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Wertorientiertes Controlling

Konzepte und Fallstudien

1125
2015
978-3-8385-8654-0
978-3-8252-8654-5
UTB 
Anton Burger
Niels Ahlemeyer

Ziel des Controllings im Unternehmen ist es, Informationen zu generieren, sie zweckgerecht zu verarbeiten und sie für die Entscheidungsfindung übersichtlich aufzubereiten. Der Zweck der Wertorientierung ist, dem Controlling eine Zielrichtung zu geben: die Steigerung des Unternehmenswerts. Ziel des "wertorientierten Controllings" ist es daher, Informationen so zu generieren, zu verarbeiten und übersichtlich aufzubereiten, dass sie dem Management helfen, den Unternehmenswert durch Entscheidungen positiv zu beeinflussen. Darüber hinaus ermittelt das "wertorientierte Controlling" regelmäßig die Wertentwicklung, die als Grundlage für die Gestaltung von Anreizsystemen dienen kann. In der Praxis ist es wichtig, dass ein "Controller", der Aufgaben des "wertorientierten Controllings" übernimmt, die Ermittlung des Werts und die Messung der Wertsteigerung des Unternehmens theoretisch und praktisch durchdrungen hat. Daher werden in diesem Buch die theoretischen Grundlagen und die praktische Anwendung durch Fallstudien verknüpft.

<?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Wilhelm Fink · Paderborn A. Francke Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol Waxmann · Münster · New York utb 8654 <?page no="2"?> Niels Ahlemeyer, Anton Burger Wertorientiertes Controlling Konzepte und Fallstudien UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="3"?> Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2016 Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Coverillustration: © Daniel Coulmann - Fotolia.com Druck und Bindung: CPI - Ebner & Spiegel , Ulm UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 8654 ISBN: 978-3-8252-8654-5 <?page no="4"?> Vorwort In diesem Buch möchten wir die Theorie und die praktische Umsetzung des „wertorientierten Controllings“ dem Leser näher bringen. Der Begriff „wertorientiertes Controlling“ besteht aus zwei Termini: „Wertorientierung“ und „Controlling“. Ziel des Controllings im Unternehmen ist es, Informationen zu generieren, sie zweckgerecht zu verarbeiten und sie für die Entscheidungsfindung übersichtlich aufzubereiten. Durch die Generierung, Verarbeitung und Aufbereitung von Informationen kann das Controlling unterschiedliche Funktionen im Unternehmen wahrnehmen: Schaffung einer Informationsgrundlage für Entscheidungen des Managements, Sicherung der Rationalität bei der Entscheidungsfindung durch das Methodenwissen, Reflexion der Entscheidungen des Managements, Entlastung des Managements sowie Übernahme von Planungs-, Kontroll- und Koordinationsaufgaben durch die regelmäßige und zweckgerechte Aufbereitung von Informationen. Der Zweck der Wertorientierung ist, dem Controlling eine Zielrichtung zu geben. Die Zielrichtung, die das „wertorientierte Controlling“ hat, ist die Steigerung des Unternehmenswerts. Der Unternehmenswert im Zeitpunkt 0 ist jener Betrag, den potentielle Investoren bereit sind für das Unternehmen zu zahlen. Ziel des „wertorientierten Controllings“ ist es daher, Informationen so zu generieren, zu verarbeiten und übersichtlich aufzubereiten, dass sie dem Management helfen, den Unternehmenswert durch Entscheidungen positiv zu beeinflussen. Darüber hinaus ermittelt das „wertorientierte Controlling“ regelmäßig die Wertentwicklung, die als Grundlage für die Gestaltung von Anreizsystemen dienen kann. In der Praxis ist es wichtig, dass ein „Controller“, der Aufgaben des „wertorientierten Controllings“ übernimmt, die Ermittlung des Werts und die Messung der Wertsteigerung des Unternehmens theoretisch und praktisch durchdrungen hat. Daher werden in diesem Buch die theoretischen Grundlagen und die praktische Anwendung durch Fallstudien verknüpft. Zur Sicherung der langfristigen Existenz eines Unternehmens ist es wichtig, die Entwicklung des finanziellen Werts stetig im Blick zu haben. Wir wünschen daher, dass dieses Buch aktuellen und zukünftigen Entscheidungsträgern dabei hilft, Entscheidungen zur Sicherung der langfristigen Existenz eines Unternehmens zu treffen. <?page no="5"?> Benutzerhinweis Hilfreiches Download-Material in Form von Excel-Daten finden Sie unter http: / / www.uvk-lucius.de/ wert-controlling <?page no="6"?> uvk-lucius.de/ wert-controlling Inhalt Vorwort ................................................................................................................ 5 Inhalt.................................................................................................................... 7 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings .......................... 9 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR .................................. 9 1.1.1 Fallstudie zum konzeptionellen Zusammenhang von Gewinn- und Verlustrechnung, Geldflussrechnung und Bilanz ................................................ 10 1.1.2 Planung der Bilanz, GuV und KFR ....................................................................... 14 1.1.2.1 Analyse und Prognose der Ertragsstruktur ....................................................... 16 1.1.2.2 Fallstudie zur Analyse und Prognose der Ertragsstruktur .............................. 18 1.1.2.3 Analyse und Prognose der Aufwandsstruktur .................................................. 20 1.1.2.4 Fallstudie zur Analyse und Prognose der Aufwandsstruktur ......................... 23 1.1.2.5 Analyse und Prognose der Vermögensstruktur ................................................ 25 1.1.2.6 Fallstudie zur Analyse und Prognose der Vermögens- und Kapitalstruktur .. 31 1.1.2.7 Analyse und Prognose der Finanzstruktur ........................................................ 34 1.1.2.8 Fallstudie zur Analyse und Prognose der Finanzstruktur ............................... 37 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings................................................................................................ 39 2.1 Auswirkungen von Investitionen auf den Unternehmenswert.......................... 39 2.2 Beurteilung von Investitionen ................................................................................. 43 2.3 Risikoaversion bei der Investitionsbeurteilung..................................................... 46 2.4 Bestimmung der Kapitalkosten nach dem CAPM............................................... 52 2.5 Bestimmung der Kapitalkosten nach dem Analogieansatz ................................ 56 2.6 Pragmatische Bestimmung der Kapitalkosten ...................................................... 59 2.7 Unternehmensbewertung ......................................................................................... 62 2.7.1 Dividendendiskontierungsmodell ........................................................................... 62 2.7.2 DCF-Ansatz ............................................................................................................... 68 2.7.2.1 DCF-Equity-Ansatz .............................................................................................. 68 2.7.2.2 Fallstudie zum DCF-Equity-Ansatz ................................................................... 72 2.7.2.3 DCF-Entity-Ansatz ............................................................................................... 77 2.7.2.3.1 TCF-Ansatz........................................................................................................ 79 2.7.2.3.2 Fallstudie zum TCF-Ansatz ............................................................................ 82 2.7.2.3.3 WACC-Ansatz................................................................................................... 89 2.7.2.3.4 Fallstudie zum WACC-Ansatz........................................................................ 93 <?page no="7"?> 8 Inhalt 2.7.2.4 Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens..................... 100 2.7.2.5 Fallstudie zur Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens ............................................................................................................ 103 2.7.2.6 Berücksichtigung der ewigen Rente im DCF-Verfahren .............................. 111 2.7.2.7 Fallstudie zur Berücksichtigung der ewigen Rente im DCF-Verfahren ..... 116 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings............... 119 3.1 Von der traditionellen zur wertorientierten Erfolgsmessung.............................. 119 3.2 Ermittlung des Übergewinns .................................................................................... 124 3.3 Fallstudie zur Ermittlung des Übergewinns ........................................................... 128 3.4 Lücke-Theorem........................................................................................................... 131 3.5 Fallstudie zum Lücke-Theorem ............................................................................... 134 3.6 EVA ®™ -Verfahren ..................................................................................................... 139 3.7 Anpassungen im EVA ®™ -Verfahren ...................................................................... 141 3.8 Fallstudie zur Ermittlung des EVA ®™ .................................................................... 146 3.9 Fallstudie zu Anpassungen des EVA ®™ ................................................................. 151 3.10 CVA-Verfahren........................................................................................................... 158 3.11 Fallstudie zum CVA-Ansatz ..................................................................................... 163 3.12 ERIC ®™ -Verfahren .................................................................................................... 172 3.13 Ökonomischer Übergewinn ..................................................................................... 175 Literatur ............................................................................................................177 Index ................................................................................................................. 181 <?page no="8"?> uvk-lucius.de/ wert-controlling 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR Im externen Rechnungswesen wird der Jahresabschluss erstellt, der internen und externen Adressaten Informationen zur Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage liefert. Der Jahresabschluss besteht aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) sowie der Kapitalflussrechnung (KFR) und dem Anhang (vgl. Coenenberg/ Haller/ Mattner/ Schultze 2014, S. 8). Die Gewinn- und Verlustrechnung ist eine Zeitraum-Rechnung (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 750). In ihr wird der Erfolg einer Periode ausgewiesen. Erträge mehren und Aufwendungen mindern das Reinvermögen innerhalb einer Periode. Erhöht sich das Reinvermögen innerhalb einer Periode, so erwirtschaftet das Unternehmen einen Gewinn (Ertragsüberschuss). Vermindert sich das Reinvermögen innerhalb einer Periode, so erwirtschaftet das Unternehmen einen Verlust (Aufwandsüberschuss). Der Gewinn einer Kapitalgesellschaft wird auch als Jahresüberschuss bezeichnet. Die Bilanz ist eine Zeitpunkt-Rechnung (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 750). In ihr wird das Vermögen des Unternehmens ausgewiesen. Die rechte oder „Passiv“-Seite der Bilanz zeigt die Mittelherkunft, die linke oder „Aktiv“-Seite die Mittelverwendung. Aktiv- und Passivseite der Bilanz sind immer ausgeglichen. Die ausgewiesenen Mittel auf der Passivseite stammen von Eigen- oder Fremdkapitalgebern. Gebunden sind die Mittel in lang- oder kurzfristigen Vermögenswerten auf der Aktivseite. Die Kapitalflussrechnung ist - wie die Gewinn- und Verlustrechnung - eine Zeitraum- Rechnung (vgl. Burger 1995, S. 102). In ihr wird die Veränderung der liquiden Mittel erklärt. Einzahlungen erhöhen und Auszahlungen mindern die liquiden Mittel. Erhöhen sich die liquiden Mittel innerhalb einer Periode, so entsteht im Unternehmen ein Einzahlungsüberschuss (positiver Cashflow). Die einzelnen Ein- und Auszahlungen, die in einer Periode entstehen, werden in der Kapitalflussrechnung der laufenden Geschäftstätigkeit, der Investitionstätigkeit und der Finanzierungstätigkeit zugeordnet (vgl. Behringer 2010, S. 88, S. 95f.). Der separate Ausweis hilft dem Analysten, die Ursachen für eine Veränderung der liquiden Mittel besser zu verstehen. Leitet der Analyst die Cashflows aus der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz selbst ab, ohne sich an die Gliederung der Kapitalflussrechnung zu halten, dann wird von einer Geldflussrechnung gesprochen. Die Rechengrößen der Gewinn- und Verlustrechnung, der Kapitalflussrechnung / Geldflussrechnung und der Bilanz sind miteinander verknüpft (vgl. Burger 1995, S. 104ff.). In der Gewinn- und Verlustrechnung werden Erträge und Aufwendungen abgebildet, in der Kapitalflussrechnung / Geldflussrechnung Ein- und Auszahlungen. Erträge und Aufwendungen sind periodisierte Ein- und Auszahlungen, d.h. ein Ertrag (bzw. Aufwand) entspricht in dieser oder einer anderen Periode einer Einzahlung (bzw. Auszahlung). Über die Totalperiode, d.h. von der Gründung im Zeitpunkt t=0 bis zur Auflösung des Unternehmens im Zeitpunkt T, ist die Summe der Ertragsüberschüsse gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse und gleich der Summe der Entnahmeüberschüsse (vgl. zum Kongruenzprinzip grundlegend Lücke 1955 und Schmalenbach 1962): <?page no="9"?> 10 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: ERÜ t = Ertragsüberschüsse , EZÜ t = Einzahlungsüberschüsse, ETÜ t = Entnahmeüberschüsse, t = Zeitindex Die Bilanz hingegen speichert zu einem bestimmten Zeitpunkt die Vermögenswerte auf der Aktivseite und das Eigen- und Fremdkapital auf der Passivseite (vgl. zur Bilanz als Speicher grundlegend Schmalenbach 1962). Das Eigenkapital ist eine Residualgröße und bleibt als Rest übrig, wenn von der Bilanzsumme das Fremdkapital abgezogen wird. Da in der Bilanz die Aktiv- und Passivseite immer ausgeglichen sind, werden im Zeitablauf Erträge (Erhöhung des Eigenkapitals) zu Einzahlungen (Erhöhung der liquiden Mittel) und Aufwendungen (Verminderung des Eigenkapitals) zu Auszahlungen (Verminderung der liquiden Mittel). Über die Zeit betrachtet kann daher einem Ertrag eine Einzahlung und einem Aufwand eine Auszahlung zugeordnet werden. Unterscheiden sich Erträge und Einzahlungen bzw. Aufwendungen und Auszahlungen in einer Periode, so speichert die Bilanz diese Differenz bis zu ihrer Auflösung. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Reinvermögensmehrung oder -minderung nicht der Erhöhung oder Verringerung der liquiden Mittel entspricht, so ist der in einer Teilperiode gebuchte Ertrag oder Aufwand in einer anderen Teilperiode wieder rückgängig zu machen (periodenfremder Ertrag / Aufwand). 1.1.1 Fallstudie zum konzeptionellen Zusammenhang von Gewinn- und Verlustrechnung, Geldflussrechnung und Bilanz Ziel dieser Fallstudie ist es, die drei Rechenwerke Gewinn- und Verlustrechnung, Geldflussrechnung und Bilanz in ihrem Zusammenwirken zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte werden in dieser Fallstudie beleuchtet: zur Entwicklung der Ertragsüberschüsse über die Totalperiode, zur Entwicklung der Einzahlungsüberschüsse über die Totalperiode, zum Zusammenhang der Rechengrößen über die Totalperiode, zur ökonomischen Interpretation des Kongruenzprinzips. Die „Autohaus DUCK AG“ wird im Zeitpunkt t gegründet und am Ende der Periode t+4 zu Buchwerten liquidiert. Ausgangsdaten: Kapital und Vermögen bei der Gründung: Die Eigenkapitalgeber legen 300 GE bei der Gründung in die „Autohaus DUCK AG“ ein. Darüber hinaus nimmt die „Autohaus DUCK AG“ einen Kredit i.H.v. 300 GE (Zinssatz = 5%) auf. Das Eigen- und verzinsliche Fremdkapital verwendet die „Autohaus DUCK AG“ für den Kauf eines Gebäudes i.H.v. 400 GE, für den Kauf von Vorräten i.H.v. 176 GE (4 Autos je 44 GE Einkaufspreis) und der Rest erhöht die liquiden Mittel (24 GE). Umsatzerlöse / Umsatzeinzahlungen / Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (Ford. aus L&L): Die „Autohaus DUCK AG“ verkauft von der Periode t+1 bis t+4 pro Monat drei Autos zu einem Preis von 50 GE, d.h. pro Jahr entstehen Umsatzerlöse i.H.v. 1.800 GE. Die monatlich verkauften Wagen (3 × 50 GE = 150 GE) werden erst einen Monat nach dem Übergang der Ware bezahlt (Ford. aus L&L). <?page no="10"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 11 uvk-lucius.de/ wert-controlling Materialaufwand / Materialauszahlung / Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (Verb. aus L&L): Der Einkaufspreis beträgt konstant pro Auto 44 GE. Die „Autohaus DUCK AG“ kauft pro Monat drei Autos (3 × 44 GE = 132 GE) ein, zahlt die Autos aber erst einen Monat später (Verb. aus L&L). Personalaufwand / Personalauszahlung: Zwei Angestellte verkaufen in der „Autohaus DUCK AG“ die Neuwagen. Ein Angestellter verdient 36 GE Bruttogehalt im Jahr. Das Gehalt wird pünktlich ausgezahlt (2 × 36 GE = 72 GE). Abschreibungen / Investitionsauszahlung: Das Gebäude wird linear über vier Perioden abgeschrieben (400/ 4 = 100 GE). Sonstiger Aufwand und Ertrag / sonstige Auszahlung und Einzahlung: Die „Autohaus DUCK AG“ gibt 13,2 GE pro Jahr für Werbung aus. Die Rechnungen werden sofort bezahlt. Zinsaufwand und Steueraufwand / Zinsauszahlung und Steuerauszahlung: Die vertraglich vereinbarten Zinsen für das überlassene verzinsliche Fremdkapital (300 GE × 5%) und die Steuern (30% = Unternehmenssteuersatz) werden pünktlich gezahlt. Ausschüttungspolitik: Der Gewinn wird am Ende des Jahres an die Eigenkapitalgeber voll ausgeschüttet. Die folgende Abbildung veranschaulicht die Entwicklung der Bilanz von der Gründung bis zur Liquidation der „Autohaus DUCK AG“: Abb. 1: Entwicklung der Bilanz über die Totalperiode Wir nehmen an, dass alle Bilanzpositionen bei der Liquidation zu Buchwerten aufgelöst werden. Folgende Bilanzpositionen verändern sich im Zeitablauf: Der Wert des Anlagevermögens verringert sich jährlich um die Abschreibung. Die Ford. aus L&L und die Verb. aus L&L entstehen nach der Gründung des Autohauses dadurch, dass die gekauften und verkauften Autos erst einen Monat später gezahlt werden. Die Differenz zwischen den Ford. aus L&L und den Verb. aus L&L (18 GE) verringert die liquiden Mittel am Anfang der Periode t+1. Zur besseren Ermittlung der Kapitalrentabilität erfassen wir daher in den folgenden Fallstudien die Ford. aus L&L und die Verb. aus L&L schon in der Gründungsbilanz. Da der Jahresüberschuss voll ausgeschüttet wird, verändert sich das Eigenkapital nicht. Die liquiden Mittel hingegen erhöhen sich um nicht ausgeschüttete Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen. Bilanz in GE Gründung t+1 t+2 t+3 t+4 Liquidation Anlagevermögen 400 300 200 100 0 0 + Vorräte 176 176 176 176 176 176 + Ford. L&L 0 150 150 150 150 150 + liquide Mittel 24 106 206 306 406 406 = Aktiva 600 732 732 732 732 732 Eigenkapital 300 300 300 300 300 300 + verz. Fremdkapital 300 300 300 300 300 300 + Verb. L&L 0 132 132 132 132 132 = Passiva 600 732 732 732 732 732 <?page no="11"?> 12 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Entwicklung der Ertragsüberschüsse über die Totalperiode: Um die Ertragsüberschüsse von der Gründung bis zur Liquidation zu betrachten, müssen bei der Liquidation alle Bilanzpositionen über die Gewinn- und Verlustrechnung aufgelöst werden. Bei der „Autohaus DUCK AG“ entstehen durch den angenommenen Verkauf der Vorräte bei der Liquidation zu Buchwerten Umsatzerlöse i.H.v. 176 GE und ein Materialaufwand i.H.v. 176 GE: Abb. 2: Entwicklung der Gewinn- und Verlustrechnung über die Totalperiode Über die Totalperiode hat die „Autohaus DUCK AG“ Ertragsüberschüsse i.H.v. 44,2 GE erwirtschaftet (Totalerfolg), die von den Eigenkapitalgebern aus dem Unternehmen entnommen werden können. Zur Entwicklung der Einzahlungsüberschüsse über die Totalperiode: Um die Einzahlungsüberschüsse von der Gründung bis zur Liquidation zu betrachten, müssen bei der Liquidation alle Bilanzpositionen über die Geldflussrechnung aufgelöst werden. Bei der „Autohaus DUCK AG“ werden daher bei der Liquidation die Verb. aus L&L vom Unternehmen und die Ford. aus L&L von den Kunden beglichen. Darüber hinaus kommt es noch zu einer Umsatzeinzahlung aus dem Verkauf der Vorräte bei der Liquidation. Auch die Rückzahlung der Kredite und die Rückzahlung der Eigenkapitaleinlagen werden in der Geldflussrechnung abgebildet: GuV in GE t+1 t+2 t+3 t+4 Liquidation ERÜ Umsatzerlöse 1.800 1.800 1.800 1.800 176 7.376 - Materialaufwand -1.584 -1.584 -1.584 -1.584 -176 - Personalaufwand -72 -72 -72 -72 - Abschreibungen -100 -100 -100 -100 -/ + Sonstiger Aufw and/ Ertrag -13,2 -13,2 -13,2 -13,2 = Betriebsergebnis (oEBIT) 30,8 30,8 30,8 30,8 0 123,2 + Finanzerträge 0 0 0 0 - Finanzaufwendungen -15 -15 -15 -15 = Finanzergebnis -15 -15 -15 -15 = Gewinn vor Steuern (EBT) 15,8 15,8 15,8 15,8 0 63,2 - Steueraufw and -4,74 -4,74 -4,74 -4,74 0 = Gewinn (EAT) 11,06 11,06 11,06 11,06 0 44,2 -/ + EK-Einlagen/ -Entnahme 300 0 0 0 0 -300 - EK-Ausschüttung -11,06 -11,06 -11,06 -11,06 = Eigenkapital (EK) 300 0 0 0 0 -300 0 -44,2 <?page no="12"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 13 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 3: Entwicklung der Geldflussrechnung über die Totalperiode Über die Totalperiode hat die „Autohaus DUCK AG“ Einzahlungsüberschüsse i.H.v. 44,2 GE erwirtschaftet (Totalerfolg), die von den Eigenkapitalgebern aus dem Unternehmen entnommen werden können. Zum Zusammenhang der Rechengrößen über die Totalperiode: Über die Totalperiode ist die Summe der Ertragsüberschüsse gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse und gleich der Summe der Entnahmeüberschüsse (Kongruenzprinzip). Der Ertragsüberschuss in der Periode t ist der Ertrag in der Periode t minus dem Aufwand in der Periode t. Da Erträge und Aufwendungen periodisierte Ein- und Auszahlungen sind, führt über die Totalperiode ein Ertrag (bzw. Aufwand) in dieser oder einer anderen Periode zu einer Einzahlung (bzw. Auszahlung). Folgender Zusammenhang entsteht: Über die Totalperiode entspricht daher die Summe der Netto Cashflows / Flow to Equity dem Totalerfolg, der von den Eigentümern der Sphäre des Unternehmens entnommen werden kann: GFR in GE Gründung t+1 t+2 t+3 t+4 Liquidation EZÜ Umsatzeinzahlung 1.650 1.800 1.800 1.800 326 7.376 - Materialauszahlung -176 -1.452 -1.584 -1.584 -1.584 -132 - Personalauszahlung -72 -72 -72 -72 -/ + In-/ Desinvestitionen -400 0 0 0 0 -/ + Sonstige Aus-/ Einzahlungen -13,2 -13,2 -13,2 -13,2 = Bet. FCF vor Steuern -576 112,8 130,8 130,8 130,8 194,0 123,2 -/ + Ein-/ Auszahlungen Finanzanlagen 0 0 0 0 -/ + Zinsauszahlungen -15 -15 -15 -15 -/ + FK-Aufnahme/ Tilgung 300 0 0 0 0 -300 = FtEq/ NCF vor Steuern -276 97,8 115,8 115,8 115,8 -106,0 63,2 gezahlte Steuern -4,74 -4,74 -4,74 -4,74 = FtEq/ NCF -276,00 93,06 111,06 111,06 111,06 -106,00 44,2 -/ + Aus./ Kap. 300 0 0 0 0 -300 - EK-Ausschüttung -11,06 -11,06 -11,06 -11,06 = LM 24 82 100 100 100 -406 0 -44,2 <?page no="13"?> 14 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: ERÜ t = Ertragsüberschüsse , EZÜ t = Einzahlungsüberschüsse, ETÜ t = Entnahmeüberschüsse, t = Zeitindex Die Unterschiede zwischen der GuV und der GFR werden in der Bilanz bis zu ihrer Auflösung gespeichert. Darüber hinaus werden in der Bilanz erfolgsneutrale Vorgänge abgebildet - d.h. Vorgänge, die den Gewinn in einer Periode nicht beeinflussen (Eigenkapitaleinlage und -entnahme, Kreditaufnahme und -tilgung). Die Bilanz ergänzt daher die GuV und die GFR. Zur ökonomischen Interpretation des Kongruenzprinzips: Über die Totalperiode ist die Summe der Ertragsüberschüsse gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse. Einzahlungsüberschüsse werden im Unternehmen erwirtschaftet und können über die Totalperiode aus dem Unternehmen entnommen werden. Der Gewinn kann - soweit er nicht in einer anderen Periode wieder korrigiert wird - in dieser oder einer anderen Periode an die Eigentümer ausgeschüttet werden. Analog hierzu kann der Bruttogewinn in dieser oder einer anderen Periode dazu verwendet werden, um die Ansprüche der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber zu erfüllen. Der Flow to Equity / Netto Cashflow und der Flow to Entity / Free Cashflow (FCF) sind keine Erfolgsgrößen. Über die Totalperiode betrachtet geben aber die Summe der Netto Cashflows und die Summe der Free Cashflows den Erfolg des Unternehmens wieder. Über die Totalperiode ist die Summe der Betriebsergebnisse gleich der Summe der betrieblichen FCF vor Steuern. Die Summe der betrieblichen FCF vor Steuern gibt daher den Erfolg der Betriebstätigkeit wieder, genauso wie das Betriebsergebnis in dieser oder einer anderen Periode dazu verwendet werden kann, um die Ansprüche der Gesamtkapitalgeber und die Ansprüche des Fiskus zu erfüllen. Durch eine simultane Analyse der Entwicklung der Gewinne/ Bruttogewinne, der NCF/ FCF und der Bilanzpositionen kann das Unternehmen differenzierter beurteilt werden. 1.1.2 Planung der Bilanz, GuV und KFR Eigenkapitalgeber benötigen Informationen, um zu entscheiden, ob sie einem Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung stellen, einem Unternehmen Eigenkapital entziehen oder Einfluss über die Hauptbzw. Gesellschafterversammlung auf ein managergeführtes Unternehmen ausüben. Fremdkapitalgeber brauchen Informationen, um zu entscheiden, ob sie einem Unternehmen über eine gewisse Zeit zu einem festen Zinssatz Fremdkapital überlassen. Eine Kapitalüberlassung erfolgt zu einem bestimmten Zeitpunkt t, der finanzielle Nutzen aus der Kapitalüberlassung wird in den darauf folgenden Perioden realisiert. Die Eigen- und Fremdkapitalgeber sind daher an zukunftsorientierten Informationen interessiert. Sie möchten wissen, ob das Unternehmen das Kapital in der Zukunft risikoadäquat verzinsen und zurückzahlen kann. <?page no="14"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 15 uvk-lucius.de/ wert-controlling Im Jahresabschluss wird in der Bilanz das Vermögen, in der Gewinn- und Verlustrechnung werden die Erträge und Aufwendungen und in der Kapitalflussrechnung die Ein- und Auszahlungen veröffentlicht. Für die Kapitalgeber ist von Relevanz, wie sich der Wert der Vermögensgegenstände des Unternehmens entwickeln wird, ob sie schnell verkauft werden können und ob die Finanzierung des Unternehmens zukünftig gesichert ist. Wie sich die einzelnen Bilanzpositionen entwickeln und wie hoch die künftigen Ertrags- und Einzahlungsüberschüsse ausfallen, kann durch eine Plan- Bilanz, Plan-Gewinn- und Verlustrechnung und Plan-Geldflussrechnung (Planungsrechnung) abgebildet werden. Die Planungsrechnung ist kein Teil des Jahresabschlusses. Die Kapitalgeber müssen die Planungsrechnung selbst erstellen, um auf Grundlage dieser Rechnung zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen. Die Planungsrechnung wird auch als integrierte Planungsrechnung bezeichnet, weil die Plan-Bilanz, Plan-Gewinn- und Verlustrechnung und Plan-Geldflussrechnung rechnerisch miteinander verknüpft sind (vgl. Ballwieser 2011, S. 54; Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 15). Ein- und Auszahlungen verändern die liquiden Mittel auf der Aktivseite der Bilanz, Erträge und Aufwendungen das Reinvermögen auf der Passivseite der Bilanz. Über die Totalperiode sind die Ertragsüberschüsse in die Einzahlungsüberschüsse überführbar (Kongruenzprinzip). Da die Aktivseite und Passivseite der Bilanz immer ausgeglichen sind und die Bilanz lediglich die periodischen Unterschiede zwischen den Ertrags- und Einzahlungsüberschüssen speichert, werden die Unterschiede spätestens bei der Auflösung aller Bilanzpositionen eingeebnet (vgl. Coenenberg/ Haller/ Mattner/ Schultze 2014, S. 73). Durch die Prognose der Einzahlungsüberschüsse wird eine Aussage über die Entwicklung der Reinvermögensänderung getroffen, genauso wie die Prognose der Ertragsüberschüsse eine Aussage über die zukünftige Entwicklung der Einzahlungsüberschüsse enthält. Zur Erstellung einer integrierten Planungsrechnung sind daher sowohl die Ertragsals auch die Einzahlungsüberschüsse zu analysieren und zu prognostizieren, denn über die Totalperiode betrachtet gehören beide Größen zusammen. Grundlage für die Erstellung einer Planungsrechnung ist die Analyse der Jahresabschlüsse der Vergangenheit: Erstens, weil sich die Prognose an Ausgangswerten orientiert. Nur wenn die Kapitalgeber z.B. die Höhe des Eigen- und Fremdkapitals im Zeitpunkt t kennen, können sie ausgehend davon die künftige Entwicklung prognostizieren. Zweitens, weil aus der Entwicklung von vergangenheitsorientierten Daten auf zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten geschlossen werden kann. Z.B. kann die Annahme getroffen werden, dass sich eine in der Vergangenheit abzeichnende Entwicklung in der Zukunft fortsetzt. Drittens, weil die Substanz eines Unternehmens die Grundlage für die Durchführung des Geschäfts ist. Eine positive Entwicklung der Substanz erhöht das Potential des Unternehmens, künftig die Produkte und Dienstleistungen am Markt erfolgreich absetzen zu können. Eine integrierte Planungsrechnung kann folgendermaßen strukturiert erstellt werden: Vergangenheitsanalyse der Gewinn- und Verlustrechnung und Prognose der Plan- Gewinn- und Verlustrechnung Vergangenheitsanalyse der Bilanz und Prognose der Plan-Bilanz <?page no="15"?> 16 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Vergangenheitsanalyse der Kapitalflussrechnung und indirekte Ableitung der Plan- Geldflussrechnung aus der GuV und der Bilanz Die Erträge und Aufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung und die Ein- und Auszahlungen in der Kapitalflussrechnung enthalten unterschiedliche Informationen für den Analysten. Bei manchen Geschäftsvorfällen wird zuerst der Ertrag oder Aufwand gebucht, dann kommt es zu einer Ein- oder Auszahlung (z.B. Verkauf und Lieferung eines Produktes mit einem Zahlungsziel). Bei anderen Geschäftsvorfällen kommt es zuerst zu einer Ein- oder Auszahlung, in den folgenden Perioden wird dann der Ertrag oder Aufwand gebucht (z.B. Kauf einer Maschine und Abschreibung über die Nutzungsdauer). Informationen aus der Kapitalflussrechnung ergänzen daher die Analyse der Gewinn- und Verlustrechnung. Da aber die Einzahlungsüberschüsse - bedingt durch unregelmäßig anfallende Investitionen - im Zeitablauf stärker schwanken als die Ertragsüberschüsse, wird die integrierte Planungsrechnung generell ausgehend von der Gewinn- und Verlustrechnung erstellt und die Geldflussrechnung indirekt abgeleitet. 1.1.2.1 Analyse und Prognose der Ertragsstruktur Ziel der Vergangenheitsanalyse der Gewinn- und Verlustrechnung ist es, sowohl die Ertrags- und Aufwandsstruktur in einer Periode als auch deren Entwicklung über mehrere Perioden zu analysieren, um daraus auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten zu schließen (vgl. grundlegend Ballwieser 2011, S. 24ff.). Die Ertragsstruktur setzt sich aus den erwirtschafteten Umsatzerlösen, den sonstigen Erträgen und den Finanzerträgen zusammen. Die Umsatzerlöse und die sonstigen Erträge tragen zum Betriebsergebnis 1 bei. Die Finanzerträge werden getrennt vom Betriebsergebnis im Finanzergebnis ausgewiesen. Abb. 4: Analyse der Ertragsstruktur Bei der Analyse der Umsatzerlöse geht es um die Frage, wieviel Produkte und Dienstleistungen das Unternehmen zu welchem Preis in der Vergangenheit verkauft hat und in den nächsten Perioden verkaufen wird (Preis und Menge des Outputs). Zusammen mit anderen Unternehmen bietet das Unternehmen Produkte und Dienstleistungen am Markt an; wobei das Marktvolumen den Wert aller verkauften Produkte und Dienstleistungen in einem festgelegten Markt in einer Periode beschreibt (z.B. Branche) (vgl. 1 Das Betriebsergebnis ist ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Earnings Before Interest and Tax, EBIT). GuV in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 betriebliche Aufwendungen -1.932 -3.864 -5.796 -7.728 +/ sonstige Erträge/ Aufwendungen -13,2 -26,4 -39,6 -152,8 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 - Finanzaufwendungen -15 -30 -45 -60 = Finanzergebnis -15,0 -27,0 -36,0 -42,0 - Steueraufwand -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 = Gewinn (EAT) 27,9 57,8 89,9 54,0 Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="16"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 17 uvk-lucius.de/ wert-controlling Wöhe/ Döring 2013, S. 378). Ausgehend von der Entwicklung des Marktvolumens, kann der Umsatz eines Unternehmens im Zeitablauf steigen, weil die Umsatzerlöse aller Unternehmen wachsen (Marktwachstum) oder weil das Unternehmen Marktanteile hinzu gewinnt (Marktanteilswachstum). Können die Umsatzerlöse aller Unternehmen einer Branche wachsen, so ist der Markt noch nicht gesättigt - das Marktpotential ist noch nicht ausgeschöpft. Verschiebt sich die Bereitschaft der Kunden zum Kauf von Produkten und Dienstleistungen zeitlich, so schwanken die Umsatzerlöse eines Unternehmens. Zusammenfassend können wir festhalten, dass bei der Analyse und Prognose der Umsatzerlöse die Entwicklung des Marktwachstums, die Entwicklung der Marktanteile und die konjunkturelle Entwicklung mit zu berücksichtigen sind. Bei der Analyse der sonstigen Erträge geht es um die Frage, inwieweit regelmäßig und unregelmäßig anfallende Erträge zum Betriebsergebnis beitragen (vgl. Küting/ Weber 2015, S. 271f.). Regelmäßige sonstige Erträge können z.B. nicht betriebsnotwendige Mieterträge oder Lizenzerträge sein. Unregelmäßig anfallende sonstige Erträge, d.h. aperiodische oder außerordentliche Erträge, kommen z.B. durch Buchgewinne beim Abgang von Vermögenswerten des Anlagevermögens zustande. Bei der Analyse und Prognose ist ein besonderes Augenmerk auf die sonstigen Erträge zu legen, weil sich erstens ihre Zusammensetzung im Zeitablauf verändern kann und zweitens die Höhe der sonstigen Erträge durch nicht betriebsnotwendige Erträge sowie aperiodische und außerordentliche Effekte beeinflusst wird (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 17). Da die Höhe der Umsatzerlöse ein guter Indikator für die Größe eines Unternehmens ist und bei größer werdenden Unternehmen höhere aperiodische und außerordentliche Gewinne und Verluste anfallen, entwickeln sich die Umsatzerlöse und die sonstigen Erträgen über mehrere Perioden tendenziell in die gleiche Richtung, obwohl in einer Teilperiode ein Zusammenhang zwischen Umsatzerlösen und sonstigen Erträgen oft nicht hergestellt werden kann. Die Prognose der Umsatzerlöse und die Prognose der sonstigen Erträge können wir auf direkte und indirekte Weise vornehmen (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 13 und S. 17). Bei der direkten Prognose werden die Erträge als absolute Größe prognostiziert. Bei der indirekten Prognose werden relative Kennzahlen prognostiziert, aus denen sich dann indirekt die prognostizierten Erträge ergeben. Die folgende Abbildung veranschaulicht die direkte und indirekte Vorgehensweise bei der Prognose der Umsatzerlöse und der sonstigen Erträge: Abb. 5: Direkte versus indirekte Prognose der Erträge GuV in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 betriebliche Aufwendungen -1.932 -3.864 -5.796 -7.728 +/ sonstige Erträge/ Aufwendungen -13,2 -26,4 -39,6 -152,8 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 Ertragsanalyse t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzwachstum in % zum Vorjahr 100,0% 50,0% 33,3% sonstige Ert./ Auf. / Umsatz -0,66% -0,66% -0,66% -1,91% Vergangenheitsanalyse direkte Prognose Vergangenheitsanalyse indirekte Prognose <?page no="17"?> 18 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Finanzerträge sind Erträge, die im Wesentlichen auf kurz- oder langfristige Kapitalanlagen und auf den Einsatz von sonstigen derivativen Finanzinstrumenten wie von Optionen, Termingeschäften oder Zins- und Währungsswaps zurückzuführen sind. Kapitalanlagen mit Fremdkapitalcharakter erbringen feste Finanzerträge, während die Finanzerträge aus den Kapitalanlagen mit Eigenkapitalcharakter (z.B. Dividendenerträge) und die sonstigen derivativen Finanzinstrumente im Zeitablauf stark schwanken können. Zur Prognose der Finanzerträge ist es unabdingbar, die Art der Finanzinstrumente näher zu untersuchen (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 18). Die Finanzerträge werden nicht in Abhängigkeit der Umsatzerlöse prognostiziert. Die künftigen Finanzerträge ergeben sich aus den Rechten der Finanzinstrumente, die das Unternehmen durch ihren Kauf erworben hat. Sie werden separat ausgewiesen und am besten auch getrennt von den Umsatzerlösen prognostiziert. 1.1.2.2 Fallstudie zur Analyse und Prognose der Ertragsstruktur Ziel dieser Fallstudie ist es, die Analyse und Prognose der Ertragsstruktur zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte werden in dieser Fallstudie beleuchtet: zur Analyse der Ertragsstruktur, zur Prognose der Ertragsstruktur und zur Interpretation der Umsatzwachstumsrate. Die „Autohaus DUCK AG“ wird hier am Anfang der Periode t-3 gegründet. Die Erträge, die die „Autohaus DUCK AG“ von der Periode t-3 bis t erwirtschaftet hat, werden analysiert und für die Perioden t+1 bis t+3 prognostiziert. Ausgangsdaten (Periode t-3 bis Periode t): Umsatzerlöse: In der Periode t-3 verkauft die „Autohaus DUCK AG“ 40 Autos zu einem Preis von 50 GE (40 50 GE = 2.000 GE). In den darauf folgenden Perioden expandiert das Unternehmen und gründet jedes Jahr ein neues Autohaus. Jedes Autohaus verkauft pro Periode 40 Autos zu einem Preis von 50 GE. Sonstige Erträge: Es fallen keine sonstigen Erträge an. Finanzerträge: Wenn die Abschreibungen höher sind als die Ersatzinvestitionen, dann investiert die „Autohaus DUCK AG“ Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Differenz in kurzfristige Finanzanlagen mit einer Verzinsung i.H.v. 3%. Prognoseannahmen (Periode t+1 bis Periode t+3): Umsatzerlöse: Wir erwarten, dass die „Autohaus DUCK AG“ je Autohaus ab der Periode t+1 41 Autos zu einem Preis von 50 GE absetzen kann. Die Expansionsstrategie wird fortsetzt, d.h. die „Autohaus DUCK AG“ gründet in der Periode t+1 und t+2 je ein Autohaus. Wir nehmen an, dass die „Autohaus DUCK AG“ in der Periode t+3 kein neues Autohaus gründet. Sonstige Erträge: Es fallen keine sonstigen Erträge an. Finanzerträge: Wir nehmen an, dass, wenn die Abschreibungen höher sind als die Ersatzinvestitionen, die „Autohaus DUCK AG“ Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Differenz in kurzfristige Finanzanlagen mit einer Verzinsung i.H.v. 3% investiert. Die folgende Abbildung fasst die Faktoren zusammen, die die Erträge der „Autohaus DUCK AG“ beeinflussen: <?page no="18"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 19 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 6: Darstellung der Einflussfaktoren bei der Analyse und Prognose der Erträge Zur Analyse der Ertragsstruktur: Bei der Analyse der Ertragsstruktur wird die Entwicklung der Umsatzerlöse, der sonstigen Erträge und der Finanzerträge analysiert. Die Umsatzerlöse sind bei der „Autohaus DUCK AG“ von der Anzahl der Autohäuser, von der Menge der verkauften Autos pro Periode und von dem Verkaufspreis pro Auto abhängig. Die Finanzerträge ergeben sich bei der „Autohaus DUCK AG“ durch den investierten Betrag in den kurzfristigen Finanzanlagen und der angenommenen festen Verzinsung. In einem zweiten Schritt kann die Entwicklung der Einflussfaktoren in Zusammenhang mit der Entwicklung der Branche bzw. des Marktes interpretiert werden. Zur Prognose der Ertragsstruktur: Bei der Prognose der Ertragsstruktur wird die Entwicklung der Umsatzerlöse, der sonstigen Erträge und der Finanzerträge prognostiziert. Für die Prognose können in einem ersten Schritt unterschiedliche Szenarien gebildet (z.B. „best case“, „base case“, „worst case“) werden (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 103). In einem zweiten Schritt werden dann den Szenarien Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet. Aus Schritt eins und zwei ergibt sich dann die erwartete Entwicklung der einzelnen Erträge (Erwartungswert). Der Übersicht wegen wird hier nur ein wahrscheinliches Szenario („base case“) prognostiziert. Aus den Prognoseannahmen ergibt sich die folgende erwartete Entwicklung der Erträge: Abb. 7: Analyse und Prognose der Ertragsstruktur Die Erträge können dabei sowohl direkt aus den Annahmen oder indirekt über relative Kennzahlen prognostiziert werden. Einflussfaktoren Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Absatz Autos (Menge) 40 80 120 160 205 246 287 Verkaufpreis 50 50 50 50 50 50 50 lang. FA (r FA =6%) 0 0 0 0 0 0 0 0 kurz. FA/ WP (r WP =3%) 0 100 300 600 600 700 900 900 Vergangenheitsanalyse Prognose GuV in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250 12.300 14.350 betriebliche Aufwendungen -1.932 -3.864 -5.796 -7.728 +/ sonstige Erträge/ Aufwendungen -13,2 -26,4 -39,6 -152,8 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 - Finanzaufwendungen -15 -30 -45 -60 = Finanzergebnis -15,0 -27,0 -36,0 -42,0 - Steueraufwand -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 = Gewinn (EAT) -26,9 -51,8 -74,5 -65,2 Ertragsanalyse t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzwachstum in % zum Vorjahr 100,0% 50,0% 33,3% 28,1% 20,0% 16,7% Kapitalanlagen (kurz. und lang. FA) 100 300 600 600 700 900 900 Vergangenheitsanalyse direkte Prognose Vergangenheitsanalyse indirekte Prognose <?page no="19"?> 20 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Interpretation der Umsatzwachstumsrate Die „Autohaus DUCK AG“ gründet von der Periode t-3 bis t+2 in jeder Periode ein Autohaus. Durch die Expansion wächst hier die absolute Kennzahl Umsatzerlöse in jeder Periode um den gleichen Betrag. Die relative Kennzahl Umsatzwachstum sinkt aber im Zeitablauf, weil bei wachsenden Unternehmen die Bezugsgröße zur Berechnung des Umsatzwachstums steigt. Folglich gilt: Je größer ein Unternehmen wird, desto schwieriger wird es, hohe Umsatzwachstumsraten zu erzielen. Das Unternehmenswachstum ist darüber hinaus abhängig vom Marktwachstum (Marktpotential) und von der Möglichkeit der Steigerung des eigenen Marktanteils (Wettbewerbsstärke). Folglich gilt: Je höher das Marktpotential und die Wettbewerbsstärke sind, desto größer ist auch das Wachstumspotential des Unternehmens. Kurzfristiges Umsatzwachstum kann hingegen auch durch konjunkturelle oder wettbewerbsbedingte Beschäftigungsschwankungen zustande kommen. Reales Umsatzwachstum entsteht erst dann, wenn die Umsatzwachstumsrate höher ist als die Inflationsrate. 1.1.2.3 Analyse und Prognose der Aufwandsstruktur Bei der Analyse und Prognose der Aufwandsstruktur ist zwischen den betrieblichen Aufwendungen, den sonstigen Aufwendungen, den Finanzaufwendungen und den Steueraufwendungen zu unterscheiden. Die betrieblichen Aufwendungen und die sonstigen Aufwendungen sind Teil des Betriebsergebnisses; die Finanzaufwendungen und die Steueraufwendungen werden getrennt vom Betriebsergebnis ausgewiesen. Abb. 8: Analyse der Aufwandsstruktur Bei der Analyse der betrieblichen Aufwendungen geht es um die Frage, wie sich Preis und Menge der Inputfaktoren in der Vergangenheit entwickelten und zukünftig entwickeln werden. Die betrieblichen Aufwendungen können in der Gewinn- und Verlustrechnung nach Kostenarten (Gesamtkostenverfahren) oder nach Funktionen (Umsatzkostenverfahren) untergliedert werden (vgl. Ballwieser 2011, S. 25). Bei der Erwirtschaftung der Umsatzerlöse fallen nach Kostenarten gegliedert Materialaufwendungen, Personalaufwendungen und Abschreibungen an, d.h. das Material, die Arbeit des Personals und die Nutzung des Anlagevermögens sind Mittel zur Erwirtschaftung der Umsatzerlöse. Ändern sich die Umsatzerlöse, so können die eingekauften Materialien (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe bzw. unfertige und fertige Erzeugnisse) zeitnah angepasst werden, während das Personal (Lohn und Gehalt inklusive der Sozialversicherungs- und Rentenbeiträge) und das Anlagevermögen (Abschreibungen) sich nur über längere Zeit und mit zusätzlichen Kosten anpassen lassen (Kostenremanenz). GuV in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 betriebliche Aufwendungen -1.932 -3.864 -5.796 -7.728 +/ sonstige Erträge/ Aufwendungen -13,2 -26,4 -39,6 -152,8 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 - Finanzaufwendungen -15 -30 -45 -60 = Finanzergebnis -15,0 -27,0 -36,0 -42,0 - Steueraufwand -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 = Gewinn (EAT) -26,9 -51,8 -74,5 -65,2 Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="20"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 21 uvk-lucius.de/ wert-controlling Umsatzwachstum erhöht einerseits die Aufwendungen, andererseits verändert es die Aufwandsstruktur, weil durch die Remanenz der Kosten die Kapazität über die Zeit unterschiedlich ausgelastet wird (Fixkostendegression). Bei der Prognose der Umsatzerlöse ist darauf zu achten, dass ein steigender Beschäftigungsgrad mit einer höheren Personalproduktivität sowie einer höheren Umschlagshäufigkeit des Anlagevermögens und des Working Capital einhergeht. Darüber hinaus kann sich die Aufwandsstruktur durch zu hohe bzw. zu niedrige Abschreibungen oder wegen sinkender bzw. steigender Einkaufspreise (z.B. Rohstoffpreise) periodisch unterschiedlich entwickeln. Die sonstigen Aufwendungen bilden zusammen mit den sonstigen Erträgen das sonstige Ergebnis und sind Teil des Betriebsergebnisses. Die Bezeichnung „sonstige“ Aufwendungen verdeutlicht, dass es sich um den Rest der Aufwendungen handelt, der nicht dem Materialaufwand, Personalaufwand oder den Abschreibungen im Gesamtkostenverfahren zugeordnet werden kann (vgl. Ballwieser 2011, S. 30). Bei der Analyse der sonstigen Aufwendungen geht es um die Frage, inwieweit regelmäßig und unregelmäßig anfallende Aufwendungen das Betriebsergebnis belasten (vgl. Küting/ Weber 2015, S. 271f.). Regelmäßige sonstige Aufwendungen sind z.B. Werbeaufwendungen oder Lizenzaufwendungen. Unregelmäßig anfallende sonstige Aufwendungen, d.h. aperiodische oder außerordentliche Aufwendungen, kommen z.B. durch Buchverluste beim Abgang von Vermögenswerten des Anlagevermögens oder durch die Bildung einer Prozessrückstellung zustande. Bei der Prognose der sonstigen Aufwendungen ist zu berücksichtigen, dass einerseits einige sonstige Aufwendungen einen Bezug zur Erwirtschaftung der Umsatzerlöse (z.B. Werbeaufwand) haben; andererseits aber auch nicht betriebsnotwendige, aperiodische und außerordentliche Größen in die sonstigen Aufwendungen hineinfließen können, die in keinem direkten Bezug zu den erwirtschafteten Umsatzerlösen stehen. Die Prognose der betrieblichen Aufwendungen und die Prognose der sonstigen Aufwendungen können auf direkte und indirekte Weise vorgenommen werden (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 13 und S. 17). Bei der direkten Prognose werden die Aufwendungen als absolute Größe prognostiziert. Bei der indirekten Prognose werden relative Kennzahlen prognostiziert, aus denen sich dann indirekt die prognostizierten Aufwendungen ergeben. Die folgende Abbildung veranschaulicht die direkte und indirekte Vorgehensweise bei der Prognose der betrieblichen Aufwendungen und der sonstigen Aufwendungen: <?page no="21"?> 22 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 9: Direkte und indirekte Prognose der Aufwandsstruktur Die Finanzaufwendungen bestehen aus den Zinsaufwendungen und den sonstigen Finanzaufwendungen. Die Zinsaufwendungen fallen für das Fremdkapital an, das ein Unternehmen zu einem vertraglich fixen oder variablen, jedenfalls gewinnunabhängigen, Zinssatz für eine festgelegte Dauer aufgenommen hat (vgl. Wöhe 2013, S. 541). Die Zinsaufwendungen müssen daher in Zusammenhang mit der Fremdkapitalaufnahme prognostiziert werden. Zu beachten ist, dass bei einer Unternehmensexpansion Erweiterungsinvestitionen entstehen, die u.U. mit weiteren Fremdkapitalaufnahmen finanziert werden müssen. In den sonstigen Finanzaufwendungen werden Wertverluste, die im Zusammenhang mit den Finanzinstrumenten entstehen, abgebildet. Im Gegensatz zu einem internen Analysten (z.B. dem Controller) können externe Analysten die künftigen Finanzaufwendungen, die durch die Risiken der erworbenen Finanzinstrumente entstehen, nur im Zusammenhang mit den zusätzlichen Informationen im Anhang und im Lagebericht (z.B. Risikobericht) prognostizieren. Vom Gewinn vor Steuern (Earnings Before Tax, EBT) ist der Steueraufwand abzuziehen, um zum Gewinn nach Steuern (Earnings After Tax, EAT) zu gelangen. Als Steuerbemessungsgrundlage dient in der Planungsrechnung der Gewinn vor Steuern. In Deutschland beträgt der durchschnittliche Unternehmenssteuersatz ca. 30%, bestehend aus dem Kapitalertragssteuersatz i.H.v. 15%, dem Solidaritätszuschlag i.H.v. 5,5% auf die Kapitalertragssteuer (0,825%) und dem Gewerbesteuersatz i.H.v. ca. 14% (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 89). In der Planungsrechnung wird einfachheitshalber ein pauschaler Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% angenommen. Der GuV in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 - Materialaufwand -1.760 -3.520 -5.280 -7.040 = Rohertrag 240 480 720 960 - Personalaufwand -72 -144 -216 -288 - Abschreibungen -100 -200 -300 -400 +/ - Sonstige Erträge/ Aufwendungen -13,2 -26,4 -39,6 -152,8 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge (FA×0,06+WP×0,03) 0,0 3,0 9,0 18,0 - Finanzaufwendungen (FK×0,05) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 = Finanzergebnis -15,0 -27,0 -36,0 -42,0 = Gewinn vor Steuern (EBT) 39,8 82,6 128,4 77,2 - Steueraufwand (EBT×0,3) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 = Gewinn nach Steuern (EAT) 27,9 57,8 89,9 54,0 Aufwandsanalyse t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzwachstum in % zum Vorjahr 100,0% 50,0% 33,3% - Materialaufwand in % zum Umsatz -88,00% -88,00% -88,00% -88,00% = Rohertragsmarge 12,00% 12,00% 12,00% 12,00% - Personalaufwand in % zum Umsatz -3,60% -3,60% -3,60% -3,60% - Abschreibungen in % zum Umsatz -5,00% -5,00% -5,00% -5,00% +/ - Sonstiges Ergebnis in % zum Umsatz -0,66% -0,66% -0,66% -1,91% = 2,7% 2,7% 2,7% 1,5% Bilanz in Tsd. € t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Fremdkapitalbestand 600 900 1.200 1.500 Kapitalanlagen (kurz. und lang. FA) 100 300 600 600 Vergangenheitsanalyse Prognose Betriebsergebnis-Marge (oEBIT-Marge) <?page no="22"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 23 uvk-lucius.de/ wert-controlling wertsteigernde Effekt geringerer zukünftiger Steuerzahlungen ist dann in einer getrennten Rechnung zu ermitteln. 1.1.2.4 Fallstudie zur Analyse und Prognose der Aufwandsstruktur Ziel dieser Fallstudie ist es, die Analyse und Prognose der Aufwandsstruktur zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte werden in dieser Fallstudie beleuchtet: zur Analyse der Aufwandstruktur, zur Prognose der Aufwandsstruktur und zur Entwicklung der Betriebsergebnis-Marge und der Rohertragsmarge. Die „Autohaus DUCK AG“ wird hier am Anfang der Periode t-3 gegründet. Die Aufwendungen, die die „Autohaus DUCK AG“ von der Periode t-3 bis t erwirtschaftete, werden analysiert und für die Perioden t+1 bis t+3 prognostiziert. Ausgangsdaten (Periode t-3 bis Periode t): Materialaufwand: Die „Autohaus DUCK AG“ verkauft je Autohaus pro Periode 40 Autos zu einem Preis von 50 GE. Der Einkaufspreis der Autos beträgt 44 GE (40 × 44 GE = 1.760 GE Materialaufwand). Personalaufwand: Je Autohaus sind zwei Mitarbeiter angestellt mit einem Bruttogehalt i.H.v. 3 GE pro Monat (3 GE × 2 × 12 = 72 GE Personalaufwand). Abschreibungen: Pro Periode verringert sich der Wert des Anlagevermögens in den einzelnen Autohäusern um 100 GE (Abschreibungen). Sonstiger Aufwand: Pro Monat fallen 0,5 GE Werbeaufwand und 0,6 GE Pachtaufwand an (1.1 GE × 12 = 13,2 GE sonstiger Aufwand). In der Periode t wird eine Prozessrückstellung i.H.v. 100 GE gebildet. Zinsaufwand und Steueraufwand: Für die Gründung eines neuen Autohauses nimmt die „Autohaus DUCK AG“ jeweils einen Kredit i.H.v. 300 GE zu einem Zinssatz von 5% und Eigenkapital i.H.v. 300 GE auf. Der Unternehmenssteuersatz beträgt konstant 30%. Prognoseannahmen (Periode t+1 bis Periode t+3): Materialaufwand: Wir erwarten, dass die „Autohaus DUCK AG“ ab der Periode t+1 41 Autos zu einem Preis von 50 GE je Autohaus absetzen kann. Der Einkaufspreis bleibt konstant bei 44 GE pro Auto (41 × 44 GE = 1.804 GE Materialaufwand pro Autohaus). Personalaufwand, Abschreibungen, sonstiger Aufwand: Wir nehmen an, dass der höhere Absatz pro Autohaus nicht zu höheren Abschreibungen, zu einem höheren Personalaufwand oder zu einem höheren sonstigen Aufwand führt. Die Prozessrückstellung in t+1 wird erfolgsneutral aufgelöst. Zinsaufwand und Steueraufwand: Wir nehmen an, dass die Erweiterungsinvestitionen - wie in der Vergangenheit - mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital finanziert werden. Der Fremdkapitalkostensatz beträgt konstant 5%; der Unternehmenssteuersatz 30%. Die folgende Abbildung fasst die Faktoren zusammen, die die Aufwendungen der „Autohaus DUCK AG“ beeinflussen: <?page no="23"?> 24 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 10: Darstellung der Einflussfaktoren bei der Analyse und Prognose der Aufwendungen Zur Analyse der Aufwandstruktur: Bei der Analyse der Aufwandsstruktur wird die Entwicklung der betrieblichen Aufwendungen, der sonstigen Aufwendungen, der Finanzaufwendungen und der Steueraufwendungen analysiert. Der Materialaufwand hängt bei der „Autohaus DUCK AG“ von der Menge der verkauften Autos pro Periode ab (44 GE pro Auto). Der Personalaufwand, die Abschreibungen und der sonstige Aufwand entstehen hier in Abhängigkeit der zur „Autohaus DUCK AG“ gehörenden Autohäusern. Der Preis der Inputfaktoren bildet sich grundsätzlich am Markt. Art und Menge der Inputfaktoren kann das Unternehmen selbst verändern. In einem zweiten Schritt kann die Entwicklung der Inputfaktoren im Zusammenhang mit der Entwicklung der Preise am Markt interpretiert werden (z.B. Entwicklung der Rohstoffpreise). Zur Prognose der Aufwandsstruktur: Bei der Prognose der Aufwandsstruktur wird die Entwicklung der betrieblichen Aufwendungen, der sonstigen Aufwendungen, der Finanzaufwendungen und der Steueraufwendungen prognostiziert. Theoretisch sind für die Prognose unterschiedliche Szenarien zu bilden (z.B. „best case“, „base case“, „worst case“), die mit Wahrscheinlichkeiten gewichtet werden, um zu der erwarteten Entwicklung der einzelnen Aufwendungen, d.h. dem Erwartungswert der Aufwendungen, zu kommen (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 103). Der Übersicht halber wird hier nur ein wahrscheinliches Szenario („base case“) prognostiziert. Aus den Prognoseannahmen ergibt sich die folgende erwartete Entwicklung der Aufwendungen: GuV in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Absatz Autos (Menge) 40 80 120 160 205 246 287 Verkauf 50 50 50 50 50 50 50 Kaufpreis 44 44 44 44 44 44 44 Personalbestand (Menge) 2 4 6 8 10 12 14 Gehalt pro Monat 3 3 3 3 3 3 3 Gebäude 400 400 400 400 800 800 800 700 Abschreibungen 100 200 300 400 500 600 700 Werbung pro Monat 0,6 1,2 1,8 2,4 3,0 3,6 4,2 Pacht pro Monat 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 erfolgswirksame Rst-Bildung 0 0 0 -100 0 0 0 zahlungswirksame Rst.-Auflösung 0 0 0 0 -100 0 0 Bestand Rückstellungen 0 0 0 100 0 0 0 lang. FA (r FA =6%) 0 0 0 0 0 0 0 0 kurz. FA/ WP (r WP =3%) 0 100 300 600 600 700 900 900 Fremdkapital (r FK =5%) 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 Eigenkapital 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="24"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 25 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 11: Analyse und Prognose der Aufwandsstruktur Zur Entwicklung der Betriebsergebnis-Marge und der Rohertragsmarge: Von der Periode t-3 bis zur Periode t setzt die „Autohaus DUCK AG“ pro Autohaus 40 Autos zu einem Preis i.H.v. 50 GE ab. Ab der Periode t+1 wird angenommen, dass die „Autohaus DUCK AG“ je Autohaus ein Auto mehr pro Periode absetzen kann. Der höhere Absatz verursacht zwar einen höheren Materialaufwand (variable Kosten) - die fixen Aufwendungen pro Autohaus verändern sich dadurch aber nicht. Ab der Periode t+1 erhöht sich daher die Betriebsergebnis-Marge (oEBIT-Marge) - die Rohertragsmarge bleibt hingegen konstant. Folglich gilt: Die Betriebsergebnis-Marge ändert sich durch Beschäftigungsgradschwankungen - die Rohertragsmarge ist weitestgehend frei von Beschäftigungsgradschwankungen. Darüber hinaus zeigt die Fallstudie auf, dass die Betriebsergebnis-Marge in t kein guter Ausgangswert für die Prognose ist, weil sie durch eine außerordentliche Rückstellung verzerrt wird. 1.1.2.5 Analyse und Prognose der Vermögensstruktur Ziel bei der Vergangenheitsanalyse der Bilanz ist es, das bereitgestellte Kapital und das gebundene Vermögen in einer Periode - aber auch in der Veränderung über mehrere Perioden hinweg - zu analysieren, um daraus künftige Entwicklungsmöglichkeiten abzuleiten. Das Kapital wird auf der Aktivseite der Bilanz im Anlage- und Umlaufvermögen gebunden (Mittelverwendung). Das Anlage- und Umlaufvermögen wird durch Eigen- und Fremdkapital auf der Passivseite der Bilanz finanziert (Mittelherkunft). Das Fremdkapital kann wiederum unterteilt werden in Fremdkapital mit explizit ausgewie- GuV in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250 12.300 14.350 - Materialaufwand -1.760 -3.520 -5.280 -7.040 -9.020 -10.824 -12.628 = Rohertrag 240 480 720 960 1.230 1.476 1.722 - Personalaufwand -72 -144 -216 -288 -360 -432 -504 - Abschreibungen -100 -200 -300 -400 -500 -600 -700 +/ - Sonstige Erträge/ Aufwendungen -13,2 -26,4 -39,6 -152,8 -66,0 -79,2 -92,4 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 + Finanzerträge (FA×0,06+WP×0,03) 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 - Finanzaufwendungen (FK×0,05) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = Finanzergebnis -15,0 -27,0 -36,0 -42,0 -57,0 -69,0 -78,0 = Gewinn vor Steuern (EBT) 39,8 82,6 128,4 77,2 247,0 295,8 347,6 - Steueraufwand (EBT×0,3) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 -74,1 -88,7 -104,3 = Gewinn nach Steuern (EAT) 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 207,1 243,3 Aufwandsanalyse t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzwachstum in % zum Vorjahr 100,0% 50,0% 33,3% 28,13% 20,00% 16,67% - Materialaufwand in % zum Umsatz -88,00% -88,00% -88,00% -88,00% -88,00% -88,00% -88,00% = Rohertragsmarge 12,00% 12,00% 12,00% 12,00% 12,00% 12,00% 12,00% - Personalaufwand in % zum Umsatz -3,60% -3,60% -3,60% -3,60% -3,51% -3,51% -3,51% - Abschreibungen in % zum Umsatz -5,00% -5,00% -5,00% -5,00% -4,88% -4,88% -4,88% +/ - Sonstiges Ergebnis in % zum Umsatz -0,66% -0,66% -0,66% -1,91% -0,64% -0,64% -0,64% = 2,7% 2,7% 2,7% 1,5% 3,0% 3,0% 3,0% Bilanz in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Fremdkapitalbestand 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 Kapitalanlagen (kurz. und lang. FA) 100 300 600 600 700 900 900 Vergangenheitsanalyse Prognose Betriebsergebnis-Marge (oEBIT-Marge) <?page no="25"?> 26 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling senem Verzinsungsanspruch (verzinsliches Fremdkapital) und ohne explizit ausgewiesenen Verzinsungsanspruch (unverzinsliches Fremdkapital) (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 46). Abb. 12: Analyse der Vermögens- und Kapitalstruktur Bei der Analyse und Prognose des Sachanlagevermögens geht es um die Frage, wieviel Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen das Unternehmen in der Vergangenheit tätigte und künftig tätigen wird (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 478). Die Ersatzinvestitionen sind abhängig von der durchschnittlichen Nutzungsdauer des Anlagevermögens. Abschreibungen sind dafür da, dass das Unternehmen am Ende der Nutzungsdauer das Anlagevermögen ersetzen kann, d.h. Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen verbleiben bis zur Ersatzinvestition im Unternehmen, soweit das Unternehmen in jeder Periode nicht mehr als den Gewinn ausschüttet und keinen Verlust erwirtschaftet. Interne Analysten (z.B. Controller) können durch eine Schätzung der verbleibenden Nutzungsdauer und der Wiederbeschaffungskosten die voraussichtlichen Ersatzinvestitionen prognostizieren. Externe Analysten haben für die Prognose des künftigen Investitionsbedarfs weniger Informationen zur Verfügung. Sie können einfachheitshalber die Annahme treffen, dass in jeder Periode Ersatzinvestitionen in Höhe der Abschreibungen anfallen (vgl. Rappaport 1999, S. 42f.). Soweit in der Vergangenheit Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen bis zur Reinvestition im Unternehmen zurückgestellt wurden (z.B. in den liquiden Mitteln und den kurz- und langfristigen Finanzanlagen), ist die Annahme, dass die Ersatzinvestitionen gleich den Abschreibungen sind, ein guter Schätzer für die Prognose der künftigen Ersatzinvestitionen. Für einen externen Analysten ist es aber u.U. nicht einfach herauszufinden, ob ein Unternehmen in der Vergangenheit stille Reserven oder stille Lasten gebildet hat und welcher Teil des gebundenen Vermögens (z.B. der liquiden Mittel) künftig für Ersatzinvestitionen gebraucht wird. Die Erweiterungsinvestitionen sind abhängig von den erwarteten Umsatzerlösen. Können die prognostizierten Umsatzerlöse nicht mit der vorhandenen Kapazität erwirtschaftet werden, so muss das Unternehmen Erweiterungsinvestitionen tätigen, wodurch sich das Anlagevermögen erhöht. Bis zu einem gewissen Grad kann Umsatzwachstum aber auch durch eine bessere Kapazitätsauslastung erwirtschaftet werden. Interne Analysten (z.B. Controller) können den künftigen Kapazitätsbedarf im Zusammenhang mit der intern angenommenen Umsatzentwicklung prognostizieren und eine Investitionsplanung erstellen. Externe Analysten können einfachheitshalber die Erweiterungsinvestitionen prozentual im Verhältnis zum Umsatzwachstum schätzen, d.h. eine Erhöhung des Anlagevermögens durch Erweiterungsinvestitionen führt - bei statischen Annahmen - zu einem gleichbleibenden absoluten Umsatzwachstum (vgl. Bilanz in GE Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 Anlagevermögen 400 700 900 1.000 1.400 + Umlaufvermögen 332 764 1.296 1.928 2.360 = Gesamtvermögen 732 1.464,0 2.196,0 2.928,0 3.760,0 Eigenkapital 300 600 900 1.200 1.500 verz. Fremdkapital 300 600 900 1.200 1.500 unverzinsliche FK 132 264 396 528 760 Gesamtkapital 732 1.464,0 2.196,0 2.928,0 3.760,0 Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="26"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 27 uvk-lucius.de/ wert-controlling Rappaport 1999, S. 43). Folglich gilt: Prognostiziertes Umsatzwachstum führt - bei statischen Annahmen - zu einer Erhöhung des Anlagevermögens durch Erweiterungsinvestitionen. Bei der Analyse und Prognose des Umlaufvermögens geht es um die Frage, wie die einzelnen Positionen des Umlaufvermögens sich in der Vergangenheit entwickelten und künftig entwickeln werden. Im Gegensatz zum Anlagevermögen ist das Umlaufvermögen kurzfristig im Unternehmen gebunden (< ein Jahr). Der betriebsnotwendige Teil des Umlaufvermögens (Vorräte, Forderungen aus L&L und betriebsnotwendige liquide Mittel) weist einen engen Bezug zu der Entwicklung der Umsatzerlöse auf. Je höher die Umsatzerlöse sind, desto mehr Vorräte, Forderungen und betriebsnotwendige liquide Mittel werden durchschnittlich im Unternehmen gebunden. Wenn z.B. im Rahmen einer Expansionsstrategie eine neue Filiale gegründet wird, dann erwirtschaftet die neue Filiale zusätzliche Umsatzerlöse. Gleichzeitig steigt durch die Neueröffnung der Filiale das durchschnittlich gebundene Vermögen im Unternehmen. Allerdings können die Vorräte, die Forderungen aus L&L, die sonstigen Forderungen und die betriebsnotwendigen liquiden Mittel auch zwischen den einzelnen Perioden stark schwanken, z.B. wenn ein Unternehmen kurz vor dem Bilanzstichtag einen Großteil der Vorräte einkauft, das Unternehmen einem Großkunden Waren auf Ziel liefert oder die Vorräte sich zeitweise aufgrund von Absatzproblemen erhöhen. Bei der Analyse ist es daher wichtig, erstens die Gründe für die Schwankungen des Umlaufvermögens in der Vergangenheit zu untersuchen und zweitens die unternehmenstypische durchschnittliche Kapitalbindung im Umlaufvermögen in Abhängigkeit von den Umsatzerlösen zu ermitteln und u.U. der Höhe nach adjustiert zu prognostizieren (vgl. Rappaport 1999, S. 43). Das Anlage- und Umlaufvermögen auf der Aktivseite der Bilanz wird durch das Kapital auf der Passivseite der Bilanz finanziert. Bei der Analyse und Prognose der Kapitalstruktur geht es um die Frage, in welchem Verhältnis das Unternehmen das Vermögen in der Vergangenheit mit Eigenkapital, verzinslichem Fremdkapital und unverzinslichem Fremdkapital finanzierte und künftig finanzieren wird. Eigenkapital steht einem Unternehmen unbefristet zur Verfügung (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 541). Die Eigenkapitalgeber sind Restbetragsbeteiligte; sie erhalten als Verzinsung die Eigenkapitalrentabilität (Verzinsung berechnet auf Basis von Buchwerten) bzw. die Aktionärsrendite (Verzinsung berechnet auf Basis von Marktwerten). Die externen Fremdkapitalgeber sind Festbetragsbeteiligte; sie erhalten einen vertraglich vereinbarten festen oder variablen Zinssatz für die zeitlich begrenzte Überlassung des Kapitals, der als Zinsaufwand im Finanzergebnis in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen wird („verzinsliches Fremdkapital“ bzw. „zu verzinsendes Fremdkapital“). Auch externe Handelspartner können einem Unternehmen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit kurzfristige Kredite gewähren (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 558). Kurzfristige Lieferantenkredite (Verbindlichkeiten aus L&L) und Anzahlungen enthalten grundsätzlich genauso wie intern gebildete kurzfristige Rückstellungen keine explizit ausgewiesenen Zinskosten. Diese Passiva-Positionen kann man daher als „unverzinsliches Fremdkapital“ ansehen. Sie können allerdings implizite Zinskosten enthalten, wenn der Einkaufspreis von Waren sich durch die Inanspruchnahme von Lieferantenkrediten erhöht (z.B. nicht in Anspruch genommene Skonti) oder der Verkaufspreis von Waren sich durch eine getätigte Anzahlung des Kunden verringert (Opportunitätsbetrachtung) (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 34f.). <?page no="27"?> 28 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Für die Analyse und Prognose der Kapitalstruktur ist zuerst die Entwicklung des unverzinslichen Fremdkapitals in Verbindung mit der Entwicklung der Umsatzerlöse und der Entwicklung der Bilanzsumme zu analysieren. Die Verbindlichkeiten aus L&L, die Anzahlungen und etwaige Kulanzrückstellungen können sich zum einen durchschnittlich im Verhältnis zu den Umsatzerlösen bzw. zur Bilanzsumme bewegen. Zum anderen kann sich die Höhe im Zeitablauf z.B. aufgrund einer anderen Inanspruchnahme von Zahlungszielen, einer modifizierten Produktqualität etc. verändern. Darüber hinaus wird die Höhe des unverzinslichen Fremdkapitals durch aperiodische und außerordentliche Effekte (z.B. Bildung einer kurzfristigen Prozessrückstellung) beeinflusst. Interne Analysten können bei der Prognose des unverzinslichen Fremdkapitals auf interne Ziele des Working Capital-Managements zurückgreifen. Ziel von externen Analysten ist es, eine durchschnittliche Inanspruchnahme von unverzinslichem Fremdkapital zu ermitteln, um diese unter Umständen adjustiert für die Prognose fortzuschreiben. Die Bilanzsumme abzüglich des unverzinslichen Fremdkapitals - d.h. das Anlagevermögen und das Working Capital - muss mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital finanziert werden. Die Eigen- und Fremdkapitalgeber haben explizite Zinsforderungen an das Unternehmen. Beide fordern eine risikoadäquate Rendite, wobei die Fremdkapitalgeber die geforderte risikoadäquate Rendite vertraglich fixieren - die Kosten kommen als Zinsaufwand in die Gewinn- und Verlustrechnung -, während die geforderte Rendite der Eigenkapitalgeber nicht vertraglich fixiert ist und die Opportunitätskosten auch nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung erscheinen. Die durchschnittlichen Kosten des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals sind die durchschnittlichen Kapitalkosten des Unternehmens. Das Anlage- und Umlaufvermögen abzüglich des unverzinslichen Fremdkapitals ist das im Unternehmen investierte Vermögen (Invested Capital), das mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital finanziert wird und Kapitalkosten in Höhe des durchschnittlichen Kapitalkostensatzes (WACC) verursacht (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 35). Ein Unternehmen kann Fremdkapital mit vertraglich fixierten Zinskosten aufnehmen, um zum einen die Steuerlast über die Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalkosten von der Steuerbemessungsgrundlage zu senken und zum anderen die Eigenkapitalrentabilität durch den Hebeleffekt (Leverage Effekt) zu steigern (vgl. grundlegend Wöhe/ Döring 2013, S. 613f.). Dagegen nimmt ein Unternehmen Eigenkapital auf, um Kapital unbegrenzt zur Verfügung zu haben, denn das Eigenkapital muss nicht wie das Fremdkapital getilgt und u.U. auch wieder refinanziert werden. Interne Analysten (z.B. Controller) können das Eigen- und verzinsliche Fremdkapital unter Beachtung der intern angestrebten Zielkapitalstruktur prognostizieren. Für externe Analysten ist die aktuelle Kapitalstruktur der Ausgangspunkt für die Prognose der künftigen Kapitalstruktur, die u.U. noch adjustiert wird. Die folgende Abbildung zeigt den direkten und indirekten Weg von der Vergangenheitsanalyse der Bilanz zur Erstellung der Plan-Bilanz: <?page no="28"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 29 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 13: Direkte und indirekte Analyse und Prognose der Vermögens- und Kapitalstruktur Das betriebsnotwendige Umlaufvermögen, das unverzinsliche Fremdkapital und die betriebsnotwendigen liquiden Mittel entwickeln sich in Abhängigkeit von den Umsatzerlösen. Die betriebsnotwendigen liquiden Mittel sind die kurzfristig verfügbaren Zahlungsreserven, die das Unternehmen zur Begleichung von Rechnungen bzw. auch als Wechselgeld jederzeit bereithalten muss (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 89). Grundsätzlich gilt, dass bei steigenden Umsatzerlösen ein Unternehmen mehr betriebsnotwendige liquide Mittel braucht (vgl. auch Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 161). Das betriebsnotwendige Sachanlagevermögen sinkt im Zeitablauf, weil es über die Nutzungsdauer abgeschrieben wird. Je länger die Nutzungsdauer des Sachanlagevermögens ist, desto mehr sinkt das gebundene Kapital im Zeitablauf. Die kurzfristigen Finanzanlagen (WP) erwirtschaften keine Umsatzerlöse, sondern Finanzerträge. Daher werden die kurzfristigen Finanzanlagen auch nicht in Abhängigkeit von den Umsatzerlösen prognostiziert. Die kurzfristigen Finanzanlagen steigen im Zeitablauf, weil sie in unserem Beispiel als Ausgleichsposten für die Abschreibungen gebildet werden. Das Unternehmen investiert in jeder Periode Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen in kurzfristige Finanzanlagen, die zur Wiederbeschaffung des betriebsnotwendigen Sachanlagevermögens (Ersatzinvestitionen) dienen. Die folgende Abbildung veranschaulicht, wie sich das betriebsnotwendige Sachanlagevermögen bei einem gleichmäßig wachsenden Unternehmen über die Zeit entwickelt: Bilanz in GE Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 Sachanlagevermögen 400 700 900 1.000 1.400 + lang. Finanzanlagen (FA)* 0 0 0 0 0 = Anlagevermögen 400 700 900 1.000 1.400 Vorräte 176 352 528 704 880 + Forderungen aus L&L 150 300 450 600 750 + kurz. FA (WP)* 0 100 300 600 600 + liquide Mittel (LM)* 6 12 18 24 130 = Umlaufvermögen 332 764 1.296 1.928 2.360 Eigenkapital 300 600 900 1.200 1.500 + verz. Fremdkapital 300 600 900 1.200 1.500 = Investiertes Kapital 600 1.200 1.800 2.400 3.000 + Verb. aus L&L 132 264 396 528 660 + kurz. Rückstellungen 0 0 0 0 100 = unverz. Fremdkapital 132 264 396 528 760 Bilanz in GE Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 bn.* AV t-1 in % zum Umsatz t 20,0% 17,5% 15,0% 12,5% + bn. WP t-1 in % zum Umsatz t 0,0% 2,5% 5,0% 7,5% + bn. UV t-1 in % zum Umsatz t 16,3% 16,3% 16,3% 16,3% unv. FK t-1 in % zum Umatz t 6,6% 6,6% 6,6% 6,6% + bn. LM t-1 in % zum Umsatz t 0,3% 0,3% 0,3% 0,3% = IC t-1 in % zum Umsatz t 30,0% 30,0% 30,0% 30,0% IC t-1 * ohne WP in % zum Umsatz t 30,0% 27,5% 25,0% 22,5% Eigenkapitalquote 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% Fremdkapitalquote 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% * bn. = betriebsnotwendig, IC = Invested Capital bzw. investiertes Kapital Vergangenheitsanalyse Prognose * FA, WP und LM erwirtschaften keine Umsatzerlöse sondern Finanzerträge, die getrennt vom Betriebsergebnis abgebildet werden! Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="29"?> 30 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 14: Entwicklung von Investitionen und Abschreibungen im Zeitablauf Für die Analyse und Prognose unterscheiden wir drei Fälle: Erstens: Das betriebsnotwendige Anlagevermögen sinkt durch die Abschreibungen im Zeitablauf. Erwirtschaftet das Unternehmen in jeder Periode Gewinn, so kann es Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen für Investitionsauszahlungen, für Fremdkapitaltilgungen und unter Beachtung der gesetzlichen Ausschüttungsbeschränkungen für Eigenkapitalentnahmen verwenden. Im Besonderen interne Analysten können genau planen, in welcher Art und Weise etwaige Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen im Unternehmen künftig verwendet werden. Zweitens: Das betriebsnotwendige Anlagevermögen sinkt durch die Abschreibungen im Zeitablauf auf eine dann als konstant angenommene Kapitalbindung. Die durchschnittliche Kapitalbindung im betriebsnotwendigen Anlagevermögen beträgt über vier Perioden 250 GE (400/ 4 + 300/ 4 + 200/ 4 + 100/ 4 = 1.000/ 4 = 250 GE), d.h. die durchschnittliche Kapitalbindung im Verhältnis zu den durchschnittlichen Umsatzerlösen ergibt ein Wert von 12,5% (250/ (8.000/ 4) = 12,5%). Die Bilanz in GE Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatz 2.000 4.000 6.000 8.000 Gebäude 1 (einzeln) 400 300 200 100 400 + Gebäude 2 400 300 200 100 + Gebäude 3 400 300 200 + Gebäude 4 400 300 + Gebäude 5 400 + Gebäude 6 + Gebäude 7 + Gebäude 8 = Gebäude (gesamt) (I) 400 700 900 1.000 1.400 = Gebäude+kum.Ab. (II) 400 800 1.200 1.600 2.000 Abschreibung 1 100 100 100 100 + Abschreibung 2 100 100 100 + Abschreibung 3 100 100 + Abschreibung 4 100 + Abschreibung 5 + Abschreibung 6 + Abschreibung 7 = Abschreibungen 100 200 300 400 Umsatz 2.000 4.000 6.000 8.000 Umsatzwachstum 2.000 2.000 2.000 2.000 Erweiterungsinvestitionen 400 400 400 400 Erweiterungsinvestitionen/ Umsatz 20,0% 20,0% 20,0% 20,0% Ersatzinvestitionen 0 0 0 400 Abschreibungen 100 200 300 400 Ersatzinvestitionen/ Umsatz 0,0% 0,0% 0,0% 5,0% Abschreibung/ Umsatz 5,0% 5,0% 5,0% 5,0% Gebäude/ Umsatz (einzeln) 20,0% 15,0% 10,0% 5,0% Gebäude/ Umsatz (gesamt) 20,0% 17,5% 15,0% 12,5% Ø Abschreibungen (t=4) 1.000 Investitionen (t=4) 2.000 berechnete EI 1.000 vs. 1.600 tatsächliche Erweiterungsinvestitionen (EI) (t=4) Umsatz (t=4) 8.000 8.000 Umsatz (t=4) ber. EI/ Umsatz (t=4) 12,5% Ø 20,0% tat. EI/ Umsatz (t=4) Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="30"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 31 uvk-lucius.de/ wert-controlling Kapitalbindung je Gebäude fällt über die vier Perioden stark (20%, 15%, 10%, 5%), weil die Abschreibungen zeitlich vor den Ersatzinvestitionen anfallen. Bei einem gleichmäßig wachsenden Unternehmen kommen in jeder Periode Gebäude hinzu, so dass nach vier Perioden ein ausgewogener Mix aus Abschreibungen (100 + 100 + 100 + 100 GE) und Ersatzinvestitionen entsteht (400 GE). Auch ein stetig weiter wachsendes Unternehmen würde auf diese durchschnittliche Kapitalbindung i.H.v. 250 GE je Gebäude bzw. 12,5% von den Umsatzerlösen hinstreben, da konstante absolute Erweiterungsinvestitionen (hier 400 GE je Periode) bei einem größer werdenden Unternehmen die durchschnittliche Kapitalbindung von 12,5% immer weniger verzerren. Folgen wir dieser Argumentation, können externe und interne Analysten einfachheitshalber für die Prognose des Anlagevermögens die durchschnittliche Kapitalbindung i.H.v. 12,5% annehmen. Drittens: Das betriebsnotwendige Anlagevermögen im Zusammenhang mit einem etwaigen Korrekturposten (z.B. kurzfristige Finanzanlagen) sinkt nicht im Zeitablauf durch die Abschreibungen, weil entweder in Höhe der Abschreibungen Ersatzinvestitionen getätigt werden oder Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen in einem separaten Bilanzposten (z.B. kurzfristige Finanzanlagen, liquide Mittel) bis zum Anfall der Ersatzinvestitionen gespeichert werden. Gehen wird von dieser Annahme aus, können externe und interne Analysten einfachheitshalber von einer gleichbleibenden Kapitalbindung von 400 GE je Gebäude ausgehen, d.h. die durchschnittliche Kapitalbindung im betriebsnotwendigen Sachanlagevermögen inklusive Korrekturposten ergibt dann im Verhältnis zu den durchschnittlichen Umsatzerlösen ein Wert von 20% (400/ (8.000/ 4) = 20%). Problematisch bei dieser Annahme ist, dass sichere kurzfristige Finanzanlagen und liquide Mittel geringere Zinsen erwirtschaften als die durchschnittlichen Kapitalkosten des Unternehmens. Diese Annahme führt daher bei konstanten durchschnittlichen Kapitalkosten zu einem geringen Gegenwartswert des Unternehmens, als wenn man die Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen für Erweiterungsinvestitionen oder für Eigenkapitalentnahmen verwendete. Darüber hinaus ist es für externe Analysten schwer zu erkennen, welcher Teil der kurzfristigen Finanzanlagen und der liquiden Mittel für Ersatzinvestitionen zurückgelegt wurde. 1.1.2.6 Fallstudie zur Analyse und Prognose der Vermögens- und Kapitalstruktur Ziel dieser Fallstudie ist es, die Analyse und Prognose der Vermögens- und Kapitalstruktur zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte werden in dieser Fallstudie beleuchtet: zur Analyse der Vermögens- und Kapitalstruktur und zur Prognose der Vermögens- und Kapitalstruktur. Die „Autohaus DUCK AG“ wird hier am Anfang der Periode t-3 gegründet. Das gebundene Vermögen in der „Autohaus DUCK AG“ wird von der Periode t-3 bis t analysiert und für die Perioden t+1 bis t+3 prognostiziert. Ausgangsdaten (Periode t-3 bis Periode t): Sachanlagevermögen: Die „Autohaus DUCK AG“ erwirtschaftet je Autohaus mit dem gebundenen Kapital Umsatzerlöse i.H.v. 2.000 GE pro Jahr. In der ersten Periode sind im Sachanlagevermögen 400 GE gebunden. Durch die Abschreibungen sinkt das Sachanlagevermögen in den folgenden Perioden (400 GE, 300 GE, 200 GE, 100 GE) bis es nach vier Perioden wieder durch eine Ersatzinvestition in Hö- <?page no="31"?> 32 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling hen von 400 GE ersetzt wird, d.h. auch im Verhältnis zu den Umsatzerlösen sinkt das Anlagevermögen im Zeitablauf bis zum Zeitpunkt der Wiederbeschaffung des Anlagevermögens durch die Ersatzinvestition. Umlaufvermögen: Das Umlaufvermögen entwickelt sich - im Gegensatz zum Sachanlagevermögen - konstant, da in jedem Autohaus ständig vier Autos zu einem Preis von 44 GE (176 GE = Vorräte) im Verkaufsraum stehen und die „Autohaus DUCK AG“ durchschnittlich drei Autos auf Ziel zu einem Preis von 50 GE verkauft hat (150 GE = Forderungen aus L&L). Darüber hinaus braucht die „Autohaus DUCK AG“ je Autohaus 0,3% der Umsatzerlöse als betriebsnotwendige liquide Mittel (6 GE), um Rechnungen jederzeit bezahlen und Wechselgeld im Autohaus für Barkäufe vorhalten zu können. Kurzfristige Finanzanlagen: Wenn die Abschreibungen höher als die Ersatzinvestitionen sind, dann wird die Differenz in kurzfristige Finanzanlagen zu einem festen Zinssatz i.H.v. 3% angelegt. Verbindlichkeiten aus L&L: Drei Autos kauft die „Autohaus DUCK AG“ durchschnittlich zu einem Preis von 44 GE auf Ziel ein, d.h. die „Autohaus DUCK AG“ nimmt durchschnittlich Lieferantenkredite i.H.v. 132 GE in Anspruch. Rückstellungen: In der Periode t wird darüber hinaus eine kurzfristige Prozessrückstellung i.H.v. 100 GE gebildet, die voraussichtlich in der Periode t+1 erfolgsneutral aufgelöst wird. Eigen- und verzinsliches Fremdkapital: Das investierte Kapital besteht zur Hälfte aus Eigenkapital und Fremdkapital. Auf das Fremdkapital muss die „Autohaus DUCK AG“ konstant 5% Zinsen zahlen. Prognoseannahmen (Periode t+1 bis Periode t+3): Wachstum: Wir erwarten, dass die „Autohaus DUCK AG“ auch in den nächsten zwei Perioden je ein Autohaus neu gründet. Die Kapitalbindung je neu gegründetem Autohaus bleibt gleich (400 GE Anlagevermögen im ersten Jahr, 176 GE Vorräte, 150 GE Forderungen aus L&L, 6 GE betriebsnotwendige liquide Mittel, 132 GE Verbindlichkeiten aus L&L, Wertpapiere in Höhe der Differenz zwischen den Abschreibungen und den Ersatzinvestitionen). Finanzierung des Wachstums: Die Erweiterungsinvestitionen werden je zur Hälfte mit Eigen- und mit verzinslichem Fremdkapital finanziert. Für die Gründung eines Autohauses nimmt die „Autohaus DUCK AG“ Eigenkapital i.H.v. 300 GE und Kredite i.H.v. 300 GE Kredite auf. Rückstellungen: Die Rückstellung wird in t+1 zahlungswirksam aufgelöst. Die folgende Abbildung zeigt die erwartete Entwicklung der Umsatzerlöse, des betriebsnotwendigen Anlage- und Umlaufvermögens sowie die erwartete Entwicklung des unverzinslichen Fremdkapitals, des verzinslichen Fremdkapitals und des Eigenkapitals: <?page no="32"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 33 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 15: Analyse und Prognose der Vermögens- und Kapitalstruktur Zur Analyse der Vermögens- und Kapitalstruktur: Bei der Analyse der Vermögens- und Kapitalstruktur werden die Entwicklung der Umsatzerlöse, die Entwicklung des betriebsnotwendigen Anlage- und Umlaufvermögens sowie die Entwicklung des unverzinslichen Fremdkapitals, des verzinslichen Fremdkapitals und des Eigenkapitals untersucht. Das betriebsnotwendige Anlage- und Umlaufvermögen abzüglich des unverzinslichen Fremdkapitals ist das betriebsnotwendige Vermögen, das mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital finanziert werden muss. Mit Hilfe des betriebsnotwendigen Vermögens werden die Umsatzerlöse erwirtschaftet, d.h. das betriebsnotwendige Vermögen ist die Voraussetzung und damit auch „Ursache“ für die Erwirtschaftung der Umsatzerlöse. In den ersten vier Perioden entwickelt sich das investierte Kapital in einem konstanten Verhältnis zu den Umsatzerlösen. Das investierte Kapital abzüglich der Wertpapiere sinkt allerdings im Verhältnis zu den Umsatzerlösen, weil das Anlagevermögen über vier Perioden abgeschrieben wird. Interessant hierbei ist, dass das betriebliche Anlagevermögen bei einem ausgewogenen Investitionsmix hin zum durchschnittlich gebundenen Anlagevermögen strebt (12,5% betriebsnotwendiges Anlagevermögen im Verhältnis zu den Umsatzerlösen in der Periode t) und die Ersatzinvestitionen dann den Abschreibungen entsprechen. Bei einem unausgewogenen Investitionsverhalten würde das betriebliche Anlagevermögen über die Zeit schwanken (zwischen 20% und 12,5% im Verhältnis zu den Umsatzerlösen in den ersten vier Perioden). Bilanz in GE Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250 12.300 14.350 Sachanlagevermögen 400 700 900 1.000 1.400 1.700 1.900 1.900 + lang. Finanzanlagen (FA) 0 0 0 0 0 0 0 0 = Anlagevermögen 400 700 900 1.000 1.400 1.700 1.900 1.900 Vorräte 176 352 528 704 880 1.056 1.232 1.232 + Forderungen aus L&L 150 300 450 600 750 900 1.050 1.050 + kurz. Finanzanlagen (WP) 0 100 300 600 600 700 900 900 + liquide Mittel (LM) 6 12 18 24 130 36 42 42 = Umlaufvermögen 332 764 1.296 1.928 2.360 2.692 3.224 3.224 Eigenkapital 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 + verz. Fremdkapital 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 = Investiertes Kapital 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 + Verb. aus L&L 132 264 396 528 660 792 924 924 + kurz. Rückstellungen 0 0 0 0 100 0 0 0 = unverz. Fremdkapital 132 264 396 528 760 792 924 924 Bilanz in GE Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 bn.* AV t-1 in % zum Umsatz t 20,0% 17,5% 15,0% 12,5% 13,7% 13,8% 13,2% + bn. WP t-1 in % zum Umsatz t 0,0% 2,5% 5,0% 7,5% 5,9% 5,7% 6,3% + bn. UV t-1 in % zum Umsatz t 16,3% 16,3% 16,3% 16,3% 15,9% 15,9% 15,9% unv. FK t-1 in % zum Umatz t 6,6% 6,6% 6,6% 6,6% 7,41% 6,44% 6,44% + bn. LM t-1 in % zum Umsatz t 0,3% 0,3% 0,3% 0,3% 1,3% 0,3% 0,3% = IC t-1 in % zum Umsatz t 30,0% 30,0% 30,0% 30,0% 29,3% 29,3% 29,3% IC t-1 * ohne WP in % zum Umsatz t 30,0% 27,5% 25,0% 22,5% 23,4% 23,6% 23,0% Eigenkapitalquote 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% Fremdkapitalquote 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% 50,0% * bn. = betriebsnotwendig, IC = Invested Capital bzw. investiertes Kapital Vergangenheitsanalyse Prognose Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="33"?> 34 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Prognose der Vermögens- und Kapitalstruktur: Bei der Prognose der Vermögens- und Kapitalstruktur werden die Entwicklung der Umsatzerlöse, die Entwicklung des betriebsnotwendigen Anlage- und Umlaufvermögens sowie die Entwicklung des unverzinslichen Fremdkapitals, des verzinslichen Fremdkapitals und des Eigenkapitals prognostiziert. Für die Prognose wird angenommen, dass die „Autohaus DUCK AG“ je Autohaus 41 Autos - anstatt vorher 40 Autos - zu einem Preis von 50 GE pro Periode absetzen kann. Durch die höhere Kapazitätsauslastung verringert sich in den nächsten Perioden das investierte Kapital im Verhältnis zu den Umsatzerlösen. Das zusätzlich investierte Kapital (Erweiterungsinvestitionen), das durch die Gründung der neuen Autohäuser in den nächsten zwei Perioden hinzu kommt, beträgt pro Periode 600 GE, d.h. die „Autohaus DUCK AG“ muss jedes Jahr Eigen- und verzinsliches Fremdkapital i.H.v. 600 GE zur Finanzierung des künftigen Umsatzwachstums aufnehmen. In der Periode t hat darüber hinaus die Rückstellungsbildung zu einer Zunahme der liquiden Mittel i.H.v. 100 GE geführt. Die Auflösung der Prozessrückstellung verringert nun in der Periode t+1 die liquiden Mittel i.H.v. 100 GE. 1.1.2.7 Analyse und Prognose der Finanzstruktur Einzahlungen und Auszahlungen verändern die liquiden Mittel auf der Aktivseite der Bilanz. Ziel der Kapitalflussrechnung ist es, die Gründe für die Veränderung des Bestands der liquiden Mittel zwischen zwei Zeitpunkten aufzuzeigen, indem die einzelnen Ein- und Auszahlungen der Periode den folgenden drei Bereichen zugeordnet und für diese jeweils Cashflows als Ein- oder Auszahlungsüberschuss gezeigt werden (vgl. Behringer 2010, S. 95f.): Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit Cashflow aus der Investitionstätigkeit Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit Durch die Zuordnung der Ein- und Auszahlungen auf diese drei Bereiche kann der interne und externe Analyst die Veränderung der liquiden Mittel ökonomisch interpretieren. Kommt die Veränderung der liquiden Mittel durch den Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit zustande, so hat das Unternehmen die liquiden Mittel aus eigener Kraft, d.h. aus der betrieblichen bzw. aus der laufenden Geschäftstätigkeit, erwirtschaftet. Haben sich die liquiden Mittel im Wesentlichen durch den Cashflow aus der Investitionstätigkeit verändert, so stehen dahinter Entscheidungen des Managements zur langfristigen Ausrichtung des Unternehmens. Wenn die liquiden Mittel sich durch den Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit erhöhen oder verringern, dann liegen die Gründe der Veränderung der liquiden Mittel in der Eigen- und Fremdkapitalaufnahme. Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit kann zum einen direkt durch die Zusammenfassung der betrieblichen Ein- und Auszahlungen, die in einer Periode entstehen und die in der Buchhaltung dokumentiert werden, ermittelt werden. Zum anderen kann der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit indirekt aus den betrieblichen Erträgen und Aufwendungen (Gewinn- und Verlustrechnung) abgeleitet werden, indem die Erträge und Aufwendungen der Periode um die unbaren Erträge und Aufwendungen korrigiert werden (vgl. Behringer 2010, S. 95). Die Höhe der unbaren <?page no="34"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 35 uvk-lucius.de/ wert-controlling Erträge und Aufwendungen kann aus der Veränderung einzelner Bilanzpositionen abgeleitet werden: Die Bilanzposition Forderungen aus L&L auf der Aktivseite der Bilanz entsteht durch die Buchung eines unbaren Ertrags. Nehmen diese Forderungen auf der Aktivseite der Bilanz zu, so erhöht sich auf der Passivseite der Bilanz das Reinvermögen bzw. in der Gewinn- und Verlustrechnung der Gewinn. Erst bei der Begleichung der Forderungen und der damit einhergehenden Ausbuchung erhöhen sich die liquiden Mittel auf der Aktivseite der Bilanz. Erhöhen sich die Forderungen in einer Periode, so ist dieser Betrag vom Gewinn abzuziehen, um durch Korrekturen indirekt Schritt für Schritt vom Ertragsüberschuss zum Einzahlungsüberschuss zu gelangen. Die in Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit entstehenden Rückstellungen auf der Passivseite der Bilanz entstehen durch die Buchung eines unbaren Aufwands. Eine Erhöhung der Rückstellungen verringert das Reinvermögen auf der Passivseite der Bilanz bzw. den Gewinn in der Gewinn- und Verlustrechnung. Erst bei Eintritt des Schadens inklusive erfolgsneutraler bzw. zahlungswirksamer Auflösung der Rückstellung werden die liquiden Mittel auf der Aktivseite der Bilanz belastet. Nehmen die Rückstellungen auf der Passivseite der Bilanz zu, so ist dieser Betrag dem Gewinn hinzuzurechnen, um durch Korrekturen indirekt Schritt für Schritt vom Ertragsüberschuss zum Einzahlungsüberschuss zu gelangen. Die Vorräte auf der Aktivseite der Bilanz werden erfolgsneutral eingekauft, d.h. durch den Kauf der Vorräte verändert sich nicht das Reinvermögen auf der Passivseite. Finanziert wird der Kauf der Vorräte entweder durch einen Aktivtausch, d.h. in Höhe der zugekauften Vorräte verringern sich die liquiden Mittel, oder durch eine Bilanzverlängerung, d.h. in Höhe der zugekauften Vorräte erhöhen sich die Verbindlichkeiten aus L&L. Eine Erhöhung der Vorräte auf der Aktivseite kann im ersten Schritt als „Investitionsauszahlung“ interpretiert werden, d.h. eine Erhöhung der Vorräte wird von dem ausgewiesenen Gewinn in der Gewinn- und Verlustrechnung abgezogen, um Schritt für Schritt zum Cashflow zu gelangen. Falls der Kauf der Vorräte (Zunahme Vorräte) nicht bar bezahlt wird (Verringerung der liquiden Mittel), sondern die Zunahme der Vorräte durch eine Erhöhung der Verbindlichkeiten aus L&L finanziert wird (Bilanzverlängerung), wird dieser unbare Vorgang, der mit dem Kauf der Vorräte im Zusammenhang steht, in einem zweiten Schritt zum Gewinn hinzugerechnet. Zu- und Abschreibungen von einzelnen Bilanzposten des Anlage- und Umlaufvermögens erhöhen oder verringern das Reinvermögen und damit auch den Gewinn in der Gewinn- und Verlustrechnung. Da Zu- und Abschreibungen unbare - d.h. nicht zahlungswirksame - Erträge und Aufwendungen sind, müssen sie vom Gewinn abgezogen bzw. zum Gewinn hinzugerechnet werden. Die folgende Grafik veranschaulicht die sukzessive Ableitung des Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit ausgehend von dem Gewinn in der Gewinn- und Verlustrechnung: <?page no="35"?> 36 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 16: Analyse der Kapitalflussrechnung Der Cashflow aus der Investitionstätigkeit und der Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit werden direkt ermittelt. Im Cashflow aus der Investitionstätigkeit werden Investitionsauszahlungen und Einzahlungen aus De(sin)vestitionen erfasst. Durch die Untergliederung der Einzahlungen und Auszahlungen aus der Investitions- und Desinvestitionstätigkeit auf die Bereiche immaterielle Vermögenswerte, Sachanlagevermögen und Finanzanlagevermögen können interne und externe Analysten die Investitionstätigkeit des Unternehmens detaillierter interpretieren. Investitionen in immaterielle Vermögenswerte sichern die langfristige Wettbewerbsfähigkeit, Investitionen ins Sachanlagevermögen sind die Grundlage für die betriebliche Geschäftstätigkeit und mit Hilfe von Investitionen in das Finanzanlagevermögen können Verbindungen zu anderen Unternehmen hergestellt oder aber auch Beträge - ohne Verbindung zur betrieblichen Geschäftstätigkeit - angelegt werden. Kommt es zu einem Abgang von Anlagevermögen, d.h. Teile des Anlagevermögens werden verkauft, dann werden die Einzahlungen aus dem Abgang von Anlagevermögen im Cashflow aus der Investitionstätigkeit ausgewiesen. Buchgewinne bzw. Buchverluste, die beim Verkauf des Anlagevermögens den Gewinn in der Gewinn- und Verlustrechnung erhöhen bzw. vermindern, werden aus dem Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit herausgerechnet und im Cashflow aus der Investitionstätigkeit erfasst. Im Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit wird die periodische Aufnahme und Rückführung von externem Kapital erfasst. Dabei werden die Transaktionen mit den Fremdkapitalgebern, d.h. Aufnahme und Tilgung von lang- und kurzfristigen Krediten, und die Transaktionen mit den Eigenkapitalgebern, d.h. Kapitalerhöhungen, Kapitalherabsetzungen und Dividendenzahlungen, getrennt ausgewiesen. Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit, der Cashflow aus der Investitionstätigkeit und der Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit erklären gemeinsam die Veränderung der liquiden Mittel, deren Anfangs- und Endbestand die Bilanz auf der Aktivseite zeigt. Die Kapitalflussrechnung ist mithin eine Detailrechnung zur Bilanzposition liquide Mittel, sie zeigt (saldierte) Stromgrößen zur Bilanzbestandsgröße liquide Mittel. KFR in GE Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gewinn 27,9 57,8 89,9 54,0 +/ - Ab-/ Zuschreibungen AV 100 200 300 400 +/ - Zu-/ Abnahme Rückstellungen 0 0 0 100 -/ + Gewinne/ Verluste aus Abgang AV 0 0 0 0 +/ - Zu-/ Abnahme Verb. L&L 132 132 132 132 -/ + Zu-/ Abnahme Ford. L&L, Vorräte -326 -326 -326 -326 = CF aus der lauf. Geschäftstätigkeit -66,1 63,8 195,9 360,0 -/ + Inv. (Zugang)/ Des. (Abgang) AV -400 -400 -400 -800 -/ + Investitionen/ Desinvestitionen FA -100 -200 -300 0 = CF aus der Investitionstätigkeit -500,0 -600,0 -700,0 -800,0 +/ - FK-Aufnahme/ FK-Tilgung 300 300 300 300 - Ausschüttungen an EK-Geber -27,9 -57,8 -89,9 -54,0 +/ - EK-Einlagen/ EK-Entnahmen 300 300 300 300 = CF aus der Finanzierungstätigkeit 572,1 542,2 510,1 546,0 = liquide Mittel 6,0 6,0 6,0 106,0 Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="36"?> 1.1 Konzeptioneller Zusammenhang von Bilanz, GuV und KFR 37 uvk-lucius.de/ wert-controlling 1.1.2.8 Fallstudie zur Analyse und Prognose der Finanzstruktur Ziel dieser Fallstudie ist es, die Analyse der Kapitalflussrechnung zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte werden in dieser Fallstudie beleuchtet: zur Berechnung des Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit, zur Berechnung des Cashflow aus der Investitions- und Finanzierungstätigkeit, zur Interpretation des Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit, aus der Investitions- und Finanzierungstätigkeit. Zur Berechnung des Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit: Ausgehend von dem Gewinn nach Steuern in der Gewinn- und Verlustrechnung kann der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit indirekt abgeleitet werden. Bei der „Autohaus DUCK AG“ fallen pro Autohaus 100 GE Abschreibungen (unbarer Aufwand) an, die zum Gewinn wieder hinzugerechnet werden müssen. Darüber hinaus wird in der Periode t eine Rückstellung i.H.v. 100 GE (unbarer Aufwand) gebildet (Zunahme der Rückstellung auf der Passivseite der Bilanz). In der Periode t+1 wird die Rückstellung erfolgsneutral, aber zahlungswirksam aufgelöst, d.h. es kommt zu einer Auszahlung i.H.v. 100 GE (Abnahme der Rückstellung auf der Passivseite der Bilanz). In jeder Periode gründet die „Autohaus DUCK AG“ ein neues Autohaus. Aufgrund der Unternehmensexpansion erhöhen sich die Vorräte und die Forderungen aus L&L im Umlaufvermögen auf der Aktivseite der Bilanz um 326 GE - aber auch die Verbindlichkeiten aus L&L auf der Passivseite der Bilanz um 132 GE. Die Vorräte und die Forderungen aus L&L abzüglich der Verbindlichkeiten aus L&L können zum Working Capital i.e.S. (WC i.e.S.) i.H.v. 194 GE zusammengefasst werden. Eine Erhöhung des Working Capital führt zu einer zusätzlichen Kapitalbindung auf der Aktivseite der Bilanz, die wie Investitionen vom Gewinn abgezogen werden müssen, um indirekt aus der Gewinn- und Verlustrechnung den Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit zu bestimmen. Zur Berechnung des Cashflow aus der Investitions- und Finanzierungstätigkeit: Der Cashflow aus der Investitionstätigkeit und der Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit werden direkt ermittelt. Es fallen in jeder Periode Erweiterungsinvestitionen in das Anlagevermögen i.H.v. 400 GE an. Ab der Periode t entstehen darüber hinaus Ersatzinvestitionen i.H.v. 400 GE. Dazu kommen noch die Investitionen in Wertpapiere in Höhe der Differenz zwischen den Abschreibungen und den Ersatzinvestitionen. Eigen- und verzinsliches Fremdkapital nimmt die „Autohaus DUCK AG“ je 300 GE pro Periode zur Finanzierung der Expansion auf. Der Jahresüberschuss wird von den Eigentümern in jeder Periode zur Gänze entnommen (Vollausschüttung). Die folgende Abbildung fasst die einzelnen Korrekturen zur indirekten Ableitung des Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit und die direkte Ermittlung des Cashflow aus der Investitionstätigkeit und des Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit zusammen. Gemeinsam erklären sie die Veränderung der liquiden Mittel in der Periode: <?page no="37"?> 38 1 Informationsgrundlage des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 17: Analyse und Prognose der Kapitalflussrechnung Zur Interpretation des Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit, aus der Investitions- und Finanzierungstätigkeit: Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit gibt die Innenfinanzierungskraft des Unternehmens wieder. Die Fallstudie zeigt auf, dass der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit um die Abschreibungen größer ist als der Gewinn, d.h. in Höhe der Abschreibungen kann das Unternehmen wieder investieren. Darüber hinaus erhöht die Bildung von Rückstellungen zeitweise den Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit, während die erfolgsneutrale zahlungswirksame Auflösung den Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit schmälert. Aufgrund der Expansion der „Autohaus DUCK AG“ wird der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit konstant um die Zunahme des Working Capital i.e.S. gemindert. Durch eine Verringerung des Working Capital i.e.S. kann der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit aber auch in einer Periode erhöht werden. Über die Totalperiode, d.h. von der Gründung bis zur Auflösung des Unternehmens, werden Rückstellungen gebildet und wieder aufgelöst bzw. Working Capital wird „gekauft“ und wieder „verkauft“, wobei das Working Capital und die Rückstellungen bei der Annahme einer konstanten ewigen Fortführung des Unternehmens als durchschnittlich gleichbleibender Wert angesetzt werden. Die Investitionen in das Anlagevermögen übersteigen bei der „Autohaus DUCK AG“ in jeder Periode die Abschreibungen, d.h. das Unternehmen tätigt konstant Erweiterungsinvestitionen. Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit reicht nicht aus, um die Erweiterungsinvestitionen zu finanzieren. Die „Autohaus DUCK AG“ muss in jeder Periode externes Eigen- und verzinsliches Fremdkapital aufnehmen. Wenn die „Autohaus DUCK AG“ allerdings auf die kurzfristigen Wertpapieranlagen und auf die Ausschüttungen an die Eigenkapitalgeber verzichtete, dann könnte sie von einem Teil der externen Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalaufnahmen absehen und durch den Zinseszinseffekt sowie den Größeneffekt die Erweiterungsinvestitionen mit der Zeit aus der Innenfinanzierungskraft stemmen (siehe Periode t+3). Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit und der Cashflow aus der Investitionstätigkeit müssen zusammen interpretiert werden, da im Cashflow aus der Investiti- KFR in GE Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gewinn 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 207,1 243,3 +/ - Ab-/ Zuschreibungen AV 100 200 300 400 500 600 700 +/ - Zu-/ Abnahme Rückstellungen 0 0 0 100 -100 0 0 -/ + Gewinne/ Verluste aus Abgang AV 0 0 0 0 0 0 0 +/ - Zu-/ Abnahme Verb. L&L 132 132 132 132 132 132 0 -/ + Zu-/ Abnahme Ford. L&L, Vorräte -326 -326 -326 -326 -326 -326 0 - Zunahme WC i.e.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 0,0 = CF aus der lauf. Geschäftstätigkeit -66,1 63,8 195,9 360,0 378,9 613,1 943,3 -/ + Inv. (Zugang)/ Des. (Abgang) AV -400 -400 -400 -800 -800 -800 -700 -/ + Investitionen/ Desinvestitionen FA -100 -200 -300 0 -100 -200 0 = CF aus der Investitionstätigkeit -500,0 -600,0 -700,0 -800,0 -900,0 -1.000,0 -700,0 +/ - FK-Aufnahme/ FK-Tilgung 300 300 300 300 300 300 0 - Ausschüttungen an EK-Geber -27,9 -57,8 -89,9 -54,0 -172,9 -207,1 -243,3 +/ - EK-Einlagen/ EK-Entnahmen 300 300 300 300 300 300 0 = CF aus der Finanzierungstätigkeit 572,1 542,2 510,1 546,0 427,1 392,9 -243,3 = liquide Mittel 6,0 6,0 6,0 106,0 -94,0 6,0 0,0 Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="38"?> 2.1 Auswirkungen von Investitionen auf den Unternehmenswert 39 uvk-lucius.de/ wert-controlling onstätigkeit die Investitionen erfasst werden, durch die dann der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit erwirtschaftet wird. Ein steigender Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit kann daher zum einen durch eine Verbesserung der betrieblichen Tätigkeit (z.B. höherer Beschäftigungsgrad) und zum anderen durch Erweiterungsinvestitionen zustande kommen. Über die Totalperiode, d.h. von der Gründung bis zur Auflösung des Unternehmens, entspricht die Summe des Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit zuzüglich der Summe des Cashflow aus der Investitionstätigkeit der Summe der Netto Cashflows (Flow to Equity) bzw. der Summe der Gewinne nach Steuern. Der Grund hierfür ist, dass Fremdkapitalaufnahmen und Fremdkapitaltilgungen über die Totalperiode in Summe gleich Null sind und die Zinsauszahlungen im Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit erfasst werden. In den einzelnen Teilperioden der Totalperiode ist der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit zuzüglich des Cashflow aus der Investitionstätigkeit als Free Cashflow nach Zinsen zu interpretieren, der für Fremdkapitaltilgungen, Eigenkapitalausschüttungen und Erhöhungen der liquiden Mittel im Unternehmen zur Verfügung steht. Die Entwicklung des Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit kann auch in Verbindung mit der Entwicklung des Gewinns interpretiert werden. Über die Totalperiode ist die Summe der Cashflows aus der betrieblichen Tätigkeit nicht in eine Erfolgsgröße überführbar, weil die Investitionen und die dazugehörigen Abschreibungen nicht im Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit erfasst werden. Wenn der Gewinn und der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit sich aber gegenläufig entwickeln, könnte dies durch bilanzpolitisch hohe Abschreibungen zustande kommen, soweit der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit nicht durch Erweiterungsinvestitionen, durch eine Verringerung des Working Capital oder durch eine Erhöhung der Rückstellungen steigt. Die Entwicklung des Cashflow aus der Investitionstätigkeit kann in Verbindung mit der Entwicklung der Abschreibungen interpretiert werden, weil über die Totalperiode die Summe der Investitionen gleich der Summe der Abschreibungen ist. Wenn die Investitionen über mehrere Perioden größer als die Abschreibungen sind, tätigt das Unternehmen oft Erweiterungsinvestitionen. Sind die Investitionen allerdings über mehrere Perioden kleiner als die Abschreibungen, könnte es - wegen eines „Investitionsstaus“ - künftig zu höheren Ersatzinvestitionen kommen. 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings 2.1 Auswirkungen von Investitionen auf den Unternehmenswert Der Zweck von Investitionen besteht darin, durch einen Ressourceneinsatz künftige (höhere) Nutzenrückflüsse zu generieren. Eine Investition kann durch eine Abfolge von Zahlungsvorgängen beschrieben werden (vgl. Wöhe 2013, S. 480f.). Einer Investitionsauszahlung im Zeitpunkt t folgen Einzahlungsüberschüsse in den Perioden t+1, t+2, t+3 etc. Die Abfolge der Zahlungsvorgänge im Zeitablauf ist miteinander ver- <?page no="39"?> 40 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling knüpft, die Investitionsauszahlung im Zeitpunkt t ist die Voraussetzung für die Erwirtschaftung der künftigen Einzahlungsüberschüsse. Die Unternehmensführung kann Kapitalressourcen im Unternehmen auf ganz unterschiedliche Weise einsetzen. Da die Kapitalressourcen im Unternehmen begrenzt sind, muss die Unternehmensführung - soweit sie das Kapital investiert - die richtigen Investitionen aus den unterschiedlichen Investitionsalternativen finden. Das wertorientierte Ziel der Unternehmensführung ist es, mit Hilfe von Investitionen den Unternehmenswert zu steigern. In Bezug auf das wertorientierte Ziel sind die richtigen Investitionen jene, die den Unternehmenswert am meisten steigern. Investitionen können nach unterschiedlichen Kriterien beurteilt werden. Ein Urteil kommt dadurch zustande, dass der Beurteilende ein Objekt in Bezug auf ein Kriterium mit einem anderen Objekt vergleicht, z.B. kann der Beurteilende ein Investitionsobjekt in Bezug auf das Kriterium Risiko als risikoreicher als ein Alternativinvestitionsobjekt einschätzen. Ein Investitionsurteil ist daher eine vergleichende subjektive oder objektivierte Einordnung des Investitionsobjektes auf Grundlage von verschiedenen Beurteilungskriterien. Ausgehend von der Zielsetzung der Steigerung des Unternehmenswerts, hat die Unternehmensführung die Investitionen in Bezug auf das Kriterium der Unternehmenswertsteigerung zu beurteilen. Der Wert eines Unternehmens entsteht dadurch, dass der Beurteilende dem Unternehmen einen Geldbetrag zuordnet. Der Geldbetrag repräsentiert den Wert des Unternehmens, weil der Beurteilende theoretisch zu diesem Preis bereit ist, das Unternehmen zu kaufen. Der Unternehmenswert drückt daher die tatsächliche oder theoretisch ermittelte Kaufbereitschaft der Beurteilenden aus. Die tatsächliche Kaufbereitschaft von Aktionären einer Aktiengesellschaft spiegelt sich im aktuellen Aktienkurs wider, der sich durch Angebot und Nachfrage am Kapitalmarkt bildet. Der aktuelle Wert eines Unternehmens kann daher aus der Perspektive der Aktionäre (Marktwert des Eigenkapitals) aus der Anzahl der Aktien multipliziert mit dem aktuellen Aktienpreis abgeleitet werden (Börsenkapitalisierung). Da zu einem bestimmten Zeitpunkt nur ein Teil der Aktionäre Aktien am Markt anbietet und nur ein Teil der potentiellen Investoren Aktien am Markt nachfragt, wird bei der Berechnung der Börsenkapitalisierung der Wert des Unternehmens aus der Perspektive der gerade am Markt teilnehmenden Aktionäre bestimmt. Wenn die Aktien eines Unternehmens auf viele Anteilseigner verteilt sind (hoher Streubesitz) und genügend potentielle Investoren und Anteilseigner ständig bereit sind, Aktien zu kaufen und zu verkaufen (hohe Liquidität), dann wird die Börsenkapitalisierung weniger von der Kaufbereitschaft einzelner Investoren beeinflusst. Zur Beurteilung einer Investition in Bezug auf die Unternehmenswertsteigerung muss die Unternehmensführung die Wirkung einer Investitionsentscheidung auf den Aktienkurs bestimmen. Die theoretische Kaufbereitschaft von Aktionären einer Aktiengesellschaft spiegelt sich im Gegenwartswert der Rückflüsse, d.h. der Dividenden an die Aktionäre, wider. Der Gegenwartswert drückt die theoretische Kaufbereitschaft aus, weil der Gegenwartswert der Rückflüsse jener Wert ist, bei dem der Beurteilende indifferent ist zwischen einer Investition in das Unternehmen und einer Investition in die risikoadäquate Alternativanlage. Der aktuelle Wert eines Unternehmens kann daher aus der Perspektive der Aktionäre durch die Diskontierung der erwarteten Dividenden berechnet werden (Dividendendiskontierungsmodell). Die folgende Abbildung ver- <?page no="40"?> 2.1 Auswirkungen von Investitionen auf den Unternehmenswert 41 uvk-lucius.de/ wert-controlling deutlicht die Berechnung des Gegenwartswerts der Dividendenausschüttungen (DIV) inklusive der Rückzahlung des Eigenkapitals in der Periode t+4 (Restwert): Abb. 18: Berechnung des Gegenwartswerts des Eigenkapitals Der Gegenwartswert (Barwert) des Eigenkapitals beträgt 300,7 GE. Durch die Diskontierung wird der heutige Wert der erwarteten Rückflüsse im Verhältnis zum Diskontierungszinssatz berechnet. Der Diskontierungszinssatz ist der erwartete Zinssatz einer risikoadäquaten Alternativinvestition. Wenn die Eigenkapitalgeber maximal den Gegenwartswert der Rückflüsse für das Unternehmen bezahlen (theoretisch ermittelte Kaufbereitschaft), dann stellen sie sich durch eine Investition in das Unternehmen nicht schlechter als durch eine Investition in die risikoadäquate Alternativanlage i.H.v. 10%. Zahlen die Eigenkapitalgeber genau den Gegenwartswert der Rückflüsse für das Unternehmen, so ist die erwartete Rendite gleich dem Diskontierungszinssatz. Die folgende Abbildung verdeutlicht, dass der Gegenwartswert i.H.v. 300,7 GE in einzelne Kapitalanlagebeträge gestückelt werden kann. Investiert ein Investor nun in diese einzelnen Kapitalanlagen (Annahme: einheitlicher Zinssatz i.H.v. 10%), so kommt er zu den gleichen erwarteten Rückflüssen wie aus der Investition in das Unternehmen (16,0, 15,1, 16,4, 17,6 und 365,0 GE): Abb. 19: Aufzinsung des gestückelten Gegenwartswerts des Eigenkapitals mit dem Diskontierungszinssatz Das Beispiel verdeutlicht, dass der Gegenwartswert jener Investitionsbetrag ist, der zu einer erwarteten Rendite in Höhe der risikoadäquaten Alternativrendite führt. Annahme = r EK = 10% ERÜ in GE Gründung t+1 t+2 t+3 t+4 Restwert ETÜ Eigenkapital 300,0 316,0 331,1 347,5 365,0 Gewinn nach Steuern (EAT) 31,9 30,3 32,7 35,2 130,1 Ausschüttungsquote (BOR) 50% 50% 50% 50% EK-Ausschüttungen (DIV) 16,0 15,1 16,4 17,6 EK-Einlagen/ Entnahmen -300 0 0 0 0 365,0 ETÜ -300 16,0 15,1 16,4 17,6 365,0 130,1 Diskontierungsfaktor 0,9091 0,8264 0,7513 0,6830 Barwert (BW) 14,5 12,5 12,3 261,3 BW ETÜ 300,7 Anzahl Aktien in Tsd. 16 BW je Aktie 18,79 Annahme = r EK = 10% in GE Gründung t+1 t+2 t+3 t+4 Restw ert ETÜ ETÜ -300 16,0 15,1 16,4 17,6 365,0 130,1 Aufzinsungsfaktor 1,1000 1,2100 1,3310 1,4641 Barwert ETÜ 14,5 Barwert ETÜ 12,5 Barwert ETÜ 12,3 Barwert ETÜ 261,3 Barwerte ETÜ 300,7 <?page no="41"?> 42 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Der Unternehmenswert - ermittelt durch die Berechnung des Gegenwartswerts der Rückflüsse an die Eigentümer (Entnahmeüberschüsse) - basiert auf dem Kapitalwertverfahren. Rechnerisch ermittelt ist die erwartete Rendite der interne Zinssatz, zu dem die prognostizierten Rückflüsse wieder angelegt werden können (Wiederanlageprämisse) (vgl. grundlegend Drukarczyk/ Lobe 2015, S. 121; Wöhe/ Döring 2013, S. 500): mit: KW 0 = Kapitalwert, ETÜ t = Entnahmeüberschüsse, IZF = interner Zinsfuß bzw. interner Zinssatz, r EK = Eigenkapitalkostensatz, t = Zeitindex Die folgende Abbildung zeigt auf, dass bei der Berechnung des Gegenwartswerts angenommen wird, dass die erwarteten Rückflüsse wieder zum Diskontierungszinssatz (hier: r EK ) angelegt werden können (Wiederanlageprämisse) (vgl. grundlegend Wöhe/ Döring 2013, S. 500): Abb. 20: Darstellung der Wiederanlageprämisse Das Kapitalwertverfahren ist ein dynamisches Investitionsrechenverfahren (vgl. grundlegend Wöhe 2013, S. 488ff.). Ein positiver Kapitalwert drückt aus, dass der Gegenwartswert aus den Rückflüssen der Investition (EZÜ) höher ist als die Investitionsauszahlung, d.h. im Vergleich zur alternativen Verwendung des Kapitals zum Kalkulationszinssatz i (Diskontierungszinssatz) ist die Investition vorteilhaft (vgl. Drukarczyk/ Lobe 2015, S. 43ff.): Annahme = r EK = 10% in GE Gründung t+1 t+2 t+3 t+4 Restwert ETÜ ETÜ -300 16,0 15,1 16,4 17,6 365,0 130,1 Aufzinsungsfaktor 1,3310 1,2100 1,1000 Endwert ETÜ 18,0 Endwert ETÜ 18,3 Endwert ETÜ 21,3 Endwerte ETÜ 75,2 365,0 Diskontierungsfaktor 0,6830 Barwert ETÜ 300,7 <?page no="42"?> 2.2 Beurteilung von Investitionen 43 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: KW 0 = Kapitalwert, EZÜ t = Einzahlungsüberschüsse, i = Kalkulationszinssatz bzw. Diskontierungszinssatz, t = Zeitindex Ein Unternehmen erwirtschaftet durch Investitionen Ein- und Auszahlungen bzw. Einzahlungsüberschüsse (EZÜ). Für Eigenkapitalgeber ist die Eigenkapitaleinlage eine Investitionsauszahlung und die erwarteten Eigenkapitalentnahmen bzw. Entnahmeüberschüsse (ETÜ) sind die Rückflüsse aus der Investition. Ein positiver Kapitalwert drückt hier aus, dass der Gegenwartswert der Rückflüsse aus der Investition (ETÜ) höher ist als die Eigenkapitaleinlage, d.h. im Vergleich zur risikoadäquaten Alternativinvestition mit dem Zinssatz r EK ist die Eigenkapitaleinlage vorteilhaft. Aus der Perspektive des Unternehmens (Einzahlungsüberschüsse) und aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber (Entnahmeüberschüsse) sind Investitionen mit einem positiven Kapitalwert im Vergleich zur Alternativanlage wertsteigernd. Mit Hilfe des Kapitalwertverfahrens können Investition in Bezug auf ihren Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung beurteilt werden. Je höher der Kapitalwert einer Investition, desto höher ist ihr Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswerts (vgl. Wöhe 2013, S. 495). 2.2 Beurteilung von Investitionen Grundlage einer Investitionsbeurteilung ist der Vergleich von Investitionsalternativen. Der Wert einer Investition ist jener Betrag, den ein Investor maximal im Vergleich zu einer Alternativinvestition zahlen könnte, um sich durch die Investition nicht schlechter zu stellen als durch eine Investition in die Alternativanlage. Der Wert einer Investition ist daher ein relativer Wert, d.h. ein Wert in Relation zu einem anderen Bezugspunkt (Alternativinvestition). Da sich in Abhängigkeit des Bezugspunktes der Wert einer Investition bildet, ist die Wahl des richtigen Bezugspunktes entscheidend für die Investitionsbewertung. Investitionen können sich in Bezug auf die Höhe der Investitionsauszahlung, die Höhe der Rückflüsse und den Zeitraum, über den die Rückflüsse erwirtschaftet werden (Nutzungsdauer), unterscheiden. Die Summe der Einzahlungsüberschüsse über die Totalperiode gibt wieder, wie hoch die erwarteten Überschüsse aus einer Investition über die Totalperiode sind, d.h. um wieviel das investierte Kapital in Höhe der Investitionsauszahlung sich über die Totalperiode erwartungsgemäß nominal vermehrt. Die Summe der erwarteten Einzahlungsüberschüsse über die Totalperiode ist gleich der Summe der erwarteten Entnahmeüberschüsse, d.h. Investitionen mit positiven erwarteten Überschüssen erhöhen das Ausschüttungspotential. Die Summe der Einzahlungsüberschüsse ist auch gleich der Summe der Ertragsüberschüsse über die Totalperiode, d.h. Investitionen mit positiven Überschüssen über die Totalperiode führen - je nach verursachungsgerechter Zuordnung der Aufwendungen und Erträge - in den einzelnen Teilperioden zu einem positiven Gewinnausweis. Die folgende Abbildung gibt sechs unterschiedliche Investitionen wieder, die sich in Bezug auf die Höhe der Investitionsauszahlung, die Höhe der Rückflüsse und den Zeitraum, in dem die Rückflüsse erwirtschaftet werden, unterscheiden: <?page no="43"?> 44 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 21: Vergleich der Einzahlungsüberschüsse von Investitionsalternativen Durch einen Vergleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse über die Totalperiode können diejenigen Investitionen ausgewählt werden, die die höchsten erwarteten Einzahlungsüberschüsse erwirtschaften. Nicht berücksichtigt wird bei diesem Vergleich, dass Einzahlungsüberschüsse, die früher erwirtschaftet werden, wieder angelegt werden können (Zinseszinseffekt), d.h. Einzahlungen in der Periode t haben einen höheren Zeitwert als Einzahlungen in der Periode t+1. Die Investitionen A, B und C haben eine interne Rendite i.H.v. 4%. In Bezug auf die Wiederanlagemöglichkeit i.H.v. 4% können die Investitionen D, E und F durch die Diskontierung der erwarteten Rückflüsse mit der Vergleichsrendite i.H.v. 4% bewertet werden. Im Verhältnis zu einer Anlage mit einer Verzinsung von 4% beträgt der Gegenwartswert der Investitionen D, E und F 1.166,5 GE, 1198,9 GE und 1010,3 GE. Wenn die Rückflüsse aus den Investitionen D, E und F zu 4% angelegt werden könnten, dann würde sich das Kapital durch die Investitionen bis zum Zeitpunkt t+3 folgendermaßen vermehren: Abb. 22: Vergleich der aufgezinsten Einzahlungsüberschüsse von Investitionsalternativen Ausgehend von dem gleichen Investitionsbetrag i.H.v. 1.000 GE erwirtschaftet die Investition F die höchste erwartete Wertsteigerung (Endwert 361,5 GE). Dass die Investition F im Vergleich zur alternativen Verwendung des Kapitals mit einer Verzinsungsmöglichkeit i.H.v. 4% die beste der Alternativinvestitionen ist, drückt sich auch in dem höchsten Kapitalwert bzw. in der höchsten modifizierten internen Rendite (MIRR = Modified Internal Rate of Return) aus. Die modifizierte interne Rendite gibt die erwartete interne Rendite aus der Investition unter Berücksichtigung einer spezifischen Wiederanlagemöglichkeit der erwarteten Einzahlungsüberschüsse in Höhe der konstanten Rendite i bis zum Ende der Nutzungsdauer wieder (vgl. Brigham/ Gapenski/ Daves 1999, S. 225): in GE Gründung t+1 t+2 t+3 t+4 EZÜ BW KW EZÜ Investition A -1.000 1.040 40,0 1.000,0 0,0 EZÜ Investition B -1.000 40 1.040 80,0 1.000,0 0,0 EZÜ Investition C -1.000 40 40 1.040 120,0 1.000,0 0,0 EZÜ Investition D -1.000 100 100 1.100 300,0 1.166,5 166,5 EZÜ Investition E -1.000 400 400 500 300,0 1.198,9 198,9 EZÜ Investition F -800 300 300 500 300,0 1.010,3 210,3 in GE Gründung t+1 t+2 t+3 t+4 Endw ert zinseffekt MIRR EZÜ Investition A -1.000 1.040 1.124,9 124,9 4,0% EZÜ Investition B -1.000 40 1.040 1.124,9 124,9 4,0% EZÜ Investition C -1.000 40 40 1.040 1.124,9 124,9 4,0% EZÜ Investition D -1.000 100 100 1.100 1.312,2 312,2 9,5% EZÜ Investition E -1.000 400 400 500 1.348,6 348,6 10,5% EZÜ Investition F -800 300 300 500 1.136,5 336,5 12,4% + Adjustierung -200 8 8 208 225,0 25,0 4,0% EZÜ Investition F -1.000 308 308 708 1.361,5 361,5 10,8% EZÜ+ Zinses- <?page no="44"?> 2.2 Beurteilung von Investitionen 45 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: MIRR = Modified Internal Rate of Return bzw. modifizierter interner Zinssatz, EZÜ t = Einzahlungsüberschüsse, i = Kalkulationszinssatz, t = Zeitindex Wenn die Rendite i der spezifischen Wiederanlagemöglichkeit der modifizierten internen Rendite entspricht, dann ist die modifizierte interne Rendite gleich dem internen Zinssatz der Investition, denn bei der Berechnung des internen Zinssatzes einer Investition wird angenommen, dass die erwarteten Rückflüsse wieder zum internen Zinssatz angelegt werden können (Wiederanlageprämisse). Durch einen Vergleich der Kapitalwerte bzw. der modifizierten internen Renditen können diejenigen Investitionen ausgewählt werden, die die höchsten erwarteten Einzahlungsüberschüsse unter Berücksichtigung der Wiederanlagemöglichkeit zum Zinssatz i (Zinseszinseffekt, Endwerte) erwirtschaften. Nicht berücksichtigt wird bei diesem Vergleich, dass die unterschiedlichen Investitionen ein unterschiedlich hohes Risiko aufweisen können. Das Risiko einer Investition ist allgemein ausgedrückt das Verlustpotential der Investition (vgl. Kromschröder/ Lück 1998, S. 1573). Einen Verlust erwirtschaftet die Investition über die Totalperiode dann, wenn über die Nutzungsdauer die Summe der Einzahlungsüberschüsse negativ ist (negativer Totalerfolg). Das Risiko einer Investition drückt sich im engeren Sinne durch eine negative Abweichung der erwirtschafteten Einzahlungsüberschüsse im Vergleich zu den erwarteten Einzahlungsüberschüssen aus (Ermittlung des asymmetrischen Risikos) (vgl. Lück 1998, S. 1925), d.h. über die Totalperiode kann der erwartete Totalerfolg bzw. die Summe der erwarteten Einzahlungsüberschüsse nicht erwirtschaftet werden. Im weiteren Sinne besteht das Risiko einer Investition in der Möglichkeit einer positiven und negativen Abweichung der erwirtschafteten Einzahlungsüberschüsse von den erwarteten Einzahlungsüberschüssen (Ermittlung des symmetrischen Risikos) (vgl. Burger/ Buchhart 1998, S. 3f.). Eine positive Abweichung ist selbstverständlich eine Chance, da aber die Möglichkeit einer positiven Abweichung einhergeht mit der Möglichkeit einer negativen Abweichung, wird das Risiko im weiteren Sinne als Möglichkeit der positiven und negativen Abweichung ausgedrückt. Positive und negative Abweichungen von dem erwarteten Ergebnis können als Streuung bzw. Volatilität um den Erwartungswert beschrieben werden bzw. als Standardabweichung mathematisch quantifiziert werden (vgl. Wolke 2008, S. 74). In der folgenden Abbildung werden die sechs Investitionen grob in Bezug auf das Risiko beurteilt: <?page no="45"?> 46 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 23: Risikoadäquater Vergleich von Investitionsalternativen Die Investitionen A, B und C haben ein geringeres Risiko als die Investitionen D, E und F. Wird der Gegenwartswert der Investitionen D, E und F im Verhältnis zu einer Alternativinvestition mit einer Rendite i.H.v. 4% bestimmt, dann würde der Wert der Investition nicht die tatsächliche Kaufbereitschaft eines risikoscheuen Investors widerspiegeln, da risikoscheue Investoren nur dann bereit sind, Risiken einzugehen, wenn das Eingehen von Risiken durch eine höhere erwartete Rendite ausgeglichen wird. Für die Berechnung des Gegenwartswerts ist daher darauf zu achten, dass die Rückflüsse aus einer Investition mit den Rückflüssen aus einer risikoadäquaten Investition bzw. mit dem risikoadäquaten Alternativzinssatz verglichen werden. Die Investitionen D, E und F haben das gleiche Risiko. Wenn die Rückflüsse der Investitionen E und F zum internen Zinssatz der Investition D angelegt werden können, dann kann der Wert der Investitionen E und F in Relation zur Investition D bestimmt werden. Der Kapitalwert der Investition F beträgt bei einem Diskontierungszinssatz i.H.v. 10% 96,3 GE. Dieser Wert entspricht dem Betrag, den ein Investor maximal mehr im Vergleich zu der risikoadäquaten Alternativanlage zahlen könnte, um sich durch die Investition nicht schlechter zu stellen als durch die Investition in die risikoadäquate Vergleichsanlage. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Bewertung einer Investition durch einen Vergleich zustande kommt. Die Bewertung ist nur so gut, wie das Vergleichsobjekt als Bezugsobjekt für die Bewertung geeignet ist. Mit Hilfe des Kapitalwertverfahrens kann der Mehrwert einer Investition im Vergleich zu einer Alternativinvestition berechnet werden. Die erwarteten Einzahlungsüberschüsse und der Diskontierungszinssatz sind möglichst konsistent zueinander abzugrenzen (z.B. Risiko). Wenn unterschiedliche Beurteilungskriterien die Entscheidung beeinflussen, dann ist ein Investitionsurteil nur dann in Bezug auf ein Kriterium sinnvoll, wenn die anderen Kriterien gleich gut erfüllt werden (z.B. vergleichbares Risiko). 2.3 Risikoaversion bei der Investitionsbeurteilung Die Prognose der Einzahlungsüberschüsse und die Prognose des Diskontierungszinssatzes bedingen einander, weil beide durch die Diskontierung zu einem einheitlichen Wert werden - dem Gegenwartswert. Im Zeitpunkt der Investitionsauszahlung der Periode t ist es noch nicht sicher, ob die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse in den Perioden t+1, t+2, t+3 etc. erreicht werden. Erst am Ende der Totalperiode steht mit Sicherheit fest, ob die erwirtschafteten Einzahlungsüberschüsse den ursprünglich prognostizierten Einzahlungsüberschüssen entsprechen. Im Zeitpunkt der Investitionsentscheidung stellt sich daher die Frage, wie die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse des Investitionsobjektes und des Vergleichsobjektes sich künftig entwickeln. in GE Gründung t+1 t+2 t+3 Risiko EZÜ IZF KW EZÜ Investition A -1.000 1.040 niedrig 40,0 4,0% 0,0 EZÜ Investition B -1.000 40 1.040 niedrig 80,0 4,0% 0,0 EZÜ Investition C -1.000 40 40 1.040 niedrig 120,0 4,0% 0,0 EZÜ Investition D -1.000 100 100 1.100 hoch 300,0 10,0% 0,0 EZÜ Investition E -1.000 400 400 500 hoch 300,0 13,8% 69,9 EZÜ Investition F -800 300 300 500 hoch 300,0 16,1% 96,3 <?page no="46"?> 2.3 Risikoaversion bei der Investitionsbeurteilung 47 uvk-lucius.de/ wert-controlling Die folgende Abbildung stellt eine quasi sichere Investition A einer unsicheren Investition B gegenüber (vgl. grundlegend zur Risikoanalyse Wöhe 2013, S. 512ff.): Abb. 24: Berücksichtigung von Risiko bei der Investitionsbeurteilung Die Investitionsauszahlung der Investition A im Zeitpunkt t i.H.v. 1.000 GE führt zu einem quasi-sicheren Rückfluss in der Periode t+1 i.H.v. insgesamt 1.020 GE. Die Investitionsauszahlung der Investition B im Zeitpunkt t i.H.v. 1.000 GE führt zu einem erwarteten Rückfluss in der Periode t+1 - berechnet als Erwartungswert - i.H.v. insgesamt 1088,3 GE. Der prognostizierte Rückfluss in der Periode t+1 besteht jeweils aus dem Einzahlungsüberschuss und dem Restwert. Der Einzahlungsüberschuss wird in der Periode t+1 erwirtschaftet; der Restwert gibt den Betrag im Zeitpunkt t+1 wieder, für den ein Investor bereit wäre, die Investition zu kaufen. Je höher das Erfolgspotential der Investition im Zeitpunkt t+1 ist, desto mehr ist ein potentieller Käufer bereit, für die Investition zu zahlen. Bei der Investition A erhält der Investor eine quasi sichere Rendite i.H.v. 2%. Die Investition B erwirtschaftet keine quasi sichere - sondern eine erwartete Rendite i.H.v. 8,8%. Mit einer Wahrscheinlichkeit (WK) i.H.v. 1/ 3 erhält der Investor eine höhere Rendite als bei der Investition A, mit einer Wahrscheinlichkeit i.H.v. 1/ 3 erhält er die Rendite der Investition A i.H.v. 2% und mit einer Wahrscheinlichkeit i.H.v. 1/ 3 erhält er eine geringere Rendite als bei der Investition A. Grundlage der Beurteilung einer Investition mit Hilfe des Kapitalwertverfahrens ist der Vergleich einer Investition mit einer Alternativanlage. Soweit es ein geeignetes Bezugsobjekt gibt, kann im Verhältnis zu dem Bezugsobjekt der Gegenwartswert einer Investition bestimmt werden, d.h. im Vergleich zu einer risikoadäquaten Alternativanlage wird der maximale Betrag ermittelt, den ein risikoscheuer Investor zahlen kann, um sich nicht schlechter als die risikoadäquate Alternativanlage zu stellen. Wenn es allerdings keine risikoadäquate Alternativanlage gibt, dann stellt sich die Frage, wie hoch die erwartete Rendite der Investition B sein muss, damit ein Investor indifferent ist zwischen einer sicheren Investition A und einer unsicheren Investition B. Am Kapitalmarkt bildet sich der Preis für Kapitalanlagen mit einem unterschiedlichen Risiko durch das Angebot und die Nachfrage der Kapitalmarktteilnehmer. Wenn ein risikoscheuer Investor im Zeitpunkt t bereit ist, sowohl 1.000 GE für die quasisicheren Rückflüsse i.H.v. 1020 GE als auch für die erwarteten risikobehafteten Rückflüsse i.H.v. 1088,3 GE in der Periode t+1 zu zahlen, dann ist er indifferent zwischen diesen beiden Investitionen. Der risikoscheue Investor ist indifferent zwischen der Investition A (quasi-sichere Rendite = 2%) und der Investition B (erwartete risikobehaftete Rendite = 8,8%), weil das Tragen des Risikos, dass die erwartete Rendite in WK Investition A in GE Gründung t+1 Restwert EZÜ EZÜ (quasi sicher) -1.000 20 1.000 20,0 WK Szenarien Investition B in GE Gründung t+1 Restwert EZÜ 1/ 6 EZÜ (sehr optimistisch) -1.000 50 1.950 1.000,0 1/ 6 EZÜ (optimistisch) -1.000 40 1.150 190,0 1/ 3 EZÜ (wahrscheinlich) -1.000 20 1.000 20,0 1/ 6 EZÜ (pessimistisch) -1.000 0 800 -200,0 1/ 6 EZÜ (sehr pessimistisch) -1.000 0 500 -500,0 = E(EZÜ) Investition B -1.000 21,7 1.066,7 88,3 -20,0% -50,0% 8,8% IZF 2,0% IZF 100,0% 19,0% 2,0% <?page no="47"?> 48 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling der Periode t+1 nicht erwirtschaftet wird, dadurch kompensiert wird, dass die erwartete Rendite höher als die quasi-sichere Rendite ist. Die Differenz zwischen der erwarteten Rendite und der quasi-sicheren Rendite wird als Risikozuschlag (6,8%) bezeichnet, den der risikoscheue Investor fordert, damit er im Verhältnis zur risikofreien Anlage bereit ist, in die risikobehaftete Anlage zu investieren (vgl. grundlegend Drukarczyk/ Schüler 2009, S. 39f.): mit: E(IZF) = erwartete interne Rendite - ermittelt als interner Zinssatz, r f = risikofreier Zinssatz, E(RP) = erwartete Risikoprämie Für Kapitalanlagen, deren Preis sich durch Angebot und Nachfrage am Kapitalmarkt bildet, kann der aktuelle Risikozuschlag, den die am Markt teilnehmenden Investoren im Vergleich zu einer quasi-risikofreien Anlage fordern, durch die Auflösung der folgenden Gleichung nach dem internen Zinssatz berechnet werden: mit: KA MW,t = aktueller Preis der Kapitalanlage, KA MW,t+1 = erwarteter Preis bzw. erwarteter Wert der Kapitalanlage, E(EZÜ t+1 ) = erwartete Rückflüsse bzw. Einzahlungsüberschüsse aus der Kapitalanlage, E(IZF) = erwartete interne Rendite - ermittelt als interner Zinssatz, r f = risikofreier Zinssatz, E(RP) = erwartete Risikoprämie Angenommen, die erwarteten Rückflüsse und das Risiko einer Kapitalanlage sind bekannt, dann kann der Risikoaufschlag, den Investoren für eine risikobehaftete Anlage im Vergleich zu einer quasi-risikofreien Anlage fordern, zu jedem Zeitpunkt aus den Kapitalmarktdaten abgeleitet werden. Wenn die am Kapitalmarkt teilnehmenden Investoren im Zeitablauf für die gleichen erwarteten risikobehafteten Rückflüsse weniger bereit sind zu zahlen (z.B. 946 GE mit E(IZF) = 15%), dann steigt die Risikoaversion, soweit die erwarteten Rückflüsse und das Risiko über die Zeit konstant bleiben. Wenn die am Kapitalmarkt teilnehmenden Investoren im Zeitablauf für die gleichen erwarteten risikobehafteten Rückflüsse mehr bereit sind zu zahlen, dann sinkt die Risikoaversion (z.B. 1.050 GE mit E(IZF) = 3,7%), soweit die erwarteten Rückflüsse und das Risiko über die Zeit konstant bleiben: <?page no="48"?> 2.3 Risikoaversion bei der Investitionsbeurteilung 49 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 25: Zum Verhältnis Risikoaversion und Risikoprämie Die quasi-sichere Rendite entschädigt die Investoren dafür, dass die Kaufkraft des Kapitals im Zeitablauf abnehmen kann (Inflationsrisiko). Darüber hinaus entschädigt die quasi-sichere Rendite diejenigen Investoren, die durch die quasi-sichere Rendite in ihrem Konsumverhalten dahingehend beeinflusst werden, dass sie auf einen Konsum heute verzichten, um den Betrag in die quasi-sichere Anlage zu investieren. Der Risikoaufschlag, d.h. die Differenz zwischen der risikobehafteten erwarteten Rendite und der risikofreien Rendite, entschädigt die Investoren dafür, dass sie bereit sind, die Unsicherheit zu tragen, dass die tatsächliche Rendite von der erwarteten Rendite abweichen kann (vgl. Drukarczyk/ Schüler 2009, S. 40). Der Risikozuschlag ist quasi eine Kompensation für die finanziellen Belastungen, die durch negative Abweichungen von der erwarteten Rendite entstehen können. Durch den Vergleich einer Investition im Unternehmen mit einer risikoadäquaten Investition am Kapitalmarkt werden die aktuellen Renditeforderungen für risikobehaftete Kapitalanlagen, die durch Angebot und der Nachfrage am Kapitalmarkt zustande kommen, bei der Ermittlung des Gegenwartswerts berücksichtigt. Gibt es keine vergleichbaren risikobehafteten Anlagen am Kapitalmarkt oder ist die Prognose der erwarteten Rückflüsse zur Berechnung der internen Rendite nicht verlässlich ermittelbar, so kann das Unternehmen die unterschiedlichen Investitionsmöglichkeiten in Bezug auf das Rendite-Risiko-Potential analysieren. Genauso wie die Kapitalmarktteilnehmer durch eine - bei einigen mehr, bei anderen weniger - detaillierte Abwägung der Chancen und Risiken zu einer Kaufentscheidung kommen, so kann das Management durch eine Abwägung der Chancen und Risiken ebenfalls zu einer Investitionsentscheidung finden. In der folgenden Abbildung werden zwei Investitionen mit einem unterschiedlichen Rendite-Risiko-Profil verglichen: Gründung t+1 Restwert EZÜ A E(EZÜ) risikofrei -1.000 20 1.000 20,0 E(EZÜ) risikobehaftet -1.050 21,7 1.066,7 38,3 E(EZÜ) risikobehaftet -1.000 21,7 1.066,7 88,3 E(EZÜ) risikobehaftet -946 21,7 1.066,7 142,0 Preis am Kapitalmarkt: r f + RP = E(IZF) Kaufpreis Risikoaversion A 1.050 2,0% + 1,7% = 3,7% Kaufpreis Risikoaversion B 1.000 2,0% + 6,8% = 8,8% Kaufpreis Risikoaversion C 946 2,0% + 13,0% = 15,0% Investitionen A und B in GE IZF 2,0% B 3,7% 8,8% 15,0% <?page no="49"?> 50 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 26: Analyse des Rendite-Risiko-Potentials von Investitionen Die Investition A hat eine erwartete Rendite i.H.v. 10,3% (IZF) und eine erwartete Volatilität i.H.v. 49,8%. Die Investition B hat eine erwartete Rendite i.H.v. 8,6% (IZF) und eine erwartete Volatilität i.H.v. 31,2%. Die erwartete Standardabweichung der Rendite gibt - in einer Kennzahl ausgedrückt - die erwartete Streuung bzw. Volatilität der möglichen Renditeausprägungen (i bis N) um den Erwartungswert der Rendite wieder (vgl. auch Wolke 2008, S. 73): mit: = Standardabweichung bzw. Streuung oder Volatilität um die Rendite, E(IZF) = erwartete interne Rendite - ermittelt als interner Zinssatz, IZF = interner Zinssatz, WK i = Wahrscheinlichkeit Die Investition A erwirtschaftet im Vergleich zur Investition B eine höhere erwartete Rendite - ist aber auch riskanter. Ob die Unternehmensführung bereit ist, eine höhere erwartete Rendite i.H.v. 1,7% bei gleichzeitiger Erhöhung der Volatilität um 18,6% einzugehen, hängt von ihrer Risikoaversion ab. Die Risikoaversion drückt sich in der Beurteilung des Chancen-Risiko-Verhältnisses aus. Wenn z.B. das Management hohe Verluste - auch wenn sie unwahrscheinlich sind - zu vermeiden versucht und es mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens die risikofreie Rendite erwirtschaften möchte, dann wählt es die Investition B. Ist die Unternehmensführung bereit Risiken zu tragen, dann könnte sie auf das wahrscheinliche oder optimistische Szenario der Investition A spekulieren und sich für den höheren Erwartungswert der Rendite der Investition A entscheiden. Wird einfachheitshalber zwischen den Chancen - ausgedrückt dadurch, dass die erwartete Rendite E(IZF i ) höher ist als der quasi-sichere Zinssatz - und den Risiken - ausgedrückt durch die Volatilität i - ein lineares Verhältnis angenommen, so kann die WK Szenarien Investition A in GE Gründung t+1 Restwert EZÜ IZF 1/ 6 EZÜ (optimistisch) -1.000 50 1.950 1.000,0 100,0% 1/ 3 EZÜ (wahscheinlich) -1.000 25 1.150 175,0 17,5% 1/ 6 EZÜ (Ausgangsgröße) -1.000 20 1.000 20,0 2,0% 1/ 6 EZÜ (pessimistisch) -1.000 0 950 -50,0 -5,0% 1/ 6 EZÜ (sehr pessimistisch) -1.000 0 300 -700,0 -70,0% = E(EZÜ) Investition A -1.000 20,0 1.083,3 103,3 10,3% WK Szenarien Investition B in GE Gründung t+1 Restwert EZÜ IZF 1/ 6 EZÜ (sehr optimistisch) -1.000 50 1.500 550,0 55,0% 1/ 6 EZÜ (optimistisch) -1.000 25 1.200 225,0 22,5% 1/ 3 EZÜ (wahscheinlich) -1.000 10 1.100 110,0 11,0% 1/ 6 EZÜ (Ausgangsgröße) -1.000 20 1.000 20,0 2,0% 1/ 6 EZÜ (pessimistisch) -1.000 0 500 -500,0 -50,0% = E(EZÜ) Investition B -1.000 19,2 1.066,7 85,8 8,6% Volatilität 49,8% Volatilität 31,2% <?page no="50"?> 2.3 Risikoaversion bei der Investitionsbeurteilung 51 uvk-lucius.de/ wert-controlling erwartete risikoadäquate Rendite in Bezug zu einem geeigneten Vergleichsobjekt nach der folgenden Formel bestimmt werden: mit: = Standardabweichung bzw. Streuung oder Volatilität um die Rendite, E(IZF) = erwartete interne Rendite - ermittelt als interner Zinssatz, r f = risikofreier Zinssatz, E(RP) = erwartete Risikoprämie Die tatsächlich erwirtschaftete Rendite einer quasi-risikofreien Anlage in der Periode t+1 entspricht dem erwarteten quasi-risikofreien Zinssatz (r f ) im Zeitpunkt t, d.h. der quasi-risikofreie Zinssatz streut nicht um seinen Erwartungswert. Die tatsächlich erwirtschaftete Rendite des Vergleichsobjektes in der Periode t+1 streut um die im Zeitpunkt t ermittelte erwartete Rendite mit einer erwarteten Stärke, ausgedrückt durch die erwartete Volatilität (E( Bezugsobjekt )). Investoren können entweder in die risikofreie Anlage oder in eine risikobehaftete Anlage mit einer Volatilität i.H.v. i investieren. Eine risikobehaftete Anlage werden risikoscheue Investoren nur dann wählen, wenn die erwartete risikobehaftete Rendite höher ist als die quasi-sichere Rendite. Pro Einheit Risiko - hier ausgedrückt als Volatilität - steigt daher die Renditeforderung von risikoscheuen Investoren. Wenn nun die erwartete Rendite des Bezugsobjekts im Verhältnis zum Risiko ein gutes Bezugsobjekt ist, dann kann mit Hilfe der Formel von dem Rendite-Risiko-Verhältnis des Bezugsobjekts über die Annahme einer linearen Entwicklung zwischen Rendite und Risiko die theoretische risikoadäquate Verzinsungsforderung abgeleitet werden. Die mathematische Grundlage der Formel ist der Strahlensatz: Das Verhältnis zwischen der erwarteten Risikoprämie (Chance) und der erwarteten Volatilität (Risiko) der Investition i entspricht dem Verhältnis zwischen der erwarteten Risikoprämie (Chance) und der erwarteten Volatilität des Bezugsobjektes (Risiko). Wenn das Risiko (Volatilität) einer Investition bekannt ist, dann kann die Renditeerwartung, die zusätzlich zur quasi-risikofreien Rendite erwartete wird (Risikoprämie), <?page no="51"?> 52 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling aus dem Chancen-Risiko-Verhältnis des Bezugsobjektes mathematisch abgeleitet werden. Ein Unternehmen besteht aus unterschiedlichen Investitionsobjekten. Wenn die Chancen und Risiken der Investitionsobjekte sich in Interdependenz entwickeln, dann kann der Eintritt eines geringeren Einzahlungsüberschusses durch den Eintritt eines höheren Einzahlungsüberschusses bei einem anderen Investitionsobjekt kompensiert werden. Die Volatilität ist daher ein Maß für das Risiko der Investition an sich. Das Risiko der Investition aus der Perspektive des Unternehmensportfolios kann sich durch die Berücksichtigung der Interdependenzen mit anderen Investitionsobjekten von dem Risiko an sich der Investition unterscheiden. Darüber hinaus ist es fraglich, ob die Unternehmensführung zur Beurteilung von Investitionen ein konstantes Verhältnis zwischen Rendite und Risiko annehmen sollte, da die Risikotragfähigkeit eines Unternehmens begrenzt ist. Zur Sicherung der langfristigen Existenz wird das Management nur dann hohe Risiken eingehen, wenn es die Risiken kompensieren kann. 2.4 Bestimmung der Kapitalkosten nach dem CAPM Ziel des CAPM (Capital Asset Pricing Model) ist es, den Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko von Wertpapieren theoretisch darzustellen (vgl. grundlegend Sharpe 1964, S. 425-441; Lintner 1965, S. 13-37; Mossin 1966, S. 768-783). Das CAPM geht von risikoscheuen Investoren aus, die in ein risikobehaftetes Wertpapier i nur dann investieren, wenn die erwartete Rendite des risikobehafteten Wertpapiers i (E(r i )) höher ist als der quasi-risikofreie Zinssatz (r f ). Haben zwei Anlagen das gleiche Risiko, so investieren sie in die Anlage mit der höheren erwarteten Rendite. Die erwartete Rendite wird mit Hilfe des CAPM nach folgender Formel bestimmt (vgl. Drukarczyk/ Lobe 2015, S. 168): mit: E(r i ) = erwartete Rendite des Wertpapiers i, E(r M ) = erwartete Rendite des Marktportefeuilles, r f = risikofreier Zinssatz, i = Betafaktor des Wertpapiers i, M = Risiko des Marktportefeuilles - ausgedrückt als Standardabweichung bzw. <?page no="52"?> 2.4 Bestimmung der Kapitalkosten nach dem CAPM 53 uvk-lucius.de/ wert-controlling Volatilität, M2 = Risiko des Marktportefeuilles - ausgedrückt als Varianz, i,M = Risiko des Wertpapiers im Verhältnis zum Marktportefeuille - ausgedrückt als Kovarianz, i = Risiko des Wertpapiers allein - ausgedrückt als Volatilität, k i,M = Korrelationskoeffizient zwischen Wertpapier und Marktportefeuille Die erwartete Rendite des risikobehafteten Marktportefeuilles (E(r M )) ist um die Risikoprämie (E(RP M )) höher als der quasi-risikofreie Zinssatz (r f ), d.h. die Investoren bekommen bei einer Investition in das Marktportefeuille eine höhere erwartete Rendite, weil sie bereit sind, das Risiko - gemessen als Volatilität des Marktportefeuilles ( M ) - zu tragen. Die Rendite der quasi-sicheren Anlage, d.h. der quasi-risikofreie Zinssatz, wird in einer Periode quasi-sicher realisiert. Der Erwartungswert der Rendite der risikobehafteten Anlage in das Marktportefeuilles wird in einer Periode nicht sicher realisiert, denn die tatsächliche Rendite wird um den Erwartungswert der Rendite des Marktportefeuilles streuen. Der Erwartungswert der Rendite (E(r M )) bzw. der Erwartungswert der Risikoprämie (E(RP M )) in Verbindung mit der erwarteten Volatilität ( M ) beschreiben das Chancen-Risiko-Verhältnis einer Investition in das Marktportefeuille. In Bezug auf das Verhältnis der erwarteten Rendite (E(r M )) bzw. der Risikoprämie (E(RP M )) und das Risiko ( M ) des Marktportefeuilles wird nun mit Hilfe des CAPM die erwartete Rendite (E(r i )) bzw. die Risikoprämie (E(RP i )) des Wertpapiers i abgeleitet. Soweit die erwartete Rendite des Marktportefeuilles (E(r M )), das Risiko des Marktportefeuilles, der quasi-sicher Zinssatz und das Risiko des Wertpapiers i bekannt sind, kann die folgende Gleichung nach der einzigen unbekannten Variable, der erwarteten Rendite des Wertpapiers, aufgelöst werden: mit: E(RP i ) = erwartete Risikoprämie des Wertpapiers i, E(RP M ) = erwartete Risikoprämie des Marktportefeuilles Die erwartete Rendite des Wertpapiers i wird folglich aus der erwarteten Risikoprämie des Marktportefeuilles und dem linearen Verhältnis zwischen dem Risiko des Wertpapiers und dem Risiko des Marktportefeuilles bestimmt. Der innere Zusammenhang zwischen der erwarteten Rendite (E(r i )) und dem Risiko ( i ) des Wertpapiers und der innere Zusammenhang zwischen der erwarteten Rendite (E(r M )) und dem Risiko ( M ) des Marktportefeuilles sind aber nicht identisch. Das Risiko des Wertpapiers ( i ) wird durch systematische und unsystematische Risiken beeinflusst. Die erwartete Rendite des Marktportefeuilles (E(r M )) wird nur durch systematische Risiken beeinflusst. Unsystematische Risiken können durch die Bildung des Marktportefeuilles diversifiziert werden. Daher wird im CAPM-Modell das Risiko nicht als Risiko des Wertpapiers an sich berechnet ( i ), sondern das Risiko des Wertpapiers i im Marktportefeuille bestimmt. Im Marktportefeuille besteht das Risiko des Wertpapiers i aus dem Risiko des Wertpapiers an sich ( i ) und dem Beitrag des Wertpapiers zur Veränderung des Portfoliorisikos - mathematisch ausgedrückt durch den Korrelationskoeffizienten (k i,M ). Die erwartete Rendite des Wertpapiers (E(r i )) wird aus dem Verhältnis des Risikos des <?page no="53"?> 54 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Wertpapiers i im Marktportefeuille ( i k i,M ) zum Risiko des Marktportefeuille ( M ) abgeleitet (vgl. Perridon/ Steiner/ Rathgeber 2012, S. 277): mit: E(RP i ) = erwartete Risikoprämie des Wertpapiers i, E(RP M ) = erwartete Risikoprämie des Marktportefeuilles, i = Risiko des Wertpapiers allein - ausgedrückt als Volatilität, k i,M = Korrelationskoeffizient zwischen Wertpapier und Marktportefeuille, M = Risiko des Marktportefeuilles - ausgedrückt als Standardabweichung bzw. Volatilität, i,M = Risiko des Wertpapiers im Verhältnis zum Marktportefeuille - ausgedrückt als Kovarianz, M2 = Risiko des Marktportefeuilles - ausgedrückt als Varianz, E(r i ) = erwartete Rendite des Wertpapiers i, E(r M ) = erwartete Rendite des Marktportefeuilles, r f = risikofreier Zinssatz, i = Betafaktor des Wertpapiers i Zusammengefasst ist der Betafaktor ( i ) der Wert, der das Risiko des Wertpapiers im Marktportefeuille im Verhältnis zum Risiko des Marktportefeuilles beschreibt. Der Betafaktor drückt aus, wie das Wertpapier ( i k (i,M) ) tendenziell auf eine Veränderung des Marktportefeuilles reagiert ( M ). Folgende Annahmen müssen erfüllt sein, um die erwartete Rendite eines Wertpapiers i mit Hilfe des CAPM abzuleiten (vgl. Perridon/ Steiner/ Rathgeber 2012, S. 272): Risikoaversion: Die Investoren sind risikoscheu. Sie investieren nur dann in ein risikobehaftetes Wertpapier, wenn die erwartete Rendite höher ist als der quasisichere Zinssatz. Zwischen risikobehafteten Wertpapieren wählen sie das Wertpapier mit dem besten Rendite-Risiko-Verhältnis. Erwartete Rendite (E(r M )) und Risiko ( M2 ) des Marktportefeuilles: Durch die Bildung eines Portfolios aus Wertpapieren kann das Risiko im Verhältnis zur erwarteten Rendite gesenkt werden. Es gibt kein Portfolio und kein Wertpapier, das bei gleichem Risiko die gleiche bzw. eine höhere erwartete Rendite erwirtschaftet, d.h. das Marktportefeuille hat - für ein gegebenes Risikoniveau - das beste Rendite- Risiko-Verhältnis. Das Marktportefeuille hat aber nur dann das beste Rendite- Risiko-Verhältnis, wenn Investoren nicht durch die eigene Auswahl von Aktien ein besseres Rendite-Risiko-Verhältnis erreichen können, d.h. es wird ein effizienter Kapitalmarkt (homogene Erwartungen, keine Transaktionskosten, Steuern, Informationsbarrieren, unendliche Teilbarkeit der Wertpapiere) angenommen. Die erwartete Rendite des Marktportefeuilles ist gleich die durchschnittlich gewichtete erwartete Rendite der einzelnen Wertpapiere des Portfolios. Die erwarteten Renditen der einzelnen Wertpapiere können unbekannt sein - die erwartete Rendite und die erwartete Volatilität des Marktportefeuilles müssen aber bekannt sein. Quasi-sicherer Zinssatz (r f ): Der quasi-sichere Zinssatz ist bekannt. Für alle risikoscheuen Investoren ist es rational, in den risikofreien Zinssatz (hohe Risikoaversi- <?page no="54"?> 2.4 Bestimmung der Kapitalkosten nach dem CAPM 55 uvk-lucius.de/ wert-controlling on), in das Marktportfolio (niedrige Risikoaversion) oder in Kombinationen aus risikofreien Zinssatz und Marktportfolio zu investieren, weil es keine selbst ausgewählten Wertpapiere oder zusammengestellte Portfolios mit einem gleichen oder besseren Chancen-Risiko-Verhältnis gibt. Wenn darüber hinaus zum quasi-sicheren Zinssatz Investoren Kapital ausleihen können, dann können auch höhere Rendite- Risiko-Kombinationen als die des Marktportefeuilles erreicht werden. Risiko des Wertpapiers ( i ): Das erwartete Risiko des Wertpapiers - bestehend aus der erwarteten Volatilität und dem erwarteten Korrelationskoeffizienten - bzw. vereinfacht der erwartete Betafaktor für das Wertpapier i ist bekannt. Das CAPM dient im wertorientierten Controlling zur Ermittlung der Renditeerwartungen. Dazu müssen die einzelnen Formelbestandteile geschätzt werden: Erwartete Rendite des Marktportefeuilles (E(r M )): Das Marktportfolio sollte ein möglichst breit gestreutes Portfolio sein und möglichst viele und unterschiedliche Wertpapiere enthalten, um einen möglichst hohen Diversifikationseffekt zu erhalten. Mit Hilfe des arithmetischen Mittels bzw. des geometrischen Mittels kann die durchschnittliche Rendite eines breit gestreuten thesaurierenden Aktienindex ermittelt werden. Der quasi-sichere Zinssatz wird grundsätzlich zukunftsorientiert bestimmt und enthält die Inflationserwartung. Folglich kann die durchschnittliche nominale Rendite des breit gestreuten Aktienindex um die durchschnittliche Inflationsrate in der Vergangenheit bereinigt und um die prognostizierte Inflationsrate erhöht werden. Es wird angenommen, dass die durchschnittliche reale Risikoprämie über mehrere Konjunkturperioden konstant bleibt und daher ein guter Schätzer für die erwartete durchschnittliche Verzinsung des Marktportefeuilles ist. Quasi-sicherer Zinssatz (r f ): Einen quasi-sicheren Zinssatz erhalten Investoren am Kapitalmarkt durch eine Investition in Bundesanleihen höchster Bonität. Der aktuelle Zinssatz von langfristigen Bundesanleihen und ein laufzeitunabhängiger einheitlicher Zinssatz ermittelt nach der Svensson-Methode ist ein guter Schätzer für den quasi-risikofreien Zinssatz (vgl. grundlegend Ballwieser 2011, S. 86). Risiko des Wertpapiers ( i ): Der Betafaktor des Wertpapiers kann mit Hilfe einer Regressionsgleichung vergangenheitsorientiert bestimmt werden. Der Betafaktor gibt die Steigung der Regressionsgeraden wieder, die nach der Methode der Kleinsten-Quadrate in die Punktwolke gelegt wird. Die Steigung der Regressionsgeraden drückt das Verhältnis zwischen den historisch erwirtschafteten Renditen des Wertpapiers i und den historisch erwirtschafteten Renditen des Marktportefeuilles aus, d.h. wie die Renditen des Wertpapiers tendenziell auf eine Veränderung der Renditen des Marktportefeuilles reagiert haben. Der Betafaktor - ermittelt durch die Regression - und u.U. zukunftsorientiert adjustiert - ist ein guter Schätzer für das Risiko des Wertpapiers im Marktportefeuille. Die historischen Marktrisikoprämien fallen je nach Berechnungsmethode, Berechnungszeitraum und Intervalllänge unterschiedlich hoch aus (z.B. 1-6% für den DAX) (vgl. Kaserer 2009, S. 135); der quasi-sichere Zinssatz von Bundesanleihen ist je nach Berechnungsmethode und Laufzeit unterschiedlich hoch und schließlich kann auch der Betafaktor durch die Wahl des Zeitraums und die Wahl der Intervalllänge wesentlich beeinflusst werden. Darüber hinaus können interne oder externe Faktoren die Volatilität des Wertpapiers i und die Korrelation des Wertpapiers i zum Marktportfolio im Zeitablauf verändern. Es wird zwar von einer durch die Kapitalmarktdaten objektivierten Ableitung der erwarteten Rendite des Wertpapiers gesprochen (vgl. Burger/ Ulb- <?page no="55"?> 56 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling rich/ Ahlemeyer 2010, S. 498.). Die Ermessensspielräume sind aber so vielfältig, dass die Aussagekraft der erwarteten Rendite als Vergleichsgröße im Controlling kritisch zu beurteilen ist. 2.5 Bestimmung der Kapitalkosten nach dem Analogieansatz Mit Hilfe der risikoadäquaten Alternativrendite werden die erwarteten Rückflüsse diskontiert, um im Vergleich zum Diskontierungszinssatz den Gegenwartswert zu ermitteln. Am Kapitalmarkt bildet sich durch Angebot und Nachfrage der Preis von Kapitalanlagen mit unterschiedlicher Risikoklasse. Wenn zwei Kapitalanlagen A und B das gleiche Risiko haben, die Kapitalanlage A aber eine höhere erwartete Rendite aufweist als die Kapitalanlage B, dann können Kapitalmarktteilnehmer die eine Kapitalanlage verkaufen und in die andere Kapitalanlage investieren. Die Kapitalanleger haben dann durch den Handel die Möglichkeit, - bei gleichem Risiko - ihre erwartete Rendite zu steigern. Da es am Kapitalmarkt private und professionelle Kapitalmarktteilnehmer gibt, die durch den Handel ihren Unterhalt verdienen oder ihr Gehalt verbessern möchten, entsteht ein Wettbewerb um die richtige Beurteilung der erwarteten Rendite und des Risikos der Kapitalanlagen. In einem vollkommenen Wettbewerb würde sogar der Preis einer Kapitalanlage die erwartete Rendite und das Risiko der Kapitalanlagen in Bezug auf die anderen Kapitalanlagen immer richtig widerspiegeln. Unter der Annahme, dass der Preis am Kapitalmarkt das erwartete Rendite-Risiko- Verhältnis im Vergleich zu anderen Kapitalanlagen richtig wiedergibt, können Unternehmen sich bei Investitionsentscheidungen am Kapitalmarkt orientierten. Hat die Realinvestition ein besseres Chancen-Risiko-Verhältnis als die Kapitalmarktanlage, so investiert das Unternehmen in die Realinvestition. Der Gegenwartswert der Realinvestition ist im Vergleich zur risikoadäquaten Kapitalanlage höher, d.h. sie hat einen positiven Kapitalwert. Realinvestitionen und Kapitalanlagen unterscheiden sich aber darin, dass Realinvestitionen ein aktives Engagement erfordern und es meistens Zeit und Kosten erfordert, um sich bei einer negativen Entwicklung aus der Realinvestition wieder zurückzuziehen. Beim Vergleich einer Realinvestition mit einer Kapitalanlage handelt es sich daher um eine Analogie. Zwei unterschiedliche Investitionsmöglichkeiten werden verglichen, weil sie trotz der Unterschiede ein vergleichbares Rendite- Risiko-Verhältnis aufweisen. Ein Unternehmen besteht aus der Summe seiner Investitionsobjekte. Aktien sind Anteile an einem Unternehmen, die - bei börsennotierten Unternehmen - am institutionalisierten Kapitalmarkt „Börse“ gehandelt werden. Das Rendite-Risiko-Verhältnis von Realinvestitionen kann daher grundsätzlich mit dem Rendite-Risiko-Verhältnis von börsennotierten Aktien (Wertpapieren) verglichen werden. Bei einem Vergleich ist grundsätzlich darauf zu achten, dass die Vergleichsobjekte gleiche Eigenschaften aufweisen. Inwieweit ein Analogieunternehmen (pure-play-approach) die gleichen Eigenschaften in Bezug auf das Rendite-Risiko-Verhältnis wie die Realinvestition hat, kann nach den folgenden Kriterien strukturiert analysiert werden (vgl. Schmidbauer 1998, S. 118ff.): Marktchancen und Marktrisiken: Wenn die Realinvestition und das Analogieunternehmen die Umsatzerlöse im gleichen Markt erzielen, dann sind grundsätzlich die <?page no="56"?> 2.5 Bestimmung der Kapitalkosten nach dem Analogieansatz 57 uvk-lucius.de/ wert-controlling Marktchancen und die konjunkturellen Risiken, die auf die erwarteten Umsatzerlöse und die Gewinnmarge einwirken, vergleichbar. Finanz- und Leistungswirtschaftlicher Hebeleffekt: Aktien verbriefen das Recht auf einen Anteil am Gewinn und am potentiellen Liquidationserlös der Aktiengesellschaft. Von den Erträgen sind alle Aufwendungen der Periode abzuziehen; die Residualgröße Gewinn kann an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet oder thesauriert werden. Die Aufwendungen, die in einer Periode anfallen, können untergliedert werden in beschäftigungsunabhängige Aufwendungen (Fixkosten) und beschäftigungsabhängige Aufwendungen (variable Kosten). Die Zinsaufwendungen gehören zu den beschäftigungsunabhängigen Aufwendungen. Sowohl dann, wenn die Umsatzerlöse und der Gewinn steigen, als auch dann, wenn die Umsatzerlöse und der Gewinn sinken, sind die Zinsen grundsätzlich fix zu zahlen. Ist die Gesamtkapitalrendite in einer Periode größer als der Fremdkapitalkostensatz, so erhöht dies die Eigenkapitalrentabilität (positiver Hebeleffekt). Ist die Gesamtkapitalrendite in einer Periode kleiner als der Fremdkapitalkostensatz, so verringert dies die Eigenkapitalrentabilität (negativer Hebeleffekt). Folglich ist die Konsequenz eines höheren Verschuldungsgrades, dass die tatsächlich realisierte Eigenkapitalrentabilität (Buchwerte) bzw. Aktionärsrendite (Marktwerte) höher um ihren Erwartungswert streut (Volatilität), d.h. die Chancen und Risiken steigen. Gleiches gilt für Aufwendungen mit Fixkostencharakter aus dem leistungswirtschaftlichen Bereich (z.B. F&E), die durch einen Fremdbezug ersetzt werden können. Ein höherer Verschuldungsgrad verändert die Rendite und das Risiko gleichermaßen. Mit Hilfe des CAPM wird für ein bestimmtes Risikoniveau ( i ) die erwartete Rendite (r EK ) ermittelt. Eine Erhöhung des Verschuldungsgrades (verz.FK/ EK) hebelt das Risiko ( i ) und die erwartete Rendite (r EK ) im CAPM genauso wie eine Erhöhung des Verschuldungsgrades (verz.FK/ EK) die Eigenkapitalrentabilität hebelt (vgl. grundlegend Drukarczyk/ Lobe 2015, S. 168ff.; Ballwieser 2011, S. 104): mit: EKR = Eigenkapitalrentabilität, GKR = Gesamtkapitalrentabilität, r FK = Fremdkapitalzinssatz, verz. FK BW = verzinsliches Fremdkapital - bewertet zu Buchwerten, EK BW = Eigenkapital - bewertet zu Buchwerten, E(r EK ) = erwarteter Eigenkapitalkostensatz, Buchwerten, E(r M ) = erwartete Rendite des Marktportefeuilles, r f = risikofreier Zinssatz, i,un = Betafaktor unverschuldet (unleverage), s = Unternehmenssteuersatz, verz. FK MW = verzinsliches Fremdkapital - bewertet zu Marktwerten, EK MW = Eigenkapital - bewertet zu Marktwerten Die Eigenkapitalrentabilität berechnet die Verzinsung der Eigenkapitalgeber auf Basis von Buchwerten; der Fokus liegt auf der Ermittlung der Verzinsung des in der Vergangenheit investierten Kapitals. Das CAPM ermittelt die erwartete Verzinsung der Eigenkapitalgeber auf Basis von Marktwerten; der Fokus liegt auf der Ermittlung der aktuell erwarteten Verzinsung. Der Verschuldungsgrad, der auf den unverschuldeten Betafaktor im CAPM einwirkt, ist konsistent zu den anderen Variablen der CAPM- <?page no="57"?> 58 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Formel zukunftsorientiert, d.h. hier auf Basis von Marktwerten, zu berechnen (vgl. auch Schultze 2003, S. 281). Fremdkapitalzinsen verringern den Gewinn vor Steuern und gleichzeitig die Steuerlast. Die Verringerung der Steuerlast ist der Steuervorteil (FKZ s) einer Fremdfinanzierung im Vergleich zu einer Eigenkapitalfinanzierung (vgl. grundlegend Küting/ Weber 2015, S. 324ff.): mit: EKR = Eigenkapitalrentabilität, G = Gewinn, BG = Bruttogewinn bzw. Gewinn vor Zinsen, FKZ = Fremdkapitalzinsen, s = Unternehmenssteuersatz, EK BW = Eigenkapital - bewertet zu Buchwerten Der Steuervorteil spiegelt sich in der Eigenkapitalrentabilität wider - er muss nicht separat berechnet werden. Der Steuervorteil spiegelt sich auch in der erwarteten Rendite - ermittelt nach dem CAPM - wider, denn die erwartete Rendite ist die interne Rendite aus den erwarteten Einzahlungsüberschüssen und die erwarteten Einzahlungsüberschüsse sind über die Totalperiode gleich der Summe der Ertragsüberschüsse (d.h. Gewinne nach Steuern). Wird der Betafaktor zerlegt in den unverschuldeten Betafaktor ( i,unverschuldet ) und in den Verschuldungsgrad (verz.FK MW / EK MW ), dann fehlt der Steuervorteil in dieser Zerlegung, denn ein unverschuldeter Betafaktor ist ein Betafaktor ohne Steuervorteil. Der Steuervorteil (FKZ s) erhöht aber implizit den Gewinn (siehe Eigenkapitalrentabilität), die Rückflüsse und damit auch die erwartete Rendite. Daher ist bei der Zerlegung des verschuldeten Betafaktors in den unverschuldeten Betafaktor und in den Verschuldungsgrad separat der Steuervorteil (1-s) in der Formel zu berücksichtigen. Durch eine Umstellung der Gleichung können nun aus normalen, d.h. verschuldeten Betafaktoren, unverschuldete Betafaktoren folgendermaßen abgeleitet werden (vgl. Schultze 2003, S. 281; Ballwieser 2011, S. 104): mit: i,leverage = Betafaktor verschuldet, i,un = Betafaktor unverschuldet (unleverge), s = Unternehmenssteuersatz, verz. FK MW = verzinsliches Fremdkapital - bewertet zu Marktwerten, EK MW = Eigenkapital - bewertet zu Marktwerten Analogieunternehmen müssen durch diese Gleichung nicht mehr in Bezug auf das finanzwirtschaftliche Risiko mit der Realinvestition vergleichbar sein, denn der Betafaktor des Analogieunternehmen kann zuerst fiktiv entschuldet werden, um danach <?page no="58"?> 2.6 Pragmatische Bestimmung der Kapitalkosten 59 uvk-lucius.de/ wert-controlling den unverschuldeten Betafaktor auf die gewünschte Finanzierungsstruktur der Realinvestition anzupassen. Da Unternehmen meistens aus vielen Investitionsobjekten bestehen und eine Vielzahl von Faktoren die erwartete Rendite und das Risiko beeinflussen (z.B. Größe des Unternehmens, Managementqualität, Unternehmenskultur etc.), wird das Analogieunternehmen auch bei einem ähnlichen Rendite-Risiko-Verhältnisses trotzdem noch viele Unterschiede zum Investitionsobjekt aufweisen. In der praktischen Anwendung kann sich der unverschuldete Betafaktor von zwei Unternehmen, die die gleichen Produkte für den gleichen Markt anbieten, wesentlich unterscheiden. Durch die Berechnung des durchschnittlich gewichteten unverschuldeten Betafaktors von mehreren geeigneten Analogieunternehmen (Peer Group-Ansatz) oder des durchschnittlich gewichteten Betafaktors einer ganzen Branche (Branchenbeta) können die unterschiedlichen Ausprägungen der unverschuldeten Betafaktoren geglättet werden (vgl. auch Burger/ Ulbrich/ Ahlemeyer 2010, S. 529ff.). Mit Hilfe des durchschnittlich gewichteten unverschuldeten Betafaktors wird die erwartete Rendite nach dem CAPM berechnet. Im Vergleich zur erwarteten Rendite werden der Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse und der Kapitalwert bestimmt, d.h. in Bezug zu dem durchschnittlichen Rendite-Chancen-Verhältnis der Peer-Group bzw. der Branche wird dann der Wert der Realinvestition ermittelt und die Vorteilhaftigkeit der Investition beurteilt. Da der Bezugspunkt ein durchschnittlicher Wert ist - ein genauerer Bezugspunkt aber meistens nicht verlässlich ermittelt werden kann - ist der Gegenwartswert bzw. der Kapitalwert ebenfalls nur eine mehr oder weniger grobe Orientierungsgröße. 2.6 Pragmatische Bestimmung der Kapitalkosten Das CAPM bewertet das Risiko eines Wertpapiers im Marktportefeuille. Das Risiko eines Wertpapiers an sich ist nicht gleich dem Risiko eines Wertpapiers in einem Portfolio, weil sich durch eine Kombination von Wertpapieren Risiken kompensieren können. Wird das Risiko des Portfolios quasi verursachungsgerecht den Wertpapieren zugeordnet, dann wird das Risiko eines Wertpapiers im Portfolio ermittelt. Das Risiko des Marktportefeuilles hat einen Betafaktor von eins. Mit Hilfe der Volatilität und des Korrelationskoeffizienten kann das Risiko des Marktportefeuilles quasi verursachungsgerecht den einzelnen Wertpapieren zugeordnet werden. mit: E(r i ) = erwartete Rendite des Wertpapiers i, r f = risikofreier Zinssatz, E(r M ) = erwartete Rendite des Marktportefeuilles, M = Risiko des Marktportefeuilles - ausgedrückt als Standardabweichung bzw. Volatilität, i = Risiko des Wertpapiers allein - ausgedrückt als Volatilität, k i,M = Korrelationskoeffizient zwischen Wertpapier und Marktportefeuille Mathematisch wird das Risiko durch die Volatilität und den Korrelationskoeffizienten bestimmt. Pragmatisch kann das Risiko auch mit Hilfe von Risikokriterien beurteilt werden (vgl. Lewis 1994, S. 85ff.): <?page no="59"?> 60 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 27: Scoring-Modell zur Risikoadjustierung (sechs Kriterien) Das Marktportefeuille hat hier ein durchschnittliches Risiko i.H.v. 18 (6 3 = 18) (vgl. Hüllmann 2003, S. 102). Das durchschnittliche Risiko ergibt sich durch die mittlere Ausprägung multipliziert mit der Anzahl an Kriterien. Die Anzahl der Kriterien und die Kriterien kann der Anwender selbst definieren. Die Ausprägungen der einzelnen Kriterien sind durch den oder die Anwender im Vergleich zum durchschnittlichen Risiko des Marktes zu bestimmen. Aus dem Risiko des Wertpapiers kann dann die erwartete Rendite abgeleitet werden (vgl. zur Adjustierung des WACC auch Hüllmann 2003, S. 102f.). mit: E(r i ) = erwartete Rendite des Wertpapiers i, r f = risikofreier Zinssatz, E(r M ) = erwartete Rendite des Marktportefeuilles, SWi = Scoring-Wert des Wertpapiers i, Ø SW M = konstanter durchschnittlicher Scoring-Wert des Marktportefeuilles Mit jedem Scoring-Punkt steigt die erwartete Rendite linear an: mit: E(RP i ) = erwartete Risikoprämie des Wertpapiers i, E(RP M ) = erwartete Rendite des Marktportefeuilles, SWi = Scoring-Wert des Wertpapiers i, Ø SW M = durchschnittlicher Scoring-Wert des Marktportefeuilles Die Spanne zur Beurteilung der Kriterien zwischen 1 und 5 legt fest, wie weit der Risikoadjustierungsfaktor vom durchschnittlichen Risiko abweichen kann. Bei einer Spanne zwischen 1 und 5 sind bei sechs Kriterien folgende Risikoadjustierungsfaktoren („Betafaktoren“) möglich (vgl. auch Fröhling 2000, S. 38ff.): + - 1 2 3 4 5 Kontrolle x starke externe Renditeeinflüsse Markt x dynamisch, zyklisch Wettbewerber x viele, variable Marktanteile Produkte x kurzer Lebenszyklus Markteintrittsbarrieren x niedrig Kostenstruktur x hohe Fixkosten = 14 2 12 / … … … … … = 18 18 durchschnittliches Risiko = 0,78 Scoring-Wert Marktportefeuille Kriterien Geringes Risiko Ausprägung Hohes Risiko geringe externe Renditeeinflüsse stabil, ohne Zyklen wenige, konstante Marktanteile langer Lebenszyklus hoch geringe Fixkosten Scoring-Wert i pragmatischer Betafaktor <?page no="60"?> 2.6 Pragmatische Bestimmung der Kapitalkosten 61 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 28: Mögliche Risikoadjustierungsfaktoren bei sechs Kriterien Wird das Risiko z.B. anhand von zwei Kriterien beurteilt, dann entsteht folgendes Scoring-Modell: Abb. 29: Scoring-Modell zur Risikoadjustierung (zwei Kriterien) Bei einer Spanne zwischen 1 und 5 sind bei zwei Kriterien folgende Risikoadjustierungsfaktoren („Betafaktoren“) möglich: Abb. 30: Mögliche Risikoadjustierungsfaktoren bei zwei Kriterien Durch eine höhere Anzahl an Kriterien kann das Risiko des Investitionsobjektes feiner bestimmt werden. Die Spanne, in denen die Betafaktoren liegen - hier 0,33 bis 1,67 -, verändert sich aber nicht. Ein Unternehmen als Ganzes besteht aus der Summe seiner Investitionsobjekte. Das Unternehmen selbst kann auch als Investitionsobjekt aufgefasst werden. Wird das Risiko eines Investitionsobjektes im Marktportefeuille oder im Unternehmensportfolio ermittelt, dann können die durchschnittlich gewichteten Risiken zusammengefasst werden, ohne dass das Risiko sich durch Kompensationseffekte verändert. Der Grund Scoring-Wert "Betafaktor" Scoring-Wert "Betafaktor" Scoring-Wert "Betafaktor" 14 0,78 23 1,28 6 0,33 15 0,83 24 1,33 7 0,39 16 0,89 25 1,39 8 0,44 17 0,94 26 1,44 9 0,50 18 1,00 27 1,50 10 0,56 19 1,06 28 1,56 11 0,61 20 1,11 29 1,61 12 0,67 21 1,17 30 1,67 13 0,72 22 1,22 Minimum Maximum + - 1 2 3 4 5 Marktrisiko x hohe Umsatzschw ankungen Kostenstruktur x hohe Fixkosten = 4 4 / … … … … … = 6 6 durchschnittliches Risiko = 0,67 pragmatischer Betafaktor Kriterien Geringes Risiko Ausprägung Hohes Risiko geringe Umsatzschwankungen geringe Fixkosten Scoring-Wert i Scoring-Wert Marktportefeuille Scoring-Wert "Betafaktor" Scoring-Wert "Betafaktor" Scoring-Wert "Betafaktor" 5 0,83 9 1,50 2 0,33 6 1,00 10 1,67 3 0,50 7 1,17 4 0,67 8 1,33 Minimum Maximum <?page no="61"?> 62 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling liegt darin, dass das Risiko des Investitionsobjektes ja schon aus der Perspektive des Portfolios unter Berücksichtigung von Kompensationseffekten ermittelt wurde. Die Folge davon ist, dass die Summe der Gegenwartswerte der Investitionsobjekte dem Wert des Unternehmensportfolios entspricht und die Summe aller Gegenwartswerte der Investitionsobjekte gleich dem Wert des Marktportfolios ist (Wertadditivitätstheorem) (vgl. Perridon/ Steiner/ Rathgeber 2012, S. 550; Herter 1994, S. 103f.). Deswegen müsste theoretisch der durchschnittlich gewichtete Betafaktor der Investitionsobjekte gleich dem Unternehmensbetafaktor sein (vgl. Freygang 1993, S. 261f.). Da diese theoretische Konsistenz bei der Anwendung des Scoring-Modells grundsätzlich nicht erfüllt wird und theoretisch sogar alle Investitionen einen niedrigen Scoring-Wert aufweisen können, obwohl der Betafaktor des Unternehmens z.B. gleich eins ist, ist die aus dem Scoring-Modell abgeleitete erwartete Rendite kritisch zu beurteilen (vgl. Hüllmann 2003, S. 103). Mit Hilfe des Scoring-Modells können Risiken aber einfach und strukturiert erfasst werden. Die Auswahl und Anzahl der Kriterien sowie die Beurteilungen können aber willkürlich erfolgen. Zur Schaffung einer Risikokultur, als Diskussionsgrundlage und zur Kommunikation von wertorientierten Renditeerwartungen ist das Scoring-Modell aber sehr gut geeignet (vgl. Burger/ Ahlemeyer 2011, S. 169). 2.7 Unternehmensbewertung 2.7.1 Dividendendiskontierungsmodell Der Wert des Unternehmens ist jener Betrag, den Investoren für das Unternehmen zu zahlen bereit sind. Mit Hilfe der bilanzierten Vermögensgegenstände auf der Aktivseite der Bilanz, d.h. dem Anlage- und Umlaufvermögen, erwirtschaftet ein Unternehmen Einzahlungsüberschüsse. Diese Einzahlungsüberschüsse, aber auch potentielle Einzahlungsüberschüsse aus einer Liquidation von Vermögensgegenständen aus dem Anlage- und Umlaufvermögen, stehen dem Unternehmen zur Verfügung, um die Verbindlichkeiten auf der Passivseite der Bilanz, d.h. das unverzinsliche und verzinsliche Fremdkapital, zurückzuzahlen. Der Wert des Unternehmens aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber ist jener Betrag, den die Investoren bereit sind für das bilanzierte Reinvermögen, d.h. das bilanzierte Eigenkapital, zu zahlen. Aktien sind Anteile am Eigenkapital einer Aktiengesellschaft. Das Grundkapital geteilt durch die Anzahl der Aktien ist gleich der Nennwert einer Aktie. Das bilanzielle Eigenkapital geteilt durch die Anzahl der Aktien ist gleich der Bilanzkurs einer Aktie (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 585). Durch den Kauf von Aktien an einer Kapitalgesellschaft erhält ein Aktionär ein Recht auf einen Anteil am Gewinn (Gewinn pro Aktie), ein Recht auf Bezug von Dividenden bei Kapitalerhöhungen, ein Recht auf einen Anteil am Netto-Liquidationserlös (Vermögensrechte) und ein Stimmrecht in der Hauptversammlung (Verwaltungsrechte) (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 545). Der Wert einer Aktie ist jener Betrag, den ein Aktionär bereit ist für die Aktie zu zahlen. Durch die Investition in eine Aktie erhält der Aktionär einen erwarteten Zahlungsstrom in den Perioden t+1, t+2, t+3 etc. Da Eigenkapital einem Unternehmen unbefristet zur Verfügung gestellt wird, erwirbt der Aktionär periodische erwartete Dividendenausschüttungen, die quasi kein Ende haben. Der Gegenwartswert dieser erwarteten Dividendenausschüttungen ist der Betrag, bei dem ein Aktionär indifferent ist zwischen dem Kauf der Aktie und dem Kauf der risikoadäquaten Alternativrendite (r EK ). Ent- <?page no="62"?> 2.7 Unternehmensbewertung 63 uvk-lucius.de/ wert-controlling scheidet er sich für den Kauf der Aktie, so verzichtet er auf die erwartete Rendite der Alternativanlage, d.h. die erwartete risikoadäquate Alternativrendite ist der Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber bzw. knapper formuliert der Eigenkapitalkostensatz. In Bezug zum Diskontierungszinssatz ist der Gegenwartswert der faire Wert der Aktie, weil weder Käufer noch Verkäufer sich theoretisch durch eine Investition in die Alternativanlage besser stellen können („fair für beide“) (vgl. Eidel 1999, S. 18f.): mit: DIV t = Dividende, r EK = Eigenkapitalkostensatz, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Bleibt die Dividende in jeder Periode konstant, dann handelt es sich mathematisch um eine ewig (gleichbleibende) Rente. Bei einer ewigen Rente wird in jeder Periode der gleiche Betrag (z.B. i.H.v. 100 GE) ausgeschüttet. Der Gegenwartswert (Barwert) der einzelnen erwarteten Dividenden sinkt im Zeitablauf (z.B. auf 0,0 GE in der Periode t = 80). Die folgende Abbildung verdeutlicht, dass Dividenden, die erst weit in der Zukunft anfallen, bei einem Diskontierungszinssatz i.H.v. 10% nahezu keinen Wert zum Bewertungszeitpunkt besitzen (vgl. Günther 1997, S. 159): Abb. 31: Gegenwartswert von gleichbleibenden Dividenden Der Gegenwartswert eines unendlichen, gleichbleibenden Zahlungsstroms kann auch folgendermaßen berechnet werden (vgl. Günther 1997, S. 155): mit: DIV t = Dividende, r EK = Eigenkapitalkostensatz, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Die Annahme eines ewigen, gleichbleibenden Zahlungsstroms ermöglicht es, die Prognose der Dividenden in zwei Zeitabschnitte zu unterteilen (vgl. Eidel 1999, S. 45). Im ersten Zeitabschnitt werden die erwarteten Dividenden detailliert von der Periode t=1 t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW 1 100 90,9 11 100 35,0 21 100 13,5 31 100 5,2 41 100 2,0 51 100 0,8 61 100 0,3 71 100 0,1 2 100 82,6 12 100 31,9 22 100 12,3 32 100 4,7 42 100 1,8 52 100 0,7 62 100 0,3 72 100 0,1 3 100 75,1 13 100 29,0 23 100 11,2 33 100 4,3 43 100 1,7 53 100 0,6 63 100 0,2 73 100 0,1 4 100 68,3 14 100 26,3 24 100 10,2 34 100 3,9 44 100 1,5 54 100 0,6 64 100 0,2 74 100 0,1 5 100 62,1 15 100 23,9 25 100 9,2 35 100 3,6 45 100 1,4 55 100 0,5 65 100 0,2 75 100 0,1 6 100 56,4 16 100 21,8 26 100 8,4 36 100 3,2 46 100 1,2 56 100 0,5 66 100 0,2 76 100 0,1 7 100 51,3 17 100 19,8 27 100 7,6 37 100 2,9 47 100 1,1 57 100 0,4 67 100 0,2 77 100 0,1 8 100 46,7 18 100 18,0 28 100 6,9 38 100 2,7 48 100 1,0 58 100 0,4 68 100 0,2 78 100 0,1 9 100 42,4 19 100 16,4 29 100 6,3 39 100 2,4 49 100 0,9 59 100 0,4 69 100 0,1 79 100 0,1 10 100 38,6 20 100 14,9 30 100 5,7 40 100 2,2 50 100 0,9 60 100 0,3 70 100 0,1 80 100 0,0 999,5 614,5 236,9 91,3 35,2 13,6 5,2 2,0 0,8 100% 61% 24% 9% 4% 1% 1% 0% 0% <?page no="63"?> 64 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling bis zur Periode T prognostiziert (Detailprognosephase); im zweiten Zeitabschnitt wird vereinfachend eine konstant gleichbleibende oder eine konstant wachsende Dividende angenommen (Restphase). Bei einer zeitlichen Unterteilung der Prognose in eine Detailprognose und eine ewige Rente wird der Gegenwartswert der erwarteten Dividenden folgendermaßen bestimmt: mit: DIV t = Dividende, r EK = Eigenkapitalkostensatz, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Im Zeitpunkt T ist der Gegenwartswert der Restphase gleich der ewigen Rente. Der Gegenwartswert eines unendlichen, gleichbleibenden Zahlungsstroms drückt aus, wie viel ein Aktionär bereit ist für die ewige Rente zu zahlen, wenn er als Alternative in eine risikoadäquate Anlage mit einer erwarteten Rendite in Höhe des Eigenkapitalkostensatzes (r EK ) investieren könnte. Der Restwert ist daher der erwartete Betrag, den der Aktionär unter vereinfachenden Annahmen im Zeitpunkt T durch einen Verkauf der Aktie bekommt: mit: DIV t = Dividende, r EK = Eigenkapitalkostensatz, VE T = Verkaufserlös, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Andere Möglichkeiten der Schätzung des Betrags, den ein Investor im Zeitpunkt T erhält, sind der erwartete Liquidationserlös je Aktie, der erwartete Buchwert je Aktie, der erwartete Buchwert je Aktie multipliziert mit dem erwarteten Markt-Buchwert- Verhältnis oder die ewig wachsende Rente (vgl. Günther 1997, S. 156f.). Eine ewig wachsende Rente ist eine Dividende, die konstant in jeder Periode bis in alle Ewigkeit wächst (z.B. 2,5% pro Jahr). Ausgangspunkt für diesen konstant wachsenden Dividendenstrom ist die Dividende im Zeitpunkt 0 (z.B. 100 GE). Die folgende Abbildung verdeutlicht, dass Dividenden, die konstant im Verhältnis zur Vorperiode wachsen, durch die stetig wachsende Bezugsgröße absolut im Zeitablauf stark ansteigen. Der Gegenwartswert von den erwarteten Dividenden, die erst weit in der Zukunft anfallen, haben bei einem Diskontierungszinssatz i.H.v. 10% nahezu keinen Wert im Zeitpunkt 0. Im Vergleich zu der konstanten Rente erhöht sich der Gegenwartswert der einzelnen erwarteten Dividenden aber deutlich (z.B. von 0,0 auf 0,4 in der Periode 80): <?page no="64"?> 2.7 Unternehmensbewertung 65 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 32: Gegenwartswert von konstant wachsenden Dividenden Der Gegenwartswert eines unendlichen, gleich wachsenden Zahlungsstroms kann auch folgendermaßen berechnet werden (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 39f.): mit: DIV t = Dividende, r EK = Eigenkapitalkostensatz, g = Wachstumsrate, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Die erwarteten Dividendenausschüttungen eines Unternehmens sind abhängig von den erwarteten Gewinnen. Ein Gewinn kann entweder als Dividende ausgeschüttet oder thesauriert werden. Über die Totalperiode ist die Summe der Ertragsüberschüsse (Gewinne pro Aktie) gleich der Summe der Entnahmeüberschüsse (Dividenden pro Aktie), d.h. von der Gründung bis zur Auflösung eines Unternehmens kann die Summe der Gewinne pro Aktie an die Eigentümer ausgeschüttet werden - Eigenkapitaleinlagen durch Kapitalerhöhungen (d.h. Ausgabekurs, Emissionskurs) und Eigenkapitalentnahmen durch Kapitalherabsetzungen (d.h. Rückgabekurs) sind über die Totalperiode gleich null. Bei der Anwendung des Dividendendiskontierungsmodells stellt sich daher die Frage, in welchem Bezug die prognostizierten Dividendenausschüttungen zum Gewinn stehen. Ein nachhaltig erwarteter konstanter Gewinn ist theoretisch ein Gewinn, der komplett an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden kann. Daher kann folgende Gleichung aufgestellt werden (vgl. Günther 1997, S. 87): mit: DIV t = Dividende, r EK = Eigenkapitalkostensatz, G T = Gewinn, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Es wird angenommen, dass der Gewinn je Aktie voll als Dividende je Aktie ausgeschüttet wird. Das Unternehmen befindet sich in einem Gleichgewichtszustand („steady state“): Eigen- und Fremdkapital sind konstant, Umsatzwachstum und Umsatzrendite sind konstant, die Abschreibungen entsprechen den Ersatzinvestitionen, Rückstellungsbildung ist gleich Rückstellungsauflösung etc. g = t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW t DIV BW 1 103 93,2 11 131 46,0 21 168 22,7 31 215 11,2 41 275 5,5 51 352 2,7 61 451 1,3 71 577 0,7 2 105 86,8 12 134 42,9 22 172 21,1 32 220 10,4 42 282 5,2 52 361 2,5 62 462 1,3 72 592 0,6 3 108 80,9 13 138 39,9 23 176 19,7 33 226 9,7 43 289 4,8 53 370 2,4 63 474 1,2 73 607 0,6 4 110 75,4 14 141 37,2 24 181 18,4 34 232 9,1 44 296 4,5 54 379 2,2 64 486 1,1 74 622 0,5 5 113 70,3 15 145 34,7 25 185 17,1 35 237 8,4 45 304 4,2 55 389 2,1 65 498 1,0 75 637 0,5 6 116 65,5 16 148 32,3 26 190 15,9 36 243 7,9 46 311 3,9 56 399 1,9 66 510 0,9 76 653 0,5 7 119 61,0 17 152 30,1 27 195 14,9 37 249 7,3 47 319 3,6 57 409 1,8 67 523 0,9 77 669 0,4 8 122 56,8 18 156 28,1 28 200 13,8 38 256 6,8 48 327 3,4 58 419 1,7 68 536 0,8 78 686 0,4 9 125 53,0 19 160 26,1 29 205 12,9 39 262 6,4 49 335 3,1 59 429 1,6 69 549 0,8 79 703 0,4 10 128 49,4 20 164 24,4 30 210 12,0 40 269 5,9 50 344 2,9 60 440 1,4 70 563 0,7 80 721 0,4 1362 692,2 341,6 168,6 83,2 41,1 20,3 10,0 4,9 100% 51% 25% 12% 6% 3% 1% 1% 0% 2,5% <?page no="65"?> 66 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Wie hoch die erwarteten Dividendenausschüttungen sind, hängt von den erwarteten Gewinnen ab (vgl. Günther 1997, S. 223ff.). Die Dividendenausschüttung geteilt durch den Gewinn ist gleich die Ausschüttungsquote (Blow-Out-Ratio, BOR). Folglich kann die Prognose und Diskontierung der erwarteten Dividenden je Aktie in Abhängigkeit der erwarteten Gewinne je Aktie und der erwarteten Ausschüttungsquote vorgenommen werden: mit: DIV t = Dividende, r EK = Eigenkapitalkostensatz, G T = Gewinn, BOR = Blow Out Ratio = Ausschüttungsquote, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Eine ewig wachsende Rente kann aufgrund von zwei Gründen ewig steigen: Erstens durch die Annahme einer ewig gleichbleibenden Inflationsrate und zweitens durch die Annahme von ewig gleich bleibenden Erweiterungsinvestitionen, die durch die Thesaurierung von Gewinnen - zu einem gleichbleibenden Teil - finanziert werden. Soll durch die ewig wachsende Rente nur die Inflation berücksichtigt werden, d.h. dass die Gewinne des Unternehmens in der Zukunft um eine gleich bleibende Inflationsrate ohne Erweiterungsinvestitionen wachsen, dann ergibt sich folgende Formel (vgl. auch Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 282; Rappaport 1999, S. 53): mit: DIV t = Dividende, r EK = Eigenkapitalkostensatz, G 0 = Gewinn, g = Wachstumsrate = Inflationsrate, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Der konstant wachsende Zahlungsstrom startet von dem nachhaltigen Gewinn, der voll ausgeschüttet wird (BOR = 1). Die erwarteten Dividendenausschüttungen entsprechen den erwarteten Gewinnen, die ohne Thesaurierung konstant um die Inflationsrate wachsen können. Soll durch die ewig wachsende Rente ein gleichbleibendes Wachstum durch Erweiterungsinvestitionen - zu einem gleichbleibenden Teil finanziert durch Thesaurierung - berücksichtig werden, dann ergibt sich folgende Formel (vgl. Günther 1997, S. 224): <?page no="66"?> 2.7 Unternehmensbewertung 67 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: G 0 = Gewinn, BOR = Blow Out Ratio = Ausschüttungsquote, g = Wachstumsrate, r EK = Eigenkapitalkostensatz, DIV t = Dividende, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Die Ausschüttungsquote (BOR) und die Dividendenwachstumsrate (g) stehen nun in einem inneren Verhältnis zueinander. Mit Hilfe der einbehaltenen Gewinne (G 0 (1- BOR)) wird das konstante Dividendenwachstum ermöglicht. Mathematisch entsteht das folgende Verhältnis: mit: G 0 = Gewinn, g = Wachstumsrate, BOR = Blow Out Ratio = Ausschüttungsquote, t = Zeitindex Der zusätzlich erwartete Gewinn (G 0 g) bzw. die zusätzlich erwartete Dividendenausschüttung ( DIV 0 ) g) in der Periode t+1 werden durch einbehaltene Gewinne (G 0 (1-BOR)) im Zeitpunkt t erwirtschaftet. Die folgende Abbildung verdeutlicht, dass die Annahme einer ewig wachsenden Rente nur höher als die ewig gleichbleibende Rente ist, wenn die Erweiterungsinvestitionen eine höhere Eigenkapitalrendite erwirtschaften als der Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber (vgl. auch Günther 1997, S. 228f.): Abb. 33: Ewige Rente versus ewig wachsende Rente Unternehmen, die geringe Ausschüttungsquoten haben, werden - je nach Höhe der Eigenkapitalrendite auf die thesaurierten Gewinne - ein hohes erwartetes Dividendenwachstum haben. Die Wachstumsrate wird aber mathematisch betrachtet auf die Weltwirtschaftswachstumsrate zustreben - weil das Weltwirtschaftswachstum quasi durch das Wachstum der einzelnen Unternehmen zustande kommt, d.h. spätestens dann, wenn es nur noch ein Unternehmen gibt, hat das Unternehmen eine Wachstumsrate in Höhe des Weltwirtschaftswachstums. Wachstumsraten sollten daher nicht zu hoch angesetzt werden. G BOR r EK g/ (1-BOR) g EI=G*(1-BOR) DIV 1 r EK -g BW-EI 100 1 10,0% - 0,0% 0,0 100,0 10,0% 1.000,0 G BOR r EK g/ (1-BOR) g EI=G*(1-BOR) DIV 1 r EK -g BW-EI 100 0,9 10,0% 5,0% 0,5% 10,0 90,5 9,5% 942,1 100 0,9 10,0% 10,0% 1,0% 10,0 90,9 9,0% 1.000,0 100 0,9 10,0% 15,0% 1,5% 10,0 91,4 8,5% 1.064,7 G BOR r EK g/ (1-BOR) g EI=G*(1-BOR) DIV 1 r EK -g BW-EI 100 0,8 10,0% 5,0% 1,0% 20,0 80,8 9,0% 877,8 100 0,8 10,0% 10,0% 2,0% 20,0 81,6 8,0% 1.000,0 100 0,8 10,0% 15,0% 3,0% 20,0 82,4 7,0% 1.157,1 <?page no="67"?> 68 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Beim Dividendendiskontierungsmodell ist zu beachten, dass durch künftige Kapitalerhöhungen der Anteil der Dividendenausschüttungen am Gesamtgewinn sich verändert. Ein potentieller Verkauf von Bezugsrechten müsste darüber hinaus als zusätzlicher finanzieller Nutzen - quasi als höhere Dividendenausschüttung - Berücksichtigung finden. Eine Betrachtung der Dividendenausschüttungen in Verbindung mit den erwirtschafteten Gewinnen macht deutlich, dass eine Fortschreibung der in der Vergangenheit erwirtschafteten Dividenden zu einer ökonomisch unreflektierten Bewertung führt. 2.7.2 DCF-Ansatz Mit Hilfe des Discounted Cashflow-Verfahrens wird der Wert des Unternehmens durch die Abzinsung der prognostizierten Einzahlungsüberschüsse („Discounted Cashflows“) bestimmt. Es gibt das DCF-Equity-Verfahren und das DCF-Entity- Verfahren. 2.7.2.1 DCF-Equity-Ansatz Beim Equity-Verfahren wird der Gegenwartswert des Eigenkapitals („Equity“) durch die Diskontierung jener Einzahlungsüberschüsse bestimmt, die im Unternehmen für Ausschüttungen an die Eigenkapitalgeber frei zur Verfügung stehen („Flow to Equity“, „Netto Cashflow“) (vgl. Schultze 2003, S. 102f.). Die Eigenkapitalgeber legen Eigenkapital in das Unternehmen ein (Eigenkapitaleinlage). Das Unternehmen erwirtschaftet Einzahlungsüberschüsse und es kann diese an die Eigenkapitalgeber ausschütten. Die Eigenkapitalgeber können die Eigenkapitaleinlagen - z.B. bei der Auflösung des Unternehmens - wieder entnehmen (Eigenkapitalentnahme). Einzahlungsüberschüsse entstehen daher im Unternehmen. Werden im Unternehmen erwirtschaftete Einzahlungsüberschüsse nicht ausgeschüttet, so erhöhen sich die liquiden Mittel. Über die Totalperiode ist die Summe der Einzahlungsüberschüsse gleich der Summe der Entnahmeüberschüsse. Wenn Einzahlungsüberschüsse in einer Periode nicht ausgeschüttet werden, dann können sie in einer anderen Periode an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden. Aus der Perspektive des Unternehmens werden Einzahlungsüberschüsse erwirtschaftet, die an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden können; aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber entstehen Entnahmeüberschüsse durch die Ausschüttung der erwirtschafteten Einzahlungsüberschüsse (vgl. Günther 1997, S. 78f.; Eidel 1999, S. 20). Im Equity-Verfahren werden die zu diskontierenden Einzahlungsüberschüsse auch als „Flow to Equity“ oder als „Netto Cashflow“ bezeichnet. Der Begriff „Flow to Equity“ hebt hervor, dass es sich um den im Unternehmen erzielten Einzahlungsüberschuss handelt, der an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden kann. Der Begriff „Netto Cashflow“ hebt hervor, dass es sich um einen Einzahlungsüberschuss nach Zinsen und Steuern handelt. Der Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber ist der innere Wert des Eigenkapitals (vgl. Eidel 1999, S. 7). Die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber werden mit dem Eigenkapitalkostensatz - ermittelt nach dem CAPM - diskontiert (vgl. Eidel 1999, S. 40). Nach dem CAPM spiegelt der Eigenkapitalkostensatz die erwartete Rendite wider, bei der der Preis der Wertpapiere in Bezug auf ihr Rendite-Risiko-Verhältnis im Marktgleichgewicht ist. Folglich ist der Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber der theo- <?page no="68"?> 2.7 Unternehmensbewertung 69 uvk-lucius.de/ wert-controlling retisch richtige Preis des Eigenkapitals, verbrieft in Form von Wertpapieren, in einem perfekt diversifizierten Marktportefeuille. Auf der Grundlage der Annahmen des CAPM wird der Gegenwartswert des Eigenkapitals folgendermaßen ermittelt (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 31): mit: EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital, FtEq t = Flow to Equity = Netto Cashflow, r EK = Eigenkapitalkostensatz, NBV 0 = nicht betriebsnotwendiges Vermögen, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Nach dem CAPM gilt: Alle Wertpapiere am Markt sind richtig bewertet (perfekter Kapitalmarkt); die Marktteilnehmer haben die gleichen Erwartungen in Bezug auf die prognostizierten Rückflüsse (E(FtEq t )) und in Bezug auf das prognostizierte Rendite- Risiko-Verhältnis der Vergleichsanlage (r EK ) (homogene Erwartungen). Aufgrund der Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes und aufgrund der Annahme homogener Erwartungen sind r EK die erwarteten Eigenkapitalkosten des Unternehmens und der Gegenwartswert des Eigenkapitals ist der Marktwert des Eigenkapitals. Eine Differenz zwischen dem Gegenwartswert des Eigenkapitals und der Börsenkapitalisierung ist aufgrund der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarkts nicht möglich. Der Gegenwartswert des Eigenkapitals kann ökonomisch wie eine Investition mit einem Kapitalwert von null interpretiert werden: Ein Investor kann entweder in die erwartete risikoadäquate Alternativanlage mit einer Rendite in Höhe des erwarteten Eigenkapitalkostensatzes oder in das Eigenkapital mit erwarteten Rückflüssen in Höhe der Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber investieren. Bei einem Investitionsbetrag in Höhe des Gegenwartswerts des Eigenkapitals ist er indifferent zwischen den beiden vergleichbaren Anlagemöglichkeiten. Im Vergleich zur Alternativanlage drückt der Gegenwartswert die maximale Kaufbereitschaft eines risikoscheuen Investors aus, der nur dann in das Eigenkapital investiert, wenn er - bei gleichem Risiko - mit der Alternativanlage nicht eine höhere erwartete Rendite erwirtschaften kann. Bei einem Betrag in Höhe des Gegenwartswerts ist die erwartete Rendite aus einer Investition in das Eigenkapital und die erwartete Rendite aus einer Investition in die risikoadäquate Alternativanlage gleich hoch. Der Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber ist der heutige Wert der Rückflüsse an die Eigenkapitalgeber ab der Periode t+1 bis zum Ende des Lebens des Unternehmens in der Periode T. Wird nicht von einem Ende der Unternehmenstätigkeit ausgegangen, so werden die erwarteten Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber unendlich weit in die Zukunft prognostiziert ( ). Die erwarteten Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber werden mit dem Eigenkapitalkostensatz diskontiert. Durch die Diskontierung wird angenommen, dass die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber wieder in Höhe des Eigenkapitalkostensatzes angelegt werden können (Wiederanlageprämisse). Die Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber werden daher bei der Bewertung so behandelt, als ob sie voll an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet würden (Vollausschüttungshypothese) (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 104). Die folgende Abbildung <?page no="69"?> 70 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling zeigt auf, wie die Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber (Flow to Equity, Netto Cashflow) berechnet werden: Abb. 34: Berechnung des Flow to Equity im DCF-Equity-Ansatz Die Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber, d.h. die Netto Cashflows bzw. Flows to Equity, werden grundsätzlich indirekt aus dem Nettogewinn abgeleitet. Der Einzahlungsüberschuss an die Eigenkapitalgeber ist nicht durch bilanzpolitische Maßnahmen zu beeinflussen. Da er aber indirekt aus den prognostizierten Umsatzerlösen und den prognostizierten Nettogewinnen abgeleitet wird, haben bilanzpolitische Maßnahmen nur dann keinen Einfluss auf die Prognose der Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber, wenn sie bei der Berechnung erkannt und wieder rückgängig gemacht werden. Das Equity-Verfahren fokussiert auf das Wesentliche: die Bewertung des Eigenkapitals aus der Perspektive des Unternehmens. Werden die Entnahmeüberschüsse prognostiziert, so sind die Einzahlungsüberschüsse zu differenzieren in Ausschüttungen, Kapitaleinlagen und -entnahmen. Werden die Dividenden pro Aktie prognostiziert, so sind darüber hinaus noch die Anzahl der Aktien und künftige Verkäufe von Bezugsrechten zu berücksichtigen. Der Unterschied zwischen der Prognose der Einzahlungsüberschüsse, der Entnahmeüberschüsse und der Dividendenausschüttungen ist die Perspektive, aus der das Eigenkapital bewertet wird: Perspektive des Unternehmens, Perspektive der Eigenkapitalgeber, Perspektive eines Aktionärs. Da aber bei der Prognose der Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber angenommen wird, dass die Einzahlungsüberschüsse voll ausgeschüttet werden, ist eine prognostizierte Veränderung der liquiden Mittel in die Prognose der Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber zu integrieren. Die bewertungsrelevanten Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapital- Berechnung der EZÜ an die EK-Geber Vereinfachung Umsatzerlöse Umsatzerlöse betr. Aufwendungen betr. Aufwendungen = Betriebsergebnis = Betriebsergebnis + Finanzerträge + Finanzerträge = Gewinn vor Zinsen und Steuern = Gewinn vor Zinsen und Steuern - Zinsaufwand (FK t-1 × r FK ) - Zinsaufw and (FK t-1 × r FK ) = Gewinn vor Steuern = Gewinn vor Steuern - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) = Gewinn (Nettogewinn) = Gewinn (Nettogewinn) +/ - Abschreibungen/ Zuschreibungen Anlagevermögen -/ + Investitionen/ Desinvestitionen Anlagevermögen -/ + Inv./ Desinvestitionen kurz. und lang. Finanzanlagen - Erweiterungsinvestitionen kurz. und lang. FA +/ - Zu-/ Abnahme langfristige Rückstellungen + Zunahme langfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme kurzfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme Verbindlichkeiten aus L&L + sonstige Verb. -/ + Zu-/ Abnahme Forderungen aus L&L + sonstige Ford. -/ + Zu-/ Abnahme Vorräte -/ + Zu-/ Abnahme liquide Mittel - Zunahme liquide Mittel = EZÜ an EK und verz. FK-Geber = EZÜ an EK und verz. FK-Geber +/ - FK-Aufnahme/ FK-Tilgung +/ - FK-Aufnahme/ FK-Tilgung - Zinsen an FK-Geber - Zinsen an FK-Geber = EZÜ an EK-Geber (Flow to Equity, Netto Cashflow) = EZÜ an EK-Geber +/ - EK-Einlagen/ -Entnahmen +/ - EK-Einlagen/ -Entnahmen - Ausschüttungen an EK-Geber - Ausschüttungen an EK-Geber = ETÜ von EK-Gebern = ETÜ von EK-Gebern = EZÜ-ETÜ = Zu-/ Abnahme liquide Mittel Zunahme von betrieblichen kurz. Zahlungsverpflichtungen Erweiterungsinvestitionen betr. AV - Erweiterungsinvestitionen betr. UV - Working Capital i.w.S. + <?page no="70"?> 2.7 Unternehmensbewertung 71 uvk-lucius.de/ wert-controlling geber im Equity-Verfahren entsprechen dann den Entnahmeüberschüssen. Die folgende Abbildung zeigt den Zusammenhang zwischen der Prognose der Ertragsüberschüsse, der Einzahlungsüberschüsse und der Entnahmeüberschüsse auf (Kongruenzprinzip): Abb. 35: DCF-Equity-Ansatz und Kongruenzprinzip Zusammenfassend kann festgehalten werden: Über die Totalperiode betrachtet, werden Ertragsüberschüsse zu Einzahlungsüberschüssen und können an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden. Bei der Berechnung der Entnahmeüberschüsse werden auch Eigenkapitaleinlagen und -entnahmen berücksichtigt. Soweit die Summe der Ertragsüberschüsse über die Totalperiode nicht negativ ist, sind die Eigenkapitaleinlagen gleich den Eigenkapitalentnahmen. Bei der Diskontierung wird angenommen, dass die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse wieder mit dem Eigenkapitalkostensatz angelegt werden können. Die liquiden Mittel im Unternehmen werden nicht mit dem Eigenkapitalkostensatz angelegt. Eine prognostizierte Zunahme der liquiden Mittel muss daher von jenem Einzahlungsüberschuss abgezogen werden, der mit dem Eigenkapitalkostensatz diskontiert wird. Nehmen die liquiden Mittel ab, so erhöht sich der Einzahlungsüberschuss an die Eigenkapitalgeber. Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 - Zinsaufwand (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 + Zinsaufwand 15,0 30,0 45,0 60,0 = Gewinn vor Zinsen (Bruttogewinn) 42,9 87,8 134,9 114,0 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 = EZÜ an GK-Geber -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 +/ - FK-Aufnahme/ -Tilgung 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 - Zinsen an FK-Geber -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 = EZÜ an EK-Geber -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 +/ - EK-Einlagen/ -Entnahme 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 - Ausschüttungen an EK-Geber -27,9 -57,8 -89,9 -54,0 = ETÜ von EK-Gebern -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 Kongruenzprinzip: Gründung t-3 t-2 t-1 t Liquidation Eigenkapital 300,0 600,0 900,0 1.200,0 1.500,0 ERÜ 27,9 57,8 89,9 54,0 EZÜ mit LM -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 1.500,0 LM 6,0 6,0 6,0 6,0 106,0 130,0 EZÜ ohne LM -294,0 -266,1 -236,2 -204,1 -140,0 1.370,0 ETÜ -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 1.500,0 Prognose der FtEq in GE Vergangenheitsanalyse ERÜ = EZÜ = ETÜ 229,6 229,6 229,6 229,6 Prognose <?page no="71"?> 72 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling 2.7.2.2 Fallstudie zum DCF-Equity-Ansatz Ziel dieser Fallstudie ist es, die praktische Umsetzung des DCF-Equity-Ansatzes zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte des DCF-Verfahrens werden beleuchtet: zur Berechnung des inneren Werts des Eigenkapitals mit Hilfe des DCF- Equity-Ansatzes, zum DCF-Equity-Ansatz und der Entwicklung der Kapitalstruktur, zum Kongruenzprinzip aus der Bewertungsperspektive, zum Verhältnis der Entnahmeüberschüsse und der Einzahlungsüberschüsse, zur Vollausschüttungshypothese und zur Veränderung der liquiden Mittel im DCF-Equity-Ansatz sowie zum Verhältnis betriebsnotwendige liquide Mittel, Finanzanlagen, Abschreibungen und aperiodische kurzfristige Rückstellungen. Vergangenheitsanalyse: konstante Annahmen Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Die „Autohaus DUCK AG“ verkauft pro Autohaus 40 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.000 GE Umsatzerlöse je Autohaus). Die 40 Autos werden zu einem Preis von 44 GE eingekauft (1.760 GE Materialaufwand). Pro Autohaus entstehen darüber hinaus 72 GE Personalaufwand, 100 GE Abschreibungen und ein sonstiger Aufwand i.H.v. 13,2 GE. Insgesamt betragen die betrieblichen Aufwendungen 1.945,2 GE je Autohaus. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: In jeder Periode wird ein Autohaus neu gegründet. Bei der Gründung eines Autohauses werden 400 GE im Anlagevermögen, 194 GE im Working Capital und 6 GE in den betriebsnotwendigen liquiden Mitteln gebunden. Insgesamt fallen bei der Gründung eines Autohauses Erweiterungsinvestitionen (EI) i.H.v. 600 GE an. Zur Finanzierung der Erweiterungsinvestitionen: Die eine Hälfte der Erweiterungsinvestitionen wird mit Eigenkapital ( EK = 300 GE), die andere Hälfte mit verzinslichem Fremdkapital finanziert ( verz. FK = 300 GE). Die „Autohaus DUCK AG“ kann Kredite zu einem Zinssatz von 5% aufnehmen (15 GE Zinsaufwand je Autohaus). Der Fremdkapitalkostensatz verändert sich nicht im Zeitablauf, d.h. der Buchwert des verzinslichen Fremdkapitals ist gleich dem Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals (r FK = konstant 5%). Der Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber beträgt konstant 10% (r EK = konstant 10%). Zur Entwicklung des Finanzanlagevermögens und der Ausschüttungspolitik: Der Gewinn nach Steuern wird an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet. Die Ausschüttungsquote beträgt 100%. In Höhe der Abschreibungen werden kurzfristige Finanzanlagen mit einer Verzinsung i.H.v. 3% gekauft. Die Verzinsung der Finanzanlagen verändert sich im Zeitablauf nicht. Der Buchwert der Finanzanlagen ist gleich dem Marktwert der Finanzanlagen. Zur Berechnung der Steuern: Der Gewinn vor Steuern wird mit einem Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% versteuert. Die Vergangenheitsanalyse bildet die Grundlage für die Prognose. Im DCF-Equity- Verfahren werden die Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber (FtEq) prognostiziert. Die Abbildung zeigt die Entwicklung der Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber (FtEq) von der Gründung bis zum Zeitpunkt t auf: <?page no="72"?> 2.7 Unternehmensbewertung 73 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 36: Vergangenheitsanalyse - Ausgangsbasis für die Prognose des Flow to Equity Ziel der Vergangenheitsanalyse im Rahmen des DCF-Equity-Verfahrens ist es, das Unternehmen in Bezug auf die Erwirtschaftung von Nettogewinnen und Einzahlungsüberschüssen an die Eigenkapitalgeber besser zu verstehen. In den Ausgangsdaten werden die konstanten Annahmen beschrieben, die zur Ermittlung eines nachhaltigen Gewinns führen. Vergangenheitsanalyse: Aperiodische und außerordentliche Größen Nicht beschrieben wird, dass in der Periode t eine einmalige Rückstellung für eine voraussichtliche Zahlungsverpflichtung in der Periode t+1 i.H.v. 100 GE gebucht wird. Der einmalige Rückstellungsaufwand mindert den Gewinn in der Periode t. Die liquiden Mittel erhöhen sich um die Rückstellungsbildung, weil annahmegemäße der Gewinn - vermindert um den Rückstellungsaufwand - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet wird. Der Gewinn in der Periode t gibt nicht die nachhaltige Ertrags- und Ausschüttungskraft des Unternehmens wieder und ist daher keine gute Ausgangsbasis zur Prognose der FtEq. Prognoserechnung: Veränderung der Annahmen Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Wir erwarten, dass die „Autohaus DUCK AG“ pro Autohaus 41 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.050 GE Umsatzerlöse je Autohaus) verkaufen kann. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: Wir erwarten, dass in der Periode t+1 und t+2 je ein Autohaus neu gegründet wird. Ab der Periode t+3 werden keine Autohäuser mehr gegründet. Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 - Zinsaufw and (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 + Zinsaufw and 15,0 30,0 45,0 60,0 = Gewinn vor Zinsen (Bruttogewinn) 42,9 87,8 134,9 114,0 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 = EZÜ an GK-Geber -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 +/ - FK-Aufnahme/ -Tilgung 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 - Zinsen an FK-Geber -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 = EZÜ an EK-Geber -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 +/ - EK-Einlagen/ -Entnahme 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 -/ + Ausschüttungen an EK-Geber -27,9 -57,8 -89,9 -54,0 = ETÜ von EK-Gebern -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Eigenkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 Gewinn-Ausschüttung+EK-Einlage 300,0 300,0 300,0 300,0 Prognose der FtEq in GE Prognose des EK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose Vergangenheitsanalyse <?page no="73"?> 74 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Berücksichtigung der aperiodischen und außerordentlichen Größen: Wir erwarten, dass die einmalige Zahlungsverpflichtung i.H.v. 100 GE in der Periode t+1 beglichen wird, wodurch sich die liquiden Mittel um 100 GE verringern. Wir erwarten, dass das Unternehmen am Ende der Periode T verkauft wird. Der Restwert des Eigenkapitals am Ende der Periode T ist gleich dem Buchwert des Eigenkapitals i.H.v. 2.100 GE. Wir nehmen an, dass es keine Vermögenswerte im Unternehmen gibt, die durch einen potentiellen Verkauf im Zeitpunkt t - zusätzlich zu den prognostizierten Rückflüssen - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden können. Die folgende Abbildung verdeutlicht die Prognose der FtEq im ökonomischen Kontext ihrer Entstehung: Abb. 37: Prognose des Flow to Equity im DCF-Equity-Ansatz In der Periode t+3 fallen keine Erweiterungsinvestitionen mehr an. Der Gewinn entspricht dem FtEq. Zur Berechnung des inneren Werts des Eigenkapitals mit Hilfe des DCF-Equity- Ansatzes: Aus der Planungsrechnung können die erwarteten FtEq und der erwartete Restwert in T entnommen werden. Durch die Diskontierung der Rückflüsse an die Eigenkapitalgeber wird der Gegenwartswert des Eigenkapitals ermittelt. Es gibt keine Vermögenswerte im Unternehmen, die durch einen potentiellen Verkauf im Zeitpunkt t - zusätzlich zu den prognostizierten Rückflüssen - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden können; d.h. es gibt kein nicht betriebsnotwendiges Vermögen: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 10.250,0 12.300,0 14.350,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 -9.946,0 -11.935,2 -13.924,4 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 322,0 385,8 452,6 - Zinsaufw and (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 247,0 295,8 347,6 - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 -74,1 -88,7 -104,3 = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 207,1 243,3 + Zinsaufw and 15,0 30,0 45,0 60,0 75,0 90,0 105,0 = Gewinn vor Zinsen (Bruttogewinn) 42,9 87,8 134,9 114,0 247,9 297,1 348,3 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 -300,0 -200,0 0,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 -100,0 -200,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 -294,0 -194,0 0,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 94,0 -6,0 0,0 = EZÜ an GK-Geber -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 -352,1 -302,9 348,3 +/ - FK-Aufnahme/ -Tilgung 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 - Zinsen an FK-Geber -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = EZÜ an EK-Geber -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 -127,1 -92,9 243,3 +/ - EK-Einlagen/ -Entnahme 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 -/ + Ausschüttungen an EK-Geber -27,9 -57,8 -89,9 -54,0 -172,9 -207,1 -243,3 = ETÜ von EK-Gebern -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 -127,1 -92,9 243,3 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Eigenkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 1.800,0 2.100,0 2.100,0 Gewinn-Ausschüttung+EK-Einlage 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 Prognose der FtEq in GE Prognose des EK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose Vergangenheitsanalyse <?page no="74"?> 2.7 Unternehmensbewertung 75 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 38: Berechnung des Gegenwartswerts des Flow to Equity im Zeitpunkt t Im CAPM haben die Kapitalmarktteilnehmer u.a. homogene Erwartungen in Bezug auf die erwarteten Rückflüsse und in Bezug auf die erwarteten Eigenkapitalkosten. Aus der Theorie des CAPM argumentiert, ist der innere Wert des Eigenkapitals gleich dem Marktwert des Eigenkapitals. Zum DCF-Equity-Ansatz und der Entwicklung der Kapitalstruktur: Durch die Diskontierung der Rückflüsse an die Eigenkapitalgeber wird der Gegenwartswert des Eigenkapitals im Zeitpunkt t bestimmt. Der Gegenwartswert im Zeitpunkt t enthält aber auch die erwartete Entwicklung des Gegenwartswerts bis zum Ende der Periode T. In der Periode T ist der Gegenwartswert gleich dem Restwert: Abb. 39: Berechnung des Gegenwartswerts der Flow to Equity im Zeitpunkt t+3, t+2, t+1 und t Da annahmegemäß der Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals dem Buchwert des verzinslichen Fremdkapitals entspricht (r FK = konstant) und der Gegenwartswert des Eigenkapitals gleich dem Marktwert ist, wird durch die Prognose der Rückflüsse der Eigenkapitalgeber im DCF-Equity-Verfahren quasi die prognostizierte Kapitalstruktur - berechnet zu Marktwerten - bestimmt. Das DCF-Equity-Verfahren und das DCF- Entity-Verfahren kommen nur dann zum gleichen inneren Wert des Eigenkapitals, wenn bei der Prognose die gleichen Annahmen getroffen werden. Annahme: r EK = 10% Equity-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 EK BW 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 E(FtEq) -127,1 -92,9 243,3 + E(Restwert in T) 2.100,0 = Rückflüsse an EK-Geber -127,1 -92,9 2.343,3 Diskontierungsfaktor 0,9091 0,8264 0,7513 Barwert (BW) -115,5 -76,8 1.760,6 = BW = Gegenw artswert des Eigenkapitals in t 1.568,2 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.568,2 Prognose Annahme: r EK = 10% Equity-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 EK BW 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 E(FtEq) -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 -127,1 -92,9 243,3 + E(Restwert in T) 2.100,0 = Rückflüsse an EK-Geber -127,1 -92,9 2.343,3 0,9091 Gegenw artswert des EK in t=2 0,9091 2.130,3 Gegenw artswert des EK in t=1 0,9091 1.852,1 = Gegenw artswert des EK in t 1.568,2 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.568,2 E(Kapitalstruktur) Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Marktwert EK = Gegenw artswert EK 1.568,2 1.852,1 2.130,3 2.100,0 Marktwert verz. FK = Buchwert verz. FK 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 Prognose Prognose <?page no="75"?> 76 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Zum Kongruenzprinzip aus der Bewertungsperspektive: Das Kongruenzprinzip besagt, dass über die Totalperiode die Summe der Ertragsüberschüsse gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse ist. Für einen potentiellen Eigenkapitalgeber beginnt die Totalperiode im Zeitpunkt t mit der Investition in das Unternehmen und endet mit dem Verkauf des Unternehmens zum Restwert am Ende der Periode T. In diesem Zeitraum ist die Summe der Gewinne gleich der Summe der Rückflüsse an die Eigenkapitalgeber, soweit die Ertragsüberschüsse sowohl um die Differenz zwischen dem Betrag der Investition in das Eigenkapital in t und dem Buchwert des Eigenkapitals in t (ohne erfolgsneutrale Rücklagen) als auch um die Differenz zwischen dem Betrag aus dem Verkauf des Eigenkapitals zum Restwert und dem Buchwert des Eigenkapitals (ohne erfolgsneutrale Rücklagen) adjustiert werden: Abb. 40: Adjustierung des Kongruenzprinzips aus der Bewertungsperspektive (Annahme: Investitionsauszahlung = Buchwert Eigenkapital) Bzw. bei einer Investition zu Marktwerten: Abb. 41: Adjustierung des Kongruenzprinzips aus der Bewertungsperspektive (Annahme: Investitionsauszahlung = Marktwert Eigenkapital) Das Kongruenzprinzip verdeutlicht, dass thesaurierte Gewinne zu einem höheren Verkaufserlös (Restwert) führen, soweit der Restwert - plakativ ausgedrückt - nicht mit einem Abschlag verkauft wird. Eine Erhöhung der Gewinne führt darüber hinaus zu höheren Rückflüssen an die Eigenkapitalgeber, soweit der Restwert - plakativ ausgedrückt - eine Erhöhung der Gewinne nicht durch einen Abschlag wieder rückgängig macht. Zum Verhältnis der Entnahmeüberschüsse und der Einzahlungsüberschüsse: Die Equity-Perspektive stellt auf die Rückflüsse der Eigenkapitalgeber ab. Die Entnahmeüberschüsse (ETÜ) sind Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber, die zwischen der Sphäre des Unternehmens und der Sphäre der Eigentümer stattfinden. Die FtEq sind Einzahlungsüberschüsse, die im Unternehmen entstehen und potentiell an die Eigentümer ausgeschüttet werden können. Zur Vollausschüttungshypothese und zur Veränderung der liquiden Mittel im DCF- Equity-Ansatz: Die FtEq sind Einzahlungsüberschüsse, die im Unternehmen entstehen und potentiell an die Eigentümer ausgeschüttet werden können. Die FtEq werden im DCF-Equity- Kongruenzprinzip aus der Bewertungsperspektive: Gründung t+1 t+2 t+3 E(Gewinne) 172,9 207,1 243,3 EK BW -EK MW = Aufschlag/ Abschlag 0,0 0,0 Investition EK BW -1.500,0 Rückflüsse an EK-Geber -127,1 -92,9 2.343,3 ERÜ = EZÜ 623,3 623,3 Kongruenzprinzip aus der Bewertungsperspektive: Gründung t+1 t+2 t+3 E(Gewinne) 172,9 207,1 243,3 EK BW -EK MW = Aufschlag/ Abschlag -68,2 0,0 Investition EK MW -1.568,2 Rückflüsse an EK-Geber -127,1 -92,9 2.343,3 555,1 ERÜ = EZÜ 555,1 <?page no="76"?> 2.7 Unternehmensbewertung 77 uvk-lucius.de/ wert-controlling Ansatz zur Ermittlung des Gegenwartswerts des Eigenkapitals mit dem Eigenkapitalkostensatz diskontiert. Bei der Diskontierung wird angenommen, dass die FtEq wieder in Höhe des Eigenkapitalkostensatzes angelegt werden können, d.h. bei der Diskontierung wird angenommen (Hypothese), dass die FtEq voll an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden (Vollausschüttungshypothese). Bei der Prognose der FtEq verbleiben nur die betriebsnotwendigen liquiden Mittel im Unternehmen; die betriebsnotwendigen liquiden Mittel können nicht an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden. Eine Zunahme der betriebsnotwendigen liquiden Mittel verringert daher den FtEq. Zum Verhältnis betriebsnotwendige liquide Mittel, Finanzanlagen, Abschreibungen und aperiodische kurzfristige Rückstellungen: In der Fallstudie wird angenommen, dass pro Autohaus 6 GE betriebsnotwendige liquide Mittel benötigt werden, dass eine aperiodische kurzfristigen Rückstellungsbildung die betriebsnotwendigen liquiden Mittel erhöht und Mittel in Höhe der Abschreibungen in Finanzanlagen investiert werden. Diese Annahmen können folgendermaßen in einen ökonomischen Kontext gesetzt werden: Pro Autohaus liegt durchschnittlich Geld in der Kasse zur Begleichung von Rechnungen. Die einmalige Zunahme der kurzfristigen Rückstellung führt zu einem höheren Bestand in der Kasse, um die kurzfristig drohende Zahlungsverpflichtung jederzeit begleichen zu können. Abgeschriebene Vermögensgegenstände müssen wieder ersetzt werden. Das Unternehmen spart quasi periodisch einen Betrag in Höhe der Abschreibungen bis zur Ersatzinvestition an. Ziel der Annahmen ist es, die ökonomische Realität wirklichkeitsgetreu wiederzugeben. Da Unternehmen Einzahlungsüberschüsse unterschiedlich verwenden, müssen die Annahmen in der Praxis unternehmensspezifisch festgelegt werden. 2.7.2.3 DCF-Entity-Ansatz Beim Entity-Verfahren wird der Gegenwartswert des Gesamtkapitals („Entity“) durch die Diskontierung jener Einzahlungsüberschüsse bestimmt, die im Unternehmen frei für Ausschüttungen an die Gesamtkapitalgeber zur Verfügung stehen („Flow to Entity“, „Free Cashflow“) (vgl. Schultze 2003, S. 100ff.). Ein positiver Einzahlungsüberschuss an die Gesamtkapitalgeber kann im Unternehmen für Eigenkapitalausschüttungen (und -entnahmen), Zinszahlungen und Fremdkapitaltilgungen verwendet werden. Ein nicht verwendeter positiver Einzahlungsüberschuss, der im Unternehmen erwirtschaftet wird, erhöht die liquiden Mittel. Im DCF-Entity-Verfahren werden die zu diskontierenden Einzahlungsüberschüsse auch als „Flow to Entity“ oder als „Free Cashflow“ bezeichnet. Der Begriff „Flow to Entity“ hebt hervor, dass es sich um einen Einzahlungsüberschuss handelt, der an die Gesamtkapitalgeber, d.h. an die Summe aus Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgebern, ausgeschüttet werden kann. Der Begriff „Free Cashflow“ hebt hervor, dass es sich um einen Einzahlungsüberschuss nach Investitionen handelt. Ein Einzahlungsüberschuss, in dem Investitionsauszahlungen und -einzahlungen berücksichtigt sind, steht im Unternehmen frei („Free“) zur Bedienung der Ansprüche der Eigen- und Fremdkapitalgeber zur Verfügung („Free Cashflow“). Betriebliche Zahlungsverpflichtungen, die in einer Periode gegenüber Externen entstehen, werden auch als Fremdkapital bezeichnet. Im Gegensatz zum extern aufgenom- <?page no="77"?> 78 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling menen Fremdkapital haben betriebliche Zahlungsverpflichtungen keine vertraglich fixierten explizit ausgewiesenen Zinskosten (z.B. kurzfristige Rückstellungen, Verbindlichkeiten aus L&L). Das Anlage- und Umlaufvermögen wird mit Eigen- und Fremdkapital finanziert. Das Fremdkapital kann untergliedert werden in extern aufgenommenes Fremdkapital mit vertraglich fixiertem Zinsanspruch (zu verzinsendes bzw. verzinsliches Fremdkapital) und in betriebliche Zahlungsverpflichtungen (nicht explizit zu verzinsendes bzw. unverzinsliches Fremdkapital). Beim Entity-Verfahren ist der Gesamtunternehmenswert gleich dem Gegenwartswert des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals („Entity“). Veränderungen des unverzinslichen Fremdkapitals werden im Einzahlungsüberschuss an die Gesamtkapitalgeber berücksichtigt (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 34). Eine Abnahme des unverzinslichen Fremdkapitals, d.h. eine Begleichung der Zahlungsverpflichtungen, verringert den Einzahlungsüberschuss an die Gesamtkapitalgeber. Eine Zunahme des unverzinslichen Fremdkapitals, d.h. der Zahlungsverpflichtungen, verändert den Einzahlungsüberschuss an die Gesamtkapitalgeber nicht. Da aber eine Zunahme der Zahlungsverpflichtungen den Gewinn in einer Periode mindert, ist bei der indirekten Herleitung des Einzahlungsüberschusses an die Gesamtkapitalgeber eine Zunahme des unverzinslichen Fremdkapitals wieder zum Gewinn hinzuzurechnen. Zur Berechnung des inneren Werts des Gesamtkapitals werden die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse an die Gesamtkapitalgeber ab der Periode t+1 bis zum Ende des Lebens des Unternehmens in der Periode T mit dem Gesamtkapitalkostensatz diskontiert. Der Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse an die Gesamtkapitalgeber ist der heutige Wert der Rückflüsse an die Gesamtkapitalgeber. Wird nicht von einem Ende der Unternehmenstätigkeit ausgegangen, so werden die erwarteten Einzahlungsüberschüsse an die Gesamtkapitalgeber unendlich weit in die Zukunft prognostiziert ( ). Das Gesamtkapital besteht aus dem Gegenwartswert des Eigenkapitals und dem Gegenwartswert des verzinslichen Fremdkapitals; der Gesamtkapitalkostensatz ist konsistent hierzu der zu Gegenwartswerten durchschnittlich gewichtete Kapitalkostensatz des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals (Weighted Average Cost of Capital) (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 35). Der Eigenkapitalkostensatz - ermittelt nach dem CAPM - ist die erwartete Rendite des Wertpapiers im Marktportefeuille. Der Fremdkapitalkostensatz ist der Zinssatz, den Fremdkapitalgeber im Bewertungszeitpunkt für die Überlassung des verzinslichen Fremdkapitals erhalten. Da in einem vollkommenen Kapitalmarkt Eigen- und Fremdkapitaltitel in Bezug auf das erwartete Rendite-Risiko-Verhältnis richtig bewertet werden, ist der Gegenwartswert des Eigenkapitals gleich dem Marktwert des Eigenkapitals und der Gegenwartswert des Fremdkapitals gleich dem Marktwert des Fremdkapitals. Nach dem Entity-Ansatz wird der Gegenwartswert des Gesamtkapitals folgendermaßen ermittelt (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 28): <?page no="78"?> 2.7 Unternehmensbewertung 79 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, FtEn t = Flow to Entity = Free Cashflow, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, NBV 0 = nicht betriebsnotwendiges Vermögen, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Der Gegenwartswert des Gesamtkapitals kann ökonomisch auch wie eine Investition mit einem Kapitalwert von null interpretiert werden. Ein Investor kann entweder einem Unternehmen Eigen- und verzinsliches Fremdkapital zur Verfügung stellen oder in Eigen- und Fremdkapitaltitel am Kapitalmarkt investieren. Zahlt er genau den Gegenwartswert des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals, dann stellt er sich weder besser noch schlechter als durch eine Investition in vergleichbare Eigen- und Fremdkapitaltitel am Kapitalmarkt, d.h. der durchschnittlich gewichtete Kapitalkostensatz entspricht der erwarteten Rendite, die Eigen- und Fremdkapitalgeber am Kapitalmarkt erhalten würden (Opportunitätskostensatz der Eigen- und Fremdkapitalgeber). Bei der Berechnung des Gegenwartswerts werden die Einzahlungsüberschüsse im Zähler mit dem Diskontierungszinssatz bzw. Kapitalkostensatz im Nenner abgezinst: Das Equity-Verfahren setzt die im Unternehmen erwirtschafteten prognostizierten Einzahlungsüberschüsse, die an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden können, in Bezug zum Eigenkapitalkostensatz. Das Entity-Verfahren setzt die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse, die zur Bedienung der Ansprüche der Eigen- und Fremdkapitalgeber verwendet werden können, in Bezug zum durchschnittlich gewichteten Kapitalkostensatz. Das Entity-Verfahren kann weiter unterteilt werden in den TCF- Ansatz und in den WACC-Ansatz. Im TCF-Ansatz wird der Steuervorteil bei der Prognose der Einzahlungsüberschüsse im Zähler, im WACC-Ansatz im durchschnittlichen Kapitalkostensatz im Nenner berücksichtigt. 2.7.2.3.1 TCF-Ansatz Beim Total-Cashflow-Ansatz werden die Total Cashflows (TCF) prognostiziert und mit dem durchschnittlichen Kapitalkostensatz diskontiert. Die Total Cashflows sind jene Einzahlungsüberschüsse, die im Unternehmen zur Verfügung stehen, um die Ansprüche der Eigen- und Fremdkapitalgeber zu erfüllen (vgl. Schultze 2003, S. 101f.). Ein positiver Total Cashflow kann für Eigenkapitalausschüttungen (und -entnahmen), Zinszahlungen und Fremdkapitaltilgungen verwendet werden. Der Total Cashflow ist wie der Free Cashflow (FCF) ein Einzahlungsüberschuss nach Investitionen. Der Begriff „Total Cashflow“ hebt hervor, dass bei der Prognose des Total Cashflow der Einzahlungsüberschuss an die Gesamtkapitalgeber inklusive Steuervorteil („Total“) prognostiziert wird (vgl. auch Eidel 1999, S. 38). Fremdkapitalzinsen verringern den Gewinn vor Steuern. Der Gewinn vor Steuern multipliziert mit dem Steuersatz sind die zu prognostizierenden Steuern im TCF-Ansatz. Für die Berechnung des Total Cashflow sind daher die künftigen Fremdkapitalbestände (FK t ) und die künftigen Zinsen (FK t r FK ) zu prognostizieren. Die folgende Abbildung zeigt die Berechnung des Total Cashflow auf: <?page no="79"?> 80 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 42: Berechnung des Total Cashflow (TCF) im TCF-Ansatz Zur Berechnung des Gegenwartswerts werden die Total Cashflows mit dem durchschnittlichen gewichteten Gesamtkapitalkostensatz diskontiert (vgl. Schultze 2003, S. 102): mit: GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, TCF t = Total Cashflow, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, NBV 0 = nicht betriebsnotwendiges Vermögen, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Der Gegenwartswert ist jener Wert, bei dem die Gesamtkapitalgeber indifferent sind zwischen einer Investition in das Unternehmen und einer Investition mit einer erwarteten Rendite in Höhe des WACC. Der Gegenwartswert ist in einem vollkommenen Kapitalmarkt gleich dem Marktwert des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals (vgl. Hostettler 2002, S. 24). Anstatt in das Unternehmen - mit Rückflüssen in Höhe der Total Cashflows - können die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber einen Betrag in Höhe des Gegenwartswerts des Eigenkapitals (Marktwert des Eigenkapitals) zusammen mit einem Betrag in Höhe des Gegenwartswerts des verzinslichen Fremdkapitals (Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals) mit einer durchschnittlich erwarteten Rendite in Höhe des WACC anlegen. Berechnung des TCF Vereinfachung Umsatzerlöse Umsatzerlöse betr. Aufwendungen betr. Aufwendungen = Betriebsergebnis = Betriebsergebnis + Finanzerträge + Finanzerträge = Gewinn vor Zinsen und Steuern = Gewinn vor Zinsen und Steuern - Zinsaufwand (FK t-1 ×r FK ) - Zinsaufwand (FK t-1 ×r FK ) = Gewinn vor Steuern = Gewinn vor Steuern - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) = Gewinn (Nettogewinn) = Gewinn (Nettogewinn) + Zinsaufw and + Zinsaufw and = Gewinn vor Zinsen (Bruttogewinn) = Gewinn vor Zinsen (Bruttogewinn) +/ - Abschreibungen/ Zuschreibungen Anlagevermögen -/ + Investitionen/ Desinvestitionen Anlagevermögen -/ + Inv./ Desinvestitionen kurz. und lang. Finanzanlagen - Erweiterungsinvestitionen FA +/ - Zu-/ Abnahme langfristige Rückstellungen + Zunahme langfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme kurzfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme Verbindlichkeiten aus L&L + sonstige Verb. -/ + Zu-/ Abnahme Forderungen aus L&L + sonstige Ford. -/ + Zu-/ Abnahme Vorräte -/ + Zu-/ Abnahme liquide Mittel - Zunahme liquide Mittel = EZÜ an EK und verz. FK-Geber (TCF) = EZÜ an EK und verz. FK-Geber (TCF) Zunahme von betrieblichen kurz. Zahlungsverpflichtungen - + - Erweiterungsinvestitionen betr. UV Working Capital i.w.S. Erweiterungsinvestitionen betr. AV <?page no="80"?> 2.7 Unternehmensbewertung 81 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: WACC = Gesamtkapitalkostensatz, GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital, verz. FK MW,0 = Marktwert verzinsliches Fremdkapital, r FK = Fremdkapitalkostensatz, t = Zeitindex Die Eigenkapitalgeber erhalten eine erwartete Rendite auf den Gegenwartswert des Eigenkapitals; die Fremdkapitalgeber eine erwartete Rendite auf den Gegenwartswert des Fremdkapitals und der WACC gibt die durchschnittlich erwartete Rendite der Eigen- und Fremdkapitalgeber wieder. Zur Prognose des Total Cashflow müssen die künftigen Fremdkapitalbestände und die künftigen Zinsen zur Berechnung der Steuern prognostiziert werden (vgl. auch Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 36). Im Equity-Verfahren werden wie im TCF- Verfahren die Kosten des Fremdkapitals in der Planungsrechnung berücksichtigt. Die Fremdkapitalkosten sind über einen bestimmten Zeitraum vertraglich fixiert. Danach muss das Fremdkapital wieder zu neuen Bedingungen aufgenommen werden. Investieren die verzinslichen Fremdkapitalgeber im Bewertungszeitpunkt in den Gegenwartswert des Fremdkapitals, dann bekommen sie für eine bestimmte Zeit die vertraglich vereinbarten Zinsen, d.h. die Zinsen, die Investoren bei einer Investition in den Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals voraussichtlich erhalten, sind gleich den zu zahlenden Zinsen, die in die Planungsrechnung eingehen. Da der WACC zu Marktwerten (Gegenwartswerten) berechnet wird, kann sich der aktuelle Fremdkapitalzinssatz vom vertraglich vereinbarten Fremdkapitalzinssatz unterscheiden - die prognostizierten Zinsen in der Planungsrechnung bleiben aber die Opportunitätskosten des verzinslichen Fremdkapitals: mit: WACC = Gesamtkapitalkostensatz, r EK = Eigenkapitalkostensatz, EK MW,t = Marktwert Eigenkapital, verz. FK MW,t = Marktwert verzinsliches Fremdkapital, r FK = Fremdkapitalkostensatz, t = Zeitindex Da die erwarteten Fremdkapitalbestände und die erwarteten Zinsen beim TCF-Ansatz in der Planungsrechnung zur Steuerberechnung eingehen, werden beim TCF-Verfahren quasi die gleichen Größen wie beim Equity-Verfahren prognostiziert. <?page no="81"?> 82 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 43: TCF-Ansatz und Kongruenzprinzip Über die Totalperiode ist die Summe der Ertragsüberschüsse gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse (Kongruenzprinzip). Auf den TCF-Ansatz übertragen ist über die Totalperiode die Summe der Ertragsüberschüsse (Gewinne vor Zinsen) gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse (Total Cashflows). Liquide Mittel können im Unternehmen als Kassenbestand, als Bankguthaben, als Postbankschecks oder als jederzeit verfügbare Finanzinvestitionen (< drei Monate) gehalten werden. Bargeld und Schecks erbringen keine Zinsen - Sichteinlagen und jederzeit verfügbare Finanzinvestitionen erwirtschaften geringe Zinsen. Bei der Diskontierung der Total Cashflows wird angenommen, dass die prognostizierten Total Cashflows wieder zum durchschnittlichen Gesamtkapitalkostensatz angelegt werden können. Wenn liquide Mittel im Unternehmen verbleiben, dann können sie nicht zum durchschnittlichen Gesamtkapitalkostensatz wieder angelegt werden. Eine prognostizierte Kapitalbindung in den liquiden Mitteln verringert daher den Total Cashflow, eine prognostizierte Kapitalfreisetzung der liquiden Mittel erhöht den Total Cashflow. Über die Totalperiode können die liquiden Mittel an die Gesamtkapitalgeber ausgeschüttet werden - bis zur Ausschüttung bindet der Bestand an liquiden Mitteln Kapital im Unternehmen und verursacht Opportunitätskosten. 2.7.2.3.2 Fallstudie zum TCF-Ansatz Ziel dieser Fallstudie ist es, die praktische Umsetzung des TCF-Ansatzes zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte des TCF-Verfahrens werden beleuchtet: zur Berechnung des WACC für die Periode t+1 im TCF-Ansatz, zur Prognose des WACC für die Periode t+2 und t+3 im TCF-Ansatz, zur Berechnung des inneren Werts des Eigenkapitals mit Hilfe des TCF-Ansatzes, zur Annahme einer Zielkapitalstruktur im TCF-Ansatz und zum Kongruenzprinzip aus der TCF-Bewertungsperspektive. Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 - Zinsaufw and (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 + Zinsaufw and 15,0 30,0 45,0 60,0 = Gewinn vor Zinsen (BG) 42,9 87,8 134,9 114,0 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 = -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 Kongruenzprinzip: Gründung t-3 t-2 t-1 t Liquidation EK+verz. FK 600,0 1.200,0 1.800,0 2.400,0 3.000,0 ERÜ 42,9 87,8 134,9 114,0 EZÜ (WC mit LM) -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 3.000,0 Prognose der TCF in GE EZÜ an GK-Geber (TCF) Vergangenheitsanalyse 379,6 Prognose ERÜ = EZÜ 379,6 <?page no="82"?> 2.7 Unternehmensbewertung 83 uvk-lucius.de/ wert-controlling Vergangenheitsanalyse: konstante Annahmen (vgl. Kapitel 2.7.2.2) Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Die „Autohaus DUCK AG“ verkauft pro Autohaus 40 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.000 GE Umsatzerlöse je Autohaus). Die 40 Autos werden zu einem Preis von 44 GE eingekauft (1.760 GE Materialaufwand). Pro Autohaus entstehen darüber hinaus 72 GE Personalaufwand, 100 GE Abschreibungen und ein sonstiger Aufwand i.H.v. 13,2 GE. Insgesamt betragen die betrieblichen Aufwendungen 1.945,2 GE je Autohaus. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: In jeder Periode wird ein Autohaus neu gegründet. Bei der Gründung eines Autohauses werden 400 GE im Anlagevermögen, 194 GE im Working Capital und 6 GE in den betriebsnotwendigen liquiden Mitteln gebunden. Insgesamt fallen bei der Gründung eines Autohauses Erweiterungsinvestitionen (EI) i.H.v. 600 GE an. Zur Finanzierung der Erweiterungsinvestitionen: Die eine Hälfte der Erweiterungsinvestitionen wird mit Eigenkapital ( EK = 300 GE), die andere Hälfte mit verzinslichem Fremdkapital finanziert ( verz. FK = 300 GE). Die „Autohaus DUCK AG“ kann Kredite zu einem Zinssatz von 5% aufnehmen (15 GE Zinsaufwand je Autohaus). Der Fremdkapitalkostensatz verändert sich nicht im Zeitablauf, d.h. der Buchwert des verzinslichen Fremdkapitals ist gleich dem Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals (r FK = konstant 5%). Der Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber beträgt konstant 10% (r EK = konstant 10%). Zur Entwicklung des Finanzanlagevermögens und der Ausschüttungspolitik: Der Gewinn nach Steuern wird an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet. Die Ausschüttungsquote beträgt 100%. In Höhe der Abschreibungen werden kurzfristige Finanzanlagen mit einer Verzinsung i.H.v. 3% gekauft. Die Verzinsung der Finanzanlagen verändert sich im Zeitablauf nicht. Der Buchwert der Finanzanlagen ist gleich dem Marktwert der Finanzanlagen. Zur Berechnung der Steuern: Der Gewinn vor Steuern wird mit einem Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% versteuert. Die Vergangenheitsanalyse bildet die Grundlage für die Prognose. Im TCF-Verfahren werden die Einzahlungsüberschüsse an die Gesamtkapitalgeber (TCF) prognostiziert. Die Abbildung zeigt die Entwicklung der Einzahlungsüberschüsse an die Gesamtkapitalgeber (TCF) von der Gründung bis zum Zeitpunkt t auf: <?page no="83"?> 84 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 44: Vergangenheitsanalyse - Ausgangsbasis für die Prognose der Total Cashflows Ziel der Vergangenheitsanalyse im Rahmen des TCF-Verfahrens ist es, das Unternehmen in Bezug auf die Erwirtschaftung von Bruttogewinnen (BG) und Einzahlungsüberschüssen an die Gesamtkapitalgeber besser zu verstehen. In den Ausgangsdaten werden die konstanten Annahmen beschrieben, die zur Ermittlung eines nachhaltigen Gewinns führen. Vergangenheitsanalyse: Aperiodische und außerordentliche Größen Nicht beschrieben wird, dass in der Periode t eine einmalige Rückstellung für eine voraussichtliche Zahlungsverpflichtung in der Periode t+1 i.H.v. 100 GE gebucht wird. Der einmalige Rückstellungsaufwand mindert den Bruttogewinn in der Periode t. Die liquiden Mittel erhöhen sich um die Rückstellungsbildung, weil annahmegemäß der Nettogewinn - vermindert um den Rückstellungsaufwand - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet wird (vgl. Fallstudie zum DCF-Equity-Ansatz Kapitel 2.7.2.2). Der Bruttogewinn in der Periode t gibt nicht die nachhaltige Ertrags- und Ausschüttungskraft des Unternehmens wieder und ist daher keine gute Ausgangsbasis zur Prognose der Total Cashflows. Prognoserechnung: Veränderung der Annahmen Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Wir erwarten, dass die „Autohaus DUCK AG“ pro Autohaus 41 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.050 GE Umsatzerlöse je Autohaus) verkaufen kann. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: Wir erwarten, dass in der Periode t+1 und t+2 je ein Autohaus neu gegründet wird. Ab der Periode t+3 werden keine Autohäuser mehr gegründet. Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 - Zinsaufw and (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 + Zinsaufw and 15,0 30,0 45,0 60,0 = Gewinn vor Zinsen (BG) 42,9 87,8 134,9 114,0 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 = -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW 600 1.200 1.800 2.400 3.000 Gesamtkapital BW = EI 600 600 600 600 Eigenkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 verz. Fremdkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 Prognose des GK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose der TCF in GE EZÜ an GK-Geber (TCF) Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="84"?> 2.7 Unternehmensbewertung 85 uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Berücksichtigung der aperiodischen und außerordentlichen Größen: Wir erwarten, dass die einmalige Zahlungsverpflichtung i.H.v. 100 GE in der Periode t+1 beglichen wird, wodurch sich die liquiden Mittel um 100 GE verringern. Wir erwarten, dass das Unternehmen am Ende der Periode T verkauft wird. Der Restwert des Gesamtkapitals am Ende der Periode T ist gleich dem Buchwert des Gesamtkapitals i.H.v. 4.200 GE. Wir nehmen an, dass es keine Vermögenswerte im Unternehmen gibt, die durch einen potentiellen Verkauf im Zeitpunkt t - zusätzlich zu den prognostizierten Rückflüssen - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden können. Die folgende Abbildung verdeutlicht die Prognose der TCF im ökonomischen Kontext ihrer Entstehung: Abb. 45: Prognose des Total Cashflow (TCF) im TCF-Ansatz In der Periode t+3 fallen keine Erweiterungsinvestitionen mehr an. Der Bruttogewinn ist gleich dem Total Cashflow. Zur Berechnung des WACC für die Periode t+1 im TCF-Ansatz: Der WACC ist gleich dem durchschnittlichen, gewichteten Kapitalkostensatz der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber. Der Eigenkapitalkostensatz beträgt annahmegemäß konstant 10%, der Fremdkapitalkostensatz konstant 5%. Im Zeitpunkt t betragen der Marktwert des Eigenkapitals 1.568,2 GE und der Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals 1.500 GE. Wenn die Gesamtkapitalgeber in das Gesamtkapital des Unternehmens im Zeitpunkt t investieren, dann verzichten sie auf eine durchschnittlich erwartete risikoadäquate Rendite in Höhe des WACC (Opportunitätskostensatz der Gesamtkapitalgeber) in der Periode t+1: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 10.250,0 12.300,0 14.350,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 -9.946,0 -11.935,2 -13.924,4 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 322,0 385,8 452,6 - Zinsaufw and (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 247,0 295,8 347,6 - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 -74,1 -88,7 -104,3 = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 207,1 243,3 + Zinsaufw and 15,0 30,0 45,0 60,0 75,0 90,0 105,0 = Gewinn vor Zinsen (BG) 42,9 87,8 134,9 114,0 247,9 297,1 348,3 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 -300,0 -200,0 0,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 -100,0 -200,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 -294,0 -194,0 0,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 94,0 -6,0 0,0 = -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 -352,1 -302,9 348,3 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 Gesamtkapital BW = EI 600 600 600 600 600 600 0 Eigenkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 verz. Fremdkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 Prognose des GK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose der TCF in GE EZÜ an GK-Geber (TCF) Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="85"?> 86 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 46: Berechnung der Opportunitätskosten der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber für die Periode t+1 Der WACC ist der durchschnittliche Kapitalkostensatz der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber. Folglich verzichten die Eigenkapitalgeber auf eine erwartete risikoadäquate Rendite in Höhe des Eigenkapitalkostensatzes (erwarteter Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber = 10% bzw. erwartete Opportunitätskosten der Eigenkapitalgeber = 156,8 GE) und die Fremdkapitalgeber verzichten auf eine erwartete risikoadäquate Rendite in Höhe des aktuellen Fremdkapitalkostensatzes (Opportunitätskostensatz der Fremdkapitalgeber = 5% bzw. erwartete Opportunitätskosten der Fremdkapitalgeber = 75,0 GE). Zur Prognose des WACC für die Periode t+2 und t+3 im TCF-Ansatz: Zur Berechnung der Steuern im TCF-Ansatz werden die Fremdkapitalbestände, der Fremdkapitalzinssatz und die Zinsen in der Planungsrechnung prognostiziert. Die prognostizierten Zinsen sind die erwarteten Opportunitätskosten der Fremdkapitalgeber, denn bei einer Investition in das verzinsliche Fremdkapital im Unternehmen verzichten die Fremdkapitalgeber auf Rückflüsse in Höhe der prognostizierten Zinsen. Wie viel die Fremdkapitalgeber im Zeitablauf bereit sind für das verzinsliche Fremdkapital zu zahlen, verändert nicht die Rückflüsse aus der Investition in das verzinsliche Fremdkapital. Die prognostizierten Opportunitätskosten bei der Prognose der TCF werden daher bei der Berechnung des WACC für die Perioden t+2 und t+3 übernommen: Abb. 47: Berechnung der Opportunitätskosten der verzinslichen Fremdkapitalgeber für die Perioden t+1, t+2 und t+3 Durch die Diskontierung der TCF mit dem WACC wird der Marktwert des Gesamtkapitals bestimmt. Der Marktwert des Gesamtkapitals abzüglich des Marktwerts des verzinslichen Fremdkapitals ist der Marktwert des Eigenkapitals. Zur Berechnung des WACC wird der Marktwert des Eigenkapitals benötigt. Plakativ ausgedrückt: Wenn der Marktwert des Eigenkapitals bekannt ist, dann kann durch die Diskontierung der Marktwert des Eigenkapitals bestimmt werden, d.h. durch die Diskontierung kommt Prognose des WACC: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Schätzer Marktwert EK (r EK = 10%) 1.568,2 + Schätzer Marktwert verz. Fremdkapital (r FK = 5%) 1.500,0 = Schätzer Marktwert Gesamtkapital 3.068,2 WACC (Berücksichtigung der Kapitalstruktur zu Marktwerten) 7,56% Opportunitätskosten GK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert GK! 231,8 Opportunitätskosten FK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert FK! 75,0 Opportunitätskosten EK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert EK! 156,8 Prognose Prognose des WACC: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Schätzer Marktwert EK (r EK = 10%) 1.568,2 + Schätzer Marktwert verz. Fremdkapital (r FK = 5%) 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 = Schätzer Marktwert Gesamtkapital 3.068,2 1.800,0 WACC (Berücksichtigung der Kapitalstruktur zu Marktwerten) 7,56% Opportunitätskosten GK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert GK! 231,8 Opportunitätskosten FK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert FK! 75,0 90,0 105,0 Opportunitätskosten EK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert EK! 156,8 Prognose <?page no="86"?> 2.7 Unternehmensbewertung 87 uvk-lucius.de/ wert-controlling man zur Ausgangsgröße zurück (Zirkelschluss). Bei der Prognose der TCF werden die gleichen Annahmen wie bei der Prognose des FtEq getroffen. Folglich können wir die erwartete Entwicklung des Marktwerts des Eigenkapitals aus dem DCF-Equity-Ansatz zur Berechnung des WACC für die Perioden t+2 und t+3 übernehmen: Abb. 48: Berechnung der Opportunitätskosten der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber für die Perioden t+1, t+2 und t+3 Zur Vermeidung des Zirkelschlusses im TCF-Ansatz kann für den WACC eine Zielkapitalstruktur festgelegt werden. Eine Überleitung in das DCF-Equity-Verfahren ist dann aber u.U. nicht mehr möglich, d.h. die Annahmen bei der Prognose des TCF - gleiche Annahmen wie bei der Prognose der FtEq - sind nicht mehr konsistent zu den Annahmen, die bei der Berechnung des WACC getroffen werden. Da beim WACC- Ansatz eine Zielkapitalstruktur angenommen werden kann, ohne dass es zu einer Inkonsistenz mit der Planungsrechnung kommt, ist der WACC-Ansatz - bei der Annahme einer Zielkapitalstruktur - dem TCF-Ansatz vorzuziehen (vgl. Fallstudie zum WACC-Ansatz Kapitel 2.7.2.3.4). Zur Berechnung des inneren Werts des Eigenkapitals mit Hilfe des TCF-Ansatzes: Aus der Planungsrechnung können die erwarteten TCF und der erwartete Restwert in T entnommen werden. Durch die Diskontierung der Rückflüsse an die Gesamtkapitalgeber mit dem prognostizierten WACC zu Marktwerten wird der Gegenwartswert des Gesamtkapitals ermittelt. Es gibt keine Vermögenswerte im Unternehmen, die durch einen potentiellen Verkauf im Zeitpunkt t - zusätzlich zu den prognostizierten Rückflüssen - an die Kapitalgeber ausgeschüttet werden können, d.h. es gibt kein nicht betriebsnotwendiges Vermögen: Abb. 49: Berechnung des Gegenwartswerts der Total Cashflows im Zeitpunkt t+3, t+2, t+1 und t Prognose des WACC: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Schätzer Marktwert EK (r EK = 10%) 1.568,2 1.852,1 2.130,3 2.100,0 + Schätzer Marktwert verz. Fremdkapital (r FK = 5%) 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 = Schätzer Marktwert Gesamtkapital 3.068,2 3.652,1 4.230,3 4.200,0 WACC (Berücksichtigung der Kapitalstruktur zu Marktwerten) 7,56% 7,54% 7,52% Opportunitätskosten GK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert GK! 231,8 275,2 318,0 Opportunitätskosten FK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert FK! 75,0 90,0 105,0 Opportunitätskosten EK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert EK! 156,8 185,2 213,0 Prognose Annahme: 7,56% 7,54% 7,52% TCF-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW 3.000,0 3.600,0 4.200,0 4.200,0 E(TCF) -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 -352,1 -302,9 348,3 + E(Restwert in T) 4.200,0 = Rückflüsse an GK-Geber -352,1 -302,9 4.548,3 0,9301 Gegenw artswert des GK in t=2 0,9299 4.230,3 Gegenw artswert des GK in t=1 0,9298 3.652,1 = Gegenw artswert des GK in t 3.068,2 verz. Fremdkapital in t (BW=MW) -1.500,0 = Gegenw artswert des EK in t 1.568,2 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.568,2 Prognose <?page no="87"?> 88 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Im DCF-Equity-Verfahren und im TCF-Verfahren werden die gleichen Bewertungsannahmen getroffen. Folglich entspricht der innere Wert des Eigenkapitals - ermittelt nach dem DCF-Equity-Verfahren - dem inneren Wert des Eigenkapitals - ermittelt nach dem TCF-Ansatz. Der Unternehmenswert verändert sich nicht durch das Bewertungsverfahren. Zur Annahme einer Zielkapitalstruktur im TCF-Ansatz: Einfachheitshalber - aber inkonsistent zur Prognose der TCF - kann der prognostizierte TCF mit dem WACC diskontiert werden, der für den Restwert in der Periode T gilt: Der Gegenwartswert der TCF - diskontiert mit dem Ziel-WACC - abzüglich des verzinslichen Fremdkapitals ergibt nun einen inneren Wert des Eigenkapitals i.H.v. 1.571,5 GE. Abb. 50: Berechnung des Gegenwartswerts der Total Cashflows im Zeitpunkt t mit einem konstanten WACC i.H.v. 7,5% Der innere Wert des Eigenkapitals (1.571,5 GE) - ermittelt nach dem TCF-Ansatz mit dem Ziel-WACC - weicht hier nur geringfügig vom inneren Wert des Eigenkapitals - ermittelt nach dem DCF-Equity-Ansatz - ab (1.568,2 GE). Je mehr sich die Kapitalstruktur - berechnet zu Marktwerten - bis zur Periode T im Vergleich zur Kapitalstruktur - berechnet zu Buchwerten - verändert, desto größer ist der Fehler der Annahme einer Zielkapitalstruktur im TCF-Ansatz. Zum Kongruenzprinzip aus der TCF-Bewertungsperspektive: Das Kongruenzprinzip besagt, dass über die Totalperiode die Summe der Ertragsüberschüsse gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse ist. Für potentielle Gesamtkapitalgeber beginnt die Totalperiode im Zeitpunkt t mit der Investition in das Gesamtkapital und endet mit dem Verkauf des Gesamtkapitals zum Restwert am Ende der Periode T. In diesem Zeitraum ist die Summe der Bruttogewinne gleich der Sum- Annahme: WACC = 7,50% TCF-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 GK BW 3.068,2 3.652,1 4.230,3 4.200,0 E(TCF) -352,1 -302,9 348,3 + E(Restwert in T) 4.200,0 = Rückflüsse an GK-Geber -352,1 -302,9 4.548,3 Diskontierungsfaktor 0,9302 0,8653 0,8050 Barwert (BW) -327,5 -262,1 3.661,2 = BW = Gegenw artswert des Gesamtkapitals in t 3.071,5 verz. Fremdkapital in t (BW=MW) -1.500,0 = Gegenw artswert des EK in t 1.571,5 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.571,5 Prognose <?page no="88"?> 2.7 Unternehmensbewertung 89 uvk-lucius.de/ wert-controlling me der TCF, soweit die Ertragsüberschüsse sowohl um die Differenz zwischen dem Betrag der Investition in das Gesamtkapital in t und dem Buchwert des Gesamtkapitals in t (ohne erfolgsneutrale Rücklagen) als auch um die Differenz zwischen dem Betrag aus dem Verkauf des Gesamtkapitals zum Restwert und dem Buchwert des Gesamtkapitals (ohne erfolgsneutrale Rücklagen) adjustiert werden: Abb. 51: Adjustierung des Kongruenzprinzips aus der Bewertungsperspektive (Annahme: Investitionsauszahlung = Buchwert Gesamtkapital) Das Kongruenzprinzip zeigt auf, wie hoch die erwarteten Überschüsse (erwarteter Totalerfolg) in Summe über den Investitionszeitraum (Totalperiode) sind, die zur Bedienung der Ansprüche der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber verwendet werden können. Es wird deutlich, dass eine Erhöhung der Bruttogewinne zu einem höheren Totalerfolg führt, soweit im Restwert eine Erhöhung der Bruttogewinne nicht durch einen Abschlag wieder rückgängig gemacht wird. 2.7.2.3.3 WACC-Ansatz Beim WACC-Ansatz werden die Free Cashflows (FCF) prognostiziert und mit dem durchschnittlichen Kapitalkostensatz diskontiert. Die Free Cashflows sind die Einzahlungsüberschüsse, die im Unternehmen frei zur Verfügung stehen, um die Ansprüche der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber zu erfüllen. Ein positiver Free Cashflow kann im Unternehmen für Eigenkapitalausschüttungen (und -entnahmen), Zinszahlungen und Fremdkapitaltilgungen verwendet werden. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern - im Gegensatz zum Gewinn vor Steuern beim TCF-Ansatz - multipliziert mit dem Steuersatz, das sind die prognostizierten Steuern im WACC-Ansatz. Im WACC- Ansatz werden die Steuern prognostiziert, die das Unternehmen dann haben würde, wenn es kein verzinsliches Fremdkapital aufgenommen hätte, d.h. es wird der Free Cashflow eines fiktiv eigenfinanzierten Unternehmens prognostiziert (vgl. Eidel 1999, S. 37). Plakativ ausgedrückt wird im WACC-Ansatz ein Free Cashflow nach fiktiven Steuern prognostiziert. Die folgende Abbildung verdeutlicht die Berechnung des Free Cashflow: Kongruenzprinzip aus der Bewertungsperspektive: Gründung t+1 t+2 t+3 E(Bruttogewinne) 247,9 297,1 348,3 GK BW -GK MW = Aufschlag/ Abschlag 0,0 0,0 Investition GK BW -3.000,0 Rückflüsse an GK-Geber -352,1 -302,9 4.548,3 ERÜ = EZÜ 893,3 893,3 <?page no="89"?> 90 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 52: Berechnung des Free Cashflow (FCF) im WACC-Ansatz Zur Berechnung des Gegenwartswerts werden die Free Cashflows mit dem durchschnittlichen, gewichteten Kapitalkostensatz diskontiert (vgl. Schultze 2003, S. 104; Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 28): mit: GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, FCF t = Free Cashflow, WACC = Gesamtkapitalkostensatz mit Steuervorteil, NBV 0 = nicht betriebsnotwendiges Vermögen, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Der Free Cashflow des WACC-Ansatzes ist ein Free Cashflow nach fiktiven Steuern. Hat ein Unternehmen Fremdkapital aufgenommen, dann mindern die künftigen Zinsen die Steuern in der Planungsrechnung. Beim WACC-Ansatz dient in der Planungsrechnung der Gewinn vor Zinsen und Steuern als Steuerbemessungsgrundlage (Gewinn vor Zinsen und Steuern s); im TCF-Ansatz dient als Steuerbemessungsgrundlage der Gewinn vor Steuern (Gewinn vor Steuern s). Total Cashflow und Free Cashflow unterscheiden sich um den Betrag der Steuerersparnis aus der Fremdkapitalfinanzierung (verz.FK t r FK s): mit: s = Unternehmenssteuersatz, verz. FK t-1 = verzinsliches Fremdkapital, r FK = Fremdkapitalkostensatz, t = Zeitindex Der Gegenwartswert ist jener Wert, bei dem die Gesamtkapitalgeber indifferent sind zwischen einer Investition in das Unternehmen und einer Investition mit einer erwarte- Berechnung des FCF Vereinfachung Umsatzerlöse Umsatzerlöse betr. Aufwendungen betr. Aufwendungen = Betriebsergebnis = Betriebsergebnis + Finanzerträge + Finanzerträge = Gewinn vor Zinsen und Steuern (BG vor Steuern) = Gewinn vor Zinsen und Steuern fiktive Steuern (BG vor Steuern×s) fiktive Steuern (BG vor Steuern×s) = Gewinn vor Zinsen nach fiktiven Steuern = Gewinn vor Zinsen nach fiktiven Steuern +/ - Abschreibungen/ Zuschreibungen Anlagevermögen -/ + Investitionen/ Desinvestitionen Anlagevermögen -/ + Inv./ Desinvestitionen kurz. und lang. Finanzanlagen - Erweiterungsinvestitionen FA +/ - Zu-/ Abnahme langfristige Rückstellungen + Zunahme langfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme kurzfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme Verbindlichkeiten aus L&L + sonstige Verb. -/ + Zu-/ Abnahme Forderungen aus L&L + sonstige Ford. -/ + Zu-/ Abnahme Vorräte -/ + Zu-/ Abnahme liquide Mittel - Zunahme liquide Mittel = FCF nach fiktiven Steuern = FCF nach fiktiven Steuern - Erweiterungsinvestitionen betr. AV + Zunahme von betrieblichen kurz. Zahlungsverpflichtungen Working Capital i.w.S. - Erweiterungsinvestitionen betr. UV <?page no="90"?> 2.7 Unternehmensbewertung 91 uvk-lucius.de/ wert-controlling ten Rendite in Höhe des WACC. Bei einer Investition in das Unternehmen erhalten die Gesamtkapitalgeber die Free Cashflows zuzüglich des Steuervorteils: mit: GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, FCF t = Free Cashflow, verz. FK MW,t-1 = Marktwert verzinsliches Fremdkapital, r FK = Fremdkapitalkostensatz, s = Unternehmenssteuersatz, WACC ohne s = Gesamtkapitalkostensatz ohne Steuervorteil, NBV 0 = nicht betriebsnotwendiges Vermögen, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Um den Free Cashflow nach fiktiven Steuern mit dem durchschnittlichen Kapitalkostensatz zu vergleichen, ist der Steuervorteil im WACC zu integrieren. mit: WACC mit s = Gesamtkapitalkostensatz mit Steuervorteil, r EK = Eigenkapitalkostensatz, EK MW,t = Marktwert Eigenkapital, verz. FK MW,t = Marktwert verzinsliches Fremdkapital, r FK = Fremdkapitalkostensatz, s = Unternehmenssteuersatz, t = Zeitindex Dass der Steuervorteil von der Planungsrechnung in den WACC verschoben wird, kann bei einer Prognoseperiode einfach gezeigt werden: <?page no="91"?> 92 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: GK MW,t = Marktwert Gesamtkapital, FCF t+1 = Free Cashflow, r FK = Fremdkapitalkostensatz, s = Unternehmenssteuersatz, verz. FK MW,t = Marktwert verzinsliches Fremdkapital, WACC ohne s = Gesamtkapitalkostensatz ohne Steuervorteil, WACC mit s = Gesamtkapitalkostensatz mit Steuervorteil, r EK = Eigenkapitalkostensatz, EK MW,t = Marktwert Eigenkapital, verz. FK MW,t = Marktwert verzinsliches Fremdkapital, r FK = Fremdkapitalkostensatz, t = Zeitindex Bei der Prognose des Free Cashflow in der Planungsrechnung müssen nicht - wie im Equity-Ansatz und im TCF-Ansatz - die Entwicklung des Fremdkapitals und die Entwicklung der Zinsen prognostiziert werden. Der Free Cashflow wird anstatt dessen unabhängig von der Finanzierungsstruktur des Unternehmens, d.h. finanzierungsneutral, prognostiziert (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 34). Da aber beim Equity- Ansatz und beim TCF-Ansatz das Fremdkapital und die Zinsen in der Planungsrechnung prognostiziert werden, kommt der WACC-Ansatz nur dann zum gleichen Gegenwartswert wie der Equity-Ansatz und der TCF-Ansatz, wenn die prognostizierten Opportunitätskosten im WACC mit jenen in der Planungsrechnung übereinstimmen (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 36). Die folgende Abbildung verdeutlicht den Zusammenhang zwischen den Ertragsüberschüssen und den Einzahlungsüberschüssen im WACC-Ansatz: Abb. 53: WACC-Ansatz und Kongruenzprinzip Im WACC-Ansatz ist über die Totalperiode die Summe der Ertragsüberschüsse (Gewinne vor Zinsen nach fiktiven Steuern) gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse (Free Cashflows nach fiktiven Steuern). Da bei der Diskontierung angenommen wird, dass die prognostizierten Free Cashflows wieder in Höhe des Diskontierungszinssatzes angelegt werden können, ist eine prognostizierte Zunahme der liquiden Mittel als Kapitalbindung zu interpretieren und sie verringert den prognostizierten Free Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 fiktive Steuern (BG vor Steuern×s) -16,4 -33,8 -52,0 -41,2 = Gewinn vor Zinsen n. fikt. St. 38,4 78,8 121,4 96,0 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 = FCF nach fik. St. -600,0 -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 Kongruenzprinzip: Gründung t-3 t-2 t-1 t Liquidation EK+verz. FK 600,0 1.200,0 1.800,0 2.400,0 3.000,0 ERÜ 38,4 78,8 121,4 96,0 EZÜ (WC mit LM) -600,0 -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 3.000,0 Prognose der FCF in GE ERÜ = EZÜ 334,6 334,6 Prognose Vergangenheitsanalyse <?page no="92"?> 2.7 Unternehmensbewertung 93 uvk-lucius.de/ wert-controlling Cashflow. Es gilt die Annahme, dass die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse im Unternehmen den Eigen- und Fremdkapitalgebern tatsächlich zur Verfügung stehen (Vollausschüttungshypothese) (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 106). 2.7.2.3.4 Fallstudie zum WACC-Ansatz Ziel dieser Fallstudie ist es, die praktische Umsetzung des WACC-Ansatzes zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte des WACC-Verfahrens werden beleuchtet: zur Berechnung des WACC für die Periode t+1 im WACC-Ansatz, zur Prognose des WACC für die Perioden t+2 und t+3 im WACC-Ansatz, zur Berechnung des inneren Werts des Eigenkapitals mit Hilfe des WACC-Ansatzes, zur Annahme einer Zielkapitalstruktur im WACC-Ansatz und zum Kongruenzprinzip aus der WACC- Bewertungsperspektive. Vergangenheitsanalyse: konstante Annahmen (vgl. Kapitel 2.7.2.2) Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Die „Autohaus DUCK AG“ verkauft pro Autohaus 40 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.000 GE Umsatzerlöse je Autohaus). Die 40 Autos werden zu einem Preis von 44 GE eingekauft (1.760 GE Materialaufwand). Pro Autohaus entstehen darüber hinaus 72 GE Personalaufwand, 100 GE Abschreibungen und ein sonstiger Aufwand i.H.v. 13,2 GE. Insgesamt betragen die betrieblichen Aufwendungen 1.945,2 GE je Autohaus. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: In jeder Periode wird ein Autohaus neu gegründet. Bei der Gründung eines Autohauses werden 400 GE im Anlagevermögen, 194 GE im Working Capital und 6 GE in den betriebsnotwendigen liquiden Mitteln gebunden. Insgesamt fallen bei der Gründung eines Autohauses Erweiterungsinvestitionen (EI) i.H.v. 600 GE an. Zur Finanzierung der Erweiterungsinvestitionen: Die eine Hälfte der Erweiterungsinvestitionen wird mit Eigenkapital ( EK = 300 GE); die andere Hälfte mit verzinslichem Fremdkapital finanziert ( verz. FK = 300 GE). Die „Autohaus DUCK AG“ kann Kredite zu einem Zinssatz von 5% aufnehmen (15 GE Zinsaufwand je Autohaus). Der Fremdkapitalkostensatz verändert sich nicht im Zeitablauf, d.h. der Buchwert des verzinslichen Fremdkapitals ist gleich dem Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals (r FK = konstant 5%). Der Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber beträgt konstant 10% (r EK = konstant 10%). Zur Entwicklung des Finanzanlagevermögens und der Ausschüttungspolitik: Der Gewinn nach Steuern wird an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet. Die Ausschüttungsquote beträgt 100%. In Höhe der Abschreibungen werden kurzfristige Finanzanlagen mit einer Verzinsung i.H.v. 3% gekauft. Die Verzinsung der Finanzanlagen verändert sich im Zeitablauf nicht. Der Buchwert der Finanzanlagen ist gleich dem Marktwert der Finanzanlagen. Zur Berechnung der Steuern: Der Gewinn vor Steuern wird mit einem Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% versteuert. Die Vergangenheitsanalyse bildet die Grundlage für die Prognose. Im WACC- Verfahren werden die Einzahlungsüberschüsse an die Gesamtkapitalgeber (FCF) prognostiziert. Die Abbildung zeigt die Entwicklung der Einzahlungsüberschüsse an die Gesamtkapitalgeber (FCF) von der Gründung bis zum Zeitpunkt t auf: <?page no="93"?> 94 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 54: Vergangenheitsanalyse - Ausgangsbasis für die Prognose des Free Cashflow Ziel der Vergangenheitsanalyse im Rahmen des WACC-Verfahrens ist es, das Unternehmen in Bezug auf die Erwirtschaftung von steueradjustierten Bruttogewinnen und steueradjustierten Einzahlungsüberschüssen an die Gesamtkapitalgeber (FCF) besser zu verstehen. In den Ausgangsdaten werden die konstanten Annahmen beschrieben, die zur Ermittlung eines nachhaltigen steueradjustierten Bruttogewinns führen. Vergangenheitsanalyse: Aperiodische und außerordentliche Größen Nicht beschrieben wird, dass in der Periode t eine einmalige Rückstellung für eine voraussichtliche Zahlungsverpflichtung in der Periode t+1 i.H.v. 100 GE gebucht wird. Der einmalige Rückstellungsaufwand mindert den steueradjustierten Bruttogewinn in der Periode t. Die liquiden Mittel erhöhen sich um die Rückstellungsbildung, weil annahmegemäße der Nettogewinn - vermindert um den Rückstellungsaufwand - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet wird (vgl. Fallstudie zum DCF-Equity-Ansatz Kapitel 2.7.2.2). Der steueradjustierte Bruttogewinn in der Periode t gibt nicht die nachhaltige Ertrags- und Ausschüttungskraft des Unternehmens wieder und ist daher keine gute Ausgangsbasis zur Prognose der FCF. Prognoserechnung: Veränderung der Annahmen Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Wir erwarten, dass die „Autohaus DUCK AG“ pro Autohaus 41 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.050 GE Umsatzerlöse je Autohaus) verkaufen kann. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: Wir erwarten, dass in den Perioden t+1 und t+2 je ein Autohaus neu gegründet wird. Ab der Periode t+3 werden keine Autohäuser mehr gegründet. Zur Berücksichtigung der aperiodischen und außerordentlichen Größen: Wir erwarten, dass die einmalige Zahlungsverpflichtung i.H.v. 100 GE in der Periode t+1 beglichen wird, wodurch sich die liquiden Mittel um 100 GE verringern. Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 fiktive Steuern (BG vor Steuern×s) -16,4 -33,8 -52,0 -41,2 = Gewinn vor Zinsen n. fikt. St. 38,4 78,8 121,4 96,0 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 = FCF nach fik. St. -600,0 -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW 600 1.200 1.800 2.400 3.000 Gesamtkapital BW 600 600 600 600 Eigenkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 verz. Fremdkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 Prognose des GK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose der FCF in GE Prognose Vergangenheitsanalyse <?page no="94"?> 2.7 Unternehmensbewertung 95 uvk-lucius.de/ wert-controlling Wir erwarten, dass das Unternehmen am Ende der Periode T verkauft wird. Der Restwert des Gesamtkapitals am Ende der Periode T ist gleich dem Buchwert des Gesamtkapitals i.H.v. 4.200 GE. Wir nehmen an, dass es keine Vermögenswerte im Unternehmen gibt, die durch einen potentiellen Verkauf im Zeitpunkt t - zusätzlich zu den prognostizierten Rückflüssen - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden können. Die folgende Abbildung verdeutlicht die Prognose der FCF im ökonomischen Kontext ihrer Entstehung: Abb. 55: Prognose des Free Cashflow (FCF) im WACC-Ansatz In der Periode t+3 fallen keine Erweiterungsinvestitionen mehr an. Der steueradjustierte Bruttogewinn ist gleich dem Free Cashflow. Zur Berechnung des WACC für die Periode t+1 im WACC-Ansatz: Der WACC ist der durchschnittliche, gewichtete Kapitalkostensatz der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber. Der Eigenkapitalkostensatz beträgt annahmegemäß konstant 10%, der Fremdkapitalkostensatz konstant 5%, der Unternehmenssteuersatz konstant 30% und der Fremdkapitalkostensatz abzüglich des Steuervorteils konstant 3,5% (5% (1-0,3) = 3,5%). Im Zeitpunkt t betragen der Marktwert des Eigenkapitals 1.568,2 GE und der Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals 1.500 GE. Daraus ergibt sich ein durchschnittlicher steueradjustierter Kapitalkostensatz (WACC) in der Periode t+1 i.H.v. 6,82%. Die folgende Abbildung zeigt auf, dass der durchschnittliche Kapitalkostensatz sich aus den Opportunitätskosten der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber zusammensetzt: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 10.250,0 12.300,0 14.350,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 -9.946,0 -11.935,2 -13.924,4 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 322,0 385,8 452,6 fiktive Steuern (BG vor Steuern×s) -16,4 -33,8 -52,0 -41,2 -96,6 -115,7 -135,8 = Gewinn vor Zinsen n. fikt. St. 38,4 78,8 121,4 96,0 225,4 270,1 316,8 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 -300,0 -200,0 0,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 -100,0 -200,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 -294,0 -194,0 0,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 94,0 -6,0 0,0 = FCF nach fik. St. -600,0 -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 -374,6 -329,9 316,8 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 Gesamtkapital BW 600 600 600 600 600 600 0 Eigenkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 verz. Fremdkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 Prognose des GK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose der FCF in GE Prognose Vergangenheitsanalyse <?page no="95"?> 96 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 56: Berechnung der Opportunitätskosten des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals für die Periode t+1 aus der Perspektive des Unternehmens Die Eigenkapitalgeber verzichten auf eine erwartete risikoadäquate Rendite in Höhe des Eigenkapitalkostensatzes (erwarteter Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber = 10% bzw. erwartete Opportunitätskosten der Eigenkapitalgeber = 156,8 GE) und die Fremdkapitalgeber verzichten auf eine erwartete risikoadäquate Rendite in Höhe des aktuellen Fremdkapitalkostensatzes (Opportunitätskostensatz der Fremdkapitalgeber = 5% bzw. erwartete Opportunitätskosten der Fremdkapitalgeber = 75,0 GE). Aus der Perspektive des Unternehmens führt eine Fremdkapitalaufnahme dazu, dass das Unternehmen weniger Steuern zahlen muss (1.500 GE 5% 30% = 22,5 GE). Der steueradjustierte Fremdkapitalkostensatz beträgt daher 3,5% mit steueradjustierten Fremdkapitalkosten i.H.v. 52,5 GE. Aus der Perspektive des Unternehmens entstehen in der Periode t+1 daher steueradjustierte Gesamtkapitalkosten i.H.v. 209,3 GE. Die Steuerersparnis i.H.v. 22,5 GE wird nicht - wie im TCF-Ansatz - bei der Prognose der Einzahlungsüberschüsse berücksichtigt, denn der FCF ist ein steueradjustierter FCF. Die Steuerersparnis i.H.v. 22,5 GE wird - plakativ ausgedrückt - aus dem Einzahlungsüberschuss herausgerechnet und in gleicher Höhe im WACC integriert. Der FCF im WACC-Ansatz ist daher der FCF eines fiktiv eigenfinanzierten Unternehmens. Zur Prognose des WACC für die Perioden t+2 und t+3 im WACC-Ansatz: Zur Prognose des FCF müssen keine Fremdkapitalbestände und Zinsen in der Planungsrechnung prognostiziert werden. Daher ist die FCF-Prognose im Vergleich zur Prognose des FtEq oder im Vergleich zur Prognose des TCF einfacher. Bei der Prognose des FtEq und des TCF muss festgelegt werden, welcher Teil der Erweiterungsinvestitionen durch eine Aufnahme von verzinslichem Fremdkapital finanziert wird. Bei der Prognose des FCF werden nur die Erweiterungsinvestitionen prognostiziert. Wie die Erweiterungsinvestitionen finanziert werden, wird bei der Prognose des FCF nicht beachtet. Da der FCF im WACC-Ansatz der FCF eines fiktiv eigenfinanzierten Unternehmens ist, werden die steueradjustierten Zinsen im WACC berücksichtigt. Die erwarteten Zinsen und die erwarteten Steuerersparnisse ändern sich nicht dadurch, dass der DCF-Equity-Ansatz, der TCF-Ansatz oder der WACC-Ansatz angewandt wird. Bei gleichen Bewertungsannahmen entwickeln sich das verzinsliche Fremdkapital, die erwarteten steueradjustierten Zinsen im WACC-Ansatz folgendermaßen: Prognose des WACC: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Schätzer Marktw ert EK (r EK = 10%) 1.568,2 + Schätzer Marktw ert verz. Fremdkapital (r FK = 3,5% bzw. 5%) 1.500,0 = Schätzer Marktw ert Gesamtkapital 3.068,2 WACC (Berücksichtigung der Kapitalstruktur zu steueradjustierten Marktw erten) 6,82% steueradjustierte Gesamtkapitalkosten 209,3 steueradjustierte Fremdkapitalkosten 52,5 Opportunitätskosten FK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert FK! 75,0 Opportunitätskosten EK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert EK! 156,8 Prognose <?page no="96"?> 2.7 Unternehmensbewertung 97 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 57: Berechnung der Opportunitätskosten des verzinslichen Fremdkapitals für die Perioden t+1, t+2 und t+3 aus der Perspektive des Unternehmens Bei der Prognose der FCF werden die gleichen Annahmen wie bei der Prognose der FtEq und der TCF getroffen. Folglich können wir die erwartete Entwicklung des Marktwerts des Eigenkapitals aus dem DCF-Equity-Ansatz zur Berechnung des WACC für die Perioden t+2 und t+3 übernehmen (vgl. zum Zirkelschluss Fallstudie zum TCF-Ansatz Kapitel 2.7.2.3.2): Abb. 58: Berechnung der Opportunitätskosten der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber für die Perioden t+1, t+2 und t+3 aus der Perspektive des Unternehmens Zur Vermeidung des Zirkelschlusses im FCF-Ansatz kann für den WACC eine Zielkapitalstruktur festgelegt werden. Gegenüber dem TCF-Ansatz hat der WACC-Ansatz den Vorteil, dass die FCF finanzierungsneutral prognostiziert werden. Wenn in der Planungsrechnung Zinsen und Steuervorteile nicht prognostiziert werden, dann unterscheiden sie sich auch nicht von den steueradjustierten Fremdkapitalkosten im WACC. Durch die Zielkapitalstruktur wird einfach festgelegt, wie die Zinsen und Steuervorteile sich in der Planungsrechnung zu entwickeln haben - ohne sie tatsächlich zu prognostizieren. Eine Überleitung des WACC-Ansatzes in das DCF-Equity-Verfahren bzw. den TCF-Ansatz ist dann theoretischer Natur: DCF-Equity-Verfahren und TCF-Verfahren kommen zum gleichen Ergebnis, wenn bei der Prognose der FtEq und TCF das Fremdkapital so aufgenommen wird, wie es die Zielkapitalstruktur im WACC-Ansatz festlegt. Zur Berechnung des inneren Werts des Eigenkapitals mit Hilfe des WACC-Ansatzes: Aus der Planungsrechnung können die erwarteten FCF und der erwartete Restwert in T entnommen werden. Durch die Diskontierung der Rückflüsse an die Gesamtkapitalgeber mit dem prognostizierten steueradjustierten WACC zu Marktwerten wird der Gegenwartswert des Gesamtkapitals ermittelt. Es gibt keine Vermögenswerte im Unternehmen, die durch einen potentiellen Verkauf im Zeitpunkt t - zusätzlich zu den Prognose des WACC: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Schätzer Marktw ert EK (r EK = 10%) 1.568,2 + Schätzer Marktw ert verz. Fremdkapital (r FK = 3,5% bzw. 5%) 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 = Schätzer Marktw ert Gesamtkapital 3.068,2 WACC (Berücksichtigung der Kapitalstruktur zu steueradjustierten Marktw erten) 6,82% steueradjustierte Gesamtkapitalkosten 209,3 steueradjustierte Fremdkapitalkosten 52,5 63,0 73,5 Opportunitätskosten FK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert FK! 75,0 90,0 105,0 Opportunitätskosten EK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert EK! 156,8 Prognose Prognose des WACC: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Schätzer Marktw ert EK (r EK = 10%) 1.568,2 1.852,1 2.130,3 2.100,0 + Schätzer Marktw ert verz. Fremdkapital (r FK = 3,5% bzw. 5%) 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 = Schätzer Marktw ert Gesamtkapital 3.068,2 3.652,1 4.230,3 4.200,0 WACC (Berücksichtigung der Kapitalstruktur zu steueradjustierten Marktw erten) 6,82% 6,80% 6,77% steueradjustierte Gesamtkapitalkosten 209,3 248,2 286,5 steueradjustierte Fremdkapitalkosten 52,5 63,0 73,5 Opportunitätskosten FK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert FK! 75,0 90,0 105,0 Opportunitätskosten EK, d.h. für eine Investition in den Marktw ert EK! 156,8 185,2 213,0 Prognose <?page no="97"?> 98 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling prognostizierten Rückflüssen - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden können, d.h. es gibt kein nicht betriebsnotwendiges Vermögen: Abb. 59: Berechnung des Gegenwartswerts der Free Cashflows in den Zeitpunkten t+3, t+2, t+1 und t Im DCF-Equity-Verfahren, im TCF-Verfahren und im WACC-Verfahren werden die gleichen Bewertungsannahmen getroffen. Folglich entspricht der innere Wert des Eigenkapitals - ermittelt nach dem DCF-Equity-Verfahren und dem TCF-Verfahren - dem inneren Wert des Eigenkapitals - ermittelt nach dem WACC-Ansatz. Der Unternehmenswert verändert sich nicht durch das Bewertungsverfahren. Zur Annahme einer Zielkapitalstruktur im WACC-Ansatz: Einfachheitshalber kann der prognostizierte FCF mit dem Ziel-WACC diskontiert werden, der für den Restwert in der Periode T gilt: Bei der Prognose des FCF ist nicht darauf zu achten, wie die Erweiterungsinvestitionen finanziert werden. Die Entwicklung des Fremdkapitals, der Zinsen und der Steuerersparnisse wird nicht in der Planungsrechnung prognostiziert - theoretisch aber durch die Zielkapitalstruktur determiniert: Annahme: 6,82% 6,80% 6,77% WACC-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW 3.000,0 3.600,0 4.200,0 4.200,0 E(FCF) -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 -374,6 -329,9 316,8 + E(Restw ert in T) 4.200,0 = Rückflüsse an GK-Geber nach fiktiven Steuern -374,6 -329,9 4.516,8 0,9366 Gegenw artsw ert des GK in t=2 0,9364 4.230,3 Gegenw artsw ert des GK in t=1 0,9361 3.652,1 = Gegenw artsw ert des GK in t 3.068,2 verz. Fremdkapital in t (MW=BW) -1.500,0 = Gegenw artsw ert des EK in t 1.568,2 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.568,2 Prognose <?page no="98"?> 2.7 Unternehmensbewertung 99 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 60: Berechnung des Gegenwartswerts der Free Cashflows im Zeitpunkt t mit einem konstanten WACC i.H.v. 6,75%. Der innere Wert des Eigenkapitals - ermittelt nach dem WACC-Ansatz - weicht hier nur geringfügig vom inneren Wert des Eigenkapitals - ermittelt nach dem DCF- Equity-Ansatz - ab, weil der periodisch ermittelte WACC nur geringfügig vom Ziel- WACC abweicht. Zum Kongruenzprinzip aus der FCF-Bewertungsperspektive: Das Kongruenzprinzip besagt, dass über die Totalperiode die Summe der Ertragsüberschüsse gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse ist. Für potentielle Gesamtkapitalgeber beginnt die Totalperiode im Zeitpunkt t mit der Investition in das Gesamtkapital und endet mit dem Verkauf des Gesamtkapitals zum Restwert am Ende der Periode T. In diesem Zeitraum ist die Summe der steueradjustierten Bruttogewinne gleich der Summe der FCF, soweit die Ertragsüberschüsse sowohl um die Differenz zwischen dem Betrag der Investition in das Gesamtkapital in t und dem Buchwert des Gesamtkapitals in t (ohne erfolgsneutrale Rücklagen) als auch um die Differenz zwischen dem Betrag aus dem Verkauf des Gesamtkapitals zum Restwert und dem Buchwert des Gesamtkapitals (ohne erfolgsneutrale Rücklagen) adjustiert werden: Abb. 61: Adjustierung des Kongruenzprinzips aus der Bewertungsperspektive (Annahme: Investitionsauszahlung = Buchwert Gesamtkapital) Das Kongruenzprinzip zeigt auf, wie hoch die erwarteten steueradjustierten Überschüsse (erwarteter Totalerfolg) in Summe über den Investitionszeitraum (Totalperiode) sind, die zur Bedienung der Ansprüche der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber verwendet werden können. Es wird deutlich, dass eine Erhöhung der steueradjustierten Bruttogewinne zu einem höheren Totalerfolg führt, soweit der Restwert - plakativ ausgedrückt - eine Erhöhung der steueradjustierten Bruttogewinne nicht durch einen Abschlag wieder rückgängig macht. Dadurch, dass beim Bruttogewinn und beim FCF die gleichen fiktiven Steuern abgezogen werden, wird das Kongruenz- Annahme: WACC = 6,75% WACC-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 GK BW 3.068,2 3.652,1 4.230,3 4.200,0 E(FCF) -374,6 -329,9 316,8 + E(Restw ert in T) 4.200,0 = Rückflüsse an GK-Geber -374,6 -329,9 4.516,8 Diskontierungsfaktor 0,9368 0,8775 0,8220 Barwert (BW) -350,9 -289,5 3.713,0 = BW = Gegenw artsw ert des Gesamtkapitals in t 3.072,6 verz. Fremdkapital in t (BW=MW) -1.500,0 = Gegenw artsw ert des EK in t 1.572,6 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.572,6 Prognose Kongruenzprinzip aus der Bewertungsperspektive: Gründung t+1 t+2 t+3 E(Bruttogewinne nach fiktiven St.) 225,4 270,1 316,8 GK BW -GK MW = Aufschlag/ Abschlag 0,0 0,0 Investition GK BW -3.000,0 Rückflüsse an GK-Geber nach fiktiven St. -374,6 -329,9 4.516,8 ERÜ = EZÜ 812,3 812,3 <?page no="99"?> 100 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling prinzip aus der Bewertungsperspektive nicht durchbrochen. Die Summe der steueradjustierten Bruttogewinne / FCF ist aber kleiner als die Summe der Bruttogewinne / TCF. Dieser Unterschied wird bei der Diskontierung durch den steueradjustierten WACC ausgeglichen, so dass sich der Gegenwartswert nicht verändert. 2.7.2.4 Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Eine Investition in ein Unternehmen kann durch eine Abfolge von Zahlungsvorgängen beschrieben werden. Im WACC-Verfahren investieren Eigen- und verzinsliche Fremdkapitalgeber in das Unternehmen. Im Unternehmen wird Eigen- und verzinsliches Fremdkapital im Anlage- und Umlaufvermögen gebunden. Mit Hilfe des im Anlage- und Umlaufvermögen gebundenen Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals erwirtschaftet das Unternehmen Einzahlungsüberschüsse, die das Unternehmen dann für Eigenkapitalausschüttungen (und -entnahmen), Zinszahlungen und Fremdkapitaltilgungen verwenden kann. Am Ende der Totalperiode T wird das Unternehmen aufgelöst und der Brutto-Liquidationserlös dient zur Tilgung des Fremdkapitals und ein etwaiger Rest kann an die Eigenkapitalgeber zurückgezahlt werden. Wird das Unternehmen nicht aufgelöst, dann werden die Free Cashflows unendlich weit in die Zukunft ( ) prognostiziert. Zwischen dem im Anlage- und Umlaufvermögen gebundenen Eigen- und verzinslichen Fremdkapital und den prognostizierten Free Cashflows besteht folgende Beziehung: Das Anlage- und Umlaufvermögen ist notwendig, um die prognostizierten Free Cashflows zu erwirtschaften. Wenn Vermögenswerte im Zeitpunkt 0 nicht gebraucht werden, um die künftigen Free Cashflows zu erzielen, dann erhöhen diese Vermögenswerte zusätzlich den Gegenwartswert der Free Cashflows (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 143f.): mit: GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, FCF t = Free Cashflow, WACC mit s = Gesamtkapitalkostensatz mit Steuervorteil, NBV 0 = nicht betriebsnotwendiges Vermögen, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen gehören z.B. überschüssige liquide Mittel, unbenutzte Grundstücke und Kunstgegenstände (vgl. auch Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 161). Durch einen Verkauf des nicht betriebsnotwendigen Vermögens entsteht quasi ein Free Cashflow im Zeitpunkt 0, der zur Reduktion des im Unternehmen gebundenen Eigen- oder verzinslichen Fremdkapitals verwendet werden kann. Der Gegenwartswert ist der heutige Wert der prognostizierten Einzahlungsüberschüsse - das nicht betriebsnotwendige Vermögen ist der Wert der zusätzlich zum Gegenwartswert im Zeitpunkt 0 aus dem Unternehmen entnommen werden kann. Im DCF- Verfahren besteht der Gesamtunternehmenswert daher grundsätzlich aus dem Gegenwartswert der prognostizierten Einzahlungsüberschüsse an die Gesamtkapitalgeber und dem Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens im Zeitpunkt 0. Zusätzlich zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen kann das Anlage- und Umlaufvermögen in operative und in nicht operative Vermögenswerte aufgeteilt werden. Mit <?page no="100"?> 2.7 Unternehmensbewertung 101 uvk-lucius.de/ wert-controlling Hilfe der operativen Vermögenswerte werden die operativen Ertragsüberschüsse und die operativen Einzahlungsüberschüsse erwirtschaftet. Mit Hilfe der nicht operativen Vermögenswerte werden die nicht operativen Ertragsüberschüsse und die nicht operativen Einzahlungsüberschüsse erwirtschaftet. Die Steuern werden für das Gesamtunternehmen berechnet und das Gesamtunternehmen finanziert sich mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital. Da die Einzahlungsüberschüsse im WACC-Ansatz finanzierungsneutral prognostiziert werden, kann der gesamte Free Cashflow getrennt werden in einen operativen Free Cashflow und in einen nicht operativen Free Cashflow (vgl. auch Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 169): mit: GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, oFCF t = operativer Free Cashflow, noFCF t = nicht operativer Free Cashflow, WACC mit s = Gesamtkapitalkostensatz mit Steuervorteil, oWACC mit s = operativer Gesamtkapitalkostensatz mit Steuervorteil, noWACC mit s = nicht operativer Gesamtkapitalkostensatz mit Steuervorteil, NBV 0 = nicht betriebsnotwendiges Vermögen, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Der Gesamtunternehmenswert besteht dann aus dem Gegenwartswert des operativen Vermögens und aus dem Gegenwartswert des nicht operativen Vermögens, obwohl die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber in das Gesamtunternehmen investieren. Durch die getrennte Bewertung verändern sich weder die Rückflüsse noch das Risiko der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber. Der Free Cashflow des Gesamtunternehmens (E(FCF) t ) besteht daher aus dem operativen Free Cashflow (E(oFCF) t ) und dem nicht operativen Free Cashflow (E(noFCF) t ). Der WACC des Gesamtunternehmens (WACC mit s ) besteht aus dem WACC des operativen Vermögens (oWACC mit s ) und dem WACC des nicht operativen Vermögens (noWACC mit s ) - beide gewichtet zu den Gegenwartswerten des operativen und nicht operativen Vermögens (vgl. auch Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 170). Der Gesamtunternehmenswert verändert sich nicht durch eine getrennte Bewertung des operativen und nicht operativen Vermögens (Wertadditivitätstheorem) (vgl. auch Perridon/ Steiner/ Rathgeber 2012, S. 550; Herter 1994, S. 103; Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 132). In nicht operativen Vermögenswerten wird Kapital angelegt, das künftig im Unternehmen anderweitig verwendet werden kann. Nicht operative Vermögenswerte können z.B. künftig für Investitionen verwendet werden, dem Unternehmen als Puffer für Liquiditätsengpässe oder als zusätzliche Ertragsquellen dienen. Nicht operative Vermögenswerte werden im Bewertungszeitpunkt 0 nicht verkauft. Kann zusätzlich zum Gegenwartswert des operativen und nicht operativen Vermögens im Zeitpunkt 0 ein Betrag aus dem Unternehmen von den Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber entnommen werden, so erhöht dieser Betrag (NBV 0 ) zusätzlich den Gesamtunternehmenswert. <?page no="101"?> 102 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Mit Hilfe einer getrennten Bewertung des betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögens kann zum einen der Wert ermittelt werden, der durch einen Verkauf oder eine Liquidation des nicht betriebsnotwendigen Vermögens im Zeitpunkt 0 tatsächlich freigesetzt werden soll (Verkaufsbzw. Liquidationserlös). Finanzanlagen, durch die eine langfristige Verbindung zu Geschäftspartnern hergestellt werden sollen, gehören dann - aufgrund ihrer strategischen Relevanz - nicht zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen (vgl. auch Hostettler 2002, S. 116). Mit Hilfe einer getrennten Bewertung des operativen und nicht operativen Vermögens kann zum anderen der Wert ermittelt werden, der nicht zur Kernaktivität des Unternehmens gehören soll. Das nicht operative Vermögen wird in diesem Fall getrennt bewertet - nicht aber zwingend im Zeitpunkt 0 verkauft oder liquidiert. In der Gewinn- und Verlustrechnung wird das Betriebsergebnis getrennt vom Finanzergebnis ausgewiesen. Das Betriebsergebnis kann als operatives Ergebnis interpretiert werden. Das operative Ergebnis (Betriebsergebnis) wird mit dem operativen Vermögen (Betriebsvermögen), die Finanzerträge mit dem Finanzanlagevermögen erwirtschaftet. Auf Grundlage dieser Abgrenzung kann der operative Free Cashflow folgendermaßen ermittelt werden: Abb. 62: Vereinfachte Berechnung des operativen Free Cashflow (oFCF) im WACC-Ansatz Bei dieser Berechnungsweise ist der NOPLAT (Net Operating Profit Less Adjusted Tax) Ausgangspunkt zur Berechnung des operativen Free Cashflow. Über die Totalperiode ist die Summe der NOPLAT gleich der Summe der operativen Free Cashflows. Der Free Cashflow aus dem operativen Vermögen und der Free Cashflow aus dem nicht operativen Vermögen sind gleich dem Free Cashflow des Gesamtunternehmens. Durch eine getrennte Bewertung kann sich der Free Cashflow des Gesamtunternehmens nicht verändern. Die folgende Abbildung zeigt auf, dass bei einer derartigen Abgrenzung des nicht operativen Vermögens eine einfache Aufteilung des Free Cashflow des Gesamtunternehmens in einen operativen und nicht operativen Free Cashflow möglich ist: Berechnung des operativen FCF Vereinfachung Umsatzerlöse Umsatzerlöse betriebliche Aufwendungen betriebliche Aufwendungen = Betriebsergebnis (oEBIT) = Betriebsergebnis (oEBIT) fiktive Steuern fiktive Steuern = NO PLAT = NO PLAT +/ - Abschreibungen/ Zuschreibungen Anlagevermögen -/ + Investitionen/ Desinvestitionen Anlagevermögen +/ - Zu-/ Abnahme langfristige Rückstellungen + Zunahme langfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme kurzfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme Verbindlichkeiten aus L&L + sonstige Verb. -/ + Zu-/ Abnahme Forderungen aus L&L + sonstige Ford. -/ + Zu-/ Abnahme Vorräte -/ + Zu-/ Abnahme liquide Mittel - Zunahme liquide Mittel = oFCF nach fiktiven Steuern = oFCF nach fiktiven Steuern -/ + Inv./ Desinvestitionen kurz. und lang. Finanzanlagen - Erweiterungsinvestitionen FA + Zinsen/ Dividenden + Zinsen/ Dividenden fiktive Steuern fiktive Steuern = noFCF = noFCF = FCF gesamt = FCF gesamt Working Capital i.w.S. - Erweiterungsinvestitionen betr. UV + Zunahme von betrieblichen kurz. Zahlungsverpflichtungen - Erweiterungsinvestitionen betr. AV <?page no="102"?> 2.7 Unternehmensbewertung 103 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 63: Kongruenzprinzip: Operativer und nicht operativer Free Cashflow Zusammenfassend zeigt eine getrennte Bewertung des operativen und des nicht operativen Vermögens den Wert des Unternehmens differenzierter auf. Es wird transparent, wie die erwartete Rendite und das Risiko des Gesamtunternehmens sich auf das operative und das nicht operative Vermögen aufteilen. Auf den Wert des operativen Vermögens wirken das Management und die Mitarbeiter im Rahmen der operativen Tätigkeit ein. Der Wert des operativen Vermögens spiegelt das Erfolgspotential der Kernaktivität wider. Der Wert des nicht operativen Vermögens ist jener Betrag, den das Management durch einen Verkauf potentiell freisetzen kann, der aber meistens aus strategischen Gründen im Unternehmen verbleibt. Externe Analysten können die erwarteten Rückflüsse aus dem nicht operativen Vermögen meist nur grob schätzen - z.B. durch eine Fortschreibung der Finanzerträge. Sie können sich daher bei der Bewertung an den bilanzierten Buchwerten der Finanzanlagen orientieren und - soweit es ihnen möglich ist - Adjustierungen vornehmen, um das nicht operative Vermögen zur Gänze (Vollständigkeit) und zum aktuellen Wert (Marktwert, Gegenwartswert) zu erfassen. Wenn die Chancen und Risiken aus dem nicht operativen Vermögen die Chancen und Risiken des Gesamtunternehmens nur unwesentlich beeinflussen, dann können die operativen Free Cashflows einfachheitshalber mit dem WACC des Gesamtunternehmens diskontiert werden. 2.7.2.5 Fallstudie zur Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Ziel dieser Fallstudie ist es, die praktische Umsetzung der getrennten Bewertung des operativen und des nicht operativen Vermögens mit Hilfe des WACC-Ansatzes zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte des WACC-Verfahrens werden beleuchtet: zum Zusammenhang der Bewertung des Gesamtunternehmens und der Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 fiktive Steuern -16,4 -32,9 -49,3 -35,8 = oGewinn fikt.St. (NO PLAT) 38,4 76,7 115,1 83,4 - EI betr. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 = oEZÜ fikt.St. (oFCF) -600,0 -461,6 -323,3 -184,9 -516,6 EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 + Finanzertäge (FE) 0,0 3,0 9,0 18,0 fiktive Steuern (FE×-0,3) 0,0 -0,9 -2,7 -5,4 = noGewinn fikt.St. 0,0 2,1 6,3 12,6 = noEZÜ fikt.St. (noFCF) 0,0 -100,0 -197,9 -293,7 12,6 = FCF -600,0 -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 Kongruenzprinzip: Gründung t-3 t-2 t-1 t Liquidation EK+verz. FK-FA 600,0 1.100,0 1.500,0 1.800,0 2.400,0 oERÜ (NOPLAT) 38,4 76,7 115,1 83,4 oEZÜ (oFCF) -600,0 -461,6 -323,3 -184,9 -516,6 2.400,0 noFA 0,0 100,0 300,0 600,0 600,0 noEZÜ (FA) 0,0 -100,0 -197,9 -293,7 12,6 600,0 EZÜ (gesamt) -600,0 -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 3.000,0 Prognose der oFCF in GE Vergangenheitsanalyse Prognose ERÜ = EZÜ 334,6 21,0 313,6 313,6 <?page no="103"?> 104 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling getrennten Bewertung des operativen und nicht operativen Vermögens, zur vereinfachten Bewertung des operativen Vermögens und zur Relevanz der zusätzlich getrennten Bewertung des NBV. Vergangenheitsanalyse: konstante Annahmen (vgl. Kapitel 2.7.2.2) Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Die „Autohaus DUCK AG“ verkauft pro Autohaus 40 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.000 GE Umsatzerlöse je Autohaus). Die 40 Autos werden zu einem Preis von 44 GE eingekauft (1.760 GE Materialaufwand). Pro Autohaus entstehen darüber hinaus 72 GE Personalaufwand, 100 GE Abschreibungen und ein sonstiger Aufwand i.H.v. 13,2 GE. Insgesamt betragen die betrieblichen Aufwendungen 1.945,2 GE je Autohaus. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: In jeder Periode wird ein Autohaus neu gegründet. Bei der Gründung eines Autohauses werden 400 GE im Anlagevermögen, 194 GE im Working Capital und 6 GE in den betriebsnotwendigen liquiden Mitteln gebunden. Insgesamt fallen bei der Gründung eines Autohauses Erweiterungsinvestitionen (EI) i.H.v. 600 GE an. Zur Finanzierung der Erweiterungsinvestitionen: Die eine Hälfte der Erweiterungsinvestitionen wird mit Eigenkapital ( EK = 300 GE); die andere Hälfte mit verzinslichem Fremdkapital finanziert ( verz. FK = 300 GE). Die „Autohaus DUCK AG“ kann Kredite zu einem Zinssatz von 5% aufnehmen (15 GE Zinsaufwand je Autohaus). Der Fremdkapitalkostensatz verändert sich nicht im Zeitablauf, d.h. der Buchwert des verzinslichen Fremdkapitals ist gleich dem Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals (r FK = konstant 5%). Der Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber beträgt konstant 10% (r EK = konstant 10%). Zur Entwicklung des Finanzanlagevermögens und der Ausschüttungspolitik: Der Gewinn nach Steuern wird an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet. Die Ausschüttungsquote beträgt 100%. In Höhe der Abschreibungen werden kurzfristige Finanzanlagen mit einer Verzinsung i.H.v. 3% gekauft. Die Verzinsung der Finanzanlagen verändert sich im Zeitablauf nicht. Der Buchwert der Finanzanlagen ist gleich dem Marktwert der Finanzanlagen. Zur Berechnung der Steuern: Der Gewinn vor Steuern wird mit einem Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% versteuert. Die Vergangenheitsanalyse bildet die Grundlage für die Prognose. Die Einzahlungsüberschüsse, die im Unternehmen entstehen, können mit dem operativen und dem nicht operativen Vermögen erwirtschaftet werden. Das operative Vermögen erwirtschaftet operative Ertragsüberschüsse und Einzahlungsüberschüsse; das nicht operative Vermögen erwirtschaftet nicht operative Ertragsüberschüsse und Einzahlungsüberschüsse. Im WACC-Ansatz werden die FCF prognostiziert und diskontiert. Der FCF kann unterteilt werden in einen operativen FCF (oFCF) und einen nicht operativen FCF (noFCF). Die folgende Abbildung zeigt auf, wie der FCF des Gesamtunternehmens in Anlehnung an das Betriebsergebnis und das Finanzergebnis in einen operativen und nicht operativen FCF aufgegliedert werden kann: <?page no="104"?> 2.7 Unternehmensbewertung 105 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 64: Vergangenheitsanalyse - Ausgangsbasis für die Prognose des operativen und nicht operativen Free Cashflow Ziel der Vergangenheitsanalyse ist es, die Entwicklung der Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage zu analysieren. Durch die Unterteilung des Einzahlungsüberschusses des Gesamtunternehmens (FCF) in einen operativen und einen nicht operativen Einzahlungsüberschuss (oFCF und noFCF) wird der folgende Zusammenhang dargestellt: Der operative Einzahlungsüberschuss (oFCF) wird indirekt aus dem operativen Ertragsüberschuss (NOPLAT) abgeleitet. Die Entwicklung des NOPLAT ist abhängig von der Entwicklung der Umsatzerlöse und der Entwicklung der operativen Gewinnmarge (NOPLAT-Marge). Der nicht operative Einzahlungsüberschuss (noFCF) wird aus dem nicht operativen Ertragsüberschuss (noGewinn) abgeleitet. Die Entwicklung des nicht operativen Gewinns ist hier abhängig von der Verzinsung und der Vermögensentwicklung der Finanzanlagen. Die getrennte Darstellung verdeutlicht, wie der FCF des Gesamtunternehmens entsteht. Das Rendite-Risiko-Verhältnis des Gesamtunternehmen kann durch eine Unterteilung des FCF in einen oFCF und einen noFCF differenzierter analysiert und prognostiziert werden. Vergangenheitsanalyse: Aperiodische und außerordentliche Größen In den Ausgangsdaten werden die Annahmen beschrieben, die zur Ermittlung des oFCF und des noFCF führen. Nicht beschrieben wird, dass in der Periode t eine einmalige Rückstellung für eine voraussichtliche Zahlungsverpflichtung in der Periode t+1 i.H.v. 100 GE gebucht wird. Der einmalige Rückstellungsaufwand mindert den NOPLAT in der Periode t. Die liquiden Mittel erhöhen sich um die Rückstellungsbildung, weil annahmegemäße der Nettogewinn - vermindert um den Rückstellungsaufwand - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet wird (vgl. Fallstudie zum DCF-Equity- Ansatz Kapitel 2.7.2.2). Der NOPLAT in der Periode t gibt nicht die nachhaltige Ertragskraft des Unternehmens wieder und ist daher keine gute Ausgangsbasis zur Prognose der oFCF. Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 fiktive Steuern -16,4 -32,9 -49,3 -35,8 = oGewinn fikt.St. (NO PLAT) 38,4 76,7 115,1 83,4 - EI betr. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 = oEZÜ fikt.St. (oFCF) -600,0 -461,6 -323,3 -184,9 -516,6 EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 + Finanzertäge (FE) 0,0 3,0 9,0 18,0 fiktive Steuern (FE×-0,3) 0,0 -0,9 -2,7 -5,4 = noGewinn fikt.St. 0,0 2,1 6,3 12,6 = noEZÜ fikt.St. (noFCF) 0,0 -100,0 -197,9 -293,7 12,6 = FCF -600,0 -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW 600 1.200 1.800 2.400 3.000 - Finanzanlagen BW 0 100 300 600 600 = operatives GK BW 600 1.100 1.500 1.800 2.400 operatives GK BW 500 400 300 600 Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose des GK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose der oFCF in GE <?page no="105"?> 106 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Prognoserechnung: Veränderung der Annahmen Zur Prognose des oFCF: Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Wir erwarten, dass die „Autohaus DUCK AG“ pro Autohaus 41 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.050 GE Umsatzerlöse je Autohaus) verkaufen kann. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: Wir erwarten, dass in den Perioden t+1 und t+2 je ein Autohaus neu gegründet wird. Ab der Periode t+3 werden keine Autohäuser mehr gegründet. Zur Berücksichtigung der aperiodischen und außerordentlichen Größen: Wir erwarten, dass die einmalige Zahlungsverpflichtung i.H.v. 100 GE in der Periode t+1 beglichen wird, wodurch sich die liquiden Mittel um 100 GE verringern. Wir erwarten, dass das Unternehmen am Ende der Periode T verkauft wird. Der Restwert des operativen Vermögens am Ende der Periode T ist gleich dem Buchwert des operativen Vermögens i.H.v. 3.300 GE. Zur Prognose des noFCF: Wir klassifizieren die Finanzerträge als nicht operative Erträge. Die Finanzerträge werden im Fallbeispiel durch die Finanzanlagen erwirtschaftet. Wir erwarten, dass der Restwert der Finanzanlagen am Ende der Periode T gleich dem Buchwert der Finanzanlagen ist. Wir nehmen an, dass es keine Vermögenswerte im Unternehmen gibt, die durch einen potentiellen Verkauf im Zeitpunkt t - zusätzlich zu den prognostizierten Rückflüssen - an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden können. Die folgende Abbildung verdeutlicht die Prognose der operativen und nicht operativen FCF im ökonomischen Kontext ihrer Entstehung: Abb. 65: Prognose des operativen und nicht operativen Free Cashflow (oFCF) im WACC- Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 10.250,0 12.300,0 14.350,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 -9.946,0 -11.935,2 -13.924,4 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 fiktive Steuern -16,4 -32,9 -49,3 -35,8 -91,2 -109,4 -127,7 = oGewinn fikt.St. (NOPLAT) 38,4 76,7 115,1 83,4 212,8 255,4 297,9 - EI betr. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 -300,0 -200,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 -294,0 -194,0 0,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 94,0 -6,0 0,0 = oEZÜ fikt.St. (oFCF) -600,0 -461,6 -323,3 -184,9 -516,6 -287,2 -144,6 297,9 EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 -100,0 -200,0 0,0 + Finanzertäge (FE) 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 fiktive Steuern (FE×-0,3) 0,0 -0,9 -2,7 -5,4 -5,4 -6,3 -8,1 = noGewinn fikt.St. 0,0 2,1 6,3 12,6 12,6 14,7 18,9 = noEZÜ fikt.St. (noFCF) 0,0 -100,0 -197,9 -293,7 12,6 -87,4 -185,3 18,9 = FCF -600,0 -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 -374,6 -329,9 316,8 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 - Finanzanlagen BW 0 100 300 600 600 700 900 900 = operatives GK BW 600 1.100 1.500 1.800 2.400 2.900 3.300 3.300 operatives GK BW 500 400 300 600 500 400 0 Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose des GK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose der oFCF in GE <?page no="106"?> 2.7 Unternehmensbewertung 107 uvk-lucius.de/ wert-controlling In der Periode t+3 fallen keine Erweiterungsinvestitionen mehr an. Der NOPLAT ist gleich dem oFCF und der nicht operative Gewinn nach Abzug von fiktiven Steuern ist gleich dem noFCF. Zum Zusammenhang der Bewertung des Gesamtunternehmens und der getrennten Bewertung des operativen und nicht operativen Vermögens: Die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber investieren in das Gesamtunternehmen. Folglich sind die erwarteten Rückflüsse der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber die FCF des Gesamtunternehmens. Zur getrennten Bewertung des operativen und des nicht operativen Vermögens wird der FCF des Gesamtunternehmens in den oFCF und den noFCF unterteilt. Der Gegenwartswert der oFCF ist gleich dem Wert des operativen Vermögens; der Gegenwartswert der noFCF ist gleich dem Wert des nicht operativen Vermögens und der Gesamtunternehmenswert besteht aus dem Wert des operativen und nicht operativen Vermögens. Eine getrennte Bewertung des operativen und nicht operativen Vermögens verändert nicht den Wert des Gesamtunternehmens aus der Perspektive der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber. Annahme: WACC des Gesamtunternehmens versus WACC des operativen und nicht operativen Vermögens: Der Gesamtkapitalkostensatz gibt die durchschnittlichen Opportunitätskosten der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber bei einer potentiellen Investition in das Gesamtunternehmen wieder. Die erwartete Rendite aus einer Investition in das Gesamtunternehmen besteht aus der durchschnittlichen Rendite des operativen und nicht operativen Vermögens. In den Annahmen wird definiert, dass in Höhe der Abschreibungen kurzfristige Finanzanlagen mit einer Verzinsung i.H.v. 3% gekauft werden. Die Verzinsung der Finanzanlagen verändert sich nicht im Zeitablauf. Der Buchwert der Finanzanlagen ist gleich dem Marktwert der Finanzanlagen. Aus der Perspektive des Unternehmens müssen die Finanzerträge versteuert werden. Unter der Annahme einer fiktiven Eigenfinanzierung beträgt die erwartete Rendite nach Steuern, die das Unternehmen mit den Finanzanlagen erwirtschaftet, 2,1%. Werden die noFCF mit einem WACC i.H.v. 2,1% diskontiert, dann ist der Gegenwartwert des nicht operativen Vermögens gleich dem Buchwert und der Buchwert entspricht annahmegemäß dem Marktwert des nicht operativen Vermögens: <?page no="107"?> 108 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 66: Berechnung des Gegenwartswerts der nicht operativen Free Cashflows in den Zeitpunkten t+3, t+2, t+1 und t Der WACC des Gesamtunternehmens besteht aus dem durchschnittlich gewichteten WACC des operativen und nicht operativen Vermögens. Aus dem prognostizierten WACC des Gesamtunternehmens kann nun der WACC des operativen Vermögens abgeleitet werden. Auf Grundlage des prognostizierten WACC im WACC-Ansatz kann nun der prognostizierte WACC des operativen Vermögens abgeleitet und der Gegenwartswert des operativen Vermögens bestimmt werden: 6,82% 6,80% 6,77% 2,10% 2,10% 2,10% WACC-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW - Finanzanlagen 600,0 700,0 900,0 900,0 = operatives Vermögen E(FCF) EI FA -100,0 -200,0 -300,0 0,0 -100,0 -200,0 0,0 Finanzerträge×(1-0,3)=n.fikt.St. 0,0 2,1 6,3 12,6 12,6 14,7 18,9 E(oFCF) + Restwert = Gegenw artswert des EK in t=3 = operative Rückflüsse an GK-Geber nach fiktiven Steuern Gegenw artswert des operativen Vermögens in t=2 Gegenw artswert des operativen Vermögens in t=1 = Gegenw artswert des operativen Vermögens in t = nicht operative Rückflüsse an GK-Geber nach fiktiven Steuern -87,4 -185,3 918,9 0,9794 Gegenw artswert des nicht operativen Vermögens in t=2 0,9794 900,0 Gegenw artswert des nicht operativen Vermögens in t=1 0,9794 700,0 = Gegenw artswert des nicht operativen Vermögens 600,0 = Gesamtunternehmenswert verz. Fremdkapital in t (MW=BW) = Gegenw artswert des EK in t + NBV 0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t - Prognose WACC noV = WACC oV = WACC = <?page no="108"?> 2.7 Unternehmensbewertung 109 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 67: Berechnung des Gegenwartswerts der operativen und nicht operativen Free Cashflows in den Zeitpunkten t+3, t+2, t+1 und t Eine getrennte Diskontierung der oFCF und noFCF führt zum gleichen Gesamtunternehmenswert wie eine Diskontierung der FCF des Gesamtunternehmens, d.h. bei gleichen Annahmen verändert sich der Unternehmenswert nicht durch die separate Bewertung des operativen und nicht operativen Vermögens. Durch die getrennte Bewertung wird aber deutlich, dass der Gesamtunternehmenswert zu 4/ 5 (2.468,2 GE/ 3068,2 GE) aus dem Gegenwartswert des operativen Vermögens und zu 1/ 5 (600 GE/ 3068,2 GE) aus dem Gegenwartswert des nicht operativen Vermögens besteht. Das nicht operative Vermögen erwirtschaftet im Vergleich zum operativen Vermögen eine geringe - aber sichere - Rendite. Das operative Vermögen erwirtschaftet im Vergleich zum nicht operativen Vermögen eine hohe - aber riskante - Rendite. Im Bewertungszeitpunkt t ist der Gegenwartswert des operativen Vermögens größer als der Buchwert des operativen Vermögens. Der Buchwert kann ökonomisch als Schätzer für das investierte Kapital interpretiert werden. Soweit der Buchwert ein guter Schätzer für das investierte Kapital ist, erwartet der Kapitalmarkt (bzw. subjektiv formuliert: erwarten diejenigen, die die Bewertung erstellen), dass das Management das investierte Kapital besser einsetzen kann als eine risikoadäquate Alternativanlage am Kapitalmarkt. Zur vereinfachten Bewertung des operativen Vermögens: Der Gegenwartwert der gesamten FCF kann aufgeteilt werden in den Gegenwartswert der oFCF und den Gegenwartswert der noFCF. Eine derartige Aufteilung des Gesamtunternehmenswerts führt zu einer differenzierteren Ermittlung des Unternehmenswerts - die Ermittlung selbst wird aber nicht einfacher. 6,82% 6,80% 6,77% 2,10% 2,10% 2,10% 7,97% 7,91% 8,04% WACC-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Gesamtkapital BW 3.000,0 3.600,0 4.200,0 4.200,0 - Finanzanlagen 600,0 700,0 900,0 900,0 = operatives Vermögen 2.400,0 2.900,0 3.300,0 3.300,0 E(FCF) -561,6 -521,2 -478,6 -504,0 -374,6 -329,9 316,8 EI FA -100,0 -200,0 -300,0 0,0 -100,0 -200,0 0,0 Finanzerträge×(1-0,3)=n.fikt.St. 0,0 2,1 6,3 12,6 12,6 14,7 18,9 E(oFCF) -461,6 -323,3 -184,9 -516,6 -287,2 -144,6 297,9 + Restwert = Gegenw artswert des EK in t=3 3.300,0 = operative Rückflüsse an GK-Geber nach fiktiven Steuern -287,2 -144,6 3.597,9 0,9256 Gegenw artswert des operativen Vermögens in t=2 0,9267 3.330,3 Gegenw artswert des operativen Vermögens in t=1 0,9262 2.952,1 = Gegenw artswert des operativen Vermögens in t 2.468,2 = nicht operative Rückflüsse an GK-Geber nach fiktiven Steuern -87,4 -185,3 918,9 0,9794 Gegenw artswert des nicht operativen Vermögens in t=2 0,9794 900,0 Gegenw artswert des nicht operativen Vermögens in t=1 0,9794 700,0 = Gegenw artswert des nicht operativen Vermögens 600,0 = Gesamtunternehmenswert 3.068,2 verz. Fremdkapital in t (MW=BW) -1.500,0 = Gegenw artswert des EK in t 1.568,2 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.568,2 - Prognose WACC noV = WACC oV = WACC = <?page no="109"?> 110 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Die getrennte Bewertung des operativen Vermögens kann aber dann die Bewertung des Gesamtunternehmens vereinfachen, wenn der Wert des nicht operativen Vermögens nicht als Gegenwartswert ermittelt wird. Die Buchwerte der kurz- und langfristigen Finanzanlagen, soweit sie zum Fair Value bilanziert werden, können als gute Schätzer für den Gegenwartswert des nicht operativen Vermögens aus der Perspektive von externen Analysten betrachtet werden. Werden die kurz- und langfristigen Finanzanlagen aus der aktuellen Bilanz übernommen, dann vereinfacht das - allerdings zu Lasten der Genauigkeit - die Unternehmensbewertung: Abb. 68: Berechnung des Gegenwartswerts der operativen Free Cashflows im Zeitpunkt t mit dem risikoadjustierten WACC des operativen Vermögens Bei einer getrennten Bewertung des operativen Vermögens - losgelöst von der Gesamtbewertung - ist darauf zu achten, dass der WACC des Gesamtunternehmens aus dem durchschnittlichen WACC des operativen und des nicht operativen Vermögens besteht. Wird der durchschnittliche WACC zur Bewertung des operativen Vermögens genutzt, dann spiegelt der Gegenwartswert des operativen Vermögens nicht mehr den tatsächlichen Betrag wider, zu dem potentielle Investoren in das operative Vermögen investieren würden. Der innere Wert des Eigenkapitals würde z.B. durch die Diskontierung der operativen FCF mit dem WACC des Gesamtunternehmens um 6,1% steigen (1.661,7/ 1.566,2): Abb. 69: Berechnung des Gegenwartswerts der operativen Free Cashflows im Zeitpunkt t mit dem WACC des Gesamtunternehmens Annahme: WACC = 8,00% WACC-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 E(oFCF) -461,6 -323,3 -184,9 -516,6 -287,2 -144,6 297,9 + E(Restwert in T) 3.300,0 = operative Rückflüsse an GK-Geber nach fiktiven Steuern -287,2 -144,6 3.597,9 Diskontierungsfaktor 0,9259 0,8573 0,7938 Barwert (BW) -265,9 -124,0 2.856,1 = BW = Gegenw artswert des operativen Vermögens in t 2.466,2 + Wert des nicht operativen Vermögens in t (MW = BW) 600,0 = Gesamtunternehmensw ert 3.066,2 verz. Fremdkapital in t (MW=BW) -1.500,0 = Gegenw artswert des EK in t 1.566,2 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.566,2 Prognose Annahme: WACC = 6,75% WACC-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 E(oFCF) -461,6 -323,3 -184,9 -516,6 -287,2 -144,6 297,9 + E(Restwert in T) 3.300,0 = operative Rückflüsse an GK-Geber nach fiktiven Steuern -287,2 -144,6 3.597,9 Diskontierungsfaktor 0,9368 0,8775 0,8220 Barwert (BW) -269,0 -126,9 2.957,7 = BW = Gegenw artswert des operativen Vermögens in t 2.561,7 + Wert des nicht operativen Vermögens in t (MW = BW) 600,0 = Gegenw artsw ert des Gesamtunternehmens in t 3.161,7 verz. Fremdkapital in t (MW=BW) -1.500,0 = Gegenw artswert des EK in t 1.661,7 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.661,7 Prognose <?page no="110"?> 2.7 Unternehmensbewertung 111 uvk-lucius.de/ wert-controlling Wird die Bewertung des operativen Vermögens aus dem Kontext der Gesamtbewertung - plakativ ausgedrückt - herausgerissen, so können leicht die Auswirkungen von vereinfachenden Annahmen auf den inneren Wert des Eigenkapitals unterschätzt werden. Dem kann entgegengewirkt werden durch eine parallele Anwendung und Überleitung der Bewertungsverfahren. Zur Relevanz der zusätzlich getrennten Bewertung des NBV: Der Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse ist der heutige Wert der prognostizierten Einzahlungsüberschüsse. Kann das Unternehmen Vermögensgegenstände im Bewertungszeitpunkt verkaufen oder liquide Mittel ausschütten, ohne dass sich die prognostizierten Einzahlungsüberschüsse verändern, so erhöht dieser Betrag als nicht betriebsnotwendiges Vermögen den Unternehmenswert. Der Bewertende kann das nicht betriebsnotwendige Vermögen aber nur dann ausschütten, wenn er durch seine Investition den Verkauf sowie die Ausschüttung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens durchsetzen kann. Welche Vermögenswerte als nicht betriebsnotwendig zu klassifizieren sind, hängt daher von der angenommen Verwendung der Vermögenswerte durch den Bewertenden ab. 2.7.2.6 Berücksichtigung der ewigen Rente im DCF-Verfahren Beim Equity- und beim Entity-Verfahren wird der Wert des Unternehmens durch die Diskontierung der prognostizierten Einzahlungsüberschüsse bestimmt. Die Einzahlungsüberschüsse werden von der Periode t=1 bis zum Ende des Lebens T des Unternehmens prognostiziert. Wird nicht von einem Ende des Unternehmens ausgegangen, dann sind die Einzahlungsüberschüsse unendlich weit in die Zukunft zu prognostizieren. Zur Reduktion der Komplexität werden Einzahlungsüberschüsse nur für einen begrenzten Zeitraum detailliert prognostiziert (Detailplanungsphase) (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2012, S. 38f.). Am Ende des Zeitraums wird angenommen, dass das Unternehmen einen Wert in Höhe des Restwerts hat: mit: EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital, E(FtEq t ) = erwarteter Flow to Equity, RW T,EK = Restwert Eigenkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, E(FtEn t ) = erwarteter Flow to Entity, RW T,GK = Restwert Gesamtkapital, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Der Restwert ist ökonomisch betrachtet jener Betrag, den Investoren im Zeitpunkt T für das Unternehmen zu zahlen bereit sind, d.h. der Restwert ist quasi der erwartete Verkaufserlös in T, den die Investoren zusätzlich zu den prognostizierten Einzahlungsüberschüssen erhalten. Beim Equity-Ansatz ist der Restwert der Gegenwartswert des Eigenkapitals im Zeitpunkt T; beim Entity-Ansatz ist der Restwert der Gegenwartswert des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals im Zeitpunkt T. <?page no="111"?> 112 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Unter der Annahme, dass es kein Ende des Unternehmens gibt, kann der Restwert mathematisch als ewige Rente bestimmt werden: mit: EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital, E(FtEq t ) = erwarteter Flow to Equity, r EK = Eigenkapitalkostensatz, GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, E(FtEn t ) = erwarteter Flow to Entity, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Bei der ewigen Rente wird angenommen, dass der Einzahlungsüberschuss nach der Periode T konstant bleibt („steady state“). Das Unternehmen befindet sich in einem Gleichgewichtszustand: Umwelt und Unternehmen verändern sich nicht mehr. Alle Größen, die in die Ermittlung des Restwerts eingehen, bleiben konstant: Umsatzerlöse, Bruttogewinne, Zinsen, Nettogewinne, Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber (Flow to Equity), Einzahlungsüberschüsse an die Eigen- und Fremdkapitalgeber (Flow to Entity), Eigenkapitalkostensatz, Gesamtkapitalkostensatz und Kapitalstruktur verändern sich nicht mehr! Über die Totalperiode gilt, dass die Summe der Einzahlungsüberschüsse gleich der Summe der Ertragsüberschüsse ist. In der ewigen Rente werden die Nettogewinne vollständig an die Eigenkapitalgeber und die Bruttogewinne vollständig an die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber ausgeschüttet. Die Ersatzinvestitionen entsprechen den Abschreibungen, das Working Capital und die liquiden Mittel verändern sich nicht mehr und das zu Buchwerten bilanzierte Eigen- und verzinsliche Fremdkapital wird - da es kein Unternehmensende gibt - nie ausgeschüttet. Die konstanten Flows to Equity bzw. die konstanten Flows to Entity, die in der ewigen Rente diskontiert werden, sind daher nichts anderes als die nachhaltig - bis in alle Ewigkeit - erzielbaren und an die Eigenbzw. Gesamtkapitalgeber voll ausschüttungsfähigen Nettobzw. Bruttogewinne (vgl. Günther 1997, S. 87): <?page no="112"?> 2.7 Unternehmensbewertung 113 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital, E(FtEq t ) = erwarteter Flow to Equity, r EK = Eigenkapitalkostensatz, G T+1 = nachhaltiger Gewinn, GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, E(FtEn t ) = erwarteter Flow to Entity, BG T+1 = nachhaltiger Bruttogewinn, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Die folgende Abbildung verdeutlicht die Prognose der nachhaltigen Nettobzw. Bruttogewinne: Abb. 70: Prognose des nachhaltigen Nettobzw. Bruttogewinns Für externe Analysten ist es nicht einfach, die nachhaltigen Nettogewinne und Bruttogewinne zu ermitteln, die dann als Flows to Equity bzw. als Flows to Entity zur Ermittlung des Restwerts dienen. Die Abbildung zeigt einige Problembereiche auf. In der Periode t mindert eine aperiodische Rückstellung i.H.v. 100 GE das Betriebsergebnis - das Betriebsergebnis in der Periode t+1 wird im Sinne eines nachhaltigen Betriebsergebnisses nicht durch aperiodische Größen verzerrt. Die liquiden Mittel in der Periode t sind keine überschüssigen liquiden Mittel - sie werden benötigt, um in der Periode t+1 die Zahlungsverpflichtung der in der Periode t gebildeten Rückstellung zu erfüllen. Die Ersatzinvestitionen und die Abschreibungen finden zeitlich versetzt statt - die Differenz wird in kurzfristigen Finanzanlagen angelegt. In der ewigen Rente wird diese zeitliche Verschiebung annahmegemäß aufgehoben. Zu beachten ist auch, dass die Erweiterungsinvestitionen in der Periode t den konstanten Gewinn ab der Periode t+1 noch einmal erhöhen. Dadurch, dass die Erweiterungsinvestitionen wegfallen, können die nachhaltigen Nettobzw. Bruttogewinne an die Eigenbzw. Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber ausgeschüttet werden. Bei der ewig wachsenden Rente wird angenommen, dass die Einzahlungsüberschüsse nach der Periode T konstant wachsen („steady state“ ). Das Unternehmen befindet sich auch hier in einem Gleichgewichtszustand: Die relativen Größen, wie z.B. EBIT- Marge und WACC, bleiben konstant; die absoluten Größen, wie z.B. Umsatzerlöse, Prognose Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 10.250,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 -9.946,0 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 322,0 - Zinsaufwand (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 247,0 - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 -74,1 = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 + Zinsaufwand 15,0 30,0 45,0 60,0 75,0 = Gewinn vor Zinsen (BG) 42,9 87,8 134,9 114,0 247,9 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 0,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 0,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 0,0 = EZÜ an GK-Geber -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 247,9 +/ - FK-Aufnahme/ -Tilgung 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 - Zinsen an FK-Geber 0,0 -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 = EZÜ an EK-Geber -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 172,9 Vergangenheitsanalyse Flow to Equity und Entity = Erweiterungsinvestitionen = 0 = nachhaltiger G = nachhaltiger BG = nachhaltiger FtEn = nachhaltiger FtEq <?page no="113"?> 114 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Bruttogewinne, Zinsen, Nettogewinne, Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber (Flow to Equity), Einzahlungsüberschüsse an die Eigen- und Fremdkapitalgeber (Flow to Entity), wachsen bis in alle Ewigkeit konstant mit der Wachstumsrate (g) (vgl. Ernst/ Schneider/ Thielen 2010, S. 39): mit: EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital, E(FtEq t ) = erwarteter Flow to Equity, r EK = Eigenkapitalkostensatz, GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, E(FtEn t ) = erwarteter Flow to Entity, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, g = Wachstumsrate, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Die folgende Abbildung verdeutlicht, dass alle Größen bei der ewig wachsenden Rente mit der Wachstumsrate steigen. Die Wachstumsrate des Flow to Equity entspricht der Wachstumsrate des Flow to Entity: Abb. 71: Prognose eines konstant wachsenden Flow to Equity bzw. Flow to Entity Zu beachten ist, dass die ewig wachsende Rente beim nachhaltigen Nettobzw. Bruttogewinn in der Periode T startet (Ausgangspunkt). Von dem nachhaltigen Nettobzw. Bruttogewinn sind die Erweiterungsinvestitionen abzuziehen, die zum konstanten Prognose Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 g Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 10.250,0 10.557,5 3,0% betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 -9.946,0 -10.244,4 3,0% = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 313,1 3,0% + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 18,5 3,0% = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 322,0 331,7 3,0% - Zinsaufw and (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -77,3 3,0% = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 247,0 254,4 3,0% - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 -74,1 -76,3 3,0% = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 178,1 3,0% + Zinsaufw and 15,0 30,0 45,0 60,0 75,0 77,3 3,0% = Gewinn vor Zinsen (BG) 42,9 87,8 134,9 114,0 247,9 255,3 3,0% - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 -30,8 -31,7 3,0% - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 -18,0 -18,5 3,0% - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 -29,8 -30,7 3,0% - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 -0,9 -1,0 3,0% = EZÜ an GK-Geber -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 168,4 173,5 3,0% +/ - FK-Aufnahme/ -Tilgung 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 46,1 47,5 3,0% - Zinsen an FK-Geber 0,0 -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -77,3 3,0% = EZÜ an EK-Geber -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 139,6 143,8 3,0% Ausgangspunkt: Nettogewinn - EZÜ an EK-Geber = EI EK = EK 33,3 34,3 3,0% 1-(EI EK / Nettogewinn) = %-Ausschüttung des NG an EK-Geber (Blow-Out-Ratio) 80,73% 80,73% konstant Bruttogewinn - EZÜ an GK-Geber = EI GK = GK 79,5 81,8 3,0% 1-(EI GK / Bruttogewinn) = %-Ausschüttung des BG an GK-Geber (Blow-Out-Ratio) 67,95% 67,95% konstant Vergangenheitsanalyse Flow to Equity und Entity <?page no="114"?> 2.7 Unternehmensbewertung 115 uvk-lucius.de/ wert-controlling Umsatzwachstum i.H.v. g, zum konstanten Wachstum der Netto- und Bruttogewinne i.H.v. g sowie zum konstanten Wachstum des Flow to Equity und Flow to Entity i.H.v. g führen. Aus der Equity-Perspektive betrachtet, wird in jeder Periode der gleiche prozentuale Anteil am Nettogewinn thesauriert (EI EK / G) bzw. ausgeschüttet (1-(EI EK / G)), um das konstante Wachstum der Einzahlungsüberschüsse an die Eigenkapitalgeber zu ermöglichen. Aus der Entity-Perspektive betrachtet, ist in jeder Periode der gleiche prozentuale Anteil am Bruttogewinn durch eine Gewinnthesaurierung und durch eine externe Fremdkapitalaufnahme zu finanzieren (EI GK / BG) (vgl. auch Günther 1997, S. 224; Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 269f.): mit: EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital, E(FtEq t ) = erwarteter Flow to Equity, r EK = Eigenkapitalkostensatz, G T = nachhaltiger Gewinn, GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital, E(FtEn t ) = erwarteter Flow to Entity, BG T = nachhaltiger Bruttogewinn, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, g = Wachstumsrate, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Die ewig wachsende Rente ist höher als die ewige Rente, wenn die Erweiterungsinvestitionen eine höhere Eigenkapitalrentabilität bzw. Gesamtkapitalrentabilität als die Eigenkapitalkosten bzw. die durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten erwirtschaften. Anstatt einer ewigen Rente bzw. einer ewig wachsenden Rente kann als Restwert auch der Liquidationswert des Eigenbzw. des Gesamtkapitals oder der Buchwert des Eigenbzw. des Gesamtkapitals angenommen werden (vgl. Rappaport 1999, S. 49). Aus der Prognose des Flow to Equity bzw. des Flow to Entity in der Planungsrechnung ergibt sich die künftige Entwicklung des Buchwerts des Eigenkapitals bzw. die künftige Entwicklung des Buchwerts des Gesamtkapitals. Wird der Gegenwartswert der ewigen Rente - ermittelt nach dem Equitybzw. Entity-Ansatz in der Periode T - in Bezug zum Buchwert des Eigenbzw. Gesamtkapitals in der Periode T gesetzt, so kann dieses Verhältnis ökonomisch interpretiert werden. Der Gegenwartswert der ewigen Rente ist der prognostizierte innere Wert des Eigenbzw. Gesamtkapitals im Zeitpunkt T. Der innere Wert beschreibt das Potential des Unternehmens, Erfolge nach der Periode T zu erwirtschaften. Der Buchwert kann als Schätzer für das tatsächlich investierte Kapital interpretiert werden. Ist die ewige Rente höher als der Buchwert, so setzt das Unternehmen das investierte Kapital erfolgreich im Unternehmen ein. Es erwirtschaftet künftig mehr als die risikoadäquate Alternativrendite. Investoren sind daher bereit, einen höheren Gegenwartswert als den Buchwert - als besten Schätzer für das investierte Kapital im Unternehmen - zu zahlen (positiver Kapitalwert). In einem vollkommenen Kapitalmarkt ist der innere Wert gleich dem Marktwert (vgl. <?page no="115"?> 116 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling auch Günther 1997, S. 222; Hostettler 2002, S. 24). Die ewige Rente im Verhältnis zum Buchwert ist daher auch das prognostizierte Markt-Buchwert-Verhältnis. Nach der klassischen Wettbewerbstheorie können Überrenditen in einem Markt nur einen begrenzten Zeitraum hindurch erwirtschaftet werden (vgl. Rappaport 1999, S. 50; Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 278; Ernst/ Schneider/ Thielen 2010, S. 43). Es gilt folgende Argumentation: Wenn in einem Markt Überrenditen erwirtschaftet werden können, dann erhöht sich die Wettbewerbsintensität im Zeitablauf. Vorhandene Wettbewerber streben einen höheren Marktanteil an und neue Wettbewerber treten in den Markt ein. Der Wettbewerb verliert erst dann an Dynamik, wenn alle Unternehmen gerade die Kapitalkosten verdienen. Es kommt zu einem Wettbewerbsgleichgewicht. Überrenditen erodieren daher im Zeitablauf. Im Marktgleichgewicht erwirtschaften die Unternehmen dann genau die risikoadäquate Alternativrendite. Die Wettbewerbstheorie kann als Ausgangspunkt zur ökonomischen Interpretation des Markt-Buchwert-Verhältnisses betrachtet werden, um dann die Wettbewerbsstruktur und -dynamik detaillierter zu analysieren (z.B. Monopol, Duopol, Kartelle, Markteintrittsbarrieren, Marktaustrittsbarrieren, rechtliche Wettbewerbsbeschränkungen wie Patente etc.) (vgl. Rappaport 1999, S. 55). Darüber hinaus kann als Pendant zur Wettbewerbstheorie die Ressourcentheorie zur Begründung von nachhaltig prognostizierten Überrenditen dienen (vgl. auch Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 235; Baum/ Coenenberg/ Günther 2013, S. 101f.). Es gilt folgende Argumentation: Unternehmen können über einmalige (und/ oder begrenzte) Ressourcen verfügen, die andere Unternehmen nicht (und/ oder nur begrenzt) haben und nicht imitieren können. Wenn diese einmaligen Ressourcen zur Erwirtschaftung der Überrenditen wesentlich beitragen, dann können andere Unternehmen nur begrenzt in Wettbewerb mit dem Unternehmen treten. Nachhaltige Wettbewerbsvorteile begründen dann die Prognose von nachhaltigen Überrenditen. Koller/ Goedhardt/ Wessels zeigen in einer Studie auf, dass es viele Unternehmen gibt, die ein hohes Markt-Buchwert-Verhältnis über Jahrzehnte hinweg halten können (vgl. Koller/ Goedhart/ Wessels 2005, S. 150). Ist der Gegenwartswert der ewigen Rente höher als der Buchwert, so helfen die beiden Theorien, die Höhe des Gegenwartswerts ökonomisch zu begründen. 2.7.2.7 Fallstudie zur Berücksichtigung der ewigen Rente im DCF-Verfahren Ziel dieser Fallstudie ist es, die praktische Umsetzung der Berechnung des Restwerts zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte der Berechnung des Restwerts werden beleuchtet: zur Berechnung der ewigen Rente, zur Berechnung der ewig wachsenden Rente und zur ökonomischen Interpretation des Restwerts. Die Berechnung des Restwerts wird auf Grundlage der Prognose der FtEq nach dem DCF-Equity-Ansatz aufgezeigt (vgl. Fallstudie zum DCF-Equity-Ansatz Kapitel 2.7.2.2): <?page no="116"?> 2.7 Unternehmensbewertung 117 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 72: Prognose des Flow to Equity nach dem DCF-Equity-Ansatz In der Periode t+3 werden keine Erweiterungsinvestitionen mehr getätigt. Der Nettogewinn entspricht dem FtEq. Der Nettogewinn wird in der Periode t+3 nicht durch aperiodische Größen verzerrt. Der Nettogewinn in der Periode t+3 ist daher der nachhaltige Nettogewinn, der als Ausgangsgröße zur Prognose der ewigen Rente dient. Prognoserechnung: Veränderung der Annahmen Szenario 1: Ewige Rente: Wir erwarten, dass das Unternehmen am Ende der Periode T verkauft wird. Der erwartete Verkaufserlös wird mit Hilfe der ewigen Rente bestimmt. Szenario 2: Ewig wachsende Rente: Wir erwarten, dass das Unternehmen am Ende der Periode T verkauft wird. Der erwartete Verkaufserlös wird mit Hilfe einer ewig wachsenden Rente bestimmt. Wir nehmen an, dass die Rente ab der Periode t+3 jede Periode um 3% wächst. Um das Wachstum zu ermöglichen, thesauriert das Unternehmen einen Teil des Gewinns. Wir erwarten, dass das Unternehmen auf die thesaurierten Gewinne eine erwartete Eigenkapitalrentabilität i.H.v. 10% erwirtschaftet. Zur Berechnung der ewigen Rente: Die ewige Rente ist - aus der Equity-Perspektive ermittelt - der Gegenwartswert des Eigenkapitals im Zeitpunkt T. Betragen die erwarteten FtEq ab der Periode t+4 konstant 243,3 GE, dann hat das Eigenkapital am Ende der Periode T aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber noch einen Restwert i.H.v. 2.433 GE: Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 10.250,0 12.300,0 14.350,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 -9.946,0 -11.935,2 -13.924,4 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 322,0 385,8 452,6 - Zinsaufw and (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 247,0 295,8 347,6 - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 -74,1 -88,7 -104,3 = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 207,1 243,3 + Zinsaufw and 15,0 30,0 45,0 60,0 75,0 90,0 105,0 = Gewinn vor Zinsen (Bruttogewinn) 42,9 87,8 134,9 114,0 247,9 297,1 348,3 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 -300,0 -200,0 0,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 -100,0 -200,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 -294,0 -194,0 0,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 94,0 -6,0 0,0 = EZÜ an GK-Geber -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 -352,1 -302,9 348,3 +/ - FK-Aufnahme/ -Tilgung 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 - Zinsen an FK-Geber 0,0 -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = EZÜ an EK-Geber -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 -127,1 -92,9 243,3 +/ - EK-Einlagen/ -Entnahme 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 -/ + Ausschüttungen an EK-G 0,0 -27,9 -57,8 -89,9 -54,0 -172,9 -207,1 -243,3 = ETÜ von EK-Gebern -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 -127,1 -92,9 243,3 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Eigenkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 1.800,0 2.100,0 2.100,0 Gewinn-Ausschüttung+EK-Einlage 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 Prognose der FtEq in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose des EK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="117"?> 118 2 Entscheidungsunterstützung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling In der Periode t+3 kann dann der FtEq i.H.v. 243,3 GE und der - mit Hilfe der ewigen Rente ermittelte - Verkaufserlös an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden: Abb. 73: Berechnung des Gegenwartswerts des Flow to Equity im Zeitpunkt t - Ermittlung des Restwerts mit Hilfe der ewigen Rente Bei der Berechnung des Restwerts mit Hilfe der ewigen Rente wird angenommen, dass der FtEq ab der Periode t+4 konstant bleibt. Das Unternehmen tätigt keine Erweiterungsinvestitionen mehr, der Nettogewinn wird voll an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet und die Ersatzinvestitionen entsprechen den Abschreibungen. Der Buchwert des Eigenkapitals bleibt konstant i.H.v. 2.100 GE. Zur Berechnung der ewig wachsenden Rente: Bei der Berechnung der ewig wachsenden Rente wird angenommen, dass der FtEq ab der Periode t+3 konstant um 3% wächst: Der FtEq in t+3 ist die Ausgangsgröße für die konstant steigende Rente. Damit der FtEq in jeder Periode um die Wachstumsrate steigt, muss das Unternehmen Erweiterungsinvestitionen tätigen. Aus der Equity-Perspektive müssen die Erweiterungsinvestitionen zu einem konstanten Anteil durch die Thesaurierung von Gewinnen finanziert werden. Annahmegemäß kann das Unternehmen auf die thesaurierten Gewinne eine Eigenkapitalrentabilität i.H.v. 10% erwirtschaften. In Höhe der Wachstumsrate steigen die Umsatzerlöse, die Gewinne und der FtEq. Der Gewinn in der Periode t+4 beträgt daher: Bei einer Eigenkapitalrentabilität i.H.v. 10% müssen die Eigenkapitalgeber 73 GE in t+3 thesaurieren. Die Ausgangsgröße zur Prognose des FtEq ist daher der nachhaltige Gewinn in t+3 abzüglich der 73 GE, die im Unternehmen reinvestiert werden. Daraus ergibt sich ein Restwert i.H.v. 2505,84 GE: Annahme: r EK = 10% Equity-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 EK BW 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 E(FtEq) -127,1 -92,9 243,3 + E(Restwert in T) 2.433,2 = Rückflüsse an EK-Geber -127,1 -92,9 2.676,5 Diskontierungsfaktor 0,9091 0,8264 0,7513 Barwert (BW) -115,5 -76,8 2.010,9 = BW = Gegenw artswert des Eigenkapitals in t 1.818,6 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.818,6 Prognose <?page no="118"?> 3.1 Von der traditionellen zur wertorientierten Erfolgsmessung 119 uvk-lucius.de/ wert-controlling In der Periode t+3 können dann der FtEq i.H.v. 243,3 GE reduziert um die Erweiterungsinvestitionen (Thesaurierung EK) i.H.v. 73 GE, also 170,3 GE, und der - mit Hilfe der ewig wachsenden Rente ermittelte - Verkaufserlös an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden: Abb. 74: Berechnung des Gegenwartswerts des Flow to Equity im Zeitpunkt t - Ermittlung des Restwerts mit Hilfe der ewig wachsenden Rente Die ewig Rente und die ewig wachsende Rente unterscheiden sich nicht, weil die Erweiterungsinvestitionen hier genau eine Rendite in Höhe des Eigenkapitalkostensatzes erwirtschaften. Zur ökonomischen Interpretation des Restwerts: Der Buchwert des Eigenkapitals kann als Schätzer für das historisch im Unternehmen investierte Eigenkapital interpretiert werden. Ist der Restwert höher als der Buchwert des Eigenkapitals, dann erwirtschaftet das Unternehmen auf das Eigenkapital - bewertet zu Buchwerten - eine höhere Eigenkapitalrentabilität als die Opportunitätskosten. Nach der Wettbewerbstheorie können Überrenditen nur über einen begrenzten Zeitraum hindurch erreicht werden. Aufgrund von Markteintritts- und Marktaustrittsbarrieren, imperfekten Wettbewerbsstrukturen, rechtlichen Wettbewerbsbeschränkungen und nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen können hohe Markt-Buchwert-Verhältnisse aber bei der Berechnung der ewigen Rente ökonomisch erklärt werden. Da durch die Festlegung von Annahmen in der ewigen Rente - plakativ ausgedrückt - jeder Gegenwartswert herbeigezaubert werden kann, sind die Annahmen, die für die Berechnung der ewigen Rente getroffen werden, kritisch zu reflektieren. 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings 3.1 Von der traditionellen zur wertorientierten Erfolgsmessung Ein Gewinn entsteht dann, wenn in einer Periode die Erträge die Aufwendungen übertreffen; dadurch steigt das Eigenkapital oder Reinvermögen (vgl. grundlegend Wöhe/ Döring 2013, S. 646). Erträge und Aufwendungen sind periodisierte Ein- und Auszahlungen. Die Reinvermögensmehrung kann in dieser oder einer anderen Periode an die Annahme: r EK = 10% Equity-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 EK BW 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 E(FtEq) -127,1 -92,9 243,3 - EI (ewig w achsende Rente) -73,0 + E(Restwert in T) 2.506,2 = Rückflüsse an EK-Geber -127,1 -92,9 2.676,5 Diskontierungsfaktor 0,9091 0,8264 0,7513 Barwert (BW) -115,5 -76,8 2.010,9 = BW = Gegenw artswert des Eigenkapitals in t 1.818,6 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktw ert des Eigenkapitals in t 1.818,6 Prognose <?page no="119"?> 120 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Eigentümer ausgeschüttet werden, sofern der Gewinn nicht wieder rückgängig gemacht wird. Der Gewinn drückt daher das erwirtschaftete Ausschüttungspotential aus. Ein Erfolg ist abhängig von einem vorher definierten Ziel. Aus der traditionellen Perspektive ist es das Ziel, Gewinne, d.h. „schwarze Zahlen“, zu erwirtschaften (vgl. Copeland/ Koller/ Murrin 2002, S. 14). Das Ziel der traditionellen Erfolgsmessung ist die absolute bzw. relative Abbildung des Gewinns. Aus der wertorientierten Perspektive ist es das Ziel, Übergewinne, d.h. Gewinne, die die Opportunitätskosten der Eigenkapitalgeber übersteigen, zu erwirtschaften (vgl. Günther 1997, S. 25f.). Das Ziel der wertorientierten Erfolgsmessung ist die absolute und relative Abbildung von Übergewinnen. Die Eigenkapitalgeber können entweder in das Unternehmen oder in eine vergleichbare Alternativanlage investieren. Investieren die Eigentümer in das Unternehmen, dann entgeht ihnen der Gewinn aus der Alternativanlage (= Opportunitätskosten der Eigenkapitalgeber). Daher entsteht aus wertorientierter Sicht ein Erfolg erst dann, wenn ein Unternehmen in einer Periode mehr Gewinn als den potentiellen Gewinn aus einer risikoadäquaten Alternativinvestition erwirtschaftet. Eigenkapitalgeber legen Eigenkapital in ein Unternehmen ein. Erwirtschaftet ein Unternehmen in einer Periode einen Gewinn, so kann es diesen unter Beachtung der gesetzlichen Ausschüttungsvorschriften an die Eigenkapitalgeber ausschütten. Über die Totalperiode können die Eigenkapitalgeber die Kapitaleinlagen und die Gewinne aus dem Unternehmen entnehmen. Die Eigenkapitalrentabilität (EKR) gibt daher quasi die Verzinsung des Eigenkapitals wieder (vgl. Burger/ Ulbrich/ Ahlemeyer 2010, S. 389): mit: EKR t = Eigenkapitalrentabilität, G t = Gewinn, EK BWt-1 = Buchwert Eigenkapital, t = Zeitindex Wenn das Eigenkapital sich unterjährig verändert, wie z.B. durch zusätzliche Kapitaleinlagen, dann hat sowohl das Eigenkapital am Anfang der Periode als auch das zusätzlich aufgenommene Eigenkapital zur Erwirtschaftung des Gewinns in der Periode t beigetragen. Zur Berechnung der Eigenkapitalrentabilität kann daher auch das durchschnittlich gebundene Eigenkapital verwendet werden (vgl. grundlegend Küting/ Weber 2015, S. 323): mit: EKR t = Eigenkapitalrentabilität, G t = Gewinn, EK t-1 = Buchwert Eigenkapital, t = Zeitindex Der Gewinn - bzw. bei einer Kapitalgesellschaft der Jahresüberschuss - wird in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen. Der Buchwert des Eigenkapitals steht in der Bilanz. Der Marktwert des Eigenkapitals kann sich vom Buchwert unterscheiden (z.B. Markt/ Buchwert-Verhältnis größer Eins). Am (Kapital-)Markt kann der Markt- <?page no="120"?> 3.1 Von der traditionellen zur wertorientierten Erfolgsmessung 121 uvk-lucius.de/ wert-controlling wert des Eigenkapitals täglich durch die Multiplikation der ausstehenden Aktien mit dem Aktienkurs ermittelt werden (Börsenkapitalisierung) (vgl. Brösel 2014, S. 195): mit: EK MW,t = Marktwert Eigenkapital = Börsenkapitalisierung, t = Zeitindex Investieren die Eigenkapitalgeber in ein Unternehmen durch den Kauf von Aktien am Kapitalmarkt im Zeitpunkt t, dann haben sie innerhalb einer Periode teil an der Wertsteigerung des Unternehmens (Aktienkurssteigerung) und an einer etwaigen Ausschüttung (Dividende (DIV) je Aktie) (vgl. Lewis 1994, S. 32): mit: TSR t = Total Shareholder Return = Aktionärsrendite, DIV = Dividendenausschüttung, t = Zeitindex Der Gewinn in der Periode t ist die erwirtschaftete Wertsteigerung des Unternehmens aus der Perspektive der Eigentümer - ermittelt durch das externe Rechnungswesen. Die Aktienkurssteigerung zuzüglich der ausgeschütteten Dividende ist die erwirtschaftete Wertsteigerung aus der Perspektive der Eigentümer - ermittelt durch den Handel der Aktien am Kapitalmarkt. Da der Gewinn entweder ausgeschüttet oder im Unternehmen thesauriert werden kann, gibt die Eigenkapitalrentabilität eine Verzinsung wieder, die entstehen würde, wenn die Eigentümer im Zeitpunkt t-1 das Eigenkapital in Höhe des Buchwerts einzahlen und im Zeitpunkt t das Eigenkapital inklusive eines thesaurierten Gewinnes zu Buchwerten entnehmen könnten. Unter der Annahme, dass die Anzahl der ausstehenden Aktien sich in einer Periode nicht verändert (d.h. ohne Kapitalerhöhungen/ -herabsetzungen), können wir die Aktionärsrendite auch folgendermaßen berechnen: mit: TSR t = Total Shareholder Return = Aktionärsrendite, EK MW,t = Marktwert Eigenkapital, DIV = Dividendenausschüttung (gesamt), t = Zeitindex Die Differenz zwischen dem Marktwert (EK MW,t ) und dem Buchwert des Eigenkapitals (EK MW,t ) wird als Market Value Added (MVA t ) bezeichnet (vgl. Günther 1997, S. 251). Wir formulieren die Aktionärsrendite folgendermaßen um: <?page no="121"?> 122 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: TSR t = Total Shareholder Return = Aktionärsrendite, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, MVA t = Market Value Added, DIV = Dividendenausschüttung (gesamt), G t = Gewinn, t = Zeitindex Im Market Value Added (MVA t ) spiegelt sich das erwartete Erfolgspotential des Unternehmens wider (zum Begriff Erfolgspotential vgl. Baum/ Coenenberg/ Günther 2013, S. 9). Unterscheiden sich Aktionärsrendite und Eigenkapitalrentabilität, so wird das Eigenkapital am Anfang und am Ende der Periode durch das externe Rechnungswesen und durch die Kapitalmarktteilnehmer unterschiedlich bewertet. Das externe Rechnungswesen bewertet das Eigenkapital sowohl vergangenheitsorientiert (z.B. Anschaffungskosten einer Anlage) als auch zukunftsorientiert (z.B. erwartete Nutzungsdauer der Anlage). Die Kapitalmarktteilnehmer bewerten das Eigenkapital zukunftsorientiert als Erfolgspotential u.U. unter Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens im Zeitpunkt t=0 (vgl. Kapitel 2.7.2.4). Der MVA drückt daher in einer absoluten Kennzahl das Erfolgspotential in Relation zum Buchwert aus, genauso wie das Markt-Buchwert-Verhältnis das Erfolgspotential als relative Kennzahl wiedergibt. Als relative Kennzahl beschreibt die Aktionärsrendite und als absolute Kennzahl die Unternehmenswertsteigerung einschließlich der Dividendenausschüttung die finanzielle Wertsteigerung der Eigenkapitalgeber. Mit Hilfe der Aktionärsrendite lässt sich die tatsächlich realisierte Verzinsung der letzten Periode berechnen. Die Aktionäre sind die Eigentümer des Unternehmens. Das Management wird bei Publikumsgesellschaften von den Aktionären eingesetzt, um das Unternehmen in ihrem Interesse zu führen (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 56). Aus finanzieller Sicht führt das Management das Unternehmen im Interesse der Eigentümer dann, wenn es die Aktionärsrendite bzw. Unternehmenswertsteigerung maximiert. Folglich ist das wertorientierte Ziel des Managements im Zeitpunkt t, auf die potentielle Gewinnausschüttung in der nächsten Periode und auf die Bewertung des Erfolgspotentials am Ende der Periode positiv einzuwirken. Die Idee des Opportunitätsprinzips im Zeitpunkt t=0 ist, dass die Eigentümer entweder in das Unternehmen oder in eine risikoadäquate Alternativanlage investieren können (vgl. Schultze 2003, S. 42). Im Vergleich zur risikoadäquaten Alternativinvestition können die Eigenkapitalgeber den Marktwert des Unternehmens bestimmen. Das Unternehmen ist so viel wert, dass die Eigentümer sich durch eine Investition nicht schlechter und nicht besser stellen als durch die Investition in die risikoadäquate Alternativanlage. Der Marktwert des Unternehmens ist daher ein relativer Wert im Zeitpunkt t=0: ein Betrag, der in Relation zu den alternativen Anlagemöglichkeiten zustande kommt. Der Grundgedanke des Opportunitätsprinzips in der Periode t ist, dass die Eigentümer in Abhängigkeit ihrer Investitionsentscheidung am Ende der Periode entweder die Wertsteigerung des Unternehmens oder die Wertsteigerung der risikoadäquaten Alternativinvestition erhalten. Aus wertorientierter Sicht erwirtschaftet das Unternehmen daher nur dann einen Erfolg, wenn die Aktionärsrendite oder die Eigenkapitalrendite höher als die risikoadäquate Alternativrendite (r EK ) ist. Im Vergleich zur Eigenkapitalrendite bildet die Aktionärsrendite das Erfolgspotential am Anfang und am Ende der Periode - bewertet durch die Kapitalmarktteilnehmer - vollständig ab. In <?page no="122"?> 3.1 Von der traditionellen zur wertorientierten Erfolgsmessung 123 uvk-lucius.de/ wert-controlling Relation zur risikoadäquaten Alternativrendite ist die Aktionärsrendite daher das theoretische Ideal zur Messung des wertorientierten Erfolgs (vgl. grundlegend Laux 2006, S. 120f. und S. 162f.): mit: ÜG MW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Marktwerten, G t = Gewinn, DIV = Dividendenausschüttung (gesamt), MVA t = Market Value Added, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, EK MW,t = Marktwert Eigenkapital, t = Zeitindex Im Erfolgspotential sind sowohl die Ertragsaussichten des Unternehmens als auch die Ertragsaussichten der Alternativanlage (r EK ), die bis in die ferne Zukunft (t= ) erwirtschaftet werden können, enthalten. Dadurch erfasst das Erfolgspotential einerseits alle Interperiodendependenzen. Andererseits wird die Größe des Erfolgspotentials sehr schwankungsanfällig, da die Einschätzungen der Kapitalmarktteilnehmer am Anfang und am Ende der Periode stark auseinanderfallen können. Aus diesem Grund ist die Eigenkapitalrendite in Relation zur risikoadäquaten Alternativrendite - aus praktischer Sicht gesehen - ideal zur Messung des wertorientierten Erfolgs: mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, G t = Gewinn, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, t = Zeitindex Im buchwertbasierten Übergewinn werden nicht alle Interperiodendependenzen abgebildet, aber der Gewinn und der Buchwert des Eigenkapitals werden im externen Rechnungswesen nach - mehr oder weniger - klaren Regeln bestimmt. Im marktwertbasierten Übergewinn werden hingegen theoretisch alle Interperiodendependenzen erfasst, aber die Ermittlung des Marktwerts des Eigenkapitals ist de facto intransparent („Black Box“). Eine Funktion der Gewinnermittlung im externen Rechnungswesen ist die Rechenschaftslegung. Der Übergewinn - ermittelt auf Basis von Buchwerten - gibt daher quasi Rechenschaft darüber, ob das Unternehmen die in der Vergangenheit getätigten Eigenkapitaleinlagen im Vergleich zur risikoadäquaten Alternativrendite besser oder schlechter eingesetzt hat. Im Vergleich zum Übergewinn - berechnet auf Basis von Marktwerten - hat der Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten - eine stärkere Vergangenheitsorientierung. Zusammenfassend können wir festhalten, dass die Aktionärsrendite die Verzinsung der Eigenkapitalgeber unter Beachtung aller Interperiodendependenzen wiedergibt, während die Eigenkapitalrentabilität eher Rechenschaft über die Verzinsung der in der Vergangenheit getätigten Eigenkapitaleinlagen gibt. Über die Totalperiode können theoretisch die kumulierten Gewinne und die Eigenkapitaleinlagen von den Eigentümern aus der Sphäre des Unternehmens entnommen werden. Die Aktionärsrendite und Eigenkapitalrendite sind daher inhaltlich miteinander verknüpft, lediglich der Wert <?page no="123"?> 124 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling des Eigenkapitals und dessen Wertsteigerung werden in den einzelnen Perioden in unterschiedlicher Höhe ausgewiesen. 3.2 Ermittlung des Übergewinns Im externen Rechnungswesen wird in der Bilanz u.a. das Eigenkapital und in der Gewinn- und Verlustrechnung u.a. der Gewinn gezeigt. Der Gewinn gibt die erwirtschaftete Wertsteigerung des Eigenkapitals wieder (Reinvermögensmehrung). Durch den Vergleich des erwirtschafteten Gewinns mit dem Gewinn aus einer risikoadäquaten Alternativanlage wird der Übergewinn aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber ermittelt (vgl. Fischer/ Möller/ Schultze 2015, S. 364): mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, G t = Gewinn, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, t = Zeitindex Der Vergleichsgewinn ist die Hürde, die das Unternehmen zu übertreffen hat, damit es mehr als die Opportunitätskosten verdient (vgl. Copeland/ Koller/ Murrin 2000, S. 17). Es wird dabei fingiert, dass die Eigentümer im Zeitpunkt t-1 Eigenkapital in Höhe des Buchwerts in das Unternehmen einlegen und ihnen dadurch die Erträge aus einer risikoadäquaten Vergleichsanlage entgehen. Ein buchwertbasierter Übergewinn kommt folglich dann zustande, wenn die Eigenkapitalrentabilität (EKR) größer ist als der Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber (r EK ): mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, G t = Gewinn, r EK = Eigenkapitalkostensatz, EKR t = Eigenkapitalrentabilität, t = Zeitindex Die Eigenkapitalgeber sind Restbetragsbeteiligte; die Fremdkapitalgeber sind Festbetragsbeteiligte (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 52f.). Die Eigenkapitaleinlagen der Eigenkapitalgeber verzinsen sich quasi in Höhe der Eigenkapitalrentabilität, die Fremdkapitalgeber erhalten einen vertraglich fest vereinbarten Zinssatz für die Überlassung des Fremdkapitals (verz. FK). Ist die Gesamtkapitalrentabilität (GKR) höher als der Fremdkapitalzinssatz (FKZ), so steigt durch die Fremdkapitalaufnahme die Eigenkapitalrentabilität (EKR). Ist die Gesamtkapitalrentabilität (GKR) kleiner als der Fremdkapitalzinssatz (FKZ), so wirkt sich eine zusätzliche Fremdkapitalaufnahme negativ auf die Höhe der Eigenkapitalrentabilität aus. Eine Fremdkapitalaufnahme hat daher eine Hebelwirkung (Leverage Effekt) auf die Eigenkapitalrentabilität (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 613): <?page no="124"?> 3.2 Ermittlung des Übergewinns 125 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: EKR t = Eigenkapitalrentabilität, GKR t = Gesamtkapitalrentabilität, r FK = Fremdkapitalzinssatz, verz.FK BW,t = Buchwert verzinsliches Fremdkapital, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, t = Zeitindex Schwankt der Gewinn über mehrere Perioden, so schwankt der Gewinn durch eine zusätzliche Fremdkapitalaufnahme stärker. Folglich erhöht eine zusätzliche Fremdkapitalaufnahme die Volatilität der Gewinne. Das Risiko steigt, dass das Eigenkapital durch potentielle Verluste aufgezehrt wird. Durch die Aufnahme von Fremdkapital entsteht ein finanzwirtschaftliches Risiko im Unternehmen. Je höher der Verschuldungsgrad ist, umso höher wird das finanzwirtschaftliche Risiko. Zur Berechnung des Übergewinns wird die Eigenkapitalrentabilität mit einer risikoadäquaten Alternativanlage verglichen. Anlagen mit einem höheren Risiko haben eine höhere Renditeerwartung. Durch eine zusätzliche Fremdkapitalaufnahme steigen daher das finanzwirtschaftliche Risiko und die risikoadäquate Renditeforderung der Eigenkapitalgeber (vgl. Bestimmung der Kapitalkosten nach dem Analogieansatz Kapitel 2.5). Die Gesamtkapitalrentabilität setzt den Gewinn vor Zinsen (Bruttogewinn) in ein Verhältnis zum Gesamtkapital (vgl. Küting/ Weber 2015, S. 324): mit: GKR t = Gesamtkapitalrentabilität, G t = Gewinn, FKZ t = Fremdkapitalzinsen, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, verz.FK BW,t = Buchwert verzinsliches Fremdkapital, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, BG t = Bruttogewinn, t = Zeitindex Da die Fremdkapitalzinsen zum Gewinn addiert werden, hat eine Substitution von Eigenkapital durch Fremdkapital keine Auswirkung auf die Gesamtkapitalrentabilität. Die Gesamtkapitalrentabilität ist frei vom finanzwirtschaftlichen Risiko. Sie gibt den Erfolg der Geschäftstätigkeit transparenter als die Eigenkapitalrentabilität wieder, da sie nicht durch die Hebelwirkung des Fremdkapitals beeinflusst wird. Wenn sie über mehrere Perioden schwankt, dann können die Ursachen hierfür in den schwankenden Umsatzerlösen (Marktrisiken) und den kurzfristig nicht reduzierbaren Fixkosten (leistungswirtschaftliche Risiken) liegen, die aber beide Teil des allgemeinen Geschäftsrisikos sind (vgl. Schmidbauer 1998, S. 119). Aus der Perspektive der Gesamtkapitalgeber berechnet sich der Übergewinn durch den Vergleich des Bruttogewinns mit dem Gewinn aus einer risikoadäquaten Vergleichsanlage: mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, BG t = Bruttogewinn, t = Zeitindex <?page no="125"?> 126 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Mit Hilfe des Eigen- und Fremdkapitals im Zeitpunkt t-1 wird der Bruttogewinn in der Periode t erwirtschaftet. Folglich setzt sich der risikoadäquate Gewinn, auf den die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber durch die Investition in das Unternehmen verzichten, aus der alternativen Anlage des Eigen- (EK t-1 r EK,t ) und verzinslichen Fremdkapitals (FK t-1 r FK,t ) zusammen: mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, G t = Gewinn, FKZ t = Fremdkapitalzinsen, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, verz.FK BW,t = Buchwert verzinsliches Fremdkapital, r FK = Fremdkapitalzinssatz, BG t = Bruttogewinn, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, WACC = durchschnittlicher Gesamtkapitalkostensatz, t = Zeitindex Zusammengefasst entsteht ein Übergewinn aus der Perspektive der Gesamtkapitalgeber daher dann, wenn die Gesamtkapitalrentabilität (GKR) den durchschnittlichen Gesamtkapitalkostensatz (WACC) übersteigt (zur Bruttomethode vgl. auch Schultze 2003, S. 118): mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, BG t = Bruttogewinn, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, WACC = durchschnittlicher Gesamtkapitalkostensatz, t = Zeitindex Die Fremdkapitalgeber erhalten als Festbetragsbeteiligte einen fest vereinbarten Zinssatz. Der Gewinn hingegen steht den Eigenkapitalgebern zu. Wenn der Gewinn im Unternehmen größer als der Gewinn der Vergleichsanlage ist, dann gehört dieser Übergewinn ebenfalls den Eigenkapitalgebern. Folglich geben sowohl der Equityals auch der Entity-Übergewinn die Wertsteigerung des Reinvermögens in Bezug zur Wertsteigerung der risikoadäquaten Alternativanlage wieder. Der Übergewinn kann entweder aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber oder aus der Perspektive der Gesamtkapitalgeber ermittelt werden. Darüber hinaus kann er entweder auf Basis von Buchwerten oder auf Basis von Marktwerten ermittelt werden. Der Equity-Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten - kann bei konsistenten Annahmen in den Entity-Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten - übergeleitet werden. Im Equity-Ansatz - berechnet auf Basis von Buchwerten - haben die verzinslichen Fremdkapitalgeber Opportunitätskosten in Höhe der Fremdkapitalzinsen (FKZ) und die Eigenkapitalgeber in Höhe des Eigenkapitalkostensatzes multipliziert mit dem Buchwert des Eigenkapitals. Zur Überleitung des Entity-Übergewinns <?page no="126"?> 3.2 Ermittlung des Übergewinns 127 uvk-lucius.de/ wert-controlling in den Equity-Übergewinn muss daher der WACC zu Buchwerten ermittelt werden. Es wird quasi fingiert, dass die Eigentümer und die Fremdkapitalgeber am Anfang der Periode das im Unternehmen gebundene Eigen- und verzinsliche Fremdkapital - bewertet zu Buchwerten - alternativ hätten anlegen können: mit: GK BW,t-1 = Buchwert Gesamtkapital, WACC = durchschnittlicher Gesamtkapitalkostensatz, EK BW,t-1 = Buchwert Eigenkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, verz.FK BW,t = Buchwert verzinsliches Fremdkapital, r FK = Fremdkapitalzinssatz, t = Zeitindex In den durchschnittlichen Opportunitätskosten der Gesamtkapitalgeber sind die Opportunitätskosten der Eigenkapitalgeber und der Fremdkapitalgeber enthalten. Da die Fremdkapitalgeber Festbetragsbeteiligte sind, sind vergangenheitsorientiert betrachtet die vereinbarten Zinsen gleich den Opportunitätskosten der Fremdkapitalgeber in der Periode t: mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, BG t = Bruttogewinn, GK BW,t-1 = Buchwert Gesamtkapital, EK BW,t-1 = Buchwert Eigenkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, verz.FK BW,t = Buchwert verzinsliches Fremdkapital, r FK = Fremdkapitalzinssatz, G t = Gewinn, FKZ t = Fremdkapitalzinsen, t = Zeitindex Wenn das Fremdkapital am Kapitalmarkt gehandelt wird, dann können sich über die Zeit der Marktwert des Fremdkapitals und die risikoadäquate Alternativrendite verändern, obwohl die vertraglich zu zahlenden Zinsen gleich bleiben. Damit die durchschnittlichen Kapitalkosten die aktuelle risikoadäquate Verzinsungsmöglichkeit richtig widerspiegeln, sind in den durchschnittlichen Kapitalkosten die Marktwerte des Eigen- und Fremdkapitals zu verwenden. Die mathematische Überleitung des Equity-Über- <?page no="127"?> 128 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling gewinns in den Entity-Übergewinn gelingt aber nur dann, wenn zur Berechnung des Übergewinns bei beiden Verfahren die gleichen Annahmen getroffen werden (vgl. auch Burger/ Ahlemeyer 2010, S. 458f.). Mit Hilfe der Unternehmensbewertung wird der Marktwert des Unternehmens, d.h. der Marktwert des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals, bestimmt. Folglich ist zur Bewertung des Gesamtkapitals der WACC zu Marktwerten zu gewichten. Die Inkonsistenz bei der Berechnung des buchwertbasierten Übergewinns entsteht dadurch, dass eine vergangenheitsorientierte Wertsteigerung des Reinvermögens mit einer zukunftsorientierten risikoadäquaten Verzinsungsforderung verglichen wird. Durch das Aufdecken von stillen Reserven, durch die Aktivierung und Abschreibung von Aufwendungen mit Investitionscharakter und durch die Aufdeckung des originären Goodwills wird der Buchwert des Gesamtkapitals zu seinem Marktwert transformiert und dadurch kompatibel zur Berechnung des WACC zu Marktwerten. Zusammenfassend können wir festhalten, dass der Übergewinn aus der Equity- und Entity-Perspektive ermittelt werden kann. Beide Berechnungsweisen ermitteln die zusätzliche Reinvermögensmehrung, die ein Unternehmen in einer Periode für die Eigentümer erwirtschaftet. Bei der Berechnung des Übergewinns wird angenommen, dass die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber in die Buchwerte des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals investieren, so dass der WACC - zumindest zur theoretischen Überleitung - zu Buchwerten zu ermitteln ist. Bei der Unternehmensbewertung wird angenommen, dass die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber in die Marktwerte des Eigen- und verzinslichen Fremdkapitals investieren, so dass der WACC zu Marktwerten zu ermitteln ist. 3.3 Fallstudie zur Ermittlung des Übergewinns Ziel dieser Fallstudie ist es, die praktische Ermittlung des Übergewinns zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte der Übergewinn-Berechnung werden beleuchtet: zur Berechnung des Übergewinns aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber, zur Berechnung des Übergewinns aus der Perspektive der Gesamtkapitalgeber, zum Zusammenhang zwischen der Ermittlung des Übergewinns aus der Equity- und aus der Entity-Perspektive und zur kritischen Reflexion der Ermittlung des Übergewinns. Ausgangsdaten Zur Kapitalstruktur: Im Zeitpunkt t-1 hat die „Autohaus DUCK AG“ Eigenkapital i.H.v. 1.200 GE, Kredite i.H.v. 1.200 GE und Verb. aus L&L in Höhe von 528 GE bilanziert. Zur Vermögensstruktur: Das Kapital ist im Anlagevermögen (1.000 GE), in den Vorräten (704 GE), in den Ford. aus L&L (600 GE), in den kurzfristigen Finanzanlagen (600 GE) und in den liquiden Mitteln (24 GE) gebunden. Das Unternehmen erwirtschaftet mit dem im Unternehmen gebundenen Vermögen Umsatzerlöse in Höhe von 8.000 GE, Finanzerträge i.H.v. 18 GE und einen Gewinn i.H.v. 54 GE. Die folgende Abbildung gibt die Bilanz im Zeitpunkt t-1 und die GuV für die Periode t der „Autohaus DUCK AG“ wieder: <?page no="128"?> 3.3 Fallstudie zur Ermittlung des Übergewinns 129 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 75: Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zur Ermittlung des Übergewinns Der vertraglich vereinbarte Zinssatz für die Kredite beträgt 5%. Die Eigenkapitalgeber können das Eigenkapital alternativ investieren. Für eine Anlage mit dem gleichen Risiko erwarten Anleger eine Rendite i.H.v. 10%. Zur Ermittlung des Übergewinns aus der Perspektive der Eigenkapitalgeber (Equity- Perspektive): Das Unternehmen erwirtschaftet mit dem Eigenkapital im Zeitpunkt t-1 - bewertet zu Buchwerten - einen Gewinn in der Periode t i.H.v. 54 GE. Alternativ hätten die Eigenkapitalgeber das Eigenkapital im Zeitpunkt t-1 - bewertet zu Buchwerten - mit einer erwarteten risikoadäquaten Rendite i.H.v. 10% am Kapitalmarkt anlegen können. Im Vergleich zur Alternativanlage erwirtschaftet das Unternehmen daher einen „negativen Übergewinn“ (Übergewinn von -66 GE): Abb. 76: Berechnung des Übergewinns aus der Equity-Perspektive Aus der Sicht der traditionellen Erfolgsrechnung ist das Unternehmen erfolgreich. Es erwirtschaftet „schwarze Zahlen“. Aus Sicht der wertorientierten Erfolgsmessung ist das Unternehmen nicht erfolgreich, denn es erwirtschaftet nicht die Opportunitätskosten der Eigenkapitalgeber. Hätten die Eigenkapitalgeber das Eigenkapital im Zeitpunkt t-1 - bewertet zu Buchwerten - alternativ am Kapitalmarkt angelegt, dann wäre die erwartete Rendite im Zeitpunkt t-1 höher gewesen als die tatsächlich realisierte Eigenkapitalrentabilität in der Periode t. GuV in GE t Anlagevermögen 1.000 Umsatzerlöse 8.000 lang. Finanzanlagen 0 1.200 Eigenkapital - Materialaufwand -7.040,0 Vorräte 704 - Personalaufwand -288 Ford. L&L 600 1.200 Kredite - Abschreibungen -400 kurz. Finanzanlagen 600 528 Verb. aus L&L -/ + Sonstige Auf./ Erträge -152,8 Liquide Mittel 24 0 kurz. Rückstellungen = Betriebsergebnis (oEBIT) 119,2 2.928 2.928 + Finanzerträge 18 - Finanzaufwendungen -60 = Finanzergebnis -42 = Gewinn vor Steuern (EBT) 77,2 - Steueraufwand -23,2 = Gewinn (EAT) 54,0 Bilanz t-1 in GE "Autohaus DUCK AG" Aktiva Passiva AV EK UV FK "Autohaus DUCK AG" t Eigenkapital (EK BW,t-1 ) 1.200,0 Gewinn vor Steuern (siehe GuV) 77,2 - Steueraufwand inkl. Steuervorteil aus Fremdfinanzierung (siehe GuV) -23,2 = Gewinn (G t ) 54,0 Eigenkapitalkostensatz (r EK ) 10% - Opportunitätskosten (EK BW,t-1 ×r EK ) -120,0 = Übergewinn (ÜG BW ) -66,0 Eigenkapitalrentabilität 4,5% Equity-Übergewinn: Zinsaufwand mindert Steueraufw and in der GuV: <?page no="129"?> 130 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Ermittlung des Übergewinns aus der Perspektive der Gesamtkapitalgeber (Entity- Perspektive): Das Unternehmen erwirtschaftet mit dem Gesamtkapital im Zeitpunkt t-1 - bewertet zu Buchwerten - einen Bruttogewinn in der Periode t i.H.v. 114,0 GE. Alternativ hätten die Gesamtkapitalgeber das Gesamtkapital im Zeitpunkt t-1 - bewertet zu Buchwerten - mit einer erwarteten risikoadäquaten Rendite in Höhe des durchschnittlich gewichteten Gesamtkapitalkostensatzes anlegen können: Im Vergleich zur Alternativanlage erwirtschaftet das Unternehmen daher einen Übergewinn i.H.v. -66 GE (= negativer Übergewinn): Abb. 77: Berechnung des Übergewinns aus der Entity-Perspektive Zum Zusammenhang zwischen der Ermittlung des Übergewinns aus der Equity- und aus der Entity-Perspektive: Der aus der Equity-Perspektive ermittelte Wertbeitrag ist dann gleich dem aus der Entity-Perspektive gewonnenen Wertbeitrag, wenn die vertraglich fixierten Zinsen in beiden Verfahren in gleicher Höhe als Opportunitätskosten der Fremdkapitalgeber erfasst werden: Abb. 78: Zusammenhang zwischen der Ermittlung des Übergewinns aus der Equity- und aus der Entity-Perspektive Folglich gibt der Übergewinn - ermittelt aus der Equity- und aus der Entity- Perspektive - die zusätzliche Wertschaffung des Unternehmens für die Eigenkapitalgeber wieder. Die Eigenkapitalgeber sind Restbetragsbeteiligte und die Fremdkapitalgeber sind Festbetragsbeteiligte. Aus der Perspektive des Unternehmens sind daher die "Autohaus DUCK AG" t Gesamtkapital = Eigen- und verz. Fremdkapital (GK BW,t-1 ) 2.400,0 Gewinn vor Zinsen und Steuern (siehe GuV) 137,2 - Steueraufwand inkl. Steuervorteil aus Fremdfinanzierung (siehe GuV) -23,2 = Gewinn vor Zinsen bzw. Bruttogewinn (BG t ) 114,0 Gesamtkapitalkostensatz (WACC) 7,5% - Opportunitätskosten (GK BW,t-1 ×WACC) -180,0 = Übergewinn (ÜG BW ) -66,0 Gesamtkapitalrentabilität 4,8% Entity-Übergewinn: Zinsaufwand mindert Steueraufw and in der GuV: Kapitalgröße EK BW,t-1 1.200,0 GK BW,t-1 2.400,0 Eigenvs. Gesamtkapital Gewinngröße vor Steuern G vor St.,t 77,2 BG vor St.,t 137,2 Gewinn vs. Bruttogewinn vor St. - Steuern G vor St.,t ×s -23,2 G vor St.,t ×s -23,2 konstant = Gewinngröße nach Steuern G t 54,0 BG t 114,0 Gewinn vs. Bruttogewinn nach St. Opportunitätskostensatz r EK 10,0% WACC 7,5% Eigenvs. Gesamtkapitalkostensatz - Opportunitätskosten EK-Kosten -120,0 GK-Kosten -180,0 Eigenvs. Gesamtkapitalkosten = Übergewinn (ÜG BW ) ÜG BW -66,0 ÜG BW -66,0 konstant Rentabilität EKR 4,5% GKR 4,8% Eigenvs. Gesamkapitalrentabilität Ermittlung des Übergewinns: "Autohaus DUCK AG" Equity-ÜG BW Entity-ÜG BW <?page no="130"?> 3.4 Lücke-Theorem 131 uvk-lucius.de/ wert-controlling Opportunitätskosten der Fremdkapitalgeber über einen gewissen Zeitraum fixiert. Nimmt das Unternehmen im Zeitpunkt t neues Fremdkapital auf, so zahlt es für das neu aufgenommene Fremdkapital den aktuellen Opportunitätskostensatz der Fremdkapitalgeber. Für zukunftsorientierte Entscheidungen ist der WACC daher zu Marktwerten zu berechnen. Zur kritischen Reflexion der Ermittlung des Übergewinns: Die „Autohaus DUCK AG“ hat in der Periode t für die Eigenkapitalgeber eine Wertschaffung - im externen Rechnungswesen berechnet als Gewinn - i.H.v. 54 GE erwirtschaftet. Der Buchwert des Eigenkapitals in der Periode t-1 kann alternativ mit einer erwarteten Rendite in Höhe des Eigenkapitalkostensatzes angelegt werden. Wenn die tatsächlich realisierte Eigenkapitalrentabilität höher als die erwartete Rendite der risikoadäquaten Alternativanlage ausfällt, so übertrifft das Unternehmen die Erwartungen der Eigenkapitalgeber. Fraglich ist aber, ob der Buchwert ein guter Schätzer für das investierte Kapital im Zeitpunkt t-1 ist und ob der Gewinn in der Periode t die tatsächliche Wertschaffung des Unternehmens ausdrückt. Der Vergleich eines realisierten Gewinns in der Periode t mit einem erwarteten Gewinn aus einer Alternativanlage im Zeitpunkt t-1 lässt darüber hinaus außer Acht, dass der tatsächliche Gewinn aus einer Alternativanlage in der Periode t ebenfalls vom Erwartungswert abweichen kann. Schließlich wird der Gewinn durch aperiodische und außerordentliche Erträge/ Aufwendungen und durch interne und externe Faktoren beeinflusst. Zur ökonomischen Interpretation des Übergewinns sind daher die Ursachen seiner Entstehung zu analysieren. 3.4 Lücke-Theorem Ertragsüberschüsse und Einzahlungsüberschüsse sind ökonomisch unterschiedlich zu interpretieren (vgl. grundlegend Coenenberg/ Haller/ Mattner/ Schultze 2014, S. 72ff.). Ein Ertragsüberschuss ist ökonomisch betrachtet die Wertsteigerung des Reinvermögens bzw. des Vermögens (Equitybzw. Entity-Perspektive) in der Periode t (Gewinn, Bruttogewinn). Ein Einzahlungsüberschuss ist ökonomisch betrachtet die Veränderung der liquiden Mittel im Unternehmen in der Periode t, die zur Bedienung der Ansprüche der Eigenbzw. der Gesamtkapitalgeber (Equitybzw. Entity-Perspektive) verwendet werden kann (Flow to Equity, Flow to Entity). 2 Das Kongruenzprinzip beschreibt den Zusammenhang zwischen Ertragsüberschüssen und Einzahlungsüberschüssen im Zeitablauf (vgl. grundlegend Schmalenbach 1962). Über die Totalperiode betrachtet ist die Summe der Ertragsüberschüsse gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse. Sowohl die Summe der Ertragsüberschüsse als auch die Summe der Einzahlungsüberschüsse geben über die Totalperiode betrachtet die nominale Wertsteigerung des Reinvermögens bzw. des Vermögens wieder, die zur Bedienung der Ansprüche der Eigenbzw. der Gesamtkapitalgeber verwendet werden kann. In den einzelnen Teilperioden der Totalperiode können sich aber die Einzahlungsüberschüsse von den Ertragsüberschüssen unterscheiden (vgl. Coenenberg/ Haller/ Mattner/ Schultze 2014, S. 73). 2 Im DCF-Verfahren gilt die Annahme der Vollausschüttung des Flow to Equity bzw. des Flow to Entity. <?page no="131"?> 132 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Aus der traditionellen Perspektive wird die Wertsteigerung des Reinvermögens bzw. des Vermögens als Erfolg interpretiert. Über die Totalperiode kann der Totalerfolg auf Basis von Ertragsüberschüssen oder auf Basis von Einzahlungsüberschüssen berechnet werden (Kongruenzprinzip). Da durch die Periodisierung der Einzahlungsüberschüsse der Ertragsüberschuss berechnet wird, ist der Erfolg einer Periode gleich dem Ertragsüberschuss - nicht aber gleich dem Einzahlungsüberschuss jener Periode. Das Lücke-Theorem (vgl. Lücke 1955) besagt nun, dass - soweit das Kongruenzprinzip erfüllt ist - ein potentieller Unterschied zwischen dem Gegenwartswert der Ertragsüberschüsse und dem Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse durch den Ansatz von kalkulatorischen Zinsen auf das gebundene Kapital ausgeglichen werden kann (vgl. Schultze 2003, S. 197f.). Durch die Ermittlung von kalkulatorischen Zinsen auf das gebundene Kapital wird fingiert, dass das Kapital in Höhe des Kalkulationszinssatzes angelegt werden kann. Ökonomisch betrachtet wird durch die kalkulatorische Verzinsung ein „Ausgleichsventil“ für jenen Teil des Ertragsüberschusses geschaffen, der das gebundene Kapital erhöht. Werden kalkulatorische Zinsen auf das gesamte gebundene Kapital berechnet, so muss dieses im Bewertungszeitpunkt t=0 hinzugerechnet werden. Aus der Equity-Perspektive kann der Gegenwartswert des Eigenkapitals sowohl durch die Diskontierung des prognostizierten Flow to Equity als auch durch die Diskontierung der prognostizierten Gewinne berechnet werden. Beide Verfahren kommen zum gleichen Ergebnis - soweit die Differenz zwischen dem Flow to Equity und den Gewinnen kalkulatorisch verzinst wird („Ausgleichsventil“). Alternativ kann auch das gesamte Eigenkapital kalkulatorisch verzinst werden und im Bewertungszeitpunkt t=0 hinzugerechnet werden (vgl. Fischer/ Möller/ Schultze 2015, S. 364; Schultze 2003, S. 119): mit: EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital = Gegenwartswert Eigenkapital, FtEq t = Flow to Equity, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, G t = Gewinn, r EK = Eigenkapitalkostensatz, t = Zeitindex Aus der Entity-Perspektive kann der Gegenwartswert des Gesamtkapitals sowohl durch die Diskontierung des prognostizierten Flow to Entity als auch durch die Diskontierung der prognostizierten Bruttogewinne berechnet werden. Beide Verfahren kommen zum gleichen Ergebnis - soweit die Differenz zwischen dem Flow to Entity und den Bruttogewinnen kalkulatorisch verzinst wird („Ausgleichsventil“). Alternativ kann auch das Gesamtkapital kalkulatorisch verzinst und im Bewertungszeitpunkt t=0 addiert werden (vgl. Fischer/ Möller/ Schultze 2015, S. 364; Schultze 2003, S. 120): <?page no="132"?> 3.4 Lücke-Theorem 133 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital = Gegenwartswert Gesamtkapital, FtEn t = Flow to Entity, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, BG t = Bruttogewinn, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, t = Zeitindex Das Lücke-Theorem zeigt auf, dass der Gegenwartswert des Eigenbzw. Gesamtkapitals das Erfolgspotential im Bewertungszeitpunkt t=0 wiedergibt. Der Gewinn bzw. der Bruttogewinn drückt den Erfolg - ermittelt aus traditioneller Sicht und durch das externe Rechnungswesen - aus, den ein Unternehmen in einer Periode erwirtschaftet hat. Der Gegenwartswert hingegen ist der Wert der prognostizierten Erfolge im Zeitpunkt t. Aufgrund der mathematischen Zusammenhänge, die das Lücke-Theorem zwischen den Rechengrößen bei der Ermittlung des Gegenwartswerts aufzeigt, können nun die traditionelle und die wertorientierte Erfolgsmessung näher analysiert werden. Die Berechnung des Gegenwartswerts des Eigenkapitals durch die Diskontierung der Ertragsüberschüsse wird folgendermaßen zusammengefasst (vgl. Fischer/ Möller/ Schultze 2015, S. 364; Schultze 2003, S. 119f.): mit: EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital = Gegenwartswert Eigenkapital, FtEq t = Flow to Equity, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, G t = Gewinn, r EK = Eigenkapitalkostensatz, ÜG t = Übergewinn, GK MW,0 = Marktwert Gesamtkapital = Gegenwartswert Gesamtkapital, FtEn t = Flow to Entity, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, BG t = Bruttogewinn, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, MVA 0 = Market Value Added, t = Zeitindex Durch die Zusammenfassung wird deutlich, dass der Gegenwartswert des Eigenbzw. Gesamtkapitals aus dem Buchwert des Eigenbzw. Gesamtkapitals und dem Gegenwartswert der Übergewinne besteht. Der Gewinn bzw. Bruttogewinn - ermittelt durch das externe Rechnungswesen - verkörpert in der Formel die traditionelle Erfolgsmes- <?page no="133"?> 134 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling sung. Der Gewinn bzw. Bruttogewinn im Verhältnis zu den Opportunitätskosten - d.h. der Übergewinn - drückt in der Formel die wertorientierte Erfolgsmessung aus. Der Buchwert des Eigenbzw. Gesamtkapitals kann ökonomisch als Schätzer für das historisch investierte Kapital betrachtet werden. Der Gegenwartswert drückt den heutigen Wert des Reinvermögens bzw. des Vermögens (Equitybzw. Entity-Perspektive) aus. In einem vollkommenen Kapitalmarkt entspricht der Gegenwartswert des Eigenkapitals bzw. des Gesamtkapitals dem Marktwert des Eigenkapitals bzw. des Gesamtkapitals (vgl. Hostettler 2002, S. 24). 3 Der Gegenwartswert im Verhältnis zum Buchwert wird als Market Value Added (MVA) bezeichnet und kann folgendermaßen interpretiert werden (vgl. detaillierter Schultze 2003, S. 130ff.): MVA > 0: Der Kapitalmarkt erwartet, dass das Unternehmen das historisch investierte Eigenbzw. Gesamtkapital besser als die erwartete risikoadäquate Alternativrendite verzinsen kann. Eine Investitionsauszahlung in Höhe des Buchwerts des Eigenbzw. Gesamtkapitals hätte im Zeitpunkt t einen positiven Kapitalwert in Höhe des MVA. MVA = 0: Der Kapitalmarkt erwartet, dass das Unternehmen das historisch investierte Eigenbzw. Gesamtkapital genauso gut einsetzen kann wie eine risikoadäquate Alternativanlage am Kapitalmarkt. Eine Investitionsauszahlung in Höhe des Buchwerts des Eigenbzw. Gesamtkapitals hätte im Zeitpunkt t einen Kapitalwert i.H.v. null. MVA < 0: Der Kapitalmarkt erwartet, dass das Unternehmen das historisch investierte Eigenbzw. Gesamtkapital schlechter als die erwartete risikoadäquate Alternativrendite verzinsen kann. Eine Investitionsauszahlung in Höhe des Buchwerts des Eigenbzw. Gesamtkapitals hätte im Zeitpunkt t einen negativen Kapitalwert in Höhe des MVA. Vom Bewertungszeitpunkt t=0 aus betrachtet, führen prognostizierte Übergewinne zu einer positiven Beurteilung der historischen Investition in das Eigenbzw. Gesamtkapital. Kann ein Unternehmen mit einer Investition im Zeitpunkt t=0 erwartete Übergewinne erwirtschaften, so wird das Unternehmen theoretisch den Investitionsbetrag aufgrund des positiven Kapitalwerts mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital finanzieren können. Die Vergangenheitsanalyse bildet die Grundlage zur Prognose von Übergewinnen und zur Bewertung des Unternehmens. Hat ein Unternehmen in der Vergangenheit Übergewinne erwirtschaftet, so ist das eine gute Ausgangsbasis zur Überzeugung von Investoren, dass das Unternehmen auch in der Zukunft fähig sein wird, das Kapital der Eigenbzw. Gesamtkapitalgeber risikoadäquat zu verzinsen (vgl. auch Burger/ Ahlemeyer 2010, S. 469). 3.5 Fallstudie zum Lücke-Theorem Ziel dieser Fallstudie ist es, das Lücke-Theorem rechnerisch zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte des Lücke-Theorems werden beleuchtet: zur rechnerischen Darstellung des Lücke-Theorems und zur Berechnung des inneren Werts des Eigenkapitals durch die Diskontierung der Übergewinne. 3 Zur zusätzlichen Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens vgl. Kapitel 2.7.2.4 <?page no="134"?> 3.5 Fallstudie zum Lücke-Theorem 135 uvk-lucius.de/ wert-controlling Ausgangsdaten: Die Darstellung des Lücke-Theorems basiert auf den gleichen Daten wie die Fallstudie zum DCF-Equity-Ansatz (vgl. Fallstudie zum DCF-Equity-Ansatz Kapitel 2.7.2.2): Abb. 79: Prognose der Nettogewinne und der Flow to Equity In den Perioden t+1 und t+2 wird je ein Autohaus neu gegründet. Für die Gründung eines Autohauses fallen Erweiterungsinvestitionen i.H.v. 600 GE an. Die Hälfte der Erweiterungsinvestitionen wird durch eine Eigenkapitaleinlage i.H.v. 300 GE, die andere Hälfte durch die Aufnahme von Krediten i.H.v. 300 GE finanziert. Veränderung der Annahmen: Wir erwarten, dass das Unternehmen am Ende der Periode T verkauft wird. Der erwartete Verkaufserlös wird mit Hilfe der ewigen Rente bestimmt. Der Gewinn in der Periode t+3 ist ein nachhaltiger Gewinn und es werden in der Periode t+3 keine Erweiterungsinvestitionen mehr getätigt. Der konstante Flow to Equity ab der Periode t+4 entspricht daher dem Flow to Equity in der Periode t+3. Zur rechnerischen Darstellung des Lücke-Theorems: Soweit das Kongruenzprinzip erfüllt ist, besagt das Lücke-Theorem, dass der Unterschied zwischen dem Gegenwartswert der Ertragsüberschüsse und dem Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse durch kalkulatorische Zinsen auf das gebundene Kapital ausgeglichen werden kann. Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000,0 4.000,0 6.000,0 8.000,0 10.250,0 12.300,0 14.350,0 betr. Aufwendungen -1.945,2 -3.890,4 -5.835,6 -7.880,8 -9.946,0 -11.935,2 -13.924,4 = Betriebsergebnis 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 = Gewinn vor Zinsen und Steuern 54,8 112,6 173,4 137,2 322,0 385,8 452,6 - Zinsaufwand (FK t-1 × r FK ) -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = Gewinn vor Steuern 39,8 82,6 128,4 77,2 247,0 295,8 347,6 - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 -74,1 -88,7 -104,3 = Gewinn (Nettogewinn) 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 207,1 243,3 + Zinsaufwand 15,0 30,0 45,0 60,0 75,0 90,0 105,0 = Gewinn vor Zinsen (Bruttogewinn) 42,9 87,8 134,9 114,0 247,9 297,1 348,3 - EI bet. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 -300,0 -200,0 0,0 - EI FA 0,0 -100,0 -200,0 -300,0 0,0 -100,0 -200,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 -294,0 -194,0 0,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 94,0 -6,0 0,0 = EZÜ an GK-Geber -600,0 -557,1 -512,2 -465,1 -486,0 -352,1 -302,9 348,3 +/ - FK-Aufnahme/ -Tilgung 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 - Zinsen an FK-Geber 0,0 -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = EZÜ an EK-Geber -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 -127,1 -92,9 243,3 +/ - EK-Einlagen/ -Entnahme 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 -/ + Ausschüttungen an EK-G 0,0 -27,9 -57,8 -89,9 -54,0 -172,9 -207,1 -243,3 = ETÜ von EK-Gebern -300,0 -272,1 -242,2 -210,1 -246,0 -127,1 -92,9 243,3 Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Eigenkapital BW 300 600 900 1.200 1.500 1.800,0 2.100,0 2.100,0 Gewinn-Ausschüttung+EK-Einlage 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 300,0 0,0 Prognose der FtEq in GE Vergangenheitsanalyse Prognose Prognose des EK in GE Vergangenheitsanalyse Prognose <?page no="135"?> 136 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling 1. Rechenschritt: Berechnung des Gegenwartswerts des Eigenkapitals durch die Diskontierung der Einzahlungsüberschüsse (Flow to Equity): Abb. 80: Berechnung des Gegenwartswerts des prognostizierten Flow to Equity Der Restwert im Zeitpunkt T wird folgendermaßen bestimmt und enthält ein Market Value Added i.H.v. 333,2 GE: 2. Rechenschritt: Berechnung des Gegenwartswerts des Eigenkapitals durch die Diskontierung der Ertragsüberschüsse (Gewinne): Abb. 81: Berechnung des Gegenwartswerts der prognostizierten Ertragsüberschüsse Der Gegenwartswert der Ertragsüberschüsse ist um 520,6 GE höher als der Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse: 3. Rechenschritt: Nach dem Lücke-Theorem kann - soweit das Kongruenzprinzip erfüllt ist - der Unterschied zwischen dem Gegenwartwert der Ertragsüberschüsse und dem Gegen- Annahme: r EK = 10% Equity-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 EK BW 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 E(FtEq) -127,1 -92,9 243,32 + E(Restwert in T) 2.433,2 = Rückflüsse an EK-Geber -127,1 -92,9 2.676,5 Diskontierungsfaktor 0,9091 0,8264 0,7513 Barwert (BW) -115,5 -76,8 2.010,9 = BW = Gegenw artswert des Eigenkapitals in t 1.818,6 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.818,6 Prognose Annahme: r EK = 10% Equity-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 E(G) 172,9 207,1 243,3 + E(Restwert in T) 2.433,2 = Ertragsüberschüsse an EK-Geber 172,9 207,1 2.676,5 Diskontierungsfaktor 0,9091 0,8264 0,7513 Barwert (BW) 157,2 171,1 2.010,9 = BW = Gegenwartswert der Ertragsüberschüsse 2.339,2 Prognose <?page no="136"?> 3.5 Fallstudie zum Lücke-Theorem 137 uvk-lucius.de/ wert-controlling wartswert der Einzahlungsüberschüsse durch kalkulatorische Zinsen auf das gebundene Kapital ausgeglichen werden: Abb. 82: Adjustierung des Gegenwartswerts der prognostizierten Ertragsüberschüsse Das Eigenkapital der „Autohaus DUCK AG“ erhöht sich in der Periode t+1 und in der Periode t+2 um je 300 GE. Durch die Diskontierung der Ertragsüberschüsse wird fingiert, dass die Gewinne voll ausgeschüttet werden und das Eigenkapital sich ab der Periode t nicht mehr verändert. Zur rechnerischen Überleitung ist der Gegenwartswert der Ertragsüberschüsse sowohl um den Gegenwartswert der Veränderung des Eigenkapitals („Doppelzählungseffekt“) als auch um den Gegenwartswert der kalkulatorischen Zinsen („Ausgleichsventil“) zu korrigieren. Wird die Veränderung des Eigenkapitals (Eigenkapitaleinlagen und/ oder Thesaurierung) am Ende der Periode T nicht korrigiert, so würde das Kongruenzprinzip durchbrochen werden, weil der Flow to Equity durch Erweiterungsinvestitionen i.H.v. 300 GE in der Periode t+1 und 300 GE in der Periode t+2 belastet wird - nicht aber der Gewinn: Abb. 83: Beachtung des Kongruenzprinzips Bei der Diskontierung der Ertragsüberschüsse werden Erweiterungsinvestitionen vernachlässig, weil fingiert wird, dass die Ertragsüberschüsse voll ausgeschüttet werden können. Ohne Korrekturen ist der Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse daher nur dann gleich dem Gegenwartswert der Ertragsüberschüsse, wenn in jeder Periode die Ertragsüberschüsse den Einzahlungsüberschüssen entsprechen (vgl. Berücksichtigung der ewigen Rente im DCF-Verfahren Kapitel 2.7.2.6). Annahme: r EK = 10% Equity-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 EK BW 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 EK BW,t - EK BW,0 300,0 600,0 600,0 - Eigenkapitalkosten ("Ausgleichsventil") -30,0 -60,0 = Eigenkapitalkosten 0,0 -30,0 -60,0 Diskontierungsfaktor 0,9091 0,8264 0,7513 Barwert (BW) 0,0 -24,8 -45,1 = BW = Gegenwartswert der Eigenkapitalkosten -69,9 = Korrektur Kongruenzprinzip ("Doppelzählungseffekt") -600,0 Diskontierungsfaktor 0,9091 0,8264 0,7513 Barwert (BW) -450,8 = Gegenw artswert Korrektur Kongruenzprinzip -450,8 + Gegenw artswert der Ertragsüberschüsse 2.339,2 = Gegenw artswert des Eigenkapitals 1.818,6 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktwert des Eigenkapitals in t 1.818,6 Prognose Kongruenzprinzip aus der Bewertungsperspektive: Gründung t+1 t+2 t+3 Investition EK BW -1.500,0 E(Gewinne) 172,9 207,1 243,3 E(Restwert in T) 2.433,2 Korrektur EK BW,T - EK BW,0 -600,0 Investition EK BW -1.500,0 E(FtEq) -127,1 -92,9 243,3 E(Restwert in T) 2.433,2 0 0 300 300 -600 ERÜ = EZÜ 956,5 956,5 <?page no="137"?> 138 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Berechnung des inneren Werts des Eigenkapitals durch die Diskontierung der Übergewinne: Bei der Berechnung des Übergewinns werden vom Ertragsüberschuss (Gewinn, Bruttogewinn) Kapitalkosten (Eigenkapitalkosten, Gesamtkapitalkosten) abgezogen. Die Kapitalkosten sind die kalkulatorischen Zinsen auf das gebundene Kapital (Eigenkapital, Gesamtkapital). Da das gebundene Kapital kalkulatorisch verzinst wird, werden die Übergewinne zusätzlich - d.h. quasi ohne das gebundene Kapital - erwirtschaftet. Der Gegenwartswert der Einzahlungsüberschüsse ist daher gleich dem Gegenwartswert der Übergewinne zuzüglich des gebundenen Kapitals im Bewertungszeitpunkt t=0: Abb. 84: Berechnung des Gegenwartswerts der prognostizierten Übergewinne Der Gegenwartwert der Einzahlungsüberschüsse drückt den Wert des gebundenen Kapitals im Bewertungszeitpunkt aus. Der Gegenwartswert der Übergewinne (Market Value Added) drückt die zusätzliche Wertschaffung einer Investition in das historisch gebundene Kapital aus. Der Gegenwartwert der Einzahlungsüberschüsse ist daher gleich dem Market Value Added zuzüglich des historisch gebundenen Kapitals. Nach dem Kongruenzprinzip ist die Summe der Einzahlungsüberschüsse gleich der Summe der Ertragsüberschüsse. Im DCF-Equity-Ansatz werden die Einzahlungsüberschüsse und der potentielle Verkaufserlös bzw. der Wert des gebundenen Kapitals in der Periode T prognostiziert. Im Übergewinn-Ansatz werden die Ertragsüberschüsse und sozusagen der „potentielle Gewinn“ beim Verkauf des gebundenen Kapitals prognostiziert. Da im DCF-Equity-Ansatz der potentielle Verkaufserlös aus dem gebundenen Kapital sowie dem „potentiellen Gewinn“ besteht, ist im Übergewinn- Ansatz das gebundene Kapital im Bewertungszeitpunkt hinzuzurechnen, damit das Kongruenzprinzip erfüllt ist: Annahme: r EK = 10% Equity-Ansatz Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 EK BW 1.500,0 1.800,0 2.100,0 2.100,0 - Eigenkapitalkosten ("Ausgleichsventil") -150,0 -180,0 -210,0 E(G) 172,9 207,1 243,3 + E(Restwert in T) = MVA in T 333,2 = Übergewinne an EK-Geber 22,9 27,1 366,5 Diskontierungsfaktor 0,9091 0,8264 0,7513 Barwert (BW) 20,8 22,4 275,4 = BW = Gegenw artswert des Eigenkapitals in t = MVA in t 318,6 + EK BW 1.500,0 + NBV 0 0,0 = innerer Wert des Eigenkapitals = Marktw ert des Eigenkapitals in t 1.818,6 Prognose <?page no="138"?> 3.6 EVA®™-Verfahren 139 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 85: Kongruenzprinzip im Kontext des Übergewinnverfahrens Da durch die kalkulatorische Verzinsung eine Vollausschüttung des gebundenen Kapitals fingiert wird, muss beim Übergewinn-Ansatz das gebundene Kapital im Bewertungszeitpunkt hinzugerechnet werden. 3.6 EVA ®™ -Verfahren Der Economic Value Added (EVA ®™ ) ist eine wertorientierte Kennzahl, die von der Beratungsgesellschaft Stern Stewart & Co. entwickelt wurde (vgl. Stewart 1991, S. XVIIff.). Ziel der Kennzahl EVA ®™ ist es, die Wertsteigerung („Value Added“) im Unternehmen aus der ökonomischen Perspektive („Economic Value Added“) zu messen. Der EVA ®™ wird konzeptionell wie der Übergewinn berechnet (vgl. Stewart 1991, S. 137; Hostettler 2002, S. 19): mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, G t = Gewinn, r EK = Eigenkapitalkostensatz, BG t = Bruttogewinn, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, EVA ®™ t = Economic Value Added, NOPAT t = Net Operating Profit After Tax, NOA BW,t-1 = Buchwert Net Operating Assets, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, t = Zeitindex Der innere Wert des Eigenkapitals kann nach dem DCF-Verfahren durch die Diskontierung des Flow to Equity mit dem Eigenkapitalkostensatz oder durch die Diskontierung des Flow to Entity mit dem Gesamtkapitalkostensatz bestimmt werden. Alternativ kann der innere Wert des Eigenkapitals durch die Diskontierung der Gewinne mit dem Eigenkapitalkostensatz, und zwar adjustiert um die kalkulatorischen Zinsen und unter Berücksichtigung des Eigenkapitals im Bewertungszeitpunkt t=0, oder durch die Diskontierung der Bruttogewinne mit dem Gesamtkapitalkostensatz, und zwar adjus- Kongruenzprinzip aus der Bewertungsperspektive: Gründung t+1 t+2 t+3 Investition EK BW -1.500,0 E(Gewinne) 172,9 207,1 243,3 E(Restwert in T) 333,2 Korrektur EK BW,0 1.500,0 Investition EK BW -1.500,0 E(FtEq) -127,1 -92,9 243,3 E(Restwert in T) 2.433,2 0,0 1.500,0 300,0 300,0 -2.100,0 ERÜ = EZÜ 956,5 956,5 <?page no="139"?> 140 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling tiert um die kalkulatorischen Zinsen und unter Berücksichtigung des Gesamtkapitals im Bewertungszeitpunkt t=0, bestimmt werden (vgl. Lücke-Theorem Kapitel 3.4). Die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber investieren in das Unternehmen als Ganzes. Das Unternehmen wiederum investiert in unterschiedliche Investitionsobjekte. Der Wert des Unternehmens ist aus der Perspektive der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber der Gesamtunternehmenswert. Der Gesamtunternehmenswert besteht wiederum aus dem Gegenwartswert seiner Investitionsobjekte (vgl. auch Wertadditivitätstheorem Kapitel 2.7.2.4). Ziel des EVA ®™ ist es, die Wertsteigerung des operativen Geschäfts zu messen (vgl. Hostettler 2002, S. 39). Das operative Geschäft erwirtschaftet mit dem operativ gebundenen Kapital (Net Operating Assets) die operativen Ertragsüberschüsse (Net Operating Profit After Tax). Der Gesamtunternehmenswert besteht dann aus dem Gegenwartswert der Net Operating Assets und dem Wert des getrennt bewerteten nicht operativen Vermögens (NBV MW,0 ) (vgl. Hostettler 2002, S. 181): mit: EK MW,0 = Marktwert Eigenkapital, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, ÜG t = Übergewinn, r EK = Eigenkapitalkostensatz, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, NOA BW,t-1 = Buchwert Net Operating Assets, EVA ®™t = Economic Value Added, NBV MW,0 = Marktwert nicht betriebliches Vermögen = Gegenwartswert des nicht betrieblichen Vermögens, verz.FK MW,t = Marktwert verzinsliche Fremdkapital, t = Zeitindex Die Kennzahl EVA ®™ gibt folglich den Übergewinn des operativen Geschäfts wieder. Bei einer getrennten Beurteilung des operativen Geschäfts werden die Ertrags- und Einzahlungsüberschüsse des Gesamtunternehmens in operative und nicht operative Bestandteile aufgeteilt. Einheitlich zur Berechnung des operativen Free Cashflow im DCF-WACC-Ansatz zeigt die folgende Abbildung eine einfache Trennung der Ertrags- und Einzahlungsüberschüsse in operative und nicht operative Bestandteile (vgl. auch Nowak 2003, S. 146; Eidel 1999, S. 232): <?page no="140"?> 3.7 Anpassungen im EVA®™-Verfahren 141 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 86: Vereinfachte Berechnung des NOPAT und des oFCF Durch eine einfache Abgrenzung des operativen Vermögens können externe Adressaten den Übergewinn des operativen Geschäfts ermitteln. Eine derartige Berechnung des operativen Übergewinns bildet aber u.U. die tatsächliche ökonomische Wertentwicklung nicht richtig ab, so dass es im Unternehmen zu ökonomisch falschen Steuerungsimpulsen kommt. Stern Stewart & Co. haben daher im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit Anpassungen entwickelt, um die Aussagekraft des operativen Übergewinns zu erhöhen; sie nennen ihn EVA ®™ (vgl. Stewart 1991, S. 2). Ziel der Anpassungen ist es, den EVA ®™ so zu berechnen, dass der EVA ®™ im Unternehmen ökonomisch sinnvolle, d.h. den Unternehmenswert steigernde, Steuerungsimpulse gibt. Die Anpassungen werden unternehmensindividuell vorgenommen, so dass es zu ganz unterschiedlichen Anpassungen kommen kann (vgl. Hostettler 2002, S. 98). 3.7 Anpassungen im EVA ®™ -Verfahren Das externe Rechnungswesen ermittelt den Gewinn und das Vermögen nach standardisierten Regeln („Standards“). Bei der Berechnung des EVA ®™ werden die Gewinn- und die Vermögensgröße - ermittelt nach dem externen Rechnungswesen - adjustiert, um die ökonomische Realität für Informations- und Steuerungszwecke des Managements differenzierter zu erfassen. Für die Adjustierungen werden die Gewinn- und die Vermögensgröße analysiert, um dann mit Hilfe des Methodenwissens und mit Hilfe des ökonomischen Sachverstands unternehmensindividuelle Anpassungen zu entwickeln. Die Analyse und die Anpassung der Gewinn- und Vermögensgröße können folgendermaßen strukturiert verwirklicht werden (vgl. Hostettler 2002, S. 98): Einfache Berechnung des NOPAT und des oFCF Vereinfachung: Umsatzerlöse Umsatzerlöse betriebliche Aufwendungen betriebliche Aufwendungen = Betriebsergebnis (oEBIT) = Betriebsergebnis (oEBIT) fiktive Steuern (oEBIT × s) fiktive Steuern (oEBIT × s) = NO PAT = operativer Gewinn nach fiktiven Steuern = NO PAT nach fiktiven Steuern +/ - Abschreibungen/ Zuschreibungen Anlagevermögen -/ + Investitionen/ Desinvestitionen Anlagevermögen +/ - Zu-/ Abnahme langfristige Rückstellungen + Zunahme langfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme kurzfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme Verbindlichkeiten aus L&L + sonstige Verb. -/ + Zu-/ Abnahme Forderungen aus L&L + sonstige Ford. -/ + Zu-/ Abnahme Vorräte -/ + Zu-/ Abnahme liquide Mittel - Zunahme liquide Mittel = oFCF nach fiktiven Steuern = oFCF nach fiktiven Steuern Finanzerträge (FE) Finanzerträge (FE) fiktive Steuern (FE × s) fiktive Steuern (FE × s) = nicht operativer Gewinn nach fik. St. = nicht operativer Gewinn nach fik. St. -/ + Inv./ Desinvestitionen kurz. und lang. Finanzanlagen - Erweiterungsinvestitionen FA + Zinsen/ Dividenden + Zinsen/ Dividenden fiktive Steuern fiktive Steuern = noFCF = noFCF = FCF gesamt = FCF gesamt = Bruttogewinn nach fik. St. gesamt = Bruttogewinn nach fikt. St. gesamt - Erweiterungsinvestitionen betr. AV + Zunahme von betrieblichen kurz. Zahlungsverpflichtungen Working Capital i.w.S. - Erweiterungsinvestitionen betr. UV <?page no="141"?> 142 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Berechnung der Steuern („tax conversion“) (vgl. Eidel 1999, S. 234; Hostettler 2002, S. 102): Zur Methodik: Der Steueraufwand mindert die Ertragsüberschüsse im Unternehmen. In der Gewinn- und Verlustrechnung wird der Gewinn nach Zinsen versteuert. Bei der Berechnung des EVA ®™ wird der operative Gewinn vor Zinsen versteuert. Der operative Gewinn vor Zinsen multipliziert mit dem Steuersatz ist die Steuerbelastung, die das Unternehmen dann tragen würde, wenn es kein Fremdkapital aufgenommen hätte (vgl. auch Nowak 2003, S. 147). Folglich wird bei der Berechnung des EVA ®™ der Steuervorteil aus der Fremdfinanzierung nicht im operativen Gewinn, genannt NOPAT, sondern im WACC berücksichtigt (vgl. DCF- WACC-Ansatz Kapitel 2.7.2.3.3). Der NOPAT drückt den Überschuss des operativen Geschäfts - ermittelt auf Basis von adjustierten Ertragsüberschüssen und unabhängig von der Finanzierung des operativen Geschäfts - aus. Zur Analyse und Anpassung: Über die Totalperiode sind die Steueraufwendungen gleich den Steuerauszahlungen. Steueraufwendungen und Steuerauszahlungen können sich in einzelnen Teilperioden z.B. durch Steuerrückerstattungen oder Steuervorauszahlungen unterscheiden. Darüber hinaus kann auf Gesamtunternehmensebene die Steuerbelastung durch Verlustverrechnungen bzw. über die Zeit durch Verlustvorträge gemindert werden. Zur strukturierten Erfassung der Wertschaffung des operativen Geschäfts kann zwischen der steuerneutralen Wertschaffung des operativen Geschäfts und dem Steuerwert des operativen Geschäfts unterschieden werden. Für die Ermittlung der steuerneutralen Wertschaffung des operativen Geschäfts wird das operative Ergebnis vor Zinsen mit dem durchschnittlichen Unternehmenssteuersatz i.H.v. ca. 30% multipliziert, bestehend aus dem Kapitalertragssteuersatz i.H.v. 15%, dem Solidaritätszuschlag i.H.v. 5,5% auf die Kapitalertragssteuer (0,825%) und dem Gewerbesteuersatz i.H.v. ca. 14%. Trennung Gewinn und Vermögen des Gesamtunternehmens in operative und nicht operative Bestandteile („operating conversion“ ) (vgl. Eidel 1999, S. 232; Hostettler 2002, S. 99ff.): Zur Methodik: Mit dem Vermögen des Gesamtunternehmens wird der Gewinn vor Zinsen und Steuern des Gesamtunternehmens erwirtschaftet. Das Vermögen und der Gewinn des Gesamtunternehmens können unterteilt werden in den operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern und den nicht operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern. Mit dem operativen Vermögen wird der operative Gewinn erwirtschaftet, d.h. die getrennte Ermittlung des operativen Gewinns hängt von der Abgrenzung des operativen Vermögens (NOA) ab. Auf Gesamtunternehmensebene wird entschieden, ob das operative Vermögen durch Investitionen ausgebaut, durch Desinvestitionen zurückgefahren oder das operative Geschäft durch Restrukturierungsmaßnahmen verbessert wird. Darüber hinaus kann die Wertsteigerung - ermittelt durch den EVA ®™ - Grundlage für die Gestaltung von Anreizsystemen sein. Die Abgrenzung des operativen Vermögens wird daher so vorgenommen, dass das operative Geschäft eine Entscheidungs- und Verantwortungseinheit ist. Zur Analyse und Anpassung: Das Management trifft Entscheidungen über den Kauf und den Verkauf von kurz- und langfristigen Finanzanlagen, hat aber keinen Einfluss auf die Rückflüsse, die die kurz- und langfristigen Finanzanlagen erwirtschaften (vgl. auch Eidel 1999, S. 232). Die Wertsteigerung des operativen Geschäfts als Entscheidungs- und Verantwortungseinheit kann daher getrennt von den Finanzerträgen und den kurz- und langfristigen Finanzanlagen dargestellt werden. <?page no="142"?> 3.7 Anpassungen im EVA®™-Verfahren 143 uvk-lucius.de/ wert-controlling Überschüssige liquide Mittel, unbenutzte Grundstücke, Kunstgegenstände, Anlagen im Bau etc. binden - u.U. zu Spekulationszwecken - Kapital im Unternehmen, erwirtschaften aber keine, nur geringe oder noch keine Rückflüsse. Die Wertsteigerung des operativen Geschäfts als Entscheidungs- und Verantwortungseinheit kann daher getrennt von der Wertsteigerung/ -vernichtung des nicht operativen Vermögens dargestellt werden. Aperiodische und außerordentliche Aufwendungen und Erträge mindern - über die Totalperiode betrachtet - den Totalerfolg. Durch die Ermittlung der nachhaltigen Wertsteigerung, d.h. ohne aperiodische und außerordentliche Verzerrungen, erhält das Management einen besseren Indikator für die künftige Entwicklung des operativen Geschäfts (vgl. auch Eidel 1999, S. 233). Der NOPAT kann daher um aperiodische und außerordentliche Größen bereinigt werden, damit der EVA ®™ ein besserer Indikator für die Wertentwicklung des operativen Geschäfts wird. Vollständige Erfassung der Finanzierungskosten („funding conversion“ ) (vgl. Eidel 1999, S. 234; Hostettler 2002, S. 124ff.): Zur Methodik: Mit dem operativen Vermögen werden die operativen Gewinne erwirtschaftet. Das operative Vermögen, das im Unternehmen gebunden ist, muss mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital finanziert werden. Die Eigen- und verzinsliche Fremdkapitalgeber fordern vom Gesamtunternehmen eine risikoadäquate Verzinsung in Höhe des Gesamtkapitalkostensatzes (WACC). Übertrifft der NOPAT die Gesamtkapitalkosten, so erwirtschaftet das Unternehmen einen Übergewinn aus dem operativen Geschäft (zur risikoadäquaten Anpassung des WACC vgl. Fallstudie zur Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Kapitel 2.7.2.5). Nun können aber Vermögenswerte gekauft, geleast oder gemietet werden. Werden Vermögenswerte gekauft, so werden die Vermögenswerte auf der Aktivseite der Bilanz aktiviert und auf der Passivseite der Bilanz mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital finanziert. Werden Vermögenswerte geleast („operating leasing“) oder gemietet, so werden die Vermögenswerte nicht auf der Aktivseite aktiviert und auf der Passivseite der Bilanz mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital finanziert. Anstatt dessen werden die Vermögenswerte beim Leasing-Geber bzw. beim Vermieter auf der Aktivseite der Bilanz aktiviert und mit Eigen- und verzinslichem Fremdkapital finanziert. Im Leasingaufwand bzw. im Mietaufwand werden daher die Eigen- und Fremdkapitalkosten des Leasing-Gebers bzw. Vermieters (inklusive eines etwaigen Zusatzgewinns oder -verlusts) entgolten. Zur Analyse und Anpassung: Über die Totalperiode ist die Summe des Leasing- Aufwands bzw. des Mietaufwands gleich der Summe der Leasing-Auszahlungen bzw. der Mietauszahlungen. Über die Totalperiode mindert daher die Summe des Leasing-Aufwands bzw. Mietaufwands den Totalerfolg. Die Opportunitätskosten (inklusive eines etwaigen Zusatzgewinns oder -verlusts) des Leasing-Gebers bzw. des Vermieters können sich aber von den Opportunitätskosten des Unternehmens unterscheiden. In diesem Fall kann Leasing oder die Miete günstiger als der potentielle Kauf sein. Um die operative Wertsteigerung komplett finanzierungsunabhängig zu berechnen, kann der Leasing- und Mietaufwand aus dem NOPAT herausgerechnet werden. Hierfür sind in den NOA und dem NOPAT die Leasing- und Mietgegenstände so zu behandeln, als ob das Unternehmen sie selbst finanziert hätte (fiktive Aktivierung und periodische Abschreibung). Auch andere Aufwendungen im NOPAT, die versteckte Finanzierungskosten enthalten (z.B. Materialaufwand i.V.m. Verbindlichkeiten aus L&L), können auf diese Weise adjustiert werden. Ziel <?page no="143"?> 144 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling der „funding conversion“ ist es, die finanzierungsneutrale Wertsteigerung zu ermitteln. Problematisch ist jedoch, dass im Rahmen der Anpassungen das Kongruenzprinzip durchbrochen wird. Die „funding conversions“ dienen aber zur besseren Einschätzung der tatsächlichen, d.h. finanzierungsneutralen, operativen Profitabilität i.S. einer Entscheidungs- und Verantwortungseinheit. Darüber hinaus kann die tatsächliche operative Profitabilität besser mit jener von anderen Unternehmen verglichen werden, d.h. die Finanzierungseffekte werden bei dem Vergleich der Profitabilität zwischen den Unternehmen bereinigt. Bessere Erfassung der Interperiodendependenzen („shareholder conversion“ ) (vgl. Eidel 1999, S. 243; Hostettler 2002, S. 137ff.): Zur Methodik: Der NOPAT und die NOA werden aus dem Gewinn in der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Vermögen in der Bilanz, beides Größen aus dem externen Rechnungswesen, abgeleitet. Der Gewinn ist aus der Perspektive des externen Rechnungswesens die Reinvermögensmehrung. Über die Totalperiode ist die Summe der Gewinne, d.h. die gesamte Reinvermögensmehrung, gleich der Summe der Einzahlungsüberschüsse. Bei der Ermittlung des Gewinns werden die Einzahlungsüberschüsse durch das externe Rechnungswesen auf die einzelnen Teilperioden nach standardisierten Regeln verursachungsgerecht zugeordnet. Die Berechnung des NOPAT und der NOA hat hingegen den Zweck, die Wertsteigerung aus einer ökonomischen - und nicht regelgebundenen - Perspektive zu ermitteln. Bei der Berechnung des EVA ®™ können daher Interperiodendependenzen freier als im externen Rechnungswesen erfasst werden. Zur Analyse und Anpassung: Investitionen können durch eine Abfolge von Zahlungsvorgängen beschrieben werden. Eine Investitionsauszahlung im Zeitpunkt t=0 führt z.B. zu Rückflüssen in den Perioden t+1, t+2, t+3 etc. Hat die Investitionsauszahlung einen Kapitalwert größer null, so steigt theoretisch durch die Investitionsauszahlung der Unternehmenswert (vgl. Auswirkungen von Investitionen auf den Unternehmenswert Kapitel 2.1). Im externen Rechnungswesen wird die Investitionsauszahlung als Vermögenswert aktiviert und über die Nutzungsdauer abgeschrieben. Aus theoretischer Sicht soll durch Abschreibungen die Investitionsauszahlung den Gewinn in der Periode mindern, in der der Nutzen, d.h. die Rückflüsse aus der Investition, voraussichtlich realisiert werden. Im externen Rechnungswesen gibt es Auszahlungen, die aus der ökonomischen Perspektive als Investition interpretiert werden können (Werbekampagne, Mitarbeiterfortbildung, Grundlagenforschung), deren Rückflüsse aber nicht verlässlich genug prognostiziert werden können, um eine Aktivierung und Abschreibung über die prognostizierte Nutzungsdauer zu erlauben. Zur besseren Erfassung der Interperiodendependenzen können bei der Berechnung des NOPAT und der NOA Ertragsüberschüsse in andere Perioden verschoben werden. Z.B. kann der Aufwand für eine Werbekampagne wieder zum NOPAT hinzugerechnet, als Vermögenswert aktiviert und über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Die folgende Abbildung zeigt die strukturierte Ermittlung des NOPAT und der NOA aus dem Gewinn und dem Vermögen - ermittelt durch das externe Rechnungswesen - konzeptionell auf (vgl. detaillierter Weber/ Bramsemann/ Heineke/ Hirsch 2004, S. 65): <?page no="144"?> 3.7 Anpassungen im EVA®™-Verfahren 145 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 87: Adjustierte Berechnung des NOPAT und der NOA Zusammenfassend ist festzuhalten: Anpassungen verändern nicht die Summe der Einzahlungsüberschüsse über die Totalperiode. Die Einzahlungsüberschüsse bzw. Ertragsüberschüsse des Gesamtunternehmens können in operative und nicht operative Bestandteile aufgeteilt werden („operating conversion“). Bei der Versteuerung der operativen Einzahlungsüberschüsse (operative Free Cashflow) und der operativen Ertragsüberschüsse (NOPAT) wird eine fiktive Eigenfinanzierung angenommen; folglich wird der Steuervorteil im WACC berücksichtigt („tax conversion“). Ein- und Auszahlungen bzw. Erträge und Aufwendungen können für Steuerungszwecke ausgeblendet werden („aperiodische und außerordentliche Größen“). Über die Totalperiode mindern aber aperiodische und außerordentliche Ein- und Auszahlungen bzw. Erträge und Aufwendungen den Totalerfolg. Die Einzahlungsüberschüsse bzw. Ertragsüberschüsse können für Steuerungszwecke um versteckte Finanzierungseffekte bereinigt werden („funding conversion“). Die Finanzierungskosten werden dann in gleicher oder fiktiver Höhe in den Gesamtkapitalkosten erfasst. Zu beachten ist auch hier, dass über die Totalperiode die Finanzierungsaufwendungen zu Finanzierungsauszahlungen werden und den Totalerfolg mindern. Schließlich können die operativen Einzahlungsüberschüsse (operative Free Cashflow) regelungebunden mit einer differenzierteren Beachtung der ökonomischen Zusammenhänge den einzelnen Perioden als operative Ertragsüberschüsse (NOPAT) zugeordnet werden („shareholder conversion“). Bei der buchwertorientierten Ermittlung der Wertsteigerung des Reinvermögens durch das externe Rechnungswesen liegt der Fokus auf der Verlässlichkeit der Gewinnermittlung. Bei der marktwertorientierten Ermittlung der Wertsteigerung des Reinvermögens liegt der Fokus auf der tatsächlichen ökonomischen Gewinnermittlung. Durch Anpassungen kann man sich der marktwertorientierten Gewinnermittlung zu Lasten der Berechnung des NOPAT in Bezug zu: Berechnung der NOA Umsatzerlöse Immaterielle Vermögenswerte betr. Aufwendungen Sachanlagevermögen = Betriebsergebnis u.U. inklusive nicht genutzte Grundstücke + Finanzerträge u.U. inklusive Anlagen im Bau etc. = Gewinn vor Zinsen und Steuern + lang. Finanzanlagen - Zinsaufwand (FK t-1 × r FK ) + Vorräte = Gewinn vor Steuern + Ford. L&L - Steuern (Gewinn vor Steuern × s) + kurz. Finanzanlagen = Gewinn (Nettogewinn) + Liquide Mittel inklusive überschüssige LM + Steuern (Gewinn vor Steuern × s) - Verb. L&L + Zinsaufwand (FK t-1 ×r FK ) kurz. Rückstellungen = Bruttogewinn vor Zinsen und Steuern zu = Gesamtkapital (EK + verz. FK) -/ + Nicht betriebliche Erträge/ Aufwendungen zu nicht betriebliches Vermögen = operative Ergebnis zu operatives Kapital fiktive Steuern (operatives Ergebnis × s) zur Berechnung des WACC mit Steuervorteil = operative Ergebnis nach fikt. Steuern zu operatives Kapital = zu = +/ - +/ zur adjustiertes operatives Ergebnis (adjusted NO PAT) adjustiertes operatives Kapital (adjusted NOA) zu = = + versteckte Finanzierungskosten im operativen Ergebnis × s fiktive vollständige Erfassung des operativen Kapitals und u.U. Erfassung der Finanzierungskosten im WACC + zur finanzierungsbereinigtes operatives Ergebnis fiktiv finanzierungsbereinigtes operativ gebundenes Kapital fiktive Aktivierung und Abschreibung der verschobenen Aufwendungen und Erträge AV: UV: Abzugskapital: ökonomisch "richtige" Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen ("richtige" Erfassung von Interperiodendependenzen) + <?page no="145"?> 146 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Verlässlichkeit annähern. Theoretisch ermittelt der Kapitalmarkt den EVA ®™ folgendermaßen (vgl. Kremer 2008, S. 137): mit: EVA ®™ t = Economic Value Added, NOPAT t = Net Operating Profit After Tax, NOA BW,t-1 = Buchwert Net Operating Assets, MVA t = Market Value Added, MVA t = Veränderung des Market Value Added, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, t = Zeitindex Der Kapitalmarkt bewertet das Vermögen im Zeitpunkt t-1 (NOA BW,t-1 + MVA t-1 ) und die Wertsteigerung des Vermögens (NOPAT t + MVA t ) zu Marktwerten. Der EVA ®™ als Steuerungsgröße zielt aber nicht darauf ab, die Wertsteigerung wie der Kapitalmarkt zu messen, sondern als Steuerungsgröße ökonomisch sinnvolle, also unternehmenswertsteigernde Steuerungsimpulse zu geben. 3.8 Fallstudie zur Ermittlung des EVA ®™ Ziel dieser Fallstudie ist es, den konzeptionellen Zusammenhang zwischen der Berechnung des Übergewinns und der Berechnung des EVA ®™ zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte werden in dieser Fallstudie beleuchtet: zur Berücksichtigung des Steuervorteils im WACC, zur getrennten Ermittlung des operativen Übergewinns, zur vereinfachten Berechnung des EVA ®™ und zur prognostizierten marktwertorientierten Berechnung des EVA ®™ . Ausgangsdaten (vgl. Fallstudie zur Ermittlung des Übergewinns 3.3): Zur Aufwandsstruktur: Im Zeitpunkt t-1 hat die „Autohaus DUCK AG“ Eigenkapital i.H.v. 1.200 GE, Kredite i.H.v. 1.200 GE und Verb. aus L&L i.H.v. 528 GE bilanziert. Zur Vermögensstruktur: Das Kapital ist im Anlagevermögen (1.000 GE), in den Vorräten (704 GE), in den Ford. aus L&L (600 GE), in den kurzfristigen Finanzanlagen (600 GE) und in den liquiden Mitteln (24 GE) gebunden. Das Unternehmen erwirtschaftet mit dem im Unternehmen gebundenen Kapital Umsatzerlöse i.H.v. 8.000 GE, Finanzerträge i.H.v. 18 GE und einen Gewinn i.H.v. 54 GE. Die folgende Abbildung gibt die Bilanz im Zeitpunkt t-1 und die GuV für die Periode t der „Autohaus DUCK AG“ wieder: <?page no="146"?> 3.8 Fallstudie zur Ermittlung des EVA®™ 147 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 88: Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zur Ermittlung des EVA ®™ Der vertraglich vereinbarte Zinssatz für die Kredite beträgt 5%. Die Eigenkapitalgeber können das Eigenkapital alternativ investieren. Für eine Anlage mit dem gleichen Risiko erwarten Anleger eine Rendite i.H.v. 10%. Der Unternehmenssteuersatz beträgt 30%. Zur Berücksichtigung des Steuervorteils im WACC: Das Unternehmen erwirtschaftet mit dem Gesamtkapital im Zeitpunkt t-1 - bewertet zu Buchwerten - einen Gewinn vor Zinsen und Steuern in der Periode t i.H.v. 137,2 GE. Wird der Gewinn vor Zinsen und Steuern mit dem Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% versteuert, so wird der Steuervorteil - d.h. der Umstand, dass Fremdkapitalzinsen den Steueraufwand verringern - nicht im Bruttogewinn erfasst. Es wird daher ein Bruttogewinn nach Abzug von fiktiven Steuern (BG fikt.St.,t ) berechnet, den das Unternehmen erwirtschaften würde, wenn es kein Fremdkapital aufgenommen bzw. sich vollständig mit Eigenkapital finanziert hätte. Bei der Berechnung des Entity-Übergewinns wird der Bruttogewinn, d.h. die Wertsteigerung des Gesamtkapitals, mit dem Gesamtkapitalkostensatz, d.h. mit der erwarteten Rendite einer alternativen Anlage des Gesamtkapitals, verglichen. Der Steuervorteil kann entweder im Bruttogewinn oder im Gesamtkapitalkostensatz (WACC) berücksichtigt werden. Wenn der Steuervorteil im Gesamtkapitalkostensatz berücksichtigt wird, dann wird der Fremdkapitalkostensatz (r FK ) mit (1-s) multipliziert, weil der Fremdkapitalkostensatz (r FK ) multipliziert mit dem verzinslichen Fremdkapital (r FK × verz.FK t-1 ) die Zinsen sind, die den Steueraufwand verringern: Wird der Steuervorteil anstatt im Bruttogewinn im Gesamtkapitalkostensatz berücksichtigt, so ändert dieses Vorgehen nicht die Höhe des Übergewinns. Der Steuervorteil wird bloß an anderer Stelle - anstatt im Bruttogewinn nun in den Gesamtkapitalkosten - ausgewiesen: GuV in GE t Anlagevermögen 1.000 Umsatzerlöse 8.000 lang. Finanzanlagen 0 1.200 Eigenkapital - Materialaufwand -7.040,0 Vorräte 704 - Personalaufwand -288 Ford. L&L 600 1.200 Kredite - Abschreibungen -400 kurz. Finanzanlagen 600 528 Verb. aus L&L -/ + Sonstige Auf./ Erträge -152,8 Liquide Mittel 24 0 kurz. Rückstellungen = Betriebsergebnis (oEBIT) 119,2 2.928 2.928 + Finanzerträge 18 - Finanzaufwendungen -60 = Finanzergebnis -42 = Gewinn vor Steuern (EBT) 77,2 - Steueraufwand -23,2 = Gewinn (EAT) 54,0 Bilanz t-1 in GE "Autohaus DUCK AG" Aktiva Passiva AV EK UV FK <?page no="147"?> 148 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 89: Berechnung des Entity-Übergewinns unter Berücksichtigung von fiktiven Steuern Durch die fiktive Besteuerung des Bruttogewinns mit dem Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% wird der Steuervorteil aus der Gewinngröße herausgerechnet. Durch die Reduktion der Fremdkapitalkosten um den Steuervorteil wird der Steuervorteil in den Kapitalkosten erfasst. Da der Bruttogewinn und die Gesamtkapitalkosten um den gleichen Steuervorteil reduziert werden, ist der Equity-Übergewinn gleich dem Entity- Übergewinn - gleich ob der Steuervorteil in der Gewinngröße oder im Gesamtkapitalkostensatz erfasst wird: Abb. 90: Vergleich Equity- und Entity-Übergewinn unter Berücksichtigung von fiktiven Steuern Zur getrennten Ermittlung des operativen Übergewinns: Eigen- und verzinsliche Fremdkapitalgeber investieren in ein Unternehmen. Das Unternehmen kann das Gesamtkapital sowohl in das operative als auch in das nicht operative Vermögen investieren. Sowohl operative als auch nicht operative Ertragsüberschüsse tragen zur Erwirtschaftung des gesamten Übergewinns im Unternehmen bei. Zur differenzierteren Erfassung der operativen Wertschaffung kann der Übergewinn des Gesamtunternehmens getrennt werden in einen operativen und einen nicht operativen Übergewinn. In der Gewinn- und Verlustrechnung wird das Betriebsergebnis (oEBIT) getrennt von dem Finanzergebnis (FE) ausgewiesen. Wird das Betriebsergebnis als operatives Ergebnis und das Finanzergebnis als nicht operatives Ergebnis definiert, so kann der Übergewinn getrennt für das Betriebsvermögen und für das Finanzanlagevermögen berechnet werden. Wird angenommen, die Rendite der Finanzerträge ist gleich dem Opportunitätskostensatz und der Buchwert der Finanzanlagen ist gleich dem Marktwert der Finanzanlagen, dann kann der operative Wertbeitrag folgendermaßen berech- "Autohaus DUCK AG" t Gesamtkapital = Eigen- und verz. Fremdkapital (GK BW,t-1 ) 2.400,0 Gewinn vor Zinsen und Steuern (siehe GuV) 137,2 fiktive Steuern (Gewinn vor Zinsen und Steuern×Steuersatz (0,3)) -41,2 = Bruttogewinn nach fiktiven Steuern t (BG fikt.St.,t ) 96,0 Gesamtkapitalkostensatz (WACC mit s ) 6,75% - Opportunitätskosten (GK BW,t-1 ×WACC mit s ) -162,0 = Übergewinn (ÜG BW ) -66,0 Gesamtkapitalrentabilität fikt.St 4,0% Entity-Übergewinn: Berücksichtigung des Steuervorteils im WACC: Steuervorteil Kapitalgröße EK BW,t-1 1.200,0 GK BW,t-1 2.400,0 GK BW,t-1 2.400,0 Gewinngröße vor Steuern G vor St.,t 77,2 BG vor St.,t 137,2 BG vor St.,t 137,2 - Steuern / fiktive Steuern G vor St.,t ×s -23,2 G vor St.,t ×s -23,2 BG vor St.,t ×s -41,2 -18,0 = Gewinngröße nach Steuern G t 54,0 BG t 114,0 BG n.fikt.St.,t 96,0 Opportunitätskostensatz r EK 10,0% WACC 7,5% WACC 6,8% - Opportunitätskosten EK-Kosten -120,0 GK-Kosten -180,0 GK-Kosten -162,0 18,0 = Übergewinn (ÜG BW ) ÜG BW -66,0 ÜG BW -66,0 ÜG BW -66,0 Rentabilität EKR 4,5% GKR 4,8% GKR 4,0% Equity ÜG BW Entity ÜG BW Entity ÜG BW, fikt. St. Ermittlung des Übergewinns: "Autohaus DUCK AG" <?page no="148"?> 3.8 Fallstudie zur Ermittlung des EVA®™ 149 uvk-lucius.de/ wert-controlling net werden (vgl. Fallstudie zur Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Kapitel 2.7.2.5): Abb. 91: Berechnung des operativen Übergewinns Der Übergewinn des Gesamtunternehmens verändert sich nicht durch die getrennte Berechnung des Übergewinns für das operative und nicht operative Vermögen: Abb. 92: Zum Verhältnis der Ermittlung des Entity-Übergewinns und der getrennten Ermittlung des operativen und nicht-operativen Übergewinns Zur vereinfachten Berechnung des EVA ®™ : In der Grundform kann der EVA ®™ folgendermaßen definiert werden: In Bezug auf die konzeptionelle Berechnung können wir nun folgende Aussagen treffen: "Autohaus DUCK AG" t operativ gebundenes Gesamtkapital t-1 (EK t-1 +verz. FK t-1 -NBV t-1 =oGK BW,t-1 ) 1.800,0 operativer Gewinn vor Zinsen und Steuern (siehe oEBIT t in der GuV) 119,2 fiktive Steuern (oEBIT t × Steuersatz (0,3)) -35,8 = operativer Bruttogewinn nach fiktiven Steuern (oBG fikt.St.,t ) 83,4 risikoadjustierter Gesamtkapitalkostensatz (oWACC mit s ) 8,30% risikoadjustierte Gesamtkapitalkosten (oGK BW,t-1 ×WACC mit s ) -149,4 = risikoadjustierter operativer Übergewinn (oÜG BW ) -66,0 operative Gesamtkapitalrentabilität fikt.St. 4,6% "Autohaus DUCK AG" t Finanzanlagen (FA t-1 ) = nicht operativ gebundenes Vermögen t-1 (noGK t-1 ) 600,0 Finanzerträge (FE t , = noBG vor St.,t siehe GuV) 18,0 fiktive Steuern (FE t × Steuersatz (0,3)) -5,4 = Finanzerträge nach fiktiven Steuern (FE fikt.St.,t = noBG fikt.St.,t ) 12,6 risikoadjustierter Gesamtkapitalkostensatz (noWACC mit s ) 2,10% risikoadjustierte Opportunitätskosten (FA BW,t-1 ×WACC mit s ) -12,6 = risikoadjustierter nicht operativer Übergewinn (noÜG BW ) 0,0 nicht operative Gesamtkapitalrentabilität fikt.St 2,1% = operativer und nicht operativer Übergewinn -66,0 Ø Gesamtkapitalrentabilität fikt.St 4,0% Trennung des operativen und nicht operativen Entity-Übergewinns: Berücksichtigung des Steuervorteils im WACC: Kapitalgröße GK BW,t-1 2.400,0 oGK BW,t-1 1.800,0 noGK BW,t-1 600,0 2.400,0 Gewinngröße vor Steuern BG vor St.,t 137,2 oBG vor St.,t 119,2 noBG vor St.,t 18,0 137,2 fiktive Steuern BG vor St.,t ×s -41,2 oBG vor St.,t ×s -35,8 noBG vor St.,t ×s -5,4 -41,2 = Gewinngröße nach Steuern BG fikt.St.,t 96,0 oBG fikt.St.,t 83,4 noBG fikt.St.,t 12,6 96,0 Opportunitätskostensatz WACC 6,8% oWACC 8,3% noWACC 2,1% Ø - Opportunitätskosten GK-Kosten -162,0 oGK-Kosten -149,4 noGK-Kosten -12,6 -162,0 = Übergewinn (ÜG BW ) ÜG BW -66,0 oÜG BW -66,0 noÜG BW 0,0 -66,0 Rentabilität GKR 4,0% oGKR 4,6% noGKR 2,1% Ø Entity ÜG BW, fikt. St. op. ÜG BW, fikt. St. n. op. ÜG BW, fikt. St. "Autohaus DUCK AG" Ermittlung des Übergewinns: <?page no="149"?> 150 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Wenn das oEBIT gleich dem Betriebsergebnis ist, dann sind die NOA gleich dem Betriebsvermögen und der WACC gibt den risikoadjustierten betrieblichen Gesamtkapitalkostensatz wieder. Der Wertbeitrag des Gesamtvermögens setzt sich zusammen aus dem Wertbeitrag der Betriebstätigkeit und dem Wertbeitrag des nicht betrieblichen Vermögens. Die Ertragsüberschüsse und Vermögenswerte, die nicht zur Betriebstätigkeit zählen, sind im nicht betrieblichen Vermögen zu erfassen. Das EBIT wird mit (1-s) multipliziert, d.h. es wird eine fiktive Eigenfinanzierung angenommen. Der Steuervorteil ist daher in den WACC zu integrieren. Zur prognostizierten marktwertorientierten Berechnung des EVA ®™ : Der erwartete EVA ®™ kann für das Gesamtunternehmen folgendermaßen berechnet werden: Der erwartete EVA ®™ - berechnet auf Basis von Marktwerten - ist theoretisch immer gleich null, weil Investoren bei einer Investition in den Marktwert des Gesamtkapitals (GK BW,t + MVA t ) eine erwartete Rendite in Höhe des WACC erhalten. Zur ökonomischen Begründung: Der Marktwert des Gesamtkapitals kann durch den Gegenwartswert des Gesamtkapitals rechnerisch bestimmt werden (vgl. Fallstudie zum WACC-Ansatz Kapitel 2.7.2.3.4). Der Gegenwartwert des Gesamtkapitals ist jener Wert, bei dem die Investoren indifferent sind zwischen der Investition in das Unternehmen (d.h. Gegenwartswert des Gesamtkapitals) und der risikoadäquaten Alternativanlage (WACC). Ein positiver erwarteter EVA ®™ - berechnet auf Basis von Marktwerten - kann nur dann zustande kommen, wenn die Investoren fingieren, dass sie das Gesamtkapital zu einem Betrag kaufen, der kleiner ist als der Gegenwartwert des Gesamtkapitals (positiver Kapitalwert). Unter der Annahme eines effizienten Kapitalmarkts ist der Marktwert des Gesamtkapitals gleich dem Gegenwartswert des Gesamtkapitals, d.h. Über- oder Unterbewertungen werden ausgeschlossen, so dass der prognostizierte EVA ®™ - berechnet auf Basis von Marktwerten - theoretisch immer gleich null ist. Wird der EVA ®™ auf Basis von Marktwerten berechnet, so drückt der tatsächlich erwirtschaftete EVA ®™ am Ende der Periode die Wertsteigerung in Bezug zu den Erwartungen am Anfang der Periode aus. Zur Berechnung: In der Fallstudie zum DCF-WACC-Ansatz (vgl. Kapitel 2.7.2.3.4) wird der Marktwert des Gesamtkapitals im Zeitpunkt t (3068,2 GE) und im Zeitpunkt t+1 (3.652,1 GE) rechnerisch ermittelt. Der Buchwert des Gesamtkapitals beträgt im Zeitpunkt t 3.000 GE, im Zeitpunkt t+1 3.600 GE, der Bruttogewinn nach fiktiven Steuern in der Periode t+1 225,4 GE und der WACC - berechnet zu Marktwerten - 6,822%. Auf Grundlage dieser Ausgangsdaten kann der prognostizierte EVA ®™ folgendermaßen berechnet werden: <?page no="150"?> 3.9 Fallstudie zu Anpassungen des EVA®™ 151 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 93: Berechnung des marktwertbasierten EVA ®™ Da wir eine Investition in das Gesamtkapital zu Marktwerten annehmen, wird konsistent hierzu der WACC zu Marktwerten berechnet. Ein positiver EVA ®™ tritt nur dann ein, wenn das Unternehmen die Erwartungen des Kapitalmarkts übertrifft, d.h. höhere Bruttogewinne bzw. Free Cashflows erwirtschaftet als bei der Prognose im DCF- Verfahren angenommen wird. 3.9 Fallstudie zu Anpassungen des EVA ®™ Ziel dieser Fallstudie ist es, Methodik und Zweck einer angepassten Berechnung des EVA ®™ darzustellen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte werden in dieser Fallstudie beleuchtet: zur Berechnung des EVA ®™ ohne Anpassungen, zur Analyse des EVA ®™ ohne Anpassungen, zur Anpassung der Erfolgs- und Vermögensgröße im Kontext der Unternehmenswertberechnung. Ausgangsdaten: Zur Darstellung von Methodik und Zweck einer Adjustierung des EVA ®™ greifen wir auf die Daten der „Autohaus DUCK AG“ zurück (vgl. DCF-Equity-Ansatz Kapitel 2.7.2.2). Wiederholung der wichtigsten Annahmen (Gründung bis t): Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Die „Autohaus DUCK AG“ verkauft pro Autohaus 40 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.000 GE Umsatzerlöse je Autohaus). Die betrieblichen Aufwendungen betragen konstant 1.945,2 GE je Autohaus. In der Periode t wird eine Prozessrückstellung i.H.v. 100 GE gebucht, die in der Periode t+1 beglichen wird. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: In jeder Periode wird ein Autohaus neu gegründet. Bei der Gründung eines Autohauses werden 400 GE im Anlagevermögen, 194 GE im Working Capital und 6 GE in den betriebs- "Autohaus DUCK AG" t Gegenwartsw ert des Gesamtkapitals t (siehe Fallstudie DCF-WACC-Ansatz) 3.068,2 - Gesamtkapital = Eigen- und verz. Fremdkapital (GK BW,t ) 3.000,0 = Market Value Added (MVA t ) 68,2 Gegenwartsw ert des Gesamtkapitals t+1 (siehe Fallstudie DCF-WACC-Ansatz) 3.652,1 - Gesamtkapital = Eigen- und verz. Fremdkapital (GK BW,t+1 ) 3.600,0 = Market Value Added (MVA t+1 ) 52,1 Bruttogewinn nach fiktiven Steuern (BG fikt.St.,t+1 ) 225,4 Market Value Added ( MVA t ) -16,1 "Autohaus DUCK AG" t Gegenwartsw ert des Gesamtkapitals t-1 3.068,2 marktorientierter Gewinn (BG fikt.St.,t + MVA t ) 209,3 Gesamtkapitalkostensatz zum Marktwerten (WACC mit s ) 6,822% - Opportunitätskosten (GK BW,t-1 ×WACC mit s ) -209,3 = operativer Übergewinn (oÜG BW =EVA) 0,0 Gesamtkapitalrentabilität fikt.St. 6,822% marktwertorientierte Berechnung des Entity-Übergewinns: Berücksichtigung des Steuervorteils im WACC: <?page no="151"?> 152 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling notwendigen liquiden Mitteln gebunden. Insgesamt fallen bei der Gründung eines Autohauses Erweiterungsinvestitionen (EI) i.H.v. 600 GE an. Zur Finanzierung der Erweiterungsinvestitionen: Die eine Hälfte der Erweiterungsinvestitionen wird mit Eigenkapital ( EK = 300 GE), die andere Hälfte mit verzinslichem Fremdkapital finanziert ( verz. FK = 300 GE). Die „Autohaus DUCK AG“ kann Kredite zu einem Zinssatz von 5% aufnehmen (15 GE Zinsaufwand je Autohaus). Der Fremdkapitalkostensatz verändert sich nicht im Zeitablauf, d.h. der Buchwert des verzinslichen Fremdkapitals ist gleich dem Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals (r FK = konstant 5%). Der Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber beträgt konstant 10% (r EK = konstant 10%). Das operative Vermögen (NOA) wird bei der Berechnung des EVA ®™ kalkulatorisch verzinst. Wir nehmen einen risikoadjustierten operativen konstanten WACC i.H.v. 8% an (vgl. Fallstudie zur Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Kapitel 2.7.2.5). Zur Entwicklung des Finanzanlagevermögens und der Ausschüttungspolitik: Der Gewinn nach Steuern wird an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet. Die Ausschüttungsquote beträgt 100%. In Höhe der Abschreibungen werden kurzfristige Finanzanlagen mit einer Verzinsung i.H.v. 3% gekauft. Die Verzinsung der Finanzanlagen verändert sich im Zeitablauf nicht. Der Buchwert der Finanzanlagen ist gleich dem Marktwert der Finanzanlagen. Zur Berechnung der Steuern: Der Gewinn vor Steuern wird mit einem Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% versteuert. Veränderung der Annahmen (Perioden t+1 bis t+3): Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Ab t+1 verkauft die „Autohaus DUCK AG“ pro Autohaus 41 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.050 GE Umsatzerlöse je Autohaus). Die betrieblichen Aufwendungen betragen ab der Periode t+1 konstant 1.989,2 GE je Autohaus. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: In den Perioden t+1 und t+2 wird je ein Autohaus neu gegründet. Ab der Periode t+3 werden keine Autohäuser mehr gegründet. Wir erwarten, dass das Unternehmen am Ende der Periode T verkauft wird. Der Restwert des operativen Vermögens am Ende der Periode T ist gleich der ewigen Rente i.H.v. 3.724 GE. Der NOPAT wird zur Berechnung des EVA ®™ aus den ermittelten Daten des externen Rechnungswesens abgeleitet. Die Erträge und Aufwendungen der „Autohaus DUCK AG“, die das externe Rechnungswesen zeigt, werden in der folgenden Gewinn- und Verlustrechnung nach Aufwandsarten gegliedert von der Periode t-3 bis zur Periode t+3 wiedergeben: <?page no="152"?> 3.9 Fallstudie zu Anpassungen des EVA®™ 153 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 94: Entwicklung der Gewinn- und Verlustrechnung der „Autohaus DUCK AG“ Die NOA werden aus der Bilanz abgeleitet. Die folgende Abbildung stellt die Entwicklung des Vermögens und des Eigen- und Fremdkapitals - bewertet zu Buchwerten durch das externe Rechnungswesen - von der Gründung bis zur Periode t+3 dar: Abb. 95: Entwicklung der Bilanz der „Autohaus DUCK AG“ Zur Berechnung des EVA ®™ ohne Anpassungen: Wir gehen von folgender Definition bei der Berechnung des EVA ®™ ohne Anpassungen aus: Das Eigenkapital zuzüglich des verzinslichen Fremdkapitals bzw. die Bilanzsumme abzüglich der Verbindlichkeiten ohne expliziten Zinsausweis führt zum Gesamtkapital. Der WACC gibt die Opportunitätskosten des Gesamtkapitals bzw. die durchschnittlichen Opportunitätskosten der Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber wieder. Mit den NOA wird das oEBIT erwirtschaftet. Wir definieren die kurz- und langfristigen Finanzanlagen als nicht betriebliches Vermögen. Folglich sind die Finanzerträge nicht im oEBIT und die Finanzanlagen nicht in den NOA enthalten. Nicht betriebliche Vermögenswerte, wie z.B. überschüssige liquide Mittel, unbenutzte Grundstücke etc., gibt es nicht. Der Steuersatz beträgt 30%, der WACC konstant 8%. Der EVA ®™ entwickelt sich folgendermaßen von der Periode t-3 bis zur Periode t+3: GuV in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250 12.300 14.350 - Materialaufwand -1.760 -3.520 -5.280 -7.040 -9.020 -10.824 -12.628 - Personalaufwand -72 -144 -216 -288 -360 -432 -504 - Abschreibungen -100 -200 -300 -400 -500 -600 -700 -/ + Sonstige Aufwendungen/ Erträge -13,2 -26,4 -39,6 -152,8 -66,0 -79,2 -92,4 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 - Finanzaufw endungen -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = Finanzergebnis -15,0 -27,0 -36,0 -42,0 -57,0 -69,0 -78,0 = Gewinn vor Steuern (EBT) 39,8 82,6 128,4 77,2 247,0 295,8 347,6 - Steueraufw and -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 -74,1 -88,7 -104,3 = Gewinn (EAT) 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 207,1 243,3 Prognose Vergangenheitsanalyse Bilanz in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Anlagevermögen 400 700 900 1.000 1.400 1.700 1.900 1.900 + lang. Finanzanlagen 0 0 0 0 0 0 0 0 + Vorräte 176 352 528 704 880 1.056 1.232 1.232 + Ford. L&L 150 300 450 600 750 900 1.050 1.050 + kurz. Finanzanlagen 0 100 300 600 600 700 900 900 + Liquide Mittel 6 12 18 24 130 36 42 42 = Aktiva 732 1.464 2.196 2.928 3.760 4.392 5.124 5.124 Eigenkapital 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 + verz. Fremdkapital 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 + Verb. L&L 132 264 396 528 660 792 924 924 + kurz. Rückstellungen 0 0 0 0 100 0 0 0 = Passiva 732 1.464 2.196 2.928 3.760 4.392 5.124 5.124 Vergangenheitsanalyse Prognose Gründung <?page no="153"?> 154 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 96: Berechnung des EVA ®™ ohne Anpassungen von der Periode t-3 bis t+3 Zur Analyse des EVA ®™ ohne Anpassungen: Der EVA ®™ steigt im Zeitablauf an. Bei einem negativen EVA ®™ erwirtschaftet das Unternehmen nicht die Opportunitätskosten. Bei einem positiven EVA ®™ erwirtschaftet das Unternehmen mehr als die Opportunitätskosten. Erwirtschaftet das operative Vermögen langfristig nicht die Opportunitätskosten, so ist das operative Vermögen als Anlageobjekt uninteressant. Erwirtschaftet das operative Vermögen langfristig mehr als die Opportunitätskosten, so kann sich das Unternehmen am Kapitalmarkt leicht finanzieren: Das operative Vermögen ist grundsätzlich als Anlageobjekt interessant. Der NOPAT und die NOA werden aus den Daten des externen Rechnungswesens abgeleitet. Folglich kann mit Hilfe des NOPAT und der NOA die erwirtschaftete Vermögenssteigerung im Verhältnis zu den Opportunitätskosten (wertorientierte Erfolgsmessung) nur so gut wiedergegeben werden, wie das externe Rechnungswesen den Erfolg ermittelt (traditionelle Erfolgsmessung). Im Rahmen der Analyse des EVA ®™ werden jene Faktoren gesucht, die den EVA ®™ beeinflussen. Durch die strukturierte Erfassung der Einflussfaktoren erhält der Analyst ein tieferes Verständnis für den Erfolg des operativen Geschäfts. Aus diesem tieferen Verständnis heraus kann der Analyst dann Anpassungen bei der Berechnung des EVA ®™ vornehmen, um die Aussagekraft dieser Kennzahl für Steuerungszwecke zu steigern. Die Einflussfaktoren, die den Erfolg der „Autohaus DUCK AG“ beeinflussen, werden in der folgenden Abbildung dargestellt: Abb. 97: Analyse des EVA ®™ ohne Anpassungen von der Periode t-3 bis t+3 Annahme: WACC = 8,0% Erfolgsgröße Gründung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250 12.300 14.350 oEBIT 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 fiktive Steuern -16,4 -32,9 -49,3 -35,8 -91,2 -109,4 -127,7 = NOPAT 38,4 76,7 115,1 83,4 212,8 255,4 297,9 EK und verz. FK 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 kurz. und lang. FA 0 100 300 600 600 700 900 900 = NOA 600 1.100 1.500 1.800 2.400 2.900 3.300 3.300 WACC = konstant 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% - Opportunitätskosten -48,0 -88,0 -120,0 -144,0 -192,0 -232,0 -264,0 = EVA unadjusted -9,6 -11,3 -4,9 -60,6 20,8 23,4 33,9 Prognose Analyse t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 EVA unadjusted -9,6 -11,3 -4,9 -60,6 20,8 23,4 33,9 RONA unadjusted 6,4% 7,0% 7,7% 4,6% 8,9% 8,8% 9,0% WACC = konstant 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% außerordentlich/ aperiodisch -100 Anzahl Autohäuser 1 2 3 4 5 6 7 7 ØKapitalbindung NOA 600 550 500 450 480 483 471 471 ØKapitalbindung GK 600 600 600 600 600 600 600 600 Absatz Autos 40 80 120 160 205 246 287 ØAbsatz Autos 40 40 40 40 41 41 41 Gründung <?page no="154"?> 3.9 Fallstudie zu Anpassungen des EVA®™ 155 uvk-lucius.de/ wert-controlling Für die Analyse kann der EVA ®™ folgendermaßen mathematisch umformuliert werden: Die Formel zeigt auf, dass das Unternehmen dann einen positiven EVA ®™ erwirtschaftet, wenn das Unternehmen einen höhere Rentabilität auf das operative Vermögen (Return On Net Assets, RONA) erwirtschaftet als der Opportunitätskostensatz (WACC). Der RONA steigt - ausgenommen die Periode t - von der Periode t-3 bis zur Periode t+3 an. Für diese Entwicklung gibt es bei der „Autohaus DUCK AG“ drei Gründe: Erstens Entwicklung Absatz und Auslastung der Kapazität: Die „Autohaus DUCK AG“ kann ab der Periode t+1 pro Autohaus je ein Auto mehr verkaufen. Bei konstanten Fixkosten und konstanten Verkaufspreisen führt dies zu einer deutlichen Erhöhung des EVA ®™ . Die ökonomische Schlussfolgerung: Management und Mitarbeiter wirtschaften mit dem Gesamtkapital profitabel und setzen das Kapital - auch im Vergleich zu den Opportunitätskosten - gut ein. Zweitens der Abschreibungseffekt: Zur Gründung eines Autohauses investiert die „Autohaus DUCK AG“ 400 GE in das Anlagevermögen. Das Anlagevermögen wird über vier Perioden gleichmäßig abgeschrieben. Innerhalb der vier Perioden verringert sich die Kapitalbindung, d.h. der EVA ®™ steigt, ohne dass das Unternehmen die Umsätze zu erhöhen oder die Kosten zu senken braucht. Der „Abschreibungseffekt“ verzerrt daher die ökonomische Interpretation des EVA ®™ . Hier gründet die „Autohaus DUCK AG“ in jeder Periode ein neues Autohaus. Durch stetige Investitionen konvergiert die Summe der NOA der einzelnen Autohäuser zum durchschnittlich gebundenen Kapital ®™ (vgl. Analyse und Prognose der Vermögensstruktur Kapitel 1.1.3.5). Der „Abschreibungseffekt“ hat dadurch nur noch eine geringe Auswirkung auf die Berechnung des EVA ®™ . Bilanzpolitisch könnte die „Autohaus DUCK AG“ Investitionen verzögern (Investitionsstau, veraltete Anlagen), um einen nicht adjustierten EVA ®™ bilanzpolitisch - aber nicht ökonomisch - zu erhöhen. Die ökonomische Schlussfolgerung: Management und Mitarbeiter setzen in den ersten vier Perioden das Gesamtkapital von Periode zu Periode nicht besser ein, die Rentabilität und der EVA ®™ pro Autohaus verbessern sich lediglich durch den „Abschreibungseffekt“. Ziel einer Adjustierung des NOPAT und der NOA könnte es hier sein, den Abschreibungseffekt bei der Berechnung des EVA ®™ zu neutralisieren. Drittens aperiodische und außerordentliche Effekte: Der EVA ®™ in der Periode t wird durch die Bildung einer einmaligen Prozessrückstellung verzerrt. Die ökomische Schlussfolgerung: Die voraussichtliche Auszahlung für den Prozess in der nächsten Periode verringert den Unternehmenswert - Management und Mitarbeiter erbringen aber im operativen Geschäft pro Autohaus die gleiche Leistung wie die Perioden zuvor. Ziel einer Adjustierung des NOPAT und der NOA könnte es hier sein, aperiodische und außerordentliche Effekte bei der Berechnung des EVA ®™ zu neutralisieren. <?page no="155"?> 156 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Anpassung der Erfolgs- und Vermögensgröße im Kontext der Unternehmenswertberechnung: Der Gegenwartwert der NOA kann durch die Prognose und Diskontierung der oFCF folgendermaßen bestimmt werden: Abb. 98: Berechnung des Gegenwartswerts der NOA durch die Diskontierung der oFCF Alternativ kann der Gegenwartswert der NOA durch die Prognose und Diskontierung der EVA ®™ berechnet werden. Der Gegenwartswert der oFCF ist gleich dem Gegenwartswert der EVA ®™ zuzüglich des gebundenen Kapitals (NOA) im Bewertungszeitpunkt, soweit das Kongruenzprinzip erfüllt ist (vgl. Lücke-Theorem Kapitel 3.4): Abb. 99: Berechnung des Gegenwartswerts der NOA durch die Diskontierung der EVA ®™ Annahme: WACC = 8,0% oFCF t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250,0 12.300,0 14.350,0 oEBIT 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 fiktive Steuern -16,4 -32,9 -49,3 -35,8 -91,2 -109,4 -127,7 = 38,4 76,7 115,1 83,4 212,8 255,4 297,9 - EI betr. AV -400,0 -300,0 -200,0 -100,0 -400,0 -300,0 -200,0 0,0 - EI WC i.w.S. -194,0 -194,0 -194,0 -194,0 -94,0 -294,0 -194,0 0,0 - EI LM -6,0 -6,0 -6,0 -6,0 -106,0 94,0 -6,0 0,0 = oFCF -600,0 -461,6 -323,3 -184,9 -516,6 -287,2 -144,6 297,9 + Restwert in T 3.724,0 = oFCF t + RW T -287,2 -144,6 4.021,9 0,9259 Gegenw artsw ert des NOA in t=2 0,9259 3.724,0 Gegenw artsw ert des NOA in t=1 0,9259 3.314,2 = Gegenw artsw ert des NOA in t 2.802,8 Gründung NOPAT Prognose Annahme: WACC = 8,0% EVA t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250,0 12.300,0 14.350,0 oEBIT 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 fiktive Steuern -16,4 -32,9 -49,3 -35,8 -91,2 -109,4 -127,7 = 38,4 76,7 115,1 83,4 212,8 255,4 297,9 EK und verz. FK 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 kurz. und lang. FA 0 100 300 600 600 700 900 900 = NOA 600 1.100 1.500 1.800 2.400 2.900 3.300 3.300 WACC = konstant 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% - Opportunitätskosten -48,0 -88,0 -120,0 -144,0 -192,0 -232,0 -264,0 = EVA -9,6 -11,3 -4,9 -60,6 20,8 23,4 33,9 + MVA in T 424,0 = EVA t + MVA T 20,8 23,4 457,9 0,9259 Gegenw artsw ert des MVA in t=2 0,9259 424,0 Gegenw artsw ert des MVA in t=1 0,9259 414,2 = Gegenw artsw ert des MVA in t 402,8 + Buchwert NOA in t 2.400,0 = Gegenw artsw ert des NOA in t 2.802,8 3.314,2 3.724,0 3.724,0 Prognose NOPAT Gründung <?page no="156"?> 3.9 Fallstudie zu Anpassungen des EVA®™ 157 uvk-lucius.de/ wert-controlling Nach dem Kongruenzprinzip ist die Summe der Einzahlungsüberschüsse des Gesamtunternehmens gleich der Summe der Ertragsüberschüsse des Gesamtunternehmens. Die Einzahlungsüberschüsse stehen fest - Ertragsüberschüsse ordnen die Einzahlungsüberschüsse lediglich verursachungsgerecht den Perioden zu. Anpassungen, die die NOA und die NOPAT verändern, verändern weder die Einzahlungsüberschüsse noch den Unternehmenswert. Einerseits kann durch Anpassungen der Fokus auf bestimmte Ertragsüberschüsse des Gesamtunternehmens gerichtet werden. Ziel der Fokussierung des EVA ®™ ist es, die Entwicklung der Leistungskraft des operativen Geschäfts klarer darzustellen (z.B. „operating conversion“). Andererseits können durch Anpassungen Ertragsüberschüsse des fokussierten operativen Geschäfts aus ökonomischen Überlegungen anders als im externen Rechnungswesen den Perioden zugeordnet werden (z.B. „shareholder conversion“). Soweit das Kongruenzprinzip eingehalten wird, verändert sich durch die Verschiebung der Ertragsüberschüsse nicht der Gegenwartswert der NOA (Lücke- Theorem). Nehmen wir das Folgende an: In der Periode t fällt - statt des aperiodischen Rückstellungsaufwands - ein Aufwand für eine Mitarbeiterfortbildung (Verkaufstraining) i.H.v. 100 GE an. Mitarbeiterfortbildungskosten dürfen im externen Rechnungswesen grundsätzlich nicht aktiviert werden. Folglich wird der oEBIT bzw. NOPAT durch die Verkaufsförderung um 100 GE bzw. 70 GE gemindert. Die Verschlechterung des EVA ®™ von 115,1 GE in der Periode t-1 auf 83,4 GE in der Periode t signalisiert eine geringere Leistungskraft des operativen Geschäfts. Ökonomisch betrachtet tritt aber genau das Gegenteil ein: Durch die Mitarbeiterfortbildung ist die künftige Leistungskraft des operativen Geschäfts gestiegen. Folglich kann im Rahmen der EVA ®™ -Adjustments der NOPAT um die Fortbildungskosten nach Steuern i.H.v. 70 GE in der Periode t erhöht werden. Die Fortbildungskosten werden dann in den NOA (70 GE) aktiviert und hier - nicht aus ökonomischen Überlegungen, sondern ausschließlich zur Verdeutlichung der Rechenschritte - über zwei Perioden abgeschrieben (je 35 GE): <?page no="157"?> 158 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 100: EVA ®™ -Ansatz: Anpassungen vor dem Hintergrund des Lücke-Theorems Unter der Beachtung des Kongruenzprinzips und des Lücke-Theorems verändert sich der Unternehmenswert durch diese Anpassungen nicht. Der EVA ®™ kann aber durch diese Anpassungen zu einem besseren Indikator der tatsächlichen Entwicklung der Leistungsfähigkeit des operativen Geschäfts werden. Manager, Mitarbeiter und Aktionäre können sich so an diesem Indikator orientieren - soweit sie das Unternehmen nicht selbst detaillierter analysieren und bewerten möchten. 3.10 CVA-Verfahren Der Cash Value Added (CVA) ist eine wertorientierte Kennzahl, die von der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) entwickelt wurde (vgl. Lewis 1994, S. 125). Ziel der Kennzahl CVA ist es, die Wertsteigerung in einer Periode im Vergleich zu den Opportunitätskosten zu messen. Bei der Berechnung des CVA wird die Wertsteigerung der Vermögensgröße nicht auf Basis von adjustierten Ertragsüberschüssen, sondern auf Basis von Einzahlungsüberschüssen ermittelt („Cash Value Added“). Der CVA wird einerseits konzeptionell ähnlich und anderseits konzeptionell unterschiedlich im Vergleich zu den vorgestellten Übergewinn-Konzepten berechnet (vgl. Knorren 1998, S. 79): Annahme: WACC = 8,0% EVA adjusted t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250,0 12.300,0 14.350,0 oEBIT 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 fiktive Steuern -16,4 -32,9 -49,3 -35,8 -91,2 -109,4 -127,7 = 38,4 76,7 115,1 83,4 212,8 255,4 297,9 + Korrektur Aufwand in Periode t 100 - Erfassung Aufwands in Periode t+1 und t+2 -50 -50 fiktive Steuern -30 15 15 = oNOPAT adjusted 38,4 76,7 115,1 153,4 177,8 220,4 297,9 EK und verz. FK 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 kurz. und lang. FA 0 100 300 600 600 700 900 900 = NOA 600 1.100 1.500 1.800 2.400 2.900 3.300 3.300 + fiktive Aktivierung 70 35 = NOA adjusted 600 1.100 1.500 1.800 2.470 2.935 3.300 3.300 WACC = konstant 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% - Opportunitätskosten -48,0 -88,0 -120,0 -144,0 -197,6 -234,8 -264,0 = EVA unadjusted -9,6 -11,3 -4,9 9,4 -19,8 -14,4 33,9 + MVA in T 424,0 = EVA t + MVA T -19,8 -14,4 457,9 0,9259 Gegenw artsw ert des MVA in t=2 0,9259 424,0 Gegenw artsw ert des MVA in t=1 0,9259 379,2 = Gegenw artsw ert des MVA in t 332,8 + Buchwert NOA in t 2.470,0 = Gegenw artsw ert des NOA in t 2.802,8 3.314,2 3.724,0 3.724,0 Gründung Prognose NOPAT <?page no="158"?> 3.10 CVA-Verfahren 159 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, G t = Gewinn, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, BG t = Bruttogewinn, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, EVA ®™t = Economic Value Added, RONA t = Return On Net Asset, NOA BW,t-1 = Buchwert Net Operating Assets, CVA t = Cash Value Added , CFROI t = Cashflow Return on Investment, BIB t-1 = Buchwert operative Bruttoinvestitionsbasis, WACC = durchschnittlicher Gesamtkapitalkostensatz, t = Zeitindex Konzeptionelle Ähnlichkeiten: Bei der Berechnung des Übergewinns wird der Gewinn einer Periode mit dem erwarteten Gewinn aus einer Alternativanlage (Opportunitätskosten) verglichen. Das Eigenkapital - bewertet zu Buchwerten - multipliziert mit der Eigenkapitalrentabilität führt zum Gewinn bzw. zur Reinvermögensmehrung in der Periode t - ermittelt durch das externe Rechnungswesen. Das Gesamtkapital - bewertet zu Buchwerten - multipliziert mit der Gesamtkapitalrentabilität führt zum Bruttogewinn bzw. zur Vermögensmehrung des Gesamtkapitals in der Periode t - ermittelt durch das externe Rechnungswesen. Die Größe NOA - bewertet zu adjustierten Buchwerten - multipliziert mit dem RONA ist gleich dem adjustierten NOPAT bzw. der adjustierten Vermögensmehrung der NOA. D.h. die ermittelte Vermögensmehrung der Buchwerte der NOA wird bei der Berechnung des EVA ®™ aus ökonomischen Überlegungen heraus adjustiert. Die oBIB - bewertet zu adjustierten Buchwerten - multipliziert mit dem Cashflow Return on Investment (CFROI) ist gleich der ermittelten adjustierten Vermögensmehrung der oBIB bei der Berechnung des CVA. Alle Verfahren vergleichen die absolute bzw. relative Vermögensmehrung im Unternehmen mit den absoluten Opportunitätskosten bzw. dem relativen Opportunitätskostensatz (WACC). Konzeptionelle Unterschiede: Zur Berechnung der Kapitalrentabilität wird eine Gewinngröße in der Periode t (Gewinn, Bruttogewinn, NOPAT) durch das gebundene Kapital im Zeitpunkt t-1 (Eigenkapital, Gesamtkapital, NOA) geteilt. Zur Berechnung der Kapitalrentabilität müssen daher zuerst die Gewinngröße und die Kapitalgröße bestimmt werden, daraufhin können die Kapitalrentabilität - ökonomisch interpretiert als Verzinsung - und der Übergewinn berechnet werden. Der CFROI ist gleich dem internen Zinssatz aus einer potentiellen Investition in die adjustierte oBIB im Zeitpunkt t-1 - bewertet zu Buchwerten (vgl. Lewis 1994, S. 44). Zur Berechnung des CFROI müssen daher zuerst die oBIB im Zeitpunkt t-1, die Rückflüsse aus der Investition (Brutto Cashflows, BCF) und ein etwaiger potentieller Verkaufserlös am Ende der Investitionsperiode (nicht abschreibbares Vermögen) bestimmt werden, dann kann der Interne Zinssatz (CFROI) - ökonomisch interpretiert als Verzinsung - berechnet werden. <?page no="159"?> 160 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Der operative Brutto Cashflow (oBCF) kann folgendermaßen - ohne Adjustierungen - aus den Daten des externen Rechnungswesens abgeleitet werden (vgl. detaillierter Lewis 1994, S. 41f.; Weber/ Bramsemann/ Heineke/ Hirsch 2004, S. 79): Abb. 101: Berechnung des operativen Brutto Cashflow für die Berechnung CFROI Zwischen dem operativen Brutto Cashflow und dem bewertungsrelevanten operativen Free Cashflow besteht folgender Zusammenhang: Bei der Berechnung des oFCF werden Erweiterungsinvestitionen in das Anlagevermögen (EI AV), in das Working Capital i.w.S. (EI WC i.w.S.) und in die betriebsnotwendigen liquiden Mittel (EI LM) abgezogen. Vom operativen Brutto Cashflow werden weder Ersatznoch Erweiterungsinvestitionen in das Anlagevermögen (AV), in das Working Capital i.w.S. (EI WC i.w.S.) und in die betriebsnotwendigen liquiden Mittel (EI LM) abgezogen. Der operative Brutto Cashflow wird aus dem NOPAT dadurch abgeleitet, dass der NOPAT um die Abschreibungen bzw. Zuschreibungen erhöht bzw. verringert wird (vgl. detaillierter Lewis 1994, S. 41). Der NOPAT gibt den Erfolg bzw. die Vermögensmehrung in der Periode t wieder. Über die Totalperiode ist die Summe der NOPAT gleich der Summe der oFCF, d.h. über die Totalperiode kann der Erfolg bzw. die Vermögensmehrung auf Basis der NOPATs bzw. auf Basis der oFCF berechnet werden. Ziel des CFROI ist es, den Erfolg bzw. die Vermögensmehrung in der Periode t zu ermitteln. Weder der oBCF noch der oFCF messen den Erfolg in der Periode t: Der oBCF kann den Erfolg in der Periode t nicht messen, weil er Abschreibungen bzw. die korrespondierenden Investitionsauszahlungen außer Acht lässt. Der oFCF kann den Erfolg nicht messen, da Investitionsauszahlungen in der Periode t den oFCF - nicht aber unbedingt den Erfolg in der Periode t - mindern. Trotzdem kann mit Hilfe des BCF über die Totalperiode der Totalerfolg dann ermittelt werden, wenn folgende Annahmen getroffen werden: Investoren investieren im Zeitpunkt t-1 in das operative Vermögen (oBIB) - bewertet zu Buchwerten. Der oBCF, den das Unternehmen in der Periode t erwirtschaftet, bleibt über die Nutzungsdauer des Anlagevermögens konstant. Am Ende der Nutzungsdauer ist Berechnung des operativen BCF Vereinfachung: Umsatzerlöse Umsatzerlöse betriebliche Aufwendungen betriebliche Aufwendungen = Betriebsergebnis (oEBIT) = Betriebsergebnis (oEBIT) fiktive Steuern fiktive Steuern = NO PLAT / NOPAT = NOPLAT / NOPAT +/ - Abschreibungen/ Zuschreibungen Anlagevermögen + Abschreibungen = oBCF nach fiktiven Steuern = oBCF fikt.St -/ + Investitionen/ Desinvestitionen Anlagevermögen +/ - Zu-/ Abnahme kurzfristige Rückstellungen +/ - Zu-/ Abnahme Verbindlichkeiten aus L&L + sonstige Verb. -/ + Zu-/ Abnahme Forderungen aus L&L + sonstige Ford. -/ + Zu-/ Abnahme Vorräte -/ + Zu-/ Abnahme betriebsnotwendige liquide Mittel - EI LM = oFCF nach fiktiven Steuern = oFCF fikt.St. - EI AV - EI WC i.w.S. <?page no="160"?> 3.10 CVA-Verfahren 161 uvk-lucius.de/ wert-controlling das Anlagevermögen vollständig abgeschrieben, d.h. es werden keine Ersatz- oder Erweiterungsinvestitionen getätigt. Am Ende der Nutzungsdauer können die Investoren das nicht abschreibbare Anlagevermögen, das Working Capital und die betriebsnotwendigen liquiden Mittel aus dem Unternehmen entnehmen. Das nicht abschreibbare Anlagevermögen, das Working Capital i.w.S. und die betriebsnotwendigen liquiden Mittel können zusammengefasst als nicht abschreibbares Vermögen (naV) bezeichnet werden. Durch diese Annahmen entsteht ein Zahlungsstrom, der die finanziellen Rückflüsse aus einer Investition in die oBIB im Zeitpunkt t-1 beschreibt (vgl. Lewis 1994, S. 45): mit: KW t-1 = Kapitalwert, oBIB t-1 = Buchwert operative Bruttoinvestitionsbasis, oBCF t = operativer Brutto Cashflow, naV BW,ND = nicht abschreibbares Vermögen, ND = Nutzungsdauer des Anlagevermögens, WACC = durchschnittlicher Gesamtkapitalkostensatz, CFROI t = Cashflow Return on Investment, t = Zeitindex Dieser Zahlungsstrom kann mit Hilfe des Kapitalwertverfahrens oder mit Hilfe des internen Zinssatzes beurteilt werden. Der interne Zinssatz, d.h. der CFROI, ist jener Diskontierungszinssatz, der zu einem Kapitalwert i.H.v. null führt. Der CFROI im Verhältnis zum WACC kann nun folgendermaßen interpretiert werden: CFROI > WACC, KW > 0: Das Unternehmen hat die operative Bruttoinvestitionsbasis - bewertet zu Buchwerten - besser eingesetzt als die erwartete Opportunität. Eine Investition in die operative Bruttoinvestitionsbasis - bewertet zu Buchwerten - führt im Vergleich zu einer risikoadäquaten Alternativinvestition zu einem höheren Wert. CFROI < WACC, KW < 0: Das Unternehmen hat die operative Bruttoinvestitionsbasis - bewertet zu Buchwerten - schlechter eingesetzt als die erwartete Opportunität. Eine Investition in die operative Bruttoinvestitionsbasis - bewertet zu Buchwerten - vernichtet im Vergleich zu einer risikoadäquaten Alternativinvestition Wert. Aus dieser fingierten Investitionsbeurteilung kann der CFROI nun als Zinssatz interpretiert werden, soweit die Wiederanlageprämisse erfüllt ist (vgl. Auswirkung von Investitionen auf den Unternehmenswert Kapitel 2.1), den das Unternehmen mit der oBIB in der Periode t erwirtschaftet hat. Durch den CFROI, den WACC und die oBIB <?page no="161"?> 162 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling kann nun der CVA bestimmt werden (vgl. Weber/ Bramsemann/ Heineke/ Hirsch 2004, S. 73): mit: CVA t = Cash Value Added , CFROI t = Cashflow Return on Investment, BIB t-1 = Buchwert operative Bruttoinvestitionsbasis, WACC = durchschnittlicher Gesamtkapitalkostensatz, t = Zeitindex Die Höhe des CFROI misst, wie das operative Geschäft das eingesetzte Kapital (oBIB) verzinst. Da die Höhe der Verzinsung durch die Wiederanlageprämisse verzerrt wird, hat sich zur Ermittlung des CFROI die folgende Berechnungsweise (algebraische Formel) durchgesetzt (vgl. Weber/ Bramsemann/ Heineke/ Hirsch 2004, S. 75): mit: CFROI t = Cashflow Return on Investment, oBCF t = operativer Brutto Cashflow, öAB t = ökonomische Abschreibung, oBIB t-1 = Buchwert operative Bruttoinvestitionsbasis, öAB t = ökonomische Abschreibung, SAV hist.AK,t-1 = Sachanlagevermögen - bewertet zu historischen Anschaffungskosten, WACC = durchschnittlicher Gesamtkapitalkostensatz, ND = Nutzungsdauer, t = Zeitindex Die ökonomische Abschreibung ist jener Betrag, den das Unternehmen in jeder Periode in Höhe des WACC anlegen muss, um am Ende der Nutzungsdauer das abschreibbare Sachanlagevermögen zu historischen Anschaffungskosten ersetzen zu können (vgl. Fischer/ Möller/ Schultze 2015, S. 377). Bei der Berechnung des CFROI ist darauf zu achten, dass die Größen oBIB, konstanter BCF über die Nutzungsdauer und das nicht abschreibbare Vermögen am Ende der Nutzungsdauer einen fingierten Zahlungsstrom einer Investition wiedergeben (vgl. Lewis 1994, S. 44). Das Anlagevermögen wird mit der Zeit abgeschrieben. Folglich verringern sich der Buchwert des Anlagermögens und die Nutzungsdauer des Anlagevermögens. Um den Abschreibungseffekt zu eliminieren, wird das Anlagevermögen in der Bruttoinvestitionsbasis um die kumulierten Abschreibungen erhöht (vgl. Fischer/ Möller/ Schultze 2015, S. 375). Die Bruttoinvestitionsbasis wird dann in jeder Periode zu historischen - und nicht zu fortgeführten - Anschaffungskosten bewertet. 4 Konsistent hierzu wird in jeder Periode die ursprüngliche Nutzungsdauer angesetzt. Besteht das abschreibbare Anlagevermögen aus einzelnen Vermögenswerten, die über eine 4 Das abschreibbare Anlagevermögen kann - anstatt zu historischen Anschaffungskosten - auch zu Wiederbeschaffungskosten angesetzt werden (vgl. zur Inflationsanpassung Fischer/ Möller/ Schultze 2015, S. 375). <?page no="162"?> 3.11 Fallstudie zum CVA-Ansatz 163 uvk-lucius.de/ wert-controlling unterschiedliche Nutzungsdauer linear abgeschrieben werden, so kann die durchschnittliche Nutzungsdauer folgendermaßen bestimmt werden (vgl. Lewis 1994, S. 43): mit: ØND = durchschnittliche Nutzungsdauer, SAV hist.AK = Sachanlagevermögen - bewertet zu historischen Anschaffungskosten Grundsätzlich können sich die Bruttoinvestitionsbasis und der BCF auf das Unternehmen als Ganzes oder nur auf das operative Vermögen beziehen. Soll der CFROI die Verzinsung der operativen Geschäftstätigkeit wiedergeben, so kann die oBIB in Verbindung mit dem oBCF folgendermaßen berechnet werden (vgl. detaillierter Lewis 1994, S. 41f.; Weber/ Bramsemann/ Heineke/ Hirsch 2004, S. 79): Abb. 102: Berechnung oBCF und oBIB Für Zwecke der Bilanzanalyse wird der Brutto Cashflow grundsätzlich auch um die Veränderung der Rückstellungen korrigiert (vgl. Wöhe/ Döring 2013, S. 524). Für die Verbesserung des CVA als Steuerungskennzahl könnten daher - neben weiteren Adjustierungen - aperiodische und außerordentliche Rückstellungen korrigiert werden (vgl. Anpassungen im EVA ®™ -Verfahren Kapitel 3.7) (vgl. auch Lewis 1994, S. 41 und S. 61). 3.11 Fallstudie zum CVA-Ansatz Ziel dieser Fallstudie ist es, die Methodik und den Zweck der Berechnung des CFROI im Kontext der Ermittlung des CVA zu veranschaulichen. Die folgenden inhaltlichen Aspekte werden in dieser Fallstudie beleuchtet: zur Berechnung des CFROI und des CVA mit der Methode des internen Zinssatzes, zur Berechnung des CFROI und des CVA nach der algebraischen Formel, zur vergleichenden Analyse von CFROI/ CVA versus RONA/ EVA ®™ . Ausgangsdaten: Zur Darstellung von Methodik und Zweck des CFROI greifen wir auf die Daten der „Autohaus DUCK AG“ zurück (vgl. DCF-Equity-Ansatz Kapitel 2.7.2.2). Berechnung des operativen BCF in Bezug zu: Berechnung der oBIB nicht abschreibbare Anlagevermögen (naAV) Umsatzerlöse + Anlagevermögen betriebliche Aufwendungen + kumulierte Abschreibungen AV = Betriebsergebnis (oEBIT) + Vorräte fiktive Steuern + Ford. L&L = NOPLAT / NOPAT + Liquide Mittel - Verb. L&L kurz. Rückstellungen = oBCF nach fiktiven Steuern zu oBIB +/ - Adjustierungen zu +/ - Adjustierungen = oBCF adjusted zu = oBIB adjusted AV: UV: Abzugskapital: +/ - Abschreibungen/ Zuschreibungen Anlagevermögen <?page no="163"?> 164 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Wiederholung der wichtigsten Annahmen (Gründung bis t): Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Die „Autohaus DUCK AG“ verkauft pro Autohaus 40 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.000 GE Umsatzerlöse je Autohaus). Die betrieblichen Aufwendungen betragen konstant 1.945,2 GE je Autohaus. In der Periode t wird eine Prozessrückstellung i.H.v. 100 GE gebucht, die in der Periode t+1 beglichen wird. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: In jeder Periode wird ein Autohaus neu gegründet. Bei der Gründung eines Autohauses werden 400 GE im Anlagevermögen, 194 GE im Working Capital und 6 GE in den betriebsnotwendigen liquiden Mitteln gebunden. Insgesamt fallen bei der Gründung eines Autohauses Erweiterungsinvestitionen (EI) i.H.v. 600 GE an. Zur Finanzierung der Erweiterungsinvestitionen: Die eine Hälfte der Erweiterungsinvestitionen wird mit Eigenkapital ( EK = 300 GE); die andere Hälfte mit verzinslichem Fremdkapital finanziert ( verz. FK = 300 GE). Die „Autohaus DUCK AG“ kann Kredite zu einem Zinssatz von 5% aufnehmen (15 GE Zinsaufwand je Autohaus). Der Fremdkapitalkostensatz verändert sich nicht im Zeitablauf, d.h. der Buchwert des verzinslichen Fremdkapitals ist gleich dem Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals (r FK = konstant 5%). Der Opportunitätskostensatz der Eigenkapitalgeber beträgt konstant 10% (r EK = konstant 10%). Das operative Vermögen, hier als operative Bruttoinvestitionsbasis definiert, wird bei der Berechnung des CVA kalkulatorisch verzinst. Wir nehmen einen risikoadjustierten operativen konstanten WACC i.H.v. 8% an (vgl. Fallstudie zur Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Kapitel 2.7.2.5). Zur Entwicklung des Finanzanlagevermögens und der Ausschüttungspolitik: Der Gewinn nach Steuern wird an die Eigenkapitalgeber ausgeschüttet. Die Ausschüttungsquote beträgt 100%. Im Ausmaß der Abschreibungen werden kurzfristige Finanzanlagen mit einer Verzinsung i.H.v. 3% gekauft. Die Verzinsung der Finanzanlagen verändert sich im Zeitablauf nicht. Der Buchwert der Finanzanlagen ist gleich dem Marktwert der Finanzanlagen. Zur Berechnung der Steuern: Der Gewinn vor Steuern wird mit einem Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% versteuert. Veränderung der Annahmen (Perioden t+1 bis t+3): Zur Aufwandsstruktur pro Autohaus: Ab t+1 verkauft die „Autohaus DUCK AG“ pro Autohaus 41 Autos zu einem Preis von 50 GE (2.050 GE Umsatzerlöse je Autohaus). Die betrieblichen Aufwendungen betragen ab der Periode t+1 konstant 1.989,2 GE je Autohaus. Zur Entwicklung der Umsatzerlöse und des gebundenen Kapitals: In den Perioden t+1 und t+2 wird je ein Autohaus neu gegründet. Ab der Periode t+3 werden keine Autohäuser mehr gegründet. Der BCF wird zur Berechnung des CFROI aus den ermittelten Daten des externen Rechnungswesens abgeleitet. Die Erträge und Aufwendungen der „Autohaus DUCK AG“, die das externe Rechnungswesen zeigt, werden in der folgenden Gewinn- und Verlustrechnung nach Aufwandsarten gegliedert von der Periode t-3 bis zur Periode t+3 wiedergeben: <?page no="164"?> 3.11 Fallstudie zum CVA-Ansatz 165 uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 103: Entwicklung der Gewinn- und Verlustrechnung der „Autohaus DUCK AG“ Die operative Bruttoinvestitionsbasis wird aus der Bilanz abgeleitet. Die folgende Abbildung stellt die Entwicklung des Vermögens und des Eigen- und Fremdkapitals - bewertet zu Buchwerten durch das externe Rechnungswesen - von der Gründung bis zur Periode t+3 dar: Abb. 104: Entwicklung der Bilanz der „Autohaus DUCK AG“ Zur Berechnung des CFROI und des CVA mit der Methode des internen Zinssatzes: Bei der Berechnung des CVA wird der CFROI mit dem Gesamtkapitalkostensatz in der Periode t verglichen: Der CFROI gibt die Verzinsung wieder, die das Unternehmen mit der operativen Bruttoinvestitionsbasis (oBIB BW,t-1 ) in der Periode t erwirtschaftet hat. Der CFROI wird folgendermaßen bestimmt: GuV in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250 12.300 14.350 - Materialaufwand -1.760 -3.520 -5.280 -7.040 -9.020 -10.824 -12.628 - Personalaufwand -72 -144 -216 -288 -360 -432 -504 - Abschreibungen -100 -200 -300 -400 -500 -600 -700 -/ + Sonstige Aufwendungen/ Erträge -13,2 -26,4 -39,6 -152,8 -66,0 -79,2 -92,4 = Betriebsergebnis (oEBIT) 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 + Finanzerträge 0,0 3,0 9,0 18,0 18,0 21,0 27,0 - Finanzaufw endungen -15,0 -30,0 -45,0 -60,0 -75,0 -90,0 -105,0 = Finanzergebnis -15,0 -27,0 -36,0 -42,0 -57,0 -69,0 -78,0 = Gewinn vor Steuern (EBT) 39,8 82,6 128,4 77,2 247,0 295,8 347,6 - Steueraufw and -11,9 -24,8 -38,5 -23,2 -74,1 -88,7 -104,3 = Gewinn (EAT) 27,9 57,8 89,9 54,0 172,9 207,1 243,3 Prognose Vergangenheitsanalyse Bilanz in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Anlagevermögen 400 700 900 1.000 1.400 1.700 1.900 1.900 + lang. Finanzanlagen 0 0 0 0 0 0 0 0 + Vorräte 176 352 528 704 880 1.056 1.232 1.232 + Ford. L&L 150 300 450 600 750 900 1.050 1.050 + kurz. Finanzanlagen 0 100 300 600 600 700 900 900 + Liquide Mittel 6 12 18 24 130 36 42 42 = Aktiva 732 1.464 2.196 2.928 3.760 4.392 5.124 5.124 Eigenkapital 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 + verz. Fremdkapital 300 600 900 1.200 1.500 1.800 2.100 2.100 + Verb. L&L 132 264 396 528 660 792 924 924 + kurz. Rückstellungen 0 0 0 0 100 0 0 0 = Passiva 732 1.464 2.196 2.928 3.760 4.392 5.124 5.124 Vergangenheitsanalyse Prognose Gründung <?page no="165"?> 166 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Berechnung des CFROI sind zuerst die operative Bruttoinvestitionsbasis, der konstante Brutto Cashflow, die Nutzungsdauer und das nicht abschreibbare Vermögen zu bestimmen: Schritt 1: Abgrenzung der operativen Bruttoinvestitionsbasis: In der „Autohaus DUCK AG“ besteht das operative Vermögen aus den Gebäuden, die über vier Jahre abgeschrieben werden (abschreibbares Anlagevermögen), aus dem Working Capital i.w.S. (Vorräte + Forderungen aus L&L - Verbindlichkeiten aus L&L - kurzfristige Rückstellungen) und den betriebsnotwendigen liquiden Mitteln. Die kurz- und langfristigen Finanzanlagen werden als nicht betriebliches Vermögen definiert. Zur Berechnung des CFROI t wird die operative Bruttoinvestitionsbasis im Zeitpunkt t-1 benötigt. Im Zeitpunkt t-1 hat die „Autohaus DUCK AG“ vier Autohäuser. Das abschreibbare Anlagevermögen in der Bilanz wird mit einem Wert i.H.v. 1.000 GE angegeben (fortgeführte Anschaffungskosten). Zur Berechnung der operativen Bruttoinvestitionsbasis werden die Abschreibungen, die in den vergangenen Perioden das abschreibbare Anlagevermögen gemindert haben, rückgängig gemacht. Die kumulierten Abschreibungen, die in den vergangenen Perioden das abschreibbare Anlagevermögen gemindert haben, betragen 600 GE. Die operative Bruttoinvestitionsbasis im Zeitpunkt t-1 kann nun folgendermaßen bestimmt werden: Abb. 105: Berechnung der operativen Bruttoinvestitionsbasis der „Autohaus DUCK AG“ Folglich wird bei der Berechnung des CFROI fingiert, dass die „Autohaus DUCK AG“ das abschreibbare Anlagevermögen, d.h. hier die vier Gebäude, im Zeitpunkt t-1 zu historischen Anschaffungskosten kauft (1.600 GE). Die Berechnung des CFROI wird nun nicht mehr durch jene Abschreibungen beeinflusst, die im externen Rechnungswesen auf das abschreibbare Sachanlagevermögen vorgenommen wurden. Schritt 2: Berechnung des operativen Brutto Cashflow: Die „Autohaus DUCK AG“ erwirtschaftet mit dem operativen Vermögen im Zeitpunkt t-1 das operative Betriebsergebnis (oEBIT) in der Periode t. Das oEBIT multioBIB in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 nicht abschreibbares AV 0 0 0 0 0 0 0 0 + abschreibbares AV 400 700 900 1.000 1.400 1.700 1.900 1.900 + Vorräte 176 352 528 704 880 1.056 1.232 1.232 + Ford. L&L 150 300 450 600 750 900 1.050 1.050 + Liquide Mittel 6 12 18 24 130 36 42 42 - Verb. L&L 132 264 396 528 660 792 924 924 kurz. Rückstellungen 0 0 0 0 100 0 0 0 = NOA 600 1.100 1.500 1.800 2.400 2.900 3.300 3.300 Anzahl Autohäuser 1 2 3 4 5 6 7 7 + kumulierte Absch. 0 100 300 600 600 700 900 900 = hist. AK des ab. AV in t 400 800 1.200 1.600 2.000 2.400 2.800 2.800 = oBIB 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 Gründung Prognose <?page no="166"?> 3.11 Fallstudie zum CVA-Ansatz 167 uvk-lucius.de/ wert-controlling pliert mit dem Unternehmenssteuersatz i.H.v. 30% ergibt jene Steuern, die die „Autohaus DUCK AG“ auf den operativen Gewinn zahlen müsste, wenn es kein Fremdkapital aufgenommen hätte. Der Steuervorteil aus der Fremdfinanzierung wird daher im WACC berücksichtigt (vgl. WACC-Ansatz Kapitel 2.7.2.3.3). Der NOPLAT (vgl. Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Kapitel 2.7.2.4) bzw. der NOPAT (vgl. EVA ®™ -Verfahren Kapitel 3.6) erhöht um die Abschreibungen bzw. vermindert um etwaige Zuschreibungen führt zum Brutto Cashflow. Zur Berechnung des CFROI t wird der operative Brutto Cashflow in der Periode t benötigt. Die „Autohaus DUCK AG“ erwirtschaftet mit dem operativen Vermögen im Zeitpunkt t-1 einen NOPLAT / NOPAT i.H.v. 83,4 GE. Das abschreibbare Anlagevermögen, d.h. hier die Gebäude, werden in der Periode t um 400 GE abgeschrieben. Ökonomisch ausgedrückt wird im externen Rechnungswesen ein Wertverlust der Gebäude i.H.v. 400 GE angenommen. Der Brutto Cashflow in der Periode t kann nun folgendermaßen bestimmt werden: Abb. 106: Berechnung des operativen Brutto Cashflow der „Autohaus DUCK AG“ Der Brutto Cashflow ist hier um die Abschreibungen höher als der NOPLAT / NO- PAT. Die „Autohaus DUCK AG“ kann mit dem Brutto Cashflow Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen in das Anlagevermögen, in das Working Capital i.w.S. und in die betriebsnotwendigen liquiden Mittel tätigen. Der Brutto Cashflow, der nach den Investitionen übrig bleibt, ist der oFCF, der für Ausschüttungen an die Gesamtkapitalgeber des Unternehmens zur Verfügung steht. Über die Totalperiode ist die Summe der NOPLAT / NOPAT gleich der Summe der oFCF. Der Brutto Cashflow in der Periode t gibt daher den Erfolg der Periode t nicht wieder. Schritt 3: Berechnung des CFROI: Aus dem operativen Brutto Cashflow in der Periode t kann aber abgeleitet werden, wie die „Autohaus DUCK AG“ das operativ eingesetzte Kapital (oBIB t-1 ) theoretisch verzinst hat. Zur Berechnung der Verzinsung wird die operative Bruttoinvestitionsbasis im Zeitpunkt t-1 als Investitionsauszahlung aufgefasst und der Brutto Cashflow in der Periode t beschreibt die nachhaltigen Rückflüsse aus der Investitionsauszahlung über die Nutzungsdauer des abschreibbaren Anlagevermögens. Wenn das Unternehmen keine Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen in das Anlagevermögen, in das Working Capital i.w.S. und in die betriebsnotwendigen liquiden Mittel mehr tätigt, dann ist der Brutto Cashflow gleich dem oFCF und am Ende der Nutzungsdauer des abschreibbaren Anlagevermögens können nur noch das nicht abschreibbare Anlagevermögen, das Working Capital und die betriebsnotwendigen liquiden Mittel aus dem Unternehmen entnommen werden. oBCF in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250 12.300 14.350 oEBIT 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 fiktive Steuern -16,4 -32,9 -49,3 -35,8 -91,2 -109,4 -127,7 = 38,4 76,7 115,1 83,4 212,8 255,4 297,9 + Abschreibungen 100 200 300 400 500 600 700 = oBrutto Cashflow 138,4 276,7 415,1 483,4 712,8 855,4 997,9 NOPLAT / NOPAT Prognose <?page no="167"?> 168 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Das abschreibbare Anlagevermögen kann annahmegemäß vier Perioden im Unternehmen genutzt werden. Soweit die Vermögenswerte linear abgeschrieben werden, kann die Nutzungsdauer auch folgendermaßen bestimmt werden: In der „Autohaus DUCK AG“ werden nur das Working Capital i.w.S. und die betriebsnotwendigen liquiden Mittel nicht abgeschrieben, d.h. das Working Capital i.w.S. i.H.v. 776 GE und die betriebsnotwendigen liquiden Mittel i.H.v. 24 GE in der Periode t-1 binden bis zum Ende der Nutzungsdauer Kapital im Unternehmen, können dann aber entnommen werden. Eine fingierte Investition in die operative Bruttoinvestitionsbasis führt daher zu den folgenden Rückflüssen: Wird die Gleichung durch Iterationen, durch eine lineare Approximation oder mit Excel durch die Funktion IKV nach dem CFROI aufgelöst, so ergibt sich ein interner Zinssatz i.H.v. 4,58%. Das Unternehmen hat daher trotz eines positiven NOPLAT / NOPAT i.H.v. 83,4 GE einen negativen Cash Value Added erwirtschaftet. Zur Berechnung des CFROI und des CVA nach der algebraischen Formel: Der CFROI wird nach der algebraischen Formel folgendermaßen bestimmt: Zur Berechnung des CFROI sind die operative Bruttoinvestitionsbasis, der Brutto Cashflow, das abschreibbare Anlagevermögen (bewertet zu historischen Anschaffungskosten), die Nutzungsdauer und der WACC zu bestimmen. Schritt 1 und 2: Abgrenzung der operativen Bruttoinvestitionsbasis und Berechnung des operativen Brutto Cashflow: (vgl. zur Berechnung des CFROI und des CVA mit der Methode des internen Zinssatzes). Schritt 3: Berechnung des CFROI: Im ersten Schritt wurde die Bruttoinvestitionsbasis im Zeitpunkt t-1 um die kumulierten Abschreibungen auf das abschreibbare Sachanlagevermögen erhöht. Im zweiten Schritt wurde der NOPLAT / NOPAT in der Periode t um die Abschreibungen korrigiert, um den operativen Brutto Cashflow zu ermitteln. Zur Berechnung des CFROI nach der algebraischen Formel wird die Erfolgsgröße in der Periode t (operative Vermögenssteigerung) durch die Kapitalgröße im Zeitpunkt t-1 (operative Bruttoinvestitionsbasis) geteilt. Der Brutto Cashflow drückt aber - allein betrachtet - den Erfolg der Periode t deshalb nicht aus, weil im Brutto Cashflow die Wertminderung des abschreibbaren Sachanlagevermögens nicht erfasst wird. In der algebraischen Formel <?page no="168"?> 3.11 Fallstudie zum CVA-Ansatz 169 uvk-lucius.de/ wert-controlling werden daher vom Brutto Cashflow noch die Abschreibungen abgezogen. Um zu berücksichtigen, dass Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen in Höhe des Opportunitätskostensatzes wieder angelegt werden können, werden die Abschreibungen als ökonomische Abschreibungen mit Hilfe des Endwertfaktors berechnet: Bei der linearen Abschreibung kann das Unternehmen am Ende der Nutzungsdauer das Sachanlagevermögen zu historischen Anschaffungskosten ersetzen. Einzahlungsüberschüsse in Höhe der Abschreibungen können quasi in den liquiden Mitteln - ohne Verzinsung - bis zur Reinvestition geparkt werden. Bei der ökonomischen Abschreibung hingegen werden Einzahlungsüberschüsse in Höhe des Opportunitätskostensatzes wieder angelegt, so dass am Ende der Nutzungsdauer das Sachanlagevermögen durch die Einzahlungsüberschüsse in Höhe der ökonomischen Abschreibung sowie durch die Zinseszinsen ersetzt werden kann: Abb. 107: Lineare versus ökonomische Abschreibung Durch die Berechnung der ökonomischen Abschreibung können nun der CFROI und der CVA bestimmt werden: Die algebraische Formel kommt hier zu einem höheren CFROI und zu einem höheren CVA als die Methode des internen Zinssatzes, weil bei der Methode des internen Zinssatzes eine Wiederanlage der Brutto Cashflows in Höhe des internen Zinssatzes angenommen wird. Die Wiederanlageprämisse kann daher die Wertschaffung im negativen, aber auch im positiven Sinne verzerren. Zur vergleichenden Analyse von CFROI/ CVA versus RONA/ EVA ®™ : Die folgende Abbildung veranschaulicht die Entwicklung des CFROI/ CVA und des RONA/ EVA ®™ von der Periode t-3 bis zur Periode t+3 in der „Autohaus DUCK AG“: WACC 8,0% Vergleich in GE t-1 t t+1 t+2 t+3 absch. Sachanlagevermögen hist. AK 1.600,00 lineare Abschreibung 400,00 400,00 400,00 400,00 ökonomische Abschreibung 355,07 355,07 355,07 355,07 383,48 738,55 797,64 1.152,71 1.244,93 Endw ert in t+3 = 1.600,00 Abschreibungen 1.600,00 <?page no="169"?> 170 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Abb. 108: Vergleich CFROI und CVA versus RONA und EVA ®™ Folgende Gemeinsamkeiten und Unterschiede ergeben sich bei der Berechnung der Kennzahlen im Zeitablauf: Zur gemeinsamen Interpretation: Der RONA/ EVA ®™ und der CFROI/ CVA werden in der Periode t durch einen außerordentlichen Aufwand gemindert. Sowohl der RONA/ EVA ®™ als auch der CFROI/ CVA können um den außerordentlichen Aufwand korrigiert werden, um die Leistung des operativen Geschäfts - ohne Einfluss des außerordentlichen Aufwands - zu messen. Die „Autohaus DUCK AG“ kann ab der Periode t+1 pro Autohaus je ein Auto mehr verkaufen. Die Absatzsteigerung und die höhere Kapazitätsauslastung führen zu einer deutlichen Verbesserung des RONA/ EVA ®™ und des CFROI/ CVA. Zur Interpretation von EVA ®™ und CVA: Die „Autohaus DUCK AG“ gründet in jeder Periode - bis auf die Periode t+3 - ein neues Autohaus (Erweiterungsinvestitionen). Jedes Autohaus erwirtschaftet die gleiche Rentabilität. Der EVA ®™ und der CVA steigen daher von der Periode t-3 bis t-1 und von der Periode t+1 bis t+3 an, der RONA und der CFROI ändern sich hier aber nicht. Zur Interpretation des RONA: Der RONA steigt sowohl von der Periode t-3 bis t-1 als auch von der Periode t+1 bis t+3 an, weil das operativ gebundene Kapital (NOA) mit der Zeit abgeschrieben wird („Abschreibungseffekt“). Bei stetigen Investitionen strebt das gebundene Kapital zum durchschnittlich gebundenen Kapital hin. Bei der „Autohaus DUCK AG“ werden daher die Unterschiede zwischen dem RONA und dem CFROI - berechnet nach der algebraischen Formel - im Zeitablauf geringer. oBIB in GE t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 + abschreibbares AV 400 700 900 1.000 1.400 1.700 1.900 1.900 + Working Capital 194 388 582 776 870 1.164 1.358 1.358 + Liquide Mittel 6 12 18 24 130 36 42 42 = NOA 600 1.100 1.500 1.800 2.400 2.900 3.300 3.300 Anzahl Autohäuser 1 2 3 4 5 6 7 7 + kumulierte Absch. 0 100 300 600 600 700 900 900 = hist. AK des ab. AV in t 400 800 1.200 1.600 2.000 2.400 2.800 2.800 = oBIB 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 Umsatzerlöse 2.000 4.000 6.000 8.000 10.250 12.300 14.350 oEBIT 54,8 109,6 164,4 119,2 304,0 364,8 425,6 fiktive Steuern -16,4 -32,9 -49,3 -35,8 -91,2 -109,4 -127,7 = 38,4 76,7 115,1 83,4 212,8 255,4 297,9 + Abschreibungen 100 200 300 400 500 600 700 = oBrutto Cashflow 138 277 415 483 713 855 998 ökonomische Abschreibung 88,8 177,5 266,3 355,1 443,8 532,6 621,4 = oBCF + ök. Abschreibung 49,6 99,2 148,8 128,4 269,0 322,8 376,5 Analyse t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 = RONA 6,39% 6,97% 7,67% 4,64% 8,87% 8,81% 9,03% = CFROI (algebraische Formel) 8,27% 8,27% 8,27% 5,35% 8,97% 8,97% 8,97% = CFROI (interner Zinssatz) 8,34% 8,34% 8,34% 4,58% 9,23% 9,23% 9,23% = EVA -9,6 -11,3 -4,9 -60,6 20,8 23,4 33,9 = CVA (algebraische Formel) 1,6 3,2 4,8 -63,6 29,0 34,8 40,5 = CVA (interner Zinssatz) 2,0 4,1 6,1 -82,1 37,0 44,3 51,7 NOPLAT / NOPAT Gründung Prognose <?page no="170"?> 3.11 Fallstudie zum CVA-Ansatz 171 uvk-lucius.de/ wert-controlling Zur Interpretation des CFROI: Der CFROI bleibt sowohl von der Periode t-3 bis t-1 als auch von der Periode t+1 bis t+3 konstant, weil die operative Bruttoinvestitionsbasis in jeder Periode zu historischen Anschaffungskosten bewertet wird. Bei der Berechnung des CFROI - ermittelt nach der Methode des internen Zinssatzes - wird fingiert, dass die oBCF zum internen Zinssatz wieder angelegt werden können („Wiederanlageprämisse“). Da der interne Zinssatz höher als der WACC ist, übertrifft der CFROI - ermittelt nach der Methode des internen Zinssatzes - den CFROI - ermittelt nach der algebraischen Formel. Der Gegenwartswert der NOA kann sowohl durch die Diskontierung der prognostizierten oFCF als auch durch den Buchwert der NOA zuzüglich des MVA im Zeitpunkt 0 bestimmt werden: Der MVA ist gleich der Gegenwartswert der prognostizierten EVA ®™ : Theoretisch kann der MVA durch die Diskontierung der CVA bestimmt werden: Abb. 109: Diskontierung der CVA vs. Diskontierung der EVA ®™ Annahme: WACC = 8,0% CVA t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 oBIB 600 1.200 1.800 2.400 3.000 3.600 4.200 4.200 oBCF + ök. Abschreibung 49,6 99,2 148,8 128,4 269,0 322,8 376,5 = CFROI (algebraische Formel) 8,27% 8,27% 8,27% 5,35% 8,97% 8,97% 8,97% WACC = konstant 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% 8,0% = CVA (algebraische Formel) 1,6 3,2 4,8 -63,6 29,0 34,8 40,5 + MVA in T 424,0 = CVA t + MVA T 29,0 34,8 464,5 0,9259 Gegenw artsw ert des CVA + MVA in t=2 0,9259 430,1 Gegenw artsw ert des CVA + MVA in t=1 0,9259 430,4 = Gegenw artsw ert des CVA + MVA in t 425,4 - Gegenw artsw ert EVA + MVA in t 402,8 414,2 424,0 424,0 = Differenz Berechnung MVA mit CVA vs. EVA 22,6 16,2 6,1 0,0 Überleitungsrechnung t-3 t-2 t-1 t t+1 t+2 t+3 kumulierte Absch. 600 700,0 900,0 900,0 Opportunitätskosten -48,0 -56,0 -72,0 Abschreibungen ökonomische Abschreibungen 56,2 67,4 78,6 Summe 8,2 11,4 6,6 0,9259 Gegenw artsw ert in t=2 0,9259 6,1 Gegenw artsw ert in t=1 0,9259 16,2 = Gegenw artsw ert in t 22,6 Prognose Gründung Prognose <?page no="171"?> 172 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Die Prognosen der NOPLAT und der oFCF sind miteinander verknüpft: Der NOPLAT abzüglich der Erweiterungsinvestitionen führt zum oFCF. Die NOA erhöhen sich um die Erweiterungsinvestitionen. Das Kongruenzprinzip ist erfüllt. Bei der Berechnung des CFROI/ CVA - ermittelt nach der algebraischen Formel - wird die operative Bruttoinvestitionsbasis aber um die kumulierten Abschreibungen auf das Sachanlagevermögen erhöht und der Brutto Cashflow um die ökonomische Abschreibung reduziert. Die ökonomische Abschreibung ist über die Totalperiode nicht gleich der Investitionsauszahlung. Folglich werden bei der Diskontierung des CVA und des EVA ®™ unterschiedliche Annahmen getroffen, die aber mittels einer Überleitungsrechnung korrigiert werden können. 3.12 ERIC ®™ -Verfahren Der Earnings less Riskfree Interest Charge (ERIC ®™ ) ist eine wertorientierte Kennzahl, die in Kooperation mit KPMG entstand (vgl. Hebertinger/ Matthias/ Velthuis 2005, S. 159). Ziel des ERIC ®™ ist es, das Risiko bei der Erfolgsmessung differenzierter zu erfassen. Bei der Berechnung des ERIC ®™ wird die Wertsteigerung einer Periode - ermittelt auf Basis der Ertragsüberschüsse („Earnings“) - nicht über den Wert aus einer risikoadäquaten Anlage, sondern über den Wert aus einer sicheren Anlage gewonnen („Earnings less Riskfree Interest Charge“). Konzeptionell wird der ERIC ®™ wie der Übergewinn berechnet (vgl. Velthuis/ Wesner 2005, S. 107): mit: ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, G t = Gewinn, EK BW,t-1 = Buchwert Eigenkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, BG t = Bruttogewinn, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, ERIC ®™t = Earnings less Riskfree Interest Charge, EAT t = Earnings After Tax = Gewinn, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, EBI- AT t = Earnings Before Interest After Tax = Bruttogewinn nach fiktiven Steuern, IC BW,t = Invested Capital zu Buchwerten, r f = risikofreier Zinssatz bzw. Fremdkapitalkostensatz nach Steuern, t = Zeitindex Konzeptionelle Ähnlichkeiten: Bei der Berechnung des Übergewinns und bei der Berechnung des ERIC ®™ wird der Gewinn einer Periode - ermittelt durch das externe Rechnungswesen - verglichen mit einer alternativen Verzinsung des gebundenen Kapitals. Aus der Equity-Perspektive wird der Gewinn bzw. werden die Earnings After Tax (EAT) mit der alternativen Verzinsung des Eigenkapitals - bewertet zu Buchwerten - verglichen (vgl. Velthuis/ Wesner 2005, S. 29). Aus der Entity-Perspektive wird der Bruttogewinn bzw. werden die Earnings Before Interest After Tax (EBIAT) mit der alternativen Verzinsung des Gesamtkapitals bzw. des Invested Capital - bewertet zu <?page no="172"?> 3.12 ERIC®™-Verfahren 173 uvk-lucius.de/ wert-controlling Buchwerten - verglichen (vgl. Velthuis/ Wesner 2005, S. 29). Der EBIAT ist gleich dem Bruttogewinn nach Abzug von fiktiven Steuern (vgl. Velthuis/ Wesner 2005, S. 44f.). Der EBIAT kann entweder für das Gesamtunternehmen oder für das operative Geschäft berechnet werden (vgl. Velthuis/ Wesner 2005, S. 45 und S. 147): mit: EBIAT GK,t = Earnings Before Interest After Tax = Bruttogewinn des Gesamtunternehmens nach fiktiven Steuern, G t = Gewinn, FKZ t = Fremdkapitalzinsen, s = Unternehmenssteuersatz, EBIT t = Earnings Before Interest and Tax des Gesamtunternehmens, EBIAT NOA,t = Earnings Before Interest After Tax = Bruttogewinn des operativen Vermögens nach fiktiven Steuern, oEBIT t = Earnings Before Interest and Tax des operativen Geschäfts, IC GE,t-1 = Invested Capital des Gesamtunternehmens, EK BW,t-1 = Buchwert Eigenkapital, verz. FK BW,t-1 = Buchwert verzinsliches Fremdkapital, IC NOA,t-1 = Invested Capital des operativen Vermögens, NBV t-1 = nicht betriebliches Vermögen, t = Zeitindex Konzeptionelle Unterschiede: Bei der Berechnung des Übergewinns wird der Gewinn bzw. der Bruttogewinn mit den Eigenbzw. Gesamtkapitalkosten verglichen. Bei der Berechnung des ERIC ®™ hingegen wird der Gewinn - sowohl aus der Equity- (EAT) als auch aus der Entity-Perspektive (EBIAT) - mit einem risikofreien Zinssatz bzw. dem Fremdkapitalkostensatz nach Abzug von Steuern verglichen (vgl. Velthuis/ Wesner 2005, S. 115ff.). Der theoretische Hintergrund für die Berechnung des Übergewinns ist die Investitionsbewertung (vgl. Auswirkungen von Investitionen auf den Unternehmenswert Kapitel 2.1.). Eine Investition ist im Vergleich zu einer anderen Investition dann vorteilhaft, wenn die Investition - bei gleichem Risiko - eine höhere erwartete Rendite aufweist. Der Kapitalwert, mit dem Investitionen bewertet werden können, ist dann positiv. Ökonomisch betrachtet wird der Kapitalwert mittels der prognostizierten Übergewinne auf die Teilperioden zugerechnet (vgl. Lücke-Theorem Kapitel 3.4): mit: KW t-1 = Kapitalwert, MVA t-1 = Market Value Added, G t = Gewinn, EK BW,t- 1 = Buchwert Eigenkapital, r EK = Eigenkapitalkostensatz, ÜG BW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Buchwerten, BG t = Bruttogewinn, GK BW,t = Buchwert Gesamtkapital, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, t = Zeitindex <?page no="173"?> 174 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling Übergewinne werden daher aus der Investitionsperspektive beurteilt. Entweder investieren die Eigenbzw. Gesamtkapitalgeber im Zeitpunkt t-1 in das Unternehmen oder in die risikoadäquate Alternativanlage. Bei einem positiven Wertbeitrag hat das Unternehmen mehr erwirtschaftet als die erwartete risikoadäquate Rendite im Zeitpunkt t-1. Der theoretische Hintergrund für die Berechnung des ERIC ®™ ist die Bewertung von Investitionen mit Hilfe der Risikoabschlagsmethode (vgl. grundlegend Drukarczyk/ Schüler 2009, S. 39ff.). Bei dieser Investitionsbewertungsmethode werden nicht die erwarteten Rückflüsse, i.S.e. Erwartungswerts, mit den erwarteten Rückflüssen aus einer risikoadäquaten Alternativanlage verglichen, sondern die risikoadjustierten Rückflüsse aus einer Investition („Sicherheitsäquivalente“) werden den Rückflüssen aus einer risikofreien Investition gegenübergestellt. Mathematisch kann die Risikozuschlagsmethode in die Risikoabschlagsmethode dadurch übergeleitet werden, dass zuerst die erwarteten Rückflüsse an die Eigenbzw. Gesamtkapitalgeber mit dem Eigenbzw. Gesamtkapitalkostensatz abgezinst und danach mit dem risikofreien Zinssatz aufgezinst werden. Die Differenz zwischen den erwarteten Rückflüssen und den aufgezinsten Rückflüssen ist der Risikoabschlag (A t ) (vgl. Hebertinger/ Matthias/ Velthuis 2005, S. 162): mit: A t = Risikoabschlag, r EK = Eigenkapitalkostensatz, r f = risikofreier Zinssatz bzw. Fremdkapitalkostensatz nach Steuern, FtEq t = Flow to Equity, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, FCF t = Free Cashflow, E( ) = Erwartungswert, t = Zeitindex Konzeptionell ist der ERIC ®™ über die Risikoabschlagmethode mit der Investitionsbewertung deshalb verknüpft, weil zur Bewertung von Investitionen das Risiko als Risikoabschlag in der Erfolgsgröße erfasst werden kann (vgl. Velthuis/ Wesner 2005, S. 62): <?page no="174"?> 3.13 Ökonomischer Übergewinn 175 uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: KW t-1 = Kapitalwert, MVA t-1 = Market Value Added, EK MW,t = Marktwert Eigenkapital, EK BW,t = Buchwert Eigenkapital, EAT t = Earnings After Tax = Gewinn, A t = Risikoabschlag, r f = risikofreier Zinssatz bzw. Fremdkapitalkostensatz nach Steuern, IC MW,t = Marktwert Invested Capital, IC BW,t = Buchwert Invested Capital, EBIAT t = Earnings Before Interest After Tax = Bruttogewinn, RA(ERIC t ) = risikoadjustierter ERIC, t = Zeitindex Investitionen können daher sowohl durch die Prognose von erwarteten Wertbeiträgen (EVA) als auch durch die Prognose von risikoadjustierten Wertbeiträgen (ERIC ®™ ) beurteilt werden. Die Idee des ERIC ®™ ist es, eine im Zeitablauf konstante Vergleichsgröße zu haben (vgl. weitere Vorteile Velthuis/ Wesner 2005, S. 66ff.). Im Zeitpunkt t-1 investieren die Eigenbzw. Gesamtkapitalgeber in das Unternehmen, in die risikoadäquate Alternativanlage oder in die risikofreie Anlage. In der Periode t ist nur die Rendite der risikofreien Anlage sicher. Die Rendite des Unternehmens und der risikoadäquaten Alternativanlage streuen hingegen um den Erwartungswert. Grundsätzlich ist eine höhere erwartete Rendite mit einem höheren Risiko verbunden. Der Wertbeitrag beurteilt den erwirtschafteten Erfolg zukunftsorientiert, weil der Erfolg an der erwarteten Wertsteigerung gemessen wird. Die erwartete Rendite ist die Hürde, die das Unternehmen in jeder Periode zu übertreffen versucht. Der ERIC ®™ beurteilt den erwirtschafteten Erfolg vergangenheitsorientiert, weil der Erfolg an der Wertsteigerung gemessen wird, die in der Vergangenheit tatsächlich realisierbar gewesen wäre (risikofreie Rendite). Wird die sichere Rendite als Hürde betont, kann dies das Eingehen von Risiken verringern, wird dagegen auf das Übertreffen von Erwartungen fokussiert, dann kann dies das Eingehen von Risiken begünstigen (vgl. detaillierter Hebertinger/ Matthias/ Velthuis 2005, S. 163ff.; Burger/ Ahlemeyer 2010, S. 469). 3.13 Ökonomischer Übergewinn Der ökonomische Übergewinn ist eine wertorientierte Kennzahl, die in der Theorie darstellt, wie der Übergewinn die ökonomische Sicht vollständig abbilden könnte (vgl. Kremer 2008, S. 143; Dirrigl 1998, S. 567; Knorren 1998, S. 143). Alle bisher vorgestellten wertorientierten Kennzahlen leiten die Vermögensbasis aus der Bilanz ab. Beim ökonomischen Übergewinn - hier ermittelt aus der Entity-Perspektive (vgl. zur Equity-Perspektive Kapitel 3.1) - wird hingegen das Vermögen zu Gegenwartswerten angesetzt und der Erfolg aus dem erwirtschafteten Einzahlungsüberschuss und der Veränderung des Gegenwartswerts abgeleitet (vgl. Rappaport 1999, S. 25; Dirrigl 1998, S. 566f. i.V.m. Laux 2006, S. 120): <?page no="175"?> 176 3 Erfolgsmessung im Rahmen des wertorientierten Controllings uvk-lucius.de/ wert-controlling mit: ÜG MW,t = Übergewinn - berechnet auf Basis von Gegenwartswerten bzw. Marktwerten, DCF-Wert t = Gegenwartswert bzw. Marktwert der prognostizierten Free Cashflows, FCF t = Free Cashflow, WACC = Gesamtkapitalkostensatz, t = Zeitindex Bei der Ermittlung des ökonomischen Übergewinns wird davon ausgegangen, dass der FCF in der Periode t vollständig an die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber ausgeschüttet wird. Die gesamte Wertsteigerung, die das Unternehmen in einer Periode für Gesamtkapitalgeber erzielt, besteht daher aus der Vermögenssteigerung und den Rückflüssen an die Eigen- und Fremdkapitalgeber. Der FCF wird in der Periode t tatsächlich an die Eigen- und verzinslichen Fremdkapitalgeber ausgeschüttet. Der Gegenwartswert des Vermögens wird am Anfang und am Ende der Periode ökonomisch bewertet. Der FCF und die Veränderung des Gegenwartswerts des Vermögens werden gemeinsam als ökonomischer Gewinn bezeichnet (vgl. Rappaport 1999, S. 25 und zur Equity-Perspektive detaillierter Bitz/ Schneeloch/ Wittstock/ Patek 2014, S. 79ff.). Soweit das Vermögen richtig bewertet wird, ist der ökonomische Gewinn das theoretische Ideal der Erfolgsmessung (vgl. Dirrigl 1998, S. 567). Zur Ermittlung des ökonomischen Übergewinns müssen vom ökonomischen Gewinn noch die Opportunitätskosten abgezogen werden. Die Gesamtkapitalgeber können entweder in das Unternehmen investieren oder in eine risikoadäquate Alternativanlage. Übertrifft die erzielte DCF-Rendite den erwarteten Gesamtkapitalkostensatz, so führt eine Investition in den Gegenwartswert des Gesamtkapitals im Vergleich zur risikoadäquaten Alternativanlage zu einer höheren Vermögenssteigerung. Der ökonomische Übergewinn kann auch aus der Perspektive des Kapitalmarkts folgendermaßen berechnet werden (vgl. Kapitel 3.1 und grundlegend Küting/ Weber 2015, S. 438f.): mit: ÜG pro Aktie t = Übergewinn pro Aktie, DIV pro Aktie t = Dividendenausschüttung pro Aktie, r EK = Eigenkapitalkostensatz, t = Zeitindex Der Aktienkurs multipliziert mit der Anzahl der ausstehenden Aktien ist gleich dem Marktwert des Eigenkapitals. Der Marktwert des Eigenkapitals kann mit Hilfe des DCF-Verfahrens rechnerisch bestimmt werden. Folglich wird der ökonomische Übergewinn aus der Perspektive des Kapitalmarkts berechnet. Auf dem Kapitalmarkt bzw. bei der Ermittlung des Gegenwartswerts können Interperiodendependenzen vollständig berücksichtigt werden. Da der Gegenwartswert bzw. Marktwert des gebundenen Kapitals am Anfang der Periode zur Berechnung des Übergewinns dient, drückt der Übergewinn ökonomisch aus, ob die Erwartungen am Anfang der Periode übertroffen wurden - nicht aber, ob das Unternehmen das historisch investierte Kapital im Unternehmen gut einsetzt. <?page no="176"?> uvk-lucius.de/ wert-controlling Literatur Ballwieser, W.: Unternehmensbewertung - Prozeß, Methoden und Probleme, 3. Aufl., Stuttgart 2011 Baum, H.-G.; Coenenberg, A. G.; Günther, T.: Strategisches Controlling, 5. Aufl., Stuttgart 2013 Behringer, S.: Cash-flow und Unternehmensbeurteilung - Berechnungen und Anwendungsfelder für die Finanzanalyse, 10. Aufl., Berlin 2010 Bitz, M.; Schneeloch, D.; Wittstock, W.; Patek, G.: Der Jahresabschluss - Nationale und internationale Rechtsvorschriften, Analyse und Politik, 6. Aufl., München 2014 Brigham, E. F.; Gapenski, L. C.; Daves, P. R.: Intermediate Financial Management, 6. Aufl., New York u.a. 1999 Brösel, G.: Bilanzanalyse - Unternehmensbeurteilung auf der Basis von HGB- und IFRS-Abschlüssen, 15. Aufl., Berlin 2014 Burger, A.: Jahresabschlußanalyse, München 1995 Burger, A.; Ahlemeyer, N.: Die Bedeutung von ERIC® und EVA® für die Ressourcenallokation in einer Management-Holding, in: Jahrbuch für Controlling und Rechnungswesen, hrsg. v. Seicht, G., Wien 2010, S. 451-472 Burger, A.; Ahlemeyer, N.: Bestimmung von beteiligungsspezifischen Renditeforderungen in Unternehmensverbunden, in: ZfCM, H. 3, 55. Jg. (2011), S. 165-169 Burger, A.; Buchhart, A.: Risikocontrolling, München 2002 Burger, A.; Ulbrich, P.; Ahlemeyer, N.: Beteiligungscontrolling, 2. Aufl., München 2010 Coenenberg, A. G.; Haller, A.; Mattner, G.; Schultze, W.: Einführung in das Rechnungswesen - Grundlagen der Buchführung und Bilanzierung, 5. Aufl., Stuttgart 2014 Copeland, T.; Koller, T.; Murrin, J.: Valuation, 3. Aufl., New York u. a. 2000 Copeland, T.; Koller, T.; Murrin, J.: Unternehmenswert - Methoden und Strategien für eine wertorientierte Unternehmensführung, 3. Aufl., Frankfurt am Main 2002 Dirrigl, H.: Wertorientierung und Konvergenz in der Unternehmensrechnung, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, H. 5, 50. Jg. (1998), S. 540-579 Drukarczyk, J.; Lobe, S.: Finanzierung, 11. Aufl., München 2015 Drukarczyk, J.; Schüler, A.: Unternehmensbewertung, 6. Aufl., München 2009 Eidel, U.: Moderne Verfahren der Unternehmensbewertung und Performance-Messung - Kombinierte Analysemethoden auf der Basis von US-GAAP-, IAS- und HGB- Abschlüssen, Herne 1999 Ernst, D.; Schneider, S.; Thielen, B.: Unternehmensbewertungen erstellen und verstehen - Ein Praxisleitfaden, 5. Aufl., München 2012 <?page no="177"?> 178 Literatur uvk-lucius.de/ wert-controlling Fischer, T. M.; Möller, K.; Schultze, W.: Controlling - Grundlagen, Instrumente und Entwicklungsperspektiven, 2. Aufl., Stuttgart 2015 Freygang, W.: Kapitalallokation in diversifizierten Unternehmen: Ermittlung divisionaler Eigenkapitalkosten, Wiesbaden 1993 Fröhling, O.: KonTraG und Controlling. Eckpfeiler eines entscheidungsrelevanten und transparenten Segmentcontrolling und -reporting, München 2000 Günther, T.: Unternehmenswertorientiertes Controlling, München 1997 Hebertinger, M.; Schabel, M. M.; Velthuis, L. J.: Risikoangepasste oder risikofreie Kapitalkosten in Wertbeitragskonzepten, in: FB, H. 3, 7. Jg. (2005), S. 159-166 Herter, R. N.: Unternehmenswertorientiertes Management: strategische Erfolgsbeurteilung von dezentralen Organisationseinheiten auf Basis der Wertsteigerungsanalyse, München 1994 Hostettler, S.: Economic Value Added (EVA), 5. Aufl., Bern u. a. 2002 Hüllmann, U.: Wertorientiertes Controlling für eine Management-Holding, München 2003 Kaserer, C.: Investition und Finanzierung, 3. Aufl., Frankfurt am Main 2009 Knorren, N.: Wertorientierte Gestaltung der Unternehmensführung, Wiesbaden 1998 Koller, T.; Goedhart, M.; Wessels, D.: Valuation - Measuring and managing the value of companies, 4. Aufl., New York u. a. 2005 Kremer, P.: Konzerncontrolling - Ein unternehmenswertorientierter und beteiligungsspezifischer Ansatz, Berlin 2008 Kromschröder, B.; Lück, W.: Grundsätze risikoorientierter Unternehmensüberwachung, in: DB (1998), S. 1573-1576 Küting, K.; Weber, C.-P.: Die Bilanzanalyse - Beurteilung von Abschlüssen nach HGB und IFRS, 11. Aufl., Stuttgart 2015 Laux, H.: Unternehmensrechnung, Anreiz und Kontrolle - Die Messung, Zurechnung und Steuerung des Erfolges als Grundprobleme der Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., Berlin 2006 Lewis, T. G.: Steigerung des Unternehmenswertes: Total-value-Management, Landsberg am Lech 1994 Lintner, J.: The Valuation of Risk Assets and the Selection of Risky Investments in Stock Portfolios and Capital Budgets, in: The Review of Economics and Statistics, February, 47. Jg. (1965), S. 13-37 Lücke, W.: Investitionsrechnungen auf der Grundlage von Ausgaben oder Kosten? , in: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, 7. Jg. (1955), S. 310-324 Lück, W.: Der Umgang mit unternehmerischen Risiken durch ein Risikomanagementsystem und durch ein Überwachungssystem, in: DB (1998), S. 1925-1930 Mossin, J.: Equilibrium in a Capital Asset Market, in: Econometrica, 34. Jg. (1966), S. 768-783 <?page no="178"?> Literatur 179 Nowak, K.: Marktorientierte Unternehmensbewertung - Discounted Cash Flow, Realoption, Economic Value Added und der Direct Comparison Approach, 2. Aufl., Wiesbaden 2003 Perridon, L.; Steiner, M.; Rathgeber, A.: Die Finanzwirtschaft der Unternehmung, 16. Aufl., München 2012 Rappaport, A.: Shareholder Value - Ein Handbuch für Manager und Investoren, 2. Aufl., Stuttgart 1999 Schmalenbach, E.: Dynamische Bilanz, 13. Aufl., Köln/ Opladen 1962 Schmidbauer, R.: Konzeption eines unternehmenswertorientierten Beteiligungs-Controlling im Konzern, Frankfurt am Main u. a. 1998 Schultze, W.: Methoden der Unternehmensbewertung, 2. Aufl., Düsseldorf 2003 Sharpe, W. F.: Capital Asset Prices: A Theory of Market Equilibrium under Conditions of Risk, in: The Journal of Finance, H. 9, 19. Jg. (1964), S. 425-441 Stewart, G. B.: The Quest for Value - A Guide for Senior Managers, New York 1991 Velthuis, L. J.; Wesner, P.: Value Based Management - Bewertung, Performancemessung und Managemententlohnung mit ERIC®, Stuttgart 2005 Weber, J.; Bramsemann, U.; Heineke, C.; Hirsch, B.: Wertorientierte Unternehmenssteuerung: Konzepte - Implementierung - Praxisstatements, Wiesbaden 2004 Wöhe, G.; Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 25. Aufl., München 2013 Wolke, T.: Risikomanagement, 2. Aufl., München 2008 <?page no="180"?> uvk-lucius.de/ wert-controlling Index A Abschreibungen 26 Aktionärsrendite 121 Alternativinvestition 43 Analogieansatz 56 Analogieunternehmen 58 Aufwandsstruktur 20 Ausschüttungsquote 67 B Betafaktor 54, 58 betriebsnotwendige liquide Mittel 29, 77 Bilanz 9 Bilanzkurs 62 Blow-Out-Ratio 66 Börsenkapitalisierung 121 Branchenbeta 59 Brutto Cashflow 160 Bruttoinvestitionsbasis 163 C Capital Asset Pricing Model 52 Cash Value Added 158 Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit 36 Cashflow aus der Investitionstätigkeit 36 Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit 34 Cashflow Return on Investment 159 Conversion 141 D DCF-Ansatz 68 DCF-Entity-Ansatz 77 DCF-Equity-Ansatz 68 Detailplanungsphase 111 direkte Prognose 17, 21, 28 Diskontierungszinssatz 42 Dividendendiskontierungsmodell 40, 62 E Earnings After Tax 22 Earnings Before Interest After Tax 172 Earnings Before Tax 22 Earnings less Riskfree Interest Charge 172 Economic Value Added 139 Eigenkapital 10 Eigenkapitalrentabilität 57, 120 Einzahlungsüberschuss 9, 68, 76, 131 Endwert 45 Entnahmeüberschuss 9, 13, 43, 70, 76 Erfolg 120 Erfolgspotential 123 Ersatzinvestitionen 26 Ertragsstruktur 16 Ertragsüberschuss 132 Erweiterungsinvestitionen 26 ewig wachsende Rente 64, 113 ewige Rente 64, 111 <?page no="181"?> 182 Index uvk-lucius.de/ wert-controlling F fairer Wert 63 Festbetragsbeteiligte 27 Finanzaufwendungen 22 Finanzerträge 18 finanzwirtschaftliches Risiko 57 Fixkostendegression 21 Flow to Entiy 77 Flow to Equity 13, 68 Forderungen aus L&L 35 Free Cashflow 39, 77, 89 funding conversion 143 G Gegenwartswert 41 Geldflussrechnung 9 Gesamtkapitalrentabilität 125 Gesamtkostenverfahren 20 Gewinn- und Verlustrechnung 9 H Hebeleffekt 28, 57, 124 I implizite Zinskosten 27 indirekte Prognose 17, 21, 28 Inflation 49 interne Rendite 44 interner Zinssatz 42, 161 Interperiodendependenzen 123 Investition 39 Investitionsbeurteilung 43 K Kalkulationszinssatz 42 Kapitalflussrechnung 9 Kapitalwertberechnung 59 Kapitalwertverfahren 42 Kaufbereitschaft 40 Kaufkraft 49 Kongruenzprinzip 9, 13, 131 L leistungswirtschaftliches Risiko 57 Leverage Effekt 28, 57, 124 Liquidationswert 115 liquide Mittel 82 Liquidität 40 Lücke-Theorem 131, 134 M Market Value Added 122, 134 Marktanteilswachstum 17 Marktportefeuilles 53 Marktpotential 17 Marktrisiko 56 Marktvolumen 16 Marktwachstum 17 modifizierte interne Rendite 44 N Net Operating Assets 140, 144 Net Operating Profit After Tax 140, 144 Net Operating Profit Less Adjusted Tax 102 Netto Cashflow 13, 68 nicht betriebsnotwendiges Vermögen 100 O ökonomische Abschreibung 162 ökonomischer Übergewinn 175 <?page no="182"?> Index 183 operating conversion 142 Opportunitätskosten 120 Opportunitätsprinzip 122 P Peer Group-Ansatz 59 Planungsrechnung 14 Q quasi-sicherer Zinssatz 54 R Realinvestition 56 Restbetragsbeteiligte 27 Restwert 111 Risiko 45 Risikoaversion 46 risikoscheuer Investor 47 Risikozuschlag 48 Rückstellungen 35 S Sachanlagevermögen 26 Scoring-Modell 61 shareholder conversion 144 sonstige Aufwendungen 21 sonstige Erträge 17 Standardabweichung 50 steady state 65, 112, 113 Steuerersparnis 90 Steuervorteil 58 Streubesitz 40 T tax conversion 142 TCF-Ansatz 79 Total Cashflow 79 Totalperiode 9, 12, 132 U Übergewinn 120, 124 Umlaufvermögen 27 Umsatzerlöse 16 Umsatzkostenverfahren 20 Umsatzwachstumsrate 20 Unternehmensbewertung 62 Unternehmenssteuersatz 22 unverzinsliches Fremdkapital 27 V Vergangenheitsanalyse 34 Vermögensstruktur 25 Verschuldungsgrad 57 Volatilität 50 Vollausschüttungshypothese 69, 76, 93 Vorräte 35 W WACC-Ansatz 89 Wachstumsrate 114 Weighted Average Cost of Capital 78, 80 Wertadditivitätstheorem 62, 101 wertorientierte Erfolgsmessung 119 Wiederanlageprämisse 42, 45, 69 Working Capital 38, 112, 166 Z Zeitwert 44 Zinseszinseffekt 44, 45 Zirkelschluss 87 <?page no="183"?> Das richtige Werkzeug für jedes Problem www.uvk-lucius.de/ bwl-methoden Michael Nagel, Christian Mieke BWL-Methoden Handbuch für Studium und Praxis 1. Auflage 2014, 380 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-8252-8564-7 Die Betriebswirtschaftslehre hält zur Steuerung eines Unternehmens und seiner Bereiche geeignete Hilfsmittel bereit. Aber welche Werkzeuge oder Methoden sind tatsächlich bewährt und wirkungsvoll? Und welcher Ansatz eignet sich in welcher Situation und für welche Aufgabenstellung? Das Handbuch liefert die Antworten. Die Autoren bieten eine Anleitung zur Einordnung, Auswahl und Anwendung der wichtigsten Methoden zur Unterstützung betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Jede Methode wird kurz und präzise vorgestellt. Der Leser kann am Ende jeden Kapitels die Methode unmittelbar anwenden und nützlich im Unternehmen einsetzen. So lassen sich komplexe reale Probleme strukturiert analysieren, auswerten und eine möglichst optimale Lösung bestimmen. Das Buch wendet sich an Studierende der Wirtschaftswissenschaften und verwandter Studiengänge. Es dient darüber hinaus Fach- und Führungskräften in allen Unternehmensbereichen als praktisches Nachschlagewerk.