geleiteten politischen Urteilen zu folgen. So erweist sich der lebenslange Kampf gegen den Sozialismus (in der von Hayek sehr weit gefassten Definition) zugleich als Stärke und Schwäche seines Oeu‐ vres: Früher und hellsichtiger als viele andere erkannte er die Grundübel einer sozialistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung - deren ökonomische Ineffizienz und die Gefahr des Abgleitens in den Totalitarismus. Er warnte - öfter zu Recht, als es zeitgenössische Kommentatoren wahrhaben wollten - vor den in der Demokratie drohenden populistischen Verführungen, vor den For‐ derungen nach (nur diffus definierbarer) sozialer Gerechtigkeit und einem un‐ eingeschränkten Wohlfahrtsstaat. Der geradezu monomanische Kampf gegen den Sozialismus machte Hayek aber - wie die Pinochet-Episode zeigte - blind gegenüber anderen Gefährdungen der Freiheit. Sie machte ihn auch unfähig, potentiell fruchtbare Erkenntnisse in abweichenden Meinungen zu erkennen und Kompromisse zu akzeptieren, da er befürchtete, jeder Schritt weg vom Ideal einer freiheitlichen Ordnung würde deren unwiederbringlichen Verlust ein‐ leiten. Umstritten muss auch Hayeks zentrale Idee der spontanen Ordnung bleiben. So sehr sich Hayek auch müht, die Herausbildung einer solchen Ordnung ökono‐ misch, sozialphilosophisch oder historisch zu begründen, einen „Beweis“ muss er schuldig bleiben. Dass das autonome Verhalten der Individuen innerhalb des Regelwerks eines liberalen Wirtschaftssystems automatisch und aus sich selbst heraus notwendig Ordnung produziert und nicht Chaos, lässt sich nicht be‐ weisen. Was Röpke für den Ausnahmefall der sekundären Depression zu zeigen versuchte und was im Gegensatz dazu Keynes für den Regelfall einer von Un‐ ternehmerentscheidungen geleiteten Wirtschaft hielt, nämlich das Auftreten von Koordinationsmängeln in Form eines effektiven Nachfrage-Defizits, kommt dem Fall einer solchen „spontanen Unordnung“ doch recht nahe. Hayeks Über‐ zeugung vom ausnahmslosen Zustandekommen und der Überlegenheit spon‐ taner Ordnungen lässt sich daher letztlich (wie ja auch sein Gegenteil) nur als Glaubensartikel verteidigen. In der Rückschau auf sein Werk sieht sich wohl auch Hayek selbst in der Rolle des von einer großen Idee inspirierten Forschers. In seiner Unterscheidung von „Zwei Arten des Denkens“ (Hayek 2007c [1978b], Kapitel 4) betrachtet er sich 108 Die Aktualität F. A. Hayeks <?page no="109"?> 92 Vgl. den Tolstoj-Essay von Isaiah Berlin, The Hedgehog and the Fox (1953). im Gegensatz zu den „Meistern ihres Faches“ (wie Böhm-Bawerk oder Robbins) als einen „Tüftler“. Noch vielmehr dürfte für ihn aber der auf ein Versfragment des Archilochos zurückgehende Ausspruch zutreffen: Der Fuchs weiß viele verschiedene Dinge, der Igel aber eine große Sache. 92 109 Die Aktualität F. A. Hayeks <?page no="111"?> ✷ Biographie Jahr Ereignis 1899 Geboren in Wien am 8. Mai. 1917 Matura (Abitur) am Elisabeth Gymnasium in Wien 5, Rai‐ nergasse. 1917-1918 Kriegsdienst als Fähnrich in der k. u. k. Armee an der Itali‐ enfront. 1918-1921 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Uni‐ versität Wien. 1921 Promotion zum Dr. jur. an der Universität Wien. 1921-1926 Anstellung im Abrechnungsamt für Österreichische Kriegs‐ schulden in Wien. 1923 Promotion zum Dr. rer. pol.; Dissertation „Zur Problemstel‐ lung der Zurechnungslehre“. 1923-1924 Aufenthalt in den USA (Forschungsassistent von Prof. Jere‐ miah W. Jenks an der New York University); Vorlesungen bei Wesley C. Mitchell an der Columbia University. 1926 Heirat mit Hella Fritsch; zwei Kinder, Christine (*1929) und Laurence (1934-2004). 1927-1931 Direktor des unter Mitwirkung von Hayek und Mises ge‐ gründeten Österreichischen Instituts für Konjunkturfor‐ schung. 1929 Habilitation zum Privatdozenten für Nationalökonomie und Statistik an der Universität Wien; Habilitationsschrift Geld‐ theorie und Konjunkturtheorie . <?page no="112"?> 1931 Jänner: Vortrag an der London School of Economics and Political Science (LSE): Prices and Production ; ab September: Gastprofessor an der LSE. 1932-1949 Tooke Professor of Economic Science and Statistics an der LSE. 1938 Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich Annahme der britischen Staatsbürgerschaft. 1944 The Road to Serfdom; Vortragsaufenthalt in den USA. 1947-1961 Gründung und erster Präsident der Mont Pèlerin-Society. 1949-1950 Gastprofessor an der University of Arkansas, Fayetville, USA. 1950 Scheidung von seiner ersten Frau Hella und Heirat mit He‐ lene Bitterlich (vorm. Warhanek, 1900-1996). 1950-1962 Professor für Social and Moral Science am Committee on Social Thought der University of Chicago, USA. 1961 Ehrenpräsident der Mont Pèlerin-Society. 1962-1967 Professor der Volkswirtschaftslehre an der Albert-Lud‐ wigs-Universität in Freiburg im Breisgau. 1964-1970 Vorstandsmitglied des Walter Eucken-Instituts. 1967-1968 Emeritierung; Lehrstuhlvertretung in Freiburg. 1970-1974 Gastprofessor an der Paris-Lodron-Universität in Salzburg. 1974 Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. 1977 Rückkehr an die Universität Freiburg; Aufnahme in den Orden Pour le Mérite. 1978 Ehrenpräsident des Walter Eucken-Instituts. 1984 Mitglied des britischen Order of the Companions of Honour (auf Vorschlag Margaret Thatchers). 112 ✷ Biographie <?page no="113"?> 1991 U.S. Presidential Medal of Freedom (verliehen durch Präsi‐ dent George Bush). 1992 Gestorben am 23. März in Freiburg; begraben auf dem Friedhof Neustift am Walde in Wien. 113 ✷ Biographie <?page no="115"?> ✷ Glossarium Beschränkte Demokratie Die Machtausübung durch die (wie immer bestimmte) Mehrheit des Volkes in der Demokratie wird beschränkt durch die Herrschaft des Gesetzes. Deflation Siehe Inflation. Demarchie Hayeks Vorschlag eines Zweikammer-Systems mit strikter Trennung von Ge‐ setzgebung (im Sinne allgemeiner abstrakter Regeln) und Vollziehung, zur Ver‐ wirklichung einer beschränkten Demokratie. Gelenkte Währung Eine nationale Währung, die den Geldumlauf primär an nationalen Zielen oder Indikatoren ausrichtet, z. B. am Ziel der Preisniveaustabilität; gerät typischer‐ weise in Konflikt mit den Regeln eines internationalen Währungssystems, daher Ausdruck des monetären Nationalismus. Gleichgewicht Eine Konstellation von individuellen Plänen (Ordnung), bei der alle Pläne mit‐ einander vereinbar sind und sich daher die daran geknüpften Erwartungen rea‐ lisieren lassen; Beispiel: das Marktgleichgewicht von Angebot und Nachfrage. Siehe auch intertemporales Gleichgewicht. Goldstandard International, ein auf festen Wechselkursen (Paritäten) zum Gold und freiem Goldverkehr basierendes Währungssystem; national, die Bindung des Geldum‐ laufes an die Goldreserven der Zentralbank; der funktionierende Goldstandard entzieht die (internationale und nationale) Geldpolitik - im Gegensatz zu einer gelenkten Währung - weitgehend der Möglichkeit staatlichen Eingriffs. <?page no="116"?> Großgesellschaft Im Gegensatz zur Stammesgesellschaft, deren Kleinheit und Überschaubar‐ keit solidarisches Handeln ermöglicht, sind in der Großgesellschaft die Bezie‐ hungen zwischen den (untereinander „anonymen“) Individuen durch allge‐ meine und abstrakte Regeln bestimmt. Gruppenselektion Im Gegensatz zur Selektion von Individuen, die das Überleben begünstigende Eigenschaften aufweisen, werden hierbei Gruppen (Populationen) aufgrund der Vorzüge der jeweils herrschenden Regeln oder Normen selektiert; ein Mecha‐ nismus der Gruppenselektion ist der Anstieg der Produktivität in der Bereit‐ stellung der Subsistenzmittel. Herrschaft des Gesetzes Beschränkung der staatlichen Zwangsgewalt auf die Durchsetzung von allge‐ meinen abstrakten Regeln; dadurch Gewährleistung individueller Freiheit; syn‐ onym auch: Rechtsstaat. Inflation In der zeitgenössischen, auch von Hayek verwendeten Terminologie die Zu‐ nahme des Geldumlaufs (Abnahme: Deflation); heute üblich zur Bezeichnung von „Preisinflation“, d. i. der Anstieg des Preisniveaus. Inflationismus Eine (Geld-)Politik, die zugunsten der Verwirklichung anderer Ziele (niedrige Zinsen, Vollbeschäftigung) das Entstehen von (Preis-)Inflation in Kauf nimmt; Hayeks Vorwurf gegen die Keynessche Vollbeschäftigungspolitik. Intertemporales Gleichgewicht Eine Anwendung des Konzepts des Gleichgewichts auf Pläne, die sich auf künftige Zeitpunkte beziehen, in denen sich die äußeren Umstände (die wirt‐ schaftlichen Daten) der Entscheidungen ändern (im Gegensatz zum statio‐ nären Gleichgewicht, in dem diese Daten konstant bleiben); Vereinbarkeit der Pläne setzt hier vollkommene Voraussicht voraus. 116 ✷ Glossarium <?page no="117"?> Keynessche Revolution Nach 1945 das Vordringen der auf Keynes und seine Schüler zurückgehenden Ideen einer makroökonomischen, über die Gesamtnachfrage wirkenden Steue‐ rung der Wirtschaft mit dem Ziel der Vollbeschäftigung. Komplexe Phänomene Im Gegensatz zu einfachen Phänomenen sind diese durch das Zusammenwirken vieler, voneinander abhängiger Variablen charakterisiert, die nicht durch den Kalkül der Wahrscheinlichkeitstheorie erfasst werden können („organisierte Komplexität“). Konstruktivismus Die Sichtweise, wonach gesellschaftliche Ordnung nur als Folge der Anwen‐ dung planerischen Kalküls - in Form einer Organisation - entstehen kann; synonym auch: konstruktivistischer Rationalismus, Szientismus. Kulturelle Evolution Der auf der Gruppenselektion basierende evolutionäre Prozess der Heraus‐ bildung der in einer Gesellschaft von deren Mitgliedern befolgten Regeln bzw. Normen. Methodologischer Individualismus Methodologisches Prinzip, wonach systemische (gesellschaftliche, wirtschaft‐ liche) Ergebnisse aus den Handlungen von Individuen herzuleiten sind; das um‐ fasst sowohl die Analyse des zielgerichteten Handelns der Individuen als auch des Zusammenwirkens der individuellen Handlungen. Mustervoraussagen Bei komplexen Phänomenen sind nur Voraussagen über die Eigenschaften der entstehenden Ordnungen möglich (Mustervoraussagen oder Erklärungen des Prinzips), nicht aber konkrete quantitative Prognosen. 117 ✷ Glossarium <?page no="118"?> Neutrales Geld Der Zustand einer Geldwirtschaft, in der dasselbe intertemporale Gleichge‐ wicht realisiert wird wie in einer (idealen) geldlosen Wirtschaft mit ansonsten gleichen wirtschaftlichen Daten. Ordnung Eine Konstellation von Regeln, die bei den sie befolgenden Individuen ein Ver‐ halten herbeiführt, das deren Pläne vereinbar macht und deren Erwartungen erfüllt; eine solche Ordnung (Kosmos) ist spontan, wenn sie nicht das Ergebnis eines Planes ist, sondern sich aus den Handlungen der Individuen von selbst herausbildet. Ordoliberalismus Eine besonders im Nachkriegsdeutschland bedeutsame Variante des Libera‐ lismus, der auch Hayek in seiner mittleren Phase nahe steht; der Ordolibera‐ lismus schreibt dem Staat eine vergleichsweise aktivere Rolle bei der Setzung des institutionellen Rahmens der Wirtschaft zu, insbesondere bei der aktiven Herstellung einer Wettbewerbsordnung. Organisation Eine Konstellation von Anordnungen, die den Individuen ein bestimmtes Ver‐ halten vorschreibt, mit dem Ziel einen in sich widerspruchsfreien einheitlichen Plan zu verwirklichen (Taxis). Preisfächer Eine Konstellation der Preise der in den einzelnen Produktionsstufen herge‐ stellten Güter, wobei die wirtschaftlichen Daten auf den Zinssatz und den Preisfächer einwirken und dadurch eine bestimmte Produktionsstruktur her‐ beiführen; zentral ist der Einfluss der relativen Preise (Preisverhältnisse) auf die Produktionsstruktur. Preissystem Das Wunder des Preissystems besteht (nach Hayek) darin, dass es das unter den einzelnen Konsumenten und Produzenten verstreute Wissen zusammenfasst und die Knappheiten der verschiedenen Güter anzeigt. 118 ✷ Glossarium <?page no="119"?> Primäre Depression Siehe sekundäre Depression. Produktionsperiode Ein Indikator, der durch die durchschnittliche Zeit, die vom Beginn der Pro‐ duktion in der ersten bis zum Abschluss in der letzten Produktionsstufe ver‐ geht, die Kapitalintensität der Produktion zu messen versucht; wie alle anderen kann auch dieser Indikator der Kapitalintensität diese Aufgabe nur unter re‐ striktiven Annahmen über die Produktionsstruktur erfüllen. Produktionsstruktur Eine Konstellation von Güterverwendungen in der Produktion, als deren Er‐ gebnis mittels einer bestimmten Kapitalausstattung Konsumgüter hergestellt werden. Produktionsstufe Eine vereinfachte Darstellung der Produktionsstruktur einer Wirtschaft, wobei die Güter nacheinander - auf dem Weg von der Urproduktion zum fer‐ tigen Konsumgut - eine Serie solcher Produktionsstufen durchlaufen: um das Gut der jeweiligen Stufe herzustellen, werden das Gut der vorigen Stufe und Arbeit eingesetzt. Produktivitätsnorm Aus dem Konzept des neutralen Geldes hergeleitete Norm für die Entwicklung des Preisniveaus; bei unverändertem Geldumlauf in einer wachsenden Wirt‐ schaft muss das Preisniveau - invers zur Produktivität - fallen. Rechtsstaat Siehe Herrschaft des Gesetzes. Sekundäre Depression Im Gegensatz zur primären Depression, die im Sinne einer Reinigungskrise als Prozess zur Wiederherstellung des Gleichgewichts betrachtet wird, ist die sekundäre Depression (oder Deflation) ein funktionsloser, sich potentiell selbst verstärkender Prozess; um wiederum zum Gleichgewicht zurückzukehren, ist 119 ✷ Glossarium <?page no="120"?> möglicherweise die Unterstützung durch expansive Wirtschaftspolitik nötig, insofern liefert dies eine Rechtfertigung für Vollbeschäftigungspolitik. Sozialismus Der Versuch ein Wirtschaftssystem wie eine Organisation zu führen und einem einheitlichen Plan zu unterwerfen; die Wirtschaftsrechnung im Sozialismus scheitert an der Absenz von Preisen als Knappheitsanzeigern und an der Tat‐ sache der Wissensteilung. Sparen, freiwilliges und erzwungenes Freiwilliges Sparen ist die Nicht-Konsumtion von Einkommen bzw. dessen An‐ gebot auf dem Kapitalmarkt, wie sie den auf korrekten Erwartungen basie‐ renden Plänen der Individuen entspricht. Erzwungenes Sparen geht aufgrund von fehlerhaften Erwartungen über das Ausmaß des freiwilligen Sparens hinaus, z. B. wegen eines nicht vorhergesehenen Anstiegs der Konsumgüterpreise. Spontane Ordnung Siehe Ordnung. Stammesgesellschaft Siehe Großgesellschaft. Subjektivismus Methodologisches Prinzip, wonach die individuellen Handlungen, und daraus abgeleitet die systemischen Ergebnisse, nicht von den objektiven Eigenschaften z. B. von Gütern abhängen, sondern vom subjektiven Wissen (den Wahrneh‐ mungen und Erwartungen) der Individuen. Überinvestition Eine Investition, d. h. eine Ausdehnung des Kapitalstocks (bzw. der Produkti‐ onsperiode), die aufgrund erzwungenen Sparens über das Ausmaß der frei‐ willig verfügbaren Ersparnisbildung hinausgeht; daher nicht dauerhaft aufrecht erhaltbar und Ursache der Krise. 120 ✷ Glossarium <?page no="121"?> Vollbeschäftigungspolitik Als Element der Keynesschen Revolution der Versuch Vollbeschäftigung durch Steuerung der Gesamtnachfrage zu sichern, ohne Berücksichtigung auf die sich in den Preisen ausdrückenden Knappheitsverhältnisse; birgt nach Hayek die Gefahr des Inflationismus. Währungskonkurrenz Zunächst Hayeks Vorschlag der freien Wahl der Währung, durch die in einem Land Zahlungsverpflichtungen erfüllt werden können - als Wahl zwischen staatlich kontrollierten Währungen; dann weitergehend der Vorschlag der pri‐ vaten Währungskonkurrenz, des Angebots von Währungen durch Private (z. B. Geschäftsbanken). Wirtschaftliche Daten Die äußeren Bedingungen, die das mögliche Ergebnis eines Wirtschaftssystems bestimmen, wie z. B. die Präferenzen der Konsumenten, die Produktionsmög‐ lichkeiten der Produzenten und die verfügbaren Bestände von Produktionsmit‐ teln. Wirtschaftsrechnung Die Feststellung der für ein Wirtschaftssystem aus den wirtschaftlichen Daten resultierenden Knappheitsverhältnisse und die Ausrichtung der Produk‐ tionsentscheidungen an diesen Knappheiten. Wissensteilung Der Umstand, dass das Wissen über die für ein Wirtschaftssystem maßgeblichen wirtschaftlichen Daten nicht einem einzelnen Akteur gegeben, sondern unter die verschiedenen Mitglieder des Systems (Konsumenten, Produzenten) ver‐ streut ist. Wohlfahrtsstaat Nach Hayek ein „kalter“ Sozialismus, geleitet durch die Idee der Umverteilung, der staatlichen Produktion von (öffentlichen) Gütern und eines weitgehenden Systems der sozialen Sicherheit; durch die Kulmination der Eingriffe besteht die Gefahr, dass wie beim „heißen“ Sozialismus des Zentralplans die Wirtschaft einem einheitlichen Ziel unterworfen wird. 121 ✷ Glossarium <?page no="123"?> ✷ Wichtige Werke Geldtheoretische Untersuchungen (unveröffentlichtes Manuskript, 1925-29) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Unvollständiges Buchfragment, enthält erste Ansätze zu Hayeks Geld- und Konjunkturtheorie; erhalten in Friedrich August Hayek Papers, box 105, folders 1-4, Hoover Institution Ar‐ chives, Stanford University; Wiederabdruck in GS A-8 (2015a), Kapitel 9. Geldtheorie und Konjunkturtheorie (Wien, 1929a; Nachdruck Salzburg, 1976) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Hayeks Habilitationsschrift, for‐ muliert seinen Ansatz einer monetären Konjunkturtheorie; Wiederabdruck in GS A-9 (2016), Kapitel 1. Prices and Production (London, 1931a, 2. erw. Aufl. 1935) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Die schriftliche Fassung von Hayeks Vorträgen an der LSE, skizziert den Mechanismus der Überinvestition als Krisenursache; Wiederabdruck in CW 7 (2012a). Preise und Produktion (Wien, 1931b; Nachdruck 1976) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Die deutschsprachige Version von Prices and Production (1931a); Wiederabdruck in GS A-9 (2016), Kapitel 2. Beiträge zur Geldtheorie (Hg. F. A. Hayek, Wien, 1933a; Nachdruck Berlin et al., 2007) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Enthält Beiträge von bedeutenden zeitgenössischen Autoren, darunter Johan Koopmans und Gunnar Myrdal. <?page no="124"?> Collectivist Economic Planning (Hg. F. A. Hayek, London, 1935) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Versammelt zentrale Beiträge von Hayek und Mises zur Wirtschaftsrechnungsdebatte; Wiederabdruck in CW 10 (1997), Part 1. Monetary Nationalism and International Stability (Genf, 1937a) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Stellungnahme von Hayek zur Frage des internationalen Währungssystems (und gegen den monetären Natio‐ nalismus); Wiederabdruck in CW 6 (1999b), Kapitel 1; deutsch als "Monetärer Nationalismus und internationale Stabilität" in GS A-3 (2011), Kapitel 3. Profits, Interest, and Investment. And other essays on the theory of industrial fluctuations (London, 1939) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Eine Sammlung von nach 1931 entstandenen Schriften zur Geld- und Konjunkturtheorie, enthält insbesondere Hayeks Formulierung des „Ricardo-Effekts“. The Pure Theory of Capital (London, 1941) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Hayeks Abschluss der österrei‐ chischen Kapitaltheorie; Wiederabdruck als CW 12 (2007a); deutsch als GS B-6 (2006a). The Road to Serfdom (Chicago, 1944) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Hayeks populärstes Werk, die Warnung vor dem Sozialismus als Weg in den Totalitarismus; Wiederabdruck als The Definitive Edition in CW 2 (2007b); deutsch als GS B-1 (2004a). Individualism and Economic Order (Chicago, 1948a) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Sammlung von nach 1937 ent‐ standenen Beiträgen zur Wirtschaftstheorie und Sozialphilosophie; deutsch als Hayek (1952c). 124 ✷ Wichtige Werke <?page no="125"?> The Sensory Order: An enquiry into the foundations of theoretical psychology (Chicago, 1952a) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Hayeks Beitrag zur Grundlegung der theoretischen Psychologie, das auf Studien aus den 1920er-Jahren zurück‐ geht; Wiederabdruck als CW 14 (2018), deutsch als GS B-5 (2006b). The Counter-Revolution of Science: Studies on the abuse of reason (Glencoe, 1952b) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Sammlung der im Rahmen des „Abuse of Reason“-Projekts entstandenen Aufsätze, enthält Hayeks erste grund‐ legende Kritik an Szientismus und Konstruktivismus; Wiederabdruck als CW 13 (2010); deutsch als GS B-2 (2004b). The Constitution of Liberty (Chicago, 1960) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Ein Hauptwerk zur Begründung eines positiven Programms des politischen und wirtschaftlichen Liberalismus; Wiederabdruck als The Definitive Edition in CW 17 (2011a); deutsch als GS B-3 (2005). Studies in Philosophy, Politics and Economics (London, 1967a) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Sammlung von nach 1960 ent‐ standenen Aufsätzen. Freiburger Studien: Gesammelte Aufsätze (Tübingen, 1969a) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Sammlung von Aufsätzen aus der Zeit in Freiburg; offenbart insbesondere Hayeks Hinwendung zum Ansatz der kulturellen Evolution. Law, Legislation, and Liberty, 3 Bde (Chicago, 1973, 1976a, 1979a) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Die Erweiterung des Programms der Constitution of Liberty unter dem neuen evolutorischen Gesichtspunkt; die einzelnen Bände behandeln den Gegensatz von Kosmos und Taxis, das Trugbild der sozialen Gerechtigkeit, und die Vereinbarkeit von Liberalismus und Demo‐ kratie; deutsch als GS B-4 (2003a). 125 ✷ Wichtige Werke <?page no="126"?> Denationalisation of Money (London, 1976b) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Enthält Hayeks revolutionären Vorschlag der Privatisierung der Geldproduktion; Wiederabdruck der 2. Aufl. (1978) in CW 6 (1999b), Kapitel 4; deutsch als Hayek (1977) New Studies in Philosophy, Politics, Economics and the History of Ideas (London, 1978a) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Sammlung von Aufsätzen aus dem Umkreis der in den 1970er-Jahren von Hayek verfolgten Themen. Nobel Prize-Winning Economist (Hg. Armen Alchian, Los Angeles, 1983a) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Eine Sammlung von 1978 im Rahmen des Oral History-Programms der UCLA durchgeführten Interviews mit Hayek, Interviewpartner waren Armen Alchian, Axel Leijonhufvud u. v. a.; eine wichtige autobiographische Quelle; verfügbar als Oral History transcript no. 300/ 224, Department of Special Collections, Charles E. Young Research Library, UCLA. Der Strom der Güter und Leistungen (Tübingen, 1984) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Ein Vortrag Hayeks an der LSE, 50 Jahre nach Prices and Production ; ein Resumee seiner wichtigsten Erkennt‐ nisse; Wiederabdruck in GS A-6 (2001), Kapitel 12. The Fatal conceit: The errors of socialism (Chicago-London, 1988) Was Sie über dieses Werk wissen sollten: Hayeks Spätwerk, eine letzte Ab‐ rechnung mit dem Sozialismus, die z.T. nicht mehr an die Schlüssigkeit seiner früheren Ansätze herankommt; erschienen als CW 1; deutsch als GS B-7 (2011b). 126 ✷ Wichtige Werke <?page no="127"?> ✷ Hilfreiche Links www.hayek.de/ Website der deutschen Friedrich A. von Hayek Gesellschaft www.walter-eucken-institut.de/ Website des Walter Eucken-Instituts in Freiburg mit vielen nützlichen Informa‐ tionen zu Hayek, Eucken und zu Ordoliberalismus bzw. Ordnungsökonomik http: / / public.econ.duke.edu/ ~bjc18/ index.htm Website von Bruce Caldwell, dem Reihen-Herausgeber der Collected Works of F. A. Hayek , mit vielen weiterführenden Hinweisen http: / / cafehayek.com/ Blogs zu vorwiegend wirtschaftspolitischen Fragen aus der Perspektive der Hayekschen Theorie http: / / austrianeconomists.typepad.com/ Blogs von Peter Boettke, Steve Horwitz und anderen Autoren der Austrian School www.marginalrevolution.com/ Blogs von Tyler Cowen <?page no="128"?> www.econlib.org/ Die Library of Economics and Liberty enthält eine große Anzahl von Online-Ver‐ sionen von Werken der Österreichischen Schule http: / / mises.org/ Die Website des Mises-Instituts, das wie sein Namensgeber Beiträge aus einer radikal-liberalen Sicht bietet http: / / it.stlawu.edu/ sdae/ Die Website der Society for the Development of Austrian Economics, die u. a. auch die Zeitschrift Review of Austrian Economics herausgibt http: / / hayekcenter.org/ Die Website, Taking Hayek Seriously , von Gregg Ransom enthält viele nützliche Informationen über und zu Hayek www.oac.cdlib.org/ findaid/ ark: / 13030/ kt3v19n8zw/ Register des in den Hoover Institution Archives, Stanford University, aufbe‐ wahrten Hayek-Nachlasses (Friedrich A. von Hayek Papers) 128 ✷ Hilfreiche Links <?page no="129"?> ✷ Zitierte Literatur Werke von Hayek (Ausgaben gesammelter Werke): The Collected Works of F. A. Hayek (begründet von W.W. Bartley III, fortgeführt von Stephen Kresge und nun herausgegeben von Bruce Caldwell, Chicago-London, 1988 ff.), 19 Bände, davon 17 erschienen (abgekürzt zitiert als CW). The Fatal Conceit: The errors of socialism (Hg. W.W. Bartley III, 1988) (= CW 1). The Trend of Economic Thinking: Essays on political economists and economic history (Hg. W.W. Bartley III & Stephen Kresge, 1991) (= CW 3). The Fortunes of Liberalism: Essays on Austrian economics and the ideal of freedom (Hg. Peter G. Klein, 1992a) (= CW 4). Hayek on Hayek: An autobiographical dialogue (Hg. Stephen Kresge & Leif Wenar, 1994). Contra Keynes and Cambridge: Essays, correspondence (Hg. Bruce Caldwell, 1995) (= CW 9). Socialism and War: Essays, documents, reviews (Hg. Bruce Caldwell, 1997) (= CW 10). Good Money, Part I: The new world, and Part II: The standard (Hg. Stephen Kresge, 1999a, b) (= CW 5 und 6). The Pure Theory of Capital (Hg. Lawrence White, 2007a) (= CW 12). The Road to Serfdom: Texts and documents. The Definitive Edition (Hg. Bruce Caldwell, 2007b) (= CW 2). Studies on the Abuse and Decline of Reason: Texts and documents (Hg. Bruce Caldwell, 2010) (= CW 13). The Constitution of Liberty: The Definitive Edition (Hg. Ronald Hamowy, 2011a) (= CW 17). Business Cycles, Part I and Part II (Hg. Hansjoerg Klausinger, 2012a, b) (= CW 7 und 8). The Market and Other Orders (Hg. Bruce Caldwell, 2014) (= CW 15). Capital and Interest (Hg. Lawrence H. White, 2015b) (= CW 11). <?page no="130"?> Hayek on Mill: The Mill-Taylor Friendship and Related Writings (Hg. Sandra J. Peart, 2015c) (= CW 16). The Sensory Order and Other Writings on the Foundations of Theoretical Psychology (Hg. Viktor Vanberg, 2018) (= CW 14). Gesammelte Schriften in deutscher Sprache von Friedrich A. von Hayek, in zwei Abteilungen: Aufsätze (A) und Bücher (B) (herausgegeben von Alfred Bosch, Manfred E. Streit, Viktor Vanberg, Reinhold Veit †, Tübingen, 2001 ff.), 16 Bände, (abgekürzt zitiert als GS). Wirtschaft, Wissenschaft und Politik: Aufsätze zur Wirtschaftspolitik (Hg. Viktor Vanberg, 2001) (= GS A-6). Grundsätze einer liberalen Gesellschaftsordnung: Aufsätze zur Politischen Philosophie und Theorie (Hg. Viktor Vanberg, 2002) (= GS A-5). Recht, Gesetz und Freiheit (Hg. Viktor Vanberg, 2003a) (= GS B-4). Rechtsordnung und Handelnsordnung: Aufsätze zur Ordnungsökonomik (Hg. Manfred E. Streit, 2003b) (= GS A-4). Der Weg zur Knechtschaft (Hg. Manfred E. Streit, 2004a) (= GS B-1). Missbrauch und Verfall der Vernunft (Hg. Viktor Vanberg, 2004b) (= GS B-2). Wissenschaft und Sozialismus: Aufsätze zur Sozialismuskritik (Hg. Manfred E. Streit, 2004c) (= GS A-7). Die Verfassung der Freiheit (Hg. Alfred Bosch & Reinhold Veit, 2005, 4. Aufl.) (= GS B-3). Die reine Theorie des Kapitals (Hg. Erich W. Streissler, 2006a) (= GS B-6). Die sensorische Ordnung: eine Untersuchung der Grundlagen der theoretischen Psychologie (Hg. Manfred E. Streit, 2006b) (= GS B-5). Wirtschaftstheorie und Wissen: Aufsätze zur Erkenntnis- und Wissenschaftslehre (Hg. Viktor Vanberg, 2007c) (= GS A-1). Die verhängnisvolle Anmaßung: die Irrtümer des Sozialismus (Hg. Viktor Vanberg, 2011b) (= GS B-7). Entnationalisierung des Geldes. Schriften zur Währungspolitik und Währungsordnung (Hg. Alfred Bosch, Reinhard Veit † & Verena Veit-Bachmann, 2011c) (= GS A-3). Geld und Konjunktur , Band I: Frühe und unveröffentlichte Schriften , 1924-1931 (Hg. Hans‐ jörg Klausinger, 2015a) (= GS A-8). 130 ✷ Zitierte Literatur <?page no="131"?> Geld und Konjunktur , Band II: Schriften, 1929-1969 (Hg. Hansjörg Klausinger, 2016) (= GS A-9). Sozialwissenschaftliche Denker. Schriften zur Ideengeschichte (Hg. Alfred Bosch & Verena Veit-Bachmann, 2017) (= GS A-2). Werke von Hayek (Einzelbeiträge): Das intertemporale Gleichgewichtssystem der Preise und die Bewegungen des „Geld‐ wertes“ (1928), Weltwirtschaftliches Archiv 28, 33-76; Wiederabdruck in GS A-8 (2015), Kapitel 10. Gibt es einen „Widersinn des Sparens“? (1929b), Zeitschrift für Nationalökonomie 1, 387-429; Wiederabdruck in GS A-8 (2015), Kapitel 11. Kapitalaufzehrung (1932a), Weltwirtschaftliches Archiv 36, 86-108; Wiederabdruck in GS A-9 (2016), Kapitel 3. Das Schicksal der Goldwährung (1932b), Der Deutsche Volkswirt 6, 642-645 und 677-681 (12. und 19. Februar); Wiederabdruck in GS A-3 (2011), Kapitel 1. Die Bedeutung der New-Yorker Börsenhausse: Konjunkturumschwung? (1932c), Neues Wiener Tagblatt , 16 (21. August); Wiederabdruck in Machlup et al. (2005), Glosse B-44. Über neutrales Geld (1933b), Zeitschrift für Nationalökonomie 4, 659-661; Wiederabdruck in GS A-9 (2016), Kapitel 4. Der Stand und die nächste Zukunft der Konjunkturforschung (1933c), Festschrift für Ar‐ thur Spiethoff (Hg. Gustav Clausing, München), 110-117; Wiederabdruck in GS A-9 (2016), Kapitel 5. The trend of economic thinking (1933d), Economica 13, 121-137. Economics and knowledge (1937b), Economica , N.S. 4, 33-54; deutsch als „Wirtschafts‐ theorie und Wissen“, in GS A-1 (2007c), Kapitel 10. The Ricardo effect (1942), Economica , N.S. 9, 127-152; deutsch als „Der Ricardo-Effekt“, in Hayek (1952c), Kapitel 11. The „facts“ of the social sciences (1943a), Ethics 54, 1-13; deutsch als „Die ‚Tatsachen‘ der Sozialwissenschaften“, in GS A-1 (2007c), Kapitel 11. A commodity reserve currency (1943b), Economic Journal 53, 176-184; deutsch als „Wa‐ renwährung“, in Hayek (1952c), Kapitel 10. 131 ✷ Zitierte Literatur <?page no="132"?> The use of knowledge in society (1945), American Economic Review 35, 519-530; deutsch als „Die Verwertung des Wissens in der Gesellschaft“, in GS A-1 (2007c), Kapitel 5. Individualism: true and false (1948b), Kapitel 1 von Hayek (1948a); deutsch als „Wahrer und falscher Individualismus“, in GS A-5 (2002), Kapitel 1. The meaning of competition (1948c), Kapitel 5 von Hayek (1948a); deutsch als „Der Sinn des Wettbewerbs“, in GS A-4 (2003b), Kapitel 7. Full employment, planning and inflation (1950), Institute of Public Affairs Review 4, 174-184; deutsch als „Vollbeschäftigung, Planwirtschaft und Inflation“, in GS A-6 (2001), Kapitel 8. Individualismus und wirtschaftliche Ordnung (1952c), Erlenbach-Zürich. Die Ungerechtigkeit der Steuerprogression (1952d); Wiederabdruck in GS A-6 (2001), Kapitel 17. Degrees of explanation (1955), British Journal of the Philosophy of Science 6, 209-225, Wiederabdruck in Hayek (1967a), Kapitel 1. Inflation from downward inflexibility of wages (1958); deutsch als „Inflation als Folge von Lohnstarrheit nach unten“, in GS A-6 (2001), Kapitel 9. The theory of complex phenomena (1967b), Kapitel 2 von Hayek (1967a); deutsch als „Die Theorie komplexer Phänomene“, in GS A-1 (2007c), Kapitel 13. Kinds of rationalism (1967c), Kapitel 5 von Hayek (1967a); deutsch als „Arten des Ratio‐ nalismus“, in GS A-1 (2007c), Kapitel 6. Die Ergebnisse menschlichen Handelns, nicht menschlichen Entwurfs (1969b), in Hayek (1969a), 97-107, Wiederabdruck in GS A-4 (2003b), Kapitel 13. Dr. Bernard Mandeville (1969c), in Hayek (1969a), 126-143; Wiederabdruck in GS A-2 (2017), Kapitel 9. Rechtsordnung und Handelnsordnung (1969d), in Hayek (1969a), 161-198, Wiederab‐ druck in GS A-4 (2003b), Kapitel 4. Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren (1969e), in Hayek (1969a), 249-265, Wieder‐ abdruck in GS A-4 (2003b), Kapitel 9. Choice in Currency: A way to stop inflation (1976c), London; deutsch als „Freie Wäh‐ rungswahl“, in GS A-6 (2001), Kapitel 11, Abschnitt 4. Entnationalisierung des Geldes (1977), Tübingen; Wiederabdruck in GS A-3 (2011c), Ka‐ pitel 5. 132 ✷ Zitierte Literatur <?page no="133"?> Two types of mind (1978b), Kapitel 4 in Hayek (1978a); deutsch als „Zwei Arten des Denkens“, in GS A-1 (2007c), Kapitel 4. The campaign against Keynesian inflation (1978c), Kapitel 13 in Hayek (1978a); deutsch als „Der Feldzug gegen die keynesianische Inflation“, in GS A-6 (2001), Kapitel 11. Wissenschaft und Sozialismus (1979b), Wiederabdruck in GS A-7 (2004c), Kapitel 4. The muddle of the middle (1983b), in Philosophical and Economic Foundations of Capita‐ lism (Hg. Svetozar Pejovich), Lexington, 89-100. The economics of the 1920s as seen from Vienna (1992b), Prologue in CW 4 (1992a). Werke anderer Autoren: Barro, Robert J. & David B. Gordon (1983): A positive theory of monetary policy in a natural-rate model, Journal of Political Economy 9, 589-610. Berlin, Isaiah (1953): The Hedgehog and the Fox: An essay on Tolsatoj’s view of history , London. Böhm, Stephan (2009): Friedrich August von Hayek (1899-1992), in Klassiker des öko‐ nomischen Denkens , Band 2: Von Vilfredo Pareto bis Amartya Sen (Hg. Heinz D. Kurz), München, 228-249. Boettke, Peter (2018): F. A. Hayek: Economics, Political Economy and Social Philosophy , London. Borchardt, Knut (1978): Wachstum, Krisen, Handlungsspielräume der Wirtschaftspolitik. Studien zur Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts , Göttingen. Bordo, Michael D., John Landon Lane & Angela Redish (2009): Good versus bad deflation: lessons from the gold standard era, in Monetary Policy in Low Inflation Eco‐ nomies (Hg. D.E. Altig & E. Nosal), Cambridge. Caldwell, Bruce (1988): Hayek’s transformation, History of Political Economy 20, 513-541. (1992): Hayek the falsificationist? A refutation, Research in the History of Economic Thought and Methodology 10, 1-15. (2004): Hayek’s Challenge: An intellectual biography of F. A. Hayek . Chicago. 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akzelerierende 55 relative 64 Inflationismus 50 Inflationsbias 77 Internationales Währungssystem 82 Intertemporales Gleichgewicht 30 Kapitalaufzehrung 63 Kapitaltheorie österreichische 12 Katallaxie 90 Keynesianismus 75 Keynessche Revolution 68 Konjunkturphasen 52 Konjunkturtheorie österreichische 13 Konstruktivismus 19 Kosmos 90 Kulturelle Evolution 93 Marktgleichgewicht 25 <?page no="140"?> Marktversagen 100 Methodologischer Individualismus 25 Monetärer Nationalismus 83 Monetarismus 79 Mont Pèlerin-Society 20 Mustervoraussagen 103 Neoliberale Wende 21 Neoliberalismus 89 Neutrales Geld 31, 60 Ordnung 90 freiheitliche 91 spontane 43 Ordoliberalismus 20 Organisation 90 Österreichische Schule 11 Paläoliberalismus 91 Phänomene komplexe und einfache 103 Preisfächer 56 Preisniveaustabilisierung 60 Preissystem 37 Primäre und sekundäre Depression 66 Produktionsperiode 53 Produktionsstruktur 33 Produktionsstufen 32 Produktivitätsnorm 60 Quantitätstheorie 50 Rechtsstaat 92 Ricardo-Effekt 69 Soziale Gerechtigkeit 94 Soziale Institutionen Entstehung 12 Soziale Marktwirtschaft 94 Soziale Sicherheit 100 Sozialismus 19, 96 heißer und kalter 96 Sparen erzwungen 53 freiwillig 53 Spiel (der Katallaxie) 90 Spontane Ordnung 43 Staatsversagen 100 Stammesgesellschaft 94 Stationäres Gleichgewicht 29 Statische Theorie 29 Steuerpolitik 100 Subjektivismus 40 radikaler 41 Szientismus 89 Tauschwirtschaft 32 Taxis 90 Überinvestition 55 Vereinbarkeit der Pläne 37 Verstreutes Wissen 36 Vollbeschäftigungspolitik 76 Vollkommener Wettbewerb 26 Vollkommene Voraussicht 30 Währung gelenkte 81 Währungskonkurrenz 83 Währungssystem internationales 82 Warenreservewährung 82 Wettbewerb vollkommener 26 Wettbewerb als Entdeckungsverfahren 42 Wettbewerbsordnung 90 Wettbewerbspolitik 100 Wirtschaftliche Daten 28 Wirtschaftsrechnung im Sozialismus 34 Wissensteilung 35 Wohlfahrtsökonomik 99 Wohlfahrtsstaat 96 Zinssatz Geld- 53 natürlicher (Gleichgewichts-) 53 140 ✷ Stichwörter und Personen <?page no="141"?> Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwis senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidak Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ tik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunika Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts tionswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Pbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaft Jürgen Kromphardt John Maynard Keynes Die größten Ökonomen 2., überarbeitete Auflage 2020, 140 Seiten €[D] 14,90 ISBN 978-3-8252-5279-3 eISBN 978-3-8385-5279-8 BUCHTIPP Große Ökonomen, ihr Werk und ihre Bedeutung kennenlernen. Bis zur Finanzkrise war es in wirtschaftspolitischen Debatten hierzulande oftmals verpönt, im Sinne von Keynes zu argumentieren. Heute hat sich dieses Bild gewandelt: Viele Ökonomen und Politiker nehmen Bezug auf den genialen Briten-- auch wegen seiner Betonung der Unsicherheit der Zukunft. Jürgen Kromphardt zeigt auf, wie Keynes die ökonomische Theorie auf eine neue Grundlage stellte und welche wirtschaftspolitischen Empfehlungen er daraus ableitete, in späteren Jahren insbesondere für die Weltwährungsordnung. Für deren Umsetzung setzte er sich intensiv ein. tik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ tik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunika Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunika tionswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts tionswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ utb / Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 9797-0 \ Fax +49 (0)7071 97 97-11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="142"?> Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwis senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidak Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ tik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunika Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts tionswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Pbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaft Joseph A. Schumpeter Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie Mit einer Einführung von Heinz Kurz 10., vervollständigte Auflage 2020, 644 Seiten €[D] 35,90 ISBN 978-3-8252-5317-2 eISBN 978-3-8385-5317-7 BUCHTIPP „Kann der Kapitalismus weiterleben? Nein, meines Erachtens nicht.“ Schumpeters Beschäftigung mit dem Sozialismus hat nicht zuletzt angesichts des schier unaufhaltsamen Aufstiegs Chinas nichts an Aktualität eingebüßt. Er wagt die Auseinandersetzung mit großen gesellschaftspolitischen Fragen im Sinne einer histoire raisonnée als Schlüssel zum Verständnis geschichtlicher Prozesse. Die 10. Auflage enthält erstmals auch Teil V des Werks über sozialistische Strömungen und Parteien in Europa, Russland und den USA sowie den Aufstieg der Sowjetunion. Eine Einführung in Schumpeters Thesen und deren Verortung in der zeitgenössischen und aktuellen Diskussion erleichtert den Zugang zu diesem Standardwerk. tik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ tik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunika Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunika tionswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts tionswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechts wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ wissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ utb / Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 9797-0 \ Fax +49 (0)7071 97 97-11 \ info@narr.de \ www.narr.de <?page no="143"?> ,! 7ID8C5-cfchgc! ISBN 978-3-8252-5276-2 Große Ökonomen, ihr Werk und ihre Bedeutung kennenlernen. Sie prägen seit Jahrhunderten die Welt der Ökonomie: die größten Ökonomen. Einer von ihnen ist Friedrich August von Hayek. Der gebürtige Wiener ist angesehener Wirtschaftswissenschaftler und Sozialphilosoph und gilt als Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Im Jahr 1974 wurden seine Arbeiten mit einem Nobelpreis gewürdigt. Hansjörg Klausinger stellt den Ökonomen in dieser zweiten, überarbeiteten Auflage ausführlich vor. Er geht dabei auch auf die wichtigsten Werke Hayeks ein und stellt sie in ihrem ideengeschichtlichen Kontext vor. Erfahren Sie in diesem Buch mehr über diesen herausragenden Wissenschaftler, seine Neubegründung des Liberalismus, die Kritik am Sozialismus und seine kritische Haltung zu John Maynard Keynes. Wirtschaftswissenschaften Politikwissenschaft | Geschichte Dies ist ein utb-Band aus dem UVK Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehrbücher und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb-shop.de QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel