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Bilderbuchanalyse

Narrativik – Ästhetik – Didaktik

0810
2020
978-3-8385-5479-2
978-3-8252-5479-7
UTB 
Tobias Kurwinkel

Bilderbücher spielen nicht nur für die frühkindliche Bildung und Medienerziehung eine zentrale Rolle. In den letzten Jahrzehnten haben sich komplexe Formen der Interdependenzen von Bild und Text und eine lebhafte Rezeption der Bildenden Kunst sowie der Medienkultur entwickelt. Dieser Band führt umfassend in das Bilderbuch als Buchgattung ein, dabei steht die narratoästhetische Analyse in Bild und Text im Zentrum. Exemplarisch angewandt wird der Ansatz durch Beispielanalysen von Mareile Oetken, Annika Sevi, Mirijam Steinhauser und Michael Staiger, die verschiedene Bilderbücher und Apps untersuchen. Kapitel zur Didaktik des Bilderbuchs sowie ein Glossar zur Fachterminologie runden die Einführung ab. Die 2. Auflage wurde aktualisiert, ergänzt und um ein Kapitel zur historischen Entwicklung des Bilderbuchs erweitert. "ein Basiskompendium für alle, die sich mit dem Kinderbuch akademisch auseinandersetzen." Eselsohr 1/2020

<?page no="0"?> Dies ist ein utb-Band aus dem Narr Francke Attempto Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehrbücher und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb-shop.de ,! 7ID8C5-cfehjh! ISBN 978-3-8252-5479-7 Tobias Kurwinkel Bilderbuchanalyse Narrativik - Ästhetik - Didaktik 2. Auflage Bilderbücher spielen nicht nur für die frühkindliche Bildung und Medienerziehung eine zentrale Rolle. In den letzten Jahrzehnten haben sich komplexe Formen der Interdependenzen von Bild und Text und eine lebhafte Rezeption der Bildenden Kunst sowie der Medienkultur entwickelt. Dieser Band führt umfassend in das Bilderbuch als Buchgattung ein, dabei steht die narratoästhetische Analyse in Bild und Text im Zentrum. Exemplarisch angewandt wird der Ansatz durch Beispielanalysen ausgewiesener Experten, die verschiedene Bilderbücher und Apps untersuchen. Kapitel zur Didaktik des Bilderbuchs sowie ein Glossar zur Fachterminologie runden die Einführung ab. Die 2. Auflage wurde aktualisiert, ergänzt und um ein Kapitel zur historischen Entwicklung des Bilderbuchs erweitert. „ein Basiskompendium für alle, die sich mit dem Kinderbuch akademisch auseinandersetzen.“ Eselsohr 1/ 2020 Literaturwissenschaft Kurwinkel Bilderbuchanalyse 2. A. QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel 54797 Kurwinkel_M-4826.indd 1 54797 Kurwinkel_M-4826.indd 1 08.07.20 10: 53 08.07.20 10: 53 <?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Wilhelm Fink · Paderborn Narr Francke Attempto Verlag / expert Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Ernst Reinhardt Verlag · München Ferdinand Schöningh · Paderborn transcript Verlag · Bielefeld Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlag · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen Waxmann · Münster · New York wbv Publikation · Bielefeld utb 0000 UTB (M) Impressum_20.indd 1 03.12.19 09: 27 u t b 4 8 2 6 <?page no="2"?> Meinem Sohn Hanno gewidmet, durch den ich seit einiger Zeit immer wieder in praxi erfahre, wie wichtig Bilderbücher für kleine Menschen sind. Dr. phil. Tobias Kurwinkel ist Professor für Literaturwissenschaft und -didaktik mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur an der Universität Duisburg-Essen. Er ist Chefredakteur von Kinder undJugendmedien.de, einem interdisziplinär ausgerichteten Internetportal zur Forschung in den Bereichen Kinder- und Jugendliteratur und Kinder- und Jugendmedien. <?page no="3"?> Tobias Kurwinkel unter Mitarbeit von Katharina Düerkop Bilderbuchanalyse Narrativik-- Ästhetik-- Didaktik 2., aktualisierte und erweiterte Auflage Narr Francke Attempto Verlag Tübingen <?page no="4"?> Umschlagabbildung: Jutta Kurwinkel Grafikerstellung: Isabel Moormann Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage 2020 1. Auflage 2017 © 2020 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Satz: pagina GmbH, Tübingen CPI books GmbH, Leck utb-Nr.: 4826 ISBN 978-3-8252-5479-7 (Print) ISBN 978-3-8385-5479-2 (ePDF) <?page no="5"?> 5 Inhalt Vorwort zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1 Was ist ein Bilderbuch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2 Bilderbücher für Kinder und Erwachsene: All-Age/ Crossover als Lesarten intra- und intermedialer Codierung . . . . . . . . . . . . . . 18 Exkurs: Comic, Manga und Graphic Novel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.3 Von Sach- und Erzählbilderbüchern, realistischen und fantastischen Bilderbüchern sowie elektronischen Erweiterungen: Beschreibungs- und Ordnungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Exkurs: Mediale Entgrenzungen: Adaptionen des Bilderbuchs . . . . . . . . . . . . 36 2.4 Das Bilderbuch im Medienverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2.5 Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.1 Erzählen als Zustandsveränderung in der Zeit: Der narrative Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.2 Die narratoästhetische Bilderbuchanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3.3 Makroanalyse: Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.4.1 Paratext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.4.2 Materialität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3.5.1 Was wird dargestellt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3.5.1.1 Handlung: Ein- und Mehrsträngigkeit, Mono- und Pluriszenik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3.5.1.2 Figuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.5.1.3 Motive und Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.5.1.4 Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.5.2 Wie wird es dargestellt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3.5.2.1 Schrifttext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3.5.2.1.1 Erzählebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3.5.2.1.2 Erzählsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 <?page no="6"?> 6 Inhalt 3.5.2.1.3 Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3.5.2.1.4 Sprachliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3.5.2.2 Bildtext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3.5.2.2.1 Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3.5.2.2.2 Farbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3.5.2.2.3 Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3.5.2.3 Typographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3.5.3 Interdependenzen von Bild und Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3.5.4 Intermediale Einflüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 3.6 Wie man ein Bilderbuch analysiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 4 Pädagogische und didaktische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 4.1 Das Bilderbuch in der frühkindlichen und schulischen Bildung . . . 193 4.2 Heterogenität: Differenzierung und Individualisierung . . . . . . . . . 200 5 Beispielanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 5.1 Mareile Oetken: Die Regeln des Sommers (2014) von Shaun Tan . . . 209 5.2 Annika Sevi: Das Kind im Mond (2013) von Jürg Schubiger (Text) und Aljoscha Blau (Bild) . . . . . . . . . . . . 222 5.3 Mirijam Steinhauser: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (2010) von Aino Havukainen (Bild) und Sami Toivonen (Text) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 5.4 Michael Staiger: Das Haus in den Bäumen (2013) von Ted Kooser (Text) und Jon Klassen (Bild) . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 6 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 7 Medienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 7.1 Primärmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 7.1.1 Bilderbücher, Comics, Graphic Novels und Apps . . . . . . . . . 283 7.1.2 Filme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 7.1.3 Hörspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 7.2 Sekundärmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 <?page no="7"?> Vorwort zur 2. Auflage Die erste Auflage der Bilderbuchanalyse hat eine überwältigend positive Resonanz erfahren, so dass bereits jetzt-- keine drei Jahre nach ihrem Erscheinen-- eine zweite Auflage möglich geworden ist, die ich hiermit vorlege. Die Zweitauflage bietet eine Reihe von Berichtigungen und Korrekturen. Sie ist ergänzt, erweitert sowie aktualisiert worden: Ergänzt habe ich Aspekte, zu denen ich in der vergangenen Zeit gearbeitet und veröffentlicht habe, dies betrifft insbesondere die Kapitel zum Bilderbuch im Medienverbund, zu Motiven und Themen sowie zum Bilderbuch in der frühkindlichen und schulischen Bildung. Erweitert habe ich die Erstauflage um ein Kapitel zur literarhistorischen Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945. Aktualisiert habe ich die Literaturangaben und -hinweise, um den neuesten Stand der Forschung abzubilden. Bedanken möchte ich mich bei Corinna Norrick-Rühl, die mich bei der Durchsicht des Kapitels zur Makroanalyse unterstützt und einen Glossareintrag zum Gatekeeper beigetragen hat. Gedankt seien auch Alexandra und Michael Ritter sowie Jochen Hering, die mich mit Literatur und wertvollen Hinweisen versorgt haben. In einigen Besprechungen wurde das Layout des Bandes kritisiert; entsprechend wurde dieses für die Zweitauflage überarbeitet, womit u. a. die Anzahl der Marginalien, die bei Rezensenten für Irritationen sorgten, reduziert werden konnten. Weiter ist das Buch nun voll vierfarbig-- denn, um Christine Paxmann zu zitieren: „Man kann Fachbuch auch schön! “ Dafür, für das Entgegenkommen und die stete Unterstützung, möchte ich mich beim Verlag und meinem Lektor Tillmann Bub bedanken. Melanie Trolley danke ich für die Mitarbeit bei den Korrekturen von Tippfehlern und Ungenauigkeiten, die damals übersehen wurden. Essen, Juni 2020 Tobias Kurwinkel <?page no="9"?> 9 1 Einführung 1 Einführung Zu Beginn des neuen Jahrtausends schreibt Jens Thiele in seinem heute als Standardwerk geltenden Buch, dass es „eine kontinuierliche, systematische Theorieforschung zum Bilderbuch“ nicht gebe, obwohl „sie seit den 60er Jahren“ (Thiele 2003a: 36) eingeklagt werde. Dieser Befund liest sich seitdem beständig wiederkehrend in der Literatur; ich zitiere ihn hier, weil er ein in der Forschung noch immer gültiges Desiderat benennt-- und damit einen Ausgangspunkt dieses Bandes darstellt. Thieles Diktum kann entgegengehalten werden, dass vor allem in den letzten Jahren viele Studien und Untersuchungen erschienen sind, die das Bilderbuch sowohl pädagogisch als auch didaktisch fokussieren und ebenso fachwissenschaftlich perspektivieren (Vorst 2014, Preußer 2015). Nichtsdestotrotz bleibt eine an Text- und Bildzugängen orientierte interdisziplinäre Forschung, die literatur-, sprach- und bildtheoretische wie auch didaktische Aspekte des Bilderbuchs zusammenführt, weiterhin Desiderat. (Preußer 2015: 67) Die narratoästhetische Bilderbuchanalyse Zu diesem Desiderat möchte der vorliegende Band einen Beitrag leisten, indem er ein interdisziplinäres Modell zur Analyse von Bilderbüchern vorschlägt, das auf die genannten Aspekte zurückgreift und diese zu synthetisieren sucht; Ausgangspunkte der narratoästhetische Bilderbuchanalyse sind zum einen das „stehende Bild“ und die „geschriebene Sprache“ (Barthes 1988: 102), zum anderen die zwei Ebenen des narrativen Textes: die Geschichte oder histoire als Abfolge von Ereignissen und der Text oder discours als Abfolge von Zeichen. Das hier entwickelte Modell rekurriert auf den Medienbegriff Werner Wolfs (2002: 164), was nicht nur die Betrachtung der spezifischen Eigenschaften der Einzelmedien ermöglicht, sondern auch den Blick freistellt auf deren Zusammenspiel als Interdependenzen von Bild- und Schrifttext im konventionell als distinkt wahrgenommenen Medium Bilderbuch. Dabei liegt dem Modell ein Textbegriff zugrunde, der [i]n seiner weitesten Bestimmung-[…] eine verbale, nonverbale, visuelle und auditive Mitteilung [umfasst], die von einem Sender mittels eines Kodes an einen Empfänger gerichtet ist. Nicht nur gesprochene und geschriebene Diskurse, sondern auch Filme, Medien- und Textbegriff <?page no="10"?> 10 1 Einführung Theateraufführungen, Zeremonien, Ballettaufführungen, Happenings, Zirkusnummern, Bilder oder Musikstücke sind demnach Texte. (Nöth 2000: 392) Ein derartiger Textbegriff bildet die Basis für das transmediale Verständnis der Analysekategorien: Viele sind medienunspezifisch und können daher sowohl mit Mitteln des Schriftals auch des Bildtexts ausgetragen werden. Die roten Haare einer Figur können beispielsweise im Schrifttext eines Bilderbuches verbalsprachlich beschrieben oder im Bildtext malerisch bzw. zeichnerisch realisiert sein. Gegenstand der Bilderbuchanalyse ist vor allem das fiktionale Bilderbuch, bei dem sich der Bildwie auch der Schrifttext als selbstständiger Bedeutungsträger (Weinkauff & Glasenapp 2018: 164) darstellt. Dies gilt auch für das faktuale Bilderbuch, das ebenso Untersuchungsgegenstand der narratoästhetischen Analyse sein kann. Sowohl im fiktionalen als auch im faktualen Bilderbuch entwickeln Bild- und Schrifttext ein Handlungskontinuum (Dolle-Weinkauff 2007: 227); ein solches kann jedoch ebenfalls durch die Bilder allein entfaltet werden. Aufbau und Anlage Der erste Teil des Bandes definiert das Bilderbuch, bestimmt es nicht nur als „Spezialkunst für Kinder“ (Thiele 2011: 218), sondern auch als All- Age- oder Crossover-Literatur und stellt sein Verhältnis zu Comic, Manga und Graphic Novel dar. Darauf folgen Ordnungs- und Beschreibungsversuche, welche die Buchgattung u. a. in Erzähl- und Sachbilderbuch klassifizieren, den Wirklichkeitsstatus einer Bilderbucherzählung referieren und auf gestalterische Sondertypen eingehen. Weitere Kapitel dieses ersten Teils handeln von den medialen Entgrenzungen des Bilderbuchs und positionieren dieses in und zu Medienverbundsystemen. Diese Kapitel sind so angelegt, dass sie sowohl einzeln als auch fortlaufend gelesen werden können; in letzterem Fall bauen sie aufeinander und kapitelweise eine umfassende Bestimmung des Bilderbuchs auf. Jedes Kapitel bzw. jeder Exkurs enthält eine kommentierte Auswahl weiterführender Literatur für Forschung und Studium. Der Aufbau der Hinweise zum Weiterlesen folgt einem idealen Rechercheweg, der über Textsorten verläuft, die vom Allgemeinen zum Speziellen und zugleich vom Einfachen zum Komplexen führen: Zuerst werden, soweit verfügbar, Einträge in Enzyklopädien und Fachlexika vorgestellt, darauf folgen Handbücher sowie Einführungsbände Gegenstand 1. Teil Anlage der Kapitel <?page no="11"?> 11 1 Einführung zum Thema. Zudem werden wichtige Monographien, Sammelbände und ggf. (Beiträge in) Fachzeitschriften genannt, die das Kapitelthema weiter vertiefen. Der zweite Teil ist der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse gewidmet: Auf zwei Kapitel, die zum einen davon handeln, wie in Bild und Text erzählt wird, und zum anderen das Modell darstellen und diskutieren, folgen die Aspekte und Kategorien der Bilderbuchanalyse, unterteilt in Makro- und Mikroanalyse. Diese Kapitel sind wie diejenigen des ersten Teils angelegt, auch sie weisen weiterführende Literaturhinweise auf; eingeleitet werden sie von Textkästen, welche das Wesentliche der jeweiligen Kategorie zusammenfassen und damit vor dem Lesen des gesamten Kapitels Orientierung bieten- - und danach ein schnelles Nachschlagen und Informieren ermöglichen. Der Teil schließt mit einem Leitfaden zur Bilderbuchanalyse, der diese auch im Kontext akademischer Textsorten wie Referat oder Hausarbeit verortet. Der dritte Teil geht auf pädagogische und didaktische Aspekte ein; er beschäftigt sich mit dem Bilderbuch als Instrument für Sprach- und Erzählförderung in der Kindertagesstätte, führt Terminologie und Theorie der Literacy ein und zeigt, wie über intermediale Lektüren des Bilderbuchs und seiner elektronischen Erweiterungen und medialen Entgrenzungen unterschiedliche Kompetenzen vermittelt werden können. Ein weiteres Kapitel setzt sich mit Heterogenität und Differenzierung auseinander und skizziert den Einsatz des Bilderbuchs als Unterrichtsgegenstand in diesem Kontext. Vier verschiedene Beispielanalysen von Bilderbuchexperten 1 lesen sich im vierten Teil des Bandes, welche das Modell der Bilderbuchanalyse praktisch anwenden. Mareile Oetken analysiert insbesondere Raum, Zeit und Materialität in Shaun Tans 2014 veröffentlichten Bilderbuch und App Die Regeln des Sommers (engl. Rules of Summer, 2013); dabei arbeitet sie Tans Umgang mit den je spezifischen Mitteln des Erzählens in den verschiedenen Medien heraus. So nutze er beispielsweise „die Immaterialität der App-Technik-[…], um die Materialität seiner Arbeit, insbesondere die haptischen Qualitäten der Malerei“ (S. 203) zugänglich zu machen. Im Mittelpunkt von Annika Sevis Untersuchung steht das Fantastische in Jürg Schubigers (Text) und Aljoscha Blaus (Bild) Bilderbuch Das Kind im Mond 1 Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch statt der Beidnennung das generische Maskulinum verwendet-- mit Ausnahme von Textstellen, in denen ausdrücklich eines der beiden Geschlechter gemeint ist. 2. Teil 3. Teil 4. Teil <?page no="12"?> 12 1 Einführung (2013). Sevi analysiert, wie das Fantastische im Bildsowie im Schrifttext entwickelt wird und welcher Art das Verhältnis von telling und showing dazu ist. Michael Staigers Beitrag erschließt Ted Koosers (Text) und Jon Klassens (Bild) 2013 erschienenes Bilderbuch Das Haus in den Bäumen (engl. House Held Up by Trees, 2012) ausgehend von seiner Erzählstruktur und seiner Bildgestaltung; dabei geht er vor allem auf das Zusammenspiel von histoire und discours ein. Mirijam Steinhauser untersucht den ersten Band (2010) der finnischen Bilderbuchreihe Tatu und Patu von Aino Havukainen (Text) und Sami Toivonen (Bild), Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (fin. Tatun ja Patun oudot kojeet, 2005). Besonderes Augenmerk legt sie auf die peritextuelle Gestaltung, der in den Tatu-und-Patu-Bänden eine wesentliche Rolle für die Gesamtkonzeption und den seriellen Zusammenhang zukommt. Der Beitrag schließt mit einem didaktischen Ausblick. Der fünfte Teil enthält ein umfangreiches Glossar, das in kurzen Einträgen Fachbegriffe erläutert. Diese Begriffe sind jeweils ein Mal pro Kapitel kursiviert-- durchgängig kursiviert sind im Deutschen nicht lexikalisierte Fremdwörter, ausgewählte Fachtermini, Werktitel sowie Eigennamen. Quellen Das Modell der Bilderbuchanalyse, das ich seit 2013 in der universitären Lehre und parallel zu ihr entwickelte, steht auf den Schultern von vielen anderen, baut auf die Arbeiten von u. a. Schwarcz (1982), Nodelman (1988), Thiele (2003), Nikolajeva & Scott (2006) und Staiger (2014) auf. Für die Darstellung der textinternen Aspekte habe ich mich an verschiedenen Standard- und Einführungswerken orientiert, wie u. a. Bode (2011), Martínez & Scheffel (2009) und Vogt (2008) für den Schrifttext, und wie Held & Schneider (2007), Kayser & Körner (2004) sowie Kerner & Duroy (1980, 1981) für den Bildtext. Der Aufbau des Buches und einzelner Kapitel, wie zur Figur oder zu Motiven und Themen, folgen der Kinder- und Jugendfilmanalyse, die ich 2013 gemeinsam mit Philipp Schmerheim geschrieben und veröffentlicht habe. Zurückgegriffen habe ich auch auf andere Publikationen von mir, so zur Theorie des Medienverbunds (2013, 2017), zur Metapher der fantastischen Schwelle (2014), zu medialen Entgrenzungen des Bilderbuchs (2016) sowie zum Verhältnis von Bilderbuch und Film (2017b). 5. Teil <?page no="13"?> 13 1 Einführung Zielgruppe Zielgruppe des Bandes sind vor allem Lehramtsstudierende der Fächer Deutsch und Kunst, die Vorlesungen, Seminare und Übungen zur Kinder- und Jugendliteratur und zum Bilderbuch besuchen. In derartigen Lehrveranstaltungen kann das Buch auch aufgrund seiner didaktischen Ausrichtung von Lehrenden und Studierenden als Grundlagenwerk eingesetzt werden. Der Band richtet sich zudem sowohl an Studierende der Literatur-, Kultur- und Medienwissenschaften als auch der Pädagogik und Erziehungswissenschaften. Danksagungen In vielen und verschiedenen Seminaren zum Bilderbuch und seinen Adaptionen an den Universitäten Bremen, Düsseldorf und Köln haben Studierende mit dem Manuskript dieses Buches gearbeitet und Bilderbücher mithilfe des Modells untersucht. Für ihre wertvollen Anregungen und Vorschläge möchte ich mich bedanken. Dank gebührt auch den Beiträgern Mareile Oetken, Annika Sevi, Michael Staiger und Mirijam Steinhauser, die sich die Mühe gemacht haben, auf Grundlage des hier vorgestellten Modells eigene Analysen von Bilderbüchern beizusteuern. Markus Le François und Tobias Krejtschi haben mir Bilder zur Verfügung gestellt, welche die Entstehung ihrer Illustrationen zeigen und das Verhältnis zwischen Autor und Illustrator reflektieren; geduldig haben sie mir-- wie auch Torben Kuhlmann und Sebastian Meschenmoser- - meine Fragen zu ihren Materialien und ihrer Technik beantwortet. Meiner Mutter, der Künstlerin Jutta Kurwinkel, danke ich für das schöne Titelbild, das sie für diesen Band gestaltete, meiner Schwester für das gründliche Lektorat der Kapitel zur Bildanalyse. Danken möchte ich auch dem Team des Arbeitsbereichs Kinder- und Jugendmedien an der Universität Bremen, darunter meinem Freund und Kollegen Philipp Schmerheim wie auch Nele Bartsch und Jana Wiegand. Meine Mitarbeiterin Katharina Düerkop besorgte nicht nur das Korrektorat und Lektorat des Buches, sondern kümmerte sich zudem um das Glossar, den Index und das Literaturverzeichnis. Gedankt sei auch den Wissenschaftlerinnen und Bilderbuchexpertinnen Tamara Al-Chammas und Sarah Wildeisen für Literatur und Hinweise sowie und insbesondere Bettina Kümmerling-Meibauer, die mich in unzähligen eMails kenntnisreich auf internationale Forschungen und Literatur zum Bilderbuch hinwies. <?page no="15"?> 15 2.1 Was ist ein Bilderbuch? 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung 2.1 Was ist ein Bilderbuch? Als Bilderbuch, so schreiben Horst Künnemann und Helmut Müller im Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur, bezeichne man „ein für Kinder von etwa 2-8 Jahren entworfenes Buch mit zahlreichen Illustrationen und wenig oder gar keinem Text“ (1984: 159). Weiter haben Bilderbücher „nur wenige Blätter, sind oft aus zerreißfestem Papier oder Folie hergestellt und weisen sehr unterschiedliche Formate auf, von ganz kleinen ‚Lilliput‘-Ausgaben bis zu übergroßen Formaten“ (1984: 159). Diese Definition ist nicht mehr zeitgemäß. Das Bilderbuch als Buchgattung der Kinder- und Jugendliteratur hat tiefgreifende Entwicklungen in ästhetischer, narrativer und buchgestalterischer Hinsicht durchlaufen, welche die Aussagen von Künnemann und Müller nicht reflektieren. Verschiedene Kriterien dieser engen Definition aber, das Alter der Adressaten, das Text-Bild-Verhältnis und der Umfang, können als Ausgangspunkte für aktualisierende Überlegungen dienen-- und letztlich zu einer definitorischen Annäherung führen, die in den folgenden Kapiteln und Exkursen über weitere Aspekte kontextualisiert wird. Kriterium Adressatenalter Das Bilderbuch sei vor allem, wie Jens Thiele geschrieben hat, eine „Spezialkunst für Kinder“ (Thiele 2005: 228). Als Bilderbücher für Kinder wird diese Kunst-- wie auch Kinderbücher und Kinderfilme-- im deutschsprachigen Raum vor allem im kommerziellen Bereich nach Altersstufengliederungen differenziert. Zumeist verwenden diese Gliederungen einen Abstand von zwei Jahren sowohl bei Kleinkindern (2, 4 Jahre) als auch bei Kindern (6, 8, 10 Jahre). Eine wichtige Rolle nehmen Bilderbücher zudem für Kleinstkinder ein, die im Alter von 10-12 Monaten mit den so genannten Frühe-Konzepte-Büchern in Kontakt kommen (Kümmerling-Meibauer 2012a: 3). Teilweise werden die Altersstufen über die von den Adressaten besuchten Bildungsinstitutionen definiert (Kindergarten-, Vorschul- und Grundschulbilderbuch). Kombiniert werden die Stufen zum Teil mit Angaben des Geschlechts, was besonders für Mädchen gilt. In thematischer, erzählerischer und bildnerischer, nicht zuletzt in medialer Hinsicht hat sich das Bilderbuch zu einem „komplexen, offenen Bild-Text- <?page no="16"?> 16 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Medium“ entwickelt (Thiele 2011: 218); auch jugendliche und erwachsene Leser und Betrachter sind damit zu Konsumenten von Bilderbüchern geworden. Ein Beispiel für letztere Adressatengruppe ist Und dann platzt der Kopf (2014) von Christina Röckl, das auf der Frankfurter Buchmesse 2015 den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Sachbuch gewann. Und dann platzt der Kopf wird vom Verlag als „ein Bilderbuch für Erwachsene von Kindern gedacht“ beworben und damit der All-Age- oder Crossover-Literatur zugeordnet (→ Kapitel 2.2). Mit diesem Begriff werden seit Ende der 1990er Jahre Werke bezeichnet, welche die Grenzen zwischen Kinder- und Allgemeinliteratur überschreiten. Sie richten sich sowohl an Kinder und Jugendliche als auch an Erwachsene und sind für diese verschiedenen Lesergruppen attraktiv (Blümer 2011: 1). Kriterium Text-Bild-Verhältnis Das Definitionskriterium des Verhältnisses von Schrift- und Bildtext im Bilderbuch ist für die Bestimmung dessen von großer Bedeutung; entsprechend schreibt Karl Ernst Maier, dass das „erste kennzeichnende Merkmal“ des Bilderbuchs sich aus der „einfachen Feststellung“ ergebe, dass „das Bild die dominierende Stelle“ einnehme (1996: 1). Doch was genau bezeichnet die dominierende Stelle? Das quantitative oder das qualitative Verhältnis von Text und Bild im Buch-- oder gar beide Aspekte? ‚Einfacher‘-- und vor allem präziser-- ist eine qualitative Perspektive auf das Verhältnis, die mit dem erzählerischen Inhalt des Buches in Verbindung gebracht wird: So kann für das Bilderbuch definiert werden, dass sich der Bildtext, wie auch der Schrifttext, als selbstständiger Bedeutungsträger (Weinkauff & Glasenapp 2018: 164) darstellt und ein Handlungskontinuum entwickelt (Dolle- Weinkauff 2007: 227); ein derartiges Kontinuum kann jedoch ebenfalls durch die Bilder allein entfaltet werden. Durch diese Definition ist weiter eine Abgrenzung des Bilderbuchs vom illustrierten Kinder- und Jugendbuch möglich, da die Bilder in letzterem kein Handlungskontinuum entwickeln, sondern eine den Schrifttext erläuternde, kommentierende und oft nur dekorierende Funktion einnehmen. Kriterium Umfang In Friedrich Justin Bertuchs Bilderbuch für Kinder, einem zwölfbändigen Unterrichtswerk, das zwischen 1790 und 1830 Wissen für Kinder in Themengruppen All-Age-Bilderbuch <?page no="17"?> 17 2.1 Was ist ein Bilderbuch? wie Weltwunder oder Fabelwesen aufbereitete, liest sich, dass ein Bilderbuch von geringem Umfang sein und dem Kind „nicht auf einmal ganz, und etwa in einem großen dicken Bande“ (Bertuch 1790: 4) übergeben werden sollte. Was hier als adressatenspezifische Akkommodation formuliert ist, liest sich ohne pädagogischen Impetus auch in der eingangs dargelegten Definition, nach der ein Bilderbuch „nur wenige Blätter“ habe. Thiele präzisiert 2003 derartige Angaben, indem er schreibt, das Bilderbuch habe „in der Regel 30 Buchseiten“ (2003b: 71); Staiger gibt 2014 an, dass der „materielle Träger der Bilderbucherzählung“ ein Buch „mit 24 bis 48 Seiten“ (2014: 20) sei. Auch wenn eine große Anzahl von Bilderbüchern den genannten Umfang aufweist: Ein Blick in die Nominierungslisten des Deutschen Jugendliteraturpreises der vergangenen Jahre offenbart, dass das gegenwärtige Bilderbuch derartigen Konventionen und Limitierungen immer weniger zu folgen scheint. Nicht anders sind Bilderbücher zu erklären, die 64 Seiten wie Gordon und Tapir (Sebastian Meschenmoser 2014), 96 Seiten wie das 2013 erschienene Akim rennt von Claude K. Dubois (franz. Akim court, 2012), 160 Seiten wie Die Konferenz der Vögel von Peter Sís aus demselben Jahr (engl. The Conference of the Birds, 2012) oder sogar 224 Seiten wie Das literarische Kaleidoskop (Regina Kehn 2013) haben. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Das Lexikon Kinder- und Jugendliteratur (1995 ff.), das als Loseblattsammlung im Corian Verlag von Kurt Franz, Günter Lange und Franz-Josef Payrhuber im Auftrag der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e. V. herausgegeben wird, stellt ein umfangreiches Standardwerk dar, das über Autoren und Illustratoren von Bilderbüchern informiert, aber auch Begriffe wie z. B. das ABC -Buch abdeckt. ▶ In Kinder- und Jugendliteratur - ein Handbuch (2011) findet sich ein Überblicksartikel zum Bilderbuch von Jens Thiele. Das gilt auch für das Handbuch Kinder- und Jugendliteratur (2020), zu dem ich einen Beitrag geschrieben habe. Ein wichtiges internationales Handbuch ist The Routledge Companion to Picturebooks (2018), herausgegeben von Bettina Kümmerling-Meibauer. ▶ Eine gelungene Einführung in das Thema bietet insbesondere das Standardwerk Das Bilderbuch: Ästhetik- - Theorie- - Analyse- - Didaktik- - Rezeption ( 2 2003a) von Thiele, das verschiedene Aspekte und Bereiche des <?page no="18"?> 18 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Bilderbuchs abbildet und auch eine kurze Darstellung seiner Geschichte liefert. Auch das Kapitel „Bilderbuch“ in Gina Weinkauffs und Gabriele von Glasenapps Kinder- und Jugendliteratur ( 3 2018) gibt Antworten auf die Frage, was ein Bilderbuch ist-- und behandelt zudem neue Erzählformen der Buchgattung sowie die Öffnung von Adressatenkonzepten. ▶ Auf dem wissenschaftlichen Internetportal KinderundJugendmedien.de lesen sich verschiedene Beiträge zur Theorie des Bilderbuchs im Fachlexikon; in der Kategorie Bilderbücher werden sowohl Klassiker als auch Neuerscheinungen vorgestellt und besprochen. Weiter findet sich auf dem Portal eine Bibliographie zum Bilderbuch, die fortlaufend aktualisiert wird. 2.2 Bilderbücher für Kinder und Erwachsene: All-Age/ Crossover als Lesarten intra- und intermedialer Codierung Mit dem Erfolg der Harry Potter-Romane von Joanne K. Rowling und dem sich dazu schnell entwickelnden Medienverbund zeichnet sich Mitte der 1990er Jahre-- sowohl auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt als auch in der Forschung-- eine neue Entwicklung ab: Bei dieser geht es um Bücher, die an Kinder und an Erwachsene adressiert sind und von diesen gleichermaßen gelesen werden, wie die Geschichte von dem elternlosen Jungen, der in einem Schrank unter einer Treppe lebt und später als berühmter Zauberer gegen das personifizierte Böse kämpfen wird. Bei den erwachsenen Lesern dieser Bücher handelt es sich nicht um so genannte Mitleser, die kinder- und jugendliterarische Werke in dem Bewusstsein lesen, nicht deren eigentliche Leser zu sein. Mitleser fungieren als Vermittler, als Weiterleitende, als Filternde (Ewers 2012: 57)-- und mit Blick auf die Bilderbücher für (Kleinst- und Klein-)Kinder als Vorleser (→-Kapitel 3.3). Werke, die sich an Kinder und Erwachsene richten, werden als All-Age- oder Crossover-Literatur (Beckett 2009: 7 f.) bezeichnet, wobei sich im deutschsprachigen Raum erstgenannter Begriff, eine Übersetzung der aus der skandinavischen Literaturwissenschaft stammenden Bezeichnung „allålderslitteratur“, durchgesetzt hat. In der englischsprachigen Forschung wird hingegen der zweite Begriff verwendet, die Bezeichnung All-Age findet sich kaum (Blümer 2011: 6). Der erwachsene Mitleser All-Age-/ Crossover- Literatur <?page no="19"?> 19 2.2 Bilderbücher für Kinder und Erwachsene Den Terminus des Crossover greift Bettina Kümmerling-Meibauer auf und bietet eine weite Definition dessen als Crosswriting an: Zunächst macht Crosswriting darauf aufmerksam, dass es eine wachsende Anzahl von Autoren und Autorinnen gibt, die literarische Werke sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene schreiben-[…]. Außerdem referiert Crosswriting auf das Phänomen des rezipientenübergreifenden Schreibens, d. h. ein kinderliterarisches Werk spricht sowohl Kinder als auch Erwachsene an, wobei verschiedene Bedeutungsebenen herausgeschält werden können.-[…] Zuletzt verweist Crosswriting auf die Tatsache, dass ein zunächst als Erwachsenenbuch konzipiertes Werk von demselben Autor / derselben Autorin in ein Kinderbuch umgeschrieben wird oder umgekehrt. (Kümmerling-Meibauer 2012b: 27 f.) Zu den verschiedenen Bedeutungsebenen, die in der Definition genannt werden, hat Hans-Heino Ewers den Begriff der Doppelsinnigkeit geprägt. Damit ist das Angebot unterschiedlicher Lesarten gemeint, einer exoterischen für Kinder- und Jugendliche und einer esoterischen für Erwachsene: Während sich den „Alten“ die Textbotschaft in ihrer ganzen Bedeutung erschließt, bleibt für die kindlichen Leser so manches unverständlich. Der Text ist jedoch so beschaffen, daß es dem kindlichen Rezipienten möglich ist, über das ihm Unbegreifliche hinwegzugleiten, so daß es zu keinem Abbruch der kindlichen Lektüre kommt. Die betreffenden Signale sind so gestaltet, daß sie der kindlichen Aufmerksamkeit entgehen oder ohne Beeinträchtigung des kindlichen Leseerlebnisses übersprungen werden können. Einem Text, der die kindliche Fassungskraft übersteigt, muß dennoch die Möglichkeit einer kindlichen Lektüre eingeschrieben sein, wenn Kinder zu seinen Lesern zählen sollen. (Ewers 2000: 123) Verwirklicht werden diese Lesarten vor allem über sowohl intramediale als auch intermediale Codierungen, über die das Werk im Schnittpunkt anderer Texte, zu denen es in Beziehung steht, positioniert ist: So finden sich in vielen Bilderbüchern bspw. intertextuelle und / oder interpiktoriale Verweise auf andere Schrifttexte bzw. Bildtexte, deren Realisierung dem zumeist erwachsenen Rezipienten neue Bedeutungshorizonte eröffnet, mit denen ein Vergnügen einhergeht. In Mein Papi, nur meiner! Oder Besucher, die zum Bleiben kamen (engl. The Visitors Who Came to Stay) von Annalena MacAfee (Text) und Anthony Browne (Bild) aus dem Jahr 1984 finden sich interpiktoriale Verweise auf das Werk René Crosswriting Doppelsinnigkeit Intra- und Intermedialität <?page no="20"?> 20 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Magrittes oder auf das Gemälde Frühstück im Freien von Edouard Manet (1863) (Thiele 2003a: 56). Die Verweise werden hierbei über den Text motiviert, aber „in der Interaktion zwischen Text und Konsument, seinen Kenntnismengen und Rezeptionserwartungen“ (Holthuis 1993: 31) vollzogen. Die (kindlichen) Rezipienten, denen die intra- und / oder intermediale Enzyklopädie fehlt, um die Verweise aufzulösen, können dem Text aber trotzdem Bedeutung zuweisen (Kurwinkel & Schmerheim 2013: 22). Auch vor dem Aufkommen der neuen Begriffe All-Age- und Crossover- Literatur gab es an Kinder und Erwachsene gleichzeitig gerichtete, mehrfach adressierte Werke-- in allen literarischen Epochen und Perioden und in keineswegs geringem Umfang (Ewers 2012: 58). Die auffälligste Neuerung für die All- Age-Literatur der Jahrtausendwende im Gegensatz zu den früheren Texten ist das veränderte Marketing: Das Label Crossover dient Verlagen und Buchhandel als Verkaufsargument und wird gezielt zur breiteren Vermarktung der Texte eingesetzt. Mit dem neuen Trend hängen auch Veränderungen in der Publikationsform zusammen. Häufig gibt es dual editions, mit denen ein Crossover-Text sowohl in einer Ausgabe für Kinder bzw. Jugendliche als auch in einer Ausgabe für Erwachsene veröffentlicht wird. (Blümer 2012) Spätestens seit dem Erscheinen von Sandra Becketts Buch Crossover Picturebooks im Jahr 2012 werden die Begriffe All-Age- und Crossover- Bilderbuch sowohl im kommerziellen als auch im wissenschaftlichen Bereich für mehrfachadressierte Bilderbücher verwendet. Was für die Kinder- und Jugendliteratur gilt, gilt auch für das Bilderbuch: Bilderbücher, die sich zugleich an Kinder und Erwachsene richten, existieren nicht erst seit dem „crossover hype“ (Beckett 2012: 1). Als ein Beispiel kann das Bilderbuch Als Papa fort war (engl. Outside Over There, 1981) von Maurice Sendak aus dem Jahr 1984 gelten, das der amerikanische Verlag Harper & Row sowohl für Kinder als auch für Erwachse bewarb. Das Buch setzte sich jedoch nur schwer auf dem Buchmarkt durch und entsprach damit der Aussage seines Künstlers, nach der es eine arbiträr gesetzte Trennung zwischen Kinder- und Jugendbüchern gebe, die nicht existent sei (Beckett 2012: 3). Der Literaturkritikerin und Journalistin Selma G. Lanes erklärte Sendak zum Erscheinen von Als Papa fort war, dass er eine lange Zeit gewartet habe, „to be taken out of kiddy-book land and allowed to join the artists of America“ (1980: 235). All-Age-/ Crossover-Bilderbuch Maurice Sendak: Als Papa fort war <?page no="21"?> 21 2.2 Bilderbücher für Kinder und Erwachsene Eine Bilderbuchreihe, die im selben Jahr mit Eine Geburtstagstorte für die Katze (schwed. Pannkakstårtan, 1984) ihren Anfang nahm, wurde hingegen bereits kurz nach dem Erscheinen von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen gelesen- - und gefeiert. Dies liege daran, dass sie sich nicht wie Als Papa fort war „schwierig, sperrig fremd und rätselhaft“ (Thiele 1987: 80) gebe, wie Jens Thiele schreibt. Sie falle nicht „durch die Maschen des Wahrnehmungsnetzes- […], weil für sie keine Beurteilungskriterien vorhanden“ (Thiele 1987: 80) waren: Die Abenteuer von Petterson und Findus, dem schrulligen alten Tüftler und seinem sprechenden Kater, lesen sich heute infolgedessen in mehr als zehn Bänden, übersetzt in 44 Sprachen und mit Verkaufszahlen, welche die Grenze von 6 Millionen weit überschritten haben (Beckett 2012: 14). Mit Ende der 80er Jahre scheinen jedoch Beurteilungskriterien für Bilderbücher zu entstehen, die der „Norm des Einfachen“ (Thiele 1987: 80) nicht entsprechen. Nicht anders ist der Erfolg der Bücher zu erklären, für die Wolf Erlbruch verantwortlich zeichnet und seit 1990 auch immer wieder schreibt. Sowohl thematisch als auch insbesondere ästhetisch entziehen sich diese Bücher herkömmlichen Kriterien, stellen sich dem Bilderbuch als „Ikone[…] bürgerlicher Kindheitskultur“ (Rank & Weinkauff 2004: 25) entgegen, wie Erlbruch in einem Interview formulierte. Seine Bilderbücher beschäftigen sich mit dem Tod, der als unscheinbarer Begleiter in Ente, Tod und Tulpe (2007) daherkommt, mit James Joyces Brief an seinen Enkel über buttermilchtrinkende Polizisten in Die Katzen von Kopenhagen (2013) oder mit einem Maulwurf, welcher der Frage nachgeht, wer ihm auf den Kopf gemacht habe. Das 1989 erschienene Bilderbuch Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat (Werner Holzwarth [Text]) war ein großer internationaler Erfolg-- und zwar sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Die Gründe dafür macht Beckett im humoristischen, ja Rabelais’schen Umgang (Beckett 2012: 15) Erlbruchs mit dem wohl menschlich Profansten aus. Bereits 2000 war das Bilderbuch mehr als eine Million Mal verkauft und in 18 Sprachen übersetzt worden; ein Erfolg, mit dem niemand gerechnet hatte, wie Erlbruch erzählt: Als das Buch auf den Markt kam, haben sich die Buchhändler quer in die Eingänge ihrer Buchhandlungen gelegt, um die Verlagsvertreter daran zu hindern solchen Schmutz hereinzutragen. Es war gewöhnungsbedürftig. Aber dann haben Kinder ihre Eltern dazu gebracht, das Buch zu kaufen, und progressive Lehrer haben es Sven Nordqvist: Petterson und Findus Wolf Erlbruch <?page no="22"?> 22 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung gar zum Lesestoff in der Schule gemacht und so ist das Buch, als eines der wenigen Kinderbücher, den Weg über die Kinder gegangen und nicht über die Eltern. (Rank & Weinkauff 2004: 27) Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Im Handbuch Kinder- und Jugendliteratur (2020) liest sich in der ersten Sektion ein Artikel mit dem Titel Crossover-Literatur von Agnes Blümer. ▶ In der Einführung Literatur für Kinder und Jugendliche. Eine Einführung in Grundbegriffe der Kinder- und Jugendliteraturforschung ( 2 2012) geht Hans-Heino Ewers auf die genannten Begriffe ein und differenziert diese im Kontext von Mehrfachadressierung und Doppelsinnigkeit. Auch Bettina Kümmerling-Meibauer widmet sich in Kinder- und Jugendliteratur: Eine Einführung (2012b) dem Thema-- unter Verwendung des breiter gesetzten Terminus Crosswriting. ▶ Die wichtigsten Monographien stellen Sandra Becketts Crossover Fiction. Global and Historical Perspectives (2009) und Rachel Falconers The Crossover Novel. Contemporary Children’s Fiction and its Adult Readership (2009) dar; mit Bezug auf das Bilderbuch ist insbesondere Becketts Crossover Picturebooks: A Genre for All Ages (2012) zu nennen. ▶ Im Fachlexikon von KinderundJugendmedien.de liest sich ein Überblicksartikel von Agnes Blümer zu den genannten Begriffen mit vielen weiteren Literaturhinweisen. Exkurs: Comic, Manga und Graphic Novel Das Bilderbuch als solches ist eine Buchgattung-- ein publizistisches Medium, das über Bild- und Schrifttexte erzählt (→-Kapitel 2.1 und 2.2); letzteres gilt auch für den Comic(-strip), der jedoch nicht als Medium eingestuft werden kann: [D]er Comic- […] gelangt durch Vermittlung unterschiedlicher druckgraphischer Medien wie z. B. Zeitung, Zeitschrift und-[…] Bilderbuch an seine Leser, wobei unstreitig ist, dass die jeweilige mediale Form-[…] deutlich erkennbare Konsequenzen für dessen Struktur nach sich zieht. Diese Feststellungen lassen sich dahingehend verallgemeinern, dass wohl jeder in Buchform erscheinende Comic-[…] ein Bilderbuch-[…] darstellt. (Dolle-Weinkauff 2011: 309) Comic <?page no="23"?> 23 2.2 Bilderbücher für Kinder und Erwachsene Comics entstanden als ursprünglich rein humoristische Zeitungsstrips um die Wende zum 20. Jahrhundert in der nordamerikanischen Presse; über die Strips sollten neue Leserkreise erschlossen werden, deren Sprachkenntnisse begrenzt waren und die besser durch Bilder erreicht wurden (Dittmar 2011: 21). Ab 1907 gab es täglich Comicstrips, die nur aus wenigen Bildern bestanden und kleine Geschichten mit überschaubarem Figurenpersonal enthielten. Schon bald boten auch große Syndikate, wie z. B. das King Feature Syndicate, den Zeitungen Daily Strips an-- hierzu wurde deren Erscheinungsbild standardisiert, um bei der Satzplanung ohne Sichtung des jeweiligen Inhalts berücksichtigt werden zu können (Grünewald 2010a: 4). Nicht zuletzt aus dieser Normierung heraus entwickelten und etablierten sich die spezifischen Merkmale des Comics: Hierzu zählt zum einen das Layout als Arrangement der im Format aufeinander abgestimmten Einzelbilder, der so genannten Panels. Das Panel wird von einer Randlinie oder Habitus begrenzt, der Raum zwischen den Panels stellt den Hiatus oder Gutter (dts. Rinnstein) dar. Charakteristisch sind weiterhin die Sprech- und Denkblasen, über die der Schrifttext transportiert wird; der Denkblase kommt dabei eine besondere Funktion zu: The word balloon, by externalizing thoughts, makes visible the (fictional! ) inner world of represented figures, externalizing their inner lives, making them transparent to readers. (Carrier 2000: 73) In diese Merkmalskategorie gehört auch der Blocktext oder -kommentar-- ein Textkasten, über den weitere Informationen gegeben werden und der zusätzliche Bezüge auf nicht dargestellte (oder auch nicht darstellbare) Themen und Konzepte öffnet (Dittmar 2011: 110). Innerhalb und außerhalb dieser Blasen und Blöcke finden sich rhetorische Mittel wie Metaphern und Onomatopoetika, die im Comic eine spezifische Gestaltung in Form von Piktogrammen und Soundwords erfahren. Ein weiteres Merkmal ist die Gestaltung und Darstellung von Bewegung im Comic durch Bewegungslinien, die im englischen Sprachraum als Speed Lines oder Action Lines bezeichnet werden. Diesen Linien kommen „fast ein Eigenleben und eine körperliche Präsenz“ (McCloud 2001: 119) zu; sie überhöhen Vorgänge dramatisch und sind eine Besonderheit des amerikanischen Comics (McCloud 2001: 120). Merkmale des Comics <?page no="24"?> 24 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Über diese Merkmale lässt sich der Comic(-strip) differenzieren; viele dieser haben seit den 70er Jahren auf moderne und zeitgenössische Bilderbücher Einfluss genommen (Lange & Ziesenis 2011: 243, Dingens 1986). Als Künstler derartiger Bilderbücher können-- unter vielen anderen-- Raymond Briggs, Janosch, Jörg Müller, Maurice Sendak, Posy Simmonds und Friedrich Karl Waechter genannt werden (Dolle-Weinkauff 2011: 329). Maria Linsmann und Martin Schmitz konstatieren, dass nicht nur das Layout, die Sprech- und Denkblasen, die Onomatopoetika und die Bewegungslinien Eingang in das Bilderbuch gefunden haben, sondern auch filmspezifische Charakteristika, die sie dem Comic zuschreiben (Linsmann & Schmitz 2009). Als Beispiel dafür kann David Wiesners Strandgut von 2013 (engl. Flotsam, 2006) gelten. In diesem Bilderbuch, das ohne Schrifttext auskommt, verwendet Wiesner zum einen (Kamera-)Techniken, die dem Film entnommen sind, wie der Zoom oder typische Perspektiven wie die Aufsicht. Zum anderen folgt das Layout der Comic-Gestaltung als solcher durch das Arrangement der Einzelbilder in Panels: Abb. 2.1 bis 2.7: Strandgut (Wiesner 2013: 11) 1 Die Panels (Abb. 2.1 bis 2.7) zeigen, wie ein Junge ungeduldig vor einem Fotolabor auf einer Bank auf die Entwicklung des Films wartet, den er in einer Kamera am Strand gefunden hat: Das Verstreichen der erzählten Zeit wird erreicht durch die sich wiederholende Abbildung derselben Umgebung im Einzelbild, welcher die Figur des Jungen in verschiedenen Positionen und Körperhaltungen gegenübergestellt wird. Diese Darstellung eines zeitlichen Verlaufs sowohl durch die Gestaltung von statischen und dynamischen Elementen als auch 1 Bei Bilderbüchern ohne Paginierung beginnt die hier verwendete Seitenzählung mit der ersten Seite nach dem Titelblatt. Einfluss auf das Bilderbuch <?page no="25"?> 25 2.2 Bilderbücher für Kinder und Erwachsene durch die Hiatus als äußere Leerstellen, welche der Betrachter füllt, sind Verweise auf den Comic und den Film. Unter dem Begriff Manga (dts. zwangloses, ungezügeltes Bild) werden japanische Comics subsumiert. Manga ist, aus westlicher Perspektive, ein allgemeiner Sammelbegriff für alle Spielarten des japanischen Comics; in Japan gehören hingegen auch Karikaturen und Cartoons zum Manga (Schikowski 2014: 290 f.). Die Entstehung des Manga mit seiner charakteristischen Figurengestaltung ist eng verbunden mit dem japanischen Zeichner Osamu Tezuka, dem „Manga no Kami-sama“, dem Gott des Manga. Er schuf mit Werken wie u. a. der 2001 in Deutschland erschienenen Serie Kimba, der weiße Löwe (jap. Janguru Taitei, 1950-1954) „Schlüsseltext[e]“ (Ewers 2007) des kinder- und jugendliterarischen Manga. „Mehr oder minder lange, erzählerisch ambitionierte Comic-Publikationen“ (Dolle-Weinkauff 2011: 327) werden seit 1978 als Graphic Novels bezeichnet: Der US -amerikanischer Zeichner Will Eisner veröffentlichte in diesem Jahr vier kurze Bildgeschichten, die er in einem Band mit dem Titel A Contract with God (1978) herausbrachte. Auf dem Titelblatt und im Vorwort bezeichnete Eisner dieses Werk als Graphic Novel. Wenngleich er auch nicht als Urheber des Begriffes gilt, prägte er diesen maßgeblich. Für Eisner lag die Zukunft der Graphic Novel in der Auswahl von relevanten Themen und der Innovation des Ausdrucks, wie er 1985 in Comics & Sequential Art schrieb (Eisner 2006: 141). Diese Worte deuten auf das Verständnis der Graphic Novel als anspruchsvollen Comic für erwachsene Rezipienten hin, wenngleich sich in Deutschland durchaus ansehnliche Ausläufer für Kinder und Jugendliche entwickelt haben und entwickeln. Darunter finden sich besonders Adaptionen von bekannten Stoffen: Im Carlsen Verlag adaptierte Flix (Felix Görmann) beispielsweise Faust (2010) und Don Quijote (2012) als gezeichnete Romane. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ In Kinder- und Jugendliteratur-- Ein Lexikon (1995 ff.) findet sich ein Überblicksartikel zum Comic von Dietrich Grünewald (2010b). Hier zu nennen sind auch die Comic-Lexika von Andreas C. Knigge (1990) und Marcel Feige (2004), wenngleich sie keine wissenschaftlichen Fachlexika darstellen. ▶ In Kinder- und Jugendliteratur- - ein Handbuch liest sich ein Beitrag von Bernd Dolle-Weinkauff (2011), der nicht nur kenntnisreich auf den Comic, Manga Graphic Novel <?page no="26"?> 26 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung sondern auch auf das Manga und die Graphic Novel eingeht. Im Handbuch Kinder- und Jugendliteratur (2020) widmet sich Felix Giesa dem Comic. Eine gelungene Einführung in das Thema ist das Buch Der Comic: Geschichte, Stile, Künstler (2014) von Klaus Schikowski. Scott McClouds Comics richtig lesen (2001) stellt ein Standardwerk in dieser Hinsicht dar-- und präsentiert sich dabei selbst als Comic. ▶ Im Sammelband Die Welt im Bild erfassen. Multidisziplinäre Perspektiven auf das Bilderbuch (2020), herausgegeben von Corinna Norrick-Rühl, Tobias Kurwinkel und Philipp Schmerheim, finden sich zwei Beiträge von Christian A. Bachmann und Felix Giesa, die sich mit Grenzgängen zwischen Bilderbuch und Comic auseinandersetzen. ▶ Ein von Caroline Roeder herausgegebenes Heft der Fachzeitschrift kjl&m der Arbeitsgruppe Jugendliteratur und Medien ( AJ uM) geht auf den Comic in der Kinder- und Jugendliteratur (2009) ein; in diesem Heft befindet sich weiter ein Beitrag zum Einfluss des Comics auf das Bilderbuch von Maria Linsmann und Martin Schmitz. 2015 hat kjl&m auch ein Heft der Graphic Novel gewidmet, unter Herausgabe von Ricarda Dreier. ▶ Eine Datenbank zur Comicforschung, die auch Forschungsliteratur zu Manga und Graphic Novel enthält, ist im World Wide Web unter http: / / www.comicforschung.uni-bonn.de abzurufen. Sie stellt einen empfehlenswerten Ausgangspunkt für die Literaturrecherche dar. ▶ Auf KinderundJugendmedien.de findet sich eine umfassende Bibliographie zum Comic, die fortlaufend aktualisiert wird. 2.3 Von Sach- und Erzählbilderbüchern, realistischen und fantastischen Bilderbüchern sowie elektronischen Erweiterungen: Beschreibungs- und Ordnungsversuche Das Angebot an Bilderbüchern ist breit gefächert. Um dies festzustellen, genügt ein kurzer Blick in eine imaginäre (Kinder-)Buchhandlung: Neben Bilderbüchern, in denen Figuren in Kindern vertrauten Umgebungen kleine und große Abenteuer erleben, stehen Bücher, die von feuerspeienden Drachen und bösen Märchenhexen handeln. Einen Regalboden weiter finden sich Sachbilderbücher, die den Wald, den Weltraum und das Wetter in bunten Bildern kindgemäß erklären. Ein ganzes Regal enthält Bücher, die auf unterschiedlichste Weise zum Spielen einladen; der Fußboden ist ihrer Größe wegen den großformatigen und pappeschweren Wimmelbüchern vorbehalten. Diese Aufzählung folgt keiner <?page no="27"?> 27 2.3 Bilderbuchtypen und ihre elektronischen Erweiterungen Ordnung. Um eine derartige vorzunehmen, werden in der wissenschaftlichen Beschäftigung häufig Typologien erstellt, die mit Begriffen wie u. a. Gattung und Genre operieren. Gattung ist ein theoretischer Begriff für Textgruppenbildungen, die diachron und synchron in Opposition zueinander stehen (Hempfer 2007: 651); als literarische Gattungen werden in den Literaturwissenschaften historische Textgruppen wie z. B. Roman, Lied oder Tragödie bezeichnet, diese können weiter in Untergruppen (beispielsweise Briefroman, Ode, Tragikomödie) differenziert werden. Wenngleich das Bilderbuch immer wieder auch als literarische Gattung beschrieben wurde und wird-- so z. B. in Hans A. Halbeys Monographie zum Bilderbuch von 1997- - stellt es jedoch keine solche dar. Im Kommentar zu seinem Gedichtzyklus West-östlicher Divan führt Johann Wolfgang von Goethe verschiedene dieser literarischen Gattungen samt ihrer Unterformen als „Dichtarten“ auf und erklärt, dass es schwierig sei, „dergleichen methodisch zu ordnen“ (Goethe 1994a: 187). Als übergreifendes Ordnungsprinzip bietet er darauffolgend „die drei echte[n] Naturformen der Literatur“ (Goethe 1994a: 187) an, auf die unter dem Begriff der Gattung vor allem in der Deutschen Literaturwissenschaft immer wieder rekurriert wird: Epik, Lyrik und Dramatik. Diese drei Naturformen oder ‚Großgattungen‘, „die klar erzählende, die enthusiastisch aufgeregte und die persönlich handelnde“ (Goethe 1994a: 187), wie Goethe sie fundamentalpoetisch charakterisiert, kann das Bilderbuch in sich aufnehmen (Abraham & Knopf 2019: 3): In Bilderbüchern wird episch erzählt und lyrisch in Versen und Reimen gedichtet; auf Art und Weise eines dramatischen Textes können Bilderbücher auch die Basis, das virtuelle Kunstwerk, für die Realisierung im theatralen Raum liefern. Weder der Begriff der literarischen Gattung noch derjenige der Großgattung kann dazu verwendet werden, Ordnung in die Bilderbuchunordnung zu bringen. Auch der Gattungsbegriff der Buchwissenschaft eignet sich nicht zur Typologisierung des vielfältigen Bilderbuchangebots; mit der Bestimmung als Buchgattung (Weinkauff & Glasenapp 2018: 163) beschreibt er das Bilderbuch jedoch als Medium- - und integriert damit die qualitative Perspektive auf die Bild-Text-Interdependenz, über welche das Bilderbuch definiert und vom illustrierten Kinder- und Jugendbuch abgegrenzt werden kann (→-Kapitel 2.1). Literaturgattung und Bilderbuch Großgattung und Bilderbuch Buchgattung und Bilderbuch <?page no="28"?> 28 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Ein ähnlicher Ordnungsbegriff wie derjenige der Gattung ist das Genre: Erfährt der Begriff in der Literaturwissenschaft wenig Beachtung und wird zumeist synonym für denjenigen der Gattung verwendet, stellt sich dies insbesondere in der Filmwissenschaft anders dar. Hier formieren Filmgattungen Genres, die als „Geschichten generierende Systeme“ über „inhaltlich-strukturelle Bestimmungen“ (Hickethier 2012: 205 f.) Gruppen von Spielfilmen ausbilden. Der Name des Genres hebt dabei jeweils ein Gruppierungsmerkmal hervor, wobei diese Merkmale auf verschiedenen Ebenen angesiedelt sein können und damit beispielweise thematische, kulturelle, zeitliche oder topographische Momente in den Vordergrund stellen (Schweinitz 2011: 289). Ähnlich dem Begriff der Gattung wird derjenige des Genres in der Bilderbuchforschung unsystematisch verwendet; so wird das Bilderbuch in verschiedenen Publikationen als Genre der Kinder- und Jugendliteratur genannt, in anderen Veröffentlichungen werden hingegen die unterschiedlichen Erscheinungsformen und -formate als Genre bezeichnet. Grundsätzlich können Bilderbücher auf erster Ebene in Erzähl- und Sachbilderbücher typologisch differenziert werden. Erstere bezeichnen dabei fiktionale (von lat. fingere: bilden, erdichten, vortäuschen) Bilderbücher-- sie erzählen von Geschehen, die keinen Wirklichkeitsbezug, keine Referenzialisierbarkeit beanspruchen und demnach weder als wahr noch als falsch gelten können. Letztere teilen demgegenüber als faktuale (von lat. factum: Geschehen, Tatsache) Sachbilderbücher Vorgänge mit, die einen Anspruch auf Referenzialisierbarkeit, auf Verwurzelung in einem empirisch-wirklichen Geschehen erheben (Martínez & Scheffel 2009: 13): Sie informieren, wie Klaus Doderer schreibt, ihre kindlichen Leser über Dinge, Ereignisse oder Zusammenhänge dieser Welt in einer solchen Weise, daß durch den Einsatz besonderer sprachlicher Mittel und kompositorischer Kräfte der Leser gleichzeitig unterhalten und belehrt wird. (Doderer 1961: 14) Die Unterscheidung zwischen Fiktionalität und Faktualität, zwischen Erzählbilderbuch und Sachbilderbuch gilt auch dann, wenn Figuren, Geschehnisse, Schauplätze und Daten einer fiktionalen Erzählung der Realität entlehnt sind: In Blumkas Tagebuch (2011) von Iwona Chmielewska werden zwölf Kinder aus dem Waisenhaus von Janusz Korczak vorgestellt; der polnische Reformpädagoge ist eine historisch reale Person, dennoch zählt dieser Text zum erzählenden Bilderbuch. Der Grund dafür liegt in der Fiktionalisierung der Figuren und ihrer Bio- Genre und Bilderbuch Beschreibungs- und Ordnungsversuche <?page no="29"?> 29 2.3 Bilderbuchtypen und ihre elektronischen Erweiterungen graphien, in der Anreicherung und Gestaltung des sich tatsächlich Ereigneten. In Anlehnung an Ekkehard und Herbert Ossowski kann Blumkas Tagebuch als Sacherzählbilderbuch bestimmt werden-- als Erzählbilderbuch, das „sich im Rahmen einer Erzählung mit einer Sache“ (2011: 377) befasst. Hieran wird deutlich, dass die Kategorien ineinander übergehen und Mischformen bilden können; insbesondere im Bilderbuch kommen derartige Formen häufig vor. Das erzählende Bilderbuch kann auf zweiter Ebene nach der Erzählform in realistische und fantastische Bilderbücher klassifiziert werden: Letztere unterscheiden sich von den realistisch erzählenden Bilderbüchern insofern, als ihre Handlungen in fiktiven Welten spielen, in denen Naturgesetze verletzt werden (Durst 2010: 29). Diese maximalistische Definition hat die russisch-schwedische Anglistin Maria Nikolajeva um weitere Merkmale ergänzt: „[T]he presence of magic, that is, magical beings or events, in an otherwise realistic world, the sense of the inexplicable, of wonder“ (Nikolajeva 1988: 12). Das „wesentliche Charakteristikum“ (Rank 2011: 175) fantastischer Kinder- und Jugendliteratur ist nach Nikolajeva jedoch das Vorhandensein von zwei Welten, einer realistischen Primärwelt und einer fantastischen Sekundärwelt. Dieses Zwei-Welten-Modell geht in seiner Begrifflichkeit auf den Essay On Fairy-Stories von J. R. R. Tolkien aus dem Jahr 1947 zurück; hiernach erfährt es verschiedene Variationen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen durch u. a. Göte Klingberg oder Wolfgang Meißner. Das Modell, auf das hier zurückgegriffen wird, hat Nikolajeva zu einem Interpretationsrahmen ausdifferenziert, der speziell auf die Kinder- und Jugendliteratur zugeschnitten ist (Rank 2011: 175); damit bietet es sich für die Analyse von fantastischen Erzählbilderbüchern an. Die zwei Welten des Modells sind nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten aufeinander bezogen. Man unterscheidet hierbei drei mögliche Konfigurationen der Sekundärwelten: die geschlossene, die offene und die implizierte Welt. Die geschlossene Welt ist eine Sekundärwelt ohne jeglichen Kontakt mit der Primärwelt; sie ist in Abbildung 2.8 größer als die Primärwelt dargestellt, da in ihr die Handlung spielt. Nichtsdestotrotz ist die Primärwelt von Bedeutung: „[…] the primary world exists outside the text. We are watching it as if through a window without being able to enter it“ (Nikolajeva 1988: 36). Ein Beispiel für eine derartige Sekundärwelt findet sich in Ute Krauses Bilderbuch Oskar und der sehr hungrige Drache (2007): Die Handlung spielt in einem kleinen, von hohen Bergen umgrenzten Dorf, dessen Fachwerk- Realistische und fantastische Bilderbücher Zwei-Welten-Modell Die geschlossene Welt <?page no="30"?> 30 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung häuser durch ihre Bauweise an das späte Mittelalter erinnern. Diese closed world besitzt eine eigene Geographie und folgt eigenen Gesetzen (Nikolajeva 1988: 37), schließlich muss dem unlängst erwachten Drachen eine „hübsche Prinzessin zum Fraß“ (Krause 2007: 1) vorgeworfen werden. Die Prinzessinnen sind jedoch aus dem Dorf geschafft worden und daher nehmen „die Leute das Nächstbeste-[…]-- ein Kind“ (Krause 2007: 1). Oskar, so der Name des Auserwählten, wird nicht vom Drachen gefressen, sondern wird am Ende sein Freund-- der Weg dahin ist von kulinarischer Überzeugungsarbeit gezeichnet: Der kleine Junge kocht zunächst, um sich märchengleich für das bevorstehende Drachenmahl zu mästen, Spargelcremesuppe und zartes Zanderfilet, junge Kartoffeln und Crêpe. Der Drache probiert schließlich das Menschenessen-- und lässt Oskar aufgrund seiner Kochkunst am Leben. Die fantastische Welt dieses Bilderbuchs stellt sich konsistent für und in sich als Anderswelt dar; sie verweist aber in unterschiedlicher Hinsicht auf die realistische Primärwelt und bezieht sich damit auf die Erfahrungen des Lesers: „A secondary world which has no reference whatsoever for the reader would be meaningless“ (Nikolajeva 1988: 37). Abb. 2.9: Die offene Welt Abb. 2.8: Die geschlossene Welt <?page no="31"?> 31 2.3 Bilderbuchtypen und ihre elektronischen Erweiterungen Die offene Welt ist eine Sekundärwelt mit Kontakt zur Primärwelt, die Figuren reisen für gewöhnlich aus der realistischen Primärin eine fantastische Sekundärwelt. Die Reise ist dabei linear oder zirkulär angelegt; in den meisten fantastischen Bilderbüchern, deren Handlungen auf dieser Konfiguration basieren, reisen die Figuren zirkulär- - und kehren damit am Ende in ihr sicheres Zuhause zurück. Ein klassisches Beispiel von 1967 ist Maurice Sendaks Wo die wilden Kerle wohnen (engl. Where the Wild Things Are, 1963): Nach seinen Abenteuern bei den wilden Kerlen, die er zähmt, indem er in ihre gelben Augen starrt, „ohne ein einziges Mal zu zwinkern“ (Sendak 1967: 20), segelt Max zurück in sein Zimmer, wo das warme Essen auf ihn wartet. Als dritte Möglichkeit der fantastischen Reise nennt Nikolajeva die Schleife, eine sich wiederholende zirkuläre Reise, die am Handlungsende zumeist ein lineares Finale nimmt. Wenn Ulla ihren Besucher in Ein Buch für Bruno (1997) von Nikolaus Heidelbach am Ende auffordert „einfach mal wieder“ (Heidelbach 1997: 29) zu kommen, um ihm zu zeigen, wie sie über das blaue Zauberbuch in die Sekundärwelt gelangt sind, findet die Schleife als Muster der fantastischen Reise seine Erwähnung. Das Buch in Heidelbachs Bilderbuch ist ein fantastisches Schwellenmotiv (Kurwinkel 2014: 309), ein Artefakt, das als Schleuse zwischen Primär- und Sekundärwelt fungiert. Schwellenmotive können in materielle Schwellenmotive wie das Zauberbuch, wie Höhlen, Bilder, Spiegel, magische Ringe oder fliegende Pferde und immaterielle Schwellenmotive wie Träume, Zeitsprünge und der Tod differenziert werden (Kurwinkel 2014: 309). Der Traum als immaterielles Schwellenmotiv führt einen kleinen Jungen in Free Fall (1988) von David Wiesner in eine fantastische (Traum-)Welt, in der er gegen einen Drachen kämpft, wie Gulliver in Liliput auf menschliche Winzlinge trifft oder auf einem Blatt durch die Lüfte fliegt. Diese Erlebnisse und Begegnungen sind beeinflusst von den Dingen, die ihn in der Eigenwelt umgeben-- und die er nach dem Erwachen in seiner unmittelbaren Nähe wiedererkennt. Die offene Welt Fantastisches Schwellenmotiv <?page no="32"?> 32 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Die implizierte Welt ist eine Sekundärwelt, die in der Primärwelt präsent ist-- in Form einer Figur, eines fantastischen Gegenstands oder Motivs (Rank 2011: 176). Eine derartige Figur ist Mischa aus dem 1996 veröffentlichten, gleichnamigen Bilderbuch (franz. Mitch, 1989) von Grégoire Solotareff (Text) und Nadja (Bild). Mischa ist Bastians Teddybär und wird lebendig, indem sein Besitzer aus Versehen-- „Patsch! Patsch! Patsch! “-- dreimal in die Hände klatscht (Solotareff & Nadja 1996: 6). Dass Spielzeuge hierdurch aus ihrem Spielzeugschlaf geweckt werden, ist das Geheimnis einer weiteren fantastischen Figur, eines bösen Zwerges, dem alle Spielzeuge kraft seiner Macht gehorchen müssen. Doch Mischa verrät seinem besten Freund und Besitzer das Geheimnis, worauf Bastian zum Herrn im Spielzeugland wird. Sprechende Spiegel, Figuren wie Zwerge oder ein verzauberter Frosch-- auch in den (Zauber-)Märchenbilderbüchern 2 werden die Naturgesetze unserer Welt verletzt, das Wunderbare ist ihnen eingeschrieben: Der maximalistischen Definition entsprechend zählen diese Texte damit zur fantastischen Literatur, zu den fantastischen Bilderbüchern. Sie lassen sich jedoch durch Merkmale wie die Eindimensionalität ihrer Handlungen und Figuren oder stereotype Schauplätze von fantastischen Texten unterscheiden. Aus der Figurenzeichnung, die eine Psychologisierung nicht zulässt, erklären sich die fehlenden Emotionen der Handlungsträger bei der Begegnung mit dem Wunderbaren, was sich in der fantastischen Literatur anders darstellt: In dieser staunen Protagonisten wie Antagonisten, wundern und erschrecken sich angesichts der fantastischen Elemente, mit denen sie konfrontiert werden. 2 Aus heuristischen Gründen wird hier auf die prominente Märchen-Definition von André Jolles zurückgegriffen, nach der das Märchen als „eine Erzählung oder eine Geschichte in der Art, wie sie die Brüder Grimm in ihren Kinder- und Hausmärchen zusammengestellt haben“ (Jolles 1958: 219), verstanden wird. Implizierte Welt Märchen Abb. 2.10: Die implizierte Welt <?page no="33"?> 33 2.3 Bilderbuchtypen und ihre elektronischen Erweiterungen Primär- und Sekundärwelt sind ebenfalls Strukturmoment von Bilderbüchern, deren Geschichten der Science Fiction zugehören, jener „in Prosa gekleideten Prognostik der Zukunft“ (Haller 2011: 349), wie Hugo Gernsbach als Begriffsbegründer 1929 schrieb. Entsprechend erkundet Marie gemeinsam mit ihrem Chamäleon Mr. Hobbes in Die fantastische Reise mit einem wundersamen Gefährt (2012) von Robert Göschl fantastische Sekundärwelten wie z. B. den Mond, um nach ihrem verlorenen Bruder zu suchen. Sie erreicht die Anderswelt des Mondes aus der Primärwelt heraus mit Hilfe von „mingo“, einem Gefährt, das als Rakete fungiert. Ein derartiges Schwellenmotiv kann als Kriterium zur Einordnung von und Differenzierung zwischen Science Fiction und fantastischer Literatur dienen, weil es innerhalb eines wissenschaftlich-technischen Bezugsrahmens steht und eine Art rationaler Erklärung für die irrationalen Ereignisse bietet. Gestalterische Sondertypen des Bilderbuchs (Ries 1992: 46-68) finden sich auf erster Ebene sowohl unter den Erzählals auch den Sachbilderbüchern; es handelt sich hierbei um Spiel- oder Beschäftigungsbilderbücher, die durch ihr Äußeres, durch ein ungewöhnliches Format, durch Beilagen, Papierfaltungen, Durchbrüche, Spiegel, Klappen, Pläne, kinetische Objekte, Ziehlaschen etc. (Schürmann 1994: 42) charakterisiert sind. Zu diesen Bilderbüchern zählen beispielsweise Lochbilderbücher wie Eric Carles Die kleine Raupe Nimmersatt (engl. The Very Hungry Caterpillar, 1969), Fühlbilderbücher wie Mein kleiner Streichelzoo (2010) von Sandra Grimm (Text) und Ana Weller (Bild), Aufklapp- und Zieh-, Pop-up- und Aufstellebenso wie Puzzlebilderbücher und das wie eine Ziehharmonika gefaltete Leporello, das auseinandergezogen und wieder zusammengefaltet werden kann. In diese Aufzählung gehören auch die Wimmelbücher, sofern es sich um Such- Wimmelbücher handelt. Der bekannteste Künstler dieser ist der Brite Martin Handford, der mit der Reihe Wo ist Walter in den 80er Jahren weltweit bekannt wurde. Das Prinzip der Bücher ist einfach: Eine ausgewählte Figur oder ein Objekt will im pluriszenisch (→-Kapitel 3.5.1.1) wimmelnden Bildraum gefunden werden-- wie in Mein großes Spielplatz-Wimmelbuch (2014) von Ali Mitgutsch, in dem die zu suchenden Elemente auf jeder Doppelseite in einer Vignettenleiste abgebildet sind. Das Spiel ist damit regelbasiert und determiniert: Art und Weise des Spiels, Spielraum und -elemente sind festgelegt, wenngleich z. B. die Reihenfolge der zu suchenden Elemente frei gewählt werden kann. Science Fiction Spielbilderbücher <?page no="34"?> 34 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Auch diejenigen Bilderbücher, die elektronische Erweiterungen aufweisen, gehören zu den Spielbzw. Beschäftigungsbilderbüchern, die auf erster Ebene zumeist den Sachbilderbüchern zugeordnet werden. Dazu zählen beispielsweise Klang- und Stimm(bilder)bücher wie Wer brüllt denn da? (2011) von Anna Taube (Text) und Günther Jakobs (Bild), die das Bilderbuch mit einem Tonmodul erweitern; Musikbilderbüchern wie Leise rieselt der Schnee (2015) von Silke Leffler ist eine Musik- CD beigegeben, welche-- dem Prinzip der Klangbilderbücher folgend-- die visuelle Rezeption um eine auditive Ebene ergänzen. Im Herbst 2010 erschien mit dem tiptoi von Ravensburger eine weitere elektronische Erweiterung des Bilderbuchs: Der tiptoi ist, wie ähnliche Produkte, ein Lesestift. Tippt der Leser mit der Stiftspitze auf ausgezeichnete Stellen im Bilderbuch, werden über einen digitalen Code, der aus einem Raster aus kleinen Punkten besteht, Audiodateien abgespielt, die vorher über das Internet per USB - Kabel auf den Stift geladen wurden. Die Audiodateien enthalten nicht allein den Schrifttext des Bilderbuchs, sondern sind darauf ausgelegt, zusätzliche Informationen zu liefern. Diese reichen wie bei den Klangbilderbüchern von Tierstimmen über einen Gitarrenarpeggio in Die monsterstarke Musikschule (2013) bis hin zur Aufforderung, bestimmte Dinge auf der Bilderbuchseite zu finden. Aktuelle Stifte wie bspw. Bookii (2018) von Tessloff haben zudem eine Aufnahme-Funktion. Einem ähnlichen, jedoch über die medialen Möglichkeiten von tiptoi hinausgehenden Konzept folgt Carlsen mit LeYo! seit Sommer 2014- - die Rolle des Lesestifts nehmen dabei das Smartphone oder der Tablet-Computer ein; mit Hilfe einer auf den Geräten installierten Software, der LeYo! -App, können Kinder ab drei Jahren die Bilderbuchinhalte akustisch, visuell und spielerisch erschließen. Ähnlich funktioniert SuperBuch, das maßgeblich von der Oetinger Verlagsgruppe in Kooperation mit verschiedenen deutschen Kinderbuchverlagen entwickelt wurde. Auch hier braucht es ein Smartphone oder einen Tablet-Computer, auf dem die sog. Tigerbooks-App installiert ist. Mit Hilfe der App werden die Bilder eines SuperBuchs „zum Leben erweckt“ und „um 3D-Effekte, Sounds, Animationen und Spiele erweitert“ (Internetpräsenz SuperBuch o. J.), wie auf der Internetseite des Herstellers zu lesen ist. Das Prinzip von LeYo! und SuperBuch ist die Erweiterung der Realität um digitale Inhalte, was als Augmented Reality bezeichnet wird. Elektronische Erweiterungen <?page no="35"?> 35 2.3 Bilderbuchtypen und ihre elektronischen Erweiterungen Digitale elektronische Erweiterungen wie tiptoi oder LeYo! sind Remediationen analoger Erweiterungen von Spielbzw. Beschäftigungsbilderbüchern wie Das magische Zauberlupenbuch von Agathe Demois (Text, Bild) und Vincent Godeau (Text, Bild) aus dem Jahr 2015 (frz. La grande traversée, 2014). Durch den Blick einer Zauberlupe mit roter Folie können die Betrachter in diesem Buch verborgene Elemente in den Wimmelbildern entdecken: So wird aus dem Baum ein Riesenrad und so geben die Mauern eines Hochhauses den Blick auf die darin lebenden Menschen frei. Dieses Abrufen von zusätzlichen Informationen, dieses Erzählen von Geschichten hinter den Geschichten ist das Prinzip von Lupen und Folien wie Lesestiften; letztere stellen sich damit als eine digitale Version der analogen Erweiterung dar, als „the representation of one medium in another“ (Bolter & Grusin 1996: 339), wie Jay David Bolter und Richard Grusin das Phänomen der Remediation definiert haben. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Orientierung zu den Begriffen Gattung und Genre vermitteln die Beiträge im Standardwerk der Literaturwissenschaft, dem Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (Hempfer 2007) und im Metzler Lexikon der Literatur- und Kulturtheorie (Wenzel 5 2013), das von Ansgar Nünning herausgegeben wird. Den Genre-Begriff konturiert Jörg Schweinitz in seinem Artikel in Thomas Koebners Reclams Sachlexikon des Films (Schweinitz 3 2011). Auch zur Unterscheidung von faktualer und fiktionaler Literatur bieten sich die entsprechenden Einträge im Reallexikon an. ▶ In Kinder- und Jugendliteratur-- Ein Handbuch (2011) liest sich ein Beitrag zum Sachbuch von Herbert Ossowski, im Handbuch der Kinder- und Jugendliteratur (2020) von Nikola von Merveldt. Speziell auf das Sachbilderbuch geht von Merveldt im Beitrag Informational Picturebooks im Routledge Companion to Picturebooks (2018) ein. In Wissen kindgerecht klein geschnitten, in Form gebracht und verpackt. Sachbilderbücher im Deutschunterricht im Sammelband BilderBücher (2014) greift Gabriele Lieber auf die Arbeiten Ossowskis zurück-- und liefert einen kompilatorischen Überblicksartikel, der u. a. eine kleine Typologie entwickelt. ▶ Im Lexikon Kinder- und Jugendliteratur (1995) widmet sich Gerhard Haas in einem Beitrag der Begriffsdefinition und -geschichte der fantastischen Kinder- und Jugendliteratur, dabei geht er auch auf das Bilderbuch ein. Elektronische Erweiterungen als Remediationen <?page no="36"?> 36 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Der Artikel von von Hadassah Stichnothe im Handbuch der Kinder- und Jugendliteratur (2020) bietet eine Einführung mit Blick auf das Zwei- Welten-Modell. ▶ Zum Spielbilderbuch liest sich im Internet eine Dissertation mit dem Titel Das Spielbilderbuch. Ästhetische Formen und Chancen frühkindlicher Förderung (2012) von Tamara Al Chammas. Der Sammelband Bewegungsbücher. Spielformen, Poetiken, Konstellationen (2016), herausgegeben von Christian A. Bachmann, Laura Emans und Monika Schmitz-Emans, beinhaltet verschiedene Beiträge zu Spiel- und Beschäftigungsbilderbüchern aus theoretischen, poetologischen sowie historischen Gesichtspunkten. ▶ Auf digitale elektronische Erweiterungen wie tiptoi, LeYo! und SuperBuch gehen Julia Knopf und Rebecca Jakobs im Praxisband von BilderBücher (2019), herausgegeben von Julia Knopf und Ulf Abraham, ein. Exkurs: Mediale Entgrenzungen: Adaptionen des Bilderbuchs Die Entwicklung des Bilderbuchs ist gekennzeichnet durch die Überschreitung von ästhetischen, erzählerischen und buchgestalterischen Limitierungen, wie sie sich noch in der engen Definition des Bilderbuchs von Horst Künnemann und Helmut Müller finden (→-Kapitel 2.1). Die mit dieser Entwicklung einhergehenden Prozesse, Durchdringungen, Überlagerungen und schließlich Erscheinungsformen hat Jens Thiele mit dem Begriff der Entgrenzung charakterisiert (Thiele 2003a: 203). Filmische Adaptionen von Bilderbüchern wie beispielsweise der Kurzfilm von Julia Donaldsons (Text) und Axel Schefflers (Bild) Der Grüffelo (engl. The Gruffalo, 1999), den Max Lang und Jakob Schuh für BBC und ZDF besorgten, oder die Umarbeitung eines Bilderbuchs in ein enhanced eBook können, an Thieles Begriff angelehnt, als mediale Entgrenzungen bezeichnet werden. Derartige Entgrenzungen sind medientheoretisch definiert; sie werden bestimmt durch die Überschreitung der medialen Grenze des Bilderbuchs und den Wechsel von einem Medium in ein anderes. Irina Rajewsky definiert diesen Medienwechsel aus Perspektive der Intermedialitätsforschung als „Transformation eines medienspezifisch fixierten Produkts bzw. Produkt-Substrats in ein anderes, konventionell als distinkt wahrgenommenes Medium“ (Rajewsky 2002: 19). Von Bedeutung ist hierbei der Medienbegriff, der auf die Arbeiten Mediale Entgrenzung Medienwechsel und Medienbegriff <?page no="37"?> 37 2.3 Bilderbuchtypen und ihre elektronischen Erweiterungen Werner Wolfs zurückgeht, der ein Medium nicht als „technisch-materiell definierten Übertragungskanal von Informationen“ versteht, sondern als „konventionell als distinkt angesehene[s] Kommunikationsdispositiv“ (Wolf 2002b: 164). Dieser weite Medienbegriff erlaubt es, das Bilderbuch, welches zwei semiotische Systeme verwendet, die ihrerseits wiederum anderen Medien zuzuordnen sind, als Medium zu definieren- - dabei aber zugleich Bild- und Schrifttext als Einzelmedien zu berücksichtigen. Weiter wird durch diese Definition der Medienwechsel zwischen Medien wie beispielsweise Bilderbuch und Film mit nicht nur qualitativ, sondern eben auch quantitativ divergierenden Zeichensystemen nachvollziehbar. Mediale Entgrenzungen des Bilderbuchs finden sich auch als Hörspiele oder Theaterstücke wie z. B. bei entsprechenden Adaptionen von Der Grüffelo (→- Kapitel 2.4); verbreiteter sind Filmadaptionen- - und zunehmend digitale Bilderbücher, zu denen auch die Bilderbuch- oder Story Apps gehören. Insbesondere letztere erweitern das Angebot der digitalen Bilderbücher um multimediale Inhalte. Abb. 2.11: Mediale Entgrenzungen des Bilderbuchs Filmadaptionen literarischer Werke sind so alt wie das Medium Film selbst: Bereits am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, kurz nach der ‚Geburt‘ des Films am 28. Dezember 1895 im Grand Café in Paris, bildete „die Literatur das wichtigste Stoffreservoir für das neue Medium“ (Schwab 2006: 36). Der Anteil der Adaptionen an der Filmgeschichte wird Filme <?page no="38"?> 38 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung mit etwa 50 Prozent eingeschätzt; beim Kinder- und Jugendfilm liegt diese Zahl mehr als zehn Prozent höher (Kurwinkel 2019: 22). Filmische Adaptionen von Bilderbüchern nehmen dabei jedoch eine relativ geringe Rolle ein. „[In] der Regel“ (Staiger 2012: 114) werden Bilderbücher als Animationsfilme, vor allem als Trickfilme und Computeranimationsfilme, adaptiert. In diesen Filmen wird die vergleichsweise kurze Handlung der Bilderbücher um zusätzliche Szenen, Nebenhandlungen und Dialoge extendiert; dramaturgisch wird mit größeren Spannungsbögen und retardierenden Momenten gearbeitet, zu spannende und / oder gewalttätige Szenen werden mit Hilfe von Comic Relief für die jungen Rezipienten entlastet. Dies gilt jedoch nur für Filme mit hohem Production Value, gemeinhin werden Adaptionen von Bilderbüchern hingegen als so genannte Bilderbuchfilme umgesetzt. Diese richten sich vornehmlich an Kinder im Vorschul- und / oder frühen Grundschulalter und bieten ein für diese Rezipientengruppe zumeist adäquates Filmerlebnis. Bilderbuchfilme finden sich im World Wide Web auf YouTube-Kanälen, auf Angeboten wie pickcha.tv oder auf den Webseiten von Verlagen wie Oetinger, die Bilderbuchfilme als Downloads oder auf DVD verkaufen. Häufig werden Bilderbuchfilme auch den adaptierten Büchern beigelegt, wie z. B. bei Der kleine Rabe Socke: Alles meins! (2011) von Nele Moost (Text) und Annet Rudolph (Bild) oder den Käpten Knitterbart-Bilderbüchern (2006, 2007) von Cornelia Funke (Text) und Kerstin Meyer (Bild). Ausgehend von André Bazins Aufsatz Für ein unreines Kino-- Plädoyer für die Adaption von 1952 entstanden zahlreiche Typologien in der Absicht, das Verhältnis einer filmischen Adaption zu ihrer Vorlage beschreiben zu können. Bazin (1975) etabliert hier den Begriff der Werktreue, dessen qualitative Einschätzung als analytischer Ausgangspunkt für die unterschiedlichen Kategorien der Typologien dient. Zur Einordnung von Filmadaptionen von Bilderbüchern sollen hier Helmut Kreuzers vier Grundtypen Aneignung von literarischem Rohstoff, Illustration, Transformation und Dokumentation (Kreuzer 1999) dienen. Unter den ersten Typ fallen Filme, die nur in Anlehnung an eine literarische Vorlage produziert wurden. Die Analyse dieser Filme sollte, so schlägt Kreuzer vor, „nur als Filme und nicht als Adaption erfolgen“ (Kreuzer 1999: 27). Der zweite Typ ist die Illustration, die „bebilderte Literatur“: Bilderbuchfilme (Grund-)Typen der Filmadaption <?page no="39"?> 39 2.3 Bilderbuchtypen und ihre elektronischen Erweiterungen Sie hält sich, so weit im neuen Medium möglich, an den Handlungsvorgang und die Figurenkonstellation der Vorlage und übernimmt auch wörtlichen Dialog, ja unter Umständen einen längeren auktorialen Erzähltext, der im Off gesprochen wird, während gleichzeitig die Bilder des Filmes ablaufen. (Kreuzer 1999: 27) Die Illustration ist der häufigste Adaptionstyp derjenigen Kinder- und Jugendfilme, die auf Bilderbüchern basieren; dies gilt insbesondere für Bilderbuchfilme. Diese beruhen auf einer Vorstellung von Werktreue, die in der Verbildlichung der Handlungsinhalte und in der Unantastbarkeit des Wortes ihre Kriterien hat, darüber aber die Verschiedenheit von Medium und Zeichenmaterial und mit ihr verbundene Formgesetzlichkeiten nicht berücksichtigt. (Kreuzer 1999: 27) Den dritten Adaptionstyp bezeichnet Kreuzer als Transformation. Hierunter versteht er, dass nicht nur die Inhaltsebene ins Bild übertragen wird, dass vielmehr die Form-Inhaltsbeziehung der Vorlage, ihr Zeichen- und Textsystem, ihr Sinn und ihre spezifische Wirkungsweise erfasst werden und dass im anderen Medium in der anderen Kunstart und der anderen Gattung aus einem anderen Zeichenmaterial ein neues, aber möglichst analoges Werk entsteht. (Kreuzer 1999: 28) Spike Jonzes Adaption von Maurice Sendaks fantastischem Bilderbuch Wo die wilden Kerle wohnen erfüllt Kreuzers Kriterien einer Transformation: Jonzes gleichnamiger Film von 2009 bleibt dem Bilderbuch treu, ergänzt es aber um Nebenhandlungen, erweitert die Symbolik der Vorlage und interpretiert das Buch auf verschiedenen Ebenen. Der vierte Typ ist die Dokumentation, unter der Kreuzer die „Aufzeichnung vorgegebener Aufführungen des Theaters“ wie auch Neuinszenierungen versteht, „die speziell für die Leinwand bestimmt sind“ (Kreuzer 1999: 30). Da es bei diesem Adaptionstyp um die Reproduktion eines Theaterstücks in einem anderen Zeichensystem geht, kommt ihm für die Adaption von Bilderbüchern keine Relevanz zu; der Vollständigkeit wegen wird er hier trotzdem aufgeführt. Die vorgestellte Typologie möchte ich, mit Blick auf die Filmadaption von Bilderbüchern, gattungsspezifisch und um eine Kategorisierung der Bildtext-Adaption ergänzen: So kann ein Bilderbuch als Animations-, Real- oder Mischfilm adaptiert werden; dabei wird der Bildtext der Vorlage sowohl quantitativ als auch qualitativ vollständig oder partiell Ergänzungen der Typologie <?page no="40"?> 40 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung übernommen- - oder findet gar keine Berücksichtigung. Der Film von Spike Jonze stellt sich in dieser Hinsicht als realfilmische Transformation dar, bei welcher der Bildtext sowohl quantitativ als auch qualitativ partiell übernommen wurde. Dementsprechend finden sich Analogien und Verweise auf die Bilder und Bildästhetik des Bilderbuchs, sei es das Wolfskostüm des Protagonisten oder die Gestaltung der wilden Kerle. Davon abgesehen bietet der Film eine eigene Bildsprache, die beispielsweise am Einsatz der Kameraarbeit offensichtlich wird. Ergebnisse von Umfragen zur Verbreitung von Smartphones und Tablet- Computern in Familien wie beispielsweise vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest legen nahe, dass der Umgang mit diesen Geräten in den nächsten Jahren zum „selbstverständlichen Repertoire kultureller Praktiken der Mediensozialisation in der frühen Kindheit gehören wird“ (Ritter & Ritter 2014: 8 f.). Diese Verbreitung von modernen Mobilgeräten ist der technische Ausgangspunkt für die Aussage der Stiftung Lesen auf ihrer Internetseite, nach welcher digitale Bilderbücher einen neuen Trend im Kinder- und Jugendbuchbereich darstellen (Internetpräsenz Stiftung Lesen). Die ‚neuen Bilderbücher‘ lassen sich in verschiedene Kategorien unterteilen: eBooks, enhanced eBooks und Apps: eBook ist das Kurzwort für den englischen Begriff electronic book; für ein Buch in digitaler Form, das auf Readern, mobilen Lesegeräten oder mit spezieller Software auf Personal Computern ( PC ), Tablet-Computern oder Smartphones gelesen werden kann. eBooks sind dem Buch nachempfunden und überzeugen vor allem durch ihre geringe Datengröße, welche die Speicherung von unzähligen ‚Büchern‘ auf den Endgeräten ermöglicht. Die Displays der Reader arbeiten mit einer kontrastreichen Anzeigetechnik auf Basis von elektronischem Papier, das jedoch die Darstellung von Farben und Animationen nicht erlaubt. Aufgrund dieser Beschränkung ist der Markt für Bilderbücher als eBooks überschaubar: Derzeit (März 2020) sind, nichtsdestotrotz, über 6000 Bilderbücher als eBooks im Kindle-Shop des Marktführers Amazon erhältlich. Enhanced eBooks stellen eine Weiterentwicklung des eBooks dar. Im Gegensatz zu diesen integrieren sie multimediale Inhalte: Sie verfügen über die fakultative Möglichkeit, den Text vorlesen zu lassen, Videos abzuspielen und begrenzt interaktive Elemente einzubinden. Bilderbücher als enhanced eBooks werden beispielsweise von Oetinger unter dem Label Interaktive Digitale Bilderbücher eBook Enhanced eBook <?page no="41"?> 41 2.3 Bilderbuchtypen und ihre elektronischen Erweiterungen E-Books angeboten, ein Beispiel ist Jan und Julia helfen Mama (2015) von Susanne Weber (Text) und Catharina Westphal (Bild). Das enhanced eBook bietet als Mehrwert zu seiner analogen Version Animationen, die ausgewählte Aspekte der Handlung visualisieren; hinzu kommt die Tongestaltung. Weiter kann der Erzähltext von der Autorin vorgelesen werden, während Leseanfänger das Gelesene über ein so genanntes „Wort-Hervorheben-Feature“ mitlesen können. Das Wort App ist ein Kurzwort, das für den englischen Begriff application software steht; mit dem Begriff werden Computerprogramme bezeichnet, die eine nicht vom System bereitgestellte Funktionalität bieten. Seit Apples Einführung des i OS App Store im Jahr 2008 wird App im deutschsprachigen Raum als Bezeichnung für Anwendungsprogramme für Smartphones und Tablet-Computer genutzt, wenngleich auch Software für die PC -Betriebssysteme Windows und Mac OS mittlerweile so genannt wird. Bilderbuch- oder Story Apps sind keine eBooks, sondern Computerprogramme; sie benötigen weder Reader noch Lesesoftware. Michael Ritter definiert Bilderbuch-Apps als „digitale Bild-Text-Erzählungen-[…], wobei idealtypisch eine dominante und explizite Erzählung erkennbar ist“ (Ritter 2013a: 4). Mit dieser Bestimmung folgen die Apps grundsätzlich dem Konzept analoger Bilderbücher. Die Möglichkeiten der Programme sind wenig limitiert: Integrieren enhanced eBooks eine Vorlesefunktion, bieten viele Apps beispielsweise auch eine Aufnahmefunktion an. Enhanced eBooks können nur begrenzt Animationen abspielen, eine Bilderbuch-App hingegen kann beispielsweise auch als Wimmelspiel programmiert sein. Je nach inhaltlicher Gewichtung, so Sigrid Fahrer von der Stiftung Lesen, rücken Bilderbuch-Apps in Richtung Spiele-App, filmische Bildergeschichte oder Lernspiel (Fahrer 2014: 119). In typologischer Hinsicht lassen sich Bilderbuch-Apps auf erster Ebene, Bilderbüchern ähnlich, nach ihrem Wirklichkeitsbezug in faktuale und fiktionale Apps differenzieren, wenngleich auch hier die Kategorien ineinander übergehen und sich Mischformen bilden können (→- Kapitel 2.3). Auf zweiter Ebene können fiktionale Bilderbuch-Apps nach ihrer Erzählform in realistisch und fantastisch erzählende Apps klassifiziert werden. Spielbilderbuch-Apps kommt auch in dieser Ordnung eine Sonderrolle zu, da sie auf erster Ebene sowohl unter den faktualen als auch fiktionalen Apps zu finden sind. Zu den Spielbilderbuch-Apps zählen auch die Wimmelspiele, eine Adaption der Such-Wimmelbücher. Bei diesen Apps Spielbilderbuch-Apps <?page no="42"?> 42 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Apps versucht der Spieler in einem meist detailliert gestalteten, unbewegten oder wenig animierten Bild, verschiedene Gegenstände, Teile von Gegenständen oder geometrische Figuren zu finden. Das Suchspiel ist regelbasiert und determiniert: Art und Weise des Spiels, Spielraum und -elemente sind festgelegt, wenngleich z. B. die Reihenfolge der zu suchenden Elemente frei gewählt werden kann. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Orientierung zum Begriff der Adaption vermittelt der Beitrag Medienkomparatistik von Michael Schaudig im Metzler Lexikon Medientheorie-- Medienwissenschaft: Ansätze- - Personen- - Grundbegriffe (2002), herausgegeben von Helmut Schanze. ▶ Im Sammelband Kinder- und Jugendliteratur in Medienkontexten (2014), herausgegeben von Gina Weinkauff, Ute Dettmar, Thomas Möbius und Ingrid Tomkowiak, lesen sich einige Beiträge zum Thema-- u. a. allgemein zu Adaptionen von Graphic Novels und speziell zu Tomi Ungerers Die drei Räuber (1963). ▶ Über die typologische Einordnung von ‚Bilderbuchverfilmungen‘ hat Johanna Tydecks in dem von Bettina Kümmerling-Meibauer herausgegebenem The Routledge Companion to Picturebooks (2018) geschrieben; auch im Praxisband der zwei Sammelbände BilderBücher ( 2 2019) von Julia Knopf und Ulf Abraham findet sich ein Beitrag von Tydecks zu diesem Thema. In der ersten Auflage dieser Bände (2014) sind ebenfalls Artikel zur Theorie (Sigrid Fahrer) und zur Praxis von digitalen Bilderbüchern im Unterricht (Eva Schrenker, Martin Beyer) veröffentlicht. ▶ In ihrer Habilitationsschrift Wie Bilderbücher erzählen (2017) geht Mareile Oetken in einem Kapitel auf Bilderbuch-Apps ein. In Fachzeitschriften wie JuLit (2, 2013) und Sache-Wort-Zahl (139, 2014) haben Stefan Hauck bzw. Michael Ritter Beiträge zu digitalen Bilderbuch-Angeboten veröffentlicht. ▶ Im Fachlexikon von KinderundJugendmedien.de findet sich ein Beitrag von Michael Ritter zu Bilderbuch-Apps, der weiterführende Literatur listet. <?page no="43"?> 43 2.4 Das Bilderbuch im Medienverbund 2.4 Das Bilderbuch im Medienverbund Die Erzählung um den Grüffelo, um jene Figur mit schrecklichen Hauern, Klauen und Zähnen aus dem gleichnamigen Bilderbuch von Julia Donaldson und Axel Scheffler, ist nicht nur als Bilderbuch, sondern auch als Film und Hörspiel wie auch als Theaterstück medial realisiert. Als Plüschfigur kann die titelgebende Hauptfigur im Kinderbett der kleinen Rezipienten ihren Platz finden-- in einem Bett, dessen Kopfkissen und Decke mit Grüffelo-Wäsche bezogen ist. Passend zu Kuscheltier und Bettwäsche trägt das Kind einen Pyjama mit dem Grüffelo-- und nachdem es am Morgen sein Grüffelo-Shirt und -Sweatshirt angezogen hat, steckt es seine Schulmahlzeit für die große Pause in eine Brotdose, die-- natürlich-- das Konterfei der Tierfigur mit den knotigen Knien ziert. Die Dose wiederum legt es in einen „flauschigen Plüsch Rucksack“, welcher dem Grüffeltier nachempfunden ist-- abgesehen von dem Reißverschluss auf dem Rücken und den verstellbaren Trägern-… Das hier wenig übertrieben Beschriebene weist die wesentlichen Merkmale eines (Kinder-)Medienverbundes 3 auf; unter diesem Begriff wird „generell die medienübergreifende Verbreitung populärkultureller Stoffe“ (Weinkauff 2014a: 131) verstanden, die von einem großen Merchandising-Angebot als Produktverbund begleitet werden kann. Grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Typen von Medienverbünden unterscheiden: Der erste, dem das beschriebene System um den Grüffelo entspricht, setzt sich aus mindestens drei narrativen Medientexten zusammen; Ausgangspunkt ist ein Originärtext als Leitmedium (Wermke 1997: 47), dem eine als Bilderbuch, Roman, Hörspiel, Film, Computerspiel o. Ä. realisierte Erzählung zugrunde liegt. Dieser originäre Text steht mit den Medientexten in intra- und / oder intermedialen Beziehungen: Auf intramedialer Ebene spielen sich diese Beziehungen innerhalb eines Mediums ab, auf intermedialer Ebene überschreiten sie als Medienwechsel und intermediale Bezüge Mediengrenzen (Kurwinkel 2013: 1). Unter Medienwechsel (→ Exkurs Mediale Entgrenzungen) wird, Irina Rajewsky folgend, die Transformation eines medienspezifisch fixierten Texts in ein 3 Der Begriff wird immer wieder- - u. a. in der deutschen Wikipedia- - dem Medienwissenschaftler Werner Faulstich zugeschrieben; dieser arbeitete zwar in zahlreichen Veröffentlichungen (u. a. bspw. in Das Fernsehen im Produktverbund mit anderen Medien, 1993) mit dem Terminus, eine Urheberschaft kann ihm aber nicht zugeschrieben werden, wie er mir in einer eMail im Januar 2013 mitteilte. Der (Kinder-) Medienverbund Definition <?page no="44"?> 44 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung anderes, konventionell als distinkt wahrgenommenes Medium verstanden; intermediale Bezüge sind hingegen Verfahren der Bedeutungskonstitution eines Texts durch Bezugnahme auf ein anderes Medium (=-Einzelreferenz) oder das semiotische System (=-Systemreferenz) eines anderen Mediums (vgl. Rajewsky 2002: 19). Medien verdrängen sich in derartigen Verbundsystemen nicht gegenseitig, stattdessen konvergieren (Jenkins 2006) und koexistieren sie, nehmen aufeinander Bezug. Diesem ersten Typ ist eine intermediale Perspektive eingeschrieben, dem zweiten Typ hingegen eine transmediale: Auch er setzt sich aus Medientexten zusammen-- der Originärtext dieser Systeme ist jedoch keine medial realisierte Erzählung, sondern besteht aus den statischen Elementen einer Storyworld (Ryan 2013: 90), aus einem Set von narrativen Kernelementen oder Narremen. Die Realisierung dieser als Erzählung begründet zwei Subkategorien dieses Typs: Entweder wird die eigentliche Geschichte verteilt über Texte in einem bzw. in mehreren narrationsdarstellenden Medien erzählt (wie z. B. bei Star Wars u. a.) oder aber sie wird über narrationsindizierende Medientexte entfaltet und als (Rollen-)Spiel mit Ensembles aus Sammelkarten (wie z. B. Magic-- The Gathering u. a.) oder Actionfiguren (wie z. B. Masters of the Universe, Transformers u. a.) narrativ verwirklicht (Kumschlies & Kurwinkel 2019: 79). Übertragen auf den Medienverbund des Grüffelo ist das Bilderbuch aus dem Jahr 1999 der originäre Text. In intramedialer Beziehung zu diesem steht das zu den gestalterischen Sondertypen des Bilderbuchs (→ Kapitel 2.3) gehörende Grüffelo-Fühlbilderbuch (2012); in intermedialer, die Mediengrenzen des Bilderbuchs überschreitender Relation stellen sich entsprechend Film, Hörspiel und Theaterstück dar. Eine zweite Entwicklungslinie dieses Medienverbunds nimmt ihren Anfang mit der fünf Jahre später erscheinenden Fortsetzung Das Grüffelokind (engl. The Gruffalo’s Child), die inhaltlich direkt an die originäre Erzählung anknüpft: So macht sich das Grüffelchen des Nachts aus Langeweile auf die Suche nach der Maus, vor welcher der Vater sie eindringlich gewarnt hat. Nachdem das Kind verschiedene Waldbewohner kennengelernt hat, trifft es am Ende auf die Maus- - und da letztere in ihrer kleinen, wenig gefährlich wirkenden Erscheinung den Geschichten des Grüffelo nicht ähnelt, will das Grüffelokind die Gesuchte verspeisen. Die Maus rettet sich jedoch, indem sie im Mondlicht mit Hilfe ihrer Pfoten schreckliche Schatten eines großen, fürchterlichen Tiers auf den Schneegrund wirft. Die Erzählung endet dort, wo sie angefangen hat: In der Höhle des Grüffelo, in die das Kind zu seinem Vater flüchtet. Medienverbund des Grüffelo <?page no="45"?> 45 2.4 Das Bilderbuch im Medienverbund Auch diese Erzählung überschreitet Mediengrenzen und wird als Film (2011) und auch als Hörspiel adaptiert. Zusammengeführt werden die beiden Linien des Verbunds nicht nur in Veröffentlichungen, die beide Erzählungen beinhalten, sondern auch in der vierbändigen Reihe Mein erster Grüffelo von 2012, die Figuren und Elemente aus beiden Bilderbüchern enthält. Die Bilderbücher (Farben, Gegensätze, Geräusche und Bewegungen und Zahlen) sind Frühe-Konzepte-Bücher (→ Kapitel 2.1) und richten sich, nach Verlagsangabe, an Kleinst- und Kleinkinder ab einem Alter von 10 Monaten. Zu einem Medienverbund kann ein entsprechender Verbund aus Merchandising 4 -Produkten, wie eingangs mit Kuscheltier, Bettwäsche und Brotdose beschrieben, gehören; Konsum, so schreibt Heinz Hengst, ist den Kindern zur zweiten Natur geworden: Die Konsumlaufbahn aller Kinder beginnt dabei bereits im Babyalter (Hengst 2002). Um einen Medienverbund zu entwickeln und ihn an die Konsumlaufbahn zu koppeln, braucht es einen originären Text, der ein hohes Vermarktungspotential aufweist. Bernie Loomis prägte hierfür in den 70er Jahren, zu dieser Zeit Präsident von Kenner, dem wichtigsten Hersteller von Star Wars-Spielzeug, den Begriff toyetic. Dieser drückt aus, dass ein narrativer Text so konzipiert ist, dass er „zur spielerischen Inszenierung unter Einsatz von viel Spielzeug“ (Hengst 2007: 25) einlädt. Dan Fleming beschreibt die Faktoren, die Star Wars toyetic machen, wie folgt: The imaginary universe was in many ways comfortably familiar: there were spaceships like fighter aircraft, animals that were either monsters or cuddly friends, robots which were perennially popular toys, and a clear thematic core which kept it all 4 Der Begriff Merchandising findet zum ersten Mal im Kontext von Walt Disneys Filmproduktionen Verwendung; hier bezeichnet er die Verwertung von so genannten „tieins“, von Begleitprodukten, zu den erfolgreichen Figuren Walt Disneys. Bedeutung erlangt der Begriff vor allem seit George Lucas‘ Star Wars-Filmen (1977-2008), die sich „[n]och mehr als durch ihren globalen Erfolg an der Kinokasse- […] durch ihre Zweitvermarktung [auszeichnen], die weit über das Medium Film hinausgreift und in diesem Falle erstmals in solch umfassender Form praktiziert werden konnte“ (Prentler 1989: 149). In der Zeitschrift Cinema wird Merchandising zu dieser Zeit wie folgt definiert: „Der Inhaber eines Copyright (an einem Titel, einem Namen, einem Design etc.) berechtigt eine Zweitfirma durch einen Lizenzvertrag dieses Copyright in einem Fremdprodukt zu verwerten. Der Inhaber des Copyright erhält prozentuale Gewinn- oder Umsatzbeteiligung am Fremdprodukt“ (Prentler 1989: 152). Merchandising <?page no="46"?> 46 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung organised. That core can be described, somewhat clumsily perhaps, as the theme of context-bound self-realisation against the odds, the contexts being a ‚rainbow coalition‘ of different interests (human and non-human) and an environment of useful but subservient technology-[…] (Fleming 1996: 94 f.). Nicht alle diese Faktoren sind auf den originären Text des Grüffelo-Bilderbuchs übertragbar, doch kann beispielsweise die erzählte Welt mit ihrem Figurenarsenal als „comfortably familiar“ gelten: So dürfte der Wald mit den Tieren als „cuddly friends“, von denen insbesondere Fuchs, Eule und Schlange aufgrund ihrer Ikonographie als Tiersymbole bereits den Kleinsten bekannt sein. Was Fleming als Handlungskern bezeichnet, als-- wie er an anderer Stelle ausführt-- eine „lose Koalition von Außenseitern,- […] die gegen das Reich des Bösen mobil machen“ (Hengst 2007: 25), findet sich nicht nur als Motivkonstellation in vielen Klassikern der Kinder- und Jugendliteratur, sondern auch hier: Die kleine Maus nimmt aufgrund ihrer offensichtlich gezeichneten Unterlegenheit eine Außenseiterposition ein, aus der sie das Böse in Gestalt des Monsters besiegt. Auf der Handlungsebene kommt dieser „thematic core“ mit wenigen Figuren aus und baut sich, dem Märchen ähnlich, in jeweils drei „scharf getrennten Stationen“ (Lüthi 2005: 29) auf und ab. Das Außenseitertum der Mäuse-Protagonistin, das sich im Handlungsverlauf zu einem Auserwähltentum entwickelt, bietet Identifikationspotential für die kleinen Rezipienten, was einen weiteren Faktor darstellt. Zu diesem gehören auch Charakteristika und Verhaltensweisen, die der Lebenswelt der Rezipienten entnommen sind und damit weiteren Raum für Identifikation bieten. Die Struktur des ersten Medienverbundtyps ist linear und hierarchisch auf den Originärtext aufgebaut. Analog zu einem Rhizom als Wurzelsystem, das keine Hauptwurzel hat und in dem zwischen allen Knoten Verbindungen hergestellt werden, wird in einem Medienverbund im Zuge seiner Entwicklung immer weniger auf diesen originären Text zurückgegriffen, weist die Organisation des Verbunds keine vertikale, streng hierarchische Struktur mehr auf. Der Rhizombegriff stammt aus der Botanik; er geht zurück auf das heute als klassisch geltende, zentrale Konzept des Poststrukturalismus und der Postmoderne, das Gilles Deleuze und Félix Guattari Ende der 70er Jahre entwickelt haben. Danach kann ein Rhizom „die verschiedensten Formen annehmen, von der Verästelung und Ausbreitung nach allen Richtungen an der Oberfläche bis zur Verdichtung in Knollen und Knötchen“ (Deleuze & Guattari 1977: 11). Organisation eines Medienverbunds <?page no="47"?> 47 2.4 Das Bilderbuch im Medienverbund Ursprünglich stammt der Begriff aus der Botanik; hier bezeichnet er ein meist horizontal wachsendes Wurzelsystem, das keine Hauptwurzel hat und in dem zwischen allen Knoten Verbindungen hergestellt werden. Medien und Medienprodukte entstehen aus der Vielheit der entwickelten (narrativen) Merkmale und stehen in intra- und / oder intermedialen Verbindungen. Deleuze und Guattari bezeichnen diese Rhizomeigenschaften als Prinzipien der Konnexion und Heterogenität: „Jeder beliebige Punkt eines Rhizoms kann und muß mit jedem anderen verbunden werden“ (Deleuze & Guattari 1977: 11). Ein weiteres Merkmal des Rhizoms, das hier gleichfalls zur Geltung kommt, ist das Prinzip des asignifikanten Bruchs: „Ein Rhizom kann an jeder beliebigen Stelle gebrochen und zerstört werden; es wuchert entlang seinen eigenen oder anderen Linien weiter“ (Deleuze & Guattari 1977: 16). Als Beispiel dafür können die Frühe-Konzepte-Bücher dienen, die nur noch auf ausgewählte Figuren des originären Textes zurückgreifen und mit der eigentlichen Erzählung dessen nichts mehr gemein haben. Der zweite Medienverbundtyp ist hingegen von Beginn an rhizomatisch strukturiert, ist alinear und ahierarchisch organisiert, wie z. B. bei Magic-- The Gathering, einem 1993 erschienenem Sammelkartenspiel von Richard Garfield. In dem Spiel übernehmen zwei oder mehrere Spieler die Rollen von sich duellierenden Zauberern; diese reisen, so die Spielgeschichte, als so genannte Planeswalker durch die verschiedenen fantastischen Welten eines Multiversums, wo sie ihr Wissen in Form von u. a. Zaubersprüchen erweitern. Die Karten, mit denen sich die Spieler messen, repräsentieren ihr Wissen als Weltenwanderer. Das Bilderbuch wird im und durch den Medienverbund definiert und unterliegt intermedialen Einflüssen (→ Kapitel 3.5.4); es lässt sich nicht mehr nur als Medium aus Bild- und Schrifttext fassen, sondern ist auch durch seine elektronischen Erweiterungen (→ Kapitel 2.3) und durch seine (medialen) Entgrenzungen (→ Exkurs Mediale Entgrenzungen) zu bestimmen, durch die es beeinflusst und verändert wird: Werden zu einem Werk unterschiedliche Medien genutzt, Filme gesehen und dazugehörige Bücher gelesen, Hörspiele gehört und ggf. auch passende Computerspielangebote gespielt, ist die entstehende Vorstellung des literarischen Werkes nicht nur von einer medialen Gestalt geprägt, sondern Ergebnis einer vielfältigen und vielschichtigen Collage unterschiedlicher Adaptionsformen und ihrer technologischen Möglichkeiten; sie ist nicht zuletzt auch geprägt von Brüchen, Widersprüchen und Gegensätzen. (Ritter & Ritter 2014: 9) <?page no="48"?> 48 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Greifbar wird diese „Collage“ durch ihre intermedialen Relationen, die mehrdirektional und wechselseitig erfolgen: „[K]ein Medium [hat] Sinn oder Sein aus sich allein-[…], sondern nur aus der ständigen Wechselwirkung mit anderen Medien“ (McLuhan 1995: 50). Zu diesem Verbundsystem gehören jedoch ebenso die Merchandising-Produkte, die wie die Medien zum einen zur ästhetischen, narrativen und medialen Ausgestaltung des Verbundsystems beitragen, zum anderen die Rezeption beeinflussen: Ein Kind nimmt den originären Text eines Medienverbunds anders wahr, wenn es die filmische Adaption gesehen hat-- die Rezeption verändert sich aber ebenso, wenn es mit der Hauptfigur als Action-Figur gespielt hat. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Im Lexikon des Kinder- und Jugendfilms (2013), im Handbuch der Kinder- und Jugendliteratur (2020) und in der Fachzeitschrift kjl&m (2017, 2019) habe ich Beiträge zum Medienverbund veröffentlicht, die den Begriff aus inter- und transmedialer Perspektive definieren und als Basis für dieses Kapitel dienten. ▶ Beiträge zum Medienverbund finden sich weiter sowohl in Kinder- und Jugendliteratur-- Ein Handbuch (2011) sowie im Taschenbuch der Kinder- und Jugendliteratur ( 4 2005). Der Text von Petra Josting im Handbuch bestimmt den Begriff über verschiedene Zugänge und liefert vor allem eine kurze Literaturgeschichte des Medienverbunds der Kinder- und Jugendliteratur. ▶ Der Sammelband Kinder- und Jugendliteratur in Medienkontexten (2014), herausgegeben von Gina Weinkauff, Ute Dettmar, Thomas Möbius und Ingrid Tomkowiak, sammelt in der Rubrik Medienverbünde und ihre Auswirkungen auf das kinderliterarische Symbolsystem einige Beiträge zum Thema und zu spezifischen Verbundsystemen wie bspw. dem Sams von Paul Maar. ▶ Eine wichtige Veröffentlichung stellt die extra-Ausgabe der Fachzeitschrift kjl&m mit dem Titel Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund (2007) dar: Die von Petra Josting und Klaus Maiwald besorgte Ausgabe geht in verschiedenen Teilen auf Grundlagen, einzelne Kinder- und Jugendmedien im Verbund wie auch auf pädagogische und didaktische Implikationen des Medienverbunds ein. <?page no="49"?> 49 2.5 Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945 2.5 Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945 1950er und 1960er Jahre Nach 1945 tritt die Entwicklung des Bilderbuchs, ähnlich wie bei den anderen Gattungen der Kinder- und Jugendliteratur, zunächst in eine restaurative Phase, die eine „Rückwendung zum konventionellen Inventar und Ton der deutschen Kinderstube“ (Giachi 1973: 358 f.) zeitigt. „Man wollte im Bilderbuch“, schreibt Willi Weismann, „die glückliche Kindheit retten und eine heile Welt vortäuschen, um ja nicht mit den Ereignissen der Zeit zu konfrontieren“ (Weismann 1980, IX ). Viele der alten, von den Besatzungsmächten wieder zugelassenen Verlage greifen infolgedessen auf ihre Vorkriegsbestände zurück oder veröffentlichen, wie die wenigen, neugegründeten Verlage, Bilderbücher mit inhaltlich sowie künstlerisch Bewährtem. Demgemäß finden sich zahlreiche Bücher, die einer schlichten und konservativen Vorstellung von Kindgemäßheit und dem „Bedürfnis nach einer gefälligen Stilisierung und Verklärung des Erfahrungshorizontes von Kindheit und Familie“ (Weinkauff / von Glasenapp 2018: 173) entsprechen; es sind ‚kindertümliche‘ Titel und Werke wie Meine Hemden-Mätze purzeln durchs Jahr (1946) von Inge Klingbeil, Dörte Gayots Marlis will nicht zur Schule gehen (1946) oder Elfchens Geburtstag (1948) von Bärbl Bauer. Bauers Bilderbuch erzählt von verschiedenen Elfen und ihren tierischen Begleitern, die dem Elfchen Silberhaar zu ihrem siebten Geburtstag gratulieren. Es besteht aus 14 Doppelseiten, die jeweils rechte Seite enthält den Schrift- und Bildtext; das Verhältnis des Textes zu den monoszenischen Bildern ist parallel bzw. symmetrisch (→ Kapitel 3.5.3). Die Illustrationen verhalten sich damit zum auktorial erzählten Text redundant: Wenn Urselchen und Elfengrete „anmarschieren“, um zu Elfchens „Wiegenfest“ zu kommen (Bauer 1948: 7), dann zeigt der Bildtext in Wasserfarben eben dies-- und kaum mehr bzw. weniger (Abb. 2.12). Die Handlung wird auf Ebene des Verbaltextes in Paarreimen in Endreimstellung erzählt; sowohl diese Erzählform als auch der Inhalt sind typisch für die Nachkriegszeit: Die Verknüpfung von Kind und fantastischer Natur sowie die stilisierten Figuren und anthropomorphisierten Tierwesen entsprechen dem Zeitgeist ebenso wie der offen zutage tretende pädagogische Duktus. So reflektieren die Bilderbücher bis in die 1950er Jahre hinein weniger die kindliche Perspektive als vielmehr wünschenswerte Verhaltensweisen- - oder belehren direkt. Entsprechend „schleppen“ Ruth und Inge schwer an dem <?page no="50"?> 50 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Abb. 2.12 und 2.13: Elfchens Geburtstag (Bauer 1948, 2 und 8) <?page no="51"?> 51 2.5 Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945 Gänseblümchen-Busch, den sie Elfchen zum Geburtstag schenken- - „doch beide haben sich gedacht, dass er sicher Freude macht“ (Abb. 2.13). Und ein Häschen, wie von Silberhaar „befohlen“ (Bauer 1948: 6), bringt Klaus, der gerade vom Spielen kommt, zum Fest. Diese implizite Vermittlung von altruistischem Verhalten und Gehorsamkeit wird weiter um die explizite Vermittlung von deklarativem Wissen ergänzt: Jeder Gast bringt dem Geburtstagskind eine Pflanze mit, deren Name im Text enthalten und typographisch durch blaue Schriftfarbe hervorgehoben wird. Abgesehen von diesen Büchern veröffentlichen die Verlage Neuauflagen ihrer bis dato erfolgreichen Bilderbücher. Die Gründe dafür sind im Beschriebenen zu suchen, im Festhalten am Konventionellen, im Rückzug in die oktroyierte Idylle der Kinderstube; zudem vergeben die Behörden der Besatzungsmächte zum Teil restriktiv ihre Lizenzen und zensieren streng. Abgesehen von den genannten Faktoren spielen wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle: Bereits kommerziell erfolgreiche Bücher versprechen die Sicherheit zukünftiger Einnahmen, dazu entstehen den Verlegern zumeist keine neuen Honorarkosten für Autoren und Illustratoren, da diese üblicherweise pauschal bei der Erstveröffentlichung bezahlt werden. Derartige ökonomische Erwägungen waren für die Verlage vor allem nach den Währungsreformen 1948 von Bedeutung, da die Käufer hiernach jeden Pfennig der neuen Währungen zweimal umdrehten. Zu den Bilderbüchern, die direkt nach dem Krieg neu aufgelegt werden, zählen u. a. 1946 Hänschen im Blaubeerwald (Elsa Beskow 1920), 1947 Die Häschenschule (Fritz Koch-Gotha (Bild), Albert Sixtus (Text) 1924) und 1949 Etwas von den Wurzelkindern (1906) von Sibylle von Olfers. Diese heute als klassisch geltenden Bücher sind geprägt durch die Einflüsse, die der Jugendstil und die Kunsterziehungsbewegung ausübten. Einer der wichtigsten Illustratoren dieser Stilepoche ist der Schweizer Ernst Kreidolf, jener „Nachfahre der Romantik mit der Formensprache des Jugendstils“, dessen „bildliche Überzeugungskraft“ (Künnemann 1984: 255) in Gestalt von vermenschlichten Blumen und Tieren sich auch noch deutlich in den Bilderbüchern von z. B. Klingbeil und Bauer nachweisen lässt. Die Entwicklung einer modernen Bilderbuchkultur vollzieht sich in der Bundesrepublik und in der DDR später als in Ländern wie u. a. Großbritannien, Japan oder den USA , wo diese bereits nach Ende des Krieges ihren Anfang nimmt: In der BRD sind es Illustratoren wie Gerhard Oberländer, Marianne Baumann-Scheel, Marlene Reidel und Reiner Zimnik, in der DDR Werner Klemke, Hans Baltzer, Eberhard Binder und Elizabeth Shaw, die Mitte der <?page no="52"?> 52 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung 1950er Jahre Maßstäbe setzen, die zu Orientierungspunkten für die gesamte Bilderbuchproduktion dieser und zukünftiger Jahre werden (Künnemann / Müller 1984: 168). Die Bilderbücher dieser Zeit sind in Westdeutschland Ausdruck einer Literatur, die an die kindliche Weltsicht und Erlebnisperspektive einer seit der Romantik geforderten Autonomie der Kindheitsphase anknüpft (Kümmerling- Meibauer 2001: 1586). In der Kinderliteratur Ostdeutschlands erscheint das „als Unmöglichkeit“ (Richter 1995: 134), wie Karin Richter schreibt; hier werden Kinder in die Gesellschaft der Erwachsenen integriert, wird kindliches Leben in die dominanten gesellschaftlichen Prozesse eingebunden. Bis in die 1970er Jahre sind inhaltlich für die sozialistische Bilderbuchkunst Tendenzen kennzeichnend, die Heinz Kuhnert wie folgt zusammenfasst: „Der Weg vom Einzelkind als Mittelpunktsfigur zur Gestaltung kollektiver Beziehungen; von inaktiver Anpassung an Normen zu selbständigem und verantwortungsbewußtem Handeln; von der Abschreckung durch Darstellen des Negativen zur aktivierenden Aufforderung an den Leser oder der Weg weg von einer idyllisierten Kinderwelt zur historisch-konkreten Realität.“ (Kuhnert 1976: 12) Ästhetisch setzen sich in diesen Jahren neue künstlerische Stile und Merkmale durch, die ihre Ausprägungen in der Verwendung verschiedener Buchformate und Layoutkonzeptionen, Typographien sowie Bild-Text-Interdependenzen finden (Kümmerling-Meibauer 2012a: 69). So kombiniert Oberländer beispielsweise in seinem 1956 erschienenen Bilderbuch Pienchen mit hartem „P“ nicht nur parallele bzw. symmetrische Interdependenzen von Bild und Text mit komplementären Relationen, sondern schafft mit seinen Illustrationen auch einen neuen Stil: Mit wenigen „eigentümlich spritzigen“ (Giachi 1973: 3586) Feder- oder Kugelschreiberstrichen erfasst Oberländer das Wesentliche, das er mit nur wenig Farbe akzentuiert (Abb. 2.14 und 2.15). Reminiszenzen an die Gebrauchsgraphik der 1950er Jahre sind ebenso Bestandteil seines Stils wie Anleihen an den Comic (Abb. 2.15), der zu dieser Zeit auch in der BRD reüssiert: 1950 findet sich das erste Superman-, 1951 das erste Micky-Maus-Heft an den Kiosken. In den 1960er Jahren erscheinen in der BRD vermehrt Bilderbücher aus dem Ausland; es sind vor allem Bücher von US -amerikanischen Künstlern wie Eric Carle, Leo Lionni und Maurice Sendak, deren Einflüsse deutliche Spuren hinterlassen-- inhaltlich wie narratoästhetisch. Im Gegensatz zu vielen anderen (Bilderbuch-)Geschichten, in denen à la Struwwelpeter (Heinrich Hoffmann 1845) auf das beispielhafte ‚Vergehen‘ einer <?page no="53"?> 53 2.5 Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945 zumeist typisierten Kinderfigur die ebenso beispielhafte Strafe oder aber ein Schicksalsschlag folgt, geht es in Sendaks Wo die wilden Kerle wohnen nicht um die erzieherische Maßnahme, sondern um die Betroffenheit des Kindes ob dieser. Daraus entwickelt sich Max‘ Traum vom Land der wilden Kerle, in dem sich die „psychische Reaktion auf die schmerzliche Erfahrung fort[setzt], wie sich ihm auch visuelle und psychische Reize aus der unmittelbaren Umgebung des Jungen einverwandeln“ (Tabbert 1987: 26). Narratoästhetisch werden die Bilderbücher dieser Zeit von Kunstströmungen und -richtungen wie der abstrakten Kunst und der Pop-Art, von zeitgenössischen Entwicklungen der Massenmedien und des Designs beeinflusst. In der DDR erscheinen-- bis auf wenige Ausnahmen wie Bilderbücher von Janosch oder Lilo Fromm-- keine Werke aus dem westlichen Ausland (Kuhnert 1976: 81); ihr Einfluss bleibt entsprechend marginal. Abgesehen von Illustratorinnen und Illustratoren wie Werner Klemke, Eberhard Binder und Elizabeth Shaw, die in den 1960er Jahren den Höhepunkt ihres Schaffens erreichen, tritt eine neue Generation an, die in der DDR herangewachsen ist und die Kinderbuchillustration wesentlich prägen wird, zu dieser zählen u. a. Künstler wie Klaus Ensikat, Konrad Golz oder Gerhard Lahr (Bode 2006: 858). 1970er und 1980er Jahre Anfang der 1970er Jahre zeichnet sich ein Paradigmenwechsel in der Kinder- und Jugendliteratur ab, dem ein anderes, neues Verständnis von Kindheit zugrunde liegt: Kinder (und Jugendliche) werden nicht mehr als ‚andere Wesen‘ betrachtet, die in einer eigenen Welt, getrennt vom modernen und proble- Abb 2.14 und 2.15: Ausschnitte aus Pienchen mit hartem „P“ <?page no="54"?> 54 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung matischen Dasein der Erwachsenen, leben. Entsprechend sollen sie aus den gesellschaftlichen Schonräumen in die Wirklichkeit und Widersprüchlichkeit der modernen Industriegesellschaft geholt werden (Weinmann 2011: 30); Emanzipation und die gleichberechtigte Teilhabe an der Welt der Erwachsenen sind die programmatischen Forderungen der neuen Autoren. Die Folgen sind eine Enttabuisierung bisher ausgesparter Themenbereiche, wodurch die problemorientierte Kinder- und Jugendliteratur entsteht, in der „die Krise des Einzelnen in Bezug auf seine Umwelt oder die Innenwelt einer einzelnen Person, vor allem des Kindes, in seiner Bedrohung und Gefährdung“ (Kaminski 1990: 321) Gegenstände sind. Wenngleich sich diese Entwicklung motivisch und thematisch vor allem im Kinder- und Jugendroman findet, erscheinen dennoch auch viele problemhaltige Bilderbücher. In der BRD thematisiert Martin wünscht sich einen Freund (Steven Kellogg 1973) die Vernachlässigung eines Kindes durch die alleinerziehende Mutter, die zeit- und kräftezehrend für den Lebensunterhalt sorgen muss, im Zentrum von In der Dachkammer brennt noch Licht (Rüdiger Stoye 1973) steht ein alter Mann, den seine Krankheit von der Gesellschaft isoliert, im Guten Tag Buch (Walter Schmögner 1974) geht es um Tod und Erinnerung, Selim und Susanne (Ursula Kirchberg 1978) hat Migration und Integration zum Thema. Dieser Paradigmenwechsel findet in ähnlicher Weise auch in der DDR statt, wenngleich die Entwicklungen in den beiden Literaturen unterschiedlich verlaufen. Einen Berührungspunkt sieht Richter in der Zeichnung einer „‚Kindheit des Daseinsernstes‘, die in der KJL der DDR zunehmend als bedrohter Raum charakterisiert wird“ (Richter 1995: 295)-- wie z. B. in Karlchen Duckdich (Werner Klemke (Bild), Alfred Wellm (Text) 1977). In der Erzählung muss der Protagonist durch einen Umzug der Familie Abschied nehmen von der ihm vertrauten Umwelt, von dem kleinen Dorf, „in dem er jeden Menschen kannte“ (Klemke / Wellm 1977: 60). In der großen Stadt, in der unüberschaubaren und auch undurchschaubaren neuen sozialen Umgebung findet er keinen Platz, gelingt keine Ankunft (Lüdecke 2002: 449). In Westdeutschland spielen für diesen Paradigmenwechsel die politisch links orientierten Studentenbewegungen Ende der 1960er Jahre eine wichtige Rolle; die politischen Positionen der Bewegungen lassen sich in einem ideologischen Dagegen konzentrieren: „Gegenposition wurde bezogen zum Vietnam-Engagement der Amerikaner, gegen die Herrschaft des Schahs in Persien, gegen das Etablierte und am Herkömmlichen Haftende in der BRD .-[…] gegen den Fetisch Familie und gegen autoritäre Erziehung, gegen Anpassung und po- <?page no="55"?> 55 2.5 Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945 litische Bewußtlosigkeit, gegen Vereinzelung, gegen Triebverzicht, gegen den politischen Einfluß wirtschaftlicher Kräfte,-[…] gegen die Entfremdung durch Arbeit.“ (Künnemann 1974: 83) Dieses Dagegen realisiert sich in der Pädagogik in der antiautoritären, später emanzipatorischen Erziehung und findet in der Kinderladenbewegung ihre Institutionalisierung. Beispiele für Bilderbücher dieses linksalternativen Spektrums sind Fünf Finger sind eine Faust (1970) von Brigitte Wengoborski oder Die Roten Bremer Stadtmusikanten (1975); abgesehen von diesen Kollektiven leistet insbesondere Friedrich K. Waechter mit dem Anti-Struwwelpeter (1969) einen wesentlichen Beitrag, indem er „Gegenmodelle entwickelt, die weniger eine konsumierende Haltung bei Kind und Eltern, als vielmehr Widerspruch, Streitfreudigkeit und Provokation anzielen“ (Künnemann 1973: 425). Die Struwwelpetriade folgt dem Inhalt und der Sprache von Hoffmanns Original, kehrt die pädagogische Intention dessen aber ins Umgekehrte. Zu den Bilderbüchern dieser Jahre gehören auch diejenigen, in denen von der Umwelt und ihrer Zerstörung erzählt wird. Sie reflektieren in der BRD die zunehmende Sensibilisierung der Gesellschaft für die Natur und ihren Schutz, die Anfang der 1970er Jahre in zahlreichen Bürgerinitiativen gipfelt: 1972 wird der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz ( BBU ) gegründet, 1975 der Bund für Umwelt und Naturschutz ( BUND )-- zwischen diesen Jahren erscheint das Bilderbuch Alle Jahre wieder saust der Preßlufthammer nieder oder Die Veränderung der Landschaft (1973) des Schweizer Künstlers Jörg Müller. Das Buch ist eine Mappe mit sieben ausklappbaren, großformatigen Bilderbogen, welche die Veränderungen einer fiktiven Landschaft im Verlauf von 20 Jahren zeigen: Aus einer rural geprägten Dorfsiedlung mit Feldern und Wiesen wird eine Stadt mit Fabriken und Einkaufszentren. Für die dokumentarisch verhaltene, sachliche Darstellungsweise erhält Müller 1974 den Deutschen Jugendliteraturpreis. Von einzelnen Innovationsschüben abgesehen, bleibt die Entwicklung des Bilderbuchs in den 1970er Jahren in ihrer Ausrichtung weithin traditionell, so dass sich „weniger von Traditionsbrüchen sprechen lässt, als von einem Nebeneinander traditioneller und moderner Formen, Inhalte und Funktionen“ (Weinkauff / von Glasenapp 2018: 175); diese modernen Formen umfassen in der BRD naturalistische Darstellungsweisen sowie Spielarten eines fantastischen, expressiven Realismus und des Surrealismus (Bode 2006: 870 f.). Neben den traditionellen entwickeln sich im Osten moderne Ausdrucksformen wie ein groteskes Element, das sich z. B. in den Bilderbüchern von Ruth Mossner oder Hans Ticha zeigt, weiter die Karikatur (Manfred Bofinger, Gerhard Lahr) <?page no="56"?> 56 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung und eine besondere Form graphisch surrealer Erfindungen (Gisela Neumann, Egbert Herfurth) (Bode 2006: 871). Eine deutliche Zäsur in der literarhistorischen Entwicklung des Bilderbuchs lässt sich Mitte der 1980er Jahre verorten und sich mit dem Begriff der Postmoderne in Verbindung bringen. Sie zeitigt nach Reinhart Koselleck eine Asymmetrie zwischen der Vergangenheit als Erfahrungsraum und der Zukunft als Erwartungshorizont, woraus sich die in der Moderne auf ein Minimum verengte Gegenwart zu einer breiten „Gegenwart der Simultaneitäten“ (Gumbrecht 2007: 137) ausdehnt: Diese Gegenwart ist eine Dimension des Erlebens, Verhaltens und Handelns, in der Vergangenheit als beständig abrufbar, reproduzierbar zur Verfügung steht, während Zukunft als ungewiss und oft bedrohlich erlebt wird (Gumbrecht 2007: 137). Die Reproduzierbarkeit von Vergangenheit konkretisiert sich in vielen Bilderbüchern als Kunstzitate. Diese interpiktoralen Verweise können in Einzelbild- und Systemreferenzen unterschieden werden. Ein Beispiel für eine Einzelbildreferenz ist das Titelbild (vgl. Abb. 2.16) aus Sendaks Als Papa fort war, das Philipp Otto Runges wohl bekanntestes Gemälde (Abb. 2.17) von den Hülsenbeckschen Kindern zitiert (1805-1806). Andere und weitere Bildreferenzen finden sich im Werk Anthony Brownes, der wie Sendak die Entwicklung des westdeutschen Bilderbuchs nachhaltig beeinflusst hat; in Willi der Grösste (Willy the Champ; 1985) nimmt der britische Illustrator auf verschiedene Bilder von Rene Magritte Bezug, wie u. a. auf Le Blanc-Seign (1965) oder Les enfants trouvés (1968). Interpiktoriale Systemreferenzen sind hingegen Bezugnahmen auf u. a. Kunstgattungen, auf Epochen, Abb. 2.16 und 2.17: Titelbild aus Als Papa fort war (Sendak 1984) und Philipp Otto Runges Die Hülsenbeckschen Kinder (1805-1806) <?page no="57"?> 57 2.5 Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945 Strömungen oder Stile. Wenngleich sich die literarhistorische Entwicklung des Bilderbuchs in der DDR nur eingeschränkt mit dem Begriff der Postmoderne charakterisieren lässt, zeigen sich auch in ostdeutschen Bilderbüchern derartige Tendenzen in Form von Einzelbild- und Systemreferenzen. Als Beispiele können Jules Ratte (Peter Hacks (Text) 1982) sowie Daidalos und Ikaros (Gerhard Holtz-Baumert (1984)) aus dem Werk Ensikats dienen. In beiden Bilderbüchern integriert der Illustrator, der in den 1980er Jahren endgültig zu einem internationalen Aushängeschild für die Bilderbuchkunst der DDR wird, Zitate aus Ärchäologie, Kunst- und Baugeschichte (Bode 2006: 882) Diese Referenzen bedienen jedoch nicht die Sehnsüchte nach Überschaubarkeit wie die genannten idyllischen, oft rural geprägten Bilderwelten Heines, Janoschs oder Erwin Mosers zu Beginn der 1980er Jahre, jener „Zeit des Eintritts in die Mediengesellschaft“ (Hurrelmann / Becker / Nickel-Bacon 2006: 292). Eben dieser Eintritt läutet einen „signifikanten Wendepunkt“ (Oetken 2015: 42) in der westdeutschen Kinder- und Jugendliteratur ein: „Die neuen Medien, zunächst vor allem in Gestalt des Fernsehens, verdrängen die Printmedien aus ihrer Zentralstellung. Die Bildmedien avancieren zu Leitmedien des öffentlichen Diskurses und beginnen, die gesellschaftliche Wissenskultur wie den privaten Alltag zu durchdringen.“ (Hurrelmann / Becker / Nickel-Bacon 2006: 292) Mitte der 1980er Jahre differenziert sich das Fernsehen als uneingeschränktes Leitmedium durch das Privatfernsehen in Westdeutschland weiter aus. Dies hat in verschiedener Hinsicht weitreichende Konsequenzen für die Zuschauer, die von der zunehmenden Kommerzialisierung des Angebots über neue Serien- und Filmformate US -amerikanischer und asiatischer Provenienz bis zur konsequenten Vermarktung von Stars und dem Kult um diese reicht. 1990er Jahre Der zunehmende Einfluss der Medien im Allgemeinen und des Fernsehens im Besonderen kennzeichnet die 1990er Jahre im wiedervereinigten Deutschland. Eine Verarbeitung dieser medialen Entwicklung findet sich bereits 1989 in Jörg Müllers und Jörg Steiners Bilderbuch Der Aufstand der Tiere oder die neuen Stadtmusikanten (→ Kapitel 3.5.2.1.2). Auf anderer Ebene verarbeitet Wolf Erlbruch, der mit Jutta Bauer, Rotraut Susanne Berner und Nikolaus Heidelbach zu den wichtigsten Bilderbuchkünstlern dieser Jahre gehört (Mikota 2016: 5), seine Perspektive auf den Medien- und Fernseheinfluss, auf den „idiotischen, kategorischen Wechsel von Kindern und auch vieler Erwachsener vom Buch zum Bildschirm“ (Erlbruch 2004: 19): Mit <?page no="58"?> 58 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung Hilfe einer „ausgeprägten Materialität“ seiner Papiere und Zeichnungen setzt er „Kontrapunkte zu der immateriellen-[…] visuellen Kultur“ (Oetken 2015: 45). In seinem Bilderbuch Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat montiert er „verschroben-groteske Tierfiguren als sperrige Kreidezeichnungen auf Packpapier offen und unvermittelt in einen weitestgehend leeren, flächigen gelblich-weißen Bildraum. Der Kreidestrich auf dem rauen Packpapier verleiht den ausgeschnittenen Figuren eine fast haptische Materialität, insbesondere in Kontrastsetzung zur neutralen weißen Bildfläche.“ (Oetken 2015: 45) Abgesehen von dieser Collagetechnik zeichnen sich auch die Bilderbücher Erlbruchs durch ihre Intertextualität bzw. Intermedialität aus. In Nachts, einem Buch, das der Künstler 1999 für die niederländische Kinderboekenweek entwirft, geht ein Vater mit seinem nicht zur Ruhe kommenden Sohn Fons durch die Nacht; der Bildtext weist unzählige Verweise auf: So erinnert ein Gorilla, den Fons auf einer Abbildung an der Hand hält, an King Kong aus dem Film von Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack von 1933, an manche Selbstporträts Erlbruchs und an die Figuren Brownes (Weinkauff / von Glasenapp 2018, 178). Weiter wird Lewis Carolls Klassiker der fantastischen Literatur aus dem Jahr 1865 referenziert: Entsprechend findet sich Alice, die durch einen vom weißen Kaninchen gehaltenen Reifen schwebt, auf einer Doppelseite des Bilderbuchs. Intertextualität und vor allem Intermedialität sind mit Umberto Eco die termini ombrelli dieser Zeit. Sie beschreiben nicht nur das Verhältnis von Texten untereinander, sondern die in den 1990er Jahren „immer offenkundiger und allgegenwärtig zutage tretende Tendenz“, nach der sich mediale Ausdrucksformen und Gattungen als mediale Bezüge, durch Medienwechsel und in Medienkombinationen „aufeinander zu bewegen, sich mischen, gegenseitig durchdringen“ (Rajewsky 2002: 1) und aufeinander verweisen. 2000er Jahre Die „zunehmende Vernetzung“ des Bilderbuchs mit „immer weiteren Medien“ (Oetken 2008: 140), die in den 1990er Jahren ihren Anfang nimmt und bis in die Gegenwart reicht, führt zu einer Zunahme der im zweiten Exkurs beschriebenen medialen Entgrenzungen: Sie umfassen Adaptionen von Bilderbüchern als Hörspiele, Theaterstücke, digitale Bilderbücher sowie Filme. Ein bekanntes Beispiel ist die ‚Verfilmung‘ von Weißt Du eigentlich wie lieb ich Dich hab? (Sam <?page no="59"?> 59 2.5 Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945 McBratney und Anita Jeram, Guess How Much I Love You 1994), die Steve Moltzen besorgte. Von dem populären, erfolgreichen Bilderbuch gibt es nicht nur eine filmische Adaption in Form einer Animationsserie; die Erzählung ist auch in anderen Medientexten realisiert. So finden sich nicht nur ein Leporello und ein Pop- Up-Bilderbuch auf dem Markt, sondern auch ein Hörspiel, diverse Adaptionen für das (Puppen-)Theater sowie verschiedene Browsergames. Damit bildet das Medienensemble um den kleinen und den großen Hasen einen Medienverbund. Derartigen Medienverbünden ist ein serielles Erzählen eingeschrieben. Realisiert wird die narrative „Wiederholungskunst“ (Eco 2005: 85) syntagmatisch, d. h. als Beziehung zwischen verschiedenen Teilen eines Werks sowie als Erweiterung dessen durch Fortsetzungen und Adaptionen (vgl. Schlachter 2016: 101). Wenngleich serielles Erzählen in der Kinder- und Jugendliteratur mit der Entstehung der populärkulturellen Massenkultur seit Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitet ist, werden insbesondere seit der Harry-Potter-Welle (1997-2007) vermehrt Reihen für Kinder und Jugendliche veröffentlicht, die mit Birgit Schlachter „ein eigenes Subsystem“ (Schlachter 2016, 100) konstituieren. Das gilt auch für das Bilderbuch: Entsprechend finden sich verschiedene Bilderbücher in Serie, allen voran Sachbilderbuch-Reihen, die nicht zuletzt durch das schlechte Abschneiden deutscher Schüler bei den PISA -Studien in den Jahren 2000 und 2003 einen „wahre[n]- […] Boom“ (Grunert 2016: 91) erfahren. Ein Beispiel dafür ist die im Ravensburger Buchverlag erscheinende Reihe Wieso Weshalb Warum, die bis heute über 50 Einzeltitel führt und nicht selten mit mehreren Büchern auf den ersten Plätzen der einschlägigen Bestseller-Listen positioniert ist (Grunert 2016: 95). Die jeweils 16 Seiten umfassenden Pappbilderbücher richten sich an Kinder von zwei bis vier Jahren und arbeiten in Richtung Interaktivität mit Klapp-Elementen, die einen der wichtigsten Trends in dieser Sparte bezeichnen (Grunert 2016: 95). Interaktivität charakterisiert ebenso Rotraut Susanne Berners Wimmelbilderbuch-Reihe, die 2003 mit dem Winter-Wimmelbuch ihren Anfang nimmt. In den Bilderbüchern wird vom Leben in der fiktiven Stadt Wimmlingen erzählt, dabei entwickeln sich viele der über 80 Figuren sichtbar weiter: So geht ein Kindergartenkind ein Band später zur Schule, eine schwangere Frau fährt ihr Baby im folgenden Jahreszeitenbuch in einem Kinderwagen spazieren. Einzelnen Figuren bzw. Figurenensembles wie z. B. dem Buchhändler Armin (2011) oder Manfred und Elke (2012) sind mittlerweile einzelne Bände gewidmet, in denen in Paarreimen <?page no="60"?> 60 2 Das Bilderbuch-- Annäherungen an eine Buchgattung jahreszeitlich abgestimmt Wimmlinger Geschichten erzählt werden. Ähnlich wie bei Weißt Du eigentlich wie lieb ich Dich hab? sind diese Werke inzwischen Teile eines Medienverbunds, der sich nicht nur aus den fünf Wimmelbüchern in verschiedenen Formaten und den Wimmlinger Geschichten zusammensetzt, sondern auch unzählige Produkte vom Pop-Up-Bilderbuch über Puzzles und Kochbücher bis zum Nachtlicht enthält. Abgesehen von Sachbilderbüchern und Berners Wimmel-Werk prägen viele weitere Reihen die letzten Jahre; zu nennen sind u. a. die Garman-Trilogie (2005-2010) von Stian Hole, deren erster Band Garmans Sommer mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2010 ausgezeichnet wird, ebenso wie die Reihen Weltliteratur für Kinder (seit 2002) im Kindermann Verlag oder Das musikalische Bilderbuch (seit 1998) bei Ueberreuter. Wenngleich die letzten beiden Reihen in keinen Medienbzw. Produktverbünden organisiert sind, wird das Bilderbuch seit Ende der 1990er Jahre in und durch Medienverbünde definiert und unterliegt entsprechend intermedialen Einflüssen, zu denen als elektronische Erweiterung die Lesestifte gehören. Inhaltlich lesen und betrachten sich in den Bilderbüchern der 2000er Jahre Entgrenzungen, die-- ähnlich wie in anderen Kinder- und Jugendmedien-- vor allem im Spiel mit Genres und ihren Konventionen deutlich werden: „Since postmodernism found its way into Western art and thus also into children’s literature during the last decades of the twentieth century, these-[…] forms of mixing elements in the picturebook have stood out more and have become more challenging-[…].“ (van Lierop-Debrauwer 2018: 81) Es sind Dekonstruktionen von Genres, Genre-Mixes und Hybride aus zwei oder mehr Genres als relativ stabile Schemata oder Muster (Kammerer 2009: 105 ff.), bei denen „typische Formen und typische Inhalte“ zusammenkommen (Abraham / Knopf 2019: 4). Ein Genre, das seit 2011 sowohl für sich allein als auch in Kombination vermehrt Zuwachs an Bilderbüchern verzeichnet, ist die ‚Flucht-Literatur‘. Wenngleich das Phänomen Flucht die Menschheitsgeschichte schon immer begleitet hat, rückt es mit den Flucht- und Migrationsbewegungen im Zuge des Arabischen Frühlings und des Bürgerkriegs in Syrien in den Fokus. Dabei konstatiert es sich durch Elemente, die eine jede Fluchtbewegung umfasst; Flucht ist „[…]- eine individuelle Katastrophe für diejenigen, die Heimat, Familie, Zuhause aufgeben bzw. aufgeben müssen-[…]. Flucht bedeutet vor allem Verlust-- von familiären Bindungen und Sicherheit, von sozialen und kulturellen Bezügen, von Ordnungen und Orientierungen, nicht selten von Identität. Flucht <?page no="61"?> 61 2.5 Entwicklung des Bilderbuchs seit 1945 bedeutet auch oft hochriskante Mobilität, Aufenthalt in transitorischen Räumen und immer wieder die Hoffnung auf ein Ankommen-[…]. Daneben hat Flucht auch eine soziale und gesellschaftliche Dimension-- vor allem für die aufnehmenden Gesellschaften.“ (Wrobel / Mikota 2017: 9) Es sind Bilderbücher wie u. a. Am Tag, als Saída zu uns kam (Susana Gómez Redondo (Text), Sonja Wimmer (Bild) 2016), Nusret und die Kuh (Anja Tuckermann (Text), Mehrdad Zaeri, Uli Krappen (Bild) 2016) oder Die Flucht von Francesca Sanna (engl. The Journey, 2016) und Claude K. Dubois‘ Akim rennt, die diese Elemente in Bild und Text enthalten. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Im Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur (1984) liest sich ein Beitrag zur Geschichte des Bilderbuchs von Horst Künnemann und Helmut Müller, der die Entwicklungen bis in die 70er Jahre abbildet. ▶ In den von Theodor Brüggemann begründeten, mehrbändigen Handbüchern zur Geschichte der Kinder- und Jugendliteratur (1982-2008), ergänzt durch Einzelpublikationen wie das zweibändige Handbuch Kinder- und Jugendliteratur 1933-1945 (Josting / Hopster / Neuhaus 2002 und 2005) und Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur (Brunken / Wild 2008), schreiben die Autoren über das Bilderbuch und seine Entwicklungen im Kontext der Kinder- und Jugendliteratur. ▶ Im Taschenbuch der Kinder- und Jugendliteratur ( 4 2005) und im Nachfolger Kinder- und Jugendliteratur-- Ein Handbuch (2011) geht Jens Thiele konzise auf das Thema ein. Im Handbuch der Kinder- und Jugendliteratur (2020) widme ich der Entwicklung der Buchgattung einen Teil des Beitrags; das vorliegende Kapitel basiert im Wesentlichen auf diesem Text. ▶ In den Einführungen von Jens Thiele ( 2 2003) sowie von Martin Salisbury und Morag Styles ( 2 2020) finden sich Kapitel zur Bilderbuchgeschichte. ▶ Ein wichtiger Sammelband ist das von Klaus Doderer und Helmut Müller herausgegebene Buch Das Bilderbuch. Geschichte und Entwicklung (1973), das sich mit der Historie bis Ende der 60er Jahre auseinandersetzt; auf die folgenden Entwicklungen geht der Band Postmodern Picturebooks. Play, Parody, and Self-Referentiality (2008), herausgegeben von Lawrence R. Sipe und Sylvia Pantaleo, ein. <?page no="62"?> ▶ Über das (postmoderne) Bilderbuch der 90er Jahre als Kontinuität und Diskontinuität in Produktion und Rezeption schreibt Mareile Oetken in ihrer Dissertationsschrift (2008). <?page no="63"?> 63 3.1 Erzählen als Zustandsveränderung in der Zeit: Der narrative Text 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse 3.1 Erzählen als Zustandsveränderung in der Zeit: Der narrative Text In seiner weitesten, semiotischen Bestimmung umfasst ein Text (von lat. textus bzw. textum: Gewebe, Geflecht) „nicht nur gesprochene und geschriebene Diskurse, sondern auch Filme,-[…] Bilder oder Musikstücke“ (Nöth 2000: 392). Ein fiktionales Bilderbuch ist ein narrativer Text-- eine Erzählung, in der ein Zustand- A durch die Aktion(en) einer oder mehrerer Figuren zu einem Zustand-B verändert wird (Vogt 2008: 117). Eine Aktion-- wie beispielsweise Max in seinem Wolfspelz, der in Wo die wilden Kerle wohnen hinter dem Hund herjagt-- setzt eine Zeitdauer voraus: Es lässt sich nicht erzählen, ohne dass Zeit miteingebracht würde, denn was erzählt wird, sind Veränderungen, die sich in und mit der Zeit ergeben haben, Erzählen heißt, zeitliche Veränderungen nachzuzeichnen, zu (re-)konstruieren, wie sich der Ablauf von Zeit in Veränderungen ereignet. (Bode 2011: 298) Eine Erzählung benötigt zudem einen Raum oder Schauplatz. Zwar können wir uns keine Handlung (→- Kapitel 3.5.1.1) vorstellen, die ohne einen Raum auskäme, ein derartiger muss in einem narrativen Text jedoch nicht explizit dargestellt sein (→-Kapitel 3.5.1.4) . Anders verhält es sich mit der Zeit, die wie die Figuren und der Raum ein Kernelement jeder Erzählung ist. Sie wird als Zustandsveränderung und Verknüpfung dieser implizit vorausgesetzt- - und explizit besprochen. Das Bilderbuch definiert sich aus seinem Verhältnis von Bild- und Schrifttext, es definiert sich durch eine qualitative Perspektive auf dieses Verhältnis, nach der sowohl Bildals auch Schrifttext als selbstständige Bedeutungsträger ein Handlungskontinuum entwickeln-- wobei eine derartige Handlung auch durch die Bilder allein entfaltet werden kann (→-Kapitel 2.1). Das Erzählen einer Handlung als Zustandsveränderung in der Zeit erfolgt im fiktionalen Schrifttext über Sprache, über die Verknüpfung von Ereignissen und / oder Temporaladverbien-- wie in diesem Beispiel aus Wo die wilden Kerle wohnen: Und plötzlich war da ein Meer mit einem Schiff, nur für Max, und er segelte davon, Tag und Nacht und wochenlang und fast ein ganzes Jahr bis zu dem Ort, wo die wilden Kerle wohnen. (Sendak 1967: 14) Das Bilderbuch als narrativer Text Erzählen in Bild- und Schrifttext <?page no="64"?> 64 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Dieser narrative Darstellungsmodus wird in der Literaturtheorie als telling bezeichnet, dem gegenüber steht der dramatische Modus, das showing, was überwiegend dem Bildtext zugeordnet wird: Ein Bild kann nur einen spezifischen Moment mimetisch abbilden-- einen „fruchtbaren Augenblick“ darstellen, in dem sich die Handlung konzentriert, wie Gotthold Ephraim Lessing in seinem berühmten Werk über die Laokoon-Gruppe und die Grenzen von Malerei und Poesie bereits im Jahr 1766 geschrieben hat. Das Erzählen einer Handlung kann sich im Bildtext nur durch die Abbildung von mehreren dieser Augenblicke vollziehen, die jeweils auf ein prozessuales Davor und Danach verweisen; ein solcher Augenblick „aber nur allein ist fruchtbar“, so Lessing, wenn er „der Einbildungskraft freies Spiel läßt“ (Lessing 1990: 32). Das diachrone Moment, der zeitliche Verlauf des Erzählten, entsteht erst durch den Rezipienten, welcher die narrativen Leerstellen assoziativ- - nach Scott McCloud durch Closure (McCloud 1993: 63)-- auffüllt. Diese Leerstellen, die den Erzählverlauf betreffen, bezeichnet Wolfgang Kemp als äußere Leerstellen; innere Leerstellen sind hingegen auf die Deutung bezogen, sind Sinnuneindeutigkeiten im Verständnis Wolfgang Isers (Kemp 1989: 67). Visuelles Erzählen auf Ebene des Bildtextes geschieht entsprechend als eine Reihe von ‚fruchtbaren Augenblicken‘ in Form von Bildern oder als Simultanbild (Kluckert 1974, Grünewald 1991: 31 ff.), einer Reihe von derartigen Augenblicken auf einer Bildfläche (→-Kapitel 3.5.1.1). Diese beiden grundsätzlichen Modi des visuellen Erzählens erfahren im Bilderbuch häufig Ergänzung, wie beispielsweise durch Abbildungen von Uhren oder Kalendern, von Sonnenauf- und -untergängen oder Naturdarstellungen, die den Wechsel der Jahreszeiten reflektieren. 5 In Das Hotel zur Sehnsucht (engl. The Last Resort, 2002) von Roberto Innocenti (Bild) und J. Patrick Lewis (Text) wird der zeitliche Verlauf einer Autofahrt auf vier Einzelbildern nicht nur durch die Darstellung des sich ändernden Wetters, des Wechsels von Tag und Nacht sowie durch das analoge Ziffernbild einer Uhr symbolisiert, sondern auch durch die Kraftstoffanzeige, die von Bild zu Bild abnimmt (Abb. 3.1). Auch Bewegung wird in diesen Bildern dargestellt: das Auto, das durch eine tiefe Wasserpfütze fährt oder die Blitze, die im Augenblick ihrer hellgrellen Entladung am dunklen Himmel sichtbar werden. Bewegung ist Zustandsveränderung in der Zeit, im Bild wird auch sie als fruchtbarer Augenblick ein- 5 Vgl. hierzu die typologische Zusammenstellung, die Dietrich Grünewald in seinem Aufsatz Fluss und Bäche. „Zeit“ in der Bildergeschichte (2012) liefert. Telling und showing <?page no="65"?> 65 3.1 Erzählen als Zustandsveränderung in der Zeit: Der narrative Text Abb. 3.1: Das Hotel zur Sehnsucht (Innocenti & Lewis 2002: 3) <?page no="66"?> 66 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse gefroren-- und durch den Rezipienten vervollständigt: „In each case“, schreiben Maria Nikolajeva und Carole Scott, „the reader’s interpretation that movement is involved depends on prior knowledge, gained either from real life experience or from earlier reading“ (Nikolajeva & Scott 2006: 140). Dies gilt selbstredend auch für Techniken wie Bewegungslinien und -phasen oder Schlieren, die aus dem Comic stammen und Eingang ins Bilderbuch genommen haben (→-Exkurs Comic, Manga und Graphic Novel). Wenngleich im Bilderbuch der Bildals auch partiell der Schrifttext alleine erzählen können, ist jedoch vor allem das Zusammenspiel, das dialogische Verhältnis der beiden Aspekte von Bedeutung: So ergänzen sich Bild und Sprache im Bilderbuch gegenseitig und kompensieren die jeweiligen Schwächen des anderen (→-Kapitel 3.5.3). Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Ein Standardwerk der Narrativik ist die Einführung in die Erzähltheorie ( 8 2009) von Matías Martínez und Michael Scheffel; auch die Einführungen von Jochen Vogt, Einladung zur Literaturwissenschaft ( 6 2008) und Wie analysiere ich eine Erzählung? (2011) sollen, nein müssen, hier empfehlende Erwähnung finden. ▶ Im Handbuch Erzählliteratur (2011) von Matías Martínez geht Felix Giesa auf das Erzählen mit Bildern in Malerei, Comic und roman-photo ein. Auch das Kapitel im Einführungsband ( 3 2018) von Gina Weinkauff und Gabriele von Glasenapp beschäftigt sich mit diesem spezifischen Erzählen. ▶ Wichtige Monographien sind Words about Pictures (1988) von Perry Nodelman und vor allem How Picturebooks Work (2006) von Maria Nikolajeva und Carole Scott, weiter wiederum Das Bilderbuch: Ästhetik-- Theorie-- Analyse-- Didaktik-- Rezeption ( 2 2003) von Thiele. Mit Bezug auf die Darstellung von Zeit und Raum sei Scott McClouds Comics richtig lesen (2001) empfohlen; viele Überlegungen und Darstellungen gelten nicht nur für den Comic, sondern auch für das Bilderbuch. ▶ In den Sammelbänden BilderBücher ( 2 2019) von Julia Knopf und Ulf Abraham sowie Fragwürdiges Bilderbuch (2013) von Iris Kruse und Andrea Sabisch hat Michael Staiger Beiträge zum Erzählen im Bilderbuch veröffentlicht. Ausgangspunkt seines fünfdimensionalen Modells zur Bilderbuchanalyse in BilderBücher ist, wie bei der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse, die Unterscheidung von histoire und discours. ▶ Im Fachlexikon auf KinderundJugendmedien.de lesen sich in der Kategorie Epik zahlreiche Einträge zum Erzählen und zur Erzähltheorie. <?page no="67"?> 67 3.2 Die narratoästhetische Bilderbuchanalyse 3.2 Die narratoästhetische Bilderbuchanalyse Abb. 3.2: Die narratoästhetische Bilderbuchanalyse <?page no="68"?> 68 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Ausgangspunkte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse sind zum einen das „stehende Bild“ und die „geschriebene Sprache“ (Barthes 1988: 102), zum anderen die zwei Ebenen des narrativen Textes: die Geschichte oder histoire als Abfolge von Ereignissen und der Text oder discours als Abfolge von Zeichen (Vogt 2011: 18, Fludernik 1993: 62). Die Bilderbuchanalyse (Abb. 3.2) ermöglicht, indem sie auf den Medienbegriff Werner Wolfs (→-Exkurs Mediale Entgrenzungen) zurückgreift, sowohl die Betrachtung der spezifischen Eigenschaften der Einzelmedien als auch ihr Zusammenspiel, ihr Verhältnis als Interdependenzen von Bild und Text. In den textinternen Aspekten der Mikroanalyse wird auf Ebene der histoire untersucht, was in Bild- und Schrifttext dargestellt wird. Als Kategorien bzw. narrative Kernelemente werden hierbei die eigentliche Handlung, die Figuren oder Aktanten als Träger dieser, Motive und Themen sowie die erzählte Zeit und der erzählte Raum analysiert. Wie das erzählte Was dargestellt wird, wird hingegen auf Ebene des discours untersucht: Erzählt wird die Handlung auf verschiedenen Ebenen, aus unterschiedlichen Situationen; Kategorien sind weiter die Erzählzeit, die sich als Dauer, Ordnung und Frequenz typisieren und analysieren lässt, und erzählende Räume. Alle diese Kategorien sind dem Schrifttext zugeordnet und werden damit sprachlich gestaltet. Auf Seite des Bildtexts finden sich Kategorien wie Form, Farbe und Komposition. Viele der Kategorien sind transmedial: Sie sind medienunspezifisch und können daher sowohl mit Mitteln des Schriftals auch des Bildtexts ausgetragen werden. Ihre Zuordnung im Diagramm erfolgt ihrer Herkunft und Tradierung wegen. Eine Sonderrolle nimmt die Typographie ein, die als Schriftbildlichkeit Aspekte beider Einzelmedien umfasst; dies wird insbesondere in vielen Bilderbüchern offensichtlich, die seit 2000 erschienen sind: In Bilderbüchern wie Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor (2010) von Martin Baltscheit oder Königin Gisela (2006) von Nikolaus Heidelbach experimentieren die Illustratoren mit der Schrift und gestalten ihre Bücher dementsprechend typographisch vielfältig (Vach 2014: 247). Sowohl auf den Bildals auch auf den Schrifttext können zudem intermediale Einflüsse von Medien wie Film oder Computerspiel einwirken; hierzu gehören z. B. ästhetische Einflüsse auf den Bildtext wie die Filmtechnik des Zooms im gleichnamigen Bilderbuch von Istvan Banyai (1995a). Von Bedeutung ist die Berücksichtigung des Zusammenspiels, der wechselseitigen Beeinflussung der Analysekategorien untereinander, was im Diagramm Mikroanalyse <?page no="69"?> 69 3.3 Makroanalyse: Kontext (Abbildung 3.2) durch Pfeile symbolisiert wird- - und sowohl für die textinternen als auch textexternen Aspekte der Mikroanalyse und die Makroanalyse gilt. Die textexternen Aspekte der Mikroanalyse stellen sich als Paratext und Materialität (Staiger 2014: 20 f.) dar; geht es bei Ersterem um das „Beiwerk“ (Genette 2014: 9) des eigentlichen Textes wie u. a. Einband, Titel, Untertitel, Vorwort und der visuelle Prolog, meint Letzteres die materiellen und technischen Voraussetzungen, zu dem der Bild- und Schriftträger wie auch die Künstlerfarbe oder das verwendete Werkzeug gehören. Dazu zählen auch die Voraussetzungen, die sich durch gestalterische Sondertypen des Bilderbuchs wie Spiel- oder Beschäftigungsbücher ergeben; eine besondere Rolle nehmen dabei diejenigen Bilderbücher ein, die elektronische Erweiterungen aufweisen (→-Kapitel 2.3). Die Makroanalyse nimmt den Kontext eines Bilderbuchs in den Blick, hierzu zählen die Bereiche Produktion, Distribution und Rezeption. Diese Trias untersucht Aspekte, welche die Entstehung eines Bilderbuchs, seine Verbreitung und seine Aufnahme beim Betrachter bzw. Leser bedingen. 3.3 Makroanalyse: Kontext Bei der Makroanalyse wird nach den kontextuellen Aspekten eines Bilderbuchs gefragt. Sie lässt sich als Trias in die Bereiche Produktion, Distribution und Rezeption unterteilen; untersucht werden diejenigen Faktoren, welche die Entstehung eines Bilderbuchs, seine Verbreitung und seine Aufnahme beim Betrachter bzw. Leser bedingen. Produktion Für Bilderbücher, bei denen ausschließlich der Bildtext ein Erzählkontinuum entfaltet (→-Kapitel 2.1), zeichnet oder malt allein ein Illustrator als Produzent verantwortlich. Dies stellt sich anders bei Bilderbüchern dar, die in Bild- und Schrifttext erzählen: Diese Bücher entstehen entweder durch einen Produzenten, welcher die Rollen von Illustrator und Autor in Personalunion übernimmt, wie dies Tobias Krejtschi in Abbildung 3.3 dargestellt hat-- oder durch ein Produzententeam (Abb. 3.4), das bei der Entstehung eines Makroanalyse Illustrator und Autor <?page no="70"?> 70 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Bilderbuchs mehr oder weniger eng zusammenarbeitet. Insbesondere letzterer Fall sollte bei der Analyse Berücksichtigung finden: [T]he interpretation of the relationship between image and text also becomes increasingly complex as the number of people involved in its creation increases and their collaboration diminishes. Multiple ownership and multiple intentionality lead to ambiguity and uncertainty in the validity of the interpretation. (Nikolajeva & Scott 2006: 29) Mehrdeutigkeit und Unsicherheit in und bei der Interpretation eines Bilderbuchs lassen sich zumeist auf ein nicht korrespondierendes Verhältnis von Bild Abb. 3.3 Tobias Krejtschi: Autor und Illustrator in Personalunion Abb. 3.4 Tobias Krejtschi: Autor und Illustrator als Team <?page no="71"?> 71 3.3 Makroanalyse: Kontext und Text (→-Kapitel 3.5.3) zurückführen. Es kann entstehen, wenn bei der Kollaboration von Illustrator und Autor kein oder nur wenig Austausch zwischen den Beteiligten über die erzählerische Aussage des Bilderbuchs erfolgt. Häufig ist dies der Fall, wenn ein Autor seinen fertigen Text über einen Agenten bei einem Verlag platziert, der folgend einen Illustrator beauftragt. Ein Austausch zwischen Autor und Illustrator fehlt oft genauso, wenn ein Klassiker neu illustriert wird, wie beispielweise bei Tomte Tummetott: Das Bilderbuch, dessen Text von Astrid Lindgren stammt, erschien in Deutschland 1961 mit Bildern von Harald Wiberg; 2014 veröffentlichte Oetinger eine Neuauflage des Buchs, dessen Bilder Kitty Crowther besorgte. Die Illustratorin konnte mit Lindgren über die Neuillustration nicht mehr sprechen; Lindgren verstarb im Januar 2002. Ähnliches trifft zu, wenn (Volks-)Märchen adaptiert werden, wie bei den fünf Märchen, die Markus LeFrançois von 2010 bis 2014 illustrierte. Bei der Bebilderung war ihm die Verortung der Märchen in ihrem jeweiligen Entstehungsraum wichtig; so finden sich in den Bildern der Bremer Stadtmusikanten (2014) norddeutsche Reetdächer, die Bauernhäuser in Fachwerkbauweise zieren oder eine Kappenwindmühle, die der Worpsweder Mühle nachempfunden ist. Die Landschaft, durch die LeFrançois seine Musikanten ziehen lässt, ist an das Teufelsmoor nördlich von Bremen angelehnt und inspiriert von Worpsweder Malern wie Fritz Mackensen, Fritz Overbeck, Otto Modersohn und speziell Carl Vinnen. Dabei sind es nicht nur landschaftliche und architektonische Merkmale, die sich wiederfinden und den Handlungsraum regional charakterisieren, sondern viele Details, die von dem silbernen Schiff aus dem Bremer Ratssilber bis zu einem nordfriesischen Teebesteck reichen; stilistisch sind die Illustrationen stark von den Meisterillustratoren um 1900 und vom geometrischen Jugendstil, wie ihn u. a. Henry van de Velde in Worpswede entwickelte, beeinflusst. Die detailreichen Illustrationen stehen der Eigenart des Volksmärchens entgegen: Es kennt „keine Schilderungssucht“, wie Max Lüthi schreibt, nichts wird ausgemalt und nur das findet Erwähnung, was handlungswichtig ist (Lüthi 2005: 25 f.). In und zu diesem Zusammenhang hätte Markus LeFrançois gerne mit den Herausgebern der Kinder- und Hausmärchen (1857), Jacob und Wilhelm Grimm, Rücksprache gehalten und sich über „lange und intensive Diskussionen“ gefreut, wie er mir in einer eMail im August 2016 schrieb. <?page no="72"?> 72 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Abgesehen von diesen Aspekten interessieren für die Makroanalyse der Produktion biographische Betrachtungsweisen, die Fragen nach der sozialen Herkunft wie nach der Bildungssozialisation von Illustrator bzw. Autor umfassen. Ebenfalls sind werkgeschichtliche Perspektiven von Bedeutung. Diese schließen Fragen nach den Entstehungsbedingungen eines Bilderbuchs ebenso ein wie seine Verortung innerhalb einer Werkgruppe oder eines Gesamtwerks-- und damit auch die Frage, in welchem intertextuellen Verhältnis das Bilderbuch zu anderen Werken des Illustrators bzw. des Autors steht. Zudem sind ästhetische, historische und kulturelle Bedingungen und Einflüsse, unter denen ein Bilderbuch entsteht, für den Aspekt der Produktion zu bedenken: So können kunst- und literaturgeschichtliche Epochen und Perioden sowohl ästhetisch als auch inhaltlich ihre Signatur hinterlassen-- wie im Beispiel des Märchenbilderbuchs von LeFrançois. Distribution Unter Distribution (von lat. distribuere: ver-, aus-, zuteilen) werden alle Vorkehrungen zusammengefasst, die getroffen werden, damit Bilderbücher ihre Adressaten bzw. Käufer erreichen. Als Anbieter von Bilderbüchern treten Verlage in Erscheinung: Solche, die ausschließlich Bilderbücher veröffentlichen, wie z. B. der Moritz Verlag in Frankfurt am Main-- und solche, die auch Bilderbücher in ihrem Programm führen, wie der Peter Hammer Verlag mit Sitz in Wuppertal. Die großen Kinder- und Jugendbuchverlage, die auch Bilderbücher verlegen, betreiben neben dem eigentlichen Kerngeschäft Abteilungen, eigenständige Bereiche oder Unternehmen, die Kinder- und Jugendmedien produzieren, um Medienverbünde (→-Kapitel 2.4) zu entwickeln und zu bedienen. In und durch derartige Verbünde wird das Bilderbuch heute maßgeblich bestimmt, es lässt sich nicht mehr nur als Medium aus Bild- und Schrifttext fassen, sondern wird ebenfalls durch seine elektronischen Erweiterungen (→-Kapitel 2.3) und (medialen) Entgrenzungen (→-Exkurs Mediale Entgrenzungen) beeinflusst und verändert. Dementsprechend unterhält beispielsweise die Hamburger Verlagsgruppe Oetinger das Unternehmen Oetinger Media, das die Imprints Oetinger audio und Oetinger kino umfasst. Zum Programm gehören zum einen Hörbücher Illustrator, Autor und Werk Verlage als Anbieter <?page no="73"?> 73 3.3 Makroanalyse: Kontext und -spiele von bzw. zu Titeln aus der Verlagsgruppe, zum anderen Kinder- und Jugendfilme. Als Ausgaben für den Buchhandel werden Filmadaptionen vertrieben und in Eigenregie u. a. Bilderbuchfilme für Kinder ab drei Jahren produziert. Auch digitale Bilderbücher in Form von eBooks und enhanced eBooks sowie Bilderbuch- oder Story Apps entwickelt die Verlagsgruppe (→-Exkurs: Mediale Entgrenzungen). Indirekt werden diese digitalen Produkte über Amazon, iTunes oder Google Play vertrieben; Ähnliches gilt für Bilderbücher: Wie eBooks und Apps können auch sie auf den Internetseiten der Verlage bestellt werden, der Vertrieb läuft jedoch über Versandbuchhandlungen. Zu diesen zählt auch der Online-Buchhandel, der in Deutschland zu 80 % von dem US amerikanischen Börsenunternehmen Amazon dominiert wird (Roesler-Graichen 2014) und für große Umsatzeinbußen des klassischen Sortimentsbuchhandels verantwortlich ist. Kinder- und Jugendliteratur wie Bilderbücher stellen ein Segment des allgemeinen Buchmarkts in Deutschland dar. Das gilt genauso für den Sortimentsbuchhandel, über den die Verlage-- so kein Barsortimenter zwischengeschaltet ist-- ihre Bücher vertreiben: Zwar ist die Zahl von eigenständigen Kinder- und Jugendbuchläden besonders in Großstädten wie Berlin oder Frankfurt nicht unbeträchtlich, doch ändert deren Vorhandensein nichts an der Tatsache, dass Kinder- und Jugendbücher sowie Bilderbücher im Wesentlichen durch den allgemeinen Buchhandel verkauft werden (Ewers 2012: 92). Dafür ist auf institutioneninterner Ebene eine Ausdifferenzierung durchgängig vorhanden: Die meisten Buchhandlungen weisen eine Kinder- und Jugendbuchabteilung, viele auch eine Abteilung für Bilderbücher, auf. Ein weiterer Vertriebskanal für Bilderbücher ist der Auch- oder Beibuchhandel, bei dem Bilderbücher im Kaufhaus, im Spiel- und Spielzeughandel, in großen Supermarktketten, und- - im Rahmen von Aktionsangeboten- - selbst bei Fast-Food-Ketten verkauft werden. Die Verbreitung von Bilderbüchern erfolgt in vielen Fällen gleichfalls über Bibliotheken, die grundsätzlich in öffentliche und konfessionelle Büchereien unterschieden werden können. Dazu kommen Forschungsbibliotheken und Sammlungen an Hochschulen wie die Bibliothek für Jugendbuchforschung (Universität Frankfurt) oder die Sammlung Seifert an der Universität Göttingen, die zahlreiche wertvolle Bilderbücher enthält. Weiter betreiben Schulen Büchereien; sogar auf Klassenebene werden dabei kleine Büchereien oder Bücherecken unterhalten. (Indirekter) Vertrieb Buchhandel Bibliotheken <?page no="74"?> 74 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Bilderbücher, die Eingang in Bibliotheken und Büchereien als Distributionssysteme finden, werden von diesen nach gesellschaftlichen, konfessionellen und pädagogischen Gesichtspunkten ausgewählt. Derartige Bewertungen sind Einflussfaktoren für die Verbreitung eines Bilderbuchs; sie spielen nicht nur im bibliothekarischen Distributionssystem eine Rolle, sondern vor allem in der Bilderbuchkritik und bei Bilderbuchpreisen. Die Bilderbuchkritik, die in die Makroanalyse zur Verbreitung eines Bilderbuchs ebenso beachtet werden sollte wie Bilderbuchpreise, kann medial in Print- (Fachzeitschriften wie Eselsohr oder kjl&m) und Onlinemedien (Datenbank der AJ uM im Internet, KinderundJugendmedien.de) differenziert werden. Wichtige Bilderbuchpreise im deutschsprachigen Raum sind u. a. der Deutsche Jugendliteraturpreis, der DIXI Kinderliteraturpreis oder der Troisdorfer Bilderbuchpreis, international renommiert sind u. a. die Caldecott Medal oder der Hans-Christian-Andersen-Preis. Für die Verbreitung eines Bilderbuchs kommen, abgesehen von den hier dargestellten, weitere Faktoren in Betracht; hierzu gehören Institutionen wie beispielsweise Buchmessen und Leseclubs oder auch Editionsaspekte. So erreicht die Neuauflage eines Bilderbuchs als Softcover aufgrund des günstigeren Verkaufspreises beispielsweise mehr Konsumenten als die teure Erstausgabe im Hardcover. Rezeption Die Rezeption (von lat. recipere: aufnehmen) betrifft die Fragen, wer ein Bilderbuch betrachtet, liest oder kauft und wie es aufgenommen wird; damit sind die Grenzen zwischen distributiven und rezeptiven Aspekten fließend. Bilderbücher werden bereits von Kleinstkindern rezipiert, ebenso von Kleinkindern, Kindern, aber auch von Jugendlichen und Erwachsenen (→-Kapitel 2.1). Für die Rezipientengruppe der Kinder bis zum Lesealter nehmen Erwachsene als Gatekeeper eine wichtige Rolle ein: Sie wählen die Bücher aus und bieten sie an, sie betrachten mit dem Kleinstkind Frühe- Konzepte-Bücher und lesen dem Kleinkind und Kind vor. Erwachsene unterstützen im institutionellen Raum wie Krippe, Kindergarten oder Schule (→-Kapitel 4) und im privaten Rahmen den Rezeptionsprozess. Diese Rolle der Erwachsenen für die kindliche Rezeption hat Hans-Heino Ewers mit dem Begriff Vermittler beschrieben: Dieser Kritik und Preise Rezipienten Vermittler und Mitleser <?page no="75"?> 75 3.3 Makroanalyse: Kontext schlägt eine Brücke zwischen zwei Polen: zwischen dem literarischen Angebot auf der einen, den literarischen Interessen von Lesern auf der anderen Seite. Er fahndet nach passenden Abnehmern für bestimmte literarische Angebote; gleichzeitig sucht er für diesen oder jenen Leserkreis nach geeigneten Lektüreangeboten. (Ewers 2012: 34) Dadurch ergibt sich für das Bilderbuch eine Doppelgesichtigkeit, ein Doppelcharakter: Es muss einerseits Literatur für Kinder sein und entsprechende Botschaften für diese Adressaten enthalten, andererseits Vermittlerliteratur sein. Im zeitlichen Ablauf der literarischen Kommunikation muss ein Bilderbuch zunächst die Ansprüche des Vermittlers erfüllen, um Zugang zu den eigentlichen Adressaten zu bekommen. Die besondere Art und Weise, in der Vermittler kinderliterarische Botschaften im Bilderbuch empfangen, wird als Mitlesen, die Vermittler entsprechend als erwachsene Mitleser bezeichnet (Ewers 2012: 57). Infolgedessen kann mit Wolfgang Iser für das Bilderbuch aus Perspektive der Rezeptionsästhetik nicht nur von einem impliziten Leser, von einer dem Text eingeschriebenen Leserolle, die von Illustrator bzw. Autor beim Verfassen des Bilderbuchs mitgedacht und miteinbezogen wird, sondern auch von einem impliziten Mitleser gesprochen werden (Iser 1994, Ewers 2012: 57). Erwachsene und Jugendliche rezipieren Bilderbücher auch, ohne Vermittler bzw. Mitleser zu sein; in diesen Fällen handelt es sich um Bücher, die sowohl an Kinder als auch an Erwachsene und Jugendliche als Betrachter bzw. Leser adressiert sind; sie werden, wie in Kapitel 2.2 dargestellt, als All-Age-/ Crossover-Literatur bezeichnet. Terminologisch werden drei Phasen des Rezeptionsprozesses unterschieden: die Wahrnehmung, das Verstehen und die Applikation oder Anwendung. Zu den ersten beiden Phasen des Rezeptionsprozesses hat sich eine Reihe von Vorurteilen über die Wahrnehmungsfähigkeit des Kindes herausgebildet, die bis heute, wie Jens Thiele schreibt, einen „lähmenden Einfluss“ (Thiele 2003a: 182) auf die (wissenschaftliche) Beschäftigung mit dem Gegenstand haben. Diese Vorurteile führt er u. a. auf Äußerungen des Hamburger Reformpädagogen Heinrich Wolgast zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurück, nach denen Illustrationen im Bilderbuch „scharfe Umrisse“ haben müssen und „keinerlei Unklarheiten“ zeigen dürfen (Wolgast 1906: 138). Verschobene, unklare Proportionen und Räumlichkeiten, sich auflösende Konturen, Merkmale Impliziter Leser und Mitleser Erwachsene und jugendliche Rezipienten Phasen der Rezeption <?page no="76"?> 76 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse einer abstrakten Darstellung, wie sie sich beispielsweise in fantastischen Bilderbüchern findet, können Kinder diesen Äußerungen nach nicht wahrnehmen; sie sollten von ihnen ferngehalten werden. Diese Aussagen verweisen auf die Vorstellung, dass Kinder „eine besondere, aber auch defizitäre Bildwahrnehmung“ (Thiele 2003a: 183) besitzen, die empirisch jedoch nie nachgewiesen wurde. Bis heute beherrschen diese-- und ähnliche-- Vorstellungen die „Produktion, Kritik und Rezeption von Bilderbüchern“, die „nichts anderes als-[…] Idee[n]“ (Thiele 2003a: 183) der Erwachsenen infolge der kunstpädagogischen Hinwendung zum Bilderbuch seien. In der Tat weist schon die moderne Säuglingsforschung nach, dass der Mensch von Beginn an „mit dem Grundstock aller menschlichen Wahrnehmungs- und Rezeptionsfähigkeiten ausgestattet“ sei, dem Wahrgenommenen jedoch aufgrund fehlender psychischer Reife „noch nicht differenziert Ausdruck verleihen“ kann (Kallenbach 2003: 55). Dass Kinder nicht nur differenziert wahrnehmen können, sondern sich mithin Darstellungen im Bilderbuch wünschen, die den Äußerungen Wolgasts und anderer diametral zuwiderlaufen, zeigen bereits ältere Studien von Hermann Hinkel. Demnach wird bei Kindern bis zum siebten Lebensjahr der Wunsch nach naturalistischen-[…] Darstellungen teilweise überlagert durch eine höhere Akzeptanz gegenüber solchen Bildern, die Proportionen verschieben, Gegenstände bedeutungs-perspektivisch vergrößern-[…] und auch in der Farbgebung von einer naturalistischen [Darstellung]-[…] abweichen. (Hinkel 1989: 33) Der genannte lähmende Einfluss der kunstpädagogischen Hinwendung zum Bilderbuch ist auch im Kontext der Forschung zur kindlichen Rezeption von postmodernen Bilderbüchern spürbar; gegenüber diesen literarästhetisch anspruchsvollen Büchern sind Vorbehalte verbreitet, da eine Überforderung der Rezipienten unterstellt wird (Scherer & Volz 2013: 109). Diese Bücher spielen seit Mitte der 80er Jahre-- insbesondere auf der Bildebene- - mit dem Bruch literarischer Konventionen, weisen komplexe, manchmal widerspruchsvolle Bild-Text-Interdependenzen auf und dekonstruieren Bedeutungen über intertextuelle und intermediale Verweise. Sie gehören nicht zu den Bilderbüchern, die als ‚erste Bücher‘ kulturelle Erfahrungen und Impulse zum Erwerb elementarer literarischer Kompetenzen vermitteln (Weinkauff & Glasenapp 2018: 186), sondern bieten stattdessen eine erweiterte Sozialisationsfunktion an, indem sie komplexe ästhetische und literarische Erfahrungen ermöglichen. Rezeption postmoderner Bilderbücher <?page no="77"?> 77 3.3 Makroanalyse: Kontext Differenzierte Vorstellungen über die bei der Rezeption dieser Bilderbücher tatsächlich stattfindenden Wahrnehmungs- und Verstehensprozesse bieten verschiedene qualitative empirische Studien, die in jüngster Zeit vorgestellt wurden (Weinkauff 2014b: 41). Bei einem Forschungsprojekt zur Rezeption derartiger Bilderbücher von Anthony Browne und David Wiesner untersuchten Gabriela Scherer und Steffen Volz, wie Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren mit Merkmalen wie Mehrperspektivität, Metafiktionalität, Intertextualität und Interpiktoralität sowie ästhetisch-symbolischer Kodierung umgehen (Scherer & Volz 2013: 110). Als Ergebnis der Pilotstudie geben Scherer und Volz an, dass diese Bilderbücher „zweifelsohne hohe Ansprüche an die Rezipienten“ stellen, den Kindern gleichwohl aber „Sinn erschließende Zugänge“ gelingen und ihnen „beträchtliches Erfahrungs- und Entwicklungspotenzial“ (Scherer & Volz 2013: 120) bieten. Von Bedeutung ist die Feststellung, dass die Herausforderungen, welche diese Bücher mit sich bringen, auch die Rolle der Erwachsenen als Vermittler und Mitleser verändern, da sie neben Initiierung und Begleitung des kindlichen Sinnbildungsprozesses unablässig selbst neue Wahrnehmungs- und Deutungsmöglichkeiten in ihren Rezeptionsprozess integrieren müssen und damit nicht (mehr) über die alleinige Deutungshoheit verfügen. (Scherer & Volz 2013: 120) Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Grundsätzliches zu den Bereichen Produktion (Produktionsästhetik), Distribution und Rezeption und zur Integration dieser in die Analyse liest sich in Matthias Luserke-Jaquis Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft ( 2 2007). Martin Salisbury und Morag Styles gehen in Children’s Picturebooks. The art of visual storytelling ( 2 2020) auf The Children‘s Publishing Industry ein, Corinna Norrick-Rühl widmet sich in ihrem Beitrag im Sammelband Die Welt im Bild erfassen: Multidisziplinäre Perspektiven auf das Bilderbuch (2020) den Bereichen mit Blick auf den Bilderbuchmarkt. ▶ Literatur für biographische und werkgeschichtliche Informationen sowohl zu Autoren als auch zu Illustratoren bieten der erste und zweite Teil in Kinder- und Jugendliteratur-- Ein Lexikon (1995 ff.) sowie das Lexikon der Illustration im deutschsprachigen Raum seit 1945 (2009 ff.), herausgegeben von der Stiftung Illustration. Auf die Rollen von Autor und Illustrator geht <?page no="78"?> 78 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Kerry Mallan in The Routledge Companion to Picturebooks (2018) ein. Auch Nikolajeva und Scott widmen dieser Thematik der Produktion ein Kapitel in How Picturebooks Work (2006). In Illustrieren (2007) schreibt Paul Maar, warum er nicht immer selbst seine Erzählungen und Bilderbücher bebilderte-- und was er aus der Kollaboration mit unterschiedlichen Illustratoren lernte. ▶ Zu Institutionen des Distributionssystems informieren der dritte und vierte Teil von Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon (1995 ff.). Mit weiteren Aspekten des Bereiches setzt sich Hans-Heino Ewers in Literatur für Kinder und Jugendliche. Eine Einführung in Grundbegriffe der Kinder- und Jugendliteraturforschung ( 2 2012) auseinander. Bilderbuchkritiken, Informationen zu Verlagen und Nachrichten aus dem Kinder- und Jugendliteraturbetrieb finden sich auf KinderundJugendmedien.de. ▶ Verschiedene Beiträge beschäftigen sich mit der Rezeption von Bilderbüchern in The Routledge Companion to Picturebooks. Weiter geht Jens Thiele auf diesen Bereich der Makroanalyse in Das Bilderbuch: Ästhetik-- Theorie- - Analyse- - Didaktik- - Rezeption ( 2 2003a) ein, auch das Kapitel Bilderbuch in Gina Weinkauffs und Gabriele von Glasenapps Einführung Kinder- und Jugendliteratur ( 3 2018) deckt verschiedene Aspekte ab. Weinkauffs Artikel im Theorieband der ersten Auflage von Bilderbücher (2014), herausgegeben von Julia Knopf und Ulf Abraham, liefert eine Übersicht mit vielen Hinweisen über und auf verschiedene Forschungsprojekte zur Rezeption von Bilderbüchern. 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte 3.4.1 Paratext Bei der Analyse des Paratexts als textexterner Aspekt der Mikroanalyse wird nach der Beziehung zwischen Haupt- und Nebentext eines Bilderbuchs gefragt; als Paratext kann letzterer eine kommentierende, ergänzende oder rahmende Funktion einnehmen. Zum Paratext gehören beispielsweise der Schutzumschlag, das Vorsatzpapier oder der Autorenname, aber auch Texte wie eine Anzeige oder ein Buchtrailer im YouTube-Channel des Verlags. Der Begriff Paratext geht auf den französischen Literaturwissenschaftler Gérard Genette zurück und bezeichnet das „Beiwerk, durch das ein Text zum Buch <?page no="79"?> 79 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte wird und als solches vor die Leser und, allgemeiner, vor die Öffentlichkeit tritt“ (Genette 2014: 10). Grundsätzlich unterscheidet Genette zwischen dem eigentlichen Basis- oder Haupttext und dem Beiwerk, dem Nebentext, der eine kommentierende, ergänzende oder rahmende Funktion einnehmen kann; diesen Neben- oder Paratext differenziert Genette wiederum in Peri- und Epitext. Abb. 3.5: Haupt- und Nebenbzw. Paratext Der Peritext-- der im Falle des Bilderbuchs aus Bild- und / oder Schrifttext bestehen kann-- umfasst zum einen die Bestandteile eines Buches, für welche der Verleger „oder vielleicht abstrakter, aber exakter, der Verlag verantwortlich ist“ (Genette 2014: 22), wie z. B. Schutzumschlag, Einband, Vorsatzblätter und Titelei. Aber auch das Format (→-Kapitel 3.5.2.2.3); die Typographie, welche Genette gleichfalls zum verlegerischen Peritext zählt, nimmt im Bilderbuch eine besondere Kategorie ein: Ihr kommen häufig besondere narrative und ästhetische Funktionen zu, die weniger vom Verlag als von Illustrator und Autor bestimmt werden. Aus diesen Gründen wird die Typographie in der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse als eigenständige Kategorie (→- Kapitel 3.5.2.3) behandelt. Zum Peritext gehören zum anderen die textuellen Rahmenstücke wie die Angabe des Autornamens, der Titel mitsamt dem Untertitel, das Impressum, das Vor- und Nachwort, aber auch das Inhaltsverzeichnis, der Waschzettel oder der Klappentext. Peritext <?page no="80"?> 80 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Unterschieden werden können diese Paratexte anhand ihrer Urheberschaft: Unter autographen Paratexten versteht Genette (Bild-)Texte, die vom Autor (oder Illustrator) des Haupttextes verfasst worden sind, für die allographischen Paratexte hingegen ist ein anderer Verfasser verantwortlich. Immer noch im Umfeld des gedruckten Werks, aber doch in respektvollerer (oder vorsichtigerer) Entfernung finden sich alle Mitteilungen, die zumindest ursprünglich außerhalb des Textes angesiedelt sind: im [A]llgemeinen in einem der Medien (Interviews, Gespräche) oder unter dem Schutz privater Kommunikation (Briefwechsel, Tagebücher und [Ä]hnliches). (Genette 2014: 12) Was Genette als Epitext bezeichnet, umfasst in der ersten Kategorie seiner Aufzählung beispielsweise auch Paratexte wie Plakate, Prospekte oder Anzeigen. Auch eine Internetseite oder einen Buchtrailer, der Informationen zu einem (Bilder-)Buch auf YouTube in Szene setzt, zählen dazu. Vor allem die Paratexte des Peritexts gehören zum „Fach der Bücherkunde“, wie Genette schreibt (Genette 2014: 22); um sie für die Bilderbuchanalyse greifbar zu machen, soll an dieser Stelle in aller Kürze auf die verschiedenen Bestandteile eines (Bilder-)Buches wie auch auf seine Herstellung eingegangen werden. Bilderbücher finden sich als Hardcover mit hartem und als Softcover (auch als Paperback bezeichnet) mit weichem Einband; Typen wie beispielsweise Spiel- und Beschäftigungsbilderbücher entziehen sich dieser grundsätzlichen Zu- und Einordnung. Ein Hardcover-Bilderbuch besteht aus verschiedenen Elementen, zuvorderst aus dem Einband, der mit seinen beiden Buchdeckeln und dem Buchrücken den Buchblock umschließt; Deckel und Rücken bilden zusammen die Buchdecke, um die häufig ein Schutzumschlag gelegt ist. Dieser Umschlag trägt auf seiner Vorderseite den Titel des Buches, die Namen von Autor, Illustrator und Verlag; der Verlagsname wird häufig gemeinsam mit dem Signet des Verlags dargestellt, einer Art Logo wie beispielsweise die stilisierte Gerstenähre im Falle des Gerstenberg-Verlags, Pferd und Fohlen des Thienemann-Verlags oder das Häuschen bei Jacoby & Stuart. Eben dieses Signet ist zumeist auch Bestandteil des Rückens-- wie gleichfalls der Titel und die Namen von Autor und Illustrator. Die Rückseite des Umschlags nimmt häufig die Gestaltung der Vorderseite in Illustration und Typographie auf oder führt sie weiter; auch lesen sich hier Beschreibungen, die werbewirksam den Inhalt des Buches paraphrasieren. Die Vorder- und Epitext Hardcover-Bilderbuch Hardcover und Schutzumschlag <?page no="81"?> 81 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte Rückklappe des Umschlags werden vom Verlag in vielen Fällen mit einem Klappentext bedruckt; die Vorder- oder Innenklappe enthält dabei oft den Waschzettel, einen kurzen Werbetext, der Interesse für das Buch wecken soll und auch Zitate aus Rezensionen umfassen kann, wohingegen der hintere Klappentext für Informationen über den Autor genutzt wird. Abb. 3.6: Bestandteile des Buches <?page no="82"?> 82 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Insbesondere die Gestaltung der vorderen Seite des Buchumschlags, des Covers, ist von Bedeutung: Sie wird zuerst wahrgenommen und ist damit-- gemeinsam mit dem Buchtitel wie auch dem Autor- und Illustratornamen- - kauf- und rezeptionsentscheidend. Diese Entscheidungen werden bei Bilderbüchern für Kinder nicht durch die eigentlichen Rezipienten getroffen, sondern vor allem durch die erwachsenen Mitleser, die als Vermittler- - und bei Büchern für Kleinst- und Kleinkinder als Vorleser-- auftreten (→-Kapitel 3.3). Bei All-Age- Bilderbüchern (→- Kapitel 2.2) werden diese Entscheidungen hingegen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen getroffen; die Ansprache der potentiellen Rezipienten über die Gestaltung richtet sich hierbei an intraindividuellen-- und nicht, wie im Falle der Erwachsenen als Vermittler, an interindividuellen-- Gesichtspunkten aus. Bei vielen Hardcover-Bilderbüchern mit Schutzumschlag stehen Umschlag und Einband in besonderer paratextueller Beziehung zueinander; in sowohl narrativer als auch interpiktorialer Art ist diese in Chris Van Allsburgs Bilderbuch Der Polarexpress (engl. The Polar Express, 1985) aus dem Jahr 2001 gestaltet: Auf dem Cover des Umschlags ist der Zug zu sehen, der titelgebend zum Nordpol fährt, wo der Weihnachtsmann dem Kinderprotagonisten als Fahrgast seinen großen Wunsch erfüllt: ein Glöckchen von seinem Rentierschlitten. Eben dieses Glöckchen verliert die Hauptfigur jedoch auf der Reise zurück-- und findet es schließlich als Geschenk unter dem Weihnachtsbaum wieder. Der Haupttext des Bilderbuchs beginnt-- dem Bild vom Polarexpress auf dem Cover gleich-- mit der Dampflokomotive und endet mit der Abbildung des silbernen Glöckchens. Dieses ist auch auf den vorderen Buchdeckel des Einbands geprägt; Umschlag und Einband enthalten damit nicht nur zentrale Elemente der Erzählung, sondern reflektieren ihren Anfang und ihr Ende und spiegeln damit paratextuell den Rahmen des narrativen Textes. Bei einem Hardcover-Bilderbuch ohne Schutzumschlag übernimmt der Einband dessen Funktionen; diese Bilderbücher finden sich am häufigsten im Angebot der Verlage. Sie sind mit einem Einband aus Pappe ausgestattet, der mit gestrichenem, bedruckten Papier beschichtet und matt oder glänzend foliert ist. Der stabile Pappeinband und die Folierung übernehmen eine Schutzfunktion, die gerade bei Bilderbüchern für Kinder den Buchblock vor unsachgemäßem Gebrauch bewahrt. Sowohl für den Einband als auch für den Schutzumschlag lässt sich in den letzten Jahren ein Trend zur Veredelung, zur immer hochwertigeren und aufwändigeren Gestaltung beobachten (Huse 2013: 88 ff.). Hardcover ohne Schutzumschlag <?page no="83"?> 83 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte Der Einband eines Hardcover-Bilderbuchs ist durch das Vorsatzpapier mit dem Buchblock verbunden. Das Vorsatz ist ein Doppelblatt im Buch, das mit der einen Hälfte-- dem Spiegel-- an der inneren Seite des vorderen bzw. hinteren Buchdeckels und mit der anderen Hälfte-- dem fliegenden Blatt-- an die erste Seite des Blocks geklebt ist. Als Peritext nehmen diese Blätter im Bilderbuch eine wichtige Rolle ein, die vor allem aus ihrer Position vor und hinter dem Haupttext resultiert; die Illustration des Vorsatzpapiers beginnt vor etwa hundert Jahren zur Zeit der Arts and Craft-Bewegung mit ihrem Begründer, dem britischen Künstler William Morris. In vielen Bilderbüchern aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts finden sich entsprechend großflächige geometrische und florale Ornamente auf den Doppelblättern. Nach Lawrence Sipe und Caroline McGuire kann das Vorsatz zunächst danach bestimmt werden, ob es überhaupt illustriert ist-- hiernach, ob das vordere und hintere Doppelblatt identisch ist oder nicht (Sipe & McGuire 2006). In Wo ist mein Hut (engl. I Want My Hat Back, 2011) von Jon Klassen aus dem Jahr 2012 liegen, dieser Typologie folgend, illustrierte, nicht identische Vorsatzpapiere als Nebentext vor (Abb. 3.7 und 3.8). Der Haupttext des Bilderbuchs erzählt von einem Bären, der- - wie bereits der Titel vermittelt-- auf der Suche nach seinem roten Hut ist. Auf dieser befragt er verschiedene Tiere des Waldes, die seinen Hut jedoch allesamt nicht gesehen haben- - oder gar nicht erst wissen, wie ein derartiger überhaupt aussieht. In großer Verzweiflung fällt ihm ein, dass das Kaninchen einen- - seinen- - Hut auf dem Kopf trug, als er es nach dem Verbleib dessen fragte. Die Erzählung endet mit einem Eichhörnchen, das den nun wieder kopfbedeckten Bären fragt, ob er ein Kaninchen mit einem Hut gesehen habe. Er antwortet-- syntaktisch analog zur Antwort des Kaninchens: Nein. Warum fragst Du mich? Ich habe es nicht gesehen. Ich habe überhaupt keine Kaninchen gesehen. Ich fresse doch kein Kaninchen. Stell mir bloß keine Fragen mehr. (Klassen 2012: 30) Das überraschende Ende der Erzählung spielt mit seinen narrativen inneren Leerstellen, was über das Vorsatzpapier paratextuell akzentuiert wird: So werden auf dem vorderen Vorsatz (Abbildung 3.7) die Tiere wie auch der Bär ohne Hut abgebildet, auf dem hinteren (Abbildung 3.8) trägt der Bär seinen roten Hut-- und auch die Tiere finden sich wieder: Das Kaninchen sucht man jedoch vergebens. Einband und Buchblock Vorsatz als Peritext in Wo ist mein Hut <?page no="84"?> 84 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Abb. 3.7: Vorderes Vorsatzpapier aus Wo ist mein Hut (Klassen 2012) Abb. 3.8: Hinteres Vorsatzpapier aus Wo ist mein Hut (Klassen 2012) <?page no="85"?> 85 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte Der Peritext stellt sowohl die grundsätzliche Handlung als Zustandsveränderung wie auch ihre Figuren dar, letztere werden durch Größenunterschiede und Position im Bildraum zwischen Haupt- und Nebenfiguren differenziert. Paratextuell kommt dem Vorsatz eine sowohl kommentierende als auch rahmende Funktion zu: kommentierend, weil er die Leerstellen nicht ausfüllt-- sondern ein denkbares Happy Ending verhindert, indem der Verbleib des Kaninchens nicht aufgelöst wird. Auf das Vorsatzpapier folgt die Titelei, diese besteht- - je nach Verlag und dessen Vorgaben- - aus Schmutztitel, Frontispiz und Buchtitel: Der Schmutztitel schützt, wie seinem Namen zu entnehmen, die eigentliche Titelseite vor Schmutz und Beschädigung; diese Funktion kommt ihm heute weniger zu, nichtsdestotrotz findet er auch gegenwärtig noch Verwendung. Er stellt die erste gezählte Seite dar und enthält in der Regel Autorenname, (Kurz-)Titel und Verlagssignet; in einzelnen Fällen wird der Schmutztitel auch dazu genutzt, Bildelemente einzubringen. Die Rückseite wird als Frontispiz (von franz. frontispice: Stirnseite) bezeichnet; diese zweite Seite eines (Bilder-)Buches trägt heute kaum noch Abbildungen, sondern führt zumeist bibliographische Informationen wie u. a. Autor, Illustrator, Titel, Verlag, Reihentitel, Auflage, ISBN (Internationale Standardbuchnummer) auf. Dem Frontispiz gegenüber liegt die Titelseite: Sie enthält die wichtigsten Angaben und besticht, vor allem beim Bilderbuch, durch ihre Typographie und Illustration. Letztere entstammt häufig dem Bildtext- - oder stellt einen Ausschnitt aus diesem dar; seltener finden sich Illustrationen, die ausschließlich für die Titelseite angefertigt wurden. Softcover-Bilderbücher unterscheiden sich von Hardcover-Bilderbüchern zuvorderst durch ihren Einband, der aus flexiblem, bedruckten Karton besteht; vor allem auf dem amerikanischen Markt weisen auch Softcover-Bilderbücher Elemente wie Schmutztitel, Frontispiz und Titelblatt auf. Hier folgen sie als preiswerte Paperback-Version auf die teuren, gebundenen Ausgaben. Als wohl bekannteste Softcover-Bilderbücher in Deutschland dürften mit einer weltweiten Gesamtauflage von über 300 Millionen die Minibücher gelten, welcher der Carlsen-Verlag unter dem generischen Markennamen Pixi seit 1954 vertreibt (Norrick-Rühl & Vogel 2014: 119). Der Name lässt sich auf die englische Herkunft der Bilderbücher zurückführen: pixies sind fantastische, kobold- und feenähnliche Wesen der englischen Mythologie, entstammen den Sagen aus dem Südwesten Englands, der Regionen Devon und Cornwall. Der Körpergröße der Fabelwesen entsprechend weisen Softcover- Bilderbuch Pixi-Bilderbücher <?page no="86"?> 86 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Pixi-Bilderbücher ein Kleinformat von 10x10 cm auf, das sich der Verlag Anfang der 90er Jahre markenrechtlich schützen ließ. Charakteristisch sind zudem der flexible Einband, die Klammerheftung, der Umfang von 24 Seiten und der-- bis auf wenige Ausnahmen-- durchgängige Vierfarbdruck. Inhaltlich bestehen die rund 2000 Titel u. a. aus Adaptionen von Märchen, Bilderbuch-Klassikern, wie z. B. dem Struwwelpeter, der mit der Nummer 384 im Jahr 1984 erschien, und aus Serien mit „den Helden des Haus-Verlags wie dem fröhlichen Bären Petzi, dem kugelrunden Hund Waldo, oder der kessen Göre Conni“ (Hohmeister 2004: 9). Das Pixi-Angebot des Carlsen-Verlags umfasst jedoch nicht nur das klassische Pixi-Bilderbuch; seit einigen Jahren fährt der Verlag eine „konsequente Diversifikationsstrategie der Marke“ (Norrick-Rühl & Vogel 2015: 121): So findet sich seit 2008 auch die Reihe Pixi Wissen mit Sachbilderbüchern im Sortiment, die Titel wie Der Fall der Mauer (2009) von Monika Wittmann (Text) und Jochen Windecker (Bild) tragen; weitere Reihen sind die seit 2009 erscheinenden Maxi-Pixis und die Baby-Pixis, die Carlsen seit 2012 im Programm hat. Als gemeinsames Merkmal weisen diese Reihen ein vergrößertes Format auf, das von 10,5x10,5 cm (Pixi Wissen) bis 15,7x15,7 cm (Maxi-Pixi) reicht. Diese Diversifikationsstrategie führte nicht nur zu einem Auf- und Ausbau des Pixi-Medienverbunds auf intramedialer, sondern auch auf intermedialer Ebene: Entsprechend bietet der Verlag seit 2005 Hörbücher und seit 2011 Pixi- Buch-Apps für Smartphones und Tablet- PC s mit den drei Betriebssystemen Android, i OS und Windows an. Es handelt sich bei den Apps um sowohl faktuale als auch fiktionale digitale Bilderbücher, in denen Bild- und Schrifttext multimedial mit Animationen und Hintergrundgeräuschen angereichert werden; dazu weisen die Bilderbuch-Apps eine Vorlesefunktion auf-- und bieten dabei auch die Möglichkeit, eine eigene Tonspur mit einer eigenen Version des Dargestellten aufzunehmen. Integriert sind weiter ein Puzzle-Spiel sowie der für viele Pixi-Bilderbücher charakteristische Basteltipp. Dieser findet sich bei den klassischen Pixi-Bilderbüchern seit 1988 auf dem Rückdeckel des Einbands; gestaltet ist er als Textkasten, auf dessen linker Seite Pixi, in Gestalt eines kleinen Kobolds mit roter Zipfelmütze, grünem Wams und roten Stiefeln, hervorlugt. Eingeleitet wird der Text mit stilisierter Schreibschrift und der Formel „Hallo, dein Pixi zeigt dir heute“. Was dann folgt, ist der genannte Basteltipp-- ebenso kommen aber auch Spielanleitungen, Rätsel- und Suchbilder oder Kochrezepte vor. Die Figur, von Dorothea Tust gestaltet, hat für das Markenimage der Reihe „enorme Bedeutung“ (Norrick-Rühl & Vogel <?page no="87"?> 87 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte 2014: 111): Sie wirke als Identifikationsfigur für die Leser, da sie „androgyn“ und auch nicht als Tier dargestellt sei, wie Hella Kemper in der ZEIT schreibt (Kemper 2004). Die Figur gehört-- wie auch das Spiel- und Beschäftigungsangebot auf dem Rückdeckel-- zu den seriellen Peritexten, über die eine Bindung der kleinen Rezipienten an die Marke erreicht werden soll. Die paratextuellen Elemente dienen als Schwellen-- als Seuils, wie Gérard Genettes Buch Paratexte im französischen Original betitelt ist-- zwischen Haupttext und Rezipient. In diesem Verständnis sind Paratexte transitiv, stehen im Zeichen der Transgression und Expansion, indem sie Texte vor ihrem Anfang beginnen lassen und über ihr Ende hinaus verlängern (Kümmerling-Meibauer 2012c: 51). Derart fungiert auch das Exlibris oder Bucheignerzeichen, das als Peritext in jedem Pixi-Bilderbuch auf der Innenseite des Vorderdeckels verortet ist; durch die Schreibschrift ist es als eines derjenigen Elemente zu identifizieren, die um die Pixi-Figur angelegt sind. Die Möglichkeit, den eigenen Namen eintragen zu können, leitet die Kinder dazu an, das Medium Buch als Eigentum wahrzunehmen, Besitzvermerke darin vorzunehmen und generell eigenen Buchbesitz als erstrebenswert anzusehen (Norrick-Rühl & Vogel 2014: 113). Die Figur Pixi findet sich seit 1993 übrigens nicht nur auf der Schwelle des Nebentexts, sondern auch im Haupttext: Mit „Pixi hat Geburtstag“ von Anna Döring (Text) und Eva Wenzel-Bürger (Bild) erlebt Pixi mit den Freunden regelmäßig und in Reihe verschiedene Abenteuer. Um Bilder oder Bildfolgen zu benennen, die im Bilderbuch paratextuell vor dem Haupttext verortet sind und „sich in offener oder beziehungsreicher Weise zu der noch folgenden Bild-Text-Erzählung“ (Thiele 2003a: 82) verhalten, bietet sich der von Jens Thiele geprägte Begriff des visuellen Prologs an. In Analogie zum filmischen Vorspann könne ein visueller Prolog im Bilderbuch „auf einer allgemeineren Ebene einen visuellen Kommentar geben oder bereits zentrale Aussagen zum Thema treffen ohne daß [er] direkter Teil der Geschichte sein müsse[…]“ (Thiele 2003a: 82). Der Schmutztitel von David Wiesners 2014 erschienenen Bilderbuch Herr Schnuffels (engl. MR . WUFFLES ! , 2013) fungiert als ein derartiger Prolog. Die Panels (Abb. 3.9) bilden zentral durch Figurengröße und -position die Hauptfigur der Erzählung, den „ziemlich gelangweilten“ Hauskater Herr Schnuffels, ab-- und vermitteln zugleich gelungen, dass dem Menschen weder im Allgemeinen noch im Speziellen als Figur des Katzenbesitzers eine Rolle in der Erzählung zukommen wird: In der Tat wird der Kater nicht mit dem ihm zur Verfügung gestellten Spielzeug spielen, sondern nach einem winzigen Visueller Prolog <?page no="88"?> 88 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Raumschiff, mit dem Außerirdische in seinem Revier gelandet sind, trachten. Die expositionellen Informationen dieses visuellen Prologs verwendet Wiesner, um mit der Erwartungshaltung des Rezipienten zu spielen. So handelt es sich bei der Erzählung eben nicht um eine „süße Katzengeschichte“, wie der Peritext vermittelt, sondern um „Sciencefiction in Bilderbuchform“, die „augenzwinkernd mit dem Genre spielt“, wie es-- peritextuell vermittelt-- auf der Internetseite des Deutschen Jugendliteraturpreises 2015 zum Sieger in der Bilderbuchkategorie heißt. Literatur zum Weiterlesen ▶ Zum Paratext finden sich Beiträge im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (Moennighoff 2007) und im Metzler Lexikon der Literatur- und Kulturtheorie (Wolf 5 2013b). Empfehlenswert ist auch der Aufsatz von Abb. 3.9: Visueller Prolog in Herr Schnuffels (Wiesner 2014) <?page no="89"?> 89 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte Burkhard Moennighoff im Standardwerk Grundzüge der Literaturwissenschaft (2005), herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold und Heinrich Detering. ▶ Die wichtigsten Monographien sind selbstredend die Werke Gérard Genettes-- Paratexte ( 5 2014) und Palimpseste (1993). ▶ In The Routledge Companion to Picturebooks (2018) ist ein Beitrag von Sylvia Pantaleo zu diesem Thema erschienen. Weiter gehen Maria Nikolajeva und Carole Scott dezidiert im 8. Kapitel ihrer Monographie How Picturebooks Work (2006) auf verschiedene Paratexte ein. ▶ Im Sammelband Picturebooks: Representation and Narration (2014), herausgegeben von Bettina Kümmerling-Meibauer, finden sich Beiträge von Agnes-Margrethe Bjorvand und Emma Bosch. Ebenfalls von Kümmerling- Meibauer stammt der zu nennende Aufsatz Didaktik der Paratexte im Jahrbuch Medien im Deutschunterricht 2011 (2012). 3.4.2 Materialität Bei der Analyse der Materialität als textexterner Aspekt der Mikroanalyse wird nach der Beziehung zwischen dem Bilderbuch als narrativem Text und seiner stofflichen Beschaffenheit gefragt; zur Materialität zählen u. a. der Bild- und Schriftträger, Pigmente und Bindemittel aber auch die Werkzeuge, durch die eine Illustration entstanden ist. In unmittelbarer Nachbarschaft zu den Paratexten (→-Kapitel 3.4.1), zum Beiwerk eines Buches, steht seine Materialität, seine Stofflichkeit oder Körperlichkeit. Und auch wenn die wissenschaftliche Beschäftigung damit bereits eine längere Forschungsgeschichte kennt, ist es insbesondere in den letzten Jahren „en vogue“ davon zu sprechen (Röcken 2008: 1). In der Tat kann mittlerweile von einem material turn-- einer kulturwissenschaftlich verorteten, paradigmatischen Wende-- gesprochen werden, die zur Entstehung und Etablierung der so genannten Material Culture Studies geführt hat. Aus literatur- und medientheoretischer Perspektive soll mit der „strategische[n] Wahl des Materialitätsbegriffs“ (Pfeiffer 1988: 20) die Präsenz der Dinge gegen ihre Repräsentationsfunktion ausgespielt werden, da seit den semiotischen Arbeiten von Edmund Husserl und Ferdinand de Saussure der Bedeutungsträger als solcher von seiner materiellen Dimension getrennt wurde. In diesem Verständnis propagiert Aleida Assmann eine „wilde Semiose“: <?page no="90"?> 90 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse [Die w]ilde Semiose bringt die Grundpfeiler der etablierten Zeichenordnung zum Einsturz, indem sie auf die Materialität des Zeichens adaptiert und die Präsenz der Welt wiederherstellt. In jedem Fall erzeugt sie Unordnung im bestehenden Beziehungssystem der Konventionen und Assoziationen, sie stellt neue, unmittelbare Bedeutung her, sie verzerrt, vervielfältigt, sprengt bestehenden Sinn. (Assmann 1988: 239) Im Folgenden geht es jedoch weniger um eine kulturwissenschaftliche, poststrukturalistische Perspektivierung der materiellen Dimension, als vielmehr um die Fokussierung möglicher Beziehungen zwischen dem (narrativen) Bild- und Schrifttext und seiner Materialität oder materiellen Dimension; dies schließt die Genese dessen, die Gemachtheit eines Bilderbuchs, mit ein. So besteht ein Bilderbuch, das wir nach dem Kauf im (Buch-)Handel in den Händen halten, in den meisten Fällen aus farblich bedrucktem Papier in unterschiedlichen Stärken: Die Seiten weisen als so genanntes mittelstarkes Papier oder Halbkarton ein Flächengewicht von etwa 200 g / m 2 auf; der Einband ist hingegen aus Karton oder Pappe und hat damit ein weitaus höheres Gewicht. Während seiner Entstehung stellt sich die Materialität eines Bilderbuchs als Endprodukt jedoch anders dar: Als Schriftträger fungiert dann nicht eine papierene Druckseite, sondern die digitale Seite eines Textverarbeitungsprogramms auf dem Bildschirm eines Computers- - und in vielen Fällen auch nur ein Notizblock oder Schreibheft im Arbeitszimmer des Autors bzw. Illustrators. Ähnliches gilt für den Bildträger: Bevor eine Illustration im Verlag be- und verarbeitet und schließlich auf Papier gedruckt wird, kommen im Atelier als Träger dieser nicht nur das Papier eines Skizzenblocks oder dasjenige eines Aquarellblocks infrage; der Illustrator kann sich ebenso für die Leinwand, die Tafel aus Holz oder einen Kunststoff entscheiden. Für die Analyse eines Bilderbuchs kommt dem Bedeutung zu, da der Bildträger nicht nur Einfluss auf die Gestaltung, sondern auch auf die Erscheinung einer Illustration nimmt: Weist Papier beispielsweise eine starke Struktur auf, kann diese später sichtbar sein-- und damit der Bildträger selbst in den Fokus der Wahrnehmung rücken. Die Wahl des Bildträgers hängt eng mit der Entscheidung für eine bestimmte Kunstgattung und, damit einhergehend, für eine Technik zusammen: So kann der Künstler malen und dabei zwischen Techniken wie u. a. Acryl, Aquarell, Gouache oder Ölfarbe wählen. Benannt sind diese Maltechniken nach dem jeweiligen Binde- oder Malmittel. Bild- und Schriftträger Gattungen und Techniken der bildenden Kunst: Malerei <?page no="91"?> 91 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte Der nasse Farbauftrag der Malerei kann nach der Malweise, d. h. nach der Art des Auftrags, unterschieden werden. Bei einer deckenden Malweise entsteht eine einheitliche Farbschicht, der Malgrund ist nicht sichtbar. Der pastose (von ital. pastoso: breiig, teigig) Auftrag, bei dem die Farbe mit Werkzeugen wie Borstenpinsel, Spachtel, mit den Fingern oder direkt aus der Tube dick aufgetragen wird, erzeugt eine plastische, ja reliefartige Wirkung. Letztere ergibt sich besonders beim impasto, bei welcher der Farbauftrag durch Pinselstriche oder Spuren des Spachtels erkennbar strukturiert wird. Pastose Farbe kann aber auch vertrieben werden, wobei nur wenig Farbe verwendet und mit dem Pinsel gleichmäßig verteilt wird, so dass sich stufenlose Farbverläufe ergeben. Die Farbschicht wird dabei derart dünn, dass sie transparent erscheint. Beim lasierenden Auftrag wird die Farbe hingegen durch den Einsatz von viel Malmittel wie zumeist Wasser verdünnt- - und entsprechend hauchdünn aufgetragen. Nach der Trocknung kann die nächste Lasur erfolgen; diese Malweise, bei welcher einzelne Schichten wie auch der Malgrund durchscheinen, evoziert beispielsweise einen irisierenden Effekt. Die lavierende Malweise ist- - im Gegensatz zur Lasur- - ein Nass-auf-nass- Auftrag, bei dem die Farben ausschließlich in dünnflüssigem Zustand, ohne Trocknungen und Schichtungen, verarbeitet werden. Dabei verlaufen die Farben, fließen auf dem Malgrund ineinander, was Unschärfe als kalkulierte Folge hat. Abgesehen von diesen klassischen Malweisen kann Farbe auch mit Hilfe unterschiedlicher Werkzeuge aufgesprüht und -gespritzt werden; dies kann mit einer Zahnbürste, die über ein Gitter gezogen wird, ebenso geschehen wie durch eine Spritzpistole beim Airbrush. Die Wirkung eines Gemäldes wird materiell auch durch den abschließend aufgetragenen Firnis beeinflusst. Letzterer ist eine Schutzschicht, die keinen Farbstaub, keine Pigmente enthält und die Oberfläche einer Illustration vereinheitlicht. Der Künstler kann zwischen Abstufungen wie matt, seidenglänzend, glänzend und hochglänzend wählen. Mit Techniken wie z. B. Bleistift, Buntstift, Kohle und Rötel kann sich ein Künstler auch für eine Zeichnung als Illustration entscheiden. Für diese Gattung der bildenden Kunst sind der trockene Auftrag und die nicht flächenhafte Abbildung durch Linien und Striche charakteristisch. Voraussetzung für den trockenen Auftrag sind sowohl eine minimal raue Oberfläche des Malgrunds als auch die Pigmente, die aufgerieben nur wenig haften, weil die Adhäsionskraft bei kleinen und losen Farbpartikeln gering ist; so ist gleichfalls bei Zeichnungen ein Fixativ oder Firnis notwendig, um Dauerhaftig- Malweise Zeichnung <?page no="92"?> 92 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse keit zu gewährleisten. Illustrationen als Zeichnungen finden sich im Bilderbuch häufig; ihre Wirkung wird durch die beschriebenen materiell bestimmten Voraussetzungen in vielen Fällen als matt und weich, staubig und flüchtig beschrieben. Wesentlich verantwortlich für diesen optischen Eindruck ist der Auftrag selbst: Die Art des Abriebs hängt dabei vom Härtegerad des Stifts, vom Auftragswinkel, vom Abriebdruck und wiederum von der Beschaffenheit des Bildträgers respektive des Malgrunds ab. Oft werden Gattungen und Techniken kombiniert und treten damit zusammen auf, wie in Claude K. Dubois‘ Bilderbuch Akim rennt, in dem die Illustratorin eine Zeichenmit einer Maltechnik, Bleistift mit Aquarell, verbindet (Abb. 3.10 und 3.11). Das Bilderbuch erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen, der mit dem Krieg konfrontiert wird und der vor ihm, der sein Dorf zerstört und ihm Freunde und Eltern genommen hat, fliehen muss. Dubois findet den richtigen Ausdruck; mit dem Bleistift als Zeichengerät hat sie skizziert und damit nur angedeutet, was ein Bilderbuch mit diesem Thema anderenfalls für Kinder unmöglich gemacht hätte. Die Skizzen vermitteln eindrucksvoll die Folgen, die ein Krieg mit sich bringt; kongenial bildet Dubois seine schreckliche Dynamik ab, das Auf-der- Flucht-Sein, das Getrieben-Sein, das Niemals-zur-Ruhe-Kommen, diagnostiziert die immer anwesende Unsicherheit mit ihren Symptomen Angst und Panik. Entsprechend sind die Bilder ihrer Figuren gezeichnet, weisen in ihren Abbildungen (Leer-)Stellen auf, die den Malgrund durchscheinen lassen wie den Krieg, der alles und jeden betrifft und bestimmt. Manche dieser Stellen hat die Künstlerin durch sparsames Aquarellieren geschlossen. Die Illustrationen wirken dadurch noch weicher-- und reflektieren damit nicht zuletzt die Hoffnung, die sich durch die Erzählung zieht und sich am Ende für die Hauptfigur erfüllt. Abb. 3.10 und 3.11: Akim rennt (Dubois 2013: 9 und S. 8) <?page no="93"?> 93 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte Eine weitere klassische Gattung der bildenden Kunst ist die Fotografie: Im Bilderbuch wird sie einerseits bei der Kombination von Techniken wie z. B. der Collage, andererseits ausschließlich in so genannten Fotobilderbüchern wie z. B. Lieber Bär, was machen wir heute? (Faber 2012), verwendet. Eine immer größere Rolle spielt zudem der Computer, mit dessen Software Illustrationen digital erstellt und bearbeitet werden können. Deutlich wird das Zusammenspiel von Bildträger, Gattung und Technik im Entstehungsprozess einer Illustration: 6 Am Anfang setzt sich der Künstler zunächst mit der Erzählung inhaltlich auseinander. Markus LeFrançois, der u. a. Märchenbilderbücher wie die Bremer Stadtmusikanten (2014) illustrierte, beginnt dann mit der Zeichnung von kleinen Skizzen (Abb. 3.12): Diese Thumbnails bilden zunächst nur die wichtigsten Informationen ab, klären die horizontale bzw. vertikale Ausrichtung des Formats und geben einen Überblick über die für einen Handlungsmoment notwendigen Figuren. 6 Die folgenden Schilderungen beruhen auf Aussagen von Torben Kuhlmann, Markus LeFrançois und Sebastian Meschenmoser aus eMails an mich vom November und Dezember 2015. Zur Entstehung von Kuhlmanns Bilderbuch Lindbergh. Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus (2014) findet sich ein schönes Video auf YouTube, das gerade die Materialität des Entstehungsprozesses abbildet: https: / / www.youtube. com/ watch? v=OiCQnHeC4TY (Stand: 28 / 02 / 2017). Abb. 3.12: Markus LeFrançois: Dornröschen, Thumbnail <?page no="94"?> 94 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Abb. 3.13: Markus LeFrançois: Dornröschen, erste Zeichnung Abb. 3.14: Markus LeFrançois: Dornröschen, Aquarellbild <?page no="95"?> 95 3.4 Mikroanalyse: Textexterne Aspekte Darauf folgen die ersten Zeichnungen in Originalgröße-- auf Papier als Bildträger, das für ihn haptisch angenehm sein muss; als Zeichengerät benutzt LeFrançois Buntstifte (Abb. 3.13). Schließlich arbeitet er mit weichen Bleistiften dunklere Konturlinien heraus. Mit Durchschlagpapier werden die Zeichnungen nun auf den eigentlichen Bildträger kopiert. Wenn er mit Aquarelltechnik (Abb. 3.14) malt-- wie im Beispiel, das den Bildtext einer Doppelseite aus Dornröschen (2010) zeigt--, wählt LeFrançois als Malgrund entsprechendes Papier, das leicht rau ist und ein schweres Flächengewicht, eine hohe Grammatur, aufweist. Ein solches Aquarellpapier ist am Block fest verleimt, damit sich das Papier beim Trocknen wieder glatt ziehen kann. Bei der Aquarellmalerei handelt es sich um einen nassen Auftrag, bei dem die Pigmente der Künstlerfarbe und ihre Bindemittel mit viel Wasser verarbeitet werden. Die fertigen Illustrationen bearbeitet LeFrançois am Computer weiter: Sie werden gescannt und digital perfektioniert-- was ebenso lang dauern kann, wie das eigentliche Zeichnen und Malen. Dieser Einsatz des Computers soll später nicht sichtbar sein, im Vordergrund steht für ihn als Illustrator das Originalbild. Diese Authentizität ist auch für Sebastian Meschenmoser wichtig, seine Illustrationen sollen insbesondere ihre handwerkliche Dimension transportieren: In Gordon und Tapir hat er ausschließlich mit Bunt- und Bleistiften gearbeitet- - mit den Zeichengeräten, die auch Kinder zu Hause haben. So sollen die kleinen Rezipienten einen Bezug zu ihren eigenen Bildern herstellen können. Die materielle Dimension ist für den Illustrator nicht nur während des Entstehungsprozesses im Atelier, sondern ebenso danach von Bedeutung. Je nach Möglichkeit arbeiten Künstler und Verlag auch zu diesem Zeitpunkt des Entstehungsprozesses zusammen. Dabei kann das Papier als Bild- und Schriftträger wieder eine Rolle spielen: So bevorzugt Markus LeFrançois beispielsweise offenporige Papiere für seine Bücher, deren Struktur spürbar ist. Der Druck versinkt dabei ein wenig ins Papier, die Illustrationen schweben nicht auf der Oberfläche, wie bei glatten Papieren, sondern gehen eine Verbindung mit diesen ein. Materialität ist auch für die Sondertypen des Bilderbuchs, für die Spiel- oder Beschäftigungsbilderbücher, eine Kategorie von großer Bedeutung. Ein Fühlbilderbuch beispielsweise, bei dem die Mähne eines kleinen Ponys durch eingearbeitetes Kunsthaar haptisch erlebbar wird, unterscheidet sich maßgeblich durch seine Materialität von einem herkömmlichen Bilderbuch. Als weiteres Beispiel kann das Lochbilderbuch Die kleine Raupe Nimmersatt von Eric Carle dienen, dessen materielle Dimension gleich- Materialität im Spielbilderbuch <?page no="96"?> 96 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse sam das ludische Element (von lat. ludus: Spiel) dieses Bilderbuchs bestimmt-- und ihm Monat für Monat einen Platz auf der Bestsellerliste des deutschen Buchhandels garantiert. Sowohl bei den elektronischen Erweiterungen der Spiel- oder Beschäftigungsbilderbücher als auch bei den digitalen Bilderbüchern kommt der Materialität eine wichtige Rolle zu-- nicht nur bei der Wirkung von Bild- und Schrifttext, sondern auch bei der Rezeption dieser. Die Materialität von digitalen Bilderbüchern, von eBooks, enhanced eBooks und Apps, stellt sich dabei mehrdimensional dar: So kann einerseits-- wie auch bei den digitalen Erweiterungen tiptoi oder LeYo! -- die Materialität des Lesegeräts untersucht, andererseits diejenige des Bild- und Schrifttextes aus diachroner und synchroner Perspektive analysiert werden. Aus letzterer kann beispielsweise die Struktur des Trägermaterials in den Blick genommen werden, die im digitalen Bilderbuch nicht nur abgebildet, sondern auch haptisch erfahrbar wird-- wie z. B. durch Vibrationen des Lesegeräts, die erzeugt werden, wenn ein Finger über die (simulierte) Trägeroberfläche fährt. Diese Dimension der Bedienung als Ergonomie gehört ebenfalls als Kategorie zur Analyse der Materialität als textexterner Aspekt. Literatur zum Weiterlesen ▶ Grundlagenwerke zur Materialität sind die Bücher von Hans Ulrich Gumbrecht und K. Ludwig Pfeiffer, insbesondere der Sammelband Materialität der Kommunikation (1988). Ein Text, der gelungen Begriffs- und Forschungsgeschichte der kulturwissenschaftlichen Materialität komprimiert darstellt, ist Per Röckens Aufsatz in der Fachzeitschrift editio von 2008. Hier liefert er auch eine Typologie zur Analyse der Materialität von Schriftträger und Schrift. ▶ Im Handbuch The Routledge Companion to Picturebooks (2018) liest sich ein Beitrag von Ilgim Veryeri Alaca zur Materialität des Bilderbuchs. Perry Nodelman geht in Words about Pictures (1988), Martin Salisbury und Morag Styles in Children‘s Picturebooks ( 2 2020) auf materielle Aspekte des Bilderbuchs ein. Empfehlenswert sind weiter die Aufsätze zum Thema von Hiloko Kato, die sich mit der Materialität des Bilderbuchs Das Buch im Buch im Buch (2001) von Jörg Müller (2015) und mit der materiellen Dimension von Pop-Up-Bilderbüchern im Medienwechsel (2014) auseinandersetzt. Materialität im digitalen Bilderbuch <?page no="97"?> 97 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte ▶ Orientierung zu den verwendeten Begriffen aus der bildenden Kunst der Gattungen Malerei, Zeichnung und Fotografie bietet das Metzler Lexikon Kunstwissenschaft ( 2 2011), herausgegeben von Ulrich Pfisterer sowie Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken ( 2 1997) von Albert Knöpfli. Mit Grundzüge der Kunstwissenschaft (2007) von Jutta Held und Norbert Schneider liegt zudem eine gelungene Einführung vor. Standardwerke sind die Bücher zum Malmaterial und den Maltechniken von Max Doerner ( 24 2011) und seinem Schüler Kurt Wehlte ( 3 2010). 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte 3.5.1 Was wird dargestellt? 3.5.1.1 Handlung: Ein- und Mehrsträngigkeit, Mono- und Pluriszenik Bei der Analyse der Handlung als textinterner Aspekt der Mikroanalyse wird auf Ebene der histoire nach Struktur und Aufbau dieser gefragt, was auch die Bestimmung von Haupt- und Nebenhandlung(en) beinhaltet. Auf Ebene des discours können Handlungen als Teilsummen des Geschehens ein- oder mehrsträngig organisiert sein, dabei spielt die monobzw. pluriszenische Komposition der visuellen Erzählmodi eine Rolle. Eine Handlung ist eine Zustandsveränderung in der Zeit (→- Kapitel 3.1), sie umfasst- - frei nach Lessing- - eine Folge von Aktionen, die „zusammen ein Ganzes ausmachen“ (Lessing 1997: 357). Daraus folgend wird in der Literaturwissenschaft sowohl die Gesamtheit als auch die Teilsumme des in einem Werk dargestellten Geschehens als Handlung bezeichnet. Die Handlung als solche ist Kategorie der histoire- - bei der Analyse dieser geht es um das Was eines narrativen Textes: Hierbei kann das Handlungsschema als typischer Verlauf einer Handlung untersucht werden. Dass die Struktur von Erzählungen Mustern oder Schemata entspricht, findet sich bereits in der Poetik des Aristoteles, die um 335 v. Chr. entstanden ist und eigentlich nur für den internen Gebrauch in der Schule des Philosophen vorgesehenen war. In der Schrift schreibt Aristoteles, dass die gelungene poetische Darstellung menschlicher Handlungen „die Nachahmung einer in sich geschlossenen und ganzen Handlung“ sei, die „Anfang, Mitte und Ende“ (Poetik, 1450b) haben solle. Weiter soll sie durch Komplikationen, Wendepunkte und Lösungen strukturiert sein (Martínez & Scheffel 2009: 135). Terminologie Handlungsschema und -verlauf <?page no="98"?> 98 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Der Großteil narrativer Texte folgt diesem Schema: In Ein Buch für Bruno (1997) werden am Anfang, der Exposition, die Figuren eingeführt und der Schauplatz vorgestellt: Die Erzählung handelt von Ulla und von Bruno, der sie jeden Tag besucht, wenngleich er für sie nicht besonders viel übrig hat. Das ändert sich, als sie ihm das Zauberbuch aus der Bibliothek ihres Vaters zeigt: „Alles da drin kann lebendig werden, nicht nur die Schlange. Man muss sehr vorsichtig lesen-…“ (Heidelbach 1997: 2). Damit-- und mit dem Einstieg in eine fantastische Sekundärwelt über das Buch als Schwellenmotiv- - ist ein Wendepunkt gegeben, ein Vorfall oder ein Ereignis, der bzw. das in die Geschichte eingreift und sie in eine andere Richtung lenkt. In der Mitte der Erzählung, der Konfrontation, steht der Konflikt; die Hauptfiguren stoßen auf Hindernisse, die sie überwinden müssen: Ulla wird von einem Drachen entführt und auf eine Insel, weit draußen auf dem Meer, gebracht. Bruno macht sich in einem Ruderboot auf, sie zu retten. Im Kampf besiegt er-- märchen- und ritterhaft mit einem Schwert bewehrt-- den Drachen. Am Ende der Erzählung, der Auflösung, kehren die beiden Kinder zurück aus der fantastischen Welt-- und sind, wie das letzte Bild des Buches vermittelt, Freunde geworden. In fantastischen Bilderbüchern (→-Kapitel 2.3), die dem Zwei-Welten-Modell entsprechen, spielt die Konfrontation häufig in der Sekundärwelt; dabei rahmt die realistische Primärwelt mit Exposition und Auflösung die Erzählung strukturell. Eine Untersuchung des Handlungsverlaufs gehört im Allgemeinen zur Analyse des Handlungsschemas, im Speziellen zählen auch Motiv, Stoff und Thema (→-Kapitel 3.5.1.3) dazu. Auf Ebene des discours, der sich auf das Wie, auf die Gestaltung der narrativen Aspekten eines Textes bezieht, können Handlungen als Teilsummen des Geschehens ein- oder mehrsträngig organisiert sein: In Maurice Sendaks Bilderbuch Wo die wilden Kerle wohnen wird die Handlung einsträngig erzählt, in Mischa von Grégoire Solotareff und Nadja stellt sich dies anders dar: Hier werden zu Beginn der Bilderbucherzählung zwei parallel laufende Handlungen eingeführt, folgend konzentriert sich die Erzählung eine Zeit lang nur auf den einen Strang, um zum Schluss beide Handlungen zusammenzuführen (Thiele 2003a: 85). Vorbild für dieses Erzählkonzept ist die Parallelmontage, die D. W. Griffith bereits in der Frühzeit des Kinos als ein Stilmittel der filmischen Spannungsdramaturgie begründete. Die Parallelmontage ist dabei als Montageprinzip definiert, bei dem zwei räumlich disparate Handlungen parallelisiert und durch Ein- und mehrsträngiges Erzählen <?page no="99"?> 99 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Cross-Cutting (Kreuzschnitt) zu einer Einheit verbunden werden (Schössler 2011: 504). Grundsätzlich können die einzelnen Handlungen oder Handlungsstränge in mehrsträngigen Erzählungen parallel verknüpft oder ineinander verschränkend montiert werden; ein Handlungsstrang, der nur punktuell in die Erzählung eingebettet ist und nicht wiederaufgenommen wird, ist eine Episode. In der Literaturwissenschaft wird die Episode auch als Teil- oder Nebenhandlung bezeichnet. Dieser gegenüber steht-- ihrer quantitativen und qualitativen Bedeutung für die Erzählung entsprechend- - die Haupthandlung. Mehrsträngige Handlungen können sowohl über den Schriftals auch über den Bildtext erzählt werden (Wolf 2002a: 56); der Bildtext ist dabei als eine Reihe von pluriszenischen Bildern organisiert, bei denen mehrere Aktionen innerhalb der jeweiligen Bildflächen dargestellt werden. Das Gegenteil des pluriszenischen „Ordnungsprinzips“ (Varga 1990: 360) wird als monoszenisch bezeichnet und beschreibt ein Bild, das nur eine Aktion abbildet. Monoszenische Bildreihen erzählen einsträngige Handlungen. Wimmelbücher erzählen über pluriszenisch organisierte Einzelbilder, über Simultanbilder (→- Kapitel 3.1), die zumeist thematisch verknüpft sind. Die dargestellten Aktionen, die „dem Betrachter simultan, gleichzeitig und einheitlich in all seinen Informationen“ (Grünewald 1991: 31) angeboten werden, bilden nicht eine, sondern verschiedene Handlungen ab, die sowohl situativ als auch über die dargestellten Räume narrativ verbunden sind. So auch in Rotraut Susanne Berners Nacht-Wimmelbuch (2008), das auf sieben doppelseitigen Simultanbildern erzählt, was in einer Nacht in Wimmlingen passiert. Das Bilderbuch im Großformat beginnt mit der Abbildung eines Mietshauses mit diversen Parteien auf der ersten Doppelseite: Ein Mann duscht, während ein anderer, eine Wohnung weiter, bereits schläft, eine Mutter bringt ihr Kind zu Bett, ein Vater deutet einem Jungen, der draußen in einem Zelt schläft, dass es Zeit ist, die Taschenlampe auszuschalten-… Wenngleich dieses visuelle Erzählprinzip verschiedene Vorläufer in der bildenden Kunst kennt- - wie u. a. Pieter Bruegel der Ältere, der Bilder wie Der Kampf zwischen Karneval und Fasten (1559) schuf- -, wird als Schöpfer des Wimmelbuchs in Deutschland zuvorderst Ali-- richtiger: Alfons-- Mitgutsch genannt. Er kreierte in den späten 60er Jahren das erste Wimmelbuch, da Kurt Seelmann, der damalige Leiter des Münchener Jugendamtes, eines Buches bedurfte, das „nicht so schnell leer wird“, „das die Kinder immer wieder an- Haupt- und Nebenhandlung Mono- und Pluriszenik Wimmelbücher <?page no="100"?> 100 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse schauen können und dabei jedes Mal etwas Neues entdecken“ (Pfaff 2011). Was für die Bücher Mitgutschs gilt, gilt auch für diejenigen Berners: Sie enthalten keinen Schrifttext, ihre Bilder bringen viele Figuren auf einer Bildfläche zusammen, die für sich betrachtet werden können, da sie nur sehr selten inhaltlich oder kompositorisch auf die Nachbarfiguren angewiesen sind (Thiele 2003a: 59). Die einzelnen Handlungen stehen auf der Grenzlinie zwischen stilisierender, ja typisierender Karikatur und real gebundener Umweltinformation (Künnemann 1973: 420). Die Figuren sind stets in Bewegung, „oft in komisch anmutenden Verrenkungen und übertriebenen Posen“ (Thiele 2003a: 60)-- wie beispielsweise in Abbildung 3.15, die als Ausschnitt aus der beschriebenen Doppelseite ein Wohnzimmer zeigt, in dem ein überdimensionierter Fisch in einem zu kleinen Aquarium schwimmt. Auf der rechten Seite wird das Badezimmer einer anderen Wohnung des Mietshauses abgebildet-- und eine Frau, die augenscheinlich nicht schlafen kann. Abb. 3.15: Nacht-Wimmelbuch (Berner 2008: 1) Die Handlungen der einzelnen Simultanbilder entsprechen keiner linearen Ordnung wie sie z. B. in anderen textlosen Bilderbüchern wie den Märchenillustrationen auf Einblattdrucken des 19. Jahrhunderts zu finden ist. Das für jeden <?page no="101"?> 101 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte narrativen Text notwendige „zeitliche Nacheinander“ (Martínez & Scheffel 2009: 13) von Aktionen und Handlungen wird hier nicht durch die Komposition konstituiert, sondern durch den Betrachter: Mit einem „ambienten Sehen“, einer Art oberflächlichen Hin- und Herschweifens, verschaff[t] [sich der Betrachter] zunächst einen groben Überblick, eine Groborientierung. Bei einem erfaßten besonders kontrastreichen Detail wird automatisch der Blick hierhin gerichtet und es näher fixiert.- […] Die Fixationspunkte korrespondieren mit inhaltlichen Sequenzen, die sich zu einem Ganzen aneinanderreihen. Die Simultaneität des Bildes bleibt im Handlungsraum, im einheitlichen Rahmen erhalten, ermöglicht zudem einen ständigen vergewissernden Vergleich der Einzelheiten miteinander. (Grünewald 1991: 31) Im Nacht-Wimmelbuch folgen die einzelnen Simultanbilder einer übergeordneten Handlung, deren Träger mehrere Hauptfiguren sind. Diese treffen sich auf Ebene der histoire zuletzt in einem Park wieder, über dessen See als erzählerische Klimax ein Feuerwerk explodiert. Ein besonderer Fall ist das Erzählen auf mehreren Ebenen; hierbei kommen verschiedene Erzähler (→-Kapitel 3.5.2.1.2) in Rahmen- und Binnenerzählung(en) vor; dies wird in einem eigenen Kapitel (→-Kapitel 3.5.2.1.1) behandelt. Rahmen- und Binnenerzählungen sowie Haupt- und Nebenhandlung(en) bzw. Episode(n) können, wie mehrsträngiges Erzählen, auf Ebene des discours durch sowohl Bildals auch Schrifttext gestaltet werden, dabei ist das Zusammenspiel, das dialogische Verhältnis von Bild und Text (Kapitel →-3.5.3) von besonderer Bedeutung. Weiter können dabei auch die textexternen Aspekte des Bilderbuchs, wie der Paratext (Kapitel →-3.4.1) und die materielle Dimension (Kapitel →-3.4.2), zum Tragen kommen. Literatur zum Weiterlesen ▶ Für einen ersten Überblick ist der Artikel von Bernd Asmuth zur Handlung im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (2007) zu nennen. Auch Jost Schneider behandelt den Begriff in Einführung in die Roman-Analyse ( 4 2016). ▶ Als wichtige Monographien sind auch hier Matías Martínez‘ und Michael Scheffels Einführung in die Erzähltheorie ( 8 2009) und Christoph Bodes Der Roman ( 2 2011) zu nennen. <?page no="102"?> 102 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse ▶ Auf ein- und mehrsträngiges Erzählen im Bilderbuch geht Jens Thiele in Das Bilderbuch: Ästhetik- - Theorie- - Analyse- - Didaktik- - Rezeption ( 2 2003) ein. 3.5.1.2 Figuren Bei der Analyse von Figuren als textinterne Aspekte der Mikroanalyse wird auf Ebene der histoire nach der Konzeption dieser narrativen Kernelemente gefragt. Dazu gehören die Analyse ihrer quantitativen und qualitativen Dominanz, ihrer Stellung in der Figurenkonstellation und die Frage nach der Komplexität ihrer Merkmale. Auf Ebene des discours wird die Figurencharakterisierung untersucht-- die Art und Weise, in der eine Figur im Text gezeichnet ist. Figuren oder Aktanten als wiedererkennbare fiktive Wesen mit der Fähigkeit zu mentaler Intentionalität (vgl. Eder 2008: 64) sind für einen narrativen Text unverzichtbar: Sie verändern als Träger der Handlung durch Aktion(en) einen Zustand-A zu einem Zustand-B (→-Kapitel 3.1); ohne sie kommt eine Erzählung nicht zustande. In vielen Erzählbilderbüchern fungieren menschliche Figuren als Handlungsträger, ebenso finden sich auch nichtmenschliche Figuren (Abb. 3.16), wie z. B. das Schaf Selma im gleichnamigen Bilderbuch von Jutta Bauer (1997), oder übernatürliche Fabelwesen, wie der Drache in Ute Krauses Oskar und der sehr hungrige Drache (2007). Dass Figuren in narrativen Texten nicht unbedingt menschlich sein müssen, ist der Grund, warum sie nicht als Personen bezeichnet werden. Weiter akzentuiert der Begriff zum einen ihren künstlichen Status als literarische Konstrukte, zum anderen ihren häufigen Fiktionalitätsstatus (→-Kapitel 2.3); letzteres lässt sich etymologisch begründen, da sich beide Wörter auf das lateinische Verb fingere zurückführen lassen, das mit „bilden, erdichten, vortäuschen“ übersetzt werden kann (Anz 2007: 123). Als Figurenkonzeption gehören die Handlungsträger zur Ebene der histoire eines Textes, Manfred Pfister versteht diesen Begriff als das „anthropologische Modell, das der- […] Figur zugrunde liegt“. Die Darstellung der Figur durch „die formalen Techniken der Informationsvergabe“ (Pfister 2001: 240) vollzieht sich hingegen auf Ebene des discours, sie wird Figurencharakterisierung oder -zeichnung genannt. Terminologie Figurenkonzeption und -zeichnung <?page no="103"?> 103 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Figuren werden, ihrer Funktion und Präsentation in einer Erzählung entsprechend, unterschiedlich konzeptualisiert; nach ihrer quantitativen und qualitativen Dominanz können sie nach Haupt- und Neben- oder Randfiguren differenziert werden: Eine Hauptfigur ist eine Figur, die im Zentrum der Handlung steht, eine Nebenfigur erfüllt hingegen einen bloßen dramaturgischen Zweck und wird nicht plastisch. Die Hauptfiguren stellen auch den Protagonisten, den zumeist positiven Helden, der sich als Identifikationsfigur anbietet. Der Antagonist ist der Gegenspieler des Protagonisten, ist als Kontrast zu diesem konzipiert und ihm in der Figurenkonstellation gegenübergestellt. Pfister hat letzteren Begriff als „dynamische Interaktionsstruktur“ (Pfister 2001: 232) definiert, als Beziehungsgeflecht, in dem die Figuren zueinander stehen. Nach der Komplexität der ihnen zugeschriebenen Merkmale können Figuren in typisierte (von gr. typos: Abbild, Muster, Schlag) und individualisierte Figuren unterschieden werden. Typisierte Figuren, wie sie in Bilderbucherzählungen häufig vorkommen, tragen zumeist keine Namen, sondern werden stattdessen durch ihre Berufs-, Geschlechts- oder Altersbezeichnung wie auch durch die Benennung ihrer Familienrolle oder ihres Standes gekennzeichnet (Anz 2007: 123). In Bilderbüchern, in denen anthropomorphisierte Tiere die Figuren Abb. 3.16: Figuren in Bilderbüchern (Nikolajeva 2002, Kümmerling-Meibauer & Meibauer 2014: 152) <?page no="104"?> 104 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse stellen, dient oft die Artbezeichnung als Name, wie z. B. in Wolf Erlbruchs Ente, Tod und Tulpe (2007), Martin Baltscheidts Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte (2003) oder Isabel Kreitz‘ Häschen in der Grube (2014). Während typisierte Figuren im Verlauf der Handlung keine Entwicklung erfahren, verändern sich individualisierte Figuren; sie sind komplex und wegen ihrer Entwicklungsdynamik potentiell offen (Bode 2011: 129). Eine offen konzeptualisierte Figur schafft aufgrund ihrer Unvollständigkeit durch innere Leerstellen oder Widersprüchlichkeiten poetische Ambiguität (Platz-Waury 2007: 587). Dieses Gegensatzpaar stimmt weitgehend überein mit dem Konzept der statischen und dynamischen Figuren: Eine statisch konzipierte Figur bleibt sich während des ganzen Textverlaufs gleich; sie verändert sich nicht-[…]. Im Gegensatz dazu entwickeln sich dynamisch konzipierte Figuren über den Textverlauf hinweg, bleibt ihr Satz von Differenzmerkmalen nicht konstant, sondern verändert er sich entweder in einer kontinuierlichen Entwicklung oder diskontinuierlich-sprunghaft. (Pfister 2001: 241 f.) Ein weiteres, bekanntes Beschreibungskonzept ist Edward M. Forsters Differenzierung von Figuren in flat und round characters: Erstere sind typisierte Figuren, „constructed round a single idea or quality“; als letztere bezeichnet Forster hingegen Figuren, die durch „more than one factor“ (Forster 1977: 73) konzeptualisiert sind. Zur Bestimmung eines round characters kann beispielsweise gefragt werden, ob er durch sein Verhalten überrascht: The test of a round character is whether it is capable of surprising in a convincing way. If it never surprises, it is flat. If it does not convince, it is flat pretending to be round. It has the incalculability of life about it-- life within the pages of a book. (Forster 1977: 81) In Wo ist mein Hut (→- Kapitel 3.4.1) stellen ein nach seiner Kopfbedeckung suchender Bär sowie ein Kaninchen, das diesen gestohlen hat, qualitativ und quantitativ die Hauptfiguren; als Nebenfiguren treten eine Reihe von Tieren auf, welche der Bär auf seiner Suche befragt, darunter ein Fuchs, ein Frosch, eine Schildkröte und ein Hirsch. Diesen anthropomorphisierten Tierfiguren kommt eine ausschließlich dramaturgische Funktion zu; sie sind typisierte Figuren, die in der Erzählung keine Entwicklung, keine Veränderung erfahren. Auch der Bär trägt keinen Namen, ist jedoch komplexer gezeichnet als die ihn umgebenen Nebenfiguren: So bietet ein innerer Monolog eine Innensicht des Protagonisten und trägt damit zu seiner Psychologisierung bei; im Sinne Forsters überrascht <?page no="105"?> 105 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte die Figur, wenn sie am Ende die Frage des Eichhörnchens nach dem Verbleib des als Antagonisten gezeichneten Kaninchens negiert, scheint sie doch für sein Verschwinden verantwortlich zu sein. Auf Ebene des discours werden Figuren explizit charakterisiert, indem sie beispielsweise durch Adjektive und Adverbien direkt beschrieben werden, implizit durch die Art, wie die Figuren sprechen, handeln, denken oder empfinden, in welchem räumlichen (→-Kapitel 3.5.1.4) und sozialen Kontext sie positioniert sind oder welches Aussehen (Physiognomie, Statur, Mimik und Gestik sowie Kleidung) ihnen zugeschrieben ist (Anz 2007: 125). Diese Informationsvergabe erfolgt entweder auktorial auf Ebene der Erzählinstanz oder figural auf Ebene der Handlungsträger. Dergestalt ist die Charakterisierung einer Figur durch den Erzähler explizit-auktorial, ein sprechender Name dagegen implizit-auktorial. Charakterisiert sich eine Figur selbst-- z. B. durch einen (inneren) Monolog--, handelt es sich um eine explizit-figurale Charakterisierung; implizit-figural wird eine Figur durch ihre Kleidung gezeichnet. Was für den Schrifttext gilt, gilt auch für den Bildtext: Hier werden Figuren im wahrsten Sinne des Wortes durch Form (→-Kapitel 3.5.2.2.1), Farbe (→-Kapitel 3.5.2.2.2) und Komposition (→-Kapitel 3.5.2.2.3) gezeichnet. Für die Figurencharakterisierung können weiter auch die textexternen Aspekte des Bilderbuchs, wie der Paratext (Kapitel →-3.4.1) und die materielle Dimension (Kapitel →-3.4.2), infrage kommen. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Empfehlenswert ist der Beitrag zur Figur im Handbuch Literaturwissenschaft (2007), geschrieben und herausgegeben von Thomas Anz. ▶ Wichtige Monographien sind Das Drama ( 11 2001) von Manfred Pfister, Der Roman ( 2 2011) von Christoph Bode und Jens Eders Die Figur im Film: Grundlagen der Figurenanalyse (2008). Eders Buch ist ein nicht nur für die Filmanalyse zu empfehlendes Standardwerk, sondern bietet viele Impulse und übertragbare Konzepte für die Bilderbuchanalyse. ▶ Im Fachlexikon von KinderundJugendmedien.de findet sich in der Kategorie Epik ein Beitrag zur Figur, der u. a. auch Pfisters Modell für die Analyse darstellt. ▶ In der Fachzeitschrift kjl&m ist der Beitrag zum visuellen Erzählen von Katrin Dammann-Thedens (2013a) zu nennen, in dem sie auch und besonders auf die Konzeption und Zeichnung von Figuren im Bildtext eingeht. Charakterisierung: explizit und implizit <?page no="106"?> 106 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Die erste Ausgabe der Fachzeitschrift JuLit im Jahr 2005 ist dem Genre der Kinder- und Jugendliteratur gewidmet, in dem (anthropomorphisierte) Tiere die Figuren sind. Antje Ehmann legt den Fokus auf derartige Figuren im Bilderbuch-- und liefert eine kurze, nach Arten sortierte, Bibliographie zu Bilderbüchern mit Tierfiguren. 3.5.1.3 Motive und Themen Bei der Analyse von Motiven und Themen als textinterne Aspekte der Mikroanalyse wird auf Ebene der histoire sowohl nach ihrer Konzeption als auch nach ihrer konstellativen Struktur im Text gefragt. Auf Ebene des discours werden Gestaltungsmomente und Darstellungsweisen von Motiven und / oder Themen untersucht. „Was man Motive nennt“, schreibt Johann Wolfgang von Goethe in den Maximen und Reflexionen, „sind also eigentlich Phänomene des Menschengeistes, die sich wiederholt haben und wiederholen werden, und die der Dichter nur als historische nachweist“ (Goethe 1994b: 495). Motive beschreiben danach Phänomene, die in unterschiedlicher Ausprägung Bestandteile menschlicher Lebenserfahrung darstellen. Das repetitive Moment, von dem Goethe schreibt, ist diesen Phänomenen eingeschrieben; deutlich wird dies, wenn man Motivlexika durchblättert und in den Werken von Horst S. und Ingrid G. Daemmrich oder Elisabeth Frenzel auf Lemmata wie „Bruderkonflikt“ oder „Liebesbeziehung, die heimliche“ stößt: Derartige Konflikte und Beziehungen, um mit Goethe zu sprechen, haben sich wiederholt, werden sich wiederholen-- und finden sich dergestalt reflektiert in narrativen Texten wieder. Was Goethe in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts schreibt, greifen aktuelle Motivdefinitionen auf, verbinden einzelne Aspekte und aktualisieren sie. So erklärt Christine Lubkoll das Motiv als im weitesten Sinne kleinste strukturbildende und bedeutungsvolle Einheit innerhalb eines Textganzen; im engeren Sinne eine durch die kulturelle Tradition ausgeprägte und fest umrissene thematische Konstellation. (Lubkoll 2013: 542) Das Motiv als kleinste bedeutungsvolle, „gestaltbildende“ (Müller-Kampel 2001: 11) Einheit ist eine Kategorie der histoire, gehört zur Ebene der Ereignisfolge einer Erzählung wie die Figur(en) als Träger der Handlung(en), wie der erzählte Raum und die erzählte Zeit; aus Perspektive des discours wird die Art und Weise untersucht, wie ein Motiv in einem Text gestaltet ist. Terminologie <?page no="107"?> 107 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Motive sind an die Kategorien oder Kernelemente einer Erzählung gebunden, sie konkretisieren sie als schematisierte Einheiten, die in anthropologischen Grundsituationen verankert sind. Aus strukturalistischer Perspektive stehen sie zwischen den abstrakten Elementen und der konkreten Ausgestaltung dieser in der eigentlichen Erzählung. Aus der Anbindung der Motive an die Kernelemente einer Erzählung (Figur(en), Handlung, erzählter Raum, erzählte Zeit) ergibt sich eine typologische Ordnung in figurale, objektionale, situationale, lokale und temporale Motive; dabei sind die objektionalen und situationalen Motive der Handlung zugeordnet. Abzugrenzen ist das Motiv von den ebenfalls aus der Literaturwissenschaft und der Komparatistik stammenden thematologischen Begriffen Stoff und Thema. Ist der Stoff eine Kombination von Motiven, eine „Konfiguration von Personen, Handlungen und Problemstellungen, die durch mythische, literarische oder geschichtliche Vorgaben fest umrissen ist“ (Lubkoll 2013: 717), stellt das Thema die zugrundeliegende abstrakte Idee dar und reflektiert den Grund- und Leitgedanken eines Textes. In narrativen Texten für Kinder- und Jugendliche finden sich immer wieder bestimmte Motive und Motivkonstellationen, deren Vorkommen besonders in den Klassikern augenfällig ist (Lexe 2003: 78). Ein Beispiel hierfür ist das figurale Motiv des Außenseiters, bei dem Hans Mayer folgend zwischen intentionellen und existentiellen Außenseitern differenziert werden kann: Unter intentionellen Außenseitern verstehe ich Individuen, die sich aufgrund einer freien Willensentscheidung außerhalb der jeweiligen Gemeinschaft stellen. Wer die Grenze überschreitet, steht draußen. Solche intentionellen, also willentlichen Grenzüberschreiter sind z. B. Don Juan (durch das Laster) oder Faustus (durch den Teufelspakt).-[…] Die existentiellen Außenseiter hingegen-[…] wollen keine Grenzüberschreitung-- sie sind eine Grenzüberschreitung. (Mayer 1978: 43) Zum Typus des existentiellen Außenseiters gehören Figuren, die aufgrund von körperlichen und / oder sozialen Normabweichungen exkludiert sind, wie beispielsweise der Protagonist in Irgendwie Anders (engl. Something Else, 1994) von Kathryn Cave (Text) und Chris Riddell (Bild). Der titelgebende Protagonist erfüllt, was sein sprechender Name vorgibt: Irgendwie Anders ist anders als die anderen- - lebt allein für sich auf einem hohen Berg, weit entfernt in Einsamkeit. Keine Freunde hat er und alle Bemühungen, dies zu ändern, verlaufen ins Leere: Denn er sieht nicht aus wie die Motiv, Stoff und Thema Außenseitertum als Motiv Existentielles Außenseitertum <?page no="108"?> 108 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse anderen, spricht nicht wie die anderen und gehört damit nicht zu den anderen. Eines Tages klopft jedoch Etwas an die Tür von Irgendwie Anders und erklärt ihm: „Ich bin genau wie du! Du bist irgendwie anders-- und ich auch! “ (Cave & Riddell 1994: 17). Die beiden werden schließlich Freunde und wenn einmal jemand an die Tür klopfte, der wirklich sehr merkwürdig aussah, dann sagten sie nicht „Du bist nicht wie wir“ oder „Du gehörst nicht dazu“. Sie rückten einfach ein bisschen zusammen. (Cave & Riddell 1994: 24 f.) Thematisiert wird hier Julia Kristevas Diktum aus Fremde sind wir uns selbst, nach dem die bewusste Auseinandersetzung mit der Verknüpfung von Eigenem und Fremdem in uns schließlich zur Akzeptanz sowohl des Eigenen als auch des anderen Fremden führt: Entsprechend werden das Außenseitertum der Figuren und die damit einhergehenden sozialen Prozesse des „Übertritt[s] ins Abseits und Außen“ (Mayer 1978: 43) über die (Selbst-)Reflexion der Hauptfigur in Irgendwie Anders zumindest partiell aufgelöst. Auch in einer Liste von Malte Dahrendorf, die Funktionen des Außenseiter-Motivs in der Kinder- und Jugendliteratur aufführt, findet sich der Aspekt des Fremden im Eigenen wieder: Demnach erkenne der Rezipient, dass auch er „Anteil an diesem Besonderen und Andersartigen habe“ (Dahrendorf 1995: 3). Existentielles, unfreiwilliges Außenseitertum wird in der Literatur vielfach mit der Elternferne der Figuren verknüpft. Dieses bereits im Volksmärchen vorkommende Motiv (z. B. Lüthi 2005: 38) ist Grundlage für die Bewährung der Figuren in einer häufig der Âventiure ähnlichen Geschichte-- es ist „Voraussetzung für ein autonomes Leben und für herausragende Heldentaten“ (Spinner 2002: 89). Kombiniert wird die Elternlosigkeit der Figuren oft mit dem Motiv des fremden Kindes, das seit E. T. A. Hoffmanns spätromantischem Kunstmärchen Das fremde Kind vor allem in fantastischen Texten immer wieder aufgegriffen wird: Einige der Elemente, die die „fremden Kinder“ gemeinsam haben, sind die geheimnisvolle Herkunft, die Elternlosigkeit, das unbestimmte Alter, das androgyne Wesen, ein auffälliges äußeres Erscheinungsbild, besondere Fähigkeiten (fliegen können, besonders stark sein) und ihr Verzicht auf das Erwachsenwerden. (O’Sullivan 2009: 17) Wenngleich vor allem existentielle Außenseiter die Figuren stellen, finden sich in der Kinder- und Jugendliteratur auch viele intentionelle Außenseiter- - unangepasste Figuren, die wenig oder gar nicht konform mit den bestehenden (Gesellschafts-)konventionen sind. Intentionelles Außenseitertum <?page no="109"?> 109 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte In Ichmagnicht (2011) von Marjaleena Lembcke (Text) und Julia Neuhaus (Bild) ist ein derartiger Außenseiter die Hauptfigur. Envälitä, so der Name des männlichen Protagonisten, lebt in einem kleinen Haus-- nicht inmitten einer Siedlung neben anderen Menschen, sondern am Waldrand: Der Mann war nicht mehr jung, aber er war auch noch nicht alt. Er hatte keine Frau und keine Kinder. Er besuchte niemanden und niemand besuchte ihn. Er mochte weder Städte noch Dörfer. Er mochte keine Menschen und keine Tiere. Warum er dies alles nicht mehr mochte, darüber wollte er ein Buch schreiben. (Lembcke & Neuhaus 2011: 2) Die Einsamkeit des Einsiedlers ist selbst gewählt, wie seine Ablehnung nicht nur von allem Sozialen, sondern dem Leben als solchen. Diese-- und folgend Einsiedelei und Außenseitertum- - ändert jedoch eine kleine Katze, die sich eines Tages in das Haus verirrt, sich auf die Schreibmaschine von Envälitä legt und miaut. An dem Buch schreibt der Protagonist am Ende der Erzählung trotz der Begegnung mit der Katze, doch „hin und wieder“ (Lembcke & Neuhaus 2011: 29) lächelt er nun dabei. Das hier Dargestellte zu Motiv, Stoff und Thema bezieht sich auf die Ebene der histoire, auf die Konzeption wie auf die funktionale Struktur dieser thematologischen Elemente in der Geschichte. Auf Ebene des discours geht es um die Art und Weise, wie Motiv, Stoff und Thema sowohl im Bildals auch im Schrifttext gestaltet und dargestellt sind. Bei diesen Gestaltungsmomenten und Darstellungsweisen (O’Sullivan 2000: 70) können jedoch nicht nur textinterne, sondern auch -externe Aspekte von Bedeutung sein. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Einen Überblick bieten Christine Lubkolls Artikel zu Motiv, Stoff und zur Thematologie im Metzler Lexikon der Literatur- und Kulturtheorie ( 5 2013) und im Sammelband Von literarischen Außenseitern, dem Vampir auf der Leinwand und dem Tod im Comicbuch. Narratoästhetik und Didaktik transmedialer Motive in Kinder- und Jugendmedien (2020), den ich gemeinsam mit Stefanie Jakobi herausgegeben habe. ▶ Standardliteratur stellen noch immer die Fachlexika Themen und Motive in der Literatur: Ein Handbuch ( 2 1995) von Horst S. und Ingrid Daemmrich sowie Motive der Weltliteratur ( 6 2008) und Stoffe der Weltliteratur ( 10 2005) von Elisabeth Frenzel dar. <?page no="110"?> 110 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse ▶ In Kinder- und Jugendliteratur- - Ein Lexikon (Franz / Lange / Payrhuber 1995 ff.) finden sich im 6. Teil verschiedene Beiträge, die dezidiert auf einzelne Motive, Stoffe und Themen eingehen. ▶ Im zweiten Band des Taschenbuchs der Kinder- und Jugendliteratur ( 4 2005) ist ein Kapitel ausgewählten thematischen Aspekten gewidmet; hier geht z. B. Hannelore Daubert auf die Familie und Gudrun Schulz auf Außenseiter als Thema in Texten für Kinder- und Jugendliche ein. Mit letzterem Motiv beschäftigt sich auch Jutta Kurpjuhn in Außenseiter in der Kinderliteratur (2000); Gegenstand ihrer Analysen sind auch Bilderbücher. ▶ In Pippi, Pan und Potter (2003) untersucht Heidi Lexe bestimmte Motivkonstellationen als maßgeblich für die Bildung von Klassikern und beschreibt typische Motivphänomene in Kinder- und Jugendbüchern sowie Bilderbüchern. Gundel Mattenklott schreibt in Zauberkreide (1994) motiv- und themenorientiert über die Kinderliteratur seit 1945 und geht dabei auch auf verschiedene Bilderbücher ein. In einem Beitrag (2019) in der kjl&m liefern Stefanie Jakobi und ich einen Überblick zur Theorie des Motivs und bieten eine Typologie sowie ein Modell zur transmedialen Motivanalyse an. ▶ Auch KinderundJugendmedien.de bietet in der Kategorie Stoffe und Motive seines Fachlexikons Beiträge zu verschiedenen Motiven wie Krankheit, Traum oder Vampire. 3.5.1.4 Raum Bei der Analyse des Raumes als narratives Kernelement und textinterner Aspekt der Mikroanalyse geht es auf Ebene der histoire um die Konzeption und Struktur erzählter Räume-- auf Ebene des discours um die Art und Weise ihrer Darstellung als erzählende Räume. Diese weisen einen nicht bloß ornamentalen Charakter auf, sondern auch eine Erzählfunktion, die gedeutet werden kann. „Und plötzlich war da ein Meer mit einem Schiff “ heißt es in der Textstelle aus Maurice Sendaks Wo die wilden Kerle wohnen, die in Kapitel 3.1 als Beispiel dient, um das Erzählen einer Handlung als Zustandsveränderung in der Zeit zu verdeutlichen. Eine Handlung benötigt jedoch nicht nur Zeit, in und während der sich die Veränderung ereignet, sondern auch einen Raum. Dieser Raum, der im Beispiel sowohl das Meer als auch das Schiff umfasst, ist als Kategorie der Textanalyse ein „Oberbegriff für die Konzeption, Terminologie <?page no="111"?> 111 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Struktur und Präsentation der Gesamtheit von Objekten wie Schauplätzen, Landschaft, Naturerscheinungen und Gegenständen“ (Nünning 2013b: 634). Terminologisch bezeichnet „Ort“ eine Stelle in einem Raum; der Oberbegriff für Räume und Orte ist räumliche Gegebenheit. Der Raum der erzählten Welt im Singular ist die Gesamtheit aller räumlichen Gegebenheiten eines narrativen Textes (Dennerlein 2011: 158). In diesem Verständnis sind das Meer und das Schiff in Sendaks Bilderbuch räumliche Gegebenheiten; diese bilden, gemeinsam mit den anderen Räumen, wie dem Zimmer von Max oder der Insel der wilden Kerle, den Raum der erzählten Welt. Räume in narrativen Texten können zunächst konzeptionell in erzählte und erzählende Räume differiert werden (Prestel 2013: 27). Erzählte Räume bezeichnen als Kategorie der histoire die Räume der Diegese; sie weisen eine Unterscheidung von innen nach außen auf und können „nach den Regeln der erzählten Welt zur Umgebung mindestens einer Figur werden“ (Dennerlein 2011: 158). Erzählende Räume übernehmen auf Ebene des discours Erzählfunktionen; sie können z. B. zur Charakterisierung einer Figur beitragen oder eine symbolische Bedeutung haben. Eine Möglichkeit, erzählte Räume zu typologisieren und zu beschreiben, bieten literaturgeographische Theorien und Methoden, wie sie z. B. Barbara Piatti entwickelt hat. So können Räume in Texten dargestellt werden, die sich auf real existierende Landschaften und Städte beziehen; diese können im Atlas nachgeschlagen und gefunden werden. Sie sind literarisierte bzw. fiktionalisierte Räume (Piatti 2009: 23), die von wirklichen Räumen, die außerhalb des Textes liegen, immer zu trennen sind-- selbst, wenn sie hinsichtlich ihrer Gestaltung der Wirklichkeit nachempfunden sind (Nünning 2009: 38, Prestel 2013: 26). Dass derartige Räume nicht real sind, lässt sich schwer vermitteln- - erst recht, wenn diese Räume als literarische oder filmische Schauplätze Gegenstand von Reisen oder Touren sind. So werden beispielsweise zahlreiche geführte Spaziergänge in London und Umgebung angeboten, bei denen Schauplätze aus den Romanen von J. K. Rowling um Harry Potter besucht werden. Abgesehen von der King’s Cross Station, die in den Romanen und Filmadaptionen als Ausgangspunkt für die Zugfahrt nach Hogwarts dient, ist auch die Millennium Bridge Ziel einer solchen Tour. Was wird dabei aber eigentlich besichtigt? Aus der Sicht des zur identifikatorischen Lektüre Neigenden der reale Teil der aus Realem und Imaginärem additiv zusammengesetzten Fiktion. Aus der Sicht des in der ästhetischen Einstellung Verharrenden hingegen ein Reales, das von der literarischen Erzählte und erzählende Räume Erzählte Räume <?page no="112"?> 112 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Fiktion als einer unauflöslichen Synthese von Realem und Imaginären stets kategorial unterschieden bleibt.-[…] Dabei lassen sich solche Wahrnehmungen nicht in richtige und falsche aufteilen. (Schneider 2016: 41f.) Räume ohne jede Referenz zum realweltlichen Georaum, frei erfundene Räume also, wie die Insel der wilden Kerle, werden dagegen als fingierte Räume (Piatti 2009: 136 ff.) bezeichnet. Unterscheiden lassen sich diese fingierten Räume wiederum in realistische und fantastische Räume: Erstere durchbrechen in ihrer Konzeption und Ausgestaltung nicht das binnenfiktionale Realitätssystem, ihre erzählte Welt verletzt nicht die Naturgesetze (→- Kapitel 2.3). Es sind Räume wie die Wohnung von Cerisia in Mia schläft woanders, wie der Flur (Abb. 3.17), der „nach Ziege riecht“ (Lindenbaum / Behnken 2011: 3), oder die Küche, in der die beiden Mädchen Wassereis essen. Anderes gilt für fantastische Räume wie die Insel der wilden Kerle oder die Wasserburg in Aaron Beckers 2015 erschienenem Bilderbuch Die Reise (engl. The Journey, 2013). In diesem Bilderbuch, das 2015 in Deutschland veröffentlicht wurde, zeichnet ein kleines Mädchen mit roter Kreide eine Tür auf die Wand ihres Kinderzimmers (Abb. 3.18). Durch die Tür als Schwellenmotiv gerät sie in eine fantastische Sekundärwelt (→-Kapitel 2.3), die mit Räumen wie der beschriebenen Burg, einem Lichterwald oder einem Flugapparat, der sowohl an Mark Twains Schaufelraddampfer als auch an Jules Vernes Nautilus erinnert, gestaltet ist. <?page no="113"?> 113 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Abb. 3.17: Der Wohnungsflur in Mia schläft woanders (Lindenbaum / Behnken 2011: 3 f.) Abb. 3.18: Die Tür als Schwellenmotiv in Die Reise (Becker 2015: 5) <?page no="114"?> 114 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Sowohl fiktionalisierte als auch fingierte Räume können als erzählende Räume zur Charakterisierung einer Figur beitragen oder deren Innenleben und emotionale Zustände sichtbar machen (Prestel 2013: 26). Weiter können sie eine eigene symbolische Bedeutung aufweisen: Wälder sind Orte voller Geheimnisse und Bedrohungen, Inseln häufig Orte der Bewährung, wie Berge Orte der Herausforderung oder des Schicksals sein können; Höhlen oder höhlenartige Räume sind meist Orte innerer Einkehr, deren Verlassen nicht selten eine Art symbolische Wiederbzw. Neugeburt bedeutet; Straßen, weite Landschaften oder das Meer können stellvertretend stehen für Freiheit bzw. Befreiung oder die Chance auf einen Neuanfang, wenn nicht auf ein neues Leben. (Müller- Michaels 2006: 6 ff.) Erzählende Räume können aber auch durch die „Relationen der einzelnen Teilbereiche, in die sie zerfallen- […], und durch die Art ihrer Verknüpfung- […] symbolisch aufgeladen werden“ (Prestel 2013: 28). Der estnische Literaturwissenschaftler Juri M. Lotman entwickelte bereits Ende der 60er Jahre ein strukturalistisch-semiotisches Modell, das auf der Gegenüberstellung von räumlichen und semantischen Oppositionen basiert. Im Mittelpunkt des Modells steht die Grenze als zentrales Merkmal: Sie teilt den Raum in zwei disjunkte Teilräume. Ihre wichtigste Eigenschaft ist ihre Unüberschreitbarkeit. Die Art, wie ein Text durch eine solche Grenze aufgeteilt wird, ist eines seiner wesentlichsten Charakteristika. (Lotman 1993: 327) Diese Grenze ist für die Figuren nicht zu übertreten- - außer für den Protagonisten. Wenn dieser die Grenze überschreitet, entfaltet die Erzählung eine „narrative Dynamik“ (Martínez & Scheffel 2009: 140). Die Teilräume sind in Lotmans Raumsemantik auf drei Ebenen durch komplementäre Gegensätze gezeichnet, wie Matías Martínez und Michael Scheffel zusammenfassen: Topologisch ist der Raum der erzählten Welt durch Oppositionen wie ‚hoch vs. tief ‘, ‚links vs. rechts‘ oder ‚innen vs. außen‘ differenziert.-[…] Diese topologischen Unterscheidungen werden im literarischen Text mit ursprünglich nicht-topologischen semantischen Gegensatzpaaren verbunden, die häufig- […] mit Wertungen einhergehen, wie z. B. ‚gut vs. böse‘, ‚vertraut vs. fremd‘, ‚natürlich vs. künstlich‘.-[…] Schließlich wird die semantisch aufgeladene topologische Ordnung durch topographische Gegensätze der dargestellten Welt konkretisiert, z. B. ‚Berg vs. Tal‘, ‚Stadt vs. Wald‘ oder ‚Himmel vs. Hölle‘. (Martínez & Scheffel 2009: 140 f.) Erzählende Räume Lotmans Raumsemantik <?page no="115"?> 115 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Das raumsemantische Modell Lotmans lässt sich auf die Räume der erzählten wie der dargestellten Welt, auf den Schriftwie Bildtext in Dieter Wiesmüllers Komm mit, Moritz (1988) anwenden: Die fantastische Bilderbucherzählung beginnt mit einem kleinen Jungen namens Moritz, der nicht schlafen kann und traurig aus dem Fenster einer Stadtwohnung blickt. Als gerade der Mond hinter den Wolken erscheint, hört er eine Stimme, die ihn ruft. Die Stimme kommt von einem Segelschiff, das hoch über den Dächern der Stadt am Nachthimmel schwebt. Moritz folgt der Stimme und klettert schließlich über eine lange Strickleiter an Bord des Schiffes-- womit ein „tolles Abenteuer“ seinen Anfang nimmt, wie ihm die schwarzhaarige Piratin Lissi Filibuster lächelnd erklärt (Wiesmüller 1988: 6). Abb. 3.19: Das Schiff über den Dächern der Stadt in Komm mit, Moritz (Wiesmüller 1988: 3 f.) Der Raum dieser erzählten Welt ist in zwei topologisch zu unterscheidende Teilräume differenziert, in unten und oben. Die Grenze, die zwischen diesen Räumen verläuft, wird von den Figuren nicht überschritten, nur der Protagonist überklettert sie mit Hilfe der Leiter (Abb. 3.19). Durch seinen Grenzübertritt entfaltet die Erzählung ihre narrative Dynamik; aus Perspektive des Handlungsverlaufs endet an dieser Stelle die Exposition und der Mittelteil der Dieter Wiesmüller: Komm mit, Moritz <?page no="116"?> 116 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Erzählung, der von der Suche nach einem geheimnisvollen Schatz handelt, beginnt. Semantisch sind die Teilräume mit Gegensatzpaaren wie vertraut vs. fremd, Alltag vs. Abenteuer und entsprechenden Attribuierungen verbunden; die realistisch gezeichnete (Primär-)Welt ist topographisch in der Stadt am Boden verortet, die fantastische (Sekundär-)Welt konkretisiert sich hingegen im Segelschiff am Himmel. Diese fingierten Räume sind bereits in sich bedeutungshaft, weisen eine eigene Symbolik auf: So ist die Stadt am Boden ein Symbol der Heimat und des Schutzes (Meineke 2008: 364), das Schiff am Himmel ein Symbol der Reise, der Veränderung und der Freiheit (Sinn 2008: 319, Werberger 2008: 346). Kunst versteht Lotman als ein semiotisches System, das der Sprache nachempfunden ist-- das Kunstwerk stellt sich folglich „als ein Text dieser Sprache“ (Lotman 1993: 23) dar. Verbalsprachliche und visuelle Zeichen stehen so in einem untrennbaren Zusammenhang (Staiger 2012: 109): Der dem Menschen eigene besondere Charakter der visuellen Wahrnehmung der Welt hat zur Folge, daß für den Menschen in der Mehrzahl der Fälle die Denotate verbaler Zeichen irgendwelche räumlichen sichtbaren Objekte sind, und das führt zu einer spezifischen Rezeption verbalisierter Modelle. (Lotman 1993: 312) Diese Aussage ist für die (Raum-)Analyse im Bilderbuch besonders bedeutsam, da sich die Theorien und das Modell Lotmans sowohl auf den Schriftals auch auf den Bildtext beziehen lassen. Im Schrifttext wird der Raum der erzählten Welt maßgeblich durch die Nennung von Eigen- und Ortsnamen, von Zeigewörtern und weiteren Konkreta (Dennerlein 2011: 159) oder durch eine Beschreibung evoziert. Letztere wird durch den Erzähler oder durch Monologe bzw. Dialoge der Figuren konkretisiert. Dabei wird Bildlichkeit vor allem durch Tropen wie Metaphern und Symbolen erzeugt; bei der Analyse sollte jedoch ebenso die Erzählsituation als Gestaltungsmittel berücksichtigt werden. Hierbei ist von Interesse, von wo aus bzw. durch wen der Raum literarisch dargestellt und vermittelt wird. Entsprechend bezeichnet der Erzählraum denjenigen Ort, an dem sich der Erzähler aufhält und von dem aus er spricht (Dennerlein 2009: 127). Während im Schrifttext der Raum der erzählten Welt ausschließlich durch Sprache geschaffen wird und somit letztlich in der Imagination des Rezipienten, bildet der Bildtext Raum durch so genannte raumschaffende Mittel ab. Diese werden unterschieden in nichtkonstruktive und konstruktive Mittel. Zu den Mittel der Raumgestaltung <?page no="117"?> 117 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte nichtkonstruktiven Mitteln zählt beispielsweise die Überdeckung, zu den konstruktiven u. a. die Zentralperspektive (Kapitel →-3.5.2.2.3). Zu den Verfahren der Raumdarstellung gehören außerdem Licht-Schatten-Modellierungen und Luft- und Farbperspektiven. Abgesehen von den textexternen Aspekten des Bilderbuchs, wie der Paratext (Kapitel →-3.4.1) und die materielle Dimension (Kapitel →- 3.4.2), ist für die Raumanalyse das Zusammenspiel, die Interdependenz von Bild und Text (Kapitel →-3.5.3) wichtig. Literatur zum Weiterlesen ▶ Einen Überblick zum Thema Raum vermittelt Ansgar Nünning im Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie ( 5 2013). Wichtige Beiträge sind weiter die Texte von Katrin Dennerlein im Handbuch Erzählliteratur (2011) und von Ansgar Nünning in Raum und Bewegung in der Literatur (2009), herausgegeben von Wolfgang Hallet und Birgit Neumann. ▶ Im Handbuch der Kinder- und Jugendliteratur (2020) geht Caroline Röder im Kapitel Spatial Studies auf narrative Räume und ihre Theorien ein. Weiter widmen sich Nikolajeva und Scott (2006) sowie Nodelmann (2008) - partiell - dem Thema. Zu nennen sind hier auch die Sammelbände Topographien der Kindheit (2014) und Himmel und Hölle. Raumerkundungen - interdisziplinär & in schulischer Praxis (2015). Die Beiträge nähern sich dem Thema aus verschiedenen Perspektiven und über unterschiedliche Zugänge; auch wenn keiner der Texte dezidiert vom Raum und seinen Konstruktionen im Bilderbuch handelt, sind die Bände dennoch empfehlenswert. ▶ Im Sammelband Zwischen didaktischem Auftrag und grenzüberschreitender Aufstörung? Zu aktuellen Entwicklungen in der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur (2012) beschäftigt sich Sigrun Galter mit Grenzüberschreitungen in zwei Bilderbüchern von Shaun Tan und David Wiesner anhand von Juri M. Lotmans Raumsemantik. ▶ Ein schöner Text mit dem Titel Räume sind Schäume? der Kinder- und Jugendbuchautorin Kirsten Boie findet sich in dem von Heidi Lexe und Lisa Kollmer herausgegebenen Tagungsbericht Länge mal Breite. Raum und Raumgestaltung in der Kinder- und Jugendliteratur (2010). <?page no="118"?> 118 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse 3.5.2 Wie wird es dargestellt? 3.5.2.1 Schrifttext 3.5.2.1.1 Erzählebenen Bei der Analyse der Erzählebenen als textinterner Aspekt der Mikroanalyse wird nach Struktur, Funktion und Gestaltung von Rahmen- und Binnenerzählung(en) gefragt. Im Bilderbuch können Erzählebenen durch Schrift- und Bildtext, aber auch durch textexterne Aspekte wie der Materialität, gestaltet werden. Jutta Bauers Bilderbuch Opas Engel beginnt mit den Worten „Großvater erzählte gern. Er erzählte immer, wenn ich ihn besuchte- …“ (Bauer 2001: 1 f.). Diese Sätze der ersten Seiten sind einem kleinen Jungen zugeordnet, der seinen Großvater in einem Hospiz besucht. Nach der kurzen Exposition (→-Kapitel 3.5.1.1), die funktional der Einführung der Figuren und der Vorstellung des situativen Kontexts dient, übernimmt ein anderer Erzähler, eine andere Erzählinstanz, das Erzählen: Nun spricht der Großvater von seinem Leben, berichtet in direkter Rede davon, wie er als Kind jeden Morgen zur Schule läuft, wie er als junger Mann den Krieg erlebt, wie er Vater und schließlich Großvater wird. Am Ende der Erzählung findet ein erneuter Wechsel der Erzählinstanz statt; jetzt spricht wieder der Junge: „Großvater wurde müde und schloss die Augen. Ich ging leise raus.“ (Bauer 2001: 39). Durch den Wechsel der Erzählebene können zwei Erzählungen unterschieden werden: Hier die Erzählung des Jungen als Rahmen-, dort die in diesem Rahmen enthaltene Binnenerzählung des Großvaters. Zwischen den Erzählungen der beiden Erzähler und dem, wovon sie erzählen, besteht ein kategorialer Unterschied. Die Erzählung des Rahmenerzählers erfolgt auf einer extradiegetischen (von lat. extra: außerhalb und von gr. diegesis: Erzählung) Ebene, die Ereignisse, von denen dieser Erzähler erzählt, finden auf einer intradiegetischen Ebene statt. Die Binnenerzählung des Großvaters stellt damit ein intradiegetisches (lat. intra: innerhalb) Ereignis dar, das seinerseits-- von der Ausgangsebene der Rahmerzählung aus betrachtet-- eine dritte Ebene eröffnet, die als metadiegetisch (gr. meta: hinter, nach) bezeichnet wird (Martínez & Scheffel 2009: 75 f., Genette 2010: 147-150). Eine Zeichnung Genettes (Abb. 3.20), in der die Strichmännchen Erzähler symbolisieren und die Sprechblasen ihre jeweiligen Erzählungen samt ihrer Rahmen- und Binnenerzählung Extra-, intra- und metadiegetische Ebene <?page no="119"?> 119 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Diegesen, illustriert diese Ebenenverhältnisse oder Verschachtelungen von Erzählungen (Genette 2010: 225): Die extradiegetische Ebene ist in der Zeichnung durch den Buchstaben A, die intradiegetische durch den Buchstaben B, die metadiegetische schließlich durch ein C gekennzeichnet. In Opas Engel werden die verschiedenen Erzählebenen nicht allein durch den Schrift-, sondern auch durch den Bildtext differenziert: Die Illustrationen zeigen zunächst den Besuch des Jungen am Krankenbett, bilden dann die Lebenserinnerungen des Großvaters ab- - und schließlich, wie der sich Erinnernde einschläft und sein Enkel das Gebäude verlässt. Gelungen werden die Ebenen auch typographisch unterschieden: Der Schrifttext der Rahmenerzählung ist in einer Serifenschriftart gehalten, derjenige der Binnenerzählung hingegen in einer serifenlosen. Neben einer mündlichen Erzählung wie es in Opas Engel der Fall ist, können auch ein vorgelesenes oder zitiertes Buch, ein Manuskript, ein Traum, ein Bild oder ein Bilderzyklus eine neue Erzählebene eröffnen (Martínez & Scheffel 2009: 77). In Blumkas Tagebuch von Iwona Chmielewska ist es das titelgebende Diarium, durch das die metadiegetische Erzählung erfolgt: Auf der ersten, extradiegetischen Ebene wird das Mädchen Blumka vorgestellt, die in Warschau im Waisenhaus von Janusz Korczak lebt und dort ihr Tagebuch schreibt, in welchem sie den Leiter und zwölf Waisenkinder porträtiert. Diese intradiegetischen Porträts sind Teil der Binnenerzählung, die anekdotisch die pädagogischen Leitsätze Korczaks vermittelt; am Ende des Tagebuchs wechselt die Erzählinstanz, die extradiegetische Erzählung wird fortgesetzt: Textmedien als Binnenerzählungen Abb. 3.20: Ebenenverhältnisse von Erzählungen (Genette 2010: 225) <?page no="120"?> 120 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse „Danach kam der Krieg, der auch Blumkas Tagebuch mit sich fortriss. Woher wissen wir aber, was in ihm geschrieben stand? Weil es geschrieben wurde, damit man all das nicht vergisst-…“ (Chmielewska 2011: 59 ff.) Eine neue Erzählebene wird in Nur noch eine Geschichte, bitte (engl. Just One More Story, 1999) von Dugald Steer (Text) und Elisabeth Moseng (Bild) nicht durch ein vorgelesenes oder zitiertes (Tage-)Buch evoziert; es werden stattdessen mehrere Erzählebenen durch mehrere Bücher eröffnet, die in Gestalt von vier Minibüchern materiell präsent sind. Rahmen- und Binnenerzählungen werden damit nicht nur durch Schrift- und Bildtext voneinander abgegrenzt, sondern insbesondere durch den textexternen Aspekt der Materialität (→-Kapitel 3.4.2) unterschieden. Nur noch eine Geschichte, bitte ist ein Märchenbilderbuch; als Exposition und Verweis auf die orale Tradierung des Märchens dient eine klassische Erzählsituation, deren Beteiligte jedoch nicht Menschen, sondern anthropomorphisierte Schweine sind: Es war einmal ein kleines Schweinchen, das wollte immer Geschichten hören. „Bitte, nur noch eine Geschichte vor dem Einschlafen! “, sagte es immer. „Was für eine Geschichte? “, fragte seine Mama. „Geschichten von früher“, sagte das Schweinchen. (Steer & Moseng 1999: 2) Mit den Worten „Und die Schweinemama begann zu erzählen-…“ wird die Rahmenerzählung unterbrochen; als Binnenerzählung fungiert das erste Minibuch, das den Titel Der Schweineprinz trägt-- eine Parodie auf Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich der Kinder- und Hausmärchen von den Brüdern Grimm. Auf der nächsten Seite wird die Rahmenerzählung wieder aufgenommen: Die Schweinekinder sollen schlafen gehen, wünschen sich aber noch eine Geschichte, welche sich in Gestalt eines zweiten Märchen-Minibuches als weitere Binnenerzählung darstellt. Dieses Erzählprinzip setzt sich fort; das Bilderbuch endet schließlich mit der Rahmenerzählung, in der „das kleine Schweinchen und seine Schwestern“ (Steer & Moseng 1999: 11) nun eingeschlafen sind. Die Gestaltung von Rahmen- und Binnenerzählungen durch im Bilderbuch materiell präsente Textmedien findet sich auch in Die kleine Elfe in der Elfenschule (Marc Limoni [Text] & Susanne Schwandt [Bild] 2007). In diesem Fall sind es jedoch keine Minibücher, sondern Briefe, die sich die Geschwister Hanna und Jonas mit der kleinen Elfe Lilli schreiben, die sich in einer Art Internat im Elfenland befindet. Die sechs Briefe, die in Briefumschlägen stecken und jeweils auf eine Bilderbuchseite geklebt sind, dienen als fantastische Gegenstände, durch <?page no="121"?> 121 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte welche das Elfenland als Sekundärwelt implizit in der Primärwelt präsent ist; entsprechend sind auch Rahmen- und Binnenerzählungen zugeordnet. Das Bilderbuch endet mit der Rahmenerzählung und mit Lili, die aus dem Elfenland zurückgekehrt ist und den Geschwistern Elfenkuchen mitbringt. Briefe, die als Binnenerzählungen fungieren und im Bilderbuch materiell präsent sind, spielen auch und besonders in der Bilderbuchreihe um den Stoffhasen Felix von Annette Langen (Text) und Constanza Droop (Bild) eine entsprechende Rolle. Die Reihe, die mit Briefe von Felix im Jahr 1994 ihren Anfang nimmt, erzählt von dem Kuscheltier Felix, das seiner Besitzerin Sophie abhandenkommt. Über den Verlust ist sie untröstlich, bis sich eines Tages ein Brief von Felix in ihrem Postkasten findet. Von nun an- - und in zahlreichen Büchern, die mit verschiedenen Adaptionen und Produkten einen Medienverbund bestreiten-- berichtet ihr der Hase von seiner Reise. Mit den auf verschiedenen Ebenen angesiedelten Erzählungen können, Eberhard Lämmert folgend, unterschiedliche Funktionen verbunden sein: Abgesehen von der additiven Verknüpfung, einer bloßen Reihung von Erzählungen „um der Fülle der Gegenstände willen“ (Lämmert 1972: 44), unterscheidet Lämmert nach inhaltlichem Bezug zwischen Rahmen- und Binnenerzählung die konsekutive und die korrelative Form der Verknüpfung. Eine konsekutive oder kausale Beziehung liegt immer dann vor, wenn der Binnenerzählung eine explikative Funktion zukommt. Die Binnenerzählung erklärt hierbei, welche Art von Ereignissen die Situation herbeigeführt haben, in der die erzählende Figur sich in diesem Augenblick befindet (Martínez & Scheffel 2009: 78): In Opas Engel leitet der Großvater seine Erzählung mit den Worten „Junge, mir konnte keiner was-…“ (Bauer 2001: 3) ein. Auf den folgenden Seiten klären die Bilder, warum dem Großvater Zeit seines Lebens niemals etwas widerfahren ist: Ein Engel bringt einen Bus zum Stehen, der ihn auf seinem Schulweg überfahren hätte, beschützt ihn während des Krieges, steht ihm zur Seite, als er Vater und Großvater wird. Eine korrelative Form der Verknüpfung bezeichnet hingegen eine Ähnlichkeits- und / oder Kontrastbeziehung zwischen den Erzählebenen (Martínez & Scheffel 2009: 78 f.). Wenn am Schluss von Opas Engel der Junge das Gebäude verlässt, folgt der Engel ihm und wird von nun an auf ihn Acht geben; Lämmert zufolge liegt damit auch eine korrelative Verknüpfung der Ebenen vor: Der Schutzengel gewährleistet die „thematische Gleichstimmigkeit“ (Lämmert 1972: 52 f.) der Ebenen, er ist ein drittes Element, das die zwei Erzählebenen miteinander verbindet. Funktionen der Ebenenverknüpfung <?page no="122"?> 122 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Literatur zum Weiterlesen ▶ Für einen Überblick zu den Begriffen Rahmen- und Binnenerzählung sind die Artikel im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (Stocker 2007) und Metzler Lexikon Literatur (Hübner 3 2007) zu nennen. Matías Martínez und Michael Scheffel beschäftigen sich in Einführung in die Erzähltheorie ( 8 2009) mit dem Erzählen auf verschiedenen Ebenen in Anlehnung an Gérard Genettes Terminologie. ▶ Als wichtige Monographie, der in diesem Kontext nicht nur wissenschaftshistorische Bedeutung zukommt, ist Eberhard Lämmerts Klassiker Bauformen des Erzählens ( 5 1972) zu nennen. ▶ Am Rande wird in den Monographien Words about Pictures (Nodelman 1988), How Picturebooks Work (Nikolajeva & Scott 2006) und in Das Bilderbuch: Ästhetik-- Theorie-- Analyse-- Didaktik-- Rezeption (Thiele 2 2003) auf Rahmen- und Binnenerzählungen im Bilderbuch eingegangen. 3.5.2.1.2 Erzählsituation Bei der Analyse der Erzählsituation als textinterner Aspekt der Mikroanalyse wird gefragt, wer aus welchem Blickwinkel auf Ebene von Schrift- und Bildtexts erzählt. Dabei geht es zum einen um die Erzählstimme oder die grammatische Person des Erzählers, zum anderen um die auktoriale, personale oder neutrale Erzählsituation. Ein fiktionales Bilderbuch ist ein narrativer Text; als Vermittler zwischen der erzählten Welt und dem Konsumenten fungiert auf Ebene des discours der Erzähler, dem eine textkonstitutive Funktion zukommt. Der Erzähler, der nicht identisch mit dem empirischen oder faktischen Autor ist, kann „auffällig individuell bis fast unmerkbar sein, jedoch nicht fehlen oder verschwinden“ (Zeller 2007a: 502). Ein derart auffälliger Erzähler findet sich beispielsweise im Bilderbuch Die große Wörterfabrik (franz. La grande fabrique de mots, 2009) von Agnès de Lestrade (Text) und Valeria Docampo (Bild). Das Buch beginnt mit den Sätzen: Es gibt ein Land, in dem die Menschen fast gar nicht reden. Das ist das Land der großen Wörterfabrik. In diesem sonderbaren Land muss man die Wörter kaufen und sie schlucken, um sie aussprechen zu können. (de Lestrade & Valeria Docampo 2009: 1-3) Terminologie Erzählsituationen im Schrifttext <?page no="123"?> 123 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Hier liegt, Franz K. Stanzel zufolge, eine auktoriale Erzählsituation (lat. auctor: Urheber, Berichterstatter) vor: Diese ist durch die „Selbstkundgabe eines persönlichen- […] Erzählers“ (Stanzel 1993: 18) gekennzeichnet; weiter ist sie durch raffenden Bericht wie durch ein souveränes Verfügen des Erzählers über Handlung, Zeit und Raum charakterisiert. Der allwissende Blickwinkel (engl. point of view) des Erzählers resultiert aus seinem Standpunkt außerhalb der erzählten Welt. In der personalen Erzählsituation nimmt der Erzähler den begrenzten point of view einer Figur, die auch die Hauptfigur sein kann, ein-- wie in Jörg Steiners (Text) und Jörg Müllers (Bild) Der Aufstand der Tiere oder Die neuen Stadtmusikanten (1989): Lange Jahre hatte die Eule nun schon unverdrossen mitgeholfen, die Uhu-Sonnenbrillen im ganzen Lande bekannt zu machen. Nun dachten ihre Besitzer daran, sie auch noch in der Werbung für Bücher zu verwenden; aber gerade darum, weil die Eule eine eifrige Leserin war, wollte sie die neue Aufgabe nicht übernehmen. Es ist an der Zeit, sich selbst zu helfen, dachte sie und beschloß, ihren Dienst bei der Agentur Miller, Stein & Partner aufzugeben und fortzulaufen.-[…] Es hilft alles nichts, ich muß mir Verbündete suchen, dachte sie, als sie fertiggelesen hatte. Sicherlich bin ich nicht die einzige, der es verleidet ist, unseren Herrschaften als Markenzeichen zu dienen. (Steiner & Müller 1989: 1 f.) Für die personale Erzählsituation sind das Vorherrschen szenischer Darstellung, der Dialog und die Bewusstseinsspiegelung durch die erlebte Rede oder, wie im Beispiel, den inneren Monolog typisch. Dadurch tritt der Erzähler zurück und die narrativen Elemente, aus denen bei einer auktorialen Erzählung auf die Person des Erzählers geschlossen werden kann, werden neutralisiert oder ausgeschaltet (Stanzel 1993: 43). Die Ich-Erzählsituation ist dadurch bestimmt, dass die 1. Person Singular zur Bezeichnung des Erzählers verwendet wird; als Beispiel dienen hier die ersten Sätze aus Mia schläft woanders (schwed. Siv sover vilse, 2009) von Pija Lindenbaum aus dem Jahr 2011: Jetzt ist Cerisia meine beste Freundin geworden. Sie ist toll. Sie hat zwei Meerschweinchen und einen Hund. Ihr Bruder heißt Elme. Ich heiße einfach nur Mia. Cerisia wohnt in einem anderen Haus. Da bin ich noch nie gewesen. Aber jetzt werde ich bei ihr übernachten. (Lindenbaum 2011: 2) <?page no="124"?> 124 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Dass sich der Erzähler bzw. die Erzählerin mit Namen vorstellt und als konkrete Figur so anschaulich wie die anderen Figuren der Handlung wird (Vogt 2011: 36), ist für diese Erzählsituation typisch. Die Theorie der Erzählsituationen veröffentlicht Stanzel erstmals 1955 in einer kleinen Schrift mit dem Titel Typische Formen des Romans; heute gehören sie zum „literaturwissenschaftlichen Grundwissen“ (Vogt 2011: 36), sind „einfach, elegant und effizient“ (Bode 2011: 145)-- und werden nichtsdestotrotz vielfach kritisiert. Unter den Kritikern ist auch Gérard Genette, der dafür plädiert, die Erzählsituationen von ihren grammatischen Personen oder Erzählstimmen zu trennen. Dies führt bei der Er-Erzählung zu einer auktorialen und zu einer personalen Erzählsituation, was auch für die Ich- Erzählung gilt: Bei dieser ist die Retroperspektive eines erzählenden Ichs in autobiographischer Erzählung auktorial, ein am erlebenden Ich orientierter Text wie Mia schläft woanders als personal zu bezeichnen (Vogt 2011: 36). Mit Blick auf Genettes Theorie der Fokalisierung-- bei der gefragt wird, aus welcher Sicht das Erzählte vermittelt wird-- entspricht die auktoriale Erzählung der Nullfokalisierung, die personale der internen Fokalisierung. Die Theorie, die Genette erstmals Anfang der 70er Jahre vorstellt, beinhaltet noch einen weiteren Typ, den er extern nennt. Jochen Vogt beschreibt den dazugehörigen point of view als eine „(Überwachungs-)Kamera, bei der nur die äußerlich wahrnehmbaren Vorgänge aufgezeichnet werden“ (Vogt 2011: 37). Die drei Fokalisierungstypen lassen sich nach Martinez & Scheffel (2009: 64) wie folgt darstellen: 1. Nullfokalisierung: Erzähler > Figur (Übersicht- - der Erzähler weiß bzw. sagt mehr, als irgendeine der Figuren weiß bzw. wahrnimmt); 2. Interne Fokalisierung: Erzähler = Figur (Mitsicht-- der Erzähler sagt nicht mehr, als die Figur weiß); 3. Externe Fokalisierung: Erzähler < Figur (Außensicht-- der Erzähler sagt weniger, als die Figur weiß). Die externe Fokalisierung kann als neutrale Erzählsituation der oben vorgenommenen Einordnung hinzugefügt werden: Damit lassen sich nun sowohl der Er-Erzählung als auch der Ich-Erzählung die drei Erzählsituationen auktorial, personal und neutral zuordnen (Vogt 2011: 37). Erzählsituationen sind- - und das betont Stanzel noch in seinem letzten narratologischen Werk aus dem Jahr 2015-- auch immer als literarhistorische Entitäten zu verstehen: Entsprechend ist die auktoriale Erzählsituation oftmals Erzählsituationen und Fokalisierung <?page no="125"?> 125 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Ausdruck von Lehrhaftigkeit. Sie findet sich in der frühbürgerlichen Literatur und reicht bis ins 18. Jahrhundert (Vogt 2011: 38); häufig kommt sie jedoch auch in der Kinder- und Jugendliteratur vor. Personales Erzählen gewinnt seit Mitte des 19. Jahrhunderts als Programm eines ‚objektiven‘ Erzählens die Oberhand; die Literatur der Moderne und der Postmoderne ist hingegen dadurch charakterisiert, dass sie die verschiedenen Situationen bewusst aufgreift und historisierend, eklektisch oder spielerisch kombiniert (Vogt 2011: 38). Das gilt auch für das Bilderbuch, beispielsweise für Autoren und Illustratoren wie u. a. Wolf Erlbruch oder Anthony Brown. Allein daraus wird deutlich, dass Erzählsituationen sehr häufig in Zwischenstufen, Mischformen und als Kombinationen vorkommen. Kann im Bilderbuch über den Schrifttext sowohl die Erzählstimme als auch die Erzählsituation vermittelt werden, ist der Bildtext hingegen auf die Erzählsituation limitiert. Diese kann über die Perspektive realisiert werden: As readers / viewers, we behold the picture from a certain fixed point of view imposed on us by the artist. Even though we can by eye movement ‚read‘ the picture left to right or right to left or in a circular pattern, the basic point of view is unchanged. (Nikolajeva & Scott 2006: 117) Der allwissende point of view der auktorialen Erzählsituation entspricht einer Perspektive, deren Kennzeichen sich mit Begriffen der Kameraarbeit aus der Filmanalyse mit einer extremen Aufsicht und einer weiten Einstellungsgröße beschreiben lassen. Der Standpunkt des visuellen Erzählers liegt dabei außerhalb der erzählten Welt, ist zumeist (weit) über ihr verortet-- und ermöglicht die Erfassung des gesamten diegetischen Geschehens. Die Bilder in Wimmelbüchern weisen diese Perspektive auf; der Betrachter nimmt dabei einen gottgleichen Aussichtspunkt ein, der ihn selbst durch Mauern und Dächer in Häuser blicken lässt, wie im Nacht-Wimmelbuch von Rotraut Susanne Berner. Die extreme Aufsicht entspricht in diesen Bilderbüchern-- vor allem in den denjenigen von Ali Mitgutsch-- der Kavalierperspektive, bei der sowohl die Vorderansicht als auch die Seitenansicht der Objekte sichtbar ist. Doch zurück zu den bereits angeführten Beispielen: In Die große Wörterfabrik findet sich die auktoriale Erzählsituation nicht nur auf der Ebene des Schrifttexts, sondern auch des Bildtexts (Abb. 3.21). Erzählsituationen im Bildtext <?page no="126"?> 126 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Abb. 3.21: Die große Wörterfabrik (de Lestrade & Docampo 2015: 1 f.) Abb. 3.22: Der Aufstand der Tiere oder Die neuen Stadtmusikanten (Müller & Steiner 1989: 1) <?page no="127"?> 127 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Die personale Erzählsituation in Der Aufstand der Tiere oder Die neuen Stadtmusikanten hat dagegen im Bildtext kein Äquivalent; die Perspektive ist neutral, der Standpunkt des visuellen Erzählers in Abbildung 3.22 bietet keine Übersicht auf die erzählte Welt wie im ersten Beispiel, sondern eine Außensicht. Der Erzähler weiß weniger als die Figur- - was nicht zuletzt durch die Untersicht deutlich wird, durch die der Standpunkt des Erzählers nicht mit der Figur auf einer Ebene liegt, sondern unter ihr. Weiter ist die Einstellungsgröße wie die Position der Eule zu nennen: Die Einstellungsgröße der Totalen bildet die Figur im Raum ab, bietet dem Betrachter Orientierung in letzterem, setzt den Fokus damit aber nicht auf die Figur. Dies reflektiert auch die Position der Figur im Bildraum, die nicht zentral in der Bildmitte, sondern eher randständig links davon gesetzt ist. Träger der Handlung ist jedoch nicht allein die Eule, sondern auch ein Pinguin, ein Krokodil und ein Pandabär. Die vier Tiere sind Werbefiguren einer Agentur-- und beschließen, angeregt durch das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten, die Werbeagentur zu verlassen, um selbst über ihr Leben zu bestimmen. Thema des Bilderbuchs ist das Gedankenspiel, in welchem Maße die Medien den Alltag bestimmen und welchen Einfluss sie auf die Wahrnehmung der Welt und die Selbstfindung des Individuums haben- […]. Die Fremdbestimmung der Tierfiguren, zunächst durch die Vereinnahmung als Werbefiguren und später als Animationsfiguren in einem Spielfilm, führt folgerichtig zur der Frage, ob man sich als Einzelperson dem omnipräsenten Einfluss der Medien überhaupt entziehen kann. (Kümmerling-Meibauer 2012c: 54) Das Thema wird durch zahlreiche intertextuelle und intermediale Referenzen wie auch durch die Gestaltung von peritextuellen Elementen, die auf das Fernsehen als Leitmedium verweisen, gestützt. In diesem Zusammenhang spiegelt die Differenz der Erzählsituationen die Differenz zwischen objektiver und medialer Realität; die neutrale Erzählsituation zeitigt als Blick durch die (Überwachungs-) Kamera den Einfluss der Medien. Auch die Illustrationen in Mia schläft woanders weisen eine neutrale Erzählsituation auf-- in Diskrepanz zur personalen Ich-Erzählung des Schrifttexts. Grundsätzlich kann ein Bild nicht direkt personal erzählen; es kann aber indirekt das Bewusstsein einer Figur, ihre Gedanken und Gefühle spiegeln, indem es zum einen ihre Mimik und Gestik abbildet und zum anderen durch Form, Farbe und Komposition des Bildes Rückschlüsse auf diese erlaubt. Personale Erzählsituation im Bildtext <?page no="128"?> 128 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Auch Techniken des personalen Erzählens zur Vermittlung von Gedankenvorgängen einer Figur, wie beispielsweise der innere Monolog oder der stream of consciousness als Radikalisierung dessen, können im Bilderbuch durch Einzelbilder oder eine Reihe von Bildern auf Ebene des Bildtextes realisiert werden. Besondere Formen dieses visuellen Erzählens sind Vorstellungs- und Erinnerungsbilder: Unter Vorstellungsbildern versteht Jens Thiele raumzeitlich nicht Vorstellungs- und Erinnerungsbilder Abb. 3.23: Der rote Wolf (Waechter 1998: 53) <?page no="129"?> 129 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Auch Techniken des personalen Erzählens zur Vermittlung von Gedankenvorgängen einer Figur, wie beispielsweise der innere Monolog oder der stream of consciousness als Radikalisierung dessen, können im Bilderbuch durch Einzelbilder oder eine Reihe von Bildern auf Ebene des Bildtextes realisiert werden. Besondere Formen dieses visuellen Erzählens sind Vorstellungs- und Erinnerungsbilder: Unter Vorstellungsbildern versteht Jens Thiele raumzeitlich nicht Vorstellungs- und Erinnerungsbilder definierte Tagträume, Wunschbilder, Traum- oder Fantasiebilder, unter Erinnerungsbildern konzentrierte Analepsen (Thiele 2003a: 80). Als Beispiel für Erinnerungsbilder führt Thiele Friedrich Karl Waechters Bilderbuch Der rote Wolf (1998) an: In der Erinnerung eines kleinen Hundes ziehen kurz vor seinem Tod, während er in eine tiefe Schlucht fällt, Bilder aus seinem Leben vorbei (Abb. 3.23). Waechter füllt fünf Seiten mit insgesamt 45 Einzelbildern aus dem Leben des Hundes, von der Geburt bis zu seinem Absturz. Daneben zeichnet er den fallenden Hund und schafft so nicht nur eine assoziative Verbindung zwischen Gegenwart und erinnerter Vergangenheit, sondern auch einen Einblick in das Bewusstsein des Tieres. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (Stocker 2007) und im Metzler Lexikon Literatur (Ackermann 3 2007) finden sich empfehlenswerte Beiträge, die einen Überblick über die erzähltheoretischen Aspekte von Erzähler, Fokalisierung (bzw. Perspektive) und Erzählsituation vermitteln. ▶ Abgesehen von den klassischen Texten-- Gérard Genettes Die Erzählung ( 3 2010) und Franz Karl Stanzels Theorie des Erzählens ( 8 2008)-- seien hier wieder die Bücher von Jochen Vogt, Aspekte erzählender Prosa ( 11 2014) und Wie analysiere ich eine Erzählung? (2011), sowie Christoph Bodes Der Roman ( 2 2011) als wichtige Monographien empfohlen. ▶ Im internationalen Handbuch The Routledge Companion to Picturebooks (2018) liest sich ein Beitrag von Smiljana Narancic Kovac zum Thema. Als Monographien sind an dieser Stelle ebenfalls die Werke von Nikolajeva und Scott (2011) sowie von Nodelman (2008) zu nennen. ▶ Im Sammelband Fragwürdiges Bilderbuch (2013), herausgegeben von Iris Kruse und Andrea Sabisch, geht Michael Staiger in einem Beitrag zur Komplexität des Erzählens im Bilderbuch u. a. auch auf Perspektive und Fokalisierung im Bilderbuch ein. Zahlreiche Hinweise auf weiterführende Forschungsliteratur aus dem englischsprachigen Raum finden sich hier, wie z. B. der wichtige Beitrag von Angela Yannicopoulou (2010). ▶ Im Fachlexikon von KinderundJugendmedien.de findet sich ein Überblicksartikel zur Erzählsituation mit einigen Literaturhinweisen. <?page no="130"?> 130 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse 3.5.2.1.3 Zeit Bei der Analyse der Zeit als textinterner Aspekt der Mikroanalyse geht es um das Verhältnis zwischen der erzählten Zeit und der Erzählzeit auf Ebene von Schrift- und Bildtext. Von den Kategorien Dauer, Ordnung und Frequenz ausgehend, werden die Fragen „Wie lange? “, „In welcher Reihenfolge? “ und „Wie oft? “ gestellt. Wolf Erlbruchs Bilderbuch Frau Meier, die Amsel (2000) handelt von einer Frau, die sich beständig Sorgen macht: Sie sorgt sich um den Knopf an ihrem Wintermantel, der abfallen könnte, um ihren Kuchen und die Anzahl von Rosinen darin- - oder um die Flugzeuge, die über ihren Garten fliegen und abstürzen könnten. Eines Tages findet sie ein kleines, nacktes Ding mit dicken blauen Augenlidern, die fest geschlossen sind. Frau Meier nimmt sich des kleinen Tiers an und „schon nach zwei Wochen“ erkennt sie, „daß sie dabei war, eine junge Amsel großzuziehen“ (Erlbruch 2013: 13), wie in auktorialer Erzählsituation (→-Kapitel 3.5.2.1.2) berichtet wird. Die zwei Wochen, die Frau Meier mit der Sorge um den kleinen Vogel in der Erzählung verbringt, lesen wir innerhalb weniger Sekunden. Diese zeitliche Inkongruenz oder temporale Spannung „zwischen dem vorgespiegelten realen Geschehen und seiner erzählerischen Bewältigung“ (Lämmert 1972: 22) wird in der Narrativik seit Günther Müller mit den Begriffen erzählte Zeit und Erzählzeit erfasst. Die erzählte Zeit ist die Zeit der histoire, des erzählten Geschehens-- die Erzähl- oder Rezeptionszeit hingegen die Zeit des discours, des Erzählvorgangs. Der „allgemein üblich[e]“ Begriff der Erzählzeit ist jedoch, wie Jochen Vogt schreibt, nicht „ohne Mißverständlichkeit“: [P]räziser wäre es, von „Lesezeit“ zu sprechen. Man könnte sie empirisch messen, wird aber stattdessen-- aus praktischen Gründen-- ihr räumliches Äquivalent, den Textumfang nach Druckseiten bzw. Zeilen erfassen.-[…] Analytisch nutzbar werden diese Kategorien freilich erst, wenn sie aufeinander bezogen sind. (Vogt 2014: 102) Das Verhältnis zwischen erzählter Zeit und Erzählzeit lässt sich als Dauer in unterschiedliche Kategorien fassen. Die erste, im Bilderbuch häufig anzutreffende Kategorie, ist die Zeitraffung, bei der die Dauer der erzählten Zeit größer als die Erzählzeit ist, wie im Beispiel mit Frau Meier und ihrer Amsel: Auf Ebene des Schrifttextes werden die Geschehnisse der zwei Wochen in wenigen Worten zusammengefasst. Was für die Zeitraffung für den Schrifttext zutrifft, gilt erst recht für den Bildtext, wie Jens Thiele schreibt: Terminologie Dauer <?page no="131"?> 131 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Achtet man speziell auf die visuelle Narration, so erhöht sich der Eindruck der Raffung, da dem Bild in der Regel die dem Text eigenen zeitlichen Entwicklungslinien sowie Übergänge und Verbindungen zwischen den markanten Erzählpunkten fehlt [sic]. (Thiele 2003a: 87) Mit dem Begriff Sekundenstil wird die Kategorie des zeitdeckenden Erzählens, wird eine Kongruenz von erzählter Zeit und Erzählzeit bezeichnet; ein Beispiel für eine derartige, hier annähernde, Isochronie auf Ebene des Schrifttextes findet sich gleichfalls in Erlbruchs Bilderbuch, wenn die Amselmutter versucht, den kleinen Vogel zum Fliegen zu motivieren: „Noch etwas zittrig von der Anstrengung, nahm sie die junge Amsel aus der Schürzentasche und setzte sie mit ein bißchen Abstand neben sich auf den Ast.“ (Erlbruch 2013: 19). Auf der Bildtextebene ist ein derartiges Erzählen jedoch nicht möglich. Die dritte Kategorie ist diejenige der Zeitdehnung oder Zeitlupe; in diesem Fall nimmt die erzählte Zeit weniger Zeit in Anspruch als die Erzählzeit. Auf der Ebene des Schrifttextes kommt diese Kategorie im Bilderbuch kaum vor, auf der Bildtextebene stellt sich dies hingegen anders dar: Zeitdehnung im Bilderbuch wird vor allem über die visuelle Ebene erfahrbar, da hier verschiedene bildnerische Prinzipien für die zeitliche Extension zur Verfügung stehen. Nicht zufällig reduziert sich der Textanteil bei solchen Prozessen oder entfällt ganz. (Thiele 2003a: 86) Diesen Sätzen Thieles entspricht beispielsweise der folgende Ausschnitt einer Doppelseite aus Nikolaus Heidelbachs Ein Buch für Bruno. <?page no="132"?> 132 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Abb. 3.24: Das Lesebändchen als Schwellenmotiv in Ein Buch für Bruno (Heidelbach 1997: 7 f.) Abbildung 3.24 zeigt den Moment, in dem Ulla und Bruno am Lesebändchen des blauen Buchs als fantastisches Schwellenmotiv in die Sekundärwelt reisen (→-Kapitel 2.3). Die in der erzählten Zeit der histoire nur einen Augenaufschlag dauernde Passage wird durch das Zerlegen des Bewegungsprozesses zu einer Zeitlupe der Erzählzeit auf Ebene des discours. Diese bildnerische Darstellung, die vom Auge nicht wahrnehmbare Abläufe von Zeit in der Ausdehnung sichtbar macht, geht auf den amerikanischen Fotografie- und Filmpionier Eadweard Muybridge zurück. Im Jahr 1872 weist er mit der Reihenfotografie nach, dass sich alle vier Beine eines Pferdes während des Galopps zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Luft befinden (Abb. 3.25). <?page no="133"?> 133 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Abb. 3.25: Eadweard Muybridge (1878), The Horse in motion. „Sallie Gardner,“ owned by Leland Stanford; running at a 1: 40 gait over the Palo Alto track, 19th June 1878 (Quelle: Library of Congress, http: / / www.loc.gov/ pictures/ item/ 97502309/ ) Mit dem Begriff der Ordnung fragt Genette nach der Reihenfolge, in welcher die Handlung in einer Erzählung vermittelt wird. Dabei gilt für das Bilderbuch-- wie für alle narrativen Texte-- das zeitliche Nacheinander sowohl für die histoire als auch für den discours; unter dieser Voraussetzung kann es jedoch zu Anachronien, zu Umstellungen der chronologischen Ordnung kommen: In der Form der Analepse wird ein Ereignis nachträglich dargestellt, das zu einem früheren Zeitpunkt stattgefunden hat als dem, den die Erzählung bereits erreicht hat; in der Form der Prolepse wird ein noch in der Zukunft liegendes Ereignis vorwegnehmend erzählt. (Martinez & Scheffel 2009: 33) Derartige Umstellungen seien „für die Erzählzeit im Bilderbuch nicht typisch“, schreibt Jens Thiele, weil die Zerstückelung zeitlicher Strukturen „durch Vor- und Zurückspringen oder gar Umkehrung zeitlicher Abfolgen- […] der kinderliterarischen Erzählform im Bilderbuch“ (Thiele 2003a: 87) widerspreche. Grundsätzlich ist dieser Aussage zuzustimmen, nichtsdestotrotz finden sich-- Ordnung <?page no="134"?> 134 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse insbesondere durch die Entwicklungen, die das Bilderbuch seit den 80er Jahren durchlaufen hat-- zunehmend auch Erzählformen, die dem modernen Roman entstammen, wie u. a. Ana- und Prolepsen. In Niklas bekommt ein Schwesterchen von Bettina Kienitz (Text) und Irene Mohr (Bild) aus dem Jahr 2006 steigt Niklas mit seiner Mutter auf den Dachboden, um nach Babykleidung für das Schwesterchen zu suchen, das die Mutter bekommen wird. Als sie einen Karton öffnet und Strampelhöschen, Hemdchen und Söckchen herausholt, erzählt sie Niklas von der Zeit, als er in diese Kleidung gepasst hat (Kienitz & Mohr 2006: 10). Unterteilt man die Zeitachse der erzählten Handlung in drei chronologisch aufeinander folgende Ereignisse A, B und C, stellt sich die beschriebene Handlung in Niklas bekommt ein Schwesterchen als B A C dar, als Analepse (Martinez & Scheffel 2009: 33). Eine Prolepse, die sich auf der Zeitachse als A C B darstellt, enthält die erzählte Handlung in Jonathan Emmetts (Text) und Daniel Howarths (Bild) Du und ich für immer (engl. Always and Forever, 2007). Das Bilderbuch erzählt von Mäusen, genauer: von einem Vater, der mit seinem Sohn spielt. Letzterer rennt davon und fordert den Vater auf, ihn zu fangen. Die große Maus holt die kleine ein, hebt sie hoch und wirbelt sie durch die Luft, worauf sie sich beschwert, dass es ihr nicht gelingen würde, dem Vater zu entkommen. Daraufhin erklärt der Vater dem Sohn, dass sich dies ändern wird, dass die kleine Maus eines Tages „so schnell“ sein wird, dass er sie „nicht mehr fangen“ können wird (Emmett & Howarth 2007: 5). Anachronien kommen auch auf der visuellen Ebene vor, beispielsweise als Prolepsen in Wo ist Pippo (1996), einem Spiel- und Beschäftigungsbuch von Annette Langen (Text) sowie Sigrid und Sven Leberer (Bild). Die Handlung des Suchbilderbuchs ist schnell erklärt: Eine Familie sucht vergebens nach ihrer Dackelhündin Pippo, nachdem diese aus der gemeinsamen „Wohnhöhle“ verschwunden ist. Auf der Suche gelangen Opi, Jana und Lisa zu einer Baustelle, auf der jedoch niemand der dort Arbeitenden Pippo gesehen hat. Anders der Betrachter, der die Möglichkeit hat, Teile der Illustration aufzuklappen. Hinter den kleinen Klappen aus Pappe verbirgt sich, was erst in einigen Augenblicken passieren wird. So kann der Betrachter sehen, was die beiden Bauarbeiter machen werden (Abb. 3.27), nachdem sie den Sand von der Ladefläche des Kippers geschaufelt haben-- und wo Pippo in wenigen Momenten sein wird (Abb. 3.26). <?page no="135"?> 135 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Abb. 3.26: Wo ist Pippo (Langen & Leberer & Leberer 1996: 9 f.) Abb. 3.27: Wo ist Pippo (Langen & Leberer & Leberer 1996: 9 f.) <?page no="136"?> 136 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Mit dem Begriff der Frequenz, der letzten Kategorie der Zeitverhältnisse, fragt Genette, wie oft sich wiederholende oder nicht wiederholende Ereignisse in einer Erzählung darstellen (Martínez & Scheffel 2009: 45). Dabei unterscheidet er zwischen der singulativen, der anaphorischen, der repetitiven und der iterativen Erzählung: Sehr schematisch lässt sich sagen, dass eine Erzählung einmal erzählen kann, was sich einmal zugetragen hat, n-mal, was sich n-mal zugetragen hat, n-mal, was sich einmal zugetragen hat, einmal, was sich n-mal zugetragen hat. (Genette 2010: 73) Im Bilderbuch findet sich auf der Ebene des Schrift- und Bildtextes vor allem singulatives Erzählen („einmal erzählen-[…], was sich einmal zugetragen hat“). Dies gilt z. B. für folgendes Geschehen aus Niklas bekommt ein Schwesterchen, nachdem das Baby geboren ist: Niklas freut sich wie ein Schneekönig. Heute kommen Mama und Lara nach Hause! Papa ist mit dem Auto in die Klinik gefahren, um die beiden abzuholen. Niklas und Oma treffen zu Hause die letzten Vorbereitungen. (Kienitz & Mohr 2006: 20) Iteratives Erzählen („einmal [erzählen], was sich n-mal zugetragen hat“) ist visuell schwierig zu realisieren, auf Ebene des Schrifttexts entspricht es jedoch dem Normalfall einer zusammenfassenden Zeitraffung-- wie in Niklas‘ Aussage nach der Ermahnung seiner Mutter, doch etwas leiser zu spielen, da ansonsten das Baby wach werden könnte: Wieder geht die Türe auf. Doch diesmal sieht Mamma gar nicht freundlich aus. „Ich habe leiser gesagt, Niklas. Schon vergessen? “, sagt sie streng. „Das spielen wir doch immer“, protestiert Niklas. (Kienitz & Mohr 2006: 24 f.) Repetitive Erzählungen („n-mal [erzählen], was sich einmal zugetragen hat“) sind hingegen selten- - nicht nur im Bilderbuch, sondern auch in anderen narrativen Texten wie dem Roman; sie treten dort auf, wo ein Ereignis aus verschiedenen Blickwinkeln geschildert wird (Bode 2011: 117). Als Beispiel für ein derartiges Erzählen sowohl auf Ebene des Schriftals auch des Bildtextes kann Anthony Brownes bekanntes Bilderbuch Stimmen im Park (engl. Voices in the Park, 1998) gelten. Die anaphorische Erzählung („n-mal [erzählen], was sich n-mal zugetragen hat“) ist, wie Thomas Bode schreibt, faktisch identisch mit einer Reihe von singulativen Erzählungen; sie ist eine logische Schlussfolgerung, um die vierte Kategorie der Frequenz zu füllen-- „wobei man es-[…] belassen sollte“ (Bode Frequenz <?page no="137"?> 137 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte 2011: 117). Nichtsdestotrotz sollen hier zwei Bilder aus Shaun Tans 2008 erschienener Graphic Novel Ein neues Land (engl. The Arrival, 2006) als Beispiel für anaphorisches Erzählen auf Ebene des Bildtexts dienen. Die beiden Bilder stellen das morgendliche Erwachen der Hauptfigur in der neuen Welt an verschiedenen Tagen dar (Abb. 3.28 und 3.29). Abb. 3.28 und 3.29: Morgendliches Erwachen in Ein neues Land (Tan 2008a: 50; 80) Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Empfehlenswerte Beiträge zur Übersicht lesen sich im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (2007) und im Metzler Lexikon Literatur ( 3 2007). Grundlage für die Darstellung hier sind die Kapitel Ordnung, Dauer und Frequenz aus Diskurs der Erzählung und deren Aktualisierungen in Neuer Diskurs der Erzählung aus Gérard Genettes Die Erzählung ( 3 2010). ▶ Auch Christoph Bodes Der Roman ( 2 2011) sowie Matías Martínez‘ und Michael Scheffels Einführung in die Erzähltheorie ( 8 2009) seien wieder als wichtige Monographien genannt. ▶ In Das Bilderbuch: Ästhetik- - Theorie- - Analyse- - Didaktik- - Rezeption ( 2 2003) geht Jens Thiele u. a. auf die Dauer und Ordnung von erzählter Zeit und Erzählzeit in Bilderbucherzählungen ein; das gilt ebenso für die Bücher von Nikolajeva und Scott (2006) sowie von Nodelman (1988). ▶ Dietrich Grünewald beschäftigt sich in seinem Beitrag im Sammelband Comics Intermedial (2012) mit der Zeit in der Bildergeschichte. Dabei geht <?page no="138"?> 138 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse es ihm sowohl um die oben genannten Begriffe als auch um „gezeigte Zeit“, um visuelle Darstellungen von Zeitempfinden. ▶ Im Fachlexikon von KinderundJugendmedien.de lesen sich Artikel zur Zeit des Erzählens wie zum Zeitpunkt des Erzählens. 3.5.2.1.4 Sprachliche Gestaltung Bei der Analyse der sprachlichen Gestaltung als textinterner Aspekt der Mikroanalyse werden mit der Makro- und Mikrostilistik sowohl der Schrifttext im Gesamten als auch seine syntaktische und morphologische Ebene untersucht. Geht es bei der Makrostilistik um Kategorien wie beispielsweise Stilarten oder die Erzählsituation, werden bei der Mikrostilistik u. a. der Satzbau oder rhetorische Mittel fokussiert. In Hans Traxlers Bilderbuch Franz, der Junge, der ein Murmeltier sein wollte (2009) zieht sich der Protagonist in eine alte Klavierkiste zurück, um in dieser Höhle als Murmeltier den Winterschlaf zu verbringen. Damit niemand seinen Schlaf unterbricht, bringt er ein Schild an der Kiste an, auf dem „ NICHT STÖREN ! ! “ zu lesen ist (Abb. 3.30). Dabei sind die Schreibweise der Buchstaben und des Satzzeichens von Bedeutung: Franz hat in Großbuchstaben geschrieben und seine Aufforderung, ihn nicht zu stören, mit zwei Ausrufezeichen abgeschlossen. Sowohl die Versalien als auch die doppelten Exklamationszeichen unterstreichen mit Nachdruck den appellativen Charakter seiner Botschaft. Weiter charakterisiert die spiegelverkehrte Schreibung des ersten Buchstabens im zweiten Wort Franz als Schreibanfänger; Kindern unterlaufen derartige graphematische Fehler häufig im ersten Schuljahr. Sowohl die Orthographie (von gr. orthos: gerade, richtig und von gr. Abb. 3.30: Franz, der Junge, der ein Murmeltier sein wollte (Traxler 2009: 21) <?page no="139"?> 139 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte graphein: schreiben) als auch die Interpunktion (von lat. interpunctum: durch Punkte abgetrennt), auf deren Wissensinhalte für die kurze Analyse zurückgegriffen wurde, sind Kategorien der sprachlichen Gestaltung. Abgesehen von der Graphemik, zu der die genannten Kategorien zählen, können aus sprachwissenschaftlicher Perspektive weitere Teilbereiche der Linguistik dazu verwendet werden, die sprachliche Gestaltung eines Schrifttextes zu beschreiben und zu untersuchen. Dazu zählen die Kategorien der klassischen Grammatik wie Morphologie (von gr. morphe: Gestalt, Form und gr. logos: Lehre) und Syntax (von gr. syntaxis: Zusammenstellung) ebenso wie Semantik (von gr. semantikos: zum Zeichen gehörend), Pragmatik (von gr. pragma: Handlung, Sache) und Phonetik (von gr. phone: Stimme). Diese Kategorien finden seit dem 20. Jahrhundert auch in der Stilistik Eingang, die im Folgenden den literaturwissenschaftlichen Ausgangspunkt für die Untersuchung der sprachlichen Gestaltung bildet. Dabei können zwei Ebenen unterschieden werden: die Makro- und die Mikrostilistik. Erstere bezieht sich auf den gesamten Text oder auf umfangreiche Teile dessen, dabei geht es um Kategorien wie Stilarten, Handlungsschema und -verlauf (→- Kapitel 3.5.1.1) oder die Erzählsituation (→- Kapitel 3.5.2.1.2). Eine dem Einzeltext gewidmete Makrostilistik findet ihre Erweiterung in der Untersuchung textübergreifender Merkmale, zu denen z. B. der Stil des Autors oder einer spezifischen literaturgeschichtlichen Epoche oder Periode gehören (Meyer 2007: 83). Letzteres bezieht sich vor allem auf die morphologische und syntaktische Ebene der Sprache, auf die Wortwahl, auf Wortkombinationen, auf rhetorische Mittel und einzelne Stileigenheiten. Deutlich wird bei diesen Aufzählungen, dass jedes auf der mikrostilistischen Ebene beobachtbare Merkmal seinen Beitrag leistet zur makrostilistischen Struktur von Einzeltexten-- und vice versa; die Grenzen zwischen Mikro- und Makrostilistik sind nicht immer deutlich zu ziehen, wie beispielsweise die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Metapher (Mikrostilistik) und Allegorie (Makrostilistik) zeigen (Meyer 2007: 83). Mit Begriffen wie Metapher und Allegorie wird die Orientierung der Stilistik an der Rhetorik offensichtlich, jener Lehre und Theorie der Redekunst, die ihren Anfang im antiken Griechenland mit Gorgias (etwa 485-380 v. Chr.) als „Begründer der rhetorischen Stilistik“ (Fuhrmann 1990: 19) nimmt. Makrostilistik Mikrostilistik <?page no="140"?> 140 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Die Rhetorik unterscheidet grundsätzlich zwischen drei Stilarten, denen zur Zeit der griechischen Stadtrepubliken gesellschaftliche Schichten zugeordnet wurden: ▶ Eine niedrige Stilart, in der alltagssprachliche Wörter und schlichte Wendungen bei minimalem Redeschmuck (ornatus) überwiegen; ▶ eine mittlere Stilart, die von rhetorischen Mitteln gezielt Gebrauch macht; ▶ eine hohe Stilart, die einen ausgesuchten Wortschatz, eine komplexe Syntax und zahlreiche rhetorische Mittel aufweist. (Meyer 2007: 84 f.) War die niedrige oder niedere Stilart didaktischen Zwecken (lat. docere: belehren, belehrend) vorbehalten, galt in der Antike der hohe Stil für würdevolle Gegenstände und feierliche Anlässe (lat. movere: bewegen, bewegend) als angemessen. Die mittlere Stilart wurde hingegen in unterhaltenden Texten (lat. delectare: erfreuen, erfreuend) verwendet (Schneider 2016: 48f.). Wenngleich dieses antike System aus Regeln nicht mehr ohne weiteres auf den Ausdruck des Einzelnen als Individualstil im 21. Jahrhundert übertragbar erscheint, kann es doch als Orientierungsraster dienen. Mit den verschiedenen Stilarten in ihrer jeweiligen Ausprägung geht immer auch eine spezifische Adressierung einher: Eine komplexe Syntax und ein entsprechender Wortschatz, wie sie bei der hohen Stilart vorkommen, richten sich nicht an Kinder im Grundschulalter, sondern an jugendliche bzw. erwachsene Rezipienten. Einen derartigen stilistischen Duktus weist die sprachliche Gestaltung des Bilderbuchs Der Bär, der nicht da war (2014) von Oren Lavie (Text) und Wolf Erlbruch (Bild) auf: Statt eines parataktischen Satzbaus, einer Aneinanderreihung von Hauptsätzen, finden sich zahlreiche Hypotaxen, ähnlich der folgenden: Ein wundersamer Wald begann um den Bären herum zu wachsen, wohin er auch guckte, und der Bär musste sich fragen, ob der Wald auch wuchs, wenn er nicht hinguckte, also schloss er die Augen. (Lavie & Erlbruch 2014: 7) Derartige Unterordnungen von Nebensätzen unter Hauptsätzen sind Kennzeichen einer komplexen Syntax. Dazu weist der Schrifttext des Bilderbuchs nicht nur einen ausgesuchten Wortschatz auf, sondern auch eine Vielzahl an rhetorischen Mitteln. Auffällig häufig lesen sich Wiederholungsfiguren wie die Anapher, etwa bei den Beschreibungen des Salamanders, auf welchen der Bär im Handlungsverlauf trifft: „Er war zu saumelig, um selbst zu gehen. Makrostilistik: Stilarten Stilart und Adressierung Rhetorische Figuren <?page no="141"?> 141 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Er war zu saumelig, um selbst zu stehen. Er war zu saumelig, um selbst zu sitzen“ (Lavie & Erlbruch 2014: 7). Diese Wiederholungen von Worten oder Wortgruppen am Satzbeginn werden hier mit der Satzfigur der Klimax verbunden: Diese Figur ist eine Folge von mindestens drei Wörtern oder Sätzen bei stufenweiser Steigerung zu einem Höhepunkt hin, mit der hier die Trägheit des Tieres verdeutlicht werden soll. Eine Kombination von zwei Wiederholungsfiguren findet sich bei der Darstellung des Bergrinds; dabei werden Anaphern mit Epiphern, der Wiederholung von Worten bzw. Wortgruppen am Ende eines Satzes, verknüpft: „Sie war eine Kuh, mit der man prima zurechtkam. Sie war auch ein Sofa, mit dem man prima zurechtkam“ (Lavie & Erlbruch 2014: 7). Abgesehen von den Wiederholungs- und Satzfiguren weist die sprachliche Gestaltung des Bilderbuchs auch einige Klang figuren auf: Die Namen der Tiere-- der Saumelige Salamander, das Bequeme Bergrind, der Vorletzte-Vorzeige-Pinguin oder das Träge Schildkröten-Taxi- - sind Alliterationen, Übereinstimmungen im Anlaut von zwei oder mehreren dicht aufeinanderfolgen Wörtern (Meyer 2007: 93). Zu den Klangfiguren zählt auch das Homoioteleuton bzw. der Reim in der Versrede, der die partielle Übereinstimmung (der Konsonanten und der Vokale) zweier (oder mehrerer) benachbarter Wörter bezeichnet (Spörl 2006: 62). Die häufigste Reimform ist der End- oder Ausgangsreim, bei dem die Reimworte am Ende stehen. Dies ist auch im Grüffelo der Fall, die Reimfolge ist dabei als Paarreim realisiert: Wer ist dieses Wesen mit schrecklichen Klauen und schrecklichen Zähnen, um Tiere zu kauen? Mit knotigen Knien, einer grässlichen Tatze und vorn im Gesicht einer giftigen Warze, mit feurigen Augen, einer Zunge so lang und Stacheln am Rücken-- da wird’s einem bang. (Donaldson & Scheffler 1999: 13) Das Onomatopoetikum ist eine weitere Klangfigur, die ebenso häufig wie die Alliteration in Bilderbüchern, insbesondere im Comic, vorkommt; sie bezeichnet die klangmalerische Nachbildung von Lauten, Geräuschen oder anderen Sinneswahrnehmungen (Meyer 2007: 93). Die onomatopetische Interjektion, die mit einer Typotapher in Karoline Kehrs Schwi-Schwa-Schweinehund (2001) dargestellt ist (→-Kapitel 3.5.2.3), dient hierfür als Beispiel- wie auch das „Platsch! <?page no="142"?> 142 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Plumps! “ (Funke & Meyer 2007: 16), das die Flaschenpost beim Auftreffen auf die Meeresoberfläche in Käpten Knitterbart und seine Bande (2007) von Cornelia Funke (Text) und Kerstin Meyer (Bild) macht. In dem Bilderbuch, das die Geschichte von Molly erzählt, die auf dem Weg zu ihrer Oma von Piraten entführt wird, verwendet Funke eine große Anzahl an Vergleichen: So soll Molly „wie ein Rollmops“ (Funke & Meyer 2007: 16) verschnürt werden und so wird der Kapitän „rot wie ein gekochter Hummer“ (Funke & Meyer 2007: 20) oder „weiß wie Schlagsahne“ (Funke & Meyer 2007: 21). Bei einem Vergleich wird ein Gegenstand durch einen ihm ähnlichen Gegenstand bestimmt, um eine bestimmte Eigenschaft zu veranschaulichen: Dabei werden die beiden Gegenstände als Vergleichsglieder, der Aspekt, unter dem verglichen wird, als Vergleichskriterium bezeichnet. Verbunden sind die Glieder durch die Vergleichspartikel als, gleich oder wie. Auf eines der genannten Beispiele übertragen, fungieren Kapitän und gekochter Hummer als Vergleichsglied, die Farbe Rot hingegen als Vergleichskriterium, als tertium comparationis (von lat: tertium: das Dritte und lat. comparatio: Vergleich). Der Vergleich zählt zu den rhetorischen Figuren, die sich als Kombinationen von Elementen in der syntaktischen Dimension auszeichnen; Tropen hingegen betreffen die semantische Dimension: Ein eigentlicher Ausdruck ‚a‘ wird durch einen uneigentlichen Ausdruck ‚b‘ ersetzt. Zu den Tropen gehören u. a. die Ironie (die Ersetzung eines Ausdrucks durch dessen Gegenteil oder Negation), die Hyperbel (die Ersetzung eines Ausdrucks durch einen diesen steigernden oder übersteigernden), die Metapher und literarische Namen. In der Kinder- und Jugendliteratur finden sich zahlreiche literarische Namen, die sich vor allem als sprechende Namen darstellen: Es sind fiktive Eigennamen von Figuren, die semantisch transparent sind; der Leser verbindet Bedeutungsaspekte der Bezeichnung mit ihren Trägern (Elsen 2007: 153), wie bei dem Saumeligen Salamander. Einen sprechenden Namen trägt auch die Protagonistin Anna Herz in Nikolaus Heidelbachs Ein Buch für Bruno: Ihr Nachname charakterisiert sie und ihren Umgang mit Bruno, den sie „gut leiden“ kann, wenngleich er „nicht besonders viel für sie übrig“ (Heidelbach 1997: 2) hat. Einen semantisch deutlichen Namen trägt auch die Hauptfigur in Ichmagnicht-… oder wie der Mann Envälitä auf die Katze kam von Marjaleena Lembcke (Text) und Julia Neuhaus (Bild): „Envälitä“ ist finnisch und bedeutet auf Deutsch „Ich mag Vergleich Tropen <?page no="143"?> 143 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte nicht“, was konkret die Weltwahrnehmung und -sicht des Protagonisten beim Namen nennt. Funktionell dienen diese literarischen Namen in der Kinder- und Jugendliteratur vor allem der Identifizierung und der Charakterisierung. Die Metapher stellt sich rhetorisch betrachtet als verkürzter Vergleich dar, bei dem der Vergleichspartikel und / oder das Vergleichskriterium fehlt. In Der wildeste Bruder der Welt (2008) von Cornelia Funke (Text) und Kerstin Meyer (Bild) wacht Ben morgens auf-- „und ist ein wilder Wolf “ (Funke & Meyer 2008: 1). Dieser um die Partikel „wie“ gekürzte Vergleich beruht auf einem ‚semantischen Bruch‘, der darin besteht, dass das kleine Kind als wildes Tier bezeichnet wird, was nur im übertragenden Sinn zu verstehen ist. Der Junge wird jedoch nicht nur als Wolf beschrieben, sondern auch wiederholt mit weiteren, attributiv verwendeten Tiermetaphern bildhaft charakterisiert: So beschützt Ben in der Bilderbucherzählung seine große Schwester Anna vor imaginierten Monstern und Einbrechern, „[w]eil er schließlich elefantenstark und löwenherzig ist“ (Funke & Meyer 2008: 6). Metaphern sind-- aufgrund ihrer syntaktisch variablen Präsentationsform-- nicht auf kleinste Textabschnitte beschränkt, sondern können über Satzteile und Sätze hinaus ausgedehnt werden (Spörl 2006: 99). Derartige Metaphern werden Allegorien genannt. Ein Sonderfall der Metapher ist die Personifikation; sie bildet Abstrakta, Kollektiva, Naturerscheinungen oder Konkreta als Mensch bzw. Person ab (Jakobi 2015). Personifikationen kommen in Bilderbüchern häufig vor, so auch in Der wildeste Bruder der Welt. Ben, der Ritter, kriecht zu seiner Schwester ins Bett, damit sie ihn beschützt- - und zwar „wenn die Nacht ihr rußschwarzes Gesicht an sein Fenster drückt“ (Funke & Meyer 2008: 20). Hier wird die Nacht anthropomorphisiert, mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet-- so dass sie, einem Menschen gleich, ihr Gesicht an ein Fenster pressen kann. Die Nacht kann auch als Symbol gelesen werden, als ein nicht konventionelles und mehrdeutiges Zeichen. In diesem Zusammenhang ist die Nacht ein Symbol des Unheils und der Unwissenheit. Für diese Symbolbildung relevant sind die Schwärze und die Stille der Nacht, sowie der Gegensatz zu Tag und Licht (Gilardoni-Büch 2008: 244). Symbole sind Sinnbilder, die auf einen höheren, abstrakten Inhalt verweisen, für etwas Anderes stehen (Kretschmer 2008: 7)-- was für die Literatur ebenso wie für die bildende Metapher Allegorie Personifikation Symbol <?page no="144"?> 144 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Kunst gilt: Ein Symbol kann im Bilderbuch damit sowohl auf Ebene des Schriftals auch auf derjenigen des Bildtexts vorkommen. Stilistisch weist der Schrifttext von Cornelia Funke einen mittleren Duktus auf; entsprechend wird in dem Bilderbuch von verschiedenen rhetorischen Figuren und Tropen wie auch einem maßgeblich parataktischen Satzbau Gebrauch gemacht: „Aber manchmal erwischt Anna ihn dabei. Und dann kitzelt sie ihn aus. Anna ist Bens große Schwester“ (Funke & Meyer 2008: 4 f.). Die Syntax ist kurz und einfach gehalten, es finden sich Satzabbrüche und unvollständige Sätze („Und sagt ihr, dass das Blutflecken sind. Von einem menschenfressenden Monster“ [Funke & Meyer 2008: 6]). Diese Merkmale sind typisch für Kolloquialität, für stilistisch mündliche, geschriebene Sprache. Kolloquialer Stil wirkt authentischer und natürlicher, gleichzeitig aber auch kunstloser und ungeschliffener als skripturaler Stil (Schneider 2016: 57). Das Bilderbuch von Cornelia Funke und Kerstin Meyer ist an Kinder im Grundschulalter adressiert, die sprachliche Gestaltung ist demgemäß verständlich und anschaulich, indem sie Metaphern und Vergleiche aufweist. Sie ist zudem durch ihre Kolloquialität lebendig, zu der auch lautmalerische Elemente beitragen. Weiter regt die sprachliche Gestaltung des Bilderbuchs die Wortschatzerweiterung durch Wortbildung an-- schließlich finden sich einige Neologismen, Wortneuschöpfungen wie „elefantenstark“ oder „löwenherzig“. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Zur sprachlichen Gestaltung als stilistische Untersuchung bieten das Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (2007) und das Basislexikon Literaturwissenschaft von Uwe Spörl ( 2 2006) Orientierung. Letzteres informiert umfangreich über Stilarten und rhetorische Mittel; dies gilt auch für den Beitrag von Urs Meyer im Handbuch Literaturwissenschaft (2007), herausgegeben von Thomas Anz. ▶ Im internationalen Handbuch The Routledge Companion to Picturebooks (2018) geht Eva Gressnich auf die Sprache und ihre Untersuchung im Bilderbuch ein. ▶ In Deutschland hat insbesondere Maria Lypp zu diesem Thema gearbeitet und veröffentlicht; in der Zeitschrift 1001 Buch liest sich ein Text mit dem Titel Ausgesprochen alles (1999) von Lypp zu sprachlichen Fertigkeiten im Bilderbuch. Kolloquialität und Skriptualität <?page no="145"?> 145 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte ▶ Claudia Blei beschäftigt sich in ihrer Dissertation (1998) zur Darstellung des Eigenen und Fremden im Bilderbuch nicht nur mit der bildästhetischen, sondern auch und insbesondere mit der sprachästhetischen Dimension. ▶ Das Fachlexikon von KinderundJugendmedien.de enthält zahlreiche Beiträge in der Kategorie Rhetorik, insbesondere die rhetorischen Mittel werden umfangreich abgedeckt. 3.5.2.2 Bildtext 3.5.2.2.1 Form Bei der Analyse der Form als textinterner Aspekt der Mikroanalyse werden auf Ebene des Bildtexts Elementarformen wie Punkt und Linie untersucht, die sich durch ihre Ausdehnung auf der Ebene oder im Raum als Flächen bzw. Körper darstellen. Kategorien dieser Analyse sind Quantität, Qualität, Gerichtetheit, Abgrenzung und Struktur. Unter Form werden die Elementarformen Punkt und Linie differenziert, die sich weiter durch ihre Ausdehnung auf der Ebene oder im Raum unterscheiden: Auf der zweidimensionalen Ebene bilden sie Flächen, im dreidimensionalen Raum Körper. Formen und Formkomplexe als Gestaltungsmittel des Bildes können nach verschiedenen Kriterien oder Kategorien untersucht werden, nach Quantität, Qualität, Gerichtetheit und Abgrenzung. Weiter ist die Struktur von Bedeutung. Hierunter wird einerseits die Textur, andererseits die Materialität und die Faktur verstanden: Die Textur ist die Oberflächenbeschaffenheit des Dargestellten wie die naturalistische Abbildung von Haut oder der Maserung von Holz; zur Materialität (→-Kapitel 3.4.2) gehören u. a. der Bild- und Schriftträger, Pigmente und Bindemittel aber beispielsweise auch die Werkzeuge, durch die eine Illustration entstanden ist. Maltechnisch bedingte Arbeitsspuren werden als Faktur bezeichnet. Bei der Untersuchung der quantitativen Kategorie werden Größe und Anzahl, bei der qualitativen Kategorie die Eigenart von Formen erfasst. Die Größe einer Form wird häufig eingesetzt, um die Bedeutung des Dargestellten zu gewichten; so lässt sich aufgrund von unterschiedlichen Formgrößen in vielen Bildern eine hierarchische Anordnung des Dargestellten ableiten-- wie in der folgenden Abbildung 3.31. Terminologie Kategorien der Formanalyse Quantität <?page no="146"?> 146 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse In dem Bild, das aus Grégoire Solotareffs Du groß, und ich klein (franz. Toi grand et moi petit, 1996) stammt, reflektieren die Größenverhältnisse einen Bedeutungsmaßstab: Die Figur des Löwen ist in Relation zur derjenigen des Elefanten ungleich größer und spiegelt damit ihre Bedeutung für und in der Erzählung wider (Solotareff 1996: 10). Der Bedeutungsmaßstab wird, insbesondere bei Figurendarstellungen, häufig auch als Bedeutungsperspektive bezeichnet. Nicht nur über die Größe, sondern auch über die Anzahl von Formen kann Bedeutung akzentuiert werden: Dabei stehen- - anders als bei der Bedeutungssteigerung durch zunehmende Größe-- die Einzelform oder wenige Formen im Vordergrund. Abb. 3.32: Das kleine Blau und das kleine Gelb (Lionni 1962: 1) Der blaue Farbtupfer auf weißer Farbfläche (Abb. 3.32) aus Leo Lionnis 1962 in Deutschland erschienenem Bilderbuch Das kleine Blau und das kleine Gelb (engl. Little Blue and Little Yellow, 1959) fällt nicht nur aufgrund seines farblichen Gegensatzes auf, sondern auch, weil er der Einzige ist (Lionni 1962: 1); Abb. 3.31: Du groß, und ich klein (Solotareff 1996: 15) <?page no="147"?> 147 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte eine derartige solitäre Darstellung wird entsprechend als einzigartig, als besonders wahrgenommen und gedeutet. Für die quantitative Formbestimmung reicht eine relative Größen- und Mengenangabe aus; die qualitative Bestimmung ist, im Gegensatz dazu, differenzierter ausgelegt: Sie erfasst die Eigenart einer Form, indem sie ihren Grenzverlauf untersucht. Dies ist nur möglich, wenn sich die Form deutlich genug von anderen Formen unterscheidet. Die Beschreibung von geometrischen (konstruierten), organischen (von der Natur abgeleiteten) oder freien Formen geht von Qualitätskontrasten aus, grundlegend ist dabei die Einteilung in rund und eckig. Weitere qualitative Bestimmungen sind Kontraste wie symmetrisch und asymmetrisch, regelmäßig und unregelmäßig sowie einfach und komplex. Abb. 3.33: Ein neues Land (Tan 2008a: 84) Qualität <?page no="148"?> 148 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Abb. 3.34: Die Regeln des Sommers (Tan 2014: 16) Durch die Analyse der Formqualität können spezifische Wirkungen eines Bildes erklärt werden: Die fantastische, an einen Drachen erinnernde Figur aus Shaun Tans Ein neues Land in Abbildung 3.33 wirkt durch die spitzwinkligen Formen ihres schnabelähnlichen Mauls, ihrer zu Schlitzen verengten Augen und ihres Schuppenkleids aggressiv und gefährlich (Tan 2008a: 84). Demgegenüber steht der Roboter in Abbildung 3.34: Die Figur, die Tans 2014 in Deutschland erschienenem Bilderbuch Die Regeln des Sommers (engl. The Rules of Summer, 2013) entnommen ist, weist runde statt eckige Formelemente, flache Bögen statt spitze Winkel auf, was an ihrem weit geöffneten Auge konzentriert zu erkennen ist (Tan 2014: 16). Entsprechend evoziert die Figur eine Wirkung, die mit Adjektiven wie beruhigend und friedlich beschrieben werden kann. Diese Wirkung von Formelementen lässt sich u. a. durch die Übertragung von alltäglichem auf ästhetisches Erfahren erklären: Spitze, scharfe und harte Gegenstände können Verletzungen hervorrufen, dies gilt bekanntlich weniger für Gegenstände, die sich als rund, stumpf und weich darstellen. <?page no="149"?> 149 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Allen Formen ist eine Ausrichtung inhärent; sie sind, geht man von Hauptrichtungen aus, waagerecht, senkrecht oder schräg. Die Kategorie der Gerichtetheit erfasst diese unterschiedlichen Ausrichtungszustände und -arten von Formen. Im Gegensatz zum Begriff der Ausrichtung liegt demjenigen der Gerichtetheit Mehrdimensionalität zugrunde. Die generelle Ausrichtung, die sich bei der Bildbetrachtung zumeist intuitiv erschließt, bestimmt die Dynamik eines Bildes mit und kann eine hinweisende Funktion einnehmen. Abb. 3.35: Das kleine Blau und das kleine Gelb (Lionni 1962: 27) Das kleine Blau und das kleine Gelb in Lionnis gleichnamigen Klassiker sind beste Freunde, im Spiel umarmen sie sich; aus der daraus resultierenden Mischung ihrer Komplementärfarben werden aus dem kleinen Blau und dem Gelb zwei kleine grüne Farbtupfer, die zu Hause von ihren Eltern aufgrund ihrer Farbzeichnung nicht erkannt werden. Abbildung 3.35 beschreibt den Moment, als das vormals kleine Gelb auf seine Eltern trifft. Die abgeschrägte Ausrichtung Gerichtetheit <?page no="150"?> 150 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse der beiden ansonsten grob senkrecht verlaufenden Formen weist in Richtung des runden Farbtupfers, der sich randständig auf der Schwelle zwischen Außen und Innen, zwischen Draußen und Drinnen, befindet: Dieses Formelement, welches das Kind repräsentiert, steht im Dazwischen von Abwehr und Aufnahme durch seine Eltern. Die Gerichtetheit ihrer Formen evoziert Dynamik und erzeugt Spannung; durch die unterschiedliche Stärke der Ausrichtung wird die Intensität ihrer emotionalen und kommunikativen Involviertheit reflektiert: So entspricht die in der Bildmitte positionierte, intensiv abgeschrägte Form der Mutter, die-- wie es im Schrifttext heißt-- staunend ausruft: „Wie? Ein grünes Kind besaß ich nie! “ (Lionni 1962: 27) Die Form des Vaters ist hingegen an den Bildrand gesetzt, steht damit in größtmöglicher Distanz und ist entsprechend weniger schräg gerichtet. Waagerechte und senkrechte Ausrichtungen erzeugen allgemein eine stabile und ruhige Wirkung, während Schrägen eine ansteigende oder fallende Tendenz aufweisen und somit auch eine höhere dynamische Wirkung haben. Dabei vertritt eine schmale, lange Form die Richtung nachdrücklicher als ein breites, kurzes Formelement. „Die Form im engeren Sinne“, schreibt Wassily Kandinsky in Über das Geistige in der Kunst, „ist jedenfalls nichts weiter wie die Abgrenzung einer Fläche von der anderen“ (Kandinsky 1912: 54). Die Eigenart dieser Abgrenzung ist eine weitere Kategorie, nach welcher Formen analysiert und auf ihre Wirkung hin untersucht werden können. Die Möglichkeiten der Abgrenzung zwischen Formelementen reichen stufenlos von Konturschärfe bis zur Konturunschärfe, bei welcher die Grenzen der Formen nicht mehr zu identifizieren sind. Deutlich abgegrenzte Formen wirken präzise, eindeutig, mitunter hart, diffus abgegrenzte hingegen unpräzise; sie verbleiben im Ungenauen, verschwimmen in der weichen Uneindeutigkeit- - wie in Abbildung 3.36, die Chris Van Allsburgs Bilderbuch Der Polarexpress entnommen ist. Die Form des Zugs im Bildhintergrund ist nicht eindeutig abgegrenzt von Nacht und Schneefall (Van Allsburg 2001: 26): Wie in der fantastischen Erzählung (→-Kapitel 2.3) vom Polarexpress die Grenzen von Realität und Traum verschwimmen, so verschwimmt auch die Form des Zugs; sie verbleibt, dem ontologischen Status der Erzählung gleich, im Unbestimmten. Abgrenzung <?page no="151"?> 151 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Literatur zum Weiterlesen ▶ Beiträge zur Übersicht bieten die zwei Lexika der Kunst, die von Harald Olbrich (1987-1994) bzw. Wolf Stadler (1987-1990, Sonderausgabe 2006) herausgegeben wurden. Empfehlenswert sind weiter die Artikel zur Formanalyse von Alexander Markschies im Metzler Lexikon Kunstwissenschaft ( 2 2011) und zur Form von Hans Dickel im Reclam Lexikon Kunstwissenschaft. Hundert Grundbegriffe (2012). ▶ In ihrer Einführung Grundzüge der Kunstwissenschaft (2007) gehen Jutta Held und Norbert Schneider in verschiedenen Kapiteln auf den Begriff der Form ein; mit Sprache der Bilder ist eine Monographie (2011) von Guschti Meyer überschrieben, die sich in einem Kapitel ausführlich der Form widmet. ▶ Mit dem Aspekt der Form setzen sich Nikolajeva und Scott (2006) sowie Nodelman (1988) am Rande auseinander. ▶ In der kjl&m liest sich ein Beitrag (2013) von Sarah Wildeisen, der zum einen die Relevanz von bildbzw. kunstwissenschaftlichen Zugängen für Abb. 3.36: Der Polarexpress (Van Allsburg 2001: 26) <?page no="152"?> 152 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse die Bilderbuchanalyse darlegt, sich zum anderen mit der spezifischen Formgestaltung einzelner Künstler beschäftigt. Maria Linsmann geht in der Fachzeitschrift JuLit in ihrem Artikel (2016) anhand von Formaspekten darauf ein, wie aktuelle Bilderbücher zurückliegende Stile und Moden aufgreifen. 3.5.2.2.2 Farbe Bei der Analyse der Farbe als textinterner Aspekt der Mikroanalyse werden auf Ebene des Bildtexts die Merkmale Farbbereich, Farbhelligkeit und -intensität bestimmt, um darauf aufbauend Funktionen, Kontraste und Symbolik der Farben zu untersuchen. Unter Farbe wird im Allgemeinen der Farbeindruck von Gegenständen verstanden, der durch Auftreffen von Licht auf verschiedene Oberflächen mithilfe des Auges als Sinnesempfindung wahrgenommen wird. In der Kunstwissenschaft wird zwischen Farbe oder Kolorit (von lat. color: Farbe, Anstrich, Färbung) und Malmittel (→-Kapitel 3.4.2), den Pigmenten oder Farbstoffen, unterschieden. Farbe kann nicht unabhängig von Formen (→-Kapitel 3.5.2.2.1) wahrgenommen werden; durch sie wird die Formwahrnehmung jedoch auf eine besondere Weise geprägt: Sie stellt eine eigene Dimension, einen eigenen Aspekt der ästhetischen Gestaltung und Wahrnehmung dar. Farben lassen sich, der natürlichen Farbwahrnehmung entsprechend, durch die Merkmale Farbton, Farbhelligkeit und Farbintensität bestimmen. Die Farbtöne Gelb, Orange, Rot, Violett, Blau, Grün und die unbunten Farben Grau, Weiß und Schwarz stellen die neun Farbbereiche dar; sie gelten als im Allgemeinen gut zu unterscheiden, dabei gilt als Beurteilungsbasis die jeweilige Erscheinungsfarbe, der Farbeindruck eines abgebildeten Gegenstandes unter bestimmten Lichtverhältnissen. Die Helligkeit gibt als zweites Merkmal an, wie hell oder dunkel eine bestimmte Farbe in Relation zu Weiß und Schwarz ist, welche die obere und untere Grenze bilden (Schwarz 2014: 12). Sowohl das Merkmal der Helligkeit als auch das der Farbintensität geht auf den amerikanischen Maler und Kunstlehrer Albert Henry Munsell zurück. Die Farbintensität wird in der Forschung auch als Reinheit, Sättigung oder Buntbzw. Unbuntgrad bezeichnet; dieses dritte Merkmal gibt an, wie leuch- Terminologie Farbmerkmale <?page no="153"?> 153 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte tend, kräftig oder intensiv Farbe erscheint bzw. ob sie trüb oder vergraut ist. Dementsprechend weisen reines Gelb, Orange, Rot etc. die höchstmögliche Intensität bei jeweils unterschiedlicher Helligkeit auf. Grau, Weiß und Schwarz als unbunte Farben haben keine Farbintensität, sie unterscheiden sich lediglich in der Helligkeit. Die drei Farbmerkmale sind die Grundlage für das Farbordnungssystem von Munsell, das er anschaulich im Bild des Color Tree (Abb. 3.37) dargestellt hat. Abb. 3.37: The Color Tree von Munsell (Cleland 1937: 12) <?page no="154"?> 154 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Der Stamm bildet die Helligkeit ab, die von unten nach oben zunimmt und im Bild der Sonne ihren Maximalwert findet. Die am Stamm ringsum angeordneten Äste symbolisieren die einzelnen Farbereiche, ihre Intensität reflektieren die Blätter durch ihre Position zum Stamm: Je näher sie am Stamm sitzen, desto vergrauter und trüber sind sie, während ihre Buntheit bis zu den äußersten Blättern ansteigt. Mit Blick auf das Abgebildete können Farben bei seiner Gestaltung verschiedene Funktionen einnehmen: Wird ein Gegenstand so wiedergegeben, wie er zu einem bestimmten Zeitpunkt-- und damit zu bestimmten Beleuchtungsverhältnissen mit Reflexen und Abstufungen der Licht- und Schattenpartien-- ausgesehen hat, wird seine farbliche Gestaltung als Erscheinungsfarbe bezeichnet. Die Darstellung der Eigenfarbe eines Gegenstands in neutraler Beleuchtung ist in der Kunstwissenschaft mit den Begriffen Lokal- oder Gegenstandsfarbe definiert. So die Farbe des Gegenstands, losgelöst von seiner realfarblichen Erscheinung, als Ausdrucksträger von inneren Zuständen, Gefühlen oder Stimmungen fungiert, wird sie als Ausdrucksfarbe bezeichnet. Orientiert sich die farbliche Gestaltung nicht am Gegenstand, wird vom Eigenwert der Farbe gesprochen; die farbliche Orientierung am Gegenstand wird hingegen als Gegenstandswert bestimmt. Die Farben in Abbildungen 3.38 und 3.39, die einem Frühe-Konzepte-Buch von Helmut Spanner entnommen sind, orientieren sich an den Gegenständen, ihre Darstellung ist annähernd fotorealistisch: Die Beleuchtung ist neutral, reflektiert die fixierte, objektive Gestaltung der Objekte, deren Oberflächen durch die genaue, naturgetreue Wiedergabe der entsprechenden Farben dargestellt werden. Abb. 3.38 und 3.39: Meine ersten Wörter (Spanner 2004: 2; 6) Funktionen der Farben <?page no="155"?> 155 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Die Darstellung durch Lokalbzw. Gegenstandsfarben in Spanners Meine ersten Wörter (2004) ist abgestimmt auf die funktionalen Aspekte derartiger Bilderbücher, welche Kleinst- und Kleinkinder an das Buchkonzept heranführen und ihnen wesentliche Anregungen beim Sprach- und Literaturerwerb vermitteln sollen (→-Kapitel 4.1). Helmut Spanner beruft sich dabei nicht nur auf Erkenntnisse der Wahrnehmungspsychologie, sondern auch auf eigene Beobachtungen von Kindern beim Betrachten und Benennen von Bildern (Kümmerling-Meibauer 2012a: 9). Im Unterschied dazu folgen die Farben in Abbildung 3.40 in ihrer Darstellung partiell den Beleuchtungsverhältnissen: Entsprechend wirft das Licht der Nachttischlampe einen hellen Schein an die Wand und leuchtet die Gegenstände in der unmittelbaren Nähe aus, wie die Ablagefläche des kleinen Nachttisches oder einen Teil des Bettlakens. Abb. 3.40: Mia schläft woanders (Lindenbaum 2011: 16) In Vergleich orientiert sich die farbliche Gestaltung hier weniger an den Gegenständen, sondern weist einen Eigenwert auf. Pija Lindenbaum arbeitet in diesem Bild aus Mia schläft woanders mit warmen Erscheinungsfarben, welche die Gemütlichkeit der Übernachtungsszene prägen. Zu den warmen Farben zählen Gelb, Gelborange, Orange, Rotorange, Rot und Rotviolett-- als kalt gelten hingegen Farbtöne wie Gelbgrün, Grün, Blaugrün, Blau, Blauviolett und Violett. Warme und kalte Kalt-Warm-Kontrast <?page no="156"?> 156 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Farben können einen Kontrast ausbilden und Spannung erzeugen. Diesen Farbbereichen kommt Bedeutung bei der Herstellung eines räumlichen Eindrucks oder einer farblichen Perspektive zu: Je größer die Entfernung der Dinge vom menschlichen Auge, umso blaustichiger und also kälter erscheint ihm Farbe. Eine andere Eigenart der Farbwahrnehmung ist der Hell-Dunkel-Kontrast, der sowohl innerhalb eines Farbbereichs als auch zwischen mehreren Bereichen vorkommen kann. Der größte Hell-Dunkel- Kontrast wird durch die unbunten Farben Schwarz und Weiß gebildet. In Abbildung 3.41, die gleichfalls aus dem Bilderbuch über Mias abenteuerliche Übernachtung bei ihrer Freundin Cerisia stammt, findet sich ein derartiger Kontrast zwischen der dunklen Gestaltung des Flurs und dem dazu im Gegensatz stehenden hellen Türbereich. Hell-Dunkel-Kontrast Abb. 3.41: Mia schläft woanders (Lindenbaum 2011: 19 f.) <?page no="157"?> 157 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Betont wird dieser Kontrast zudem durch die monochrome (von gr. monos: einzig, gr. chroma: Farbe) Farbwahl, die im Bereich der Tür durch das Licht, das durch den Spalt scheint, aufgehoben wird: Sowohl die Farben von Mias Kleidung als auch ihrer Haut und Haare stehen kontrastiv zu dem roten Farbtonbereich des Raums, der nicht an der farblichen Realität der abgebildeten Gegenstände orientiert ist; die Ausdrucksfarben sind, wie die Form- und Raumdarstellung, fantastisch, surreal- - und ordnen dieses Bild damit dem Traumerleben der Protagonistin zu. Ein weiterer Kontrast wird durch Farben gebildet, die sich im Farbkreis diametral gegenüberliegen. Diese Komplementärfarben sind-- je nach Farbmodell- - beispielsweise Blau und Gelb sowie Rot und Grün. Zusammengestellt steigern sich Komplementärfarben in ihrer Leuchtkraft. Leo Lionni hat diese Wirkung und diesen Kontrast künstlerisch in seinem Bilderbuch Das kleine Blau und das kleine Gelb berücksichtigt (→-Kapitel 3.5.2.2.1). Über ihre optische Erscheinung hinaus können Farben mit symbolischen Bedeutungen aufgeladen sein, die sich aus allgemeinen kulturellen Erfahrungen und Traditionen des jeweiligen Kulturkreises ableiten lassen (Schwarz 2014: 38). So verweist beispielsweise das blaue Gewand einer Frau in mittelalterlichen Gemälden christlicher Provenienz auf die Jungfrau Maria und ihre Verbindung zum Himmelreich. Abgesehen von solcherart spezifischen Farbsymbolen, die zur christlichen Ikonographie zählen, weisen Farben ein allgemeines Repertoire an Wirkungen und Bedeutungen auf, die zumeist allgemein verständlich sind. In ihrem Bilderbuch Die Königin der Farben (1998) spielt Jutta Bauer mit diesen konventionalisierten Wirkungen und Bedeutungen; entsprechend sind die Untertanen der Herrscherin Malwida charakterisiert: Das Blau ist sanft und mild, das Rot wild und gefährlich, das Gelb warm, hell „und manchmal gemein[…]“ (Bauer 1998: 40). Die folgende Tabelle gibt derartige Farbwirkungen und -bedeutungen wieder, indem sie u. a. auf Arbeitsergebnisse von Eva Heller zurückgreift (Felgentreu & Nowald 2005: 222, Kayser & Körner 2004: 80). Heller führte verschiedene Befragungen durch, bei denen Probanden Farbbereiche zu Begriffen aus verschiedenen Gefühls- und Erfahrungsbereichen zuordneten (2002: 13). Komplementärkontrast Farbwirkungen und -bedeutungen <?page no="158"?> 158 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Farbbereich Wirkung Bedeutung Gelb erregend, warm, heiter, grell Freundlichkeit, Optimismus, Wärme, Leichtsinn, Verschwendung, Neid, Eifersucht, Verrat Orange anregend, lebhaft, heiter, warm, exotisch, aktiv, aufdringlich, extrovertiert Freude, Lebhaftigkeit, Lebensbejahung, Spaß, Extrovertiertheit, Ausgelassenheit Rot stark, erregend, belebend, erwärmend, kraftvoll, exzentrisch, attraktiv Begierde, Erregung, Erotik, Leidenschaft, Liebe, Leben (Blut), Aktivität, Dynamik, Temperament, Kraft, Aggressivität, Gefahr, Feuer Violett introvertiert, extravagant, traurig, niederdrückend, sehnsüchtig, unnatürlich Selbstbezogenheit, Originalität, Eitelkeit, Traurigkeit, Sehnsucht, Künstlichkeit, Blau beruhigend, friedlich, harmonisch, ernsthaft, sehnsüchtig, kalt, unendlich Macht, Theologie, Spannung Grün beruhigend, sanft, freundlich, heiter, natürlich, gesund, frisch, jung Ruhe, Frieden, Harmonie, Sympathie, Beständigkeit, Freundschaft, Sehnsucht, Ferne, Kälte, Vertiefung, Passivität, Sauberkeit Braun zurückgezogen, schwer, altmodisch, warm, gemütlich Ruhe, Entspannung, Lebendigkeit, Natur, Natürlichkeit, Gesundheit, Gift, Unreife, Jugend, Frühling, Hoffnung Weiß optimistisch, rein, steril, leer, leicht, oben Introvertiertheit, Bequemlichkeit, Biederkeit, Alter, Stolz, Wärme, Faulheit, Fäulnis Schwarz pessimistisch, traurig, schmutzig, geheimnisvoll, feierlich, ernst, verschlossen, schwer, unten Reinheit, Ordnung, Leichtigkeit, Vollkommenheit, Unschuld, das Gute Grau charakterlos, wandelbar, unfreundlich, arm, grausam, heimlich Trauer, Schmutz, Abweisung, das Böse, Ende, Negation, Auflehnung, Einengung, Hass, Egoismus, Funktionalität, Unglück, Macht Tabelle 1: Farbwirkungen und -bedeutungen Wie aus den Eintragungen ersichtlich, finden sich in vielen Farbbereichen widersprechende Wirkungen und Bedeutungen. Dies liegt zum einen darin begründet, dass jeder Bereich verschiedene Farbtöne umfasst, die divergent aufgeladen sein können. Zum anderen kann ein Farbton in unterschiedlichen Umgebungen verschiedene Wirkungen hervorrufen, was bei der Analyse und der Interpretation zu berücksichtigen ist. <?page no="159"?> 159 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Literatur zum Weiterlesen ▶ Die zwei Lexika der Kunst, die von Harald Olbrich (1987-1994) bzw. Wolf Stadler (1987-1990, Sonderausgabe 2006) herausgegeben wurden, bieten auch zur Farbe Orientierung-- wie die Artikel von Christoph Wagner im Metzler Lexikon Kunstwissenschaft ( 2 2011) und von Andreas Prater im Reclam Lexikon Kunstwissenschaft (2012). ▶ Empfehlenswert sind das Kapitel zur Farbe in Meyers Sprache der Bilder (2011) und das Heft Wege zur Kunst. Begriffe und Methoden für den Umgang mit Farbe (2014) von Andreas Schwarz. ▶ Nikolajeva und Scott (2006) berücksichtigen den Aspekt der Farbe am Rande, Nodelman geht hingegen in Words about Pictures (1988) ausführlich auf die Gestaltung mit und durch Farbe ein. ▶ Im Sammelband Children‘s Literature: Approaches and Territories (2009), herausgegeben von Janet Maybin und Nicola J. Watson, liest sich ein Beitrag von William Moebius mit dem Titel Picturebook Codes, in dem er sich auch mit dem Farbcode beschäftigt. ▶ Den Farbkontrasten von hell und dunkel sowie von bunten und unbunten Farben sind Artikel von Mareile Oetken in der kjl&m (2013) und von Bruno Blume in der Buch & Maus (2006), der Fachzeitschrift des SIKJM , gewidmet. 3.5.2.2.3 Komposition Bei der Analyse der Komposition als textinterner Aspekt der Mikroanalyse werden sowohl die Gestaltungsmittel an sich als auch die Art ihrer Relation zueinander untersucht; unterschieden wird bei letzterer zwischen der Beziehung von Format und Bildelementen und der Beziehung der Elemente untereinander, dabei nehmen die raumschaffenden Mittel eine besondere Rolle ein. Bei der Beziehung von Format und Bildelementen kann beim Layout zwischen dem Format des Bilderbuchs und dem Format eines Bildes unterschieden werden. Komposition bedeutet Anordnung, Zusammenstellung (von lat. compositio); sie umfasst die Grundstruktur aller Gestaltungsmittel als Beziehungen zum Format und zueinander; zuvorderst setzt sich diese Struktur aus bildnerischen Mitteln zusammen, bei der Bilderbuchanalyse kann jedoch auch der Schrifttext eine spezifische Beziehung zum Format eingehen. Terminologie <?page no="160"?> 160 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Beziehung zwischen Format und Elementen In der Kunstwissenschaft wird zwischen Hochformat, Querformat, quadratischem Format, Dreieck und Tondo unterschieden. Bilderbücher weisen überwiegend Hoch- und Querformate sowie quadratische Formate auf, wobei Hochformate die Mehrheit stellen. Vereinzelt finden sich auch freie Formate: Bilderbücher in Form eines Fahrzeuges wie z. B. Fahr mit im Polizeiauto! (2013) von Rebecca Schmalz (Text) und Eva Spanjardt (Bild) oder Der Mond wünscht eine gute Nacht: Mein kleines Gutenachtbuch (2009) von Bärbel Müller (Text) und Eva Spanjardt (Bild), dessen äußere Form einem Stern nachempfunden ist. Abgesehen von der Form werden die Formate von Bilderbüchern nach der Buchgröße bestimmt, die sich an der Höhe des Buchrückens orientiert: Bilderbücher kommen dabei in allen Größen vor; die meisten Bilderbücher lassen sich jedoch mit einer Höhe zwischen 22,5 bis 30 cm den Oktavformaten, bei denen ein Papierbogen dreimal gefaltet und in acht Blätter gebrochen wird, zuordnen. Mit der Größe eines Bilderbuchs gehen verschiedene Erwartungen seitens des Betrachters einher, die Perry Nodelman wie folgt beschreibt: We tend to expect rambunctious, energetic stories-[…] from large books and more fragile, delicate stories-[…] from smaller books. In fact, larger books do allow larger effects, while smaller ones demand restraint from an illustrator-[…] but these differences are as much a matter of convention as of technical limitations. We associate both very small and very large books with the youngest of readers. Presumably, the very small ones can be held by very small hands, while the very large pictures in the very large ones can be interpreted by inexperienced eyes. Consequently, the very largest und very smallest of picture books tend to be the simplest in content and style. (Nodelman 1988: 44) Sowohl die Größe als auch die Form des Bilderbuchformats stehen mit den Elementen des Bildtextes und dem Schrifttext in Relation; dadurch wird ein Bezugssystem hergestellt, das als (Seiten-)Layout (engl.: Plan, Entwurf, Anlage) durch die Kategorien Quantität, Gerichtetheit und Position untersucht werden kann. Diese Kategorien können auch zur Untersuchung von einzelnen Bildern innerhalb des Layouts herangezogen werden, die eine als Format zu verstehende Abgrenzung, wie beispielsweise einen stilisierten Rahmen, aufweisen. Format <?page no="161"?> 161 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Ähnlich wie bei der Formanalyse (→-Kapitel 3.5.2.2.1) interessiert bei der Kategorie der Quantität sowohl die Anzahl als auch die Größe der Elemente im Format. Die Worte von Schrecken, Graus und Furcht in Abbildung 3.42 aus Julia Donaldsons und Axel Schefflers Bilderbuch werden durch die Darstellung des Grüffelos anschaulich; Wirkung entfaltet die Figur vor allem durch ihre Größe in Relation zu dem kleinen Vogel am rechten oberen Rand und zum Format. Auch für die Kategorie der Gerichtetheit gilt, was bereits bei der Analyse der Form (→-Kapitel 3.5.2.2.1) beschrieben wurde; im Unterschied wird die Gerichtetheit des Formats mit derjenigen aller Elemente in Beziehung gesetzt: Je höher dabei die Anzahl unterschiedlich ausgerichteter Elemente und Formatbegrenzungen ist, desto unruhiger, dynamischer wirkt das Bild. Umgekehrt wirkt ein Bild, in dem die Elemente und Formatbegrenzungen gleich oder ähnlich gerichtet sind, ruhig, statisch. Dies ist insbesondere bei einer horizontalen Ausrichtung der Fall. Abb. 3.43 und 3.44: Selma (Bauer 1997: 7; 27) Deutlich wird dies in den Abbildungen 3.43 und 3.44 aus Jutta Bauers Bilderbuch Selma (1997): Die überwiegend horizontale Gerichtetheit der Elemente im linken Bild evoziert in Relation zum Format die beschriebene Wirkung. Eine gegensätzliche Wirkung erzeugt die rechte Abbildung, die Selma dabei zeigt, wie sie „etwas Sport mach[t]“ (Bauer 1997: 27): Aufgrund der annähernd senkrechten Ausrichtung des zentralen Bildelements wirkt sie dynamischer. Die Elemente des Bild- und des Schrifttexts können grundsätzlich im Zentrum oder am Rande positioniert werden. Bei der Zentralposition besetzt ein Element die Position in der Bildmitte- - wie in den Abbildungen 3.43 und 3.44. Damit wird dem Element eine zentrale Bedeutung zugeschrieben; die Wirkung dieser Position ist aus Quantität Gerichtetheit Position <?page no="162"?> 162 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Abb. 3.42: Der Grüffelo (Scheffler & Donaldson 1999: 14) <?page no="163"?> 163 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte sozialen Erfahrungen erklärbar, die sich in Formulierungen wie u. a. „im Mittelpunkt stehen“ spiegeln. Bei der Randposition ist eine differenzierte Angabe notwendig, da sie-- abhängig von der jeweiligen Position-- verschiedene Bedeutungen konnotieren kann: Sind Elemente beispielsweise am oberen Rand positioniert, können sie Wirkungen evozieren, die entsprechenden sozialen Schichtungen und Wertmaßstäben zukommen. Elemente, die sich hingegen am linken oder rechten Rand befinden, wirken in der Regel unwichtiger; dies gilt vor allem dann, wenn sie überschnitten sind-- und damit wie zufällig platziert wirken. Positionierungen am äußersten Rand-- insbesondere in Eckpositionen-- konnotieren häufig Außenseitertum (→-Kapitel 3.5.1.3). Sowohl von der Gerichtetheit als auch von der Position der einzelnen Elemente hängt eine weitere Wirkung ab: Eine Figur, die durch ihre Ausrichtung nach rechts verweist, bewegt sich entsprechend der westlichen Lesetradition, blickt in die Welt-- eine Figur, die links gerichtet ist, kehrt, blickt zurück, kommt entgegen. Diese Wirkung wird umso mehr verstärkt, desto näher die Figur an den Rändern positioniert ist. Beziehung zwischen Bildelement und Bildelement Unter dem Kompositionsprinzip der Reihung werden mindestens drei gleiche oder ähnliche Bildelemente verstanden, die im gleichen Abstand zueinander angeordnet und gleich ausgerichtet sind-- wie die Figuren der Dorfbewohner aus Ute Krauses Oskar und der sehr hungrige Drachen in Abbildung 3.45. Durch die Reihung der Figuren wird die Bevölkerung des kleinen Dorfes, aus dem Oskar stammt, homogen und gleichrangig dargestellt; weiter erzeugt sie Ordnung, Überschaubarkeit und grenzt die Dorfbewohner von Oskar und dem Drachen ab. Diese Abgrenzung wird im Bildbeispiel auch durch die Gruppierungen der Figuren erreicht; definiert ist die Gruppierung als eine Anzahl von Bildelementen, die in einem geringeren Abstand zueinander stehen, als Elemente in der umgebenden Fläche. Abwechslungsreicher als die Reihung oder die Gruppierung ist eine rhythmische Komposition; hierbei wiederholen sich verschiedene Bildelemente als Sequenz mindestens einmal- - wie in Abbildung 3.46 aus Wolf Erlbruchs Frau Meier, die Amsel. Hier reflektiert die periodisch wiederkehren- Reihung und Gruppierung Rhythmus <?page no="164"?> 164 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse de Darstellung der Figur bei unterschiedlichen, alltäglichen Tätigkeiten ihre durch Routine und Regelmäßigkeit bestimmte Lebensleere. Abb. 3.45: Oskar und der sehr hungrige Drachen (Krause 2007: 25 f.) Abb. 3.46: Frau Meier, die Amsel (Erlbruch 2000: 1) <?page no="165"?> 165 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Ein weiteres Kompositionsprinzip ist die Anordnung von Bildelementen in Form einer geometrischen Figur: Bei Figuren wie einem Kreis, einer Spirale oder einem Stern sind gleiche oder verschiedene Bildelemente um einen Mittelpunkt verteilt, gehen von ihm aus oder sind auf ihn ausgerichtet. Die Elemente können aber auch eine Dreiecksform aufweisen; dies wird als Dreieckskomposition oder-- wenn der räumliche Aspekt betont werden soll-- als pyramidale Komposition bezeichnet. Elemente können weiter entweder symmetrisch oder asymmetrisch angeordnet werden; bei der Symmetrie als Kompositionsprinzip wird zwischen Achsen- und Drehsymmetrie unterschieden: Elemente, die sich an einer Achse spiegelbildlich gegenüberliegen, werden als achsensymmetrisch bezeichnet; Elemente, die durch eine Drehung von meist 180° zur Deckung gebracht werden können, sind drehsymmetrisch. Kamm und Schere sind die Mittel, um der Haare und Nägel des Struwwelpeters Herr zu werden, um Ordnung in die Unordnung zu bringen; als Bildelemente sind diese Mittel in Abbildung 3.47 aus Der Struwwelpeter von Heinrich Hoffmann achsensymmetrisch angeordnet. Die Wirkung der Darstellung evoziert Ordnung Geometrische Figuren Symmetrie Abb. 3.47: Der Struwwelpeter (Hoffmann 2010: 9) Abb. 3.48: Die drei Räuber (Ungerer 1963: 32) <?page no="166"?> 166 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse und Ausgewogenheit-- Prinzipien, denen der Protagonist offensichtlich wenig Folge leistet. Zu den Kompositionsprinzipien zählen auch die raumschaffenden Mittel, die sich-- abgesehen von Licht-Schatten-Modellierungen sowie Luft- und Farbperspektiven- - in nichtkonstruktive und konstruktive Mittel unterteilen lassen (Kapitel →-3.5.1.4). Zu den nichtkonstruktiven einfacheren Mitteln zur Erzeugung von körperhaft-plastischer und räumlicher Illusion gehören Größen- und Höhenunterschied, Überdeckung und Staffelung. Bei der Raumerzeugung durch Größenunterschied werden Bildelemente, die in der Realität gleich groß sind, im Bild unterschiedlich groß dargestellt: Kleinere Elemente erscheinen dadurch weiter entfernt als größere. Eine intensivere Räumlichkeit kann durch die Kombination mit Höhenunterschieden erreicht werden. Dabei werden die größeren Elemente auf der zweidimensionalen Abbildungsfläche der Bildebene unten, die kleineren oben positioniert- - wie in Abbildung 3.48 aus Toni Ungerers Bilderbuch Die drei Räuber. Auch die Überdeckung wird in dieser Abbildung als raumschaffendes Mittel eingesetzt. Sie leitet sich, wie auch die anderen beiden Mittel, aus der räumlichen Seherfahrung ab: Elemente mit partiell verdeckten Formen scheinen weiter entfernt, tiefer im Raum zu stehen als nicht verdeckte. Eine Überdeckung von mehreren Bildelementen, in derselben Ausrichtung und mit gleichen Abständen organisiert, wird als Staffelung bezeichnet. Durch Projektion (von lat. proicere: nach vorne werfen) eines Körpers bzw. eines Raumes auf die Bildebene erzeugen konstruktive Mittel eine entsprechende Wirkung; bei der Parallelprojektion werden dabei alle in der Realität parallel verlaufenden Linien eines Objekts auch im Bild Nichtkonstruktive raumschaffende Mittel Konstruktive raumschaffende Mittel Abb. 3.49: Mein großes Spielplatz-Wimmelbuch (Mitgutsch 2014: 6) <?page no="167"?> 167 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte parallel abgebildet. Ein Beispiel hierfür ist das Aufriss-Schrägbild oder die Kavalierperspektive, die sich häufig in Wimmelbüchern findet. Eine Seitenfläche steht dabei parallel zur Bildebene, die senkrecht stehenden Kanten werden hingegen als Parallelogramm verzerrt dargestellt, wie in Abbildung 3.49, die Mitgutschs Mein großes Spielplatz-Wimmelbuch entnommen ist. Auch die Zentral- oder Linearperspektive, die auf Arbeiten von Baumeistern und Künstlern der Renaissance wie Filippo Brunelleschi oder Leon Battista Alberti beruht, gehört zu den konstruktiven raumschaffenden Mitteln. Ähnlich der Projektion imitiert die Zentralperspektive Räumlichkeit auf einer Bildfläche: Sie ist von einem Standpunkt aus erstellt, den der Betrachter einnimmt. Dabei berücksichtigt sie, dass Objekte mit zunehmender Entfernung kleiner erscheinen und dass die parallel in die Tiefe führenden Linien sich in einem so genannten Fluchtpunkt (F) scheinbar treffen, obwohl sie weiterhin parallel zueinander bleiben. Mit der Zentralperspektive lassen sich nur geometrische Körper präzise darstellen, alle anderen Objekte müssen auf geometrische Grundformen zurückgeführt werden, um sie perspektivisch zu konstruieren. Die folgende Abbildung 3.50 zeigt die zentralperspektivische Ansicht eines Körpers mit einem Fluchtpunkt auf der Horizontlinie. Abb. 3.50: Zentralperspektive (Wolfram Gothe, Beispiel für Zentralperspektive, Quelle: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Bild: Zentralperspektive.png) <?page no="168"?> 168 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Auch die Abbildung Abb. 3.41 aus Mia schläft woanders ist grundsätzlich zentralperspektivisch konstruiert; die Fluchtlinien verlaufen aber zum einen nicht linear, zum anderen weichen einzelne vom Fluchtpunkt ab. Diese bewussten Manipulationen der Perspektive verorten den Raum im Surrealen, als Traum der Protagonistin und lassen die Ich-Erzählerin an dieser Stelle unzuverlässig erscheinen. Literatur zum Weiterlesen ▶ Zur Komposition finden sich Artikel in den Lexika der Kunst; ebenfalls zu nennen ist der Beitrag von Frank Fehrenbach im Metzler Lexikon Kunstwissenschaft ( 2 2011), dem zahlreiche bibliographische Angaben beigegeben sind. Auch der Text von Eveliina Juntunen im Reclam Lexikon Kunstwissenschaft (2012) bietet einen guten Überblick zum Thema. ▶ Empfehlenswert sind zudem die Kapitel Komposition in Meyers Sprache der Bilder (2011) und in Erich Hubers Bild und Komposition (1976). ▶ Auf Einzelaspekte der Komposition, wie beispielsweise der Position von Bildelementen oder ausgewählten raumschaffenden Mitteln, wird in Büchern wie Nikolajeva und Scotts How Picturebooks Work (2006), Nodelmans Words about Pictures (1988) oder Thieles Das Bilderbuch ( 2 2003) eingegangen. Auch Moebius (2009) widmet sich in seinem Aufsatz derartigen Aspekten, die er als Codes bezeichnet und beschreibt. 3.5.2.3 Typographie Bei der Analyse der Typographie als textinterner Aspekt der Mikroanalyse werden sowohl die makro- (Satzspiegel, Schriftgröße und -auszeichnungen-…) als auch die mikrotypographische (Schriftart, Laufweite, Wortabstand- …) Gestaltung des Schriftbildes untersucht. Eine besondere Rolle nimmt die Schriftbildlichkeit ein, die mit Aspekten wie Form, Farbe, Komposition und ihren Kategorien untersucht werden kann. Grundsätzlich umfasst die Typographie (von gr. typos: Abbild, Muster, Schlag und graphein: schreiben) sämtliche Bereiche der Buchdruckerkunst; heute wird der Begriff jedoch nicht mehr mit letzterer in Verbindung gebracht, sondern mit dem materiell und digital reproduzierbaren Schriftbild als solchem. Terminologie <?page no="169"?> 169 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Für die Bilderbuchanalyse ist die Typographie als Lehre von der ästhetischen, künstlerischen und funktionalen Gestaltung von Buchstaben, Satzzeichen und Schrift relevant, dazu gehören auch das Wissen über Betrachtungs- und Lesegewohnheiten (Strauch & Rehm 2007: 426). Nach Hans Peter Willberg und Friedrich Forssmann werden diese Gewohnheiten sowohl makroals auch mikrotypographisch unterschiedlich realisiert: Im Bilderbuch kommen dabei insbesondere die Typographien für lineares und inszenierendes Lesen zum Tragen, weiter die Typographie nach Sinnschritten für Leseanfänger (Willberg & Forssmann 2010). Typographie für lineares Lesen Abb. 3.51: Das Biest des Monsieur Racine (Ungerer 1972: 6 f.) Beim linearen Lesen erschließt sich der (Schrift-)Text von vorne nach hinten aufeinander aufbauend, Satz für Satz. Die entsprechende Lesetypographie wird in der Regel in narrativen Texten eingesetzt, in optisch wenig strukturierten Texten mit einer geringen Zahl an Abbildungen-- wie in dem Beispiel aus Tomi Ungerers 1972 erschienenen Bilderbuch Das Biest des Monsieur Racine (engl. The Beast of Monsieur Racine, 1971). Lesetypographien <?page no="170"?> 170 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Der Schrifttext, der in zwei Absätze mit einem Einzug strukturiert ist, weist eine zurückhaltende Schriftart und etwa 60 Zeichen pro Zeile auf, was der Kenngröße dieser Lesertypographie entspricht (Runk 2006: 170). Zielgruppe dieser sind Leser, die den Text freiwillig lesen und ihn durch entsprechenden Lesekomfort auch gerne lesen. Weiter ist der Text über den pensionierten Steuereinnehmer in Flattersatz gesetzt; die Wortabstände sind gleichmäßig, Worttrennungen nicht vorhanden. Dadurch entsteht, wie auch durch die Schriftwahl, ein ruhiges Satzbild und ein gleichmäßiger Grauwert wird gewahrt. Der Grauwert bezeichnet in der Typographie einen durch Strichstärke, Laufweite, Wortabstand, Zeilenlänge und -abstand bestimmten Eindruck beim Leser. Ein guter Grauwert bedeutet auch eine leichte Erfassbarkeit einzelner Worte durch das Auge. Indem man einen Text in etwa 40 Zentimeter Abstand vor die Augen hält und diese dabei leicht zusammenkneift, kann man den Grauwert selber bestimmen: Weist der Text einen ausgewogenen Grauwert wie im Beispiel auf, sind gleichmäßige graue Balken zu sehen (Runk 2006: 104). Typographie für inszenierendes Lesen Bei der Typographie für inszenierendes Lesen interpretiert der Typograph bzw. Illustrator die Erzählung und steigert die Wirkung durch mikrotypographische Auszeichnungen, verschiedene Schriftgrößen und -arten, Hoch- oder Tiefstellung von Wörtern und Sätzen. Zusätzlich können makrotypographische Mittel wie Formsatz und weitere graphische Elemente verwendet werden. Die Schrift als sprachlicher Zeichenträger nimmt dabei-- wie in Abbildung 3.52 aus Karoline Kehrs Schwi-Schwa-Schweinehund-- eine weitere Funktion ein, die eine große Nähe zur Bildlichkeit aufweist: Mit Sprachen teilen Schriften, dass sie als ein System elementarer Zeichen syntaktisch disjunkt und semantisch spezifizierbar sind; mit Bildern teilen sie ihre Visualität und Flächigkeit. Doch in Schriftspielen entsteht etwas, für das es weder in der Sprache noch beim Bild ein Vorbild gibt-- die Möglichkeit, mit revidierbaren flächigen Anordnungen kreativ und explorativ zu operieren. Schriften folgen nicht der Bifurkation von Sprache und Bild, sie sind vielmehr als ein ‚Sowohl als auch‘-[…] zu begreifen. (Krämer 2011: 3 f.) Schriftbildlichkeit <?page no="171"?> 171 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Diese Schriftbildlichkeit kann mit den Aspekten Form, Farbe, Komposition und ihren Kategorien analysiert werden. So fallen in der Abbildung aus Kehrs Bilderbuch zuvorderst die Positionierung und Gerichtetheit der Schriftelemente auf; durch ihre Ausrichtung zur Formatbegrenzung wirken sie unruhig, ja unordentlich. Diese Gestaltung der Elemente auf Ebene des discours steht der Ordnung entgegen, die Florentine- - wie auf Ebene der histoire aus Sicht des Schweinehunds erzählt wird- - eigentlich herstellen möchte. Schriftbildlich wird der Inhalt mimetisch durch die inszenierende Typographie gespiegelt; besondere gestalterische Aufmerksamkeit erfährt dabei das Wort „aufräumen“, dem zugrundeliegenden Thema dieser Episode. Weiter reflektiert die typographische Darstellung im Zusammenspiel mit dem Bild des Schweinehunds die personale Erzählsituation des erlebenden Ichs, schließlich fallen die Worte aus dem Maul der fantastischen Figur-- wie auch die onomatopoetische Interjektion „Grrrr“. Abb. 3.52: Schwi-Schwa-Schweinehund (Kehr 2001: 3) <?page no="172"?> 172 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Derartige Schriftbilder, die durch abweichende Typographie Lautstärke und Intensität von Interjektionen bzw. Geräuschen im Bilderbuch wiedergeben, bezeichnet Stephanie Heimgartner als Typotaphern: Zwar übernehmen neuere Bilderbücher Strategien des Comics, doch durch die Prägung des neuen Begriffs soll der im Allgemeinen deutlich wahrnehmbare Unterschied zu den Soundwords bzw. Sound Effects des Comics betont werden.-[…] Während Comics narrative Strukturen mit Hilfe verschiedenster Zeichen (Sprechblasen mit wörtlicher Rede, Denkblasen, Captions, isoliert stehende [sic] Sound Words und Sound Effects sowie Bildzeichen) generieren, ist in den meisten Bilderbüchern immer noch der Text Träger der Narration. (Heimgartner 2014: 175) Typographie nach Sinnschritten Bei Typographien für Leseanfänger ist der Text dem Sinn entsprechend gegliedert, damit Zusammenhänge schnell erkannt werden können. Typographische Mittel sind hierbei eine gut lesbare Schrift und nicht zu lange Zeilen, die nach inhaltlichen Gesichtspunkten umbrochen werden. Abb. 3.53: Oh, wie schön ist Panama (Janosch 1978: 6 f.) Typotapher Erstes Lesen <?page no="173"?> 173 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Die Doppelseite aus Janoschs Oh, wie schön ist Panama (1978) ist ein Beispiel für eine derartige Lesetypographie: Der Satz, in einer großen Schriftart im Flattersatz gesetzt, ist in Sinnschritte aufgeteilt. Diese stehen in einem parallelen Verhältnis zum Bildtext, welcher den im Schrifttext vermittelten Inhalt in produktiver Korrespondenz anreichert (→- Kapitel 3.5.3) und den Leseprozess damit unterstützt. Als Schriftart ist in Janoschs Bilderbuch eine Garamond gewählt, die zur Schriftklasse der Französischen Renaissance-Antiqua gehört; Mitte des 15. Jahrhunderts entwickelt, weist sie Merkmale wie u. a. abgerundete Serifen, deutliche Strichstärkenunterschiede und einen geraden Querstrich im Buchstaben e auf. Die Serifen- - An- und Abstriche, die einen Buchstaben quer zu seiner Grundrichtung abschließen-- führen das Auge beim Lesen entlang der Zeile; empirischen Untersuchungen zufolge ermüdet das Auge beim Lesen aufgrund der kleinen Endstriche oder Füßchen nicht so schnell (Runk 2006: 93)-- Serifenschriftarten eignen sich jedoch weniger für Leseanfänger, da sie diese irritieren können. Eine Serifenschriftart findet sich auch in Ungerers Bilderbuch Das Biest des Monsieur Racine, hier kommt eine Baskerville zur Anwendung. Sie zählt nach dem deutschen Klassifikationssystem zur Klasse der Barock-Antiqua; mit Kennzeichen wie u. a. fast senkrechten Achsen und größeren Strichunterschieden zeichnet sich die Schriftart durch starke Kontraste und gute Lesbarkeit aus, was sie für eine lineare Lesetypographie empfiehlt. Die von John Baskerville um 1754 entwickelte Schriftart wirkt klassisch und elegant-- und trägt damit zur Figurencharakterisierung des mit Hut, Stehkragen und Knopfweste gezeichneten Monsieur Racine bei. Eine Linotype, die zur Klasse der serifenlosen Linear-Antiqua gehört, wird hingegen in Kehrs Bilderbuch als Schriftart verwendet. Optisch gleiche Strichstärke und senkrechte Achsen ermöglichen die für die inszenierende Typographie notwendige Dynamik; dies wäre mit einer eine statisch wirkenden Serifenschrift typographisch nicht möglich. Abgesehen von den Antiqua-Schriften, die aus der Zusammenführung von Kleinbuchstaben nach dem Vorbild der karolingischen Minuskel des 9. Jahrhunderts und Majuskeln der Capitalis Monumentalis aus kaiserrömischen Inschriften hervorgingen, können auch Schriftklassen wie Schreibschriften in Bilderbüchern typographisch von Bedeutung sein. Serifenschriften Serifenlose Schriften <?page no="174"?> 174 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Zur Klasse der Schreibschriften zählen alle Schriftarten, die handschriftliches Schreiben nachahmen. Es handelt sich hierbei allerdings nicht in erster Linie um Originalhandschriften wie in Antje Damms Kathrinchen, was soll bloß aus dir werden? (2004) (Abb. 3.54), sondern um Schreibschriften, die digital weiterbearbeitet werden. Ein Beispiel dafür findet sich im Bilderbuch Die Prinzessin kommt um vier (2000) von Wolfdietrich Schnurre (Text) und Rotraut Susanne Berner (Bild): Berner entwickelte für das Buch eine Schrift (Abb. 3.55), deren handschriftlicher Charakter durch bewusst gesetzte Unregelmäßigkeiten betont wird; die Schrift fungiert als Bestandteil der Illustrationen, nicht als Ergänzung derer (Sauer 2010: 21). Die letzte Schriftklasse des deutschen Klassifikationssystems umfasst fremdsprachliche Schriften, die nicht auf dem lateinischen Schriftsystem basieren wie arabische oder kyrillische Schriften. Zu dieser Gruppe kann auch die Hieroglyphenschrift, die David Wiesner für die Außerirdischen in Herr Schnuffels erfunden hat, gezählt werden-- wenngleich sie fiktiv ist. Für seine Schrift (Abb. 3.56) kreierte Wiesner ein Set von 30 Zeichen Schreibschriften Fremdsprachliche Schriften Abb. 3.44: Kathrinchen, was soll bloß aus dir werden (Damm 2004: 5) Abb. 3.55: Die Prinzessin kommt um vier (Schnurre & Berner 2000: 11) <?page no="175"?> 175 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte (Sutton 2013); den Dialog zwischen den Außerirdischen und den Insekten in Abbildung 3.56 kann verstehen, wer das Schriftzeichen für Käse identifiziert. Abb. 3.56: Herr Schnuffels (Wiesner 2014: 16) Literatur zum Weiterlesen ▶ Zur Typographie finden sich Beiträge im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (2007) und im Lexikon Buch-- Bibliothek-- Neue Medien ( 2 2007) von Dietmar Rehm und Margarete Strauch. Empfehlenswert ist weiter die Einführung Grundkurs Typografie und Layout (2006) von Claudia Runk; als Standardwerk gilt das Handbuch Gestaltung, Typografie etc. (2010) von Damien und Claire Gautier. ▶ Im internationalen Handbuch Routledge Companion to Picturebooks (2018) geht Megan Lambert auf makrotypographische Aspekte im Bilderbuch ein. ▶ Karin Vach schreibt über Typographie im Bilderbuch im Sammelband Bilderbuch und literarästhetische Bildung (2014), herausgegeben von Gabriele Scherer, Steffen Volz und Maja Wiprächtiger-Geppert. ▶ In der Fachzeitschrift Grundschule liest sich ein Artikel (2010) von Inge Sauer, in dem sie sich mit verschiedenen Bilderbuchkünstlern und ihrem Umgang mit Schrift sowie Bild beschäftigt. <?page no="176"?> 176 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse 3.5.3 Interdependenzen von Bild und Text Bei der Analyse der Bild-Text-Interdependenzen als textinterner Aspekt der Mikroanalyse wird gefragt, in welchem Verhältnis Bild- und Schrifttext erzählen. Dabei können Bild und Text ungefähr das Gleiche erzählen. Weiter kann die Aussage des einen aber auch durch die des anderen ergänzt und erweitert werden-- ebenso, wie die Aussage des einen kontrapunktisch durch den anderen widerlegt werden kann. Das Bilderbuch definiert sich aus seinem Verhältnis von Bild- und Schrifttext (→-Kapitel 2.1 und 3.1); die verschiedenen Möglichkeiten, die Kombinationen dieses Verhältnisses werden als Bild-Text-Interdependenzen (von lat. inter: zwischen und von lat. dependere: abhängig sein) bezeichnet und typologisiert. Zumeist wird in Bilderbüchern durch mehrere dieser Interdependenzen erzählt; auch Mischformen kommen vor. In der Forschung, die sich seit den 80er Jahren intensiv mit dem Verhältnis von Bild- und Schrifttext im Bilderbuch auseinandersetzt, liegen inzwischen verschiedene Typologien und Taxonomien vor (Staiger 2014). Zwei dieser Ordnungs- und Beschreibungssysteme werden hier vorgestellt: zum einen die in Deutschland „wohl gängigste[n]“ (Jantzen & Klenz 2013: 7) Kategorien Jens Thieles, zum anderen die Typologie von Maria Nikolajeva und Carole Scott, die frühere Beschreibungskategorien weiterentwickelt und ausdifferenziert haben. Unter der Parallelität von Bild und Text versteht Thiele nicht einfach eine „Doppelung der Aussage“, sondern eine „produktive Korrespondenz“, bei welcher die Aussage des einen Textes durch den anderen ergänzt und erweitert wird (Thiele 2011: 224). Die Doppelung als Vermittlung von (ungefähr) gleichen Informationen bezeichnen Nikolajeva und Scott als symmetrisches Verhältnis (Tabelle 2) von Bild- und Schrifttext (Staiger 2014: 20, Nikolajeva & Scott 2006: 14); die Mehrheit der Bilderbücher weisen dieses gegenseitig redundante Verhältnis auf-- wie es auch in Hans Traxlers 2009 erschienenem Bilderbuch Franz, der Junge, der ein Murmeltier sein wollte zu finden ist. Das Bild zeigt, was im Schrifttext zu lesen ist: Franz, der aus dem Fenster auf die winterweiße Schneelandschaft blickt (Abb. 3.57). Terminologie Typologien der Interdependenzen Parallelität <?page no="177"?> 177 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Abb. 3.57: Symmetrisches Verhältnis von Bild- und Schrifttext in Franz, der Junge, der ein Murmeltier sein wollte (Traxler 2009: 11) <?page no="178"?> 178 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Die Ergänzung und Erweiterung des jeweils anderen, die Thiele Parallelität nennt, bezeichnen Nikolajeva und Scott als Anreicherung, die sie qualitativ von minimal bis signifikant quantifizieren (Staiger 2014: 20, Nikolajeva & Scott 2000). Thiele (2011) Nikolajeva & Scott (2006) Parallelität von Bild und Text Symmetrisches Verhältnis Anreicherung Geflochtener Zopf komplementäres Verhältnis Kontrapunktische Spannung Kontrapunktisches Verhältnis Widerspruch Tabelle 2: Typologien von Nikolajeva / Scott und Thiele im Vergleich (Staiger 2014: 20) Als geflochtenen Zopf definiert Thiele eine „komplexere Form der Bild-Text- Korrespondenz“, bei der „beide narrative Ebenen ineinander greifen und abwechselnd das Erzählen übernehmen“ (Thiele 2011: 225). Dafür liefert Sendaks Klassiker ein Beispiel: Nachdem die wilden Kerle Max zum König ernannt haben, erteilt dieser einen ersten Befehl: „Und jetzt-[…] machen wir Krach! “ (Sendak 1967: 22). Dieser Schlüsselmoment des Bilderbuchs, in dem Max als „archetypisches Kind einem ursprünglichen, unbewussten und instinktiven Zustand entsprechend agiert“ (Lexe 2014: 157), wird auf drei Doppelseiten allein über den Bildtext erzählt. Vorangehend stehen Bild und Text in einem parallelen Verhältnis, bei dem die Informationen des Schrifttexts durch den Bildtext angereichert werden. Nikolajeva und Scott bezeichnen das Ineinandergreifen beider Ebenen als komplementäres Verhältnis (Tabelle 2), als eine signifikante Anreicherung. Sie ist dadurch charakterisiert, dass Bild- und Schrifttext wechselseitig bestehende Leerstellen füllen. In Bilderbüchern, in denen Bild- und Schrifttext in einer kontrapunktischen Beziehung stehen (Tabelle 2), ergibt sich die „eigentliche Botschaft im Zusammenprall beider Ebenen“ (Thiele 2011: 226): Bild und Text enthalten unterschiedliche Informationen, vermitteln jedoch gemeinsam eine Erzählung. Ein häufig zitiertes Beispiel dafür ist Nachts von Wolf Erlbruch: Fons kann nicht schlafen, ist hellwach, will hinaus in die Nacht. Während des darauffolgenden Spaziergangs erklärt der Vater dem Sohn, dass Der geflochtene Zopf Kontrapunktisches Verhältnis <?page no="179"?> 179 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte eigentlich alle schlafen, dass „überhaupt nichts los [sei] in der Nacht“ (Erlbruch 1999 : 10) - und auch Fons daher endlich schlafen solle. Die Worte des Vaters lesen sich im Schrifttext als Figurenrede und stehen in einem kontrapunktischen Verhältnis zum Bildtext: Die Bilder indizieren das Gegenteil seiner Behauptungen, strafen seinen Aussagen Lügen-- zeigen, dass fürwahr einiges los ist in der Nacht (Abb. 3.58). Dabei scheint der Bildtext die subjektive Sicht von Fons wiederzugeben. Abb. 3.58: Kontrapunktisches Erzählen in Nachts (Erlbruch 1999: 9 f.) Das kontrapunktische Erzählen in Nachts ermöglicht die zweidimensionale Perspektive der Figuren auf die erzählte Welt; es bietet damit verschiedene Interpretationsmöglichkeiten und Deutungen an: Entweder kann das offensichtliche Fantastische der Diegese entsprechend der postmodernen Auffassung der Wirklichkeit als Konstrukt wahrgenommen-- oder eben ignoriert werden (Weinkauff & Glasenapp 2018: 179). Erstere entspricht der (Welt-)Sicht des Sohnes, Letztere derjenigen des Vaters. Auch die Binnenerzählung des Großvaters in Jutta Bauers Opas Engel ist kontrapunktisch strukturiert: Der Schrifttext gibt die Erzählungen des Großvaters aus seinem Leben in direkter Rede wieder, der Bildtext spiegelt dessen Inhalt, fügt aber ein wesentliches Element hinzu: Die Bilder erläutern, warum dem <?page no="180"?> 180 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Großvater zeit seines Lebens „keiner [etwas] konnte“ (Bauer 2001: 3): Ein Engel gab acht, dass ihm nichts geschah, wenn er auf die höchsten Bäume kletterte oder in die tiefsten Seen sprang; große Hunde zitterten nicht vor dem Großvater, wie er überzeugt erzählt, sondern vor seinem Schutzengel (Abbildung 3.59). Abb. 3.59: Kontrapunktisches Erzählen in Opas Engel (Bauer 2001: 16 f.) Wenngleich die Informationen in Bild- und Schrifttext unterschiedlich sind, so vermitteln sie in Jutta Bauers Bilderbuch doch eine Erzählung. Schließen sich die Informationen hingegen gegenseitig aus und sind unvereinbar, wird diese extreme Spielart kontrapunktischen Erzählens als Widerspruch bezeichnet (Staiger 2014: 20, Nikolajeva & Scott 2006: 12). Literatur zum Weiterlesen ▶ Im Taschenbuch der Kinder- und Jugendliteratur ( 4 2005) und im Nachfolger Kinder- und Jugendliteratur-- Ein Handbuch (2011) geht Jens Thiele auf die Interdependenzen ein und stellt seine Kategorien vor. <?page no="181"?> 181 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte ▶ In The Routledge Companion to Picturebooks (2017) setzt sich Nathalie op de Beeck in ihrem Beitrag Picture-Text-Relationships in Picturebooks mit dem Thema auseinander. ▶ Wichtige Monographien, in denen Ordnungs- und Beschreibungssysteme zu Bild-Text-Interdependenzen entwickelt und besprochen werden, sind die Bücher von Joseph H. Schwarcz (1982), Jens Thiele (2003) sowie Maria Nikolajeva & Carole Scott (2006). ▶ In Michael Staigers Artikel im Theorieband der Sammelbände BilderBücher ( 2 2019) von Julia Knopf und Ulf Abraham geht Staiger dezidiert auf die Interdependenzen von Bild und Text ein und liefert eine tabellarische Übersicht zu verschiedenen Typologien. 3.5.4 Intermediale Einflüsse Bei der Analyse der intermedialen Einflüsse als textinterner Aspekt der Mikroanalyse werden Formen und Funktionen von intermedialen Bezügen auf das System eines anderen Mediums untersucht. Diese Bezüge auf Medien wie u. a. Film oder Computerspiel können sich sowohl auf Ebene der histoire als auch auf Ebene des discours in Bild- und Schrifttext des Bilderbuchs als Objektmedium ergeben. Die intermedialen Einflüsse, die als vielfältige Wechselwirkungen (Thiele 2011: 217) das Bilderbuch prägen, können mit Irina Rajewsky als intermediale Bezüge verstanden und konkretisiert werden; als „Verfahren der Bedeutungskonstitution“ stellen sich diese als Verweise „auf das semiotische System eines-[…] [anderen] Mediums“ (Rajewsky 2002: 19) dar. Im Gegensatz zum Medienverbund (→- Kapitel 2.4), bei dem ein originärer Text „in verschiedenen Medien präsent ist“ (Josting 2011: 391) und zu diesen in intra- und / oder intermedialer Beziehung steht, geht es hier um intermediale Bezüge, die als Systemreferenzen die Narratoästhetik des Bilderbuchs als solche intermedial beeinflussen. Medien, auf die im Bilderbuch qua System Bezug genommen werden kann, sind der Comic (→- Exkurs Comic, Manga und Graphic Novel), der Film, die Fotographie, die Musik, das Computerspiel-- und ebenso das Drama, das als literarische Großgattung auf dem Theater zur Aufführung gelangt. Die Affinität der Bilderbuchkunst zur Kunst des Theaters hat u. a. Reinbert Tabbert nachgewiesen (Tabbert 2004: 46): Mit Verweis auf Bernhard Asmuth Terminologie <?page no="182"?> 182 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse bezieht er die szenische Darbietung auf den Bildtext, die Figurenrede dramatischer Texte auf den Schrifttext des Bilderbuchs; weiter unterscheidet er zwei Typen von Bilderbucherzählungen-- „einen epischen [Typus], der eine Welt entfaltet, und einen dramatischen, der einen Konflikt entwickelt“ (Tabbert 2004: 48). Auf diese Ausführungen greift Mareile Oetken zurück, wenn sie Wolf Erlbruchs Bilderbuch Ente, Tod und Tulpe dahin gehend analysiert: Als die Ente den Tod bemerkt, entspinnt sich ein Dialog, der in sequentieller Reihung den szenischen Charakter des Bilderbuchs verdeutlicht, der nicht nur durch den hohen Anteil der direkten Figurenrede, sondern auch durch ihre ausgeprägte Gestik (bei zurückgenommener Mimik) die Ästhetik von Bühnendramatisierungen anstrebt. (Oetken 2014: 27) Mit Rajewskys Typologie zur Intermedialität können derartige Referenzen als Systemkontamination bezeichnet werden: Bei der Systemkontamination wird durchgehend ein System zur Texterzeugung verwendet, das sich zwar notwendigerweise der Instrumente und Mittel [des kontaktnehmenden Mediums] bedient, zugleich aber fremdmedial ‚kontaminiert‘ und damit im Vergleich zu einem konventionellen Erzählen grundlegend in Richtung auf das kontaktgebende System modifiziert ist. (Rajewsky 2002: 205) Im Gegensatz dazu steht die Systemerwähnung, bei welcher ein konventionell als distinkt wahrgenommenes mediales System punktuell und vor dem Hintergrund des zur Texterzeugung verwendeten Systems erwähnt [wird], d. h. direkt thematisiert oder aber indirekt aufgerufen und qua fremdbzw. altermedial bezogener Illusionsbildung evoziert. (Rajewsky 2002: 205) Eine Systemerwähnung als direkte Thematisierung eines anderen Mediums ist beispielsweise der alte Fotoapparat, der in David Wiesners Strandgut im Bildtext abgebildet ist (Abb. 3.60). Zur Beschreibung und Einordnung intermedialer Einflüsse auf das Bilderbuch ist jedoch vor allem die Evokation fremdbzw. altermedialer Illusionsbildung bedeutsam. Als Beispiele dafür können das Arrangement der Einzelbilder in Panels in Strandgut genannt werden, auf das im Exkurs zu Comic, Manga und Graphic Novel eingegangen wird-- oder die Verwendung von Bewegungslinien und Soundwords, die ebenfalls aus dem Comic stammen. Drama und Theater Comic <?page no="183"?> 183 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Abb. 3.60: Strandgut (Wiesner 2006: 8); Abb. 3.61: Opas Engel (Bauer 2001: 20) Derartige Bewegungslinien verwendet Jutta Bauer in Opas Engel, wenn sie, wie in Abbildung 3.61, die Fluchtbewegung oder die Geste des Jungens darstellt, mit welcher er den Wehrmachtssoldaten verspottet; die Figur des Engels wird gleichfalls durch Bewegungslinien dynamisiert, dazu wird ihr Auftauchen durch die Soundwords „Rausch“ und „Hosianna“ untermalt. Auch und gerade der Film ist ein Medium, welches das Bilderbuch spätestens seit den 90er Jahren beeinflusst. Ein Beispiel, wie ein filmisches Gestaltungsmittel als Systemerwähnung den narrativen Text eines Bilderbuchs strukturiert, diesem als erzählerisches Prinzip zugrunde liegt, findet sich in Istvan Banyais Zoom (1995a) (Abbildungen 3.62 bis 3.65) Film <?page no="184"?> 184 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Abb. 3.62 bis 3.65: Zoom (Banyai 1995a: 2-9) Das Prinzip des Bilderbuchs, auf das Banyai mit Re-Zoom (1995b) ein weiteres folgen ließ, ist der titelgebende Zoom, die Veränderung der Brennweite am Kameraobjektiv-- der Zoom-out, der den Eindruck einer Rückwärtsbewegung erzeugt. Derartige intermediale Bezugnahmen basieren, wie dargestellt, auf einer Überschreitung von Mediengrenzen, was dazu führt, dass das Referenzmedium bzw. Komponenten desselben mit Hilfe der Mittel des Objektmediums nicht aktualisiert bzw. reproduziert werden können (Rajewsky 2002: 195). Erzeugt werden kann immer nur eine Illusion- - ein ‚Als ob‘- - des Fremdmedialen: Im Falle von Zoom und Re-Zoom bedeutet dies, dass der Illustrator nur gestalten kann, als ob er über die Instrumente des Films verfügen würde, es realiter jedoch nicht tut (Heller 1986: 279). Auf dieses grundlegende Problem intermedialer Bezugnahme scheint Banyai selbst hinzuweisen, wenn er in Re-Zoom eine Filmkamera (Abb. 3.66) als direkte Systemerwähnung abbildet-- und damit nicht nur das filmische Gestaltungsmittel gegenständlich werden lässt, sondern vor allem die Differenz zwischen den Medien und ihren Gestaltungsmöglichkeiten thematisiert. Verschiedene intermediale Bezüge auf den Film führt die Mindmap in Abbildung 3.69 auf; grundsätzlich unterschieden sind diese in filmische Gestaltungsmittel und filmisches Erzählen, weiter in Bild, Sound und Editing bzw. in Syd Fields Paradigma dramatischer Struktur, Genre, Zeit und Raum. Der Zoom, der in den Bilderbüchern von Istvan Banyai als Erzählprinzip fungiert, findet sich als filmisches Gestaltungsmittel in der Subkategorie der Kameraarbeit, die zur Kategorie des Bildes zählt. ‚Als ob‘-Charakter Intermediale Bezüge auf den Film <?page no="185"?> 185 3.5 Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Als Beispiel für filmisches Erzählen im Bilderbuch kann Der Cowboy (2013) von Hildegard Müller dienen; es spielt mit den Genrekonventionen des Western, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt haben: Bereits das Titelbild verweist mit dem klassischen Stetson als Cowboyhut und dem Lasso, das die Figur über die Schulter trägt (Abb. 3.67), auf das Genre. In diesem Abb. 3.66: Re-Zoom (Banyai 1995b: 24) <?page no="186"?> 186 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse entwickelte sich eine eigene amerikanische Form des männlichen Individualismus, die den klassischen Helden des Western, den Westerner, bestimmt.-[…] Der klassische Westerner ist ein Mann ohne Frau (Frauen kommt oft die Funktion der Domestizierung des Mannes zu), er ist häufig einsam, ein Loner, er ist introvertiert und wortkarg, physisch höchst agil und gewandt, aber kaum reflektierend. (Kiefer 2011: 775) Diese konventionellen, archetypischen Merkmale des Westerner dekonstruiert Müllers Bilderbucherzählung durch die Inszenierung der intermedialen Systemerwähnung: Der kleine Cowboy wird zwar ebenfalls als Held stilisiert, da er Annas Hund vor dem Ertrinken im Meer mit seinem Lasso rettet,-- dazu muss er jedoch einen Erwachsenen bitten, ihn auf die Schultern zu heben. Genretypisch gibt es am Ende der Erzählung einen Sonnenuntergang (Abb. 3.68), allerdings reitet der Held nicht alleine in diesen: Weder reitet er, noch ist er alleine-- gemeinsam mit seiner neuen Freundin verlässt er den Strand, dabei führt er den Hund und sie spielt mit dem Lasso. Inszeniert wird hier keine Domestizierung des Westerner, welcher nach erfolgreich beendeter Mission in die friedliche Existenz einer Sesshaftigkeit wechselt, sondern ein auf Gleichberechtigung beruhendes Rollenverständnis: Wie ein Cowboy kann auch eine Frau, wie der Junge mit dem Cowboyhut kann auch Anna mit dem Lasso umgehen. Abb. 3.67 und 3.68: Der Cowboy (Müller 2013: Cover und S. 27 f.) <?page no="187"?> 187 3.6 Wie man ein Bilderbuch analysiert Literatur zum Weiterlesen ▶ Zur Intermedialität und zu intermedialen Bezügen bietet der Artikel von Werner Wolf im Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie ( 5 2013a) einen Überblick; der Band Intermedialität (2002) von Irina O. Rajewsky stellt weiter eine gelungene Einführung und nach wie vor die Standardliteratur zum Thema dar. ▶ Der dritte Teil des internationalen Handbuchs The Routledge Companion to Picturebooks (2017) setzt sich mit intermedialen Einflüssen durch den Comic (Lara Saguisag), den Film (Tobias Kurwinkel) und die Fotographie (Jane Wattenberg) auseinander. ▶ In der Einführung Kinder- und Jugendliteratur ( 3 2018) beschäftigen sich Gina Weinkauff und Gabriele von Glasenapp ebenfalls mit dem Thema-- wie auch Maria Nikolajeva und Carole Scott (2006); sie gehen dabei jedoch vor allem auf Einzeltextreferenzen, auf interpiktoriale Zitate und Verweise ein. ▶ Im ersten Sammelband BilderBücher ( 2 2019), herausgegeben von Julia Knopf und Ulf Abraham, liest sich ein Beitrag von Mareile Oetken, der sich mit Bildern im Kontext angrenzender Wissenschaften, Künste und Medien beschäftigt. 3.6 Wie man ein Bilderbuch analysiert Bilderbuchanalysen kommen im universitären Zusammenhang vor allen in Referaten und Präsentationen sowie in Hausarbeiten vor. Während die erste Textsorte mündlich im Kontext von Seminaren oder Übungen vorgetragen wird, stellt sich die zweite als eine deutlich umfangreichere, schriftliche Ausarbeitung im Anschluss an eine Lehrveranstaltung dar. Beiden Textsorten liegt der Anspruch zugrunde, wissenschaftlich zu sein. Dies sind sie, wenn sie ▶ einen erkennbaren Gegenstand behandeln, der so genau umrissen ist, dass er auch für Dritte erkennbar ist, ▶ über diesen Gegenstand Dinge sagen, die noch nicht gesagt worden sind, oder Dinge, die schon gesagt worden sind, aus einem neuen Blickwinkel sehen, ▶ für andere von Nutzen sind und Bilderbuchanalysen an der Universität Wissenschaftlichkeit <?page no="188"?> 188 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse Abb. 3.69: Intermediale Bezüge auf den Film <?page no="189"?> 189 3.6 Wie man ein Bilderbuch analysiert <?page no="190"?> 190 3 Aspekte der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse ▶ jene Angaben enthalten, die es ermöglichen nachzuprüfen, ob ihre Hypothesen falsch oder richtig sind. (Eco 2002: 39ff.) Sowohl das Referat als auch die Hausarbeit folgen in Aufbau, Argumentation und formalen Anforderungen wie auch in Sprache und Stil den spezifischen Mustern und Vorgaben der jeweiligen scientific community. Diese Vorgaben werden im Rahmen von Einführungsveranstaltungen oder Übungen zum wissenschaftlichen Arbeiten und Schreiben an den Universitäten und Hochschulen vermittelt. Weiter lesen sie sich in zahlreichen Büchern und Internetseiten zum Thema. Die folgenden Schritte stellen dar, wie ein Bilderbuch-- beispielsweise für ein Referat oder eine Hausarbeit-- analysiert und ggf. interpretiert wird; im Praxisteil finden sich Beispielanalysen (→-Kapitel 5), die dem hier Beschriebenen folgen. 1. Am Anfang der narratoästhetischen Bilderbuchanalyse steht das Sammeln von Informationen zu Produktion, Distribution und Rezeption des Bilderbuchs im Rahmen der Makroanalyse (→-Kapitel 3.3), sofern diese für die Untersuchung und Beantwortung der Fragestellung relevant ist. 2. Darauf folgt das mehrmalige und genaue Lesen und Betrachten des Bilderbuchs als Untersuchungsgegenstand. Hierbei bietet es sich an, der Bildbetrachtung ein Schema zugrunde zu legen: So kann der Blick z. B. jeweils vom Rand des Bildes zu seinem Mittelpunkt oder vom Hinterzum Vordergrund geführt werden. 3. Bevor mit der Mikroanalyse der textinternen Aspekte begonnen wird, sollten die textexternen Aspekte (→- Kapitel 3.4.1 und 3.4.2) in den Blick genommen werden; hierauf folgt die Analyse der textinternen Aspekte von Bild- und Schrifttext auf Ebene der histoire (→-Kapitel 3.5.1) wie auch der grundsätzlichen Interdependenzen von Bild und Text (→-Kapitel 3.5.3). 4. Mit Rückgriff auf die Fragestellung der Untersuchung sollte spätestens jetzt eine Reduktion der textinternen Aspekte auf Ebene des discours (→-Kapitel 3.5.2) vorgenommen werden, die als Kategorien der Analyse dienen. 5. Soll z. B. ein Motiv oder eine Figur untersucht werden, kann dies anhand einer Auswahl von spezifischen Aspekten wie beispielsweise Form, Farbe und Komposition sowie Erzählsituation und sprachlicher Gestaltung erfolgen. 6. Die Auswahl der Kategorien ist durch den Untersuchungsgegenstand und die Fragestellung bestimmt; sie kann aber auch durch externe Faktoren wie Bilderbuchanalyse <?page no="191"?> 191 3.6 Wie man ein Bilderbuch analysiert der zur Verfügung stehenden Zeit oder dem Umfang einer Hausarbeit, in deren Rahmen die Untersuchung stattfindet, limitiert sein. 7. Jeder Analyse liegt der methodische Doppelschritt von Beschreiben und Deuten zugrunde. Dem Deuten geht immer die genaue Beschreibung, die Sicherung des Befunds, voran: „Deuten ohne Beschreiben ist inhaltsleer, Beschreiben ohne Deuten bleibt blind“ (Luserke-Jaqui 2007: 45). 8. Auf die Analyse kann eine Interpretation folgen: Jedem Bilderbuch ist eine symbolische Ebene eingeschrieben; die Interpretation versucht, über die Buchstäblichkeit der Zeichen hinauszugehen und im Zusammenspiel von Texten und Interpreten etwas zur Sprache zu bringen, worüber die Texte auf den ersten Blick „scheinbar keine Aussage, eine ungenaue Aussage oder eine eindeutige Aussage mach[en]“ (Luserke-Jaqui 2007: 45). Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Aus Perspektive der Literaturwissenschaft bietet die Einführung Arbeitstechniken Literaturwissenschaft ( 18 2019) von Burkhard Moennighoff und Eckhardt Meyer-Krentler alles Wissenswerte zum wissenschaftlichen Arbeiten und Schreiben an, allgemeiner und entsprechend interdisziplinär ist der Duden-Ratgeber Wie schreibt man wissenschaftliche Arbeiten? (2012) von Ulrike Pospiech. ▶ Auf der Internetseite www.wissenschaftlichesschreiben.de finden sich zahlreiche Hinweise und ausführliche Erläuterungen zum Thema. Das Angebot hält auch Videos zu Einleitung und Gliederung einer wissenschaftlichen Arbeit bereit. <?page no="193"?> 193 4.1 Das Bilderbuch in der frühkindlichen und schulischen Bildung 4 Pädagogische und didaktische Aspekte 4.1 Das Bilderbuch in der frühkindlichen und schulischen Bildung Frühkindliche Bildung Frühkindliche Bildung findet bereits im Elternhaus statt; institutionalisiert in Kindertagesstätten, Kinderkrippen, Kindergarten und Hort. Kinder, die letztere Einrichtungen besuchen, befinden sich nach Charlotte Bühler in der ersten Stufe der literarischen Entwicklung, die sich ihrer Lesealtertheorie zufolge in vier Stufen vollzieht: Die erste dieser Entwicklungsphasen, das Struwwelpeteralter, setzt Bühler im Alter von zwei bis vier Jahren an; in dieser Stufe nehmen Kinder, so die Entwicklungspsychologin, Literatur überwiegend über das Ohr auf (Abraham & Kepser 2009: 82). Die Theorie, die Bühler Anfang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelte, ist überholt-- nichtsdestotrotz weist sie mit der Benennung der ersten Stufe nach Heinrich Hoffmanns Bilderbuchklassiker auf die Bedeutung der Buchgattung für Kinder in diesem Kontext hin. Mit Blick auf die literarische Sozialisation des Kindes bietet das Bilderbuch vielfältige Möglichkeiten der Sprachförderung-- wie u. a. das Erlernen von Wörtern beim Entdecken von Beziehungen zwischen vorhandenem Weltwissen und neuen Begriffen, die Einführung in grundlegende Sprachmuster oder die Förderung des freien Sprechens. Eine derartige Sprachförderung sollte mit der Förderung der Erzählfähigkeit einhergehen bzw. als Teil dieser verstanden werden: Das Erzählen von Erlebnissen, Erinnerungen und Geschichten ist nicht nur ein wichtiger Teil zwischenmenschlicher Kommunikation. Es ist auch wesentlich, um Lesen und Schreiben zu lernen (Drick 2016: 2): Verschiedene Studien zeigen, dass Kinder, die bereits im Vorschulalter über entwickelte Erzählfähigkeiten verfügen, diese auch für das Verfassen narrativer Schrifttexte nutzen und so den Wechsel von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit problemlos meistern (Ohlhus & Quasthoff & Stude 2006). Das Erlernen von Lesen und Schreiben wird unter dem Begriff Literacy gefasst; dieser geht aber über die übliche Bestimmung der Lese- und Schreibfähigkeiten hinaus: Literacy bedeutet, Bilderbücher in Familie und Kita Sprachförderung Erzählförderung <?page no="194"?> 194 4 Pädagogische und didaktische Aspekte literal codierte Informationen anzuwenden, in Bezüge zu setzen, an den eigenen Wissensbestand anzuknüpfen und neue Informationen auf der Basis bisheriger zu bewerten. Literacy ist funktionalistisch, pragmatisch, anwendungsorientiert. (Nickel 2005: 85) Seit dem Aufkommen der Literacy Studies in den 90er Jahren wird der Begriff kontinuierlich erweitert und auf andere Fähigkeiten übertragen. So wird nicht nur zwischen Verbal und Literary Literacy im Sinne von Sprach- und Erzählfähigkeit unterschieden, sondern u. a. die Kompetenz, mit verschiedenen Medien umzugehen, als Literacy beschrieben- - und medienspezifisch systematisiert (Abbildung 4.1). Abb. 4.1: Literacy Die Literacy-Konzepte und -kenntnisse, die Kinder in der Vorschulzeit erwerben, werden als Early Literacy oder Emergent Literacy bezeichnet. Die basalen kognitiven, emotionalen und ästhetischen Fähigkeiten, die für den Erwerb von Early Literacy relevant sind, können im Vorschulalter im Umgang mit Bilderbüchern erworben werden (Kümmerling-Meibauer 2012d). Methodisch bietet sich dafür ein betrachtendes Vorlesen an, das Bild- und Schrifttext gleichermaßen fokussiert und dabei Verbal, Literary und Visual Literacy fördert. Literacy Betrachtendes Vorlesen <?page no="195"?> 195 4.1 Das Bilderbuch in der frühkindlichen und schulischen Bildung Damit der Inhalt des Bilderbuchs ausreichend rezipiert werden kann, sollten die Vorlesenden den Kindern dafür genügend Zeit einräumen. Nur so ist es den Kindern möglich, alles, was ihnen wichtig erscheint, zu erfassen. Dabei sollte den Kindern eine selbstständige Auseinandersetzung mit dem Inhalt ermöglicht werden, damit sie eigene Gedanken entwickeln, überprüfen und auch umformen können (Jähnert 2013: 45). Eine besondere Bedeutung kommt beim betrachtenden Vorlesen der Kommunikation zu- - sowohl derjenigen des Vorlesenden mit den Kindern als auch der Kinder untereinander. Diese dialogartige Kommunikation geht maßgeblich auf den Kinderpsychologen Grover J. Whitehurst zurück, der in den 80er Jahren die Technik des dialogischen Lesens entwickelte. Auf das betrachtende Vorlesen übertragen, entdeckt, erschließt und diskutiert der Vorlesende den Inhalt des Bilderbuchs gemeinsam mit den Zuhörenden; dabei werden letztere von Rezipierenden zu Akteuren, indem sie nicht nur in den Vermittlungsprozess eingebunden werden, sondern eine aktive Rolle in diesem übernehmen: Ein solcher Rollentausch wird durch offene Fragen ermutigt, welche die Kinder zu eigenen Meinungen und Ideen motivieren. Die Fragen können sich auf Bilddetails oder auf den Fortgang der Erzählung beziehen und sollten an individuelle Vorerfahrungen, Fähigkeiten und Interessen der Kinder anknüpfen (Kranz 2014: 19). Mit dem betrachtenden Vorlesen werden Kinder auch an Aspekte der Buch- und Schriftkultur herangeführt: Sie lernen die Bestandteile von Büchern (→-Kapitel 3.4.1) wie Einband und Titelbild sowie Schrift- und Bildtext kennen und erfahren deren Bedeutung und Handhabung. Ein solches Vorlesen sollte bereits in der Familie stattfinden; es gilt als effektivste Sprachförderung überhaupt (Nickel 2005: 86). Neben zahlreichen Effekten der Sprach- und Kognitionsförderung ist das betrachtende Vorlesen von (Bilder-)Büchern in der Eltern-Kind-Dyade aber auch eine Förderung der Beziehung und Bindung. Die erwachsene Bezugsperson signalisiert ungestörte Aufmerksamkeit, die körperliche Nähe gibt Sicherheit. Schulische Bildung Im Zuge schülerorientierter didaktischer Konzepte nimmt das Bilderbuch in den 1970er Jahren Eingang in die Grundschule: Das schulische Interesse am Bilderbuch ist seitdem nicht nur gewachsen, sondern hat sich auch deutlich Betrachtendes Vorlesen/ dialogisches Lesen <?page no="196"?> 196 4 Pädagogische und didaktische Aspekte ausdifferenziert und auf neue Bereiche verlagert (Weinkauff & von Glasenapp 2018: 186). Bilderbücher werden vorrangig als Medien der Leseförderung im Anfangsunterricht der Grundschule eingesetzt; sie dienen als ‚Brückenliteratur‘, als Bücher mit wenig Text, die neben sprachlichen auch erste literarische Erfahrungen vermitteln (Kruse & Sabisch 2013b: 10). Im frühen Fremdsprachenunterricht werden Bilderbücher im Fach Englisch z. B. als authentisches Textmaterial mit Unterrichtsmethoden wie dem Storytelling genutzt (Klippel 2007: 159 ff.); weiter finden inhaltlich geeignete Bilderbücher im Fach Religion Verwendung. Im Kunstunterricht fungieren sie als Impulslieferanten (Weinkauff & von Glasenapp 2018: 187). Abgesehen vom Einsatz als Brückenliteratur für den Erwerb von Lesekompetenz bestimmt das Bilderbuch als Unterrichtsgegenstand und Unterrichtsmedium seinen Platz in Konzepten wie dem literarischen Lernen. Das maßgeblich von den Arbeiten Kaspar H. Spinners geprägte Konzept zielt auf den Erwerb von literarischer Kompetenz als Fähigkeit zur Erschließung, Einordnung, Bewertung und kommunikativen Verarbeitung ab (Abraham 2000: 21 f.). Spinner hat hierzu zehn Aspekte genannt, die das Konzept als eine Kombination verschiedener Fähigkeiten im Umgang mit Literatur umreißen (Spinner 2019). Sie reichen „von der imaginativen Verstrickung in die Lektüre bis zum kognitiven und Distanzierung erfordernden literaturhistorischen Bewusstsein“ (Spinner 2006: 7): ▶ Beim Lesen und Hören Vorstellungen entwickeln ▶ Subjektive Involviertheit und genaue Wahrnehmung miteinander ins Spiel bringen ▶ Sprachliche Gestaltung aufmerksam wahrnehmen ▶ Perspektiven literarischer Figuren nachvollziehen ▶ Narrative Handlungslogik verstehen ▶ Mit Fiktionalität bewusst umgehen ▶ Metaphorische und symbolische Ausdrucksweise verstehen ▶ Sich auf die Unabschließbarkeit des Sinnbildungsprozesses einlassen ▶ Prototypische Vorstellungen von Gattungen/ Genres gewinnen ▶ Literaturhistorisches Bewusstsein entwickeln (Spinner 2019) Bilderbücher zum Erwerb literarischer Kompetenz sollten, orientiert an Kriterien von Merklinger und Preußer (2014: 159), Bilderbücher in der Grundschule Auswahl von Bilderbüchern <?page no="197"?> 197 4.1 Das Bilderbuch in der frühkindlichen und schulischen Bildung ▶ für Kinder bedeutsame Motive und Themen ( ➔ Kapitel 3.5.1.3 ) enthalten, ▶ innere Leerstellen aufweisen, ▶ die Imagination anregen, ▶ Irritationspotential besitzen, ▶ Deutungsspielräume offenlassen und ▶ narratoästhetisch spannungsreich sein. Im Gegensatz zur Lesekompetenz bezieht sich literarische Kompetenz nicht nur auf Geschriebenes und Gedrucktes, sondern auch auf auditive und visuelle Rezeptionsformen. Damit findet auch das Bild, das für das Bilderbuch als selbstständiger Bedeutungsträger konstitutiv ist, Berücksichtigung. Letztere schlägt sich besonders in der Aufmerksamkeit nieder, welche das Bild im Kontext der Visual Literacy erfährt. Der Begriff bezeichnet den Bilderwerb; die Fähigkeit, Zeichen und Symbole in Bildern zu verstehen (Kümmerling-Meibauer 2012d). In den letzten zehn Jahren hat sich die Perspektive darauf verändert: Kognitive Psychologen und Hirnforscher haben gezeigt, dass ebenso das Sehen von Bildern ein konstruktiver Vorgang ist und sich nicht weniger komplex als das Lesen eines Schrifttextes darstellt (Dehn 2014: 125): Wie beim Lesen werden beim Betrachten eines Bildes mentale, innere Bilder konstruiert oder erzeugt: „[F]ast alle Hirnrindeareale, die bei der Wahrnehmung sichtbarer Objekte aktiv werden, [sind] auch aktiviert, wenn man sich Objekte nur vorstellt“ (Singer 2004: 67). Visuelle Wahrnehmung, Vorstellung und sprachliche Gestaltung sind folglich eng aufeinander bezogen, Bild- und Spracherwerb laufen prozessual ähnlich ab: „Unstrittig sollte sein“, schreibt Mechthild Dehn, „dass Didaktik und Unterricht achtsam sind auf die Spuren visueller Wahrnehmung und Medienrezeption“ (2014: 133). Dies gilt umso mehr, da Bildwissen-- die Kenntnis um visuelle Codes und Schemata-- auf andere visuelle Medien übertragen werden kann: Wer frühzeitig gelernt hat, sich auf die visuellen Informationen von Bildern in Büchern, Comics oder Graphic Novels einzulassen und diese zunehmend besser zu deuten versteht, der besitzt auch Kenntnisse, die es ihm ermöglichen, bewegte Bilder im Fernsehen, im Kino, in Video- und Computerspielen aufzunehmen, was auch bedeutet, den schnellen Schnitten, Perspektivenwechseln, Montagen und variierenden Kameraperspektiven gewachsen zu sein. (Kümmerling-Meibauer 2014: 70) Visual Literacy <?page no="198"?> 198 4 Pädagogische und didaktische Aspekte Der Erwerb einer derartigen Medienkompetenz als Fähigkeiten, mit Medien und ihren Inhalten kritisch und reflektiert umgehen zu können, sie rezeptiv und interaktiv zu nutzen und zu gestalten sowie über ein zeitgemäßes Wissen zu verfügen (Baacke 1999), gehört auch zu den Aufgaben der (primar-)schulischen Bildung. Das Bilderbuch stellt für die Vermittlung von Medienkompetenz aufgrund seiner konstitutiven Visualität, seiner inhärenten medialen Struktur und seiner Positionierung in Medienverbünden (→-Kapitel 2.4) mehr als einen geeigneten Ausgangspunkt dar. Nicht nur das „klassische Bilderbuch“ und „weitere mediale Formate“ wie Kindercomic, Graphic Novel und Popup-Bilderbuch müssen in diesem Zusammenhang, wie Ulf Abraham und Julia Knopf schreiben, „endlich ihren Niederschlag in der Praxis des Deutschunterrichts finden“ (Abraham & Knopf 2019: 5), sondern auch die intermedialen Einflüsse des Bilderbuchs, seine elektronischen Erweiterungen und medialen Entgrenzungen. Insbesondere letztere sind Gegenstand der intermedialen Lektüre, einer begleiteten Textrezeption im wechselnden Einsatz verschiedener Medien unter Rekurs auf Konzepte des intermedialen Unterrichts (Kruse 2010: 179). Das didaktische Potential einer derartigen Lektüre liegt in Aspekten intermedialer Kompetenz (Bönnighausen 2004: 51), in den Fähigkeiten, Differenzen und Verweise zwischen Medien zu erkennen, zu analysieren und zu beschreiben. Abgesehen von diesen medialen Kompetenzen sind es vor allem „die sich eng berührenden Aspekte literarischer Kompetenz, die in den Blick geraten“ (Kruse 2010: 180): Viele der von Spinner formulierten Aspekte des literarischen Lernens gelten, wie dargestellt, auch für andere Medien; im Zusammenhang mit Prozessen des Lehrens und Lernens spricht Spinner von „Transfereffekte[n]“ (Spinner 2006: 14), die sich aus der sinnvollen Verknüpfung literarischen und medienästhetischen Lernens ergeben (Kruse 2010: 180). Methodisch setzt Iris Kruse für ihr Konzept der intermedialen Lektüre eine medienspezifisch differenzierte Begleitkommunikation an, die darauf zielt, literarische Rezeptionskompetenzen zu fördern. Wie beim betrachtenden Vorlesen kommt der Kommunikation hierbei eine entscheidende Rolle zu. Ähnlich dialogisch ausgerichtet, orientiert sich die Begleitkommunikation an Spinners Modell des Vorlesegesprächs, das durch bewusst gesetzte Impulse vor allem die Fähigkeit zur Vorstellungsbildung anregt (Kruse 2010: 181). Das Modell sieht fünf Impulse vor, die das Gespräch strukturieren: Medienkompetenz Intermediale Lektüre <?page no="199"?> 199 4.1 Das Bilderbuch in der frühkindlichen und schulischen Bildung 1. Aktivierung eigener Erfahrungen: Impulse sollen das Vorwissen aktivieren und Anknüpfungspunkte aufgreifen. Eigene Erfahrungen können angesprochen werden, aber auch Gefühle wie zum Beispiel durch die Frage: „Kennt ihr diese Situation? “ 2. Entwickeln von Antizipation: Das Unterbrechen einer besonders spannenden Textstelle fordert die Zuhörenden heraus, darüber nachzudenken, wie es weitergehen könnte. Anregungen, wie sich die Geschichte entwickeln könnte, sind wichtige Impulse für ein literarisches Gespräch. 3. Perspektivenübernahme: Geschichten ermöglichen es, Situationen aus der Perspektive einer oder mehrerer Figuren zu sehen. Man kann Gefühle nachvollziehen und lernt zudem ganz neue Situationen kennen. Daher sollte im Gespräch auch nach der Entwicklung, den Gefühlen und der Darstellung der Figuren gefragt werden. 4. Reflexion von Figurengestaltung: Das Verhalten der Figuren kann unterschiedlich wahrgenommen werden. Durch geeignete Fragen im Vorlesegespräch reflektieren die Schüler die Meinungen der Figuren und vergleichen sie mit der eigenen Situation. 5. Herstellung von deutenden Bezügen im Text: Hierzu gehören zum Beispiel Fragen nach Motiven der Figuren. (Mikota 2015: 2, Spinner 2004: 296 f.) Ausgerichtet sind die hier skizzierten didaktischen Aspekte maßgeblich auf den Unterricht in der Grundschule; Bilderbücher können jedoch ebenso in den Sekundarstufen eingesetzt werden: Comics und Graphic Novels finden sich bereits im Literaturunterricht, wie die didaktische Fachliteratur und zahlreiche Unterrichtsentwürfe zeigen. Bilderbücher, die sich an jugendliche und / oder erwachsene Rezipienten richten, wie z. B. Christina Röckls Und dann platzt der Kopf (2014) oder viele der Bücher von Roberto Innocenti werden hingegen noch (zu) wenig eingesetzt. Dabei zeigen gerade die Entwicklung der All-Age-/ Crossover-Bilderbücher (→-Kapitel 2.2) in den letzten Jahren, dass hier didaktisches Potential liegt. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ In Kinder brauchen Bilderbücher ( 2 2018) geht Jochen Hering insbesondere auf die pädagogische und didaktische Arbeit mit Bilderbüchern in der Kindertagesstätte und in der Grundschule ein. <?page no="200"?> 200 4 Pädagogische und didaktische Aspekte ▶ Zum Literacy-Begriff informiert der Beitrag von Bettina Kümmerling- Meibauer (2012d) auf KinderundJugendmedien.de, der zudem viele Literaturhinweise zum Thema sammelt. ▶ Die zwei Sammelbände BilderBücher (2014, 2 2019), herausgegeben von Julia Knopf und Ulf Abraham, bieten eine Darstellung der Buchgattung in Theorie und Praxis aus vor allem didaktischer Perspektive; der 2. Band der Reihe baut in diesem Verständnis auf die theoretischen Grundlagen des ersten Bandes auf, berücksichtigt aber mehr Beispiele und didaktische Impulse für den Unterricht. ▶ Vorschläge für den Unterricht mit Bilderbüchern in der Grundschule lesen sich u. a. in Text und Bild, Bild und Text (2013), herausgegeben von Christoph Jantzen und Stefanie Klenz oder in 100 Bilderbücher für die Grundschule (2012) von Gudrun Hollstein und Marion Sonnenmoser. Beiträge mit Unterrichtsmodellen bietet ebenfalls die Ausgabe Bilderbücher (2013) der Fachzeitschrift kjl&m der Arbeitsgruppe Jugendliteratur und Medien ( AJ uM). ▶ Auch in Fachzeitschriften, die dem Deutschunterricht der Primarstufe gewidmet sind, wie bspw. Grundschule, Grundschule Deutsch oder Praxis Grundschule, finden sich immer wieder entsprechende Unterrichtsvorschläge und -modelle wie auch Artikel, welche das Bilderbuch theoretisch darstellen und verorten. 4.2 Heterogenität: Differenzierung und Individualisierung Die am 13. Dezember 2006 von der UNO -Generalversammlung in New York verabschiedete, am 26. März 2009 in Deutschland in Kraft getretene UN -Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung hat u. a. gleiche Rechte in Bildung, Arbeitswelt und kulturellem Leben sowie eine umfassende Barrierefreiheit zum Inhalt. Der Konvention zufolge muss benachteiligten Menschen die Teilnahme an allen gesellschaftlichen Aktivitäten auf allen Ebenen und in vollem Umfang ermöglicht werden. Für die Länder, welche den völkerrechtlichen Vertrag unterschrieben und ratifiziert haben, folgt daraus die Aufgabe, für Schüler ein inklusives Schulsystem zu ermöglichen (Scholz 2016: 15). Dass Schüler durch eine Behinderung benachteiligt sein können, ist dabei ebenso wenig eine neue Erkenntnis wie diejenige, dass Schüler verschieden sind: Sie bringen nicht nur unterschiedliche Kenntnisse, sondern auch ver- UN -Konvention für Behindertenrechte <?page no="201"?> 201 4.2 Heterogenität: Differenzierung und Individualisierung schiedene Interessen mit. Sie unterscheiden sich u. a. in ihrem Alter und ihrem Geschlecht, in ihrer nationalen und kulturellen Herkunft und Identität, in ihrer religiösen Sozialisation und ihren familiären und sozioökonomischen Kontexten. Im pädagogischen Zusammenhang wird diese Verschiedenheit von Schülern in Hinblick auf ein oder mehrere Merkmale als heterogen (von gr. heteros: verschieden und gr. gennao: erzeugen, schaffen) bezeichnet (Scholz 2016: 15). 7 Unterschieden wird dabei zwischen vertikaler und horizontaler Heterogenität: Mit vertikaler Heterogenität wird das unterschiedliche Leistungsvermögen der Schüler benannt; horizontale Heterogenität meint hingegen Unterschiede in den Interessen, Lernwegen und Zugangsweisen der Schüler zu einem Thema oder einer Aufgabenstellung (Scholz 2016: 9). Diese Unterschiede können interindividuell und intraindividuell, zwischen den Schülern und innerhalb desselben, auftreten (Abb. 4.2): So können die Schüler einer Lerngruppe beispielsweise interindividuell über eine unterschiedliche Lesekompetenz verfügen und so kann ein einzelner Schüler intraindividuell eine hohe Kompetenzstufe in der Lesekompetenz erreichen, jedoch Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung haben. Abb. 4.2: Dimensionen der Heterogenität 7 Angelika Speck-Hamdan benennt acht Facetten der Heterogenität: Geschlecht, Alter, individuelle Lerndisposition, sozioökonomischer Hintergrund, ethnische bzw. kulturelle Herkunft, sprachliche Fähigkeiten, Religionszugehörigkeit und „special needs“ (Speck-Hamdan 2009: 259 ff.). Vertikale und horizontale Heterogenität <?page no="202"?> 202 4 Pädagogische und didaktische Aspekte Sowohl die interindividuelle als auch die intraindividuelle Heterogenität kann sehr breit gestreut sein (Kluczniok & Große & Roßbach 2014). Ingvelde Scholz nennt hierzu folgende Beispiele: ▶ In einer Grundschulklasse kann die interindividuelle Variabilität mehrere Jahre betragen: So kann z. B. das Entwicklungsalter der Kinder in Hinblick auf die Lesekompetenz von fünfeinhalb bis achteinhalb Jahren reichen. ▶ Auch die intraindividuelle Variabilität kann große Differenzen aufweisen: Ein Kind im Alter von zehn Jahren kann in Bezug auf die sprachliche Kompetenz ein Entwicklungsalter von 12 Jahren, in Hinblick auf das logische Denken hingegen ein Entwicklungsalter von acht Jahren haben. (Scholz 2016: 10 f.) Auf heterogene Lerngruppen wird in Theorie und Praxis durch die zwei Richtungen der inneren und äußeren Differenzierung reagiert (Abb. 4.3): Bei der inneren Differenzierung oder Binnendifferenzierung wird die heterogene Lerngruppe als Chance für die Unterrichtsentwicklung verstanden: Nach dem Prinzip der Modifikation bzw. Integration werden der Unterricht und die Lernumwelt unter Beibehaltung des Klassenverbands soweit wie möglich an den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der einzelnen Schüler ausgerichtet und entsprechend angepasst. (Scholz 2010: 13) Bei der äußeren Differenzierung werden hingegen nach dem Prinzip der Selektion bzw. Segregation durch verschiedene Auswahlverfahren möglichst homogene Lerngruppen gebildet, die über einen längeren Zeitraum voneinander räumlich getrennt unterrichtet werden. (Scholz 2010: 14) In der Vergangenheit wurde in Deutschland auf die Heterogenität der Schüler vor allem durch äußere Differenzierung in Form von unterschiedlichen Schulformen oder leistungsbezogenen Kursen nach der Grundschule reagiert. Spätestens mit der UN -Konvention zeichnete sich jedoch ein Perspektivwechsel ab: Mit der Etablierung eines inklusiven Schulsystems geht die Prämisse von Heterogenität als Regelfall einher; die inklusive Pädagogik versteht die heterogene Schülerschaft als normal-- als Gruppe, die gemeinsam beschult und unterrichtet werden kann (Scholz 2016: 15). Hierdurch verzichtet sie auf jegliche Einteilung und Etikettierung und will sowohl den gemeinsamen als auch den individuellen Bedürfnissen der Schüler Rechnung tragen. Innere Differenzierung Äußere Differenzierung <?page no="203"?> 203 4.2 Heterogenität: Differenzierung und Individualisierung Im Unterrichtsgeschehen erfolgt dies durch Binnendifferenzierung, durch entsprechende Aufgabenstellungen, Unterrichtsformen und Sozialformen sowie durch Individualisierung. Abb. 4.3: Möglichkeiten der inneren und äußeren Differenzierung (Scholz 2010: 15 © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co., Abdruck mit freundlicher Genehmigung) <?page no="204"?> 204 4 Pädagogische und didaktische Aspekte Auch wenn der Begriff der Individualisierung häufig in einem Atemzug mit der inneren Differenzierung genannt wird, sollten die Begriffe unterschieden werden (Inckemann 2014: 375): Während die Binnendifferenzierung den kleineren Schritt zur kontrollierten Variabilität darstellt, handelt es sich bei der Individualisierung um einen größeren (Bönsch 2012: 9): Der Begriff der Differenzierung zielt im Gegensatz zur Individualisierung nicht zwangsläufig auf das Individuum in seinen jeweiligen Voraussetzungen und Interessen, sondern bezieht sich auf eine merkmalsbezogene Gruppierung in der Lerngruppe bzw. Klasse. (Bohl & Batzel & Richey 2012: 47) Nicht jede Binnendifferenzierung stellt demzufolge eine Individualisierung dar; zwar erhöht eine derartige Differenzierung die Wahrscheinlichkeit, den individuellen Lernvoraussetzungen des einzelnen Schülers gerecht zu werden, doch werden diese Voraussetzungen bei der Binnendifferenzierung „nicht individuell erfasst und es erfolgt nicht zwangsläufig ein darauf abgestimmtes individuelles Lernangebot“ (Bohl & Batzel & Richey 2012: 47). In Schule und Unterricht sollten individuelles und kooperatives Lernen in einem „ausgewogenen Verhältnis“ stehen; grundsätzlich sollte „so viel innere Differenzierung wie möglich und so viel äußere Differenzierung wie nötig“ praktiziert werden (Scholz 2016: 16). Um das theoretisch Dargelegte zu verdeutlichen, soll im Folgenden beispielhaft an einer Unterrichtssequenz im Fach Deutsch für eine dritte Grundschulklasse skizziert werden, wie in einer heterogenen Lerngruppe mithilfe von innerer Differenzierung auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schüler eingegangen werden kann. Indem die Schüler in der Sequenz aus drei Doppelstunden die Geschichte eines Bilderbuchs, wie z. B. Wo ist mein Hut von Jon Klassen, betrachten und lesen sowie folgend eine Fortsetzung dieser illustrieren und schreiben, sollen sie das interdependente Zusammenspiel von Bild und Text in dieser Buchgattung erkennen und damit im Bereich „Lesen-- mit Texten und Medien umgehen“ ihre Kompetenz erweitern, Texte zu erschließen (Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich 2005: 11 f.). Individualisierung <?page no="205"?> 205 4.2 Heterogenität: Differenzierung und Individualisierung Hierbei wird das Bilderbuch in der ersten Doppelstunde reziprok gelesen. Bei dieser kooperativen Methode 8 erarbeiten vier Schüler einen Text abschnittsweise gemeinsam, wobei sie abwechselnd verschiedene Aufgaben übernehmen: Auf Rollenkarten (A bis D), die während der Gruppenarbeit für alle sichtbar auf dem Tisch liegen, sind die Aufgaben notiert. Vorab wird der Text des Bilderbuchs in Abschnitte eingeteilt. Zuerst wird ein Abschnitt von allen leise gelesen, wobei die Schüler sich auch die entsprechenden Illustrationen ansehen. Anschließend wird er wie folgt erarbeitet: ▶ A liest den Abschnitt der Bilderbucherzählung vor und stellt den Gruppenmitgliedern anschließend Fragen zum Inhalt. ▶ B fasst den Inhalt des Abschnitts mündlich kurz zusammen, wobei auch die Illustrationen berücksichtigt werden. ▶ C stellt Fragen zu Textstellen und Wörtern, die schwierig sind oder die er / sie nicht verstanden hat. Im gemeinsamen Gespräch werden mit Rückgriff auf die Illustrationen Verstehenslücken geschlossen. Wenn erforderlich, wird die Lehrkraft befragt. ▶ D stellt Vermutungen darüber an, wie der Text weitergehen könnte. Die anderen Gruppenmitglieder ergänzen. Bevor die Gruppenarbeit mit dem nächsten Textabschnitt fortgesetzt wird, werden die Rollen gewechselt, zum Beispiel im Uhrzeigersinn. Das Prozedere wiederholt sich so lange, bis der Text vollständig gelesen wurde. Danach verbalisieren die Schüler in der Gruppe, worum es im Bilderbuch geht. Im anschließenden Unterrichtsgespräch setzen die Schüler gruppenweise die Abschnitte zu der vollständigen Bilderbuchgeschichte zusammen. Die Methode als solche ist zunächst nicht im eigentlichen Sinne binnendifferenzierend, kann aber entsprechend variiert werden. So kann über die Zusammensetzung der Schüler in der Kleingruppe eine Differenzierung stattfinden: Einem leistungsschwachen Schüler wird beispielsweise ein leistungsstarker zur Unterstützung an die Seite gestellt. Weiter ist eine Differenzierung nach Umfang des Lernstoffes möglich: Die Lehrkraft kann den Text des Bilder- 8 Die Methode des reziproken Lesens folgt der Darstellung auf dem Bildungsserver Berlin Brandenburg (http: / / bildungsserver.berlin-brandenburg.de/ index.php? id=reziprokes_ lesen, Zugriff: 28. 01. 2017). Ich habe die Darstellung für das Bilderbuch variiert bzw. angepasst. <?page no="206"?> 206 4 Pädagogische und didaktische Aspekte buches für leistungsschwächere Schüler in kleinere, für leistungsstärkere in größere Abschnitte einteilen. Differenzierend kann dabei auch das Angebot zusätzlicher Hilfe sein, etwa durch Möglichkeiten zur Nachfrage und individuellen Beratung durch die Lehrkraft in jeweils gestufter Intensität, durch Hilfen der Mitschüler und durch unterstützendes Material (z. B. zusätzliche Informationen, helfende Fragen o. Ä.) (Kunze 2013: 7). In der zweiten Doppelstunde der Sequenz illustrieren und schreiben die Schüler eine Fortsetzung des Bilderbuchs; hiermit beginnen die Schüler in Einzelarbeit, nachdem die Geschichte zu Beginn der Stunde im Unterrichtsgespräch anhand der Illustrationen nacherzählt wurde. Das Schreiben einer Fortsetzung ist ein produktionsorientiertes Verfahren; es gibt den Schülern die Möglichkeit, „durch aktives, selbstbestimmtes Handeln einen subjektiven und ganzheitlichen Zugang zum Text zu finden und eigene literarische Erfahrungen zu machen“ (Bismarck 2014: 23). Die Einzelarbeit kann insofern binnendifferenziert werden, als die stärkeren Schüler frei schreiben und illustrieren und die schwächeren Schüler z. B. bei Bedarf durch Hilfekarten unterstützt werden. Die Karten liegen am Lehrerpult bereit und helfen den Schülern durch progressiv gestufte Hinweise: Dabei können die Karten zum einen Stichworte für mögliche Fortsetzungen liefern, zum anderen eine Vorstrukturierung dieser Fortsetzungen enthalten, um die Schüler bei der Gestaltung des Erzählprozesses in Bild- und Schrifttext zu entlasten. Die schwächeren Schüler bekommen hierdurch die Möglichkeit, das für sie passende Anforderungsniveau selbstständig auszuwählen und für sich realistische Ziele zu setzen. In der dritten Doppelstunde präsentieren die Schüler ihre Fortsetzungen; hierzu können die Kinder ihre Illustrationen beispielsweise an Stellwänden befestigen. Bei einem gemeinsamen Rundgang zeigen die Schüler ihre Bilder und lesen dazu ihre Fortsetzungen vor. Im Unterrichtsgespräch thematisiert die Lehrkraft jeweils das Zusammenspiel von Bild- und Schrifttext in den Schülerarbeiten zwecks Ergebnissicherung. Literatur und Internetseiten zum Weiterlesen ▶ Empfehlenswert sind die Handbücher Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik (Einsiedler et al. 4 2014) sowie Inklusion und Sonderpädagogik (Hedderich et al. 2016), die in zahlreichen Artikel zu den Themen informieren. <?page no="207"?> 207 4.2 Heterogenität: Differenzierung und Individualisierung ▶ Die Einführung Pädagogische Differenzierung (2010) und die Monographie Das heterogene Klassenzimmer ( 2 2016) von Ingvelde Scholz stellen konzise Kompendien zu Heterogenität und Differenzierung in Theorie und Praxis dar. ▶ Zu verschiedenen Unterrichtsmethoden informiert das Kleine Methoden- Lexikon ( 3 2009) von Wilhelm H. Peterßen; fündig wird man zu Methoden und ihrem Einsatz im Unterricht auch im Internet auf vielen Bildungsservern der Bundesländer. ▶ Im Internet liest sich auch die Zeitschrift für Inklusion (http: / / www.inklusion-online.net), deren Beiträge seit 2006 kostenlos online verfügbar sind. <?page no="209"?> 209 5.1 Mareile Oetken: Die Regeln des Sommers (2014) 5 Beispielanalysen 5.1 Mareile Oetken: Die Regeln des Sommers (2014) von Shaun Tan Die folgende Bilderbuchanalyse fragt nach den medienspezifischen Erzählstrukturen von Shaun Tans Bilderbuch Die Regeln des Sommers und der gleichnamigen Bilderbuch-App. Dazu wird zunächst das Werk Shaun Tans vorgestellt und eingeordnet. Im Rahmen der Mikroanalyse textinterner Aspekte geht es um das erzählstrategische Zusammenspiel von Schrift- und Bildtext, die auf Ebene von histoire und discours zusammengeführt werden. Die Makroanalyse präzisiert und differenziert im Rahmen einer literaturhistorischen Kontextualisierung die Ergebnisse der Mikroanalyse. Eine Annäherung an die App erfolgt über eine Betrachtung der medienspezifischen Aspekte des Bilderbucherzählens im Rahmen eines Exkurses zu Materialität und Medialität, dem sich eine Auseinandersetzung mit medienspezifischen Aspekten des App-Erzählens anschließt. Die konkrete Auseinandersetzung mit der App von Tans Die Regeln des Sommers fokussiert die Aspekte Raum, Zeit und Materialität. Die Regeln des Sommers als Bilderbuch Makroanalyse: Produktion Bereits 1999 erschien The Lost Thing des Zeichners, Autors und inzwischen auch Animationsfilmemachers Shaun Tan in seinem Heimatland Australien. Doch erst die Übersetzung der späteren Werke Ein neues Land (engl. The Arrival, 2006) und Geschichten aus der Vorstadt des Universums (engl. Tales from Outer Suburbia, 2008) machten ihn in Deutschland schlagartig bekannt. In rascher Folge erschienen dann weitere Werke auf dem deutschen Markt: die Übersetzung Die Fundsache (eng. The Lost Thing, 1999), 2010 der auf diesem Bilderbuch beruhende, mit Andrew Ruhemann entwickelte Kurzfilm The Lost Thing (2010), 2012 folgte Der rote Baum (engl. The Red Tree, 2001), 2013 Grimms Märchen nach einer Übersetzung von Philip Pullman und 2014 das Bilderbuch sowie die App Die Regeln des Sommers (engl. Rules of Summer, 2013). 2016 ergänzte Shaun Tan mit Die singenden Knochen (engl. The Singing Bones, 2016) seine <?page no="210"?> 210 5 Beispielanalysen Gestaltungsform der fotografierten Skulpturen zu Märchen bzw. Märchenauszügen der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. So unterschiedlich Tans narrative Stoffe auch sind, gehen sie doch stets vom gleichen Impuls aus: Die Oberfläche des vertrauten Wirklichkeitsgefüges reißt auf, etwas läuft den Erfahrungen zuwider und durchkreuzt die gewohnten Bedeutungs- und Beziehungsgefüge. Fantastische oder märchenhafte Elemente verweisen dabei weniger auf eine Anderswelt als auf eine neue Bedeutungsebene der real-fiktiven erzählten Welt. Es geht also Shaun Tan nicht darum, etwas Fantastisches zu erzählen, um etwa Exotik oder Spannung zu erzeugen, er sucht vielmehr nach Kunstformen des Erzählens „to represent the world as if we had never seen it before“ (Tan 2010: 69). Diese Störung 9 im Vertrauten macht eine Neuausrichtung subjektiver Parameter notwendig, was sich mit seinem künstlerischen Interesse deckt: I’m really interested in the universal themes governing any intimate relationship regardless of age, gender or background, from siblings to best friends, co-workers and partners. The private universe of imagination and conflict that can exist here so often defies explanation and is, I think, best represented as a kind of shared dream. (Tan o. J.a) Mikroanalyse: Textinterne Aspekte Abb. 5.1 und 5.2: Die Regeln des Sommers (Tan 2014: 2; 4) 9 Gansel versteht unter Störung in Anlehnung an Jäger „eine Grundvoraussetzung von Kommunikation“, die für die sprachliche Sinnproduktion unabdingbar sei, weil sie „Kommunikationsprozesse nicht nur anreg[t], sondern auch eine selbstreflexive Dimension einbezieh[t]“ (Gansel 2011: 19). <?page no="211"?> 211 5.1 Mareile Oetken: Die Regeln des Sommers (2014) Auf der Handlungsebene der histoire (→-Kapitel 3.5.1) werden in Die Regeln des Sommers die Erlebnisse eines Sommers geschildert, die die Beziehung zwischen einem älteren und einem etwas jüngeren Jungen verändern. Dabei verweist bereits die erste doppelseitige Illustration auf die beiden Jungen und ihr ungleiches Verhältnis, das durch die semantische Raumstruktur nach Juri M. Lotman visualisiert und vielfach unterteilt werden kann: in ein hierarchisches Oben (der Ältere im Flieger) und Unten (der Jüngere am Boden) sowie ein Links (der Ältere beherrscht die Bildmitte der linken Bildseite) und ein Rechts (in dem der Jüngere sich viel zu langsam vom rechten Bildrand der Bildmitte nähert, Abb. 5.1). Bereits auf diesen ersten Bildseiten wird deutlich, dass eine ausgesprochen warme und von lebhaften Kontrasten geprägte Farbigkeit des Bildraums nicht unbedingt mit Idyllik verknüpft sein muss. Auf Ebene des discours (→- Kapitel 3.5.2) wird auf der ersten doppelseitigen Schrifttextseite der homodiegetische Erzähler eingeführt: „Also, das habe ich im letzten Sommer gelernt“ (Abb. 5.2). Die Bildseiten sind überwiegend rechts vom Text getrennt gesetzt. Die Malerei, in pastosem Öl mit breitem Pinselduktus aufgetragen, vermittelt eine ausgesprochen haptische Sinnlichkeit. Die Illustration füllt jede Bildseite vollständig und randlos aus, was den Bildcharakter der Malerei in Abgrenzung zur Zeichnung unterstreicht. Die Textseiten zeigen Spuren zeichnerischer und malerischer Prozesse als skizzenhafte Fragmente, Striche und Tupfer. Es sind durch eine kontrastiv gestaltete Licht- und Raumbehandlung erzeugte, ambivalente und oft surreal anmutende Momente großer Spannung in nur locker verbundenen Monoszenen (Abb. 5.3), aus denen der Schrifttext auf der gegenüberliegenden Seite in kurzen Aussagesätzen Verhaltensregeln ableitet, die auf der Wahrnehmung des jüngeren Jungen, der als Erzähler auftritt, basieren: „Nie eine rote Socke auf der Wäscheleine hängen lassen.“ (Tan 2014: 7 10 ), „Nie auf eine Schnecke treten.“ (Tan 2014: 15). Diese Regeln und auch ihre dramatischen Konsequenzen bei Nichtbefolgen irritieren, und diese Irritation spiegelt formalästhetisch auf Bildebene die Ambivalenz der überwiegend hellen und warmen Farbigkeit durch hohe Gelbanteile, die allerdings immer auch durch Grau- und Schwarzflächen in wechselnden Anteilen durchbrochen wird (→- Kapitel 3.5.2.2). Der eher grobe Pinselduktus zielt auf Expressivität, nicht auf Präzision der Abbildung und verstärkt dadurch den starken atmosphärischen Charakter der Bildebene. 10 Das Bilderbuch ist nicht paginiert, die Seitenzahlen beruhen auf eigenen Angaben. <?page no="212"?> 212 5 Beispielanalysen Im Laufe der Erzählung verändern sich die Szenen nicht nur durch höhere Schwarz-, Weiß- und Blauanteile und eine kältere und dunklere Farbigkeit, das Miteinander wird auch deutlich aggressiver: „Nie nach einem Grund fragen.“ (Tan 2014: 27), „Nie eine Prügelei verlieren.“ (Tan 2014: 29), „Nie auf eine Entschuldigung warten.“ (Tan 2014: 31) So übergibt der von den schwarzen Krähen gekrönte Gewinner der Prügelei, der ältere der beiden Jungen, den jüngeren, den gefesselten Verlierer, an schwarze Vögel. In einem dunklen Eisenbahnwagen fährt der Jüngere mit dem Krähenschwarm über mehrere schrifttextlose Doppelseiten in eine trostlose Einöde. Zunächst geht die Fahrt durch die graue Stadt. Zunehmend löst sich der Bildraum ins Abstrakte auf, das schließlich in der dunkelsten Schwärze am linken Bildrand gipfelt. Genau hier setzt Abb. 5.3: Die Regeln des Sommers (Tan 2014: 16) <?page no="213"?> 213 5.1 Mareile Oetken: Die Regeln des Sommers (2014) der Wendepunkt der Geschichte ein, der auch zu einem Wechsel der Erzählstimme in der erzählten Welt führt, denn auf Schrifttextebene wird nicht nur das anfängliche, kategorische „Nie“ durch ein konstruktives „Immer“ ersetzt, es bezieht sich nun auch auf den Älteren, der als handelnde Figur, als Retter, in den Vordergrund tritt. Für den Erfolg seiner Mission scheint unumgänglich: „Immer einen Bolzenschneider mitführen.“ (Tan 2014: 39), „Immer den Heimweg kennen.“ (Tan 2014: 41) Schließlich ist die Rettung geglückt, beide treten wieder gemeinsam auf, und nun heißt es: „Nie einen Sommertag verpassen.“ (Tan 2014: 43) Passend dazu durchzieht die überwundene, hohe schwarze Mauer auf der rechten Bildseite wieder ein warmes Rot und Gelb, die auch den Himmel färben. Die folgende schrifttextlose Bild-Doppelseite feiert den Sommer mit überdimensionierten Blumen und Früchten in einer fast barocken Pracht- und Formfülle. Stapfte der Jüngere noch unter dem Innentitel des Buchs mit einer viel zu großen Trommel hinter dem selbstbewusst trompetenden Älteren her und schaute hilflos nach einem verlorenen Schlägel, darf nun der Jüngere mit der Trompete voranziehen, und der Ältere schlägt hinter ihm die Trommel. Eine Annäherung an die Erzählung von der engen Beziehung der Jungen, vielleicht Brüder, zwischen Nähe und Abgrenzungsbedarf, Fürsorglichkeit und Wettstreit in spotlichtartigen Erinnerungsszenen an den vergangenen Sommer, erfolgt ohne Erzählerkommentar. Der Jüngere erzählt direkt, doch tritt er als intradiegetischer homodiegetischer Erzähler schnell hinter den starken Bildern und den ebenso kurzen wie rätselhaften Regelsätzen zurück. Auch die Distanz, die eine Rückblende gewährleistet, wird rasch wirkungslos. Die beiden Jungen scheinen deshalb recht unvermittelt ihr Verhältnis und ihre Konflikte regeln zu müssen. In der Rezeption wird die Unverständlichkeit der aufgestellten Regeln mit dem Jüngeren geteilt, verstärkt durch einzelne fantastische Elemente, die zur weiteren Verrätselung der Erzählung beitragen (Roboter, Mischwesen, aber auch fantastische Verschiebungen der Dimensionen). Nachdem sich das Freundes- oder Brüderpaar am Ende der Erzählung wieder vertragen hat, wird die rätselhafte Ebene der Bilder verlassen. Beide sitzen friedlich auf dem Sofa vorm Fernseher (Abb. 5.4). Die Erlebnisse des Sommers zieren als kindliche Buntstiftzeichnungen die Wände des Zimmers und entdramatisieren die vorangegangen Szenen ästhetisch und auch inhaltlich, denn vielleicht war alles auch nur ein Spiel? Die Kinderzeichnungen an den Wänden könnten auch als mögliche Erklärung für die Farbspuren auf den Schrifttextseiten herangezogen werden. <?page no="214"?> 214 5 Beispielanalysen Abb. 5.4: Die Regeln des Sommers (Tan 2014: 48) In jedem Bild ist ein schwarzer Vogel präsent, der auf Symbolebene dieser Bilder für Unheil steht. Im Fensterausschnitt der versöhnlichen Szene vorm Fernseher fliegt der Vogel hoch am Himmel fort. Das Motiv der Krähe mit der Krone (des Streits) im grauen Schnee schließt auf der letzten Bild-Doppelseite die Erzählung ab, doch schimmert am rechten Bildrand ein wenig hoffnungsvolles Gelb durch die kalte Schneelandschaft. Der nächste Streit ist unter Umständen nicht weit, gleichzeitig scheint immer wieder auch eine Annäherung möglich. Literaturhistorische Kontextualisierung Es war der Verdienst von Maurice Sendak, 1967 in Wo die wilden Kerle wohnen (engl. Where the Wild Things Are, 1963) erstmals Aggression und Konflikt aus <?page no="215"?> 215 5.1 Mareile Oetken: Die Regeln des Sommers (2014) kindlicher Perspektive zu erzählen. Mit dem Klassiker verbindet Tans Erzählung von Die Regeln des Sommers die thematische Parallele, die anfängliche formale Trennung der Bild- und Schrifttextseiten und die bildästhetische Gestaltung des Höhe- und Wendepunktes als längere Sequenz schrifttextloser Doppelseiten, die aus dem Bildraum eine Seelenlandschaft macht, um schließlich wieder in den eingeführten Bild-Schrifttextrhythmus zu wechseln. Wie schon bei Sendaks Max wird auch dieser Konflikt weder von außen geschlichtet noch bestraft, sondern von den Kinderfiguren autonom überwunden. Dazu nutzen Sendak wie Tan Übergänge des Realistischen zum Fantastischen, um neue Sichtweisen auf Vertrautes zu eröffnen. Während an Max’ ungestrafter Wildheit und Autonomie Ende der 1960er Jahre ein kinderliterarischer Paradigmenwechsel durch ein grundlegend neues Kindheitsbild deutlich wird, zielen Tans Neuerungen auf formalästhetische und narrative Aspekte, angefangen von dem für das Bilderbuch immer noch eher ungewöhnlichen intradiegetisch-homodiegetischen Erzähler, über die wenig lineare Struktur der Erzählung bis hin zur Offenheit der Bedeutungsebenen: „Most of the things that I have written are not fully contained sacrosanct stories; they are more like ideas that can go in all sort of different directions.“ (Tan 2010: 71) Das Bilderbuch als Medium Das Medium Buch verleiht der Erzählung, anders als das Bild, durch seine Buchbindung eine formale Zielgerichtetheit. Mit Rückgriff auf Jan und Aleida Assmann 11 spricht der Medienphilosoph Michael Baum von einem allgemeinen „teleologischen Charakter der Narration“ (Baum 2013: 23), der in der gebundenen Form des Buches („vom ersten bis zum letzten Kapitel“) geborgen sei. Im bimedialen Bilderbuch werde die Singularität des Bildes betont, indem das Bild (traditionell vorzugsweise in Zentralperspektive) als Einzelszene vom Text getrennt gesetzt werde (→-Kapitel 3.5.3). Im Erzählverlauf wird die Illus- 11 Baum bezieht sich auf die von Assmann und Assmann diagnostizierte auffällige Zeitresistenz als verbindendes Merkmal von zu „kristallinen Strukturen“ (Assmann & Assmann 1987: 7) verhärteten Traditionskomplexen, die sie in Texten des alten Ägyptens, des konfuzianischen Chinas, des Hinduismus, des Buddhismus, des Judentums und Christentums, des Islam und des humanistischen Abendlands festmachen: „Die Texte stehen nebeneinander in der Kopräsenz ewiger Gegenwart und entfalten in unverminderter Verbindlichkeit und Aussagekraft ihre lebensmächtige Wirksamkeit.“ (Assmann & Assmann 1987: 8) <?page no="216"?> 216 5 Beispielanalysen tration nach Baum gleichsam vom Schrifttext einverleibt: „Das Bild wird“, so führt Baum weiter aus, „zu einer Funktion der Verkörperung des Narrativs im Medium Schrift. Und dies wiederum ist die Voraussetzung dafür, dass die Innerlichkeit der Vorlesestimme die Exteriorität des Bildes nur mehr als Akzidens erfährt“ (Baum 2013: 23). Auch, wenn in Die Regeln des Sommers die Bildseiten über weite Strecken nicht nur dieser tradierten Trennung von Bild und Text folgen, sondern ausnahmslos als zentralperspektivische Einzelszenen mit kaum wechselndem Standort der Betrachtung gestaltet sind, widersetzt sich Tan doch in überraschender Weise der „Einverleibung“ durch den Schrifttext. Das gelingt vor allem dadurch, dass er Bild und Text in ausgesprochen ambivalente Bezüge zueinander setzt, denn das Bild zeigt eine Szene, aus der sich eine Regel entwickelt, die aber im Schrifttext auf der linken Buchseite vor dem Bild auf der rechten Buchseite formuliert wird. Die Verhaltensregel wird also vor ihrer bildlichen Generierung formuliert, was deutlich zur Irritation beiträgt. Dieses zeitliche, inhaltliche aber auch formale Auseinanderklaffen von atmosphärisch dichtem Bild und knappen Textaussagen führt zu einer bemerkenswerten Inkongruenz, oder-- wie Baum es formuliert-- zu einer alternativen Lektüre, „in der es nicht um das Erfassen, Zergliedern und Verstehen geht, sondern um einen performativen Akt“ (Baum 2013: 24). Mikroanalyse: Textexterne Aspekte-- Medialität und Materialität Bedeutungszuweisungen, wie sie sich in Medienverbünden (→-Kapitel 2.4) unterschiedlich und immer wieder neu verknüpfen, werden im Diskurs um Medienkonvergenz, also einer Annäherung der medialen Präsentationsformen, die bis zu ihrer Verschmelzung führen kann, (Möbius 2014) kontrovers diskutiert. Zum einen findet man die Betonung der zunehmenden Bedeutung des Medial- Virtuellen, also einen Befund in Richtung Entmaterialisierung. Zum anderen gibt es viele Hinweise auf die wachsende Bedeutung des Materiellen, auf die Materialität der Medien, und auf verstärkte und neuartige Beziehungen der Zeitgenossen zu den Dingen. (Hengst 2014: 18) In der vergleichenden Betrachtung des Bilderbuchs Die Regeln des Sommers und der gleichnamigen App von Shaun Tan erscheinen die Merkmale von Medialität und Materialität (→-Kapitel 3.4.2) durch die besondere Haptik der Ölmalerei im Gegensatz zur Immaterialität der digitalen Apps besonders ergiebig. Während Medienverbünde mit umfassenden Merchandisingproduktpaletten <?page no="217"?> 217 5.1 Mareile Oetken: Die Regeln des Sommers (2014) (Paus-Hasebrink 2009, Paus-Hasebrink & Kulterer 2014) für ganz neue Formen der multimedialen Präsenz literarischer Stoffe sorgen, 12 sind es in erster Linie die digitalen Medientransfers, die zurzeit viel Aufmerksamkeit erfahren. Diese Entwicklung geht nicht am Bilderbuch vorbei. Der breite Bereich der digitalen Buchmedien bietet nun auch eBooks, Enhanced Books und Bilderbuch-Apps an (→-Exkurs Mediale Entgrenzungen). Die Rolle des (Bilder-)Buches als Leitmedium wird durch Veränderungen von Rezeptionsgewohnheiten zunehmend in Frage gestellt. Die Bedeutung der Apps liegt für Al-Yaqout und Nikolajeva in ihrer großen Präsenz bereits im frühen Kindesalter: „Today, digital picturebooks are often the first literature young children engage with“ (Al-Yaqout & Nikolajeva 2015: 1). Das Medium Bilderbuch-App Die Diskurse um die Begrifflichkeit und Kategorisierungsversuche von Apps entwickelten sich, einhergehend mit der Unsicherheit im Umgang mit diesem jungen Medium, recht heterogen. Heute werden Bilderbuch-Apps je nach ihrer inhaltlichen Ausrichtung entweder als Spiele-App, filmische Bildergeschichte oder Lernspiel verstanden (→-Exkurs Mediale Entgrenzungen). Im englischen Sprachraum hat sich der Begriff Story Apps (auch narrative apps oder digital picturebooks/ picturebook apps, Zheng 2016: 55) durchgesetzt. Von besonderem Interesse ist die Arbeit von Al-Yaqout und Nikolajeva, die ihre Untersuchungen von Apps explizit an die Bilderbuchforschung anzubinden versuchen. Sie begründen dies dadurch, dass „the multimodal nature of picturebooks, that so far has predominantly implied a combination of the verbal and the visual modes, is expanding to include auditory, tactile, and performative dimensions“ (Al-Yaqout & Nikolajeva 2015: 1). Für die Bilderbuchforschung verlangt eine derartige Erweiterung eine umfassend neue wissenschaftliche Orientierung: If we are to discuss digital picturebooks academically, we need a new meta-language, just as a new meta-language emerged within children’s literature studies when picturebooks became a prominent area of scholarship. (Al-Yaqout & Nikolajeva 2015: 1) Im Zentrum ihrer Annäherung stehen zunächst die formalästhetischen Bedingungen der Medien selbst, die prinzipielle Materialität von Bilderbüchern und die Immaterialität der Apps. Sie differenzieren verschiedene Grade interaktiver 12 Zu Bildungschancen von Medienverbünden siehe Kruse 2012, Ewers 2013, Tillmann & Hugger 2014, Hengst 2014. <?page no="218"?> 218 5 Beispielanalysen Angebote und schlagen eine Unterscheidung vor in „digital immigrants“, hier werden Bilderbücher direkt auf die Tabletoberfläche transferiert, und „digital natives“. Unter diesem Begriff werden die Apps subsumiert, die etwa auf besondere auditive Funktionen (z. B. vorlesen lassen, Musik, Geräusche) zurückgreifen oder medienspezifisch die Raum-Zeit-Strukturen, die Apps bedingen, etwa mit Zoom-in und Zoom-out oder Veränderung des Bildausschnitts, narrativ nutzen. Je nach Ausrichtung stellen Apps die formale Nähe zu Hörbüchern, digitalen Spielen oder Animationsfilmen her (Al-Yaqout & Nikolajeva 2015: 2). Von besonderem Interesse sind Größe und Format von Bilderbuchseiten, die auch paratextuell wichtige Informationen geben und auf die Erzählung wirken: The book spreads are highly imaginative with the layout, alternating between full surface, sequence of panels, interplay between verso and recto, prominent pageturners and implicit movement. (Al-Yaqout & Nikolajeva 2015: 4) Während das Buch jedoch durch sein rechteckiges Format und seine Buchbindung festgelegt ist, kann die Ordnung der Seiten durch das Öffnen der Seiten auf einer digitalen Oberfläche variieren (in ihrer Anzahl durch gleichzeitiges Öffnen mehrerer Seiten, aber auch in ihrer Reihenfolge), was nicht nur das Layout des Bilderbuchs sprengt, sondern prinzipiell den Narrationsverlauf verändert. Bildränder und Seitenränder können Bilderbucherzählungen nicht nur einen Rahmen geben, sondern auch Distanz zwischen Betrachtern und der Erzählung schaffen. Auf Rahmen und Ränder verzichtet Tan in der Bilderbuchfassung gänzlich. Er schafft Distanz durch die Leerstellen, die durch die inhaltliche und zeitliche Differenz in der Rezeption von Bild- und Textseiten entstehen. Apps werden zwar vom Standardformat des Abspielgeräts, also des Smartphones oder Tablet-Computers begrenzt, können aber in ihrer Binnenstruktur mit verschiedenen Begrenzungs- und Entgrenzungsformen spielen. So können sie Begrenzungen (und Distanzen) beliebig aufheben und damit vielfältige Übergänge von Bildern und Texten schaffen. Hier setzt die App Die Regeln des Sommers durch die Aktivierung des Zooms an, wie noch genauer ausgeführt wird. Performanz und Interaktivität stehen weniger im Fokus der Bilderbuchrezeption, wenn auch mit den audiodigitalen Bilderbüchern, den sogenannten tiptoi, aktuell neue medienkonvergente Formate entstehen (→-Kapitel 2.3). Als besonders radikale technische Neuerung, die auch den Blick auf Bücher verändert, empfinden Al-Yaqout & Nikolajeva performative Modi wie Autoplay, Read to Me und Read Myself. Sie sind in Apps meist über Icons wählbar und <?page no="219"?> 219 5.1 Mareile Oetken: Die Regeln des Sommers (2014) haben nicht zuletzt eine didaktische Funktion im Prozess der Literalisierung: „With books we seldom theorise the distinction between readers reading on their own or being read to; we seldom consider the option of the book read by different voices“ (Al-Yaqout & Nikolajeva 2015: 6). Ob Spielelemente oder Animationen die Erzählung unterbrechen und damit Distanz schaffen oder aber als ergänzend und erweiternd empfunden werden, hängt von der Platzierung dieser Elemente in der Erzählung ab. In jedem Fall sehen Al-Yaqout & Nikolajeva in der Interaktivität das wichtigste Potential und ein entscheidendes Qualitätsmerkmal von Apps, wird dadurch doch für den Rezipienten ein Rollenwechsel vom Leser zum Gestalter möglich: „Increasing degree of interactivity leads into imaginative co-creation rather than merely making things jump, squeak, or shake on the screen“ (Al-Yaqout & Nikolajeva 2015: 7). Diese umfassenden technischen Neuerungen erweitern deutlich die Möglichkeiten des Erzählens, doch Yan Zheng stellt in Frage, ob narrative Strukturen tatsächlich grundlegend verändert werden. Anhand eines interdisziplinären Modells von Erzählmechanismen zeigt Zheng an ausgewählten Beispielen auf, „that story apps have not brought any essential change of the mechanical layer of the storytelling mechanism“ (Zheng 2016: 71). Die Regeln des Sommers als App Makroanalyse: Produktion Für die crossmediale Vermarktung von Bilderbuch-Apps greifen Verlage, bedingt durch die hohen Entwicklungskosten und schwierigen Vermarktungsbedingungen, bevorzugt auf Best- und Longseller oder aber auf besonders bekannte Bilderbuchkünstlerzurück. App und Bilderbuch von Die Regeln des Sommers sind von Shaun Tan gleichzeitig entwickelt worden. Obwohl sich der renommierte australische Bilderbuchkünstler bereits 2010 anlässlich der Produktion des Animationsfilms zu seinem Bilderbuch The Lost Thing mit Animationstechnik auseinandergesetzt hat, stand er dem Angebot einer Bilderbuch-App und den gängigen Animationen und Interaktivitätsangeboten zunächst skeptisch gegenüber: So much of my artistic life has been devoted to the study of static images, with a strong preference for non-digital media, and I’m especially fond of drawing and conventional literature for their silence and stillness, enlivened only by the reader’s imagination. (Tan o. J.b) <?page no="220"?> 220 5 Beispielanalysen Doch in der Bilderbucherzählung Die Regeln des Sommers erzählt Tan nicht linear und verfolgt auch keinen durchgehenden Spannungsbogen. Der fragmentarische Umgang mit Zeit, Raum und Figur in der Bilderbucherzählung eröffnete neue Anschlussmöglichkeiten an das Medium App. In diesem Medientransfer gelingt es Tan besonders eindrucksvoll, mit den je medienspezifischen Mitteln des Erzählens von Raum und Zeit in Bilderbuch und Bilderbuch-App zu arbeiten und die narrativen Möglichkeiten des Mediums Bilderbuch-App zu erweitern. Er erfüllt damit eines der wichtigsten Qualitätskriterien, das Al-Yaqout & Nikolajeva für gelungene Apps aufstellen: „Clever apps utilise movement, including zoom, to emphasise the spatio-temporal aspect of the narrative“ (Al-Yaqout & Nikolajeva 2015: 7). Mikroanalyse: Textinterne Aspekte-- Raum, Zeit und Materialität in der App Das statische Verharren im spannungsvollen Moment, das in der Bilderbucherzählung bereits als zentrale Strategie des Bild-Erzählens herausgearbeitet wurde, durch den zeitlichen Verlauf einer filmischen Animation aufzuheben, schien Tan für den App-Transfer wenig sinnvoll. Aber auch das gängige Konzept, einzelne Objekte der Bilder durch Teilanimation zu akzentuieren, überzeugte ihn wenig: „I’ve never felt entirely comfortable with the partial animation I see in many apps, where only some parts of a picture are moving, I find that a confusing universe“ (Tan o. J.b). Auch das interaktive Prinzip vieler Apps, in der Forschung immer wieder als medienspezifisches Merkmal von Apps herausgestellt, interessiert Tan erstaunlicherweise nicht. Er entwickelte für Die Regeln des Sommers ein neues Format, das sich deutlich von bekannten Konzepten der Spiele- und Lernapps sowie der filmischen Bildergeschichte abgrenzt. Aber Tans Intention bei der Entwicklung der App liegt, entsprechend der offenen Erzählstruktur seiner Vorlage, auch nicht vordringlich im Erzählen einer stringenten Geschichte. Deshalb erscheint der Oberbegriff Story App nicht wirklich passgenau, präziser scheint, Al-Yaqout und Nikolajeva folgend, die Bezeichnung digital native. Tan selbst hat für sein Format den Begriff Art-App formuliert. Er arbeitet hierbei mit einer außerordentlich hohen Auflösung der fotografierten Bildoberfläche (24 000 Pixel) und nutzt die Funktionen Zooming-in und Zooming-out, die Apple für die Bildbetrachtung anbietet. Die Maltechnik, der Pinselduktus, die Spachtelungen des Farbauftrags und die einzelnen Farbschichtungen (→-Kapitel 3.4.2) können deshalb durch Heranzoomen viel genauer als im Druck der Bilderbuchseiten betrachtet werden. <?page no="221"?> 221 5.1 Mareile Oetken: Die Regeln des Sommers (2014) Für die Erzählstrategie der App sind vor allem die Interdependenzen von Bild und Text und ihre Möglichkeiten des Umgangs mit Raum und Zeit interessant, die Tan in der App, anders als in seiner Bilderbuchfassung, deutlich variiert. Ruft man, von der App-Textseite mit dem kurzen Regelsatz ausgehend, über das entsprechende Icon die dazugehörige Bildseite auf, öffnet sich zunächst nur ein kleiner Bildausschnitt, der vorgegeben ist. Von da aus kann der Betrachter durch Zooming-out stufenlos und eigenständig (der Zoom wird nicht automatisch gesteuert), vom kleinen Detail ausgehend, den größeren Zusammenhang erschließen. Dieser verzögerte Prozess der Rezeption erhöht die Spannung zwischen Bild und Text, denn die Wahrnehmung des Regelsatzes und die visuelle Erfassung des Regelübertritts differiert durch die allmähliche Erschließung des Bildraums. Die Irritation der ohnehin wenig rational erscheinenden Regeln aus Sicht des Jüngeren, der in der Rezeption gefolgt wird, wird deutlich gesteigert. Bei der Gestaltung der Tonebene legte Tan großen Wert darauf, den verharrenden Moment seiner Ölmalerei nicht durch den zeitlichen Verlauf eines musikalischen Stücks, etwa einer liedhaften Komposition, zu stören. Im Gegensatz zu dem, was in der Musikwissenschaft als semantische Musik bezeichnet wird (Baltzer 2013: 43), bevorzugt Tan einen explizit asemantischen Klangteppich mit einem komplexen Soundmix. Dieser kommt den Illustrationen als archaische Sinnbilder der Beziehung der beiden Jungen Tans zufolge näher als ein liedhaftes Gefüge. Letztlich der wechselnde Klang kontrastierte, entgegen der Konzeption, doch mit der Stille der Bilder, die nach Tan nun übermäßig statisch wirkten. Er setzte deshalb auf wenige, dezente und gezielte Lichteffekte. So animierte er in dem Bild zum Satz „Nie eine rote Socke auf der Wäscheleine hängen lassen.“ (Tan 2014: 7) nur die Augen und das Fell des roten Kaninchens durch ein flackerndes Aufleuchten und changierendes Glimmen, das die surreale und latent bedrohliche Stimmung (nach Gansel die Störung) der Szene unauffällig unterstützt. Fazit Trotz der vermeintlichen Immaterialität der App-Technologie schafft es Tan, die Materialität seiner Arbeit durch hochaufgelöste und ungewöhnlich nahe Ansichten zugänglich zu machen. Dies gilt insbesondere für die haptischen Qualitäten der Malerei, die der Buchprint in dieser Form nicht bieten kann. Zusätzlich hat Tan eine weitere Ebene in der App angelegt, in denen Skizzen als erste Scribblings oder Farbstudien zu sehen sind. So kann der Rezipient umfassend Einblick in den Arbeitsprozess nehmen. Auf narrativer Ebene finden <?page no="222"?> 222 5 Beispielanalysen sich medienspezifische Mittel der Spannungssteigerung durch zeitliche Verzögerung. Der Ton unterstützt die Sinnlichkeit dieser Erzählung, sie fordert und fördert die assoziative Rezeption. Und als keineswegs unerheblich ist die Leistung zu bezeichnen, die Tan durch die Erweiterung der medialen und narrativen Möglichkeiten der App durch den Einsatz der Zoomtechnik erbracht hat. Die Gleichzeitigkeit der Entwicklung von Bilderbuch und App belegt, in welch dichtem medialen Geflecht Strategien des Erzählens im Bilderbuch entwickelt werden. Die Grenzen innerhalb des medialen Felds, in dem Bilderbücher geschaffen, produziert und rezipiert werden, sind nicht nur zunehmend durchlässiger geworden, sondern verschmelzen immer mehr. Entsprechend müssen die Analyseinstrumente variabel angepasst werden. Autorin Privat.-Doz. Dr. Mareile Oetken ist Koordinatorin für Kinder- und Jugendliteraturwissenschaft am Institut für Germanistik und am Institut für Kunst und Medien an der Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg. Sie habilitierte 2016 zum Thema Wie Bilderbücher erzählen. Analysen multimedialer Strukturen und bimedialen Erzählens im Bilderbuch. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Bild- und Textinterdependenzen in der Kinder- und Jugendliteratur und ihren Medientransfers. 5.2 Annika Sevi: Das Kind im Mond (2013) von Jürg Schubiger (Text) und Aljoscha Blau (Bild) Durch blassgelbes Gras, vorbei an überdimensionierten Pusteblumen fährt eine kleine Familie auf einem Fahrrad. Vor dem Schwarz des Himmels setzen sie sich in heller, graublauer und -gelber Farbgebung scharf ab. Die Eltern schauen nach vorn; das Kind jedoch dreht ihnen den Rücken zu, sitzt verkehrt herum auf dem Tandem und schaut in die entgegengesetzte Richtung: Mit einem Lächeln auf den halb geöffneten Lippen blickt es nach oben, in den schwarzen, sternenbesetzten Himmel und hoch zu einem leuchtend blauen Planeten: der Erde. Die Sehnsucht 13 des Kindes nach dem Himmelskörper, die schon auf dieser ersten Doppelseite visualisiert wird und die schließlich in dessen Reise zur 13 Wildeisen sieht Aljoscha Blaus Illustrationen insgesamt von einer „Sehnsucht nach Ferne“ geprägt (Wildeisen 2009: 18). <?page no="223"?> 223 5.2 Annika Sevi: Das Kind im Mond (2013) Erde mündet, ist das zentrale Thema von Jürg Schubigers und Aljoscha Blaus Bilderbuch Das Kind im Mond (Rank 2014: 3), das im Folgenden betrachtet wird. Dabei steht das Fantastische im Mittelpunkt dieser Untersuchung; hierbei soll geklärt werden, wie das Fantastische im Bildsowie im Schrifttext als „selbstständige Bedeutungsträger“ (Kapitel 3.1: 47) entwickelt wird und welcher Art das Verhältnis von telling und showing (Kapitel 3.1: 48) ist. Demgemäß gliedert sich die Analyse in folgende Schritte: Nach einer Skizzierung von Produktion, Distribution und Rezeption (→-Kapitel 3.3) des Bilderbuchs wird zuerst die Darstellung der beiden Welten im Bild- und Schrifttext untersucht, um darauf aufbauend die Umsetzung des fantastischen Handlungsraumes (→- Kapitel 3.5.1.4), der Welt auf dem Mond, genauer zu betrachten. Weiter wird der Kontakt zwischen diesen beiden Sphären analysiert- - vor allem die Inszenierung des Reisemotivs- - um schließlich die im Bilderbuch vielbeschworenen „Wunder“, das magische Element der Handlung, in den Blick zu nehmen. Um die Umsetzung des Fantastischen auf visueller Ebene zu betrachten, wird in den Bildanalysen auf die von Georg Schmidt definierten sechs bildnerischen Mittel zur naturalistischen Darstellung zurückgegriffen-- die Räumlichkeit, Körperlichkeit, Stofflichkeit sowie die anatomische, zeichnerische und die farbige Richtigkeit des Dargestellten (Schmidt 1976: 31 f.), deren Umsetzung anhand der jeweiligen bildnerischen Mittel untersucht wird. Makroanalyse: Produktion, Distribution und Rezeption Das Kind im Mond erschien 2013 im Wuppertaler Peter Hammer Verlag-- einem unabhängigen Verlag, der, so verrät es die Internetpräsenz, neben afrikanischer und lateinamerikanischer Literatur für „besonders schöne Bilder- und Kinderbücher [steht]“ (Internetpräsenz Peter Hammer Verlag o. J.). Für den Schrifttext und die Geschichte zeichnet sich Jürg Schubiger verantwortlich, dessen Werk u. a. mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis und mit dem Hans-Christian-Andersen-Preis gewürdigt wurde. Nicht weniger renommiert ist auch der Illustrator, mit dem Schubiger zusammenarbeitete: Aljoscha Blaus Arbeiten wurde u. a. ebenfalls mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis sowie mit dem Bologna Ragazzi Award geehrt. Ergebnis dieses Zusammenwirkens ist ein gebundenes, 24-seitiges Hardcover-Bilderbuch, das 2014 mit dem Rattenfänger Literaturpreis der Stadt Hameln ausgezeichnet wurde (Internetpräsenz Stadt Hameln 2014). <?page no="224"?> 224 5 Beispielanalysen Anlässlich dieser Preisverleihung konstatiert Bernhard Rank in seiner Laudatio, dass Das Kind im Mond „[g]eläufige Abgrenzungen zwischen der Literatur für Kinder und der für Erwachsene“ überbrücke (Rank 2014: 3). Es stellt sich damit als All-Age- oder Crossover-Literatur (→- Kapitel 2.2) dar und setzt beispielhaft Schubigers Ideal einer „guten Geschichte[…] für Kinder“ (Schubiger, zitiert nach Keiner & Rank 1999: 12, Rank 2014: 3 f.) um: Meine Idee ist, dass man sich mit guten Geschichten für Kinder nicht in ein Kindergärtchen begibt und leicht in die Knie geht, ein bisschen schrumpft, um den Kindern näher zu sein. Mir scheint sehr wichtig, dass der Erwachsene erwachsen sein kann mit seiner eigenen Kindlichkeit und das Kind Kind sein kann, und dass sie sich im gleichen Text treffen, ihn aber nicht auf gleiche Art verstehen müssen. (Schubiger, zitiert nach Keiner & Rank 1999: 12) Inhalt Die Geschichte beginnt mit der Darstellung des Lebens der Familie im Mond: Sie lebt dort oben in einer Wohnhöhle in einem Krater, morgens trinken sie Sternenmilch und Milchkaffee, essen helle Zwiebeln und der Vater verlässt die Höhle, als ginge er zur Arbeit. Tatsächlich macht er nur einen Spaziergang und wird bei seiner Rückkehr von dem Hund freudig begrüßt, während die Katze vor einem Mausloch sitzt und „auf ein Wunder [hofft].“, denn „Wunder, muss man sagen, kommen auf dem Mond ziemlich häufig vor“ (Schubiger & Blau 2013: 10). Einmal landet eine Rakete auf dem Mond, die Familie versteckt sich jedoch in ihrer Höhle. Allabendlich schaut die Familie gemeinsam fern- - im wortwörtlichen Sinn, denn sie betrachten gemeinsam den schwarzen Kosmos und die in der Ferne blau leuchtende Erde. Dabei erzählt die Mutter von dieser Erde, von Schneemännern, Früchten, Kräutern und Schwarzwäldertorten und nährt damit die wachsende Sehnsucht des Kindes nach der fernen Welt. Schließlich reist es zur Erde, obwohl die Mutter es noch aufzuhalten versucht. Zurück bleiben die trauernden Eltern. Das Kind erreicht die Erde und die Mutter weiß nun zu erzählen, dass es ihm dort gut gehe, dass es zur Schule gehe, rechnen und lesen könne und schon die zweiten Zähne habe, mit denen es in ein Stück Schwarzwälderkirschtorte beiße. <?page no="225"?> 225 5.2 Annika Sevi: Das Kind im Mond (2013) Fantastisches Erzählen Schon ein Blick auf den vorderen Buchdeckel des Bilderbuchs gibt in Zusammenhang mit dem Klappentext die genregerechte Einordung des Bilderbuchs vor: Auf dem Cover (Abb. 5.5) entschwebt das Kind im Mond der hellen, gelbgrünlichen Welt des Mondes in die Schwärze des Kosmos und reist zur Erde, die wie ein großer, blauer Ball durch die hellen Grashalme hindurchscheint. Zum einen nimmt dieses Bild bereits den zentralen Handlungsmoment der Geschichte vorweg, worauf später noch eingegangen werden soll. Die hier visualisierte Reise des Kindes, das schwebend, fliegend zwischen den Welten dargestellt ist, verletzt zum anderen Naturgesetze und stellt sich damit als fantastisches Geschehen dar (→-Kapitel 2.3). Darüber hinaus wird die leuchtend blaue Erde einer hellen Gras-Silhouette gegenübergestellt, 14 die erst durch das Lesen des Klappentextes und damit durch die Interdependenzen von Bild- und Schrifttext als der Welt des Mondes zugehörig erkannt werden kann. Dass die Familie im Mond eben dort auch lebt, weist den Handlungsraum des Bilderbuches als einen fiktiven aus und damit das Bilderbuch ein weiteres Mal als ein fantastisches. 14 Wildeisen sieht Blaus malerischen Stil gekennzeichnet von „silhouettenhafte[r] Form“, die durch „gezielte Farbgestaltung“- - durch Farbkontraste zum Hintergrund- - entstünden (Wildeisen 2009: 18). Abb. 5.5: Das Kind im Mond (Schubiger & Blau 2013) <?page no="226"?> 226 5 Beispielanalysen Das bereits im Paratext (→-Kapitel 3.4.1) des Buchs stattfindende Zusammentreffen zweier Welten, einer „real-fiktiven mit einer wunderbaren, einer Anderswelt“ (Weinkauff & Glasenapp 2018: 103) gilt als ein „Strukturmerkmal“ (Weinkauff & Glasennapp 2018: 103) fantastischen Erzählens und wird u. a. von Maria Nikolajeva im Zwei-Welten-Modell aufgegriffen. Dem legt sie drei Möglichkeiten des Kontakts von primärer und sekundärer Welt zu Grunde und unterscheidet jeweils zwischen einer geschlossenen, offenen oder impliziten Sekundärwelt (→- Kapitel 2.3). Dabei handelt es sich allerdings um „idealtypische Zuordnungen“, sodass vor allem „moderne kinderliterarische Texte- […] mitunter Merkmale aller drei Modelle aufweisen“ (Weinkauff & Glasenapp 2018: 104 f.). Gleiches gilt für das vorliegende Bilderbuch, das zwischen diesen idealtypischen Ausprägungen anzusiedeln ist: Indem die Geschichte des Kindes im Mond allein in der fantastischen Welt spielt, deren Gesetzmäßigkeiten von der Familie nicht in Frage gestellt werden, weist es erstens Merkmale der geschlossenen Sekundärwelt auf. Da die Primärwelt aber wiederholt thematisiert und visualisiert wird, es außerdem zu einem Kontakt zwischen beiden Sphären kommt, lässt sich die Geschichte zweitens einer offenen sekundären Welt zuordnen. Hier können die Figuren-- häufig der kindliche Protagonist-- zwischen beiden Sphären reisen, sodass die „Grenzüberschreitung“, wie sie in der Reise des Kindes stattfindet, „zu einem zentralen Motiv“ wird (Weinkauff & Glasenapp 2018: 104). Diese findet jedoch lediglich einmalig statt und führt hier in die Primärwelt auf der Erde, von der der Leser außer der Erzählungen der Mutter nichts erfährt. Mikroanalyse: Textinterne Aspekte-- Bedeutung der Farbgebung Dass die Geschichte, die sich auf den folgenden Seiten entfalten wird, in der fantastischen Sekundärwelt spielt, deutet bereits das Vorsatz an: Das vordere wie auch das hintere Doppelblatt sind identisch und rahmen den Haupttext in hellen, aquarellartigen, gelb-bläulichen Farbverläufen mit deutlich erkennbarer Faktur (→- Kapitel 3.5.2.2.1), hier die Wasserspuren. Sie schaffen damit eine atmosphärische Einstimmung auf die folgende Handlung, denn es sind jene Farben, in denen im Folgenden die Sekundärwelt, die Welt auf dem Mond, dargestellt ist. Diese Gestaltung führt das fliegende Blatt weiter. Die Titelseite zeigt hingegen eine Grafik des Hundes der Familie im Mond; er sitzt unterhalb des handschriftlich, in unterschiedlich großen Lettern geschriebenen Titels. Fliegendes Blatt und Titelseite bilden damit einen deutlichen gestalterischen <?page no="227"?> 227 5.2 Annika Sevi: Das Kind im Mond (2013) Kontrast, der die in zwei unterschiedlichen Techniken ausgeführte Illustration des Haupttextes vorbereitet. Letzterer beginnt mit der eingangs erwähnten Szenerie: Die Familie im Mond fährt auf einem Tandem durch die Mondlandschaft, die wie das Vorsatz in blassen Gelb-, Grün- und Blautönen gehalten ist und sich scharf abhebt vor der Schwärze des Himmels. Die Erde hingegen leuchtet am dunklen Kosmos in gesättigten Blautönen, die einen deutlichen Qualitätskontrast zum getrübten Blau des Tandems, also der Farben der Welt auf dem Mond, bilden. 15 Damit werden-- wie schon auf dem Cover-- die drei räumlichen Sphären dieser Erzählung-- der Mond, die Erde und der Kosmos-- allein durch die Farbgebung (Rank 2014: 1) voneinander abgegrenzt und der Mond durch den intensiven Blauton in seiner Bedeutung für die Geschichte hervorgehoben (Sevi 2014). Aljoscha Blau führt damit in seinen Bildern konsequent weiter, was Jürg Schubiger mithilfe von sparsam verwendeten (Farb-)Adjektiven im Schrifttext anlegt: Denn auf dem Mond gibt es „weißen Mondstaub“ (Schubiger & Blau 2013: 21), das Mondgras bildet „das bleiche Fell des Mondes“ (Schubiger & Blau 2013: 13) und die Familie isst „helle Zwiebeln“ (Schubiger & Blau 2013: 4). Dass zum Frühstück auf dem Mond auch Milch und Milchkaffee dazugehören- - beide per se von einer weißlichen bis hellbraunen Farbigkeit-- verstärkt diese Beschreibung. Im Gegensatz zur „bleichen“ Mondwelt steht hier der „schwarze Himmel“ (Schubiger & Blau 2013: 15), in den das Kind aufbricht, um zur Erde zu fliegen, und so wird sprachlich ein Hell-Dunkel-Kontrast ausformuliert, den Aljoscha Blau ins Visuelle übersetzt. Während die Welt auf dem Mond allerdings als weiß und mit blassen Tönen beschrieben wird, malt Blau sie in getrübten Blau-, Gelb- und Grüntönen (Abb. 5.5) und schwächt damit die Wirkung des Kontrasts ab. 16 Im Gegensatz zu diesen sparsamen Schilderungen der beiden Sphären Kosmos und Mond steht die sprachliche Darstellung der „sehr blaue[n] Erde“ (Schubiger & Blau 2013: 13). Denn in der zweiten Hälfte des Bilderbuches steht die Farbigkeit des Sehnsuchtsziels im Mittelpunkt der Erzählungen und wird anschaulich geschildert: 15 Siehe hierzu die Begründung der Jury des Rattenfänger Literaturpreises, die die Bilder als „symbolisch in ihrer kontrastreichen Farbigkeit“ bezeichnet (Internetpräsenz Stadt Hameln 2014). 16 Wildeisen spricht von einer „abgetönte[n] Farbpalette“ in Blaus Illustrationen (Wildeisen 2009: 18). <?page no="228"?> 228 5 Beispielanalysen Vor dem Schlafengehen erzählte die Frau, warum die Erde so blau sei. Sie ist nämlich eingehüllt in ihren blauen Himmel. Durch die Lücken im Himmel sieht man vom Mond auf die blauen Meere hinab, die blauen Schiffe, den blauen Rauch über den Städten. (Schubiger & Blau 2013: 15) Vor dem Hintergrund der im Vorfeld dargestellten und von unbunten und getrübten Farben geprägten Sphären Kosmos und Erde hebt die Wiederholung des Farbadjektivs „blau“ die Erde als Sehnsuchtsziel besonders deutlich hervor. Konsequenterweise nimmt die Sehnsucht im Kind im Mond auf derselben Doppelseite Überhand und es bricht zu dieser „blauen Erde“ auf. Die im Schrifttext ausformulierte Farbigkeit der drei Sphären übernimmt Blau von Beginn an in die Bildebene und weist ihnen außerdem semantische Funktionen innerhalb des Bildtextes zu: Die farbige Abgrenzung wird dort aufgehoben, wo die Grenzen der Sphären verschwimmen-- wie in den Gedanken des Kindes oder in den Erzählungen der Mutter. So spiegelt sich in der Art einer Vorausdeutung auf der ersten Doppelseite das Blau der Erde in den Augen des Kindes und visualisiert damit- - neben der deutlichen Körpersprache der Figur-- deren Sehnsucht nach dem blauen Planeten, zu dem es schließlich aufbricht (Sevi 2014). Diese wird von den Geschichten der Mutter genährt: Während die Familie eines Abends auf der Bank sitzt und fern schaut, d. h. die „sehr blaue Erde“ betrachtet, erzählt sie „vom Leben auf der Erde, von Kräutern und Früchten, von Würsten und frischem Brot-[…], von Schneemännern und Schneefrauen“ (Schubiger & Blau 2013: 13). Die Bildebene unterstützt und ergänzt an dieser Stelle den linksseitig, auf weißem Grund angeordneten Schrifttext, indem sie die zwei Erzählebenen umsetzt, die der Schrifttext anlegt: Zum einen zeigt sie in Rückenansicht die Familie, wie sie, von Hund und Katze flankiert, auf einer Bank sitzt und die blaue Erde bestaunt. Die Illustration erstreckt sich dabei über die rechte Hälfte der Doppelseite hinaus und erzeugt vor allem durch ihre ausgefransten Bildränder links und rechts eine Unmittelbarkeit des Dargestellten, welche die visuellen Grenzen zwischen dem Schrift- und Bildtext aufweicht (Abb. 5.6). <?page no="229"?> 229 5.2 Annika Sevi: Das Kind im Mond (2013) Abb. 5.6: Das Kind im Mond (Schubiger & Blau 2013: 13 f.) Unterhalb des Schrifttextes sind zum anderen drei Grafiken angeordnet, welche die Rahmenhandlung sowie die Erzählungen der Mutter illustrieren: Sie zeigen das Mondgras fressende Mondkalb, das-- laut Schrifttext-- gemeinsam mit der Familie fern sieht (Schubiger & Blau 2013: 13) und darüber hinaus Schneemann nebst Schneefrau und einen Laib Brot mit Messer. Letztere sind Elemente aus den Erzählungen der Mutter und- - als der Primärwelt zugehörig- - blau gezeichnet, während das Mondkalb als Element des Sekundärwelt schwarz dargestellt ist (Abb. 5.6). In diesem Fall werden also auf der Ebene der Sprache die Rahmenhandlung und Erzählung der Mutter differenziert, was die Bildebene durch die Farbgebung veranschaulicht. Mikroanalyse: Textinterne Aspekte-- Fantastische Räume Während die Primärwelt hier lediglich aus der Ferne, im Blick auf den blauen Planeten, zu betrachten ist, wird die Sekundärwelt zum Schauplatz der Handlung. Dabei verdient die von Aljoscha Blau verwendete Gestaltungsweise zur Darstellung dieses (fingierten) fantastischen Raums (→-Kapitel 3.5.1.4) genauere Betrachtung- - umso mehr, als der Schrifttext diesbezüglich nur wenige Beschreibungen anbietet. <?page no="230"?> 230 5 Beispielanalysen Die Sekundärwelt teilt sich in zwei Handlungsräume auf: Zum einen in das „Haus“ auf dem Mond, „das eigentlich eine Wohnhöhle ist, eingerichtet tief in einem Krater“ (Schubiger & Blau 2013: 4), zum anderen in die (fantastische) Mondlandschaft, in den Außenraum, in dem die Geschichte vornehmlich spielt. Ebenso wenig wie der Schrifttext vom Innenraum verrät, schildert er auch den Außenraum; lediglich der weiße Mondstaub und das Mondgras werden erwähnt. Der Bildtext ist diesbezüglich expliziter und gestaltet den Handlungsraum detaillierter aus: In zwei, jeweils über eine Hälfte der Doppelseite hinausgehenden Bildern zeigt er den Innenraum, der ob seiner Einrichtung mehr an ein Wohnhaus als an eine Höhle erinnert. In Abbildung 5.7 sitzt die Frau im Mond auf einer Art Liegesofa und blickt aus dem Bild hinaus in Richtung des Schrifttextes. Leicht nach rechts versetzt, weiter oben auf der Bildfläche befindet sich das Kind im Mond, das sich demselben Punkt außerhalb des Bildes zuwendet. Um die beiden Figuren herum sind Tassen, Gläser, Schüsseln und eine Karaffe angeordnet, an Einrichtungsgegenständen sieht der Leser außerdem ein Wandregal und einen Stuhl, dazu ein Fenster, das den Blick in den Kosmos freigibt. Der beigefügte Schrifttext erläutert, dass es sich hier um den Moment der Heimkehr des Mannes handelt, die Figuren sich also letzterem zuwenden. Abb. 5.7: Das Kind im Mond (Schubiger & Blau 2013: 7 f.) <?page no="231"?> 231 5.2 Annika Sevi: Das Kind im Mond (2013) Dass der Leser diesen (Innen-)Raum trotz der alltäglichen Szenerie und den vertrauten Alltagsgegenständen als einen fantastischen identifiziert, ist dem Bruch mit den naturalistischen Darstellungskonventionen (Schmidt 1976: 31), vor allem mit der Raumillusion, geschuldet. So schaut der Leser in einer leichten Aufsicht in einen Innenraum, der keine Tiefe zu haben scheint (Abb. 5.7): Fußboden und rückwärtige Wand, in der sich das Fenster befindet, bilden eine Fläche und es fehlt die den Boden beendende (Horizont-)Linie. Das Geschirr scheint auf dieser zweidimensionalen Fläche und nicht in einem Raum angeordnet: Zwar sind die Möbel ebenso wie das Geschirr korrekt dargestellt und wirken größtenteils plastisch, was deutlich an der Hell-Dunkel-Modulation der kleinen Karaffe am rechten unteren Bildrand oder an der umgekippten Schüssel neben dem Stuhl zu sehen ist. Allerdings werfen beispielsweise die Tassen im unteren Bilddrittel sowie die Schale neben der Karaffe trotz des von der Seite einfallenden Lichts keinen Schlagschatten, der deren Standfläche verdeutlichen würde. Die Dinge scheinen auf oder vor der Fläche zu schweben; sie heben die Illusion des Bildraumes auf und intensivieren die unwirkliche Atmosphäre, die das Bild evoziert. Vor allem irritieren aber die Proportionen, die diesen Eindruck verstärken: 17 Die überdimensionierte Karaffe am linken Bildrand bricht dabei ebenso mit den naturalistischen Darstellungskonventionen wie die im Vergleich mit den Händen der Frau winzige Tasse im Vordergrund (Sevi 2014). 17 In seinen Bildern irritiere Blau den Betrachter; durch seine „skurrilen Bildideen“ entstehe oftmals eine „groteske, komische Brechung“ (Wildeisen 2009: 18). Abb. 5.8: Das Kind im Mond (Schubiger & Blau 2013: 3 f.) <?page no="232"?> 232 5 Beispielanalysen Deutlich wird dies auch bei der zweiten Illustration, die das Innere der Wohnung zeigt (Abb. 5.8). Hier sitzen die Frau und das Kind im Mond am Tisch, vor ihnen überdimensionierte Milchkaraffen und Flaschen sowie drei riesige Zwiebeln (Rank 2014: 1). Während diese Nahrungsmittel ob ihrer Größe im Vergleich mit den Menschen als fantastisches Element erkannt werden können (Abb. 5.8), weisen die beiden Gläser sowie die Tassen und der Löffel auf dem Tisch stimmige Proportionen auf. Im Blick auf dieses Bild irritiert außerdem die Perspektive: Während der Betrachter in einer leichten Aufsicht auf die Milchkaraffe schaut, nimmt er den Tisch selbst aus der Vogelperspektive wahr, sodass die räumlichen Gegebenheiten verzerrt, unwirklich scheinen (Sevi 2014; Rank 2014: 1). Gleiches gilt für die Darstellung des Außenraumes: Besonders die Fauna der Mondlandschaft evoziert den Eindruck des Fantastischen, besteht sie doch vor allem aus Gräsern und Pusteblumen. Dass diese die Größe von Bäumen annehmen, markiert ebenso wie die helle, getrübte Farbgebung der Landschaft einen weiteren Bruch mit den naturalistischen Darstellungskonventionen und ergänzt die unwirkliche Atmosphäre der Bilder. So irreal diese Bilder auch wirken, so konkret schließen sie zur selben Zeit an die Erfahrungen des Lesers an (Sevi 2014). Während die Familie auf einer Bank sitzt und die ferne Erde betrachtet, befindet sich im Vordergrund, zwischen den Gräsern, der Überrest eines antikisierenden Kapitells, das zur Erde zu gehören scheint und nicht zur Welt auf dem Mond. Auch sind die Nahrungsmittel der Familie zwar ungewöhnlich zusammengesetzt-- essen sie doch zum Frühstück allein helle Zwiebeln--, sie entstammen jedoch zum Großteil der Erfahrungswelt des Lesers und werden um fantastische Elemente wie „Sternenmilch“ (Schubiger & Blau 2013: 4) ergänzt. Gerade dieses Spiel mit vertrauten und fremden bzw. fantastischen Elementen 18 sowie dem bewussten Bruch mit den naturalistischen Darstellungskonventionen bringt den unwirklichen Eindruck und die atmosphärische Dichte (Rank 2014: 1) der Illustrationen hervor. Die Reise des Kindes In diesem Zusammenspiel von vertrauten und fremden Elementen zeigen sich erste Berührungspunkte zwischen den beiden Welten der Erzählung. Diese wer- 18 Die Verbindung von Eigenem und Fremden und das daraus entstehende Zusammenspiel (wie es auch im Kind im Mond passiert) zeichnet-- so Schubiger-- eine gute Illustration aus (Rank 2014: 2). <?page no="233"?> 233 5.2 Annika Sevi: Das Kind im Mond (2013) den in zwei weiteren Handlungsmomenten ausformuliert, in denen es zu einem tatsächlichen Kontakt zwischen den Welten kommt: Vorerst landet eine Rakete auf dem Mond und kündigt damit die Möglichkeit eines Zusammentreffens zwischen den beiden Welten an; den Höhepunkt der Handlung markiert dann die Reise des Kindes, das den Mond verlässt und zur Erde reist. „Nach und nach“, bereitet der Schrifttext das Geschehen vor, „entstand im Kind eine große Sehnsucht nach der Erde, von der die Mutter so viel Schönes erzählte. Das Herz des Kindes klopfte an die Rippen, als wollte es hinausgelassen werden“ (Schubiger & Blau 2013: 15). Es ist dies die einzige Stelle im Schrifttext des Bilderbuchs, in der der Erzähler von der Außenin die Innensicht (→-Kapitel 3.5.1.2) wechselt. Mit der Beschreibung der inneren Vorgänge bzw. Wahrnehmungen des Kindes wird dessen Sehnsucht anschaulich- - wie das Herz aus den Rippen herausspringen möchte, so will das Kind vom Mond frei und zur Erde gelassen werden. Die Spannung, die schon hier entsteht, steigert der darauffolgende Satz: „Dann, eines Tages, war es soweit“ (Schubiger & Blau 2013: 15). Die Adverbiale „eines Tages“ verzögert noch das unvermeidliche Ereignis, denn schon im nächsten Satz „flog oder stürzte“ (Schubiger & Blau 2013: 15) das Kind davon. Während das Verb „fliegen“ hier noch eine eher ruhige Art der Reise beschreibt, wirkt das Verb „stürzen“ übereilt, fliehend, dramatisch. Die Mutter muss dem Geschehen machtlos zusehen, auch wenn sie versucht, noch ein Bein ihres Kindes zu erhaschen, wie der Schrifttext erläutert. Dass das Kind sich dennoch losreißt, verstärkt die Dramatik der Situation, die hier ihren Höhepunkt findet. Das Bild zeigt die im Schrifttext geschilderte Situation auf dem Mond. Als wolle sie dem bereits weit entfernten Kind hinterherlaufen oder springen, winkelt die Mutter ein Bein an und streckt sich der blau leuchtenden Erde entgegen. Dabei hebt sie einen Arm sehnsüchtig gen Himmel, als könne sie das Kind noch fassen, das nunmehr ein dunkler Schatten am Himmel ist. Der um ihren Hals gewundene Schal flattert hinterher und illustriert damit ebenso wie Körperhaltung und Gestik der Mutter die Bewegung und Dramatik der Situation. Gestützt wird dies durch die Bildkomposition (→- Kapitel 3.5.2.2.3), die im Zusammenspiel der nach rechts geneigten, schrägen Linien der Vegetation und der großen, runden Form der Erde eine unruhige und spannungsvolle Wirkung erzielt. Es ist dies auch das erste und einzige Bild des Buches, das einen Sternschnuppenregen zeigt: Auf den vorangehenden Seiten wird der Kosmos als ruhige, mit hellen Punkten sternenbesetzte Fläche gezeigt, hier ist der Himmel nun von zahlreichen schrägen und kurzen Linien übersäht, welche <?page no="234"?> 234 5 Beispielanalysen die Dynamik der Komposition und damit die unruhige, dramatische Wirkung des Bildes noch steigern. Dieses Gestaltungsmittel greift die folgende Doppelseite auf, deutet es jedoch um: Auf der linken Seite werden hier die trauernden Eltern eng umschlungen an einem Tisch sitzend gezeigt. Auf der rechten Hälfte sind unter dem Schrifttext vor weißem Hintergrund Karaffen, Gläser, Flaschen und Tassen gezeichnet, auf und über ihnen zahlreiche längliche, senkrechte und schräge Striche oder Tropfen, die regen- oder tränengleich in die Getränke fallen und damit die Trauer der Eltern über der Reise des Kindes symbolisieren. Für letztere findet Aljoscha Blau ein stimmiges bildnerisches Symbol, das die Reise des Kindes im Verlauf der Geschichte vorbereitet: Die Pusteblumen, die auf der ersten Doppelseite des Bilderbuches noch voll und rund sind, haben zum Zeitpunkt der Reise, am Höhepunkt der Handlung, nur noch wenige Schirmchen, sie entschweben im Laufe der Geschichte. So, wie das Kind schließlich zur Erde reist, so fliegen auch die Schirmchen in den dunklen Himmel (Sevi 2014, Rank 2014: 3). Wunder und Magie Die Reise des Kindes zur Erde bildet Mittelwie Höhepunkt der insgesamt eher handlungsarmen Erzählung. Cover und Klappentext nehmen den Ausgang der Reise des Kindes bereits vorweg, sodass keine Spannung aufgebaut wird und der Fokus des Bilderbuches auf der Schilderung des wundersamen Lebens der Familie auf dem Mond liegt. Diese Schilderung passiert in einer Nullfokalisierung (→-Kapitel 3.5.2.1.2). Hier bringt der Erzähler in Erzählerkommentaren sein Erstaunen über diese Welt zum Ausdruck (Rank 2014: 2), ist sie doch durchzogen von wundersamen, fantastischen Elementen. Letztere werden in Form der verschiedenen „Wunder“, die der Erzähler (direkt oder indirekt) benennt und beschreibt, in beinahe selbstreferenzieller Form wiederholt zum Thema des Textes (Rank 2014: 2): So staunt der Erzähler zu Beginn der Geschichte bspw. über den Milchkaffee zum Frühstück („Weiß der Kuckuck, wo die Leute den Kaffee hernahmen.“ (Schubiger & Blau 2013: 4), und schildert die Katze, die vor dem Mauseloch wartend „auf ein Wunder“ hofft, da „auf dem Mond keine Mäuse leben“ (Schubiger & Blau 2013: 7). Dass am Ende der Geschichte nun eine Maus neben der Katze sitzt, fern sieht und nicht gefressen wird, ist für ihn ebenso ein „Wunder“, wie der Flug eines Raben „hoch oben“ über dem Mond (Schubiger & Blau 2013: 10). <?page no="235"?> 235 5.2 Annika Sevi: Das Kind im Mond (2013) Letzterer lässt den Erzähler schließlich erklären, dass „Wunder- […] auf dem Mond ziemlich häufig vor[kommen]“ (Schubiger & Blau 2013: 10). Dieses Ereignis nimmt der Erzähler zum Anstoß, die Sekundärwelt über die Existenz des Wundersamen dezidiert als eine fantastische zu charakterisieren. Der Illustration dieses Textabschnitts wird im Ganzen des Bilderbuches besondere Bedeutung zugewiesen, ist es doch die einzige Doppelseite, auf der keines der Familienmitglieder abgebildet ist. Lediglich zwei Elemente sind hier vor dem Hintergrund des schwarzen, Sternen besetzten Kosmos zu sehen: Auf der rechten Seite leuchtet die blaue Erde mit dem Schrifttext, über die linke erstreckt sich bis auf die rechte Seite der blau schimmernde Rabe, der durch das Weltall fliegt. Das Erstaunen des Erzählers- - „Weiß der Kuckuck, woher der Vogel kam.“ (Schubiger & Blau 2013: 10)-- entspricht dabei jenem des Lesers, der sich dem wundersamen Ereignis gegenübersieht. Dies entspringt zwar einerseits seiner Erfahrungswelt, bricht aber andererseits mit deren Naturgesetzen, kann ein Rabe doch am Himmel, aber nur schwerlich im Weltall fliegen. Gleiches gilt für die den Milchkaffee, den es auf dem Mond gibt, sowie für die Maus, die plötzlich dort auftaucht: Beide gehören zur Erfahrungs- und Alltagswelt des Lesers und werden erst im und durch den Kontext der fantastischen Sekundärwelt zu einem Wunder umgedeutet (Zöhrer 2016: 128). Fazit Die fantastische Reise des Kindes durch das Weltall, der irreale Handlungsraum auf dem Mond, das Zusammentreffen zweier Welten sowie das Wundersame weist Das Kind im Mond als ein fantastisches Bilderbuch im Sinne Nikolajevas aus. Die obigen Betrachtungen haben gezeigt, dass seine Geschichte sich im Spannungsverhältnis der realistischen Primär- und der fantastischen Sekundärwelt entwickelt-- beide Sphären sind konstituierend für den Fortgang der Handlung. Diese Bedeutung des Raumes wird auf der Bildebene durch eine farbliche Trennung der drei räumlichen Sphären Erde, Mond und Kosmos visualisiert. Hier führen die Illustrationen weiter, was der Schrifttext bereits angelegt hat. Das die Geschichte beherrschende Sehnsuchtsziel Erde sticht dabei durch die intensive Farbgebung besonders deutlich hervor. Die Sekundärwelt wird im Schrifttext nur sparsam beschrieben, während die Bildebene das Fantastische des Handlungsraumes durch ein Spiel mit den naturalistischen Darstellungskonventionen umsetzt: Indem Proportionen verkehrt, Perspektive und Raumillusion verzerrt und aufgehoben werden, entsteht <?page no="236"?> 236 5 Beispielanalysen ein unwirklicher, irrealer Handlungsraum, der sich gleichzeitig stark an der Erfahrungswelt des Lesers orientiert. Höhepunkt des Bilderbuchs ist die fantastische Reise des Kindes zwischen den Welten. Die Dramatik dieses Ereignisses wird auf sprachlicher Ebene durch Wortwahl und Innensicht der Figur und auf visueller Ebene durch Gestik und Körperhaltung der Figur sowie durch die Komposition des Bildes umgesetzt. Das Fantastische wird schließlich selbst Thema des Textes, indem der Erzähler einzelne wundersame Ereignisse benennt und konstatiert, dass diese auf dem Mond häufiger vorkommen. Das Wundersame entsteht in diesem Bilderbuch im Spannungsverhältnis von vertraut und fremd: So gehört bspw. der Rabe, dessen Flug im All als „Wunder“ bezeichnet wird, zur Erfahrungs- und Alltagswelt des Lesers und wird erst im und durch den Kontext der fantastischen Sekundärwelt zu einem Wunder umgedeutet. Autorin Dr. Annika Sevi studierte Kunst und Germanistik für das Lehramt an Gymnasien an der Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg sowie an der Università degli Studi di Firenze und wurde 2018 mit einer Arbeit zu den Künstlergärten des 19. und 20. Jahrhunderts an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf promoviert. Sie ist Gymnasiallehrerin mit den Fächern Deutsch und Kunst. 5.3 Mirijam Steinhauser: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (2010) von Aino Havukainen (Bild) und Sami Toivonen (Text) Zwei Brüder, die sich manchmal etwas komisch benehmen und mit viel Begeisterung die Welt erforschen, das sind Tatu und Patu aus Seltsamhausen. Als Protagonisten einer finnischen Bilderbuchserie sprechen sie-- ganz im Sinne des postmodernen All-Age-Bilderbuches (→-Kapitel 2.2)-- mit ihren merkwürdigen Einfällen, ihrem anarchischen Humor, aber auch durch zahlreiche intermediale Einflüsse und Verweise sowie eine überbordend abwechslungsreiche Schrift- und Bildtextgestaltung Kinder und Erwachsene gleichermaßen an. Im Folgenden wird exemplarisch Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen, der erste auf Deutsch erschienene Band, analysiert, wobei auch Ausblicke auf die anderen Teile gegeben werden. Dabei wird zunächst im Rahmen der Makroanalyse (→-Kapitel 3.3) auf Produktion und Distribution der Serie eingegangen, die das Projekt eines Künstlerehepaars ist. In einem zweiten Schritt wird die <?page no="237"?> 237 5.3 Mirijam Steinhauser: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (2010) serielle Ausgestaltung in den Blick genommen. Anschließend erfolgt, nun auf den Einzelband bezogen, eine Auseinandersetzung mit der peritextuellen Gestaltung (→-Kapitel 3.4), die in den Tatu und Patu-Bänden eine wesentliche Rolle für die Gesamtkonzeption und den seriellen Zusammenhang spielt. Anhand einer Doppelseite werden zudem Bild- und Schriftebene (→-Kapitel 3.5) genauer betrachtet, woran sich eine Untersuchung der intermedialen Einflüsse (→-Kapitel 3.5.4), die für die Serie zentral sind, anschließt. Der Artikel endet mit einem kurzen didaktischen Ausblick (→-Kapitel 4). Makroanalyse: Produktion Die Serie um Tatu und Patu entsteht seit 2003 als gemeinsames Projekt des finnischen Ehepaares Aino Havukainen und Sami Toivonen. Die beiden Grafikdesigner, Kinderbuchautoren und Illustratoren lernten sich während ihres Studiums am Institut für Design in Lahti kennen. Nach eigenen Angaben entwickelte sich die Idee zu den Figuren Tatu und Patu spontan. Sie kamen Aino Havukainen in den Sinn, als das Paar gerade ein völlig anderes Konzept plante, das angesichts dieser folgenreichen Idee verworfen wurde. Sami Toivonen musste sich, wie er in einem Interview äußert, zuerst an die Figuren, die so typisch für seine Frau waren, gewöhnen: „Zum Beispiel musste ich manchmal 35 Skizzen einer Pose zeichnen, bevor es so aussah wie es sollte“ (Nissilä 2008, Übersetzung a. d. Englischen Steinhauser). Text und Bild werden in dieser Kooperation nicht nacheinander geschaffen und stehen auch nicht in einem hierarchischen Verhältnis, sie bedingen sich gegenseitig (→-Kapitel 3.3). Der engen Verbindung der beiden Autoren entsprechend gestaltet sich deren Arbeitsteilung komplex. Sie sprechen davon, dass sie die Dinge überlappend und vernetzt [tun]; wir können nicht sagen, dass einer von uns nur zeichne und der andere nur schreibt. Aber wir haben beide unsere eigenen Stärken: Aino ist besser in der Komposition; sie bemerkt unmittelbar, wenn etwas fehlt. Sami ist der Meister technischer Details. Wir ergänzen einander gut. (Nissilä 2008, Übersetzung a. d. Englischen Steinhauser) Makroanalyse: Distribution In Finnland erschienen bereits 14 Bände über die beiden seltsamen Brüder, über 900 000 Exemplare wurden verkauft. Der derzeit letzte Band wurde 2016 veröffentlicht. <?page no="238"?> 238 5 Beispielanalysen In Deutschland wird die Serie seit 2010 von Thienemann Esslinger herausgegeben. Die Lizenzen der Bücher wurden in zahlreiche Länder im inner- und außereuropäischen Ausland verkauft. Nach dem in Deutschland 2010 erschienenen Band Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (finn. Tatun ja Patun oudot kojeet, 2010), sind hierzulande ebenfalls 2010 Tatu und Patu und ihr verrücktes Gute-Nacht-Buch (finn. Tatun ja Patun outo unikirja, 2008, zurzeit vergriffen), 2011 dann Tatu und Patu und ihr verrückter Kindergarten (finn. Tatu ja Patu päiväkodissa, 2004) und zuletzt 2013 Tatu und Patu und ihre verrückten Berufe (finn. Tatu ja Patu tjön touhussa, 2006) erschienen. Ein weiterer Band, Tatu und Patu und ihr verrücktes Finnland (finn. Tatun ja Patun Suomi, 2007), wurde 2014 ebenfalls ins Deutsche übersetzt und wird direkt vom finnischen Verlag der Originalausgaben herausgegeben. Allerdings ist dieses Buch bislang im deutschen Buchhandel nicht erhältlich. Die noch nicht ins Deutsche übertragenen Bände haben unter anderem finnlandspezifische Themen, der erste Band handelt von Helsinki, andere-- so derjenige über die Abenteuer der beiden im Freien-- könnten aber durchaus noch übersetzt werden. Parallel zur Tatu und Patu-Serie erscheint in Finnland die derzeit vierbändige Serie um das kleine Mädchen Veera, in der die beiden verrückten Brüder ebenfalls eine Rolle spielen. Im Zuge einer Übernahme in den Medienverbund werden dort auch Merchandising-Produkte wie Kalender und Spiele vertrieben. Der Stoff wurde überdies in verschiedenen (Figuren-)Theaterversionen umgesetzt. Im Oktober 2016 kam zudem der erste Tatu und Patu-Film, ein Spielfilm mit erwachsenen Männern in den Titelrollen, mit dem Titel Kanelia kainaloon, Tatu ja Patu (Deutsch: Zimt in die Achselhöhle, Tatu und Patu, Regie: Rike Jokela, Produzent: Dionysos Films) in die finnischen Kinos. Erzählt wird darin die Geschichte einer Reise der beiden Brüder und ihrer Freundin Veera von Outola nach Helsinki, zur Eröffnung des größten finnischen Pfefferkuchenhauses (Deutsch-Finnische Gesellschaft 2015). Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen wurde von der Kritik sehr positiv aufgenommen und durch verschiedene Preise berücksichtigt. Am prominentesten ist die Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Bilderbuch im Jahr 2011. In der entsprechenden Jurybegründung heißt es: Die originellen Einfälle der beiden Brüder laden zum Nachmachen ein. Die Illustrationen mit ihrer unglaublichen Menge an Details regen zum genauen und wiederholten Hinsehen an. Ein Buch, mit dem sich auch weniger lesebegeisterte Kinder alleine auseinandersetzen wollen und können. Der werbegrafische Stil der Illustrationen, die <?page no="239"?> 239 5.3 Mirijam Steinhauser: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (2010) visuelle und erzählerische Gestaltung der beiden Titelfiguren und die sprachliche Prägnanz des Textes, für die im Deutschen Elina Kritzokat gesorgt hat, zeichnen dieses Bilderbuch aus. (Internetpräsenz Deutscher Jugendliteraturpreis 2011) Serielle Ausgestaltung Im Bilderbuchbereich ist das Entstehen von teilweise zahlreichen Folgebänden, in denen dieselben Protagonisten, häufig auch im selben Setting, auftreten, weit verbreitet. Dies liegt neben kommerziellen Überlegungen und den Vorlieben kindlicher Leser auch an der Kürze der meisten Bilderbücher, die sich oft auf einzelne Episoden beschränken (Nikolajeva &Scott 2006: 254 f.). Unterschieden werden können dabei Sequels und Serien, wobei die Serie dadurch gekennzeichnet ist, dass die einzelnen Bände für sich stehen, in jeder beliebigen Reihenfolge gelesen werden können und die Protagonisten sich im Laufe des Erscheinens nicht verändern oder wachsen (Nikolajeva & Scott 2006: 254 f.). Dass die Tatu und Patu-Bände als Serie eingestuft werden können, zeigt sich schon daran, dass die deutschen Übersetzungen nur einen Bruchteil der finnischen Bücher ausmachen und sich auch in der Reihenfolge nicht an der Entstehung der Originalausgaben orientieren. Zudem sind Tatu und Patu typische stehende Figuren ohne größere psychologische Tiefenstruktur. Der Begriff der stehenden Figur stammt aus der Comicforschung und wird für solche Akteure verwendet, die „in vielen, potentiell unendlich vielen Episoden eine feste Rolle verkörper[n], konstant in Charakter, Verhalten und Aussehen-- und damit von Rezipienten stets wiedererkennbar und einschätzbar“ sind (Grünewald 2000: 8). Die beiden Brüder entwickeln sich dementsprechend innerhalb der Bände nicht. Sie sind als menschenähnliche fantastische Figuren prinzipiell nicht auf ein bestimmtes Alter festgelegt und weisen kindliche wie auch erwachsene Züge auf. Als deren wesentliche Eigenschaften werden im Schrifttext explizit Neugier, Begeisterung und Abenteuerlust genannt. Auf Ebene des Bildes sind sie als Figuren mit überdimensionalen querovalen Köpfen und kleinen rundlichen Körpern dargestellt. Die beiden Brüder gleichen sich, wie es bereits die Namen andeuten, fast völlig bis auf die Farbe ihrer pink-schwarz (Tatu) und gelb-schwarz (Patu) geringelten Ganzkörperanzüge und die riesenhafte pinkfarbene Brille, die Tatu trägt. Merkmale der beiden, die zu ihrem hohen Wiedererkennungswert beitragen, sind weiterhin ihre großen runden Augen, eine braune Knopfnase und eine einzelne Haartolle auf dem ansonsten nackten Kopf. Insbesondere über den großen Mund und die Augenbrauen werden die Emotionen der Figuren sehr <?page no="240"?> 240 5 Beispielanalysen variantenreich transportiert. Die Pointen der Erzählungen entstehen dadurch, dass die Handlungen der beiden Brüder sich zumeist „aus semantischen Missverständnissen ergeben; immer aber offenbaren sich darin die Entdeckerfreude-[…] und ihr unbedingter Wille, sich eine durchaus komische Welt komisch verfremdet zurechtzubiegen“ (Dichtl & Vorst 2016: 7). Die Serie bewegt sich zwischen Sach- und Erzählbilderbuch (→-Kapitel 2.3). Alle Bände enthalten in Abstufungen sowohl fiktionale als auch zumindest faktual anmutende Elemente, man kann hier also von Sacherzählbilderbüchern sprechen. Ein Charakteristikum, das damit zusammenhängt, ist die gelungene „Mischung aus komischen Einfällen und einem geerdeten, gesellschaftskundlichen Anliegen“ (Billig 2013). Hinsichtlich ihres Aufbaus, der Figuren und der Handlungsstruktur sind die Bände der Serie konsequent parallelisiert. Auch Bildgestaltung und Typographie stellen ein serienübergreifendes Kontinuum dar. Die Bildebene ist durch mit schwarzen Konturlinien klar abgegrenzte Formen sowie eine grelle, leuchtende Farbigkeit mit starken Kontrasten gekennzeichnet. In Tatu und Patu und ihr verrücktes Gute-Nacht-Buch (Abb. 5.9) wird das Motiv des Schlafes in vielfältiger Weise behandelt. Als Rahmenhandlung (→-Kapitel 3.5.2.1.1) dient der Besuch von Tatus und Patus Patenkind, dem Baby Satu, das die beiden verrückten Brüder zu Bett bringen sollen. Der Hauptbestandteil des derzeit in Deutschland nur noch antiquarisch erhältlichen Bandes ist ein Buch im Buch, das Tatu und Patu in akribischer Vorbereitung auf den Babysitterabend erstellt haben. Darin werden nach Art einer wissenschaftlichen Abhandlung verschiedene Aspekte des Einschlafens behandelt: Wie soll das perfekte Kuscheltier beschaffen sein? Wie erkennt man miese Verkaufstricks beim Bettenkauf und welche Schlafausstattung ist die richtige? In diesem Band werden die intermedialen Bezüge, die für die Serie typisch sind, auf die Spitze getrieben. Zahllose Bezüge zu Filmen, (Pop-)Musik, Comic, und (Kinder-) Literatur, vorwiegend zum Märchen, werden insbesondere über bildliche Anspielungen hergestellt. Insgesamt liest sich das Buch für den erwachsenen Rezipienten auch als Persiflage auf Erziehungsratgeber und das Verhalten überbesorgter Eltern. In Tatu und Patu und ihr verrückter Kindergarten (Abb. 5.10) und Tatu und Patu und ihre verrückten Berufe (Abb. 5.11) werden zwei Themen behandelt, die typisch für Kindersachbücher sind, der Ausprägung der Serie entsprechend aber ebenfalls ungewohnt präsentiert werden: Einmal landen die beiden Brüder statt des geplanten Schwimmbadbesuchs versehentlich in einem Kindergarten und erleben die dortigen Abläufe mit wachsendem Vergnügen; ein anderes <?page no="241"?> 241 5.3 Mirijam Steinhauser: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (2010) Mal erproben sie die verschiedensten Berufe, richten dabei viel komisches Chaos an und setzen sich zugleich auf ernsthafte Weise mit der Bedeutung von Arbeit auseinander. Der Kindergarten-Band ist im Verhältnis zu den anderen insofern eher konventionell gestaltet, als hier eine durchgängige Narration auf der Textebene vorliegt. Der Berufe-Band hingegen verblüfft den Leser, indem er ihm auf jeder Doppelseite neue Text-Bild-Sorten präsentiert, die die einzelnen Berufe präsentieren: Die Tätigkeiten des Bauers werden etwa als Brettspiel dargestellt, die des Zimmermanns als Wimmelbild, die des Lehrers anhand eines Abecedariums. Mikroanalyse: Textexterne Aspekte-- Peritext Den Peritexten der Tatu und Patu-Serie kommt eine große Bedeutung innerhalb der Gesamtkonzeption der Bücher zu. Hinsichtlich der Materialität weichen die Bände indes nicht von der üblichen Gestaltung von Bilderbüchern ab, weshalb hier nicht gesondert darauf eingegangen wird. Die grellbunten glänzenden Einbände der hochformatigen Bücher erregen Aufmerksamkeit und weisen neben Inhaltsaspekten bereits auf den comicartigen Stil hin. Abb. 5.9: Tatu und Patu und ihr verrücktes Gute-Nacht-Buch (Havukainen & Toivonen 2010) Abb. 5.10: Tatu und Patu und ihr verrückter Kindergarten (Havukainen & Toivonen 2011) <?page no="242"?> 242 5 Beispielanalysen Ein peritextuelles Element, das den seriellen Zusammenhang der Bände betont, ist der Titel. Zum einen findet sich darin die parallelisierte Formulierung Tatu und Patu und ihr(e) verrückte(n / s)-…, zum anderen ist die typographische Gestaltung des Titels bei allen Bänden gleich und einprägsam: Die Buchstaben der Figurennamen sind vor Farbfeldern angeordnet, die den gestreiften Anzügen von Tatu und Patu entsprechen. Der Titel des hier besprochenen Einzelbandes (Abb. 5.12) ist- - vermutlich übersetzungsbedingt-- nicht ganz überzeugend. Statt von verrückten Maschinen wäre es sinnvoller gewesen, allgemeiner von Erfindungen zu sprechen, da nicht alle im Buch vorgestellten Einfälle der beiden Brüder tatsächlich Maschinen sind. Weder die „Superputzkostüme“ (Havukainen & Toivonen 2010a: 8 f.), ein Mikrofaseranzug und eine Mopp-Mütze, die mit Spaß und Körpereinsatz putzen lassen, noch die „Schüttelkugelwelten“ (Havukainen & Toivonen 2010a: 10 f.), bei denen man den Kopf in eine Landschaft nach Wahl stecken kann, um dem grauen Alltag zu entfliehen, können im engeren Sinn als Maschinen bezeichnet werden. Unter dem Titel zeigt das Cover des Bandes vor hellblauem Grund die beiden Protagonisten umgeben von zahllosen Werkzeugen und Maschinenteilen. Oben Abb. 5.12: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (Havukainen & Toivonen 2010a) Abb. 5.11: Tatu und Patu und ihre verrückten Berufe (Havukainen & Toivonen 2013) <?page no="243"?> 243 5.3 Mirijam Steinhauser: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (2010) und unten ist der gesamte Einband durch ein schwarz-gelb-gestreiftes Band umgeben, das auch im Buchinneren immer wieder als Bildelement vorkommt. Einem Werbesticker gleich ist ein Zitat aus einer Rezension des Buches in der linken unteren Ecke integriert. Die Buchrückseite enthält den Ausschnitt eines Bildes aus dem Buchinneren, das die beiden gut gelaunten Protagonisten inmitten einer riesenhaften, aberwitzig-detailreich zusammengesetzten Maschine zeigt. Der daneben befindliche Klappentext stellt Tatu und Patu als geniale Tüftler vor, die „vierzehn seltsame, aber unglaublich nützliche Maschinen [bauen], ohne die eine Familie mit Kindern nicht auskommen kann.“ Schon der Bucheinband spricht damit verschiedene Zielgruppen an: Kinder werden durch die comichaft-bunten und fröhlich wirkenden Charaktere sowie den Detailreichtum der Darstellung angesprochen, Erwachsene sollen unter anderem durch das Rezensionszitat überzeugt werden. Im Inneren des Buches setzt sich die Überformung des Peritextes fort: Vorderes und hinteres Vorsatz sind gelb grundiert und mit Zeichnungen der beiden Protagonisten bedeckt, eine Vorgehensweise, die auch in den meisten anderen Serienbänden lediglich mit variierenden Farben gewählt wird. Der Schmutztitel enthält ein Bild von Tatu und Patu, die riesige Helme mit Greifarmen tragen. Daran sind Pfeile befestigt, die den Figuren ihre Namen zuordnen. Darüber steht der serienübliche Einleitungstext, in dem Figuren und Setting vorgestellt werden: Tatu und Patu sind zwei Brüder, die sich manchmal etwas komisch benehmen. Sie wohnen in Seltsamhausen-- dort macht man alles anders als bei uns. Tatu und Patu finden, dass man viele Dinge auf der Welt ein bisschen verbessern sollte. Und so haben sie tolle neue Maschinen entwickelt, die uns allen das Leben leichter machen. Auf den nächsten Seiten werden ein paar ihrer Erfindungen vorgestellt. (Havukainen & Toivonen 2010a: 1) Auf dem Frontispiz und der Titelseite befinden sich neben den üblichen Elementen Titel, Autoren-, Verlags- und Übersetzerangabe auch Inhaltsverzeichnis, Impressum und Widmung. Die Doppelseite ist außerdem seitenfüllend illustriert mit einer Darstellung der Erfinderwerkstatt, die alleine schon so viele humorvolle Details enthält, dass man sie sehr ausgiebig und stets erneut betrachten kann. Unter anderem hängt an der Wand der Bauplan eines Roboters, an dem kleine Notizzettel mit der Aufschrift „Diese Roboterteile fehlen! ! ! “, „Suchen! ! ! “ und „14 Teile“ (Havukainen & Toivonen 2010a: 2) befestigt sind; ein dezenter Suchauftrag für den Betrachter, der auf jeder Doppelseite eines <?page no="244"?> 244 5 Beispielanalysen davon finden kann. Die erwähnten Textelemente erscheinen-- ganz typisch für das Buch und die Serie-- als innerfiktionale Gegenstände: So ist das Impressum auf einen Notizblock gedruckt, den Patu in der Hand hält, die Widmung ist auf einem Zettel in diesem Block zu lesen, das Inhaltsverzeichnis erscheint als Plan, der an einer Stellwand befestigt wurde. Das Verzeichnis als für ein Bilderbuch eher unübliches Element enthält die Bezeichnungen der vierzehn verschiedenen Erfindungen. Auch die Impressumsseite am Ende des Buches zeigt neben einer kurzen Autorennotiz ein Bild: Zu sehen ist der vollständig zusammengesetzte Roboter, dessen Teile man beim Betrachten zusammensuchen konnte. Ähnliche Suchaufträge, mehr oder weniger explizit formuliert, sind ein Charakteristikum der Serie. In diesem Band lassen sich beispielsweise zahlreiche kleine Mäuse innerhalb des „Mini-Mach“ finden, einer riesigen Maschine, die „fitzeligste Aufgaben“ (Havukainen & Toivonen 2010a: 20 f.) erledigen kann. Mikroanalyse: Textinterne Aspekte und exemplarische Analyse einer Doppelseite Bevor anhand einer Doppelseite die für Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen kennzeichnende Art der Darstellung angesprochen wird, sollen hier noch einige Aspekte bezogen auf das ganze Buch thematisiert werden. Der Aspekt der Handlung ist in diesem Band auf ein Minimum reduziert. Narrativ ist es eher als Sachbuch einzuordnen, da sich die Haupthandlung, die Erzählung von den beiden Erfinderbrüdern, auf den einleitenden Text der Schmutztitelseite sowie einige abschließende Zeilen auf der letzten Textblockdoppelseite beschränkt. Den Hauptteil des Buches machen die aneinandergereihten Präsentationen der 14 einzelnen Erfindungen aus, denen jeweils eine Doppelseite vorbehalten ist. Zuzüglich zur knappen Haupthandlung finden sich innerhalb der einzelnen ‚Kapitel‘ aber auch kleinere narrative Sequenzen, die zum Beispiel in Form von Comics dargestellt werden. Die Bilder sind äußerst vielfältig: Neben Simultanbildern, in denen die Funktionsweise der einzelnen Maschinen veranschaulicht wird, finden sich ganzseitige monoszenische Bilder (→-Kapitel 3.5.1.1), aber auch viele Bildfolgen und z. B. Phasenanschauungsmodelle, die die Funktionsweise einer Erfindung in mehreren Schritten und der entsprechenden Anzahl von Bildern veranschaulichen. Motivisch stehen verrückte Erfinder bzw. ihre Erfindungen im Fokus. Dahinter liegende Themen sind kinderspezifische Ängste und Alltagsprobleme, für die humorvolle Lösungen gefunden werden. <?page no="245"?> 245 5.3 Mirijam Steinhauser: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (2010) Der übergeordnete Raum, in dem die gesamte Serie spielt, ist Seltsamhausen. Es handelt sich dabei um einen fingierten Raum, der überwiegend realistisch erscheint, aber schon im Einleitungstext als von der Umgebung des Lesers bzw. des Erzählers abweichend charakterisiert wird. Konkrete Räume sind neben der Erfinderwerkstatt Innen- und Außenräume, in denen die Erfindungen der Brüder erprobt werden. Die Innenräume werden zumeist nur durch sehr wenige Elemente, überwiegend Fußleisten, Steckdosen und Tapetenmuster, angedeutet. Die Protagonisten wirken innerhalb dieser Räume sehr klein, was ihre kindliche Seite unterstreicht. Die meisten dargestellten Außenräume entwerfen eine finnisch anmutende Idylle. Kleine Tiere treten hier ähnlich wie in der Pettersson und Findus-Serie als Nebenfiguren auf. Abb. 5.13: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (Havukainen & Toivonen 2010a: 6 f.) Als exemplarische Doppelseite wird hier diejenige zum „Helmfahrrad“, der zweiten im Buch präsentierten Erfindung (Havukainen & Toivonen 2010a: 6 f.), vorgestellt. Neben der Überschrift finden sich darauf verschiedene Text- und Bildelemente. Die linke Seite enthält ein vollformatiges Bild. Darauf sind Tatu und Patu zu sehen, die ihre Erfindung erproben. In das Bild integriert ist ein Text in der verspielt wirkenden Druckschrift Kosmik Plain Two, die für den <?page no="246"?> 246 5 Beispielanalysen Haupttext des Buches verwendet wird. Durch die geringe Schriftgröße und den Verzicht auf eine Einteilung in Sinnabschnitte wendet sich dieser Text eher an geübte Leser. Im Text wird die Erfindung erklärt und beworben. In Aufbau und Inhalt besteht Übereinstimmung mit den Haupttexten, die bei jeder Erfindung der Brüder verwendet werden: Zunächst wird ein alltags- oder kinderspezifisches Problem, hier die Langeweile beim Fahrradfahren, benannt. Anschließend werden Tatus und Patus aberwitzige Lösungen, ein Fahrrad, an dem der Helm so montiert ist, dass man kopfüber fahren kann, präsentiert und deren scheinbare Vorteile benannt. Im letzten Absatz wird der Leser werbewirksam direkt angesprochen. Neben diesem Schrifttext ist eine kleinere Abbildung mit der Unterschrift „So sieht die Welt verkehrt herum aus“ (Havukainen & Toivonen 2010a: 6) zu sehen. Damit finden sich auf Bildebene unterschiedliche Perspektiven, einmal die Außensicht, einmal die Innensicht der Protagonisten. Die rechte Seite zeigt vor weißem Grund unter der Überschrift „Helmfahrradmodelle“ Varianten der Erfindung, die nochmals deren Absurdität vor Augen führen: Wie Fotografien sind darauf vier sich überlappende Bilder angeordnet, die ein Tandemhelmfahrrad, ein Helmdreirad, ein Helmrennrad und einen Helmhometrainer im Einsatz zeigen. Die ‚Probanden‘ sind hier Nebenfiguren, die nur auf dieser einen Seite dargestellt werden. Als weiteres Element ist ein Notizblock mit einem gereimten Spruch in handschriftähnlicher Typographie (Recycle-Alternate) sowie einer kindlich wirkenden Zeichnung von Patu mit der Konstruktion auf dem Kopf am rechten unteren Seitenrand zu sehen. Während der Haupttext der Seite sowie auch des Buches auf einen auktorialen Erzähler zurückzuführen ist, lassen sich durch die Materialisierung als Block sowie die Betonung des Gemachten, also handschriftähnliche Typographie und Skizze, die beiden Protagonisten als ‚Verfasser‘ dieses Kurztextes ausmachen. Mikroanalyse: Intermediale Einflüsse Die Tatu und Patu-Serie ist deutlich von formalen Bezugnahmen auf andere Medien geprägt. Insbesondere besteht eine Nähe zum Comic, aber auch zum Film und einer bestimmten Computerästhetik, die sich beispielsweise in kachelförmigen Piktogrammen ausdrückt. Zu den Reminiszenzen an den Comic zählen die Verwendung von Denk- und Sprechblasen, Soundwords, Piktogrammen und Bewegungslinien sowie die variantenreiche Anordnung von <?page no="247"?> 247 5.3 Mirijam Steinhauser: Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (2010) Einzelbildern als Panels. Auch der Stil der Bilder ist comicnah, zudem finden sich ganze Comicsequenzen in den Büchern. Wie die anderen Bände der Serie enthält Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen zudem einige konkrete intertextuelle, interpiktoriale und intermediale Verweise, die vor allem auf der Bildebene realisiert werden. Diese dienen hier keiner tiefgründigen psychologischen Aufladung wie es etwa bei Anthony Browne oder Shaun Tan der Fall ist, sondern sind als humorvolles, oft ironisches Spiel mit populärkulturellen Kontexten zu sehen. Beispiele für solche Verweise sind ein im Wohnzimmer der Erfinderbrüder hängendes Bild der Mona Lisa als Kunstzitat und ein bei Hänsel und Gretel aufgeschlagenes Märchenbuch als intertextueller Verweis. Zusätzlich werden auch prominente Persönlichkeiten dargestellt: Albert Einstein hängt als Schlüsselanhänger in der Erfinderwerkstatt. Neben anderen berühmten Bartträgern sind Fotografien von Dalí und Marx als Inspiration auf der Doppelseite zu sehen, die dem Haar-Puster, einer äußerst nützlichen Erfindung für Menschen mit zu wenig (Bart-)Haar, gewidmet ist. Weitere Details, die vorwiegend den erwachsenen Rezipienten amüsieren, sind die zahllosen komischen Beschriftungen von Produkten, die in die Bilder integriert sind und sprachspielerische Elemente enthalten. Auf die Bedeutung solcher Bilddetails angesprochen, antworten die Autoren mit einem Hinweis auf die Mehrfachadressiertheit (→- Kapitel 2.2) sowie ihre eigenen Vorlieben: Die Details sind der Zuckerguss, den wir den Büchern zum Schluss hinzufügen. Sie müssen auch verschiedene Level für unterschiedliche Leser-Altersgruppen haben. Wir mögen Bücher, in denen es eine Menge Details zum Selberentdecken gibt. (Nissilä 2008, Übersetzung a. d. Englischen Steinhauser) Fazit und didaktischer Ausblick Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen bietet ein großes Potential für den Einsatz in der Primar-, aber auch der unteren Sekundarstufe. Indem hier kinderspezifische Ängste und Probleme auf humorvolle Weise aufgegriffen werden, wird schon eine junge Zielgruppe ab etwa fünf Jahren angesprochen. Besonders geeignet sind für den schulischen Gebrauch fächerübergreifende Unterrichtseinheiten, die sich auf den Kunst-, Deutsch- und Sachunterricht erstrecken. Auf diese Weise können Text- und Bildebene berücksichtigt und <?page no="248"?> 248 5 Beispielanalysen als Impulse für eigene textuelle und bildnerische Prozesse genutzt werden. Vielfältige Verknüpfungen zu Inhalten der verschiedenen Fächer- - in Kunst etwa zu zweckfreien Maschinen wie den kinetischen Objekten Jean Tinguelys, in Deutsch zu Reklametexten, im Sachunterricht zu Erfindern und Erfindungen-- lassen sich herstellen. Exemplarisch soll hier eine bereits erprobte Unterrichtssequenz, die zwei bis drei Schulstunden umfasst, dargestellt werden. Die Einheit beschränkt sich als Ausgangsmaterial auf eine Erfindung der Brüder: das Helmfahrrad. In ähnlicher Weise könnte auch auf die anderen Objekte aus dem Bilderbuch eingegangen werden. Im Fokus stehen neben der Text- und Bildrezeption das Verfassen von Paralleltexten als Verfahren des handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterrichts und die gedankliche und bildnerische Entwicklung einer eigenen Erfindung. Ausgehend von einer Vorstellung der Protagonisten Tatu und Patu, z. B. in Form von Stabfiguren, wird das Bild zum Helmfahrrad präsentiert. Um die Besonderheiten der Erfindung zu verdeutlichen, kann ein Vergleich mit dem Bild eines gewöhnlichen Fahrrads erfolgen. Darauf Bezug nehmend lassen sich Pläne für eigene fantastische Gefährte entwickeln. Parallel zum Buch sollen sich die Schüler zunächst vorstellen und überlegen, was ihr Fahrrad können muss, welche Teile es unbedingt besitzen und wie es heißen soll. Die entsprechenden Notizen dienen dann als Grundlage für die bildnerische Gestaltung, für die verschiedene Verfahren wie Zeichnung, Druck oder Collage denkbar sind. Anschließend wird in Übereinstimmung mit dem Schrifttext im Buch ein passender Werbetext für die eigene Kreation verfasst, bei dem der Schwerpunkt z. B. auf der Verwendung werbewirksamer Adjektive liegen kann. Als Aufgabe zur qualitativen Differenzierung bietet sich das Verfassen eines gereimten Werbeslogans an. Eine Präsentation der Erfindungen, z. B. in Form einer Ausstellung oder eines Verkaufsgesprächs, rundet die kurze Unterrichtseinheit ab. Im Rahmen der Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis wurden von Katja Eder ebenfalls knappe Praxisanregungen zu diesem Buch entwickelt (Eder 2011). Eine Vielzahl weiterer Überlegungen für den unterrichtlichen Gebrauch der Tatu und Patu-Serie in der Grundschule enthält ein Aufsatz von Dichtl und Vorst (2016). <?page no="249"?> 249 5.4 Michael Staiger: Das Haus in den Bäumen (2013) Autorin Dr. Mirijam Steinhauser ist Grundschullehrerin mit den Fächern Deutsch und Kunst. Sie promovierte zum kinderliterarischen Werk des Autor-Illustrators Franz Josef Tripp und arbeitet als Redakteurin für den Bilderbuchbereich auf KinderundJugendmedien.de. 5.4 Michael Staiger: Das Haus in den Bäumen (2013) von Ted Kooser (Text) und Jon Klassen (Bild) House Held Up by Trees ist ein außergewöhnliches Bilderbuch, denn der Protagonist seiner Geschichte ist kein Mensch oder Tier, sondern ein Haus. Das Buch erzählt mit poetischen Kombinationen aus Schrift- und Bildtext eine Geschichte über die Zeit und den Wandel im Laufe eines Lebens. Dieser Beitrag erschließt das Bilderbuch ausgehend von seiner Erzählstruktur (Handlung →- Kapitel 3.5.1.1; Figuren →- Kapitel 3.5.1.2; Erzählsituation →- Kapitel 3.5.2.1.2), seiner Bildgestaltung (→-Kapitel 3.5.2.2) und den Bild-Text-Interdependenzen (→-Kapitel 3.5.3) sowie paratextuellen Faktoren (→-Kapitel 3.4.1). Im Fokus steht hierbei insbesondere das Zusammenspiel von histoire und discours der Erzählung. Makroanalyse: Produktion und Distribution Das 2012 erschienene Bilderbuch ist ein Gemeinschaftswerk des US -amerikanischen Lyrikers Ted Kooser und des kanadischen Illustrators Jon Klassen. Zunächst verfasste Kooser den- - mit 1028 Wörtern für ein Bilderbuch verhältnismäßig langen-- Schrifttext, seine zweite Arbeit für ein Kinderbuch bei Candlewick Press, einem Imprint von Walker Books in London. Als Inspiration für die Erzählung diente ihm ein verlassenes Haus, an dem er auf Spaziergängen in der Nähe seines Wohnorts in Nebraska immer wieder vorbeikam. 19 Der Untertitel des Bilderbuchs weist auf diesen Entstehungskontext hin: „Nicht weit von hier habe ich ein Haus gesehen, das von Baumhänden hochgehoben wurde. Dies ist seine Geschichte“ (Kooser & Klassen 2013: 1 20 ). 19 Im Jahr 2012 veranstaltete die Buchhandlung Chapters-- Books & Gifts in Seward mit Ted Kooser einen Vor-Ort-Termin an dem verlassenen Haus (Internetpräsenz Chapters‘ Blog 2012). 20 Eigene Paginierung, beginnend mit der Titelseite, da diese bereits Bestandteil der Handlung ist. Die folgenden Seitenangaben des Bilderbuchs beziehen sich auf diese Seitenzählung. <?page no="250"?> 250 5 Beispielanalysen Ausgehend von Koosers Text fertigte Klassen seine Illustrationen an und es entstand ein 32-seitiges Bilderbuch im Format 10- 5 / 8" x 9- 1 / 16" (ca. 27 cm x 23 cm). Die deutsche Übersetzung von Thomas Bodmer erschien 2013 unter dem Titel Das Haus in den Bäumen im NordSüd Verlag in Zürich, es liegt darüber hinaus eine Übersetzung ins Japanische vor. Das Bilderbuch wurde in die Liste der Best Illustrated Children’s Books of 2012 der New York Times aufgenommen. Abb. 5.14: Schon das Buchcover von Das Haus in den Bäumen (Kooser & Klassen 2013) verrät, wie die Geschichte ausgeht, es zeigt eine Variante der Illustration auf der letzten Doppelseite Inhalt Das Bilderbuch erzählt die Geschichte eines Hauses und seiner Bewohner, einem Vater mit seinen beiden Kindern, einem Sohn und einer Tochter. Erbaut wurde das kleine Haus auf einem freien Feld, das ehemals ein Waldstück war. Während der Vater unablässig damit beschäftigt ist, mit seinem manuell zu bedienenden Spindelmäher den Rasen rund um das Haus zu stutzen und zu pflegen, spielen die Kinder gerne unter den Bäumen des angrenzenden Waldstücks. Der Vater muss hart arbeiten, um wirklich alle Baumsprösslinge auszureißen, die jeden Sommer aus den unzähligen Samen sprießen, die der Wind vom Wald auf den Rasen herüberweht. <?page no="251"?> 251 5.4 Michael Staiger: Das Haus in den Bäumen (2013) Als die Kinder erwachsen sind, ziehen sie in die Stadt und der Vater bleibt zunächst allein im Haus zurück. Weil ihm die Gartenarbeit allmählich zu viel wird, verlässt er später selbst sein Haus und bietet es zum Verkauf an. Doch es findet sich kein Käufer und das Haus beginnt nach und nach zu verfallen, während gleichzeitig auf dem Rasen immer mehr Bäume sprießen und wachsen. Als der Vater sich eines Tages nicht mehr um das Haus kümmert und es endgültig sich selbst überlässt, wachsen am Rand des Fundaments einige Bäume, die sich gegen die Wände des Hauses drücken. Auf diese Weise verhindern sie, dass das abbruchreife Haus in sich zusammenfällt. Über die Jahre lösen die Bäume das Haus langsam aus seinem Fundament, sodass es schließlich „über der Erde schwebt wie ein Baumhaus, ein Haus in den Bäumen“ (Kooser & Klassen 2013: 30). Mikroanalyse: Textinterne Aspekte-- Handlung und Farbe Die Erzählung besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil (Kooser & Klassen 2013: 2-17) erzählt die Geschichte des Hauses, so lange es von Menschen bewohnt wird, im zweiten Teil (Kooser & Klassen 2013: 18-31) geht es darum, wie die Bäume das Grundstück und das verlassene Haus vereinnahmen. Dieser zweiteilige Aufbau erschließt sich nicht nur aus der histoire der Erzählung, sondern auch aus dem discours. So wird die Seitengestaltung des Erzählanfangs (Kooser & Klassen 2013: 2 f.) zu Beginn des zweiten Teils (Kooser & Klassen 2013: 18 f.) wiederaufgenommen (Abb. 5.15 und 5.16): Auf beiden Doppelseiten gibt es eine Einzelseite für den Bildtext und eine weiße Seite, die nur den Schrifttext enthält. Während der erste Teil mit dem Bildtext links (Kooser & Klassen 2013: 2) und dem Schrifttext rechts (Kooser & Klassen 2013: 3) eingeleitet wird, geschieht dies am Beginn des zweiten Teils genau umgekehrt (Schrifttext: S. 18; Bildtext: S. 19). <?page no="252"?> 252 5 Beispielanalysen Abb. 5.15 und 5.16: Komplementäre Seitengestaltung in der Eröffnung des ersten Teils (Kooser & Klassen 2013: 2 f.) und des zweiten Teils (Kooser & Klassen 2013: 18 f.) in Das Haus in den Bäumen Die Komplementarität in der Seitengestaltung wird durch die kontrastive Farb- und Lichtgestaltung dieser Eröffnungsseiten verstärkt: Am Anfang der Erzählung ist das neue, weiße Haus vor einem strahlend weißen Himmel und mit einem blassgrünen, frisch gepflanzten Rasen zu sehen (Abb. 5.15). Den zweiten Teil eröffnet hingegen ein Nacht-Bild: Vor einem dunklen, graubraunen Himmel steht das Haus mit zerbrochenen Fensterscheiben, teilweise fehlenden Dachschindeln und gräulicher Fassade, umgeben von dem nicht mehr gepflegten Rasen, auf dem jetzt mehrere junge Bäume hervorsprießen (Abb. 5.16). Von den Gartenmöbeln vor dem Haus ist ein einzelner Stuhl übrig geblieben und an das Auto <?page no="253"?> 253 5.4 Michael Staiger: Das Haus in den Bäumen (2013) der Familie erinnern nur noch die verblassenden Reifenspuren. Der Abschied der menschlichen Bewohner gibt den Lebensraum wieder frei für die Natur. Dem Kontrast der Eröffnungsseiten steht eine übergreifende Farb- und Lichtgestaltung in Bezug auf die gesamte Erzählung gegenüber, die auf eine Einheit der beiden Teile hinweist: So wird die Farbpalette des Bilderbuchs vom Beginn bis zum Ende dominiert von verschiedenen erdigen Brauntönen (Hausdach, Reifenspuren, Baumstämme, Baumsamen, Vaters Hut) und zarten (Oliv-)Grüntönen (Gras, Blätter), hinzu kommen Rostorange (Auto, Haustüre, Gartenmöbel, Rasenmäher, T-Shirt des Jungen) und wenige Blautöne (Himmel, Mütze und Hose des Jungen, Hemd des Vaters). Die Farbe des Himmels bildet ein zeitliches Kontinuum: Im ersten Teil der Erzählung wird er zunehmend orange-rosa (Beginn auf Kooser & Klassen 2013: 10 f., Ende auf Kooser & Klassen 2013: 16 f.), im zweiten Teil halten dunkle Grautöne Einzug. Die Helligkeit des Anfangs kehrt jedoch am Ende zurück, wenn das Haus in den Bäumen im Schlussbild (Kooser & Klassen 2013: 30 f.) vor einem zarten Rosa im Hintergrund erstrahlt. Die beiden Teile der Erzählung beschreiben somit eine Zirkularität: Den Erzählanfang begleitet das helle Morgenlicht, es folgt das langsam aufsteigende Abendrot, gefolgt von der Nacht und wiederum der hellen Morgenröte am Ende. Mikroanalyse: Textinterne Aspekte-- Figurenzeichnung und -konstellation Die Hauptfigur der erzählten Geschichte ist hier ausnahmsweise kein Mensch oder ein Tier, sondern ein Haus. Darüber hinaus erfolgt die Figurenzeichnung in dieser Erzählung nicht über eine sprachliche Charakterisierung (z. B. mithilfe einer Anthropomorphisierung), sondern über die bildliche Darstellung des Hauses (Form, Größe, Platzierung auf der Doppelseite): Das gesamte Bilderbuch enthält nur eine einzige Doppelseite, auf welcher das Haus nicht zu sehen ist (Kooser & Klassen 2013: 10 f.). Das Haus bildet zudem auf vielen Seiten das Zentrum der Bildkomposition, entweder steht es in der Mitte einer Einzelseite (Kooser & Klassen 2013: 2; 19; 31) bzw. Doppelseite (Kooser & Klassen 2013: 22 f.; 26 f.; 28 f.) oder es ist horizontal mittig und vertikal im goldenen Schnitt platziert (Kooser & Klassen 2013: 7; 9; 20) bzw. umgekehrt (Kooser & Klassen 2013: 5). Im zweiten Teil der Geschichte wird das Haus in vier aufeinander folgenden Doppelseiten im Anschnitt dargestellt und füllt hierbei fast den gesamten Bildraum dieser Doppelseiten aus (Kooser & Klassen 2013: 22 f.; 24 f.; 26 f.; 28 f.). Die Darstellung des Hauses ist geprägt durch Symmetrie und <?page no="254"?> 254 5 Beispielanalysen klare Formen (Rechtecke und Dreiecke), die Hausfassade erhält ihre Struktur aus parallelen geraden Linien (Abb. 5.15, 5.16, 5.17). Gegenspieler der Hauptfigur sind nicht die Menschen, sondern die Bäume. Wie das Haus sind diese durchgängig im Verlauf der Geschichte im Bild präsent, entweder komplett oder angeschnitten abgebildet oder als Zweige, Baumsprösslinge sowie fliegende Samen. Im Gegensatz zum Haus setzen sich die Bäume und die dazugehörigen Bildelemente aus unregelmäßigen, rundlichen Formen und ungeraden Linien zusammen (Abb. 5.17). Abb. 5.17: Kontrast der Darstellung der Bäume im Vordergrund und des Hauses im Hintergrund in Das Haus in den Bäumen (Kooser & Klassen 2013: 7) Auffällig ist, dass das Haus am Beginn der Erzählung meistens als Ganzes zu sehen ist (Kooser & Klassen 2013: 2; 5; 7; 9), während die Bäume zunächst nur im Anschnitt und am Bildrand dargestellt werden (Kooser & Klassen 2013: 4; 6 f.; 10). Später rücken die Bäume langsam ins Zentrum und verteilen sich im zweiten Teil der Erzählung über den gesamten Bildraum der Doppelseiten <?page no="255"?> 255 5.4 Michael Staiger: Das Haus in den Bäumen (2013) (Kooser & Klassen 2013: 22 f.; 24 f.; 26 f.; 28 f.). Das Haus wird im Fortgang der Geschichte hierzu komplementär immer mehr im Anschnitt gezeigt (Kooser & Klassen 2013: 13; 14; 22 f.; 24 f.; 26 f.; 28 f.). Auf diese Weise wird deutlich, wie die Bäume im Verlauf der Erzählung nach und nach an Bedeutung zunehmen. Die menschlichen Figuren spielen in der Erzählung insgesamt eine untergeordnete Rolle, sie sind Nebenfiguren: Im Vergleich zum Haus und zu den Bäumen sind alle Menschen entweder sehr klein und beinahe gesichtslos dargestellt (die Kinder in Kooser & Klassen 2013: 4; der Vater in Kooser & Klassen 2013: 7 f.) oder in der Rückenansicht (Kooser & Klassen 2013: 6; 11; 12; 15). Im zweiten Teil der Erzählung tauchen sogar überhaupt keine menschlichen Figuren mehr im Bild auf. Die Kinder und der Vater nehmen im Rahmen der Figurenkonstellation verschiedene Funktionen ein, da sich ihre Beziehung zu den Bäumen grundlegend unterscheidet: Die Kinder werden durchgehend entweder mit Blick- und Bewegungsrichtung zu den Bäumen bzw. zum Waldrand hin gezeigt (Kooser & Klassen 2013: 4; 11) oder sie bilden eine Einheit mit den Bäumen, wenn sie in ihrem Schatten liegen und dem Vater beim Rasenmähen zusehen (Kooser & Klassen 2013: 6). Als sie sich im Erwachsenenalter an ihre Kindheit zurückerinnern, sind nur die Beine eines Mannes und einer Frau auf dem Bild zu sehen, die junge Frau hält jedoch ein einzelnes Blatt in ihrer Hand und demonstriert auf diese Weise ihre Verbundenheit mit den Bäumen (Kooser & Klassen 2013: 11). Die Blicke und Bewegungen des Vaters sind im Gegensatz zu den Kindern fast immer zur Straße hin ausgerichtet (Kooser & Klassen 2013: 7; 8; 15), also weg vom Wald und von den Bäumen. Somit stehen die Kinder in der Figurenkonstellation eindeutig den Bäumen näher als dem Haus, während es sich beim Vater umgekehrt verhält. Ob in der Stadt tatsächlich ein Zusammenleben der menschlichen Familie-- wie vom Vater erhofft- - stattfindet, lässt der Erzählschluss offen. Dass Haus und Bäume am Ende eine Symbiose bilden, wird hingegen eindrucksvoll im Schlussbild präsentiert (Kooser & Klassen 2013: 30 f.). Mikroanalyse: Textinterne Aspekte-- Erzählsituation und Fokalisierung Die Erzählinstanz des Schrifttextes nimmt keine eindeutig identifizierbare Perspektive ein und kann deshalb als nullfokalisiert bezeichnet werden. Es findet sich in der schriftlichen Erzählung weder eine Innensicht in die Figuren in Form der Darstellung ihrer Gedanken und Gefühle noch eine direkte bzw. indi- <?page no="256"?> 256 5 Beispielanalysen Abb. 5.18: Der Kampf des Vaters gegen die Baumsamen in Das Haus in den Bäumen, dargestellt im „God’s eye view“ (Kooser & Klassen 2013: 8 f.) <?page no="257"?> 257 5.4 Michael Staiger: Das Haus in den Bäumen (2013) rekte Wiedergabe von Figurenrede. Der Erzähler begnügt sich vielmehr mit der Beschreibung der aufeinander folgenden Ereignisse. An wenigen Stellen finden sich Erzählerkommentare, z. B. zum Kampf des Vaters gegen die Baumsamen: „Bäume lassen sich aber nicht so leicht entmutigen, und so schickten sie jeden Sommer mehr Samen Richtung Rasen“ (Kooser & Klassen 2013: 8). Im letzten Absatz des Schrifttextes spricht der Erzähler schließlich direkt seine Leser an: „[…] [V]ielleicht fahrt ihr heute oder morgen vorbei an dem Haus- […]“ (Kooser & Klassen 2013: 30). Betrachtet man den Bildtext im Hinblick auf die Erzählperspektive, dann dominiert hier ein Blick von außen, der aus keinem neutralen Blickwinkel heraus erfolgt, sondern ebenfalls einer Perspektive der Übersicht bzw. Nullfokalisierung zuzuordnen ist. Das lässt sich insbesondere an dem wechselnden Betrachterstandpunkt zeigen: Stellt die Eröffnungsseite (Kooser & Klassen 2013: 2) das Haus und das Grundstück noch ohne die angrenzenden Waldränder dar, so rücken diese auf der folgenden Doppelseite (Kooser & Klassen 2013: 4 f.) links im Vordergrund und rechts im Hintergrund ins Bild. Die nächste Doppelseite (Kooser & Klassen 2013: 6 f.) erscheint wie eine Fotografie, die aus dem Wald heraus durch die Bäume hindurch aufgenommen wurde. Die extreme Aufsicht auf den Rasen und das Haus auf der folgenden Doppelseite (Kooser & Klassen 2013: 8 f.; Abb. 5.18), entspricht beinahe einem filmischen „God’s eye view“ (Wulff 2012), also einer 90-Grad-Aufsicht und somit in besonderem Maße einer Nullfokalisierung. Einer filmischen bzw. fotografischen Ästhetik folgen zudem die Doppelseiten mit angeschnitten dargestellten Figuren (die Kinder in Kooser & Klassen 2013: 11; der Vater in Kooser & Klassen 2013: 12; das Haus in Kooser & Klassen 2013: 13 f.; 22-29) oder die Doppelseiten mit einem Betrachterstandpunkt aus der Untersicht (Kooser & Klassen 2013: 12 f.; 30 f.). Auffällig ist nicht zuletzt, dass das Haus im gesamten Bilderbuch ausschließlich von außen gezeigt und somit im Bildtext- - wie im Schrifttext- - keine Innensicht in die Hauptfigur der Geschichte präsentiert wird. Mikroanalyse: Textexterne Aspekte-- Paratextuelle Rahmungen Eine erste Rahmung der Erzählung bildet der Buchumschlag: Der Buchtitel Das Haus in den Bäumen und die Coverillustration nehmen das Ende der Erzählung bereits vorweg. Damit wird deutlich, dass die Erzähldramaturgie nicht auf den Aufbau einer Finalspannung ausgerichtet ist. Einen zweiten Rahmen bilden die von links nach rechts fliegenden Baumsamen (ein freigestelltes Element <?page no="258"?> 258 5 Beispielanalysen aus Kooser & Klassen 2013: 12 f.), die auf den Vorsatzpapieren vorne und hinten im Buch in Grüntönen abgebildet sind. Durch die horizontal gespiegelte Darstellung am Beginn und Ende des Bilderbuchs entsteht der Eindruck, die Samen würden förmlich durch das gesamte Buch ‚geweht‘. Abb. 5.19: Der Epilog des Bilderbuchs zeigt Baum und Rasenmäher in friedlicher Koexistenz (Kooser & Klassen 2013: 32) Eine dritte Rahmung erfolgt durch den kleinen Baumsprössling, der auf der Titelseite (Kooser & Klassen 2013: 1) abgebildet ist und dem ein größerer, im Anschnitt dargestellter Baum auf der letzten Seite (Abb. 5.19) im Epilog gegenübergestellt wird. Sieht man darin denselben Baum, dann wird die verhältnismäßig große Spanne der erzählten Zeit-- vermutlich mehrere Jahrzehnte-- deutlich. Der Spindelrasenmäher, der offenbar vom Vater am Haus zurückgelassen wurde und jetzt ungenutzt am Baum lehnt, veranschaulicht zudem, dass sich letztlich die Natur gegen den Mensch durchgesetzt hat. <?page no="259"?> 259 5.4 Michael Staiger: Das Haus in den Bäumen (2013) Fazit In Rezensionen zu Das Haus in den Bäumen (Barthelmess 2012; Lorch 2013; Planka 2014; Schwab 2013; Tabbert 2013) wird immer wieder auf das langsame Erzähltempo, den fast altmodischen Sprachstil sowie die unspektakuläre, undramatische Darstellung der hier erzählten ‚unerhörten Begebenheit‘ hingewiesen, aber auch auf die gelungene Kombination von Bild- und Schrifttext in diesem Bilderbuch. Da die Erzählung sich nicht vornehmlich mit der Psychologie ihrer Figuren befasst, sondern überindividuelle Themen in den Mittelpunkt stellt, wie den (Kreis-)Lauf der Zeit, die Vergänglichkeit und den Wandel, kann sie als „Parabel über den Kampf zwischen Natur und Zivilisation“ (Schwab 2013) oder als „bildgewordene Ökolyrik“ (Tabbert 2013) gelesen werden. Die Ergebnisse der Bilderbuchanalyse im Rahmen dieses Beitrags können solche Interpretationsansätze stützen: Die nullfokalisierte Perspektive und der dramatische Erzählmodus sind Ausdruck einer distanzierten Erzählweise. Die Form der bildlichen Darstellung des Hauses und seiner Metamorphose sowie die sich verändernde Farbgestaltung legen darüber hinaus eine metaphorische Lesart der Geschichte nahe. Autor Dr. Michael Staiger ist seit 2017 Universitätsprofessor für Neuere deutsche Literatur und ihre Didaktik am Institut für Deutsche Sprache und Literatur II der Universität zu Köln. <?page no="261"?> 261 6 Glossar 6 Glossar Die Begriffserklärungen greifen-- wenn sie nicht direkt den einzelnen Kapiteln entnommen wurden-- auf die Lexika Metzler Lexikon Literatur, Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie, die Glossare aus Einführung in die Erzähltheorie (Martínez & Scheffel 2009) und Intermedialität (Rajewsky 2002) sowie das Fachlexikon auf KinderundJugendmedien.de zurück. Texte, die auf anderen Quellen basieren, sind gesondert gekennzeichnet. ABC -Buch: Ein Sammelbegriff für nach dem Alphabet geordnete, elementare Buchstabier- und Leselern-, Lehr- und Unterhaltungsbücher für Leseanfänger. Abecedarium: Ein Abecedarium ist ein nach dem Alphabet strukturierter Text, welcher durch seine Gestaltung das Erinnern der Inhalte erleichtert. Abstrakte Darstellung: Merkmale abstrakter Darstellungen sind- - im Gegensatz zu → -naturalistischen Darstellungen-- verschobene, unklare Proportionen und Räumlichkeiten sowie sich auflösende Konturen. Adaption: Bearbeitung eines → - Textes für ein anderes → - Medium, dabei werden in der Regel wesentliche Handlungselemente bewahrt. Der Begriff bezeichnet sowohl den Vorgang als auch das Ergebnis. Wird er auf Letzteres angewandt, wird die Bezeichnung des Zielmediums zum Erstglied des Begriffskompositums: Entsprechend bezeichnet eine Bilderbuchadaption eine Adaption für das Medium Bilderbuch. Akkommodation: Dieser Begriff beschreibt eine Anpassung bzw. Modifikation, die-- z. B. von einem Autor-- auf (erwachsenen-)literarische Werke angewendet wird, mit dem Ziel, Kind- und Jugendgemäßheit herzustellen. „Als Merkmalsbezeichnung meint Akkommodation die Kind- und Jugendgemäßheit einer kinder- und jugendliterarischen Botschaft, die aus einer Abweichung von den erwachsenliterarischen Gepflogenheiten hervorgegangen ist“ (Ewers 2012: 171). Aktant: → -Figur All-Age-Literatur: Mit diesem Begriff werden seit Ende der 1990er Jahre Werke bezeichnet, welche die Grenzen zwischen Kinder- und Allgemeinliteratur überschreiten. All-Age-Literatur richtet sich sowohl an Kinder und Jugendliche als auch an Erwachsene und ist für diese verschiedenen Lesergruppen attraktiv. Allegorie: → - Trope, die in engem Verhältnis zur → - Metapher steht und mitunter als „ausgedehnte Metapher“ bezeichnet wird. Sie unterscheidet sich von dieser jedoch <?page no="262"?> 262 6 Glossar durch das Vorhandensein mehrerer Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Gesagtem und Gemeinten und betrifft demzufolge komplexe Sachverhalte und Gedanken. Anachronie: Umstellung der chronologischen Ereignisfolge ( → - Zeit) auf Ebene des → - discours gegenüber derjenigen der → - histoire, entweder als → - Analepse oder → -Prolepse. Analepse: Rückwendung als Form einer anachronischen Anordnung ( → -Zeit). Nachträgliche Darstellung eines Ereignisses, das zu einem früheren Zeitpunkt stattgefunden hat als dem, den die → -Haupthandlung gerade erreicht hat. App: → -Bilderbuch-App Auflösung: Im → -Handlungsschema einer → - Erzählung beschreibt die Auflösung die Lösung des → -Konflikts; sie wird zumeist am Ende der Geschichte präsentiert. Aufsicht: Begriff zur Kameraposition aus der Filmwissenschaft, der auch für die Bildtextanalyse zur Beschreibung der Perspektivierung genutzt wird. Befindet sich die Kamera oberhalb der Augenlinie einer abgebildeten → -Figur, spricht man von einer Aufsicht. Neben der Aufsicht werden weiter die Positionen Untersicht und Normalsicht unterschieden. Auktoriale Erzählsituation: Bei der auktorialen Erzählsituation tritt die Erzählinstanz als eigenständige und durch Kommentare deutlich erkennbare Gestalt auf, der sowohl → -räumlich, → -zeitlich als auch logisch keine Grenzen gesetzt sind. Barsortiment: Unternehmen des Zwischenbuchhandels, das auf eigene Rechnung Bücher einkauft und an den Buchhandel weiterverkauft. Barsortimente erhalten von den Verlagen einen Grosso-Rabatt und beliefern dann vertraglich an sie gebundene Buch(einzel)händler auf eigene Rechnung und in eigenem Namen. Basistext: Der Basis- oder → -Haupttext meint den → -Text der eigentlichen → -Erzählung. Der Begriff konstituiert sich in Abhängigkeit zum → -Nebenbzw. → -Paratext. Bilderbuch-App: Das Wort App ist ein Kurzwort für den englischen Begriff application software. Mit diesem Begriff werden Computerprogramme bezeichnet, die eine nicht vom System bereitgestellte Funktionalität bieten. Bilderbuch-Apps sind keine → - eBooks, sondern Computerprogramme; sie benötigen weder Reader noch Lesesoftware. Bilderbuch-Apps folgen als digitale Bild-Text-Erzählungen grundsätzlich dem Konzept analoger Bilderbücher. Bilderbuchfilm: → -Adaption eines Bilderbuchs für das → -Medium Film. Bilderbuchfilme richten sich vornehmlich an Kinder im Vorschul- und / oder frühen Grundschulalter. <?page no="263"?> 263 6 Glossar Bildtext: → -Text Bild-Text-Interdependenzen: Das Bilderbuch definiert sich aus seinem Verhältnis von → - Bild- und → - Schrifttext; diese verschiedenen Möglichkeiten, die Kombinationen dieses Verhältnisses, werden als Bild-Text-Interdependenzen bezeichnet und typologisiert. Unterschieden werden können z. B. die → - Parallelität oder die → - kontrapunktische Beziehung von Bild und Text sowie der → -geflochtene Zopf. Meist wird in Bilderbüchern durch mehrere dieser Interdependenzen erzählt; auch Mischformen kommen vor. Binnenerzählung: Eine Binnenerzählung ist eine in eine → -Rahmenerzählung (primäres Erzählen) eingebettete → - Erzählung (sekundäres Erzählen). Innerhalb dieser kann wiederum eine Binnenerzählung (tertiäres Erzählen) vorkommen usw. Closure: Der aus der Comicforschung stammende Begriff beschreibt das Füllen von → -Leerstellen durch den Rezipienten, wodurch dieser verstehen kann, was zwischen zwei → - Panels bzw. Einzelbildern passiert. McCloud beschreibt diesen Vorgang als „observing the parts but perceiving the whole“ (McCloud 1993: 63). Comic(strip): Comics entstanden als ursprünglich rein humoristische Zeitungsstrips mit kleinen Geschichten und überschaubarem → -Figurenpersonal um die Wende zum 20. Jahrhundert in der nordamerikanischen Presse (Dittmar 2011: 21). Zu den spezifischen Merkmalen des Comic(strips) zählen das → -Layout als Arrangement der im Format aufeinander abgestimmten → -Panels, die Bewegungslinien, die Sprech- und Denkblasen, über welche der → -Schrifttext transportiert wird, und der Blocktext oder -kommentar; ein Textkasten, über den weitere Informationen gegeben werden und der zusätzliche Bezüge auf nicht dargestellte (oder auch nicht darstellbare) Themen und Konzepte öffnet (Dittmar 2011: 110). Crossover-Literatur: → -All-Age-Literatur Dauer: Parameter der → -Zeit. Beschreibt das quantitative Verhältnis von → -Erzählzeit und → -erzählter Zeit. Die fünf Grundformen sind hier Szene oder → -Sekundenstil, → -Zeitraffung, → -Zeitdehnung, Ellipse und Pause. Diachronie: Bezeichnet die zeitliche Abfolge von Ereignissen oder Zuständen in einem System ( → -Zeit). Bei einer diachronen Analyse geht es um die historische Entwicklung eines Phänomens, wie z. B. einer literarischen → -Gattung. Digitales Bilderbuch: Digitale Bilderbücher lassen sich in verschiedene Kategorien unterteilen: → -eBooks, → -enhanced eBooks und → -Bilderbuch-Apps. <?page no="264"?> 264 6 Glossar Discours: Bezeichnet die Zeichenfolge eines narrativen → - Textes. Im Gegensatz zur → -histoire wird auf der Ebene des discours das Wie untersucht, die Art und Weise der Darstellung dessen, was sich ereignet. Distribution: Unter diesem Begriff werden alle Vorkehrungen zusammengefasst, die getroffen werden, damit Bilderbücher ihre Adressaten bzw. Käufer erreichen. Hierzu gehören Verteilungswege, Verkaufsverfahren und Auslieferungsformen. Doppelsinnigkeit: Die Möglichkeit, dass ein und derselbe → - Text von Kindern bzw. Jugendlichen und Erwachsenen mit jeweils einem anderen Sinn gelesen werden kann. Dramatik: Eine der drei → -Großgattungen der Literatur. Dramatische Texte zeichnen sich durch ihre Ausrichtung auf die szenische Aufführung aus; sie sind damit nicht nur über die Lektüre rezipierbar und richten sich sowohl an Lesende und Zuhörende als auch an Zuschauende. Diese zweifache Ausrichtung lässt sich auch auf struktureller Ebene festhalten, da sich der dramatische Text aus zwei Textsorten zusammensetzt: Der fiktiven und direkten Rede in Form von Soliloquien, Monologen und Dialogen stehen nichtnarrative Textpassagen wie Markierungen von Sprecherwechseln, Regie- und Sprecherhinweise usw. gegenüber, welche die fiktiven Redeteile rahmen und strukturieren. Early Literacy: Die → -Literacy-Konzepte und -kenntnisse, die Kinder in der Vorschulzeit erwerben, werden als Early Literacy oder zuweilen auch als Emergent Literacy bezeichnet. eBook: Kurzwort für den englischen Begriff electronic book. Es steht für ein Buch in digitaler Form, das auf Readern, mobilen Lesegeräten oder mit spezieller Software auf Personal Computern, Tablet-Computern oder Smartphones gelesen werden kann. Einstellungsgröße: Die Einstellungsgröße beschreibt das Verhältnis einer sich im dargestellten Raum befindenden → - Figur oder eines Objekts zu ihrer bzw. seiner Umgebung. In der Filmwissenschaft werden verschiedene Einstellungsgrößen unterschieden: Supertotale oder Panorama- - Totale- - Halbtotale- - Amerikanische Einstellung-- Halbnahe Einstellung-- Nahe Einstellung-- Großaufnahme-- Detailaufnahme. Bei der Supertotalen ist die Distanz des fokussierten Objekts zum Kameraobjektiv am größten, bei der Detailaufnahme am geringsten. Einzelbild: → -Modi des visuellen Erzählens Einzelreferenz: Bezugnahme eines medialen Produkts ( → - Objektmedium) auf ein einzelnes mediales Produkt ( → - Referenzmedium), also z. B. die Bezugnahme eines → - Textes auf einen bestimmten Film oder ein Musikstück. Werden dabei Mediengrenzen überschritten, spricht man von einer intermedialen Einzelreferenz (Form des <?page no="265"?> 265 6 Glossar → -intermedialen Bezugs), ist dies nicht der Fall, hat man es mit einer intramedialen Einzelreferenz zu tun ( → -Intratextualität). Bei Text-Text-Bezügen spricht man jedoch von Einzeltextreferenzen oder von intertextuellen Bezugnahmen ( → -Intertextualität). Elektronische Erweiterungen: Das analoge Bilderbuch kann durch elektronische Module erweitert werden. Beispiele hierfür sind digitale elektronische Erweiterungen wie tiptoi, SuperBuch oder LeYo! , welche zugleich → - Remediationen analoger Erweiterungen von → - Spielbzw. Beschäftigungsbilderbüchern darstellen. Der tiptoi ist, wie ähnliche Produkte mit den Namen Toystick oder Ting, ein Lesestift. Tippt der Leser mit der Stiftspitze auf ausgezeichnete Stellen im Bilderbuch, werden über 2D-Barcodes Audiodateien abgespielt. Die Rolle des Lesestifts nehmen bei LeYo! das Smartphone oder der Tablet-Computer ein; mit Hilfe einer auf den Geräten installierten Software, der LeYo! -App, können Kinder Bilderbuchinhalte akustisch, visuell und spielerisch erschließen. Eltern-Kind-Dyade: Der Begriff der Dyade (auch: dyadische Beziehung) beschreibt eine intensive soziale Zweierbeziehung, wie sie z. B. zwischen einem Elternteil und einem Kind besteht. Enhanced eBook: Diese Form des → -digitalen Bilderbuchs stellt eine Weiterentwicklung des → -eBooks dar. Im Gegensatz zu diesem integriert es multimediale Inhalte. Es verfügt über die fakultative Möglichkeit, den → -Schrifttext vorlesen zu lassen, Videos abzuspielen und begrenzt interaktive Elemente einzubinden. Epik: Eine der drei → -Großgattungen der Literatur. Der Begriff umfasst alle Texte der erzählenden Literatur und beschränkt sich damit nicht nur auf die zwei Großformen Epos und Roman. Kennzeichnend für die Epik ist eine bestimmte narrative Grundhaltung, die sich als eine vermittelte Kommunikationssituation zwischen Autor, → -Erzähler, → -Figuren und Rezipierendem beschreiben lässt. Episode: Ein Handlungsstrang, der nur punktuell in eine → -Erzählung eingebettet ist und nicht wieder aufgenommen wird ( → -Nebenhandlung). Epitext: Epitexte sind eine Form des → - Paratextes. Sie können in einem erweiterten Sinne als textbegleitend gedacht werden. Beispiele für Epitexte sind Äußerungen eines Autors zu seinem Werk, Interviews aber auch Plakate oder Buchtrailer. Epoche: Im Gegensatz zur → -Periode beschreibt die Großkategorie der Epoche Makrostrukturen innerhalb der Literaturgeschichte. Differenziert werden Frühe Neuzeit (ca. 1450 bis ca. 1600 / 1624), Barock (ca. 1600 / 1624 bis ca. 1720 / 1730), Aufklärung (ca. 1720 / 1730 bis ca. 1800), 19. Jahrhundert (1800 bis 1900) und Moderne (1900 bis Gegenwart) (Luserke-Jaqui 2007: 82). <?page no="266"?> 266 6 Glossar Erinnerungsbild: Besondere Formen des visuellen Erzählens, eine oder mehrere im → -Bildtext konzentrierte → -Analepse(n). Erlebte Rede: Form der Präsentation von Worten oder Gedanken in Erzähltexten. Die Erzählinstanz gibt die Gehalte eines Figurenbewusstseins oder einer Figurenrede in der Sicht- und Ausdrucksweise der → -Figur wieder. Diese Wiedergabe erfolgt ohne verba dicendi (Verben des Sagen und Denkens). Im Unterschied zur direkten Rede oder zum → -inneren Monolog bleiben der → -Erzähler als Sprechinstanz sowie die für das erzählen typischen Formen der Syntax und des Tempus erhalten. Erwachsener Mitleser: Mitleser lesen kinder- und jugendliterarische Werke in dem Bewusstsein, nicht deren eigentliche Leser zu sein. Mitleser fungieren als Vermittler, als Weiterleitende, als Filternde und als Vorleser (Ewers 2012: 57). Erzählbilderbuch: Im Unterschied zum → -Sachbilderbuch handelt es sich hierbei um ein → -fiktionales Bilderbuch. Das Erzählbilderbuch kann nach der Erzählform seiner Bildgeschichte in → -realistische und → -fantastische Bilderbücher klassifiziert werden. Erzählebene: Verschiedene Erzählebenen können dann differenziert werden, wenn eine → -Rahmen- und eine oder mehrere → -Binnenerzählung(en) vorhanden sind. Erzählender Raum: Erzählende Räume übernehmen auf Ebene des → -discours Erzählfunktionen; sie können z. B. zur Charakterisierung einer → -Figur beitragen oder eine → -symbolische Bedeutung haben. Erzähler: Der Erzähler ist in der Narratologie eine personifizierende Bezeichnung für diejenige Instanz in narrativen → - Texten, die als Quelle der → - Erzählung gedacht wird. Während der Autor einen Text real hervorbringt, gilt der Erzähler als fiktive Redeinstanz, die zum narrativen Text gehört. Erzählraum: Der Erzählraum bezeichnet denjenigen Ort, an dem sich der → -Erzähler aufhält und von dem aus er spricht (Dennerlein 2009: 127). Erzählsituation: Vermittlungsform des Erzählens. Unterschieden werden nach Franz K. Stanzel die → -auktoriale, die → -personale sowie die → -Ich-Erzählsituation. Erzählter Raum: Erzählte Räume bezeichnen als Kategorie der → - histoire die Räume der Diegese; sie weisen eine Unterscheidung von innen nach außen auf und können „nach den Regeln der erzählten Welt zur Umgebung mindestens einer → - Figur werden“ (Dennerlein 2011: 158). Erzählte Zeit: Zeit der → -histoire. <?page no="267"?> 267 6 Glossar Erzählung: In einer Erzählung bzw. einem narrativen → -Text wird ein Zustand-A durch die → -Handlung(en) einer oder mehrerer → -Figur(en) zu einem Zustand-B verändert. Dies setzt einen → -Schauplatz und eine Zeitdauer ( → -Dauer) voraus (Vogt 2008: 117). Erzählzeit: Zeit des → -discours. Exposition: Der Begriff stammt ursprünglich aus der Dramentheorie und beschreibt die Vermittlung von Wissen über die vergangenen und gegenwärtigen Voraussetzungen der dargestellten Situation zu Beginn eines Dramas. Auch im Bilderbuch stellt die Exposition den Anfang einer → - Erzählung dar und führt in die Ausgangssituation des kommenden Geschehens ein (z. B. in → -Figuren, → -Konflikte, → -Schauplätze und → -Zeit). Externe Fokalisierung: Anders als bei der → -internen Fokalisierung ist bei der externen Fokalisierung die Wahrnehmungsinstanz nicht an eine → - Figur gebunden, scheint aber von einem Punkt innerhalb der erzählten Welt auszugehen. Der → -Erzähler weiß bzw. sagt weniger, als die Figur weiß (Außensicht). Faktualität: Faktuale → -Texte haben einen Wirklichkeitsbezug und besitzen den Anspruch, an der außersprachlichen Wirklichkeit überprüfbar zu sein. Faktur: Im Gegensatz zur → -Textur werden als Faktur maltechnisch bedingte Arbeitsspuren bezeichnet. Fantastisches Erzählen: Fantastisch erzählende Bilderbücher unterscheiden sich von → -realistisch erzählenden Bilderbüchern insofern als ihre → -Handlungen in fiktiven Welten spielen, in denen Naturgesetze verletzt werden (Durst 2010: 29). Diese maximalistische Definition hat Nikolajeva um weitere Merkmale ergänzt: „[T]he presence of magic, that is, magical beings or events, in an otherwise realistic world, the sense of the inexplicable, of wonder“ (1988: 12). Das wesentliche Charakteristikum fantastischer Kinder- und Jugendliteratur ist nach Nikolajeva jedoch das Vorhandensein von → -zwei Welten, einer realistischen Primärwelt und einer fantastischen Sekundärwelt. Fantastisches Schwellenmotiv: Ein Artefakt, das als Schleuse zwischen Primär- und Sekundärwelt ( → -Zwei-Welten-Modell) fungiert. Schwellenmotive können in materielle Schwellenmotive (z. B. Zauberbuch, Höhlen, Bilder, Spiegel, magische Ringe oder fliegende Pferde) und immaterielle Schwellenmotive (wie Träume, Zeitsprünge oder Tod) differenziert werden. Figur: In → -fiktionalen → -Texten dargestellte Gestalt, die über ein Innenleben und die Fähigkeit zu mentalen Prozessen verfügt (Eder 2008: 708). Figuren lassen sich in menschliche Figuren und nicht-menschliche Figuren (Tiere, übernatürliche Wesen, <?page no="268"?> 268 6 Glossar Objekte, abstrakte Entitäten) differenzieren (Nikolajeva 2002). Figuren sind für einen narrativen Text unverzichtbar: Sie verändern als Träger der → -Handlung durch Aktion(en) einen Zustand- A zu einem Zustand B. Als Figurenkonzeption gehören die Handlungsträger zur Ebene der → - histoire eines Textes und werden nach ihrer quantitativen und qualitativen Dominanz nach Haupt- und Neben- oder Randfiguren differenziert. Auf Ebene des → - discours können Figuren nach der Komplexität der ihnen zugeschriebenen Merkmale in typisierte und individualisierte Figuren unterschieden werden (Figurencharakterisierung oder -zeichnung). Die Figurenkonstellation beschreibt das Beziehungsgeflecht, in dem Figuren zueinander stehen. Figurencharakterisierung oder -zeichnung: → -Figur Figurenkonstellation: → -Figur Figurenkonzeption: → -Figur Fiktionalität: Als fiktional werden → - Texte bezeichnet, die keinen Anspruch darauf erheben, an der außersprachlichen Wirklichkeit überprüfbar zu sein. Fokalisierung: In → -fiktionalen → -Texten kann sich die Wahrnehmungsperspektive von der Sprecherperspektive unterscheiden. Die Fokalisierung beschreibt die Instanz, die das Erzählte wahrnimmt-- also sieht, hört, riecht, schmeckt, spürt, fühlt oder denkt. Drei Formen der Fokalisierung werden unterschieden: → -Nullfokalisierung, → -interne und → -externe Fokalisierung. Frequenz: Parameter der → -Zeit, mit dem nach der Wiederholungshäufigkeit von Ereignissen gefragt wird. Unterschieden werden singulative (einmal erzählen, was sich einmal ereignet hat), repetitive (wiederholt erzählen, was sich einmal ereignet hat) und iterative (einmal erzählen, was sich wiederholt ereignet hat) → -Erzählungen. Frühe-Konzepte-Bücher: Bilderbücher für Kinder ab einem Alter von 10 Monaten. Frühe-Konzepte-Bücher enthalten Bilder von Gegenständen aus dem kindlichen Erfahrungsbereich und verzichten auf → -Schrifttext (ausgenommen die Bezeichnung des Dargestellten). Der Zweck dieser Bilderbücher besteht darin, Kinder beim Erwerb erster Konzepte zu unterstützen. Die Rezeptionssituation ist keine typische Vorlese-, sondern eine Betrachtungs- und Benennungssituation. Gatekeeper: Alle erwachsenen Leser und Käufer, die im Prozess der Produktion, Distribution und Rezeption an der Auswahl von Büchern für kindliche Leser beteiligt sind. Dies können Autor, Lektor, Verleger, Buchhändler, Bibliothekar, Kritiker, Journalist, Eltern, andere Verwandte, Erzieher oder Lehrer sein. Gatekeeper verantworten den gesamten literarischen Prozess, vom ersten kreativen Impuls der Schriftsteller bis hin zur Kaufentscheidung in der Buchhandlung. <?page no="269"?> 269 6 Glossar Gattung: Theoretischer Begriff für Textgruppenbildungen. Als literarische Gattungen werden in den Literaturwissenschaften historische Textgruppen wie z. B. Roman, Lied oder Tragödie bezeichnet, diese können weiter in Untergruppen (beispielsweise Briefroman, Ode, Tragikomödie) differenziert werden. Gattungen werden dabei je nach Erkenntnisinteresse und theoretischen Prämissen nach vollkommen heterogenen Kriterien voneinander unterscheiden, etwa nach Form, Inhalt, Funktion, Kommunikationssituation, Distribution oder nach Art und Grad der Fiktionalisierung ( → -Fiktionalität). Wenngleich das Bilderbuch immer wieder auch als eigenständige literarische Gattung beschrieben wurde und wird, stellt es jedoch keine solche dar. Geflochtener Zopf: Der geflochtene Zopf stellt eine → -Bild-Text-Interdependenz dar, bei der → -Bild- und → -Schrifttext ineinander greifen und abwechselnd das Erzählen übernehmen (Thiele 2011: 225). Genre: Gruppe von → - Texten mit ähnlichen Eigenschaften. Der Begriff wird sowohl synonym zu → -Gattung als auch zur Unterscheidung von Textformen innerhalb einer Gattung verwendet. Ähnlich dem Begriff der Gattung wird derjenige des Genres in der Bilderbuchforschung unsystematisch verwendet; so wird das Bilderbuch in verschiedenen Publikationen als Genre der Kinder- und Jugendliteratur genannt, in anderen Veröffentlichungen werden hingegen die unterschiedlichen Erscheinungsformen und -formate als Genre bezeichnet. Goldener Schnitt: Mit dem goldenen Schnitt wird ein bestimmtes Teilungsverhältnis beschrieben, das sich häufig in der Natur findet und z. B. in der Mathematik, Kunst oder Architektur von Bedeutung ist. Bei diesem Teilungsverhältnis entspricht das Verhältnis des Ganzen (a + b) zu seinem größeren Teil a dem Verhältnis des größeren zum kleineren Teil b: (a + b)/ a-= a/ b (etwa 61,8 % zu 38,3 %). Graphic Novel: Als „[m]ehr oder minder lange, erzählerisch ambitionierte Comic- Publikationen“ (Dolle-Weinkauff 2011: 327) werden seit 1978 als Graphic Novels bezeichnet. Graphic Novels werden häufig als anspruchsvolle → -Comics für erwachsene Rezipienten verstanden, wenngleich sich in Deutschland durchaus ansehnliche Ausläufer für Kinder und Jugendliche entwickelten und entwickeln. Großgattung: Der Begriff rekurriert auf das von Johann Wolfgang von Goethe als „Naturformen der Dichtung“ benanntes, übergreifendes Ordnungsprinzip, welches → -Epik, → -Lyrik und → -Dramatik unterscheidet. Handlung: Mit dem Begriff der Handlung wird neben der Aktion einer → -Figur auch die Gesamtheit dessen beschrieben, was sich in einer → -Erzählung ereignet. <?page no="270"?> 270 6 Glossar Handlungsschema: Ein aus der → -Handlung einer → -Erzählung abstrahierter dramaturgischer Verlauf, welcher durch → -Exposition, → -Konflikt(e) und Konfrontation(en), → -Wendepunkt(e) und → -Lösung(en) strukturiert sein kann. Hardcover: Im Gegensatz zum → -Softcover bezeichnet der Begriff Hardcover ein Bilderbuch mit einem festen Einband. Haupthandlung: Sind → -Handlungen einer → -Erzählung → -mehrsträngig organisiert, wird eine Unterscheidung von Haupt- und → -Nebenhandlung relevant. Erstere ist der Nebenhandlung in ihrer quantitativen und qualitativen Bedeutung für die Erzählung übergeordnet. Haupttext: → -Basistext Histoire: Geschichte oder Ereignisfolge eines narrativen → -Textes. Im Gegensatz zum → -discours wird auf der Ebene der histoire das Was einer → -Erzählung untersucht. Hypotaxe: Stilprinzip, das im Gegensatz zur → -Parataxe als syntaktisch-hierarchische Unterordnung von Satzgliedern verstanden wird. Ich-Erzählsituation: Berichtende Darstellung durch eine → -Figur der erzählten Welt. Der → - Erzähler gehört somit zur Welt der Romancharaktere, erlebt selbst das Geschehen oder erfährt es unmittelbar von anderen Figuren. „Ich“ bezieht sich bei dieser Erzählsituation gleichzeitig auf einen Erzähler (erzählendes Ich) und auf eine handelnde Figur (erlebendes Ich), die unmittelbar am Geschehen beteiligt ist. Impliziter Leser: Einer dem Text eingeschriebene Leserolle, die vom Illustrator bzw. Autor beim Verfassen von → -Bild- und → -Schrifttext mitgedacht und miteinbezogen wird. Da besonders für die Bilderbuchrezeption → -erwachsene Mitleser eine wichtige Rolle spielen, kann analog auch von einem impliziten Mitleser gesprochen werden. Imprint: Im Verlagswesen ist ein Imprint eine Wortmarke, die im Buchhandel wie ein Verlag gehandhabt wird. Große Verlage setzen Imprints ein, um ihr Verlagsprogramm in mehrere Segmente aufzuteilen. Innerer Monolog: Erzählerische Gedankenwiedergabe in der 1. oder 2. Pers. Präs. Indikativ ohne Einleitung durch verba dicendi (Verben des Sagen und Denkens). Wiedergegeben werden Inhalte des Figurenbewusstseins bzw. -unbewusstseins ( → -Figur). Interdependenzen von Bild und Text: → -Bild-Text-Interdependenzen Intermediale Bezüge: Subkategorie der → -Intermedialität. Unterschieden werden die → -Einzelreferenz und die → -Systemreferenz. <?page no="271"?> 271 6 Glossar Intermedialität: Die Intermedialitätsforschung beschäftigt sich mit Mediengrenzen überschreitenden Phänomenen, die mindestens zwei verschiedene → -Medien involvieren. Irina O. Rajewsky unterscheidet drei Phänomenbereiche des Intermedialen: → -Medienkombination, → -Medienwechsel und → -intermediale Bezüge. Interne Fokalisierung: Die Wahrnehmungsinstanz ist an eine → -Figur gebunden. Der → -Erzähler weiß bzw. sagt somit nicht mehr, als die Figur weiß (Mitsicht). Interpiktoralität: Analog zum Begriff der → -Intertextualität beschreibt der Begriff der Interpiktoralität Bild-Bild-Beziehungen. Intertextualität: Oberbegriff für verschiedene Formen von Beziehungen zwischen → -Texten. Dass im Besonderen ein literarischer Text nicht in einem Vakuum existiert, ist bereits der klassischen Rhetorik bekannt: Begriffe wie Quelle und Einfluss, Zitat und Anspielung, Parodie und Travestie, Imitation, Übersetzung-- und die → -Adaption-- entstammen diesem Kontext und beschreiben, erklären oder systematisieren die Relationen zwischen Texten. Intramedialität: Unter intramedialen Phänomenen sind jene Phänomene zu verstehen, die nur ein → - Medium involvieren. Teilbereiche dieses Feldes stellen die → - Intertextualität sowie die → -Interpiktoralität dar. Kinder- und Jugendbuchmarkt: Der Kinder- und Jugendbuchmarkt ist ein wichtiger Teil des Gesamtbuchmarkts. Um die dazugehörigen Produkte gegenüber den übrigen Buchhandelsprodukten abzugrenzen, kann nach dem einheitlichen deutschen Branchenstandard die Hauptwarengruppe 2 „Kinder- und Jugendbücher“ verwendet werden. Zu Betrachtungen des Kinder- und Jugendbuchmarkts gehören Studien zu Kinder- und Jugendbuchverlagen, zu Lesern und Leseverhalten bei Kinder- und Jugendliteratur sowie Analysen weiterer Institutionen und Akteure wie Leseförderungsinitiativen, Bildungsinstitutionen etc. Konflikt: Im → -Handlungsschema einer → -Erzählung beschreibt der Konflikt eine Auseinandersetzung oder einen Streit zwischen zwei (oder mehr) Parteien, der auch „als Konfrontation polarer Kräfte, Werte oder Urteile zu verstehen ist.“ (Asmuth 2007: 6) Der Konflikt treibt die → -Handlung bis zur Katastrophe oder → -Auflösung voran. Kontrapunktische Beziehung von Bild und Text: Stehen → - Bild- und → - Schrifttext in einer kontrapunktischen Beziehung, ergibt sich die „eigentliche Botschaft im Zusammenprall beider Ebenen“ (Thiele 2011: 226): Bild- und Schrifttext enthalten unterschiedliche Informationen, vermitteln jedoch gemeinsam eine → -Erzählung. <?page no="272"?> 272 6 Glossar Laufweite: → -Typographischer Terminus für die horizontale Ausdehnung einer Schriftzeile. Die Laufweite ergibt sich aus der Breite einzelner Zeichen und den Zeichenzwischenräumen (Zeichenabstand). Layout: Die Art und Weise der Anordnung von Schrift- und Bildtextelementen auf den Seiten eines Bilderbuchs unter Einbezug des Formats. Leerstelle: Eine Leerstelle, schreibt Bernhard Dotzler, ist eine „versteckt oder offen markierte Abwesenheit. Eine ‚Zwischenraum‘, der ‚ausgefüllt‘ werden kann oder muss.“ (Dotzler 2010: 191). Der von Wolfgang Iser geprägte Begriff beschreibt entsprechend Textelemente ( → -Text), welche die Leser und Betrachter zur Bildung von Hypothesen über das Geschehen einer → - Erzählung und gleichsam zur Mitarbeit an deren Sinnkonstitution anregen (innere Leerstellen). Hierzu gehören z. B. auf der Textoberfläche nicht geschilderte, aber für das Verständnis des Handlungsverlaufs notwendige Informationen, die sich aus dem Aufeinandertreffen verschiedener → - Schrift- und → - Bildtextelemente ergeben. Letztere müssen vom Rezipienten in Beziehung gesetzt werden, um zur Sinnkonstitution beizutragen. Von diesen inneren Leerstellen werden äußere Leerstellen differenziert, welche als narrative Leerstellen den Erzählverlauf betreffen und durch → -Closure gefüllt werden. Literacy: Mit diesem Begriff werden nicht nur die Fähigkeiten des Lesens und Schreibens bezeichnet, sondern auch weitere grundlegende Kompetenzen wie Textverständnis, Vertrautheit mit Literatur und anderen → -Medien sowie Erfahrungen mit der Lese-, Bild- und Erzählkultur. Hinsichtlich des Sammelbegriffs Literacy lassen sich spezifische Formen unterscheiden: → - Early Literacy, → - Verbal Literacy, → - Literary Literacy und → -Visual Literacy. Literary Literacy: Die Fähigkeit, Literatur zu verstehen und auch selbst zu produzieren, in der deutschen Forschung oft als Literaturerwerb bezeichnet. Luft- und Farbperspektive: Verfahren der Raumdarstellung ( → -raumschaffende Mittel). Farben von Objekten variieren in ihrer Erscheinungsweise je nach Art und Intensität der Beleuchtung und der atmosphärischen Beschaffenheit. Dieses Phänomen nutzen Maler und vermitteln durch den Übergang von warmen Farben im Vordergrund und kühlen Farben im Hintergrund einen tiefenräumlichen Eindruck. Lyrik: Eine der drei → -Großgattungen der Literatur. Systematisch beschreibt die Lyrik diejenigen Verstexte, die nicht episch und nicht dramatisch sind, während der Begriff historisch als Sammelbezeichnung für alle Gedichte gelten kann. Die Abgrenzung zu den Gattungen → - Epik und → - Dramatik kann dabei zum einen durch die den lyrischen Texten zugrunde liegende Struktur der Einzelrede (lyrisches Ich, Du, Wir) getroffen werden. Zum anderen kann der formale Aufbau lyrischer Texte in Versen, <?page no="273"?> 273 6 Glossar die durch Pausen und Zeilenumbrüche auf der graphischen Ebene markiert sind, ebenfalls als abgrenzendes Kriterium benannt werden. Makroanalyse: Die Makroanalyse nimmt den Kontext eines Bilderbuchs in den Blick, hierzu zählen die Bereiche → - Produktion, → -Distribution und → - Rezeption; untersucht werden Aspekte, welche die Entstehung eines Bilderbuchs, seine Verbreitung und seine Aufnahme beim Betrachter bzw. Leser bedingen. Makrostilistik: Anders als die → - Mikrostilistik bezieht sich die Analyse der Makrostilistik auf den gesamten → -Text oder auf umfangreiche Teile dessen, dabei geht es um Kategorien wie Stilarten, → -Handlungsschema und -verlauf oder die → -Erzählsituation. Eine dem Einzeltext gewidmete Makrostilistik findet ihre Erweiterung in der Untersuchung textübergreifender Merkmale, zu denen z. B. der Stil des Autors oder einer spezifischen literaturgeschichtlichen → -Epoche oder → -Perioden gehören. Makrotypographie: → -Typographie Manga: Unter dem Begriff Manga (jap. zwangloses, ungezügeltes Bild) werden japanische Comics subsumiert. Manga ist, aus westlicher Perspektive, ein allgemeiner Sammelbegriff für alle Spielarten des japanischen Comics; in Japan gehören hingegen auch Karikaturen und Cartoons zum Manga (Schikowski 2014: 290 f.). Materialität: Stoffliche Beschaffenheit. Zur Materialität gehören u. a. der Bild- und Schriftträger, Pigmente und Bindemittel aber beispielsweise auch die Werkzeuge, durch die eine Illustration entstanden ist. Materielle Dimension: → -Materialität Mediale Entgrenzung: Derartige Entgrenzungen sind medientheoretisch definiert; sie werden bestimmt durch die Überschreitung der medialen Grenze des Bilderbuchs und den Wechsel von einem → -Medium in ein anderes ( → -Medienwechsel). Medienkombination: Subkategorie der → -Intermedialität. Beschreibt punktuelle oder durchgehende Kombination mindestens zweier, konventionell als distinkt wahrgenommener → - Medien, die jeweils mit ihren je eigenen Mitteln zur Bedeutungskonstitution des entstehenden Produkts beitragen. Medienverbund: Ein Medienverbund ist ein aus Einzelmedien ( → -Medium) bestehendes System, das aus einem originären → -Text hervorgegangen ist. Die Einzelmedien und der originäre Text stehen in → -intra- und / oder → -intermedialen Beziehungen unter- und zueinander. Der → -Text wird dabei nicht nur um → -Adaptionen erweitert, sondern zu einem Produkt in einer Reihe von Artikeln wie Spielfiguren, Musik- und Hörspiel- CD s, Süßigkeiten, Bettwäsche o. Ä. <?page no="274"?> 274 6 Glossar Medienwechsel: Überführung von → -Thema, → -Handlung oder argumentativer Struktur von einem → -Medium in ein anderes. Medium: Kommunikationsmittel, das Informationen zwischen einem Sender und einem Empfänger vermittelt, spezifische Eigenschaften besitzt und zur Festigung bestimmter Kommunikationsverhältnisse beiträgt. In einem weiten Sinne ist ein Medium ein „konventionell-[…] als distinkt angesehenes Kommunikationsdispositiv“ (Wolf 2002b: 165), das im Einzelfall-- wie das Bilderbuch-- verschiedene semiotische Systeme kombinieren kann ( → -Medienkombination). Mehrfachadressierung: Wenn ein narrativer → -Text an mehr als eine Adressatengruppe gerichtet ist, wird von Mehrfachadressierung gesprochen. Von mehrfachadressierten Texten werden → -doppelsinnige Texte unterschieden, die unterschiedliche Lesarten für Rezipienten anbieten: eine exoterische für Kinder- und Jugendliche und eine esoterische für Erwachsene. Merchandising: → -Produktion, Vertrieb und Werbung von Markenartikeln, bei der ein bestimmtes Produkt (z. B. ein Bilderbuch) zweitverwertet wird. Metapher: → -Trope, gekennzeichnet durch die Ersetzung eines eigentlichen Ausdrucks durch einen anderen Ausdruck, der mit ihm in einer Ähnlichkeits- oder Analogiebeziehung steht. Metonymie: → -Trope, bei der der eigentliche Ausdruck durch einen Ausdruck ersetzt wird, der mit diesem in einer Kontiguitätsbeziehung steht. Diese Beziehung umfasst Ursache-Wirkung, Autor-Werk, Erzeuger-Erzeugnis, Produkt-Material, Gefäß-Inhalt, Ort-Bewohner, Ort-Funktion, Funktion-Funktionsträger oder Zeit-Zeitgenossen. Mikroanalyse: Die Mikroanalyse beschäftigt sich mit textexternen Aspekten ( → - Paratext und → - Materialität) und textinternen Aspekten eines Bilderbuchs. Letztere umfassen die Ebene der → -histoire und die Ebene des → -discours. Mikrostilistik: Anders als die → -Makrostilistik umfasst die Analyse der Mikrostilistik vor allem die morphologische und syntaktische Ebene der Sprache, die Wortwahl, die Wortkombinationen, die → -rhetorischen Mittel und einzelne Stileigenheiten. Mikrotypographie: → -Typographie Minibilderbuch: Sonderform (und die typischste Ausprägung) des Minibuchs. In der Regel handelt es sich bei Minibilderbüchern um kleinformatige (ca. 10 x 10 cm), klammergeheftete, seriell erscheinende, günstige Publikationen mit flexiblem Einband und meist nicht mehr als 30 Seiten. Im Minibilderbuch besteht eine enge Verbindung zwischen → -Schrift- und → -Bildtext; es richtet sich vordergründig an Kinder im Vorschulalter, weshalb es meist durchgehend vierfarbig gedruckt wird. <?page no="275"?> 275 6 Glossar Mitleser: → -Erwachsener Mitleser Modi des visuellen Erzählens: Visuelles → - Erzählen auf Ebene des → - Bildtextes geschieht entweder als eine Reihe von „fruchtbaren Augenblicken“ (Lessing 1990: 32) in Form von Einzelbildern oder als → -Simultanbild, welches eine Reihe von derartigen Augenblicken auf einer Bildfläche darstellt. Monochrome Malerei: Der Begriff beschreibt einerseits Einfarbigkeit, andererseits das Vorherrschen einer Farbe. Monoszenik: Im Gegensatz zur → -Pluriszenik bildet ein monoszenisches Bild nur eine Aktion ab. Motiv: Im Verständnis der Thematologie ist das Motiv die kleinste bedeutungsvolle und strukturbildende Einheit eines → -Textes, die ein fest umrissenes, kulturell geformtes thematisches Element darstellt. Der Motivbegriff wird auf zwei Ebenen verwendet: bei der immanenten Strukturanalyse von Texten und im Bereich der → -intertextuellen Beziehungen, wo Motive nicht nur als Bausteine innerhalb einer singulären Textstruktur, sondern vor allem als Bestandteile eines intertextuellen Bezugssystems verstanden werden. Im Gegensatz zum → -Stoff ist ein Motiv nicht an feststehende Namen und Ereignisse gebunden, sondern stellt einen Handlungsansatz mit verschiedenen Möglichkeiten der Entfaltung dar. Naturalistische Darstellung: Eine naturalistische Darstellungsweise liegt vor, wenn Künstler positivistische, wertneutrale Abbildhaftigkeit in ihren Werken zeigen. Hierbei geht es um die Darstellung von Räumlichkeit, Körperlichkeit und Stofflichkeit sowie die Richtigkeit von Zeichnung, Anatomie und Farblichkeit. Nebenhandlung: Sind → -Handlungen einer → -Erzählung → -mehrsträngig organisiert, wird eine Unterscheidung von → -Haupt- und Nebenhandlung relevant. Letztere ist der Haupthandlung in ihrer quantitativen und qualitativen Bedeutung für die Erzählung untergeordnet. Eine Nebenhandlung kann z. B. die Form einer → - Episode annehmen. Nebentext: → -Paratext Nullfokalisierung: Diese → -Fokalisierungsform wird auch als auktorial ( → -auktoriale Erzählsituation) bezeichnet. Die Wahrnehmung ist an keine → -Figur gebunden. Der → -Erzähler weiß bzw. sagt somit mehr, als irgendeine der Figuren weiß bzw. wahrnimmt (Aufsicht). <?page no="276"?> 276 6 Glossar Objektmedium: Im Rahmen der → -Intermedialitätstheorie beschreibt das Objektmedium ein kontaktnehmendes → -Medium, welches Bezug zu einem kontaktgebenden → -Referenzmedium herstellt. Onomatopoetikum: Klangfigur, die häufig in Bilderbüchern, insbesondere im → -Comic, vorkommt; sie bezeichnet die klangmalerische Nachbildung von Lauten, Geräuschen oder anderen Sinneswahrnehmungen (Meyer 2007: 93). Ordnung: Parameter der → -Zeit. Beschreibt das Verhältnis zwischen der Anordnung der Ereignisse auf Ebene des → -discours und ihrer quasi-realen Chronologie; die Ordnung kann chronologisch, anachronisch oder achronisch sein. Panel: Ein Einzelbild in einer Sequenz. Diese im Format aufeinander abgestimmten Einzelbilder stellen ein spezifisches Merkmal des → -Comics dar. Das Panel wird von einer Randlinie oder Habitus begrenzt, der Raum zwischen den Panels stellt den Hiatus oder Gutter (dts. Rinnstein) dar. Parallelität von Bild und Text: Doppelung als Vermittlung von (ungefähr) gleichen Informationen (auch: symmetrisches Verhältnis): Das Bild zeigt, was im → -Schrifttext zu lesen ist. Unter der Parallelität von → - Bild- und Schrifttext kann darüber hinaus nicht einfach eine „Doppelung der Aussage“, sondern eine „produktive Korrespondenz“ verstanden werden, bei welcher die Aussage des einen Textes durch den anderen ergänzt und erweitert wird (Thiele 2011: 224). Parataxe: Stilprinzip, das im Gegensatz zur → - Hypotaxe durch die syntaktisch-hierarchielose Reihung von Satzgliedern gekennzeichnet ist. Paratext: Von Gérard Genette geprägter Begriff, der das Beiwerk eines → - Basistexts beschreibt. Paratexte sind jene → -Texte, die sich in der Umgebung eines Basistexts, an seinen Rändern und Grenzen finden bzw. ihn in Veröffentlichungskontexten begleiten. Paratexte können in → -Peri- und → -Epitexte differenziert werden und eine kommentierende, ergänzende oder rahmende Funktion einnehmen. Periode: Literarhistorische Kleinkategorie, die einerseits „Teil der → - Epoche ist, Epochenmerkmale erst eigentlich hervortreibt, sie aber auch umkehrt, kritisiert, parodisiert oder gar beseitigt“ (Luserke-Jaqui 2007: 82). Als literaturgeschichtliche Perioden können bspw. Sturm und Drang, Weimarer Klassik, Romantik, Vormärz, Junges Deutschland, Biedermeier, Realismus, Naturalismus, Expressionismus, Neue Sachlichkeit und Postmoderne gelten. Peritext: Der Peritext ist eine Form des → -Paratextes. Er kann im Falle des Bilderbuchs aus → - Bild- und / oder → - Schrifttext bestehen und umfasst alle Bestandteile eines (Bilder-)Buches, für welche der Verlag verantwortlich ist. Beispiele hierfür sind <?page no="277"?> 277 6 Glossar Schutzumschlag, Einband, Vorsatzblätter und Titelei, aber auch das Format. Darüber hinaus gehören zum Peritext die textuellen Rahmenstücke wie Autorname, Titel und Untertitel, Impressum, Vor- und Nachwort, Inhaltsverzeichnis, Waschzettel oder Klappentext. Personale Erzählsituation: Die personale Erzählsituation ist gekennzeichnet durch eine Erzählinstanz ( → - Erzähler), die beim Lesenden den Eindruck entstehen lässt, dass er sich selbst innerhalb der erzählten Welt befände oder diese über eine → -Figur betrachte, die jedoch-- im Gegensatz zur → -Ich-Erzählsituation-- nicht selbst erzählt. Hierdurch entsteht eine szenische, quasi-unmittelbare Darstellung vom Wahrnehmungsstandpunkt einer Figur der erzählten Welt aus. Pluriszenik: Im Gegensatz zur → - Monoszenik stellen pluriszenische Bilder mehrere Aktionen innerhalb einer Bildfläche dar. Point of view: Kategorie der Erzähltextanalyse, welche das Verhältnis des → -Erzählers zum Erzählten in Bezug auf seine Sichtweise und damit die Perspektive beschreibt, aus der die Ereignisse, → -Handlungen und Bewusstseinsvorgänge in einem Erzähltext vermittelt werden. Die Kategorie des point of view ist somit nicht trennscharf von der → -Fokalisierung und der → -Erzählsituation zu trennen, zu letzterer wird sie auch synonym verwendet. Da Bilderbücher sowohl über den → -Schriftals auch den → -Bildtext erzählen können, verfügen sie über eigene Mittel der Perspektivgestaltung (siehe hierzu z. B. → -Erzählraum, → -raumschaffende Mittel, → -Aufsicht). Primärwelt: → -Zwei-Welten-Modell Produktion: Unter diesem Begriff werden Produktionsfaktoren zusammengefasst, die am Ende zu einem fertigen Bilderbuch führen. Hierzu gehören Autor und Illustrator als Produzenten, aber auch ästhetische, historische und kulturelle Bedingungen und Einflüsse, unter denen ein Bilderbuch entsteht. Prolepse: Vorausdeutung als Form einer anachronischen Anordnung ( → -Zeit). Ein in der Zukunft liegendes Ereignis wird vorwegnehmend erzählt. Rahmenerzählung: Erzählform, die in einer umschließenden epischen Einheit (dem Rahmen) eine fiktive Erzählsituation vorstellt, die zum Anlass einer oder mehrerer → -Binnenerzählungen wird. Raum: Bei der Analyse des Raumes als textinterner Aspekt der → -Mikroanalyse geht es auf Ebene der → - histoire um die Konzeption und Struktur → - erzählter Räume ( → -Schauplatz)-- auf Ebene des → -discours um die Art und Weise ihrer Darstellung als → -erzählende Räume (siehe auch: → -Erzählraum). <?page no="278"?> 278 6 Glossar Raumschaffende Mittel: Während im → - Schrifttext der → - Raum der erzählten Welt ausschließlich durch Sprache und somit letztlich in der Imagination des Rezipienten geschaffen wird, bildet der → -Bildtext Raum durch sogenannte raumschaffende Mittel ab. Diese werden unterschieden in nichtkonstruktive und konstruktive Mittel. Zu den nichtkonstruktiven Mitteln zählt beispielsweise die Überdeckung, zu den konstruktiven u. a. die Zentralperspektive. Zu den Verfahren der Raumdarstellung gehören außerdem Licht-Schatten-Modellierungen und → -Luft- und Farbperspektiven. Realistisches Erzählen: Anders als das → -fantastische Erzählen bezieht sich das realistische Erzählen in mehr oder weniger direkter Weise auf unsere wie auch immer geartete Wirklichkeit. Hieraus ergibt sich eine Darstellungsweise, die ohne fantastische Überhöhungen auskommt und Welten präsentiert, in denen unsere Naturgesetze gelten. Referenzmedium: Im Rahmen der → -Intermedialitätstheorie beschreibt das Referenzmedium ein kontaktgebendes → -Medium, welches einen Bezug zu einem kontaktnehmenden → -Objektmedium herstellt. Remediation: Repräsentationen eines → - Mediums in einem anderen. Dies geht mit technischen, narrativen und ästhetischen Prozessen der Inkorporation einher und führt zu Formen medialer Umgestaltung. Rezeption: Sammelbegriff für Publikumsreaktionen auf einen → -Text oder ein Werk, der z. B. die Wahrnehmung, das Verstehen, die Auslegung oder auch die ästhetische Bewertung umfasst. Bezüglich des Bilderbuches wird nicht nur das Kind als Rezipient in den Blick genommen, sondern auch der → -erwachsene Mitleser. Rhetorische Mittel: Die Rhetorik umfasst gleichermaßen die Praxis der zielgerichteten Textproduktion und die theoretische Reflexion über diese. Diese Zweiseitigkeit ermöglicht es, konkrete Regeln und Möglichkeiten zur effektiven Textproduktion aufzustellen und diese gleichfalls für die konkrete Textanalyse nutzbar zu machen. Rhetorische Mittel- - der Wortschmuck der Rede- - differenzieren sich in Figuren und → - Tropen. Der Begriff der rhetorischen Figur bezeichnet Kombinationen von Wörtern und Satzgliedern auf syntaktischer Ebene, die bewusst gegen grammatische oder idiomatische Regeln verstoßen, während sich die Tropen auf Änderungen auf der paradigmatischen und semantischen Ebene beziehen. Rhizom: Der Begriff stammt aus der Botanik und beschreibt ein horizontalwachendes Wurzelsystem ohne Hauptwurzel, in dem zwischen allen Knoten Verbindungen hergestellt werden können. Ende der 1970er Jahre von Gilles Deleuze und Félix Guattari etabliert, hat sich das Rhizom zu einem zentralen Konzept des Poststrukturalismus und der Postmoderne entwickelt. In Bezug auf die Modellierung von <?page no="279"?> 279 6 Glossar Wissensorganisation und Weltbeschreibung ersetzt es das hierarchisch strukturierte Baummodell. Die → -Metapher des Rhizoms ist für → -Intertextualitäts- und → -Intermedialitätstheorien von Bedeutung und beschreibt z. B. die Organisationsstruktur des → -Medienverbundes. Sachbilderbuch: Im Unterschied zum → -Erzählbilderbuch ist das Sachbilderbuch → -faktual und informiert somit über Vorgänge, die einen Anspruch auf Referenzialisierbarkeit, auf Verwurzelung in einem empirisch-wirklichen Geschehen erheben. Sacherzählbilderbuch: Als Mischform aus → -Sachbilderbuch und → -Erzählbilderbuch bettet diese Bilderbuchform die Beschäftigung mit einer Sache in eine → -Erzählung ein. Schauplatz: → -Raum, in dem sich die → -Handlung in einem narrativen → -Text abspielt. Schriftklassen: Gruppen von Schriftarten, die-- geordnet nach Charakter und Formgebung-- seit 1964 durch das Deutsche Institut für Normung ( DIN 16518) unterschieden werden. Folgende elf Schriftklassen werden in Deutschland differenziert: Venezianische Renaissance-Antiqua, Französische Renaissance-Antiqua, Barock-Antiqua, Klassizistische Antiqua, Serifenbetonte Linear-Antiqua, Serifenlose Linear-Antiqua, Antiqua-Varianten, Schreibschriften, Handschriftliche Antiqua, Gebrochene Schriften, Fremde Schriften. Schrifttext: → -Text Schwellenmotiv: → -Fantastisches Schwellenmotiv Sekundärwelt: → -Zwei-Welten-Modell Sekundenstil: Auch Szene oder zeitdeckendes Erzählen genannt. Beschreibt eine enge Korrelation zwischen der → -Erzählzeit und der → -erzählten Zeit. Dieser Zustand wird vor allem in dialogischen Erzählabschnitten erreicht. Simultanbild: Das Simultanbild ist ein → -pluriszenisch organisiertes Einzelbild. Es stellt einen → -Modus des visuellen Erzählens dar. Softcover: Bilderbücher mit weichem Einband (auch als Paperback bezeichnet). Spiel- oder Beschäftigungsbilderbuch: Gestalterischer Sondertyp des Bilderbuchs mit Spielcharakter. Zu diesen Bilderbüchern zählen Loch-, Fühl-, Aufklapp-, Zieh-, Popup-, Aufstell- und Puzzlebilderbücher sowie das wie eine Ziehharmonika gefaltete Leporello. Auch → -Wimmelbücher gehören in diese Aufzählung, sofern es sich um Such-Wimmelbücher handelt. Stilistik: Die Stilistik-- als Lehre vom Stil-- befasst sich u. a. mit den Variationen des Stils einer Sprache und seinem Gebrauch. Bei der Analyse der sprachlichen Gestaltung <?page no="280"?> 280 6 Glossar als textinterner Aspekt der → -Mikroanalyse werden mit der → -Makro- und → -Mikrostilistik sowohl der → -Schrifttext im Gesamten als auch seine syntaktische und morphologische Ebene untersucht. Stoff: Konstellation aus → -Figuren, Ereignissen, Handlungen und → -Konflikten, welche die Grundlage für die → -Handlung erzählender oder dramatischer Literatur bildet. Im Gegensatz zum → -Motiv ist der Stoff durch feststehende Namen und Ereignisse konkretisiert. Er kann jedoch in vielerlei Formen realisiert werden und ist deshalb nicht an eine bestimmte formale Gestaltung, eine → -Gattung oder eine Sprache gebunden. Story-App: → -Bilderbuch-App Stream of consciousness: Radikalisierung des → -inneren Monologs; eine vermeintlich assoziative, ungesteuerte und strukturlose Aneinanderreihung von Gedanken einer → -Figur wird hierbei im → -discours sprachlich nachgebildet. Symbol: → -Trope, die ein nicht konventionelles und mehrdeutiges literarisches Zeichen beschreibt. Der literaturwissenschaftliche Symbolbegriff betont die nicht-konventionelle Bedeutungszuweisung zwischen bezeichnetem und bezeichnendem Gegenstand. Das Symbol erhält somit einen repräsentativen Charakter und bedarf der Deutung und Interpretation. Synchronie: Bezeichnet die zeitliche Koexistenz und das Zusammenwirken von Elementen innerhalb eines Systems. Bei einer synchronen Analyse geht es um die Zusammenschau von Phänomenen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gleichzeitig anzutreffen sind. Systemreferenz: Bezugnahme eines → -Textes oder anderen medialen Produkts ( → -Medium) auf ein semiotisches System. Hierunter fällt sowohl die Bezugnahme auf ein mediales System als solches (Printliteratur, Film, Theaterstück usw.) als auch auf Subsysteme desselben, also etwa bestimmte → -Genres oder Textsorten. Text: Zusammenhängendes semiotisches System mit kommunikativer Funktion, das neben schriftlichen Äußerungen auch andere mediale Formen umfasst. Für das Bilderbuch werden Schrifttext und Bildtext unterschieden, die jeweils eigenständige Bedeutungsträger darstellen. Anders als der verbalsprachlich vermittelnde Schrifttext, kann ein Bild nur einen spezifischen Moment mimetisch abbilden- - einen „fruchtbaren Augenblick“ (Lessing 1990: 32) darstellen, in dem sich die Handlung konzentriert. Das → -Erzählen einer Handlung kann sich im Bildtext durch die Abbildung von mehreren dieser Augenblicke vollziehen, die jeweils auf ein prozessuales Davor und Danach verweisen. <?page no="281"?> 281 6 Glossar Textur: Die Textur ist die Oberflächenbeschaffenheit des Dargestellten, wie zum Beispiel die → -naturalistische Abbildung von Haut oder der Maserung von Holz. Thema: Im Verständnis der Thematologie ist der Begriff des Themas die einem → -Text zugrundeliegende abstrakte Idee, die den Grund- und Leitgedanken des Textes reflektiert. Toyetic: Um einen → -Medienverbund zu entwickeln und ihn an die Konsumlaufbahn zu koppeln, braucht es einen originären → -Text, der ein hohes Vermarktungspotential aufweist. Bernard Loomis prägte hierfür in den 70er Jahren den Begriff toyetic. Dieser drückt aus, dass ein narrativer Text so konzipiert ist, dass er „zur spielerischen Inszenierung unter Einsatz von viel Spielzeug“ (Hengst 2007: 25) einlädt. Transmedialität: „Medienunspezifische Phänomene, die in verschiedensten Medien mit den dem jeweiligen → - Medium eigenen Mitteln ausgetragen werden können, ohne dass hierbei die Annahme eines-[…] Ursprungsmediums wichtig oder möglich ist.“ (Rajewsky 2002: 13) Zu diesen medienunspezifischen Phänomenen gehört als wichtigste Kategorie die → -Erzählung. Trope: Eine bewusst eingesetzte Abweichung von der sprachlichen Normalform auf der semantischen Ebene. Ein eigentlicher Ausdruck a wird durch einen uneigentlichen Ausdruck b ersetzt. Als Beispiele seien die → - Metapher, die → - Allegorie oder das → -Symbol genannt. Typographie: Obwohl die Typographie sämtliche Bereiche der Buchdruckerkunst umfasst, wird der Begriff heute mit dem materiell und digital reproduzierbaren Schriftbild als solchem in Verbindung gebracht. Hierzu zählen sowohl die makro- (Satzspiegel, Schriftgröße und -auszeichnungen) als auch die mikrotypographische (Schriftart, Laufweite, Wortabstand) Gestaltung des Schriftbildes. Die Schriftbildlichkeit nimmt hier eine wichtige Rolle ein-- sie kann mit Aspekten wie Form, Farbe, Komposition untersucht werden. Typotapher: Schriftbilder, die durch abweichende → -Typographie Lautstärke und Intensität von Interjektionen bzw. Geräuschen im Bilderbuch wiedergeben. Verbal Literacy: Die Fähigkeit, Sprache und mündlich produzierte Texte zu dekodieren und zu verstehen. Visual Literacy: Die Fähigkeit, visuelle → -Symbole und Zeichen in → -Medien zu verstehen (Bilderwerb). Visueller Prolog: Bilder oder Bildfolgen, die im Bilderbuch → - paratextuell vor dem → -Haupttext verortet sind. In Analogie zum filmischen Vorspann kann ein visueller <?page no="282"?> 282 6 Glossar Prolog im Bilderbuch auf einer allgemeineren Ebene einen visuellen Kommentar geben oder bereits zentrale Aussagen zu der noch folgenden Bild-Text-Erzählung treffen. Vorstellungsbild: Besondere Formen des visuellen Erzählens: raumzeitlich nicht definierte Tagträume, Wunschbilder, Traum- oder Fantasiebilder. Wendepunkt: Im → - Handlungsschema einer → - Erzählung liegen Wendepunkte vor, wenn Vorfälle oder Ereignisse entscheidend in die Geschichte eingreifen und sie in eine andere Richtung lenken. Wimmelbilderbuch: → -Wimmelbuch Wimmelbuch: Wimmelbücher erzählen über → -Simultanbilder, die zumeist thematisch verknüpft sind. Die in den Bildern → - pluriszenisch dargestellten Aktionen bilden nicht eine, sondern verschiedene → -Handlungen ab, die sowohl situativ als auch über ihren → -Schauplatz narrativ verbunden sind. Wimmelspiel: Form des digitalen Spiels bzw. der Spielbilderbuch-App, welche eine → - Adaption des Such-Wimmelbuchs darstellt. Bei Wimmelspielen versucht der Spieler in einem meist detailliert gestalteten, unbewegten oder wenig animierten Bild verschiedene Gegenstände, Teile von Gegenständen oder geometrische Figuren zu finden. Das Suchspiel ist regelbasiert und determiniert: Art und Weise des Spiels, Spielraum und -elemente sind festgelegt, wenngleich z. B. die Reihenfolge der zu suchenden Elemente frei gewählt werden kann. Zeit: Konstitutives Element der erzählten Welt. Zeit wird in der → - Erzählung als Zustandsveränderung und Verknüpfung dieser implizit vorausgesetzt und explizit besprochen. Sie umfasst alle möglichen Verhältnisse zwischen der Zeit des → -discours (Erzählzeit) und der Zeit der → - histoire (erzählte Zeit). Unterschieden werden die Parameter → -Ordnung, → -Dauer und → -Frequenz. Zeitdehnung: Beschreibt ein zeitlupenartiges Erzählen, in welchem die → - Erzählzeit umfangreicher ist als die → -erzählte Zeit. Zeitraffung: Auch zeitraffendes oder summarisches Erzählen genannt. Die → -Erzählzeit hat hier gegenüber der → -erzählten Zeit einen wesentlich größeren Umfang. Zwei-Welten-Modell: Das wesentliche Charakteristikum → -fantastischer Kinder- und Jugendliteratur ist das Vorhandensein von zwei Welten, einer → - realistischen Primärwelt und einer fantastischen Sekundärwelt. Die zwei Welten des Modells sind nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten aufeinander bezogen und stellen sich in drei möglichen Konfigurationen ihrer Sekundärwelten dar: die geschlossene, die offene und die implizierte Welt. <?page no="283"?> 283 7 Medienverzeichnis 7 Medienverzeichnis 7.1 Primärmedien Goethe, Johann W. v. (1994a). West-östlicher Divan. In: Goethe, Johann W. v. (Hrsg.). Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 2: West-östlicher Divan. Die Geheimnisse. Reineke Fuchs. Hermann und Dorothea. Achilleis. Textkritisch durchgesehen und kommentiert von Erich Trunz. 15. Auflage. München: Beck. Goethe, Johann W. v. (1994b). Maximen und Reflexionen. In: Goethe, Johann W. v. (Hrsg.). Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 12: Schriften zur Kunst und Literatur. Maximen und Reflexionen. Textkritisch durchgesehen und kommentiert von Erich Trunz. 12. Auflage. München: Beck. Grimm, Jacob / Grimm, Wilhelm (1857). Kinder und Hausmärchen. 7. Auflage. Göttingen: Dieterichsche Buchhandlung. Abrufbar unter: https: / / commons. wikimedia.org/ wiki/ Category: Kinder_und_Hausmärchen_(Grimm)_1857_I (Stand: 16 / 02 / 2017). 7.1.1 Bilderbücher, Comics, Graphic Novels und Apps Baltscheit, Martin (2003). Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte. Weinheim, Basel: Beltz & Gelberg. Baltscheit, Martin (2010). Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor. Weinheim, Basel: Beltz & Gelberg. Banyai, Istvan (1995a). Zoom. New York: Viking Penguin. Banyai, Istvan (1995b). Re-Zoom. Aarau: Sauerländer. Bauer, Bärbl (1948): Elfchens Geburtstag. Stuttgart: G. Hertel. Bauer, Jutta (1997). Selma. Oldenburg: Lappan. Bauer, Jutta (1998). Die Königin der Farben. Weinheim, Basel: Beltz & Gelberg. Bauer, Jutta (2001). Opas Engel. Hamburg: Carlsen. Becker, Aaron (2015). Die Reise (= engl. The Journey, 2013). Hildesheim: Gerstenberg. Berner, Rotraut Susanne (2008). Nacht-Wimmelbuch. Hildesheim: Gerstenberg. Browne, Anthony (1998). Stimmen im Park (= engl. Voices in the Park, 1998). Oldenburg: Lappan. Carle, Eric (1969). Die kleine Raupe Nimmersatt (= engl. The Very Hungry Caterpillar, 1969). Hildesheim: Gerstenberg. Cave, Kathryn / Riddell, Chris (1994). Irgendwie Anders (= engl. Something Else, 1994). Hamburg: Oetinger. <?page no="284"?> 284 7 Medienverzeichnis Chmielewska, Iwona (2011). Blumkas Tagebuch. Vom Leben in Janusz Korczaks Waisenhaus. Hannover: Gimpel-Verlag. Damm, Antje (2004). Kathrinchen, was soll bloß aus dir werden? Weinheim: Beltz & Gelberg. de Lestrade, Agnès / Docampo, Valeria (2009). Die große Wörterfabrik (= La grande fabrique de mots, 2009). München: mixtvision. Demois, Agathe / Godeau, Vincent (2015). Das magische Zauberlupenbuch (= frz. La grande traversée, 2014). Frankfurt am Main: Sauerländer. Donaldson, Julia / Scheffler, Axel (1999). Der Grüffelo (= engl. The Gruffalo, 1999). Weinheim: Beltz & Gelberg. Döring, Anna / Wenzel-Bürger, Eva (1996): Pixi hat Geburtstag (= Pixi Buch Nr. 816: 97). Hamburg: Carlsen. Dubois, Claude K. (2013). Akim rennt (= franz. Akim court, 2012). Frankfurt am Main: Moritz-Verlag. Eisner, Will (1978). A Contract with God. Baronet Books. Emmett, Jonathan / Howarth, Daniel (2007). Du und ich für immer (= engl. Always and Forever, 2007). Freiburg im Breisgau, Wien, Basel: Kerle bei Herder. Erlbruch, Wolf (1999). Nachts (= ndl. S‘ Nachts, 1999). Wuppertal: Hammer. Erlbruch, Wolf (2007). Ente, Tod und Tulpe. München: Kunstmann. Erlbruch, Wolf (2013). Frau Meier, die Amsel. Wuppertal: Hammer. Erlbruch, Wolf / Holzwarth, Werner (1989). Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat. Wuppertal: Hammer. Erlbruch, Wolf / Joyce, James (2013). Die Katzen von Kopenhagen. München: Hanser. Faber, Kati (2012). Lieber Bär, was machen wir heute? Köln: Lalabuch. Flix (2010). Faust. Der Tragödie erster Teil (= Graphic novel). Hamburg: Carlsen. Flix (2012). Don Quijote. Die denkwürdigen Abenteuer des tapferen Ritters von der traurigen Gestalt (= Graphic novel). Hamburg: Carlsen. Funke, Cornelia / Meyer, Kerstin (2006). Käpten Knitterbart auf der Schatzinsel. Hamburg: Oetinger. Funke, Cornelia / Meyer, Kerstin (2007). Käpten Knitterbart und seine Bande. Hamburg: Oetinger. Funke, Cornelia / Meyer, Kerstin (2008). Der wildeste Bruder der Welt. Hamburg: Oetinger. Göschl, Robert (2012). Die fantastische Reise mit einem wundersamen Gefährt. Wien: Luftschacht-Verlag. Grimm, Sandra / Weller, Ana (2010). Mein kleiner Streichelzoo (= Mein erstes Fühlbuch). Ravensburg: Ravensburger Buchverlag. Haferkamp, Kai. Die monsterstarke Musikschule. Singen, Hören, Musizieren (= tiptoi: das audiodigitale Lernsystem) Ravensburg: Ravensburger. <?page no="285"?> 285 7 Medienverzeichnis Handford, Martin (1990). Wo ist Walter? Großes Wimmelbilder-Spielbuch. Düsseldorf: Sauerländer. Havukainen, Aino / Toivonen, Sami (2010a). Tatu und Patu und ihre verrückten Maschinen (= finn. Tatun ja Patun oudot kojeet, 2010). Stuttgart: Thienemann. Havukainen, Aino / Toivonen, Sami (2010b). Tatu und Patu und ihr verrücktes Gute- Nacht-Buch (= finn. Tatun ja Patun outo unikirja, 2008). Stuttgart: Thienemann. Havukainen, Aino / Toivonen, Sami (2011). Tatu und Patu und ihr verrückter Kindergarten (= finn. Tatu ja Patu päiväkodissa, 2004). Stuttgart: Thienemann. Havukainen, Aino / Toivonen, Sami (2013). Tatu und Patu und ihre verrückten Berufe (= finn. Tatu ja Patu tjön touhussa, 2006). Stuttgart: Thienemann. Havukainen, Aino / Toivonen, Sami (2014). Tatu und Patu und ihr verrücktes Finnland (= finn. Tatun ja Patun Suomi, 2007). Otava: Helsinki. Heidelbach, Nikolaus (1997). Ein Buch für Bruno. Weinheim: Beltz & Gelberg. Heidelbach, Nikolaus (2006). Königin Gisela. Weinheim: Beltz & Gelberg. Hoffmann, Heinrich (2010). Der Struwwelpeter. Lustige Geschichten und drollige Bilder. Neckarsteinach: Ed. Tintenfaß. Innocenti, Roberto / Lewis, J. P. (2002). Das Hotel zur Sehnsucht. Düsseldorf: Sauerländer. Janosch (1978). Oh, wie schön ist Panama. Weinheim: Beltz & Gelberg. Jeram, Anita / McBratney, Sam (1994). Weißt Du eigentlich wie lieb ich dich hab? Aarau: Sauerländer Verlag. Kehn, Regina (2013). Das literarische Kaleidoskop (= Die Bücher mit dem blauen Band). Frankfurt am Main: Fischer- KJB . Kehr, Karoline (2001). Schwi-Schwa-Schweinehund. Berlin: Altberliner Verlag. Kienitz, Bettina / Mohr, Irene (2006). Niklas bekommt ein Schwesterchen. Hamburg: Lies + Spiel Verlag. Klassen, Jon / Bodmer, Thomas (2012). Wo ist mein Hut. Zürich: NordSüd-Verlag. Klemke, Werner / Wellm, Alfred (1977). Karlchen Duckdich. Berlin: Beltz & Gelberg. Kooser, Ted / Klassen, Jon (2012). House held up by trees. Somerville, Mass.: Candlewick Press. Kooser, Ted / Klassen, Jon (2013). Das Haus in den Bäumen. Zürich: NordSüd-Verlag. Krause, Ute (2007). Oskar und der sehr hungrige Drache. Hamburg: Oetinger. 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Ichmagnicht-… oder wie der Mann Envälitä auf die Katze kam. Rostock: Hinstorff. Limoni, Marc / Schwandt, Susanne (2007). Die kleine Elfe in der Elfenschule. Freiburg im Breisgau: Kerle bei Herder. Lindenbaum, Pija / Behnken, Kerstin (2011). Mia schläft woanders (= schwed. Siv sover vilse, 2009). Hamburg: Oetinger. Lindgren, Astrid, Wiberg, Harald (1960). Tomte Tummetott. Hamburg: Oetinger. Lindgren, Astrid / Crowther, Kitty (2014). Tomte Tummetott. Hamburg: Oetinger. Lionni, Leo (1962). Das kleine Blau und das kleine Gelb (= engl. Little Blue and Little Yellow, 1959). Hamburg: Oetinger. McAfee, Annalena / Browne, Anthony (1984). Mein Papi, nur meiner! oder: Besucher, die zum Bleiben kamen. Frankfurt am Main: Alibaba-Verlag. Meschenmoser, Sebastian (2014). Gordon und Tapir. Stuttgart: Esslinger. Mitgutsch, Ali (2014). Mein großes Spielplatz-Wimmelbuch. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag. Moost, Nele / Rudolph, Annet (2011). Alles meins! Bilderbuch-Film- DVD (= Kleiner Rabe Socke). 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Würzburg: Arena. <?page no="287"?> 287 7 Medienverzeichnis Schnurre, Wolfdietrich / Berner, Rotraut S. (2000). Die Prinzessin kommt um vier. Eine Liebesgeschichte. Berlin: Aufbau-Verlag. Schubiger, Jürg / Blau Aljoscha (2013). Das Kind im Mond. Wuppertal: Peter Hammer Verlag. Sendak, Maurice (1967). Wo die wilden Kerle wohnen (= engl. Where The Wild Things Are, 1963). Zürich: Diogenes. Sendak, Maurice (1984). Als Papa fort war (= engl. Outside Over There, 1981). Zürich: Diogenes. Sís, Peter (2013). Die Konferenz der Vögel (= engl. The Conference of the Birds, 2012). Hamburg: Aladin-Verlag. Solotareff, Grégoire (1996). Du groß, und ich klein (= franz. Tu grand et moi petit, 1996). Frankfurt am Main: Moritz. Solotareff, Grégoire / Nadja (1996). Mischa (= franz. Mitch, 1989). Frankfurt am Main: Moritz. Spanner, Helmut (2004). Meine ersten Wörter. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag. Steer, Dugald / Moseng, Elisabeth (1999). Nur noch eine Geschichte, bitte! (= engl. 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Der Fall der Mauer (= Pixi-Wissen 26). Hamburg: Carlsen. 7.1.2 Filme Heidschötter, Uwe / Weiland, Johannes (Großbritannien, Deutschland 2011). Das Grüffelokind (Orig.: The Gruffalo’s Child). Jonze, Spike ( USA 2009). Wo die wilden Kerle wohnen (Orig.: Where the Wild Things Are). Kuhlmann, Torben (Deutschland 2014). The Making of Lindbergh-- Painting the Cover-Illustration. Abrufbar unter: https: / / www.youtube.com/ watch? v=- OiCQnHeC4TY (Stand: 28 / 02 / 2017). Lang, Max / Schuh, Jakob (Großbritannien, Deutschland 2009). Der Grüffelo (Orig.: The Gruffalo). Rike Jokela (Finnland 2016). Kanelia kainaloon, Tatu ja Patu (Dts.: Zimt in die Achselhöhle, Tatu und Patu). Ruhemann, Andrew / Tan, Shaun (Australien 2010). The Lost Thing. 7.1.3 Hörspiele Donaldson, Julia / Scheffler, Axel (2012). Das Grüffelokind. Gesungen und gesprochen von Ilona Schulz. Hamburg: Hörcompany. 7.2 Sekundärmedien Abraham, Ulf (2000). Übergänge. Wie Heranwachsende zu kompetenten LeserInnen werden. ide-- Informationen zur Deutschdidaktik 24, 20-34. Abraham, Ulf / Kepser, Matthis (2009). Literaturdidaktik Deutsch. Eine Einführung. 3. Auflage (=Grundlagen der Germanistik 42). Berlin: Schmidt. <?page no="289"?> 289 7 Medienverzeichnis Abraham, Ulf / Knopf, Julia (2019). Bilderbücher in den Bildungsstandards und im Deutschunterricht. In: Knopf, Julia / Abraham, Ulf (Hrsg.). BilderBücher. Band 2: Praxis. Vollständig überarbeitete und erweiterte Neuauflage (= Deutschdidaktik für die Primarstufe). Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 3-11. Abraham, Ulf / Knopf, Julia (2019). Genre des BilderBuches. In: Abraham, Ulf / Knopf, Julia (Hrsg.): BilderBücher. Band 1: Theorie. Vollständig überarbeitete und erweiterte Neuauflage (=-Deutschdidaktik für die Primarstufe. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 3-13. Ackermann, Irmgard (2007). Perspektive. 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200, 202, 203, 204, 205, 207, 248 Dimension, materielle 89, 90, 95, 96, 101, 105, 117 Distribution 69, 72, 74, 77, 78, 190, 223, 236, 237, 249 Doppelsinnigkeit 19, 22 Drama 27, 105, 181, 182 Dramatik 27, 233, 236 EEarly Literacy 194 eBook 36, 40, 41, 73, 96, 217 Einstellungsgröße 125, 127 Einzelbild 23, 24, 64, 99, 128, 129, 182, 247 Eltern-Kind-Dyade 195 Entgrenzung, mediale 10, 11, 12, 36, 198 Epik 27, 66, 105 Episode 97, 99, 101, 171, 239 Epitext 79, 80 Epoche, literaturgeschichtliche 20, 72, 139 Erinnerungsbild 128 Erweiterung, elektronische 11, 26, 34, 35, 69, 72, 96, 198 Erzählbilderbuch 26, 28, 29, 102, 240 Erzählebene 118, 119, 120, 121, 228 Erzählen, fantastisches 226 Erzählen, realistisches 26, 29, 30, 31, 98, 112, 235 Erzähler 101, 105, 116, 118, 122, 123, 124, 127, 129, 211, 213, 215, 233, 234, 235, 236, 246, 257 Erzählförderung 11, 193 Erzählraum 116 Erzählsituation, auktoriale 39, 105, 122, 123, 124, 125, 130, 246 <?page no="326"?> 326 Sachregister Erzählsituation, personale 123, 124, 127, 128, 171 Erzählzeit 68, 130, 131, 132, 133, 137 Exposition 88, 98, 115, 118, 120 FFaktur 145, 226 Farbe 40, 68, 91, 105, 127, 142, 152, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 159, 168, 171, 190, 226, 227, 228, 239, 243, 251, 253 Figurencharakterisierung oder -zeichnung 32, 102, 105, 111, 114, 173, 253 Figurenkonstellation 39, 102, 103, 255 Figurenkonzeption 102 Fiktionalität 10, 28, 35, 41, 63, 86, 102, 122, 196, 240 Fokalisierung, externe 124 Form 22, 23, 29, 32, 35, 36, 39, 40, 64, 68, 73, 105, 121, 124, 127, 128, 133, 139, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 157, 160, 161, 165, 166, 168, 171, 178, 181, 186, 190, 202, 215, 217, 221, 225, 233, 234, 240, 244, 248, 253, 254, 255, 259 Frequenz 68, 130, 136, 137 Frühe-Konzepte-Bücher 15, 74, 154 GGattung 10, 15, 18, 22, 27, 28, 35, 39, 90, 91, 92, 93, 97, 193, 196, 200, 204 Genre 22, 27, 28, 35, 88, 106, 184, 185, 196 Gerichtetheit 145, 149, 150, 160, 161, 163, 171 Graphic Novel 10, 22, 25, 26, 42, 66, 137, 181, 182, 197, 198, 199 Großgattung 27, 181 HHandlungsschema 97, 139 Hardcover 74, 80, 82, 83, 85, 223 Haupthandlung 99, 244 Haupttext 80, 82, 83, 87, 226, 246 Heterogenität 11, 200, 201, 202, 207 Hypotaxe 140 I Ich-Erzählsituation 123, 168 Imprint 72, 249 Intermedialität 11, 18, 19, 20, 36, 68, 76, 86, 127, 181, 182, 184, 186, 187, 198, 236, 240, 247 Interpiktoralität 19, 77, 187, 247 Intertextualität 19, 72, 76, 77, 127, 247 Intramedialität 86 KKinder- und Jugendbuchmarkt 18 Komposition 68, 97, 101, 105, 127, 159, 163, 165, 168, 171, 190, 221, 233, 236, 237, 253 LLaufweite 168, 170 Layout 23, 24, 159, 160, 175, 218 Leerstelle 25, 64, 83, 85, 104, 178, 218 Leser, impliziter 75 Literacy 11, 193, 194, 200 Luft- und Farbperspektive 117, 166 Lyrik 27 MMakroanalyse 69, 72, 74, 78, 190, 209, 219, 223, 236, 237 Makrostilistik 138, 139, 140 Malerei, monochrome 157 Manga 10, 22, 25, 26, 66, 181, 182 Märchen 32, 71, 86, 93, 100, 108, 120, 127, 209, 240, 247 Materialität 11, 69, 89, 90, 93, 95, 96, 118, 120, 145, 209, 216, 217, 220, 221, 241 Medienkompetenz 198 Medienverbund 12, 18, 72, 86, 121, 181, 198, 216, 217, 238 Medienwechsel 36, 96 Medium 9, 11, 15, 22, 26, 27, 36, 37, 39, 68, 72, 80, 87, 89, 127, 175, 181, 183, 184, 187, 194, 196, 197, 198, 200, 204, 215, 216, 217, 220, 222, 246 Mehrfachadressierung 20, 22, 247 Merchandising 216, 238 <?page no="327"?> 327 Sachregister Metapher 12, 23, 116, 139, 142, 143, 144, 259 Mikroanalyse 11, 68, 69, 78, 89, 97, 102, 106, 110, 118, 122, 130, 138, 145, 152, 159, 168, 176, 181, 190, 209, 210, 216, 220, 226, 229, 241, 244, 246, 251, 253, 255, 257 Mikrostilistik 138, 139 Mini(bilder)buch 85, 120 Mitleser, erwachsener 18, 74, 75, 77, 82 Mittel, raumschaffende 116, 159, 166, 167, 168 Mittel, rhetorische 23, 138, 139, 140, 144 Modi des visuellen Erzählens 64 Monolog, innerer 104, 128 Monoszenik 99, 211, 244 Motiv (siehe auch Schwellenmotiv) 12, 32, 98, 106, 107, 108, 109, 110, 190, 199, 214, 226, 240 NNarratoästhetik 9, 10, 52, 53, 63, 67, 68, 79, 181, 190, 197 Nebentext 78, 79, 83, 87 Nullfokalisierung 124, 234, 255, 257, 259 OObjektmedium 181, 184 Onomatopoetikum 23, 24, 141, 171 Ordnung 133 Originärtext 43, 44, 45, 46, 47, 48, 181 PParataxe 140, 144 Periode 20, 72, 139 Peritext 12, 79, 80, 83, 85, 87, 88, 127, 237, 241, 242, 243 Pluriszenik 33, 97, 99 Primärwelt 29, 31, 32, 33, 121, 226, 229 Produktion 69, 72, 76, 77, 78, 190, 209, 219, 223, 236, 237, 249 Prolepse 133, 134 R Rahmenerzählung 101, 118, 119, 120, 122 Raum 11, 15, 18, 23, 27, 41, 63, 66, 74, 77, 99, 110, 111, 112, 114, 115, 116, 117, 123, 127, 129, 145, 166, 168, 184, 209, 218, 220, 221, 229, 231, 245 Raum, erzählender 68, 110, 111, 114 Raum, erzählter 68, 111 Rede, erlebte 123 Referenzmedium 184 Remediation 35 Rezeption 17, 20, 34, 66, 69, 74, 75, 76, 77, 78, 82, 96, 102, 116, 122, 130, 137, 190, 197, 198, 213, 217, 218, 221, 222, 223, 248 SSachbilderbuch 10, 26, 28, 33, 34, 86 Sacherzählbilderbuch 29, 240 Schauplatz 28, 32, 63, 98, 111, 229 Schriftbildlichkeit 68, 168, 170, 171 Schwellenmotiv, fantastisches 31, 33, 98, 112, 113, 132 Science Fiction 33 Sekundärwelt 29, 31, 32, 33, 98, 112, 121, 132, 226, 229, 230, 235, 236 Sekundenstil 131 Serife 119, 173 Simultanbild 64, 99, 100, 101, 244 Softcover 74, 80, 85 Spiel- oder Beschäftigungsbilderbuch 33, 34, 35, 36, 80, 95, 96, 134 Sprachförderung 193, 195 Stilistik 139 Stoff 89, 98, 107, 109, 110, 210, 217, 223, 238 stream of consciousness 128 Symbol 39, 64, 69, 77, 111, 114, 116, 118, 143, 152, 154, 157, 191, 196, 214, 227, 234 Synchronie 27, 96 Systemreferenz 181 T <?page no="328"?> 328 Sachregister Textbegriff 9, 10 Textur 145 Transmedialität 10, 68 Trope 116, 142, 144 Typographie 68, 79, 80, 85, 119, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 175, 242, 246 Typotapher 141, 172 VVerhältnis von Bild- und Schrifttext, komplementäres (auch geflochtener Zopf) 178 Verhältnis von Bild- und Schrifttext, kontrapunktisches (auch kontrapunktische Spannung; Widerspruch) 178, 179, 180 Verhältnis von Bild- und Schrifttext, symmetrisches (auch Parallelität) 176, 178 Visual Literacy 194, 197 visueller Prolog 69, 87, 88 Vorlesen, betrachtendes 194, 195, 198 Vorstellungsbild 128 WWendepunkt 97, 98, 213, 215 Wimmel(bilder)buch 26, 33, 99, 100, 101, 125, 166, 167 Wimmelspiel 41 ZZeitdehnung 131, 132 Zeit, erzählte 24, 68, 130, 131, 132, 137 Zeitraffung 130, 136 Zwei-Welten-Modell 29, 36, 98, 226 <?page no="329"?> Dies ist ein utb-Band aus dem Narr Francke Attempto Verlag. utb ist eine Kooperation von Verlagen mit einem gemeinsamen Ziel: Lehrbücher und Lernmedien für das erfolgreiche Studium zu veröffentlichen. utb-shop.de ,! 7ID8C5-cfehjh! ISBN 978-3-8252-5479-7 Tobias Kurwinkel Bilderbuchanalyse Narrativik - Ästhetik - Didaktik 2. Auflage Bilderbücher spielen nicht nur für die frühkindliche Bildung und Medienerziehung eine zentrale Rolle. In den letzten Jahrzehnten haben sich komplexe Formen der Interdependenzen von Bild und Text und eine lebhafte Rezeption der Bildenden Kunst sowie der Medienkultur entwickelt. Dieser Band führt umfassend in das Bilderbuch als Buchgattung ein, dabei steht die narratoästhetische Analyse in Bild und Text im Zentrum. Exemplarisch angewandt wird der Ansatz durch Beispielanalysen ausgewiesener Experten, die verschiedene Bilderbücher und Apps untersuchen. Kapitel zur Didaktik des Bilderbuchs sowie ein Glossar zur Fachterminologie runden die Einführung ab. Die 2. Auflage wurde aktualisiert, ergänzt und um ein Kapitel zur historischen Entwicklung des Bilderbuchs erweitert. „ein Basiskompendium für alle, die sich mit dem Kinderbuch akademisch auseinandersetzen.“ Eselsohr 1/ 2020 Literaturwissenschaft Kurwinkel Bilderbuchanalyse 2. A. QR-Code für mehr Infos und Bewertungen zu diesem Titel 54797 Kurwinkel_M-4826.indd 1 54797 Kurwinkel_M-4826.indd 1 08.07.20 10: 53 08.07.20 10: 53