Jahresabschluss Schritt für Schritt
Arbeitsbuch
0215
2016
978-3-8385-8665-6
UTB
Jörg Wöltje
Einen Jahresabschluss von Anfang bis Ende durchzuarbeiten scheint für viele Studierende eine große Hürde zu sein. Nicht mit diesem Arbeitsbuch. Es führt Schritt für Schritt und leicht verständlich in den Jahresabschluss nach deutschem und internationalem Recht ein.
Zahlreiche Übersichten, Merksätze, Zusammenfassungen und Aufgaben erleichtern das Verständnis. Die Lösungen zu den unterschiedlichen Aufgabentypen gibt es auf der Website zum Buch. Kurzum: der ideale Einstieg in die Welt des Jahresabschlusses.
Die zweite Auflage wurde vollständig überarbeitet und mit dem Thema Lagebericht erweitert.
<?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink · Paderborn A. Francke Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich UTB 8595 <?page no="2"?> Jörg Wöltje Jahresabschluss Schritt für Schritt 2., überarbeitete und erweiterte Auflage UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="3"?> Prof. Dr. Jörg Wöltje lehrt an der Hochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft - und ist Verfasser einer Vielzahl von Wirtschaftsbüchern. Benutzungshinweise Es gibt zahlreiche Beispiele und sehr viele Übungsaufgaben zur optimalen Lernerfolgs‐ sicherung und zur Kontrolle des Lernerfolgs - sowohl im Buch integriert als auch online unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt. Die Lösungen zu allen Übungsaufgaben finden Sie ebenfalls online unter www.uvk‐lucius. de/ schritt‐fuer‐schritt. Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2016 Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Cover-Illustration: © branchecarica - Fotolia.com Druck und Bindung: Pustet, Regensburg UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 8595 ISBN 978-3-8252-8665-1 <?page no="4"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Vorwort Vorwort zur 2. Auflage Bei der zweiten überarbeiteten und erweiterten Auflage wurde das erfolgreiche didaktische Konzept des Arbeitsbuches beibehalten. Neben den Ergänzungen mit vertiefenden Beispielen, Erläuterungen, Schaubildern, Merksätzen und Übungen wurde das Buch um das neue Kapitel Schritt 9 Lagebericht erweitert. Außerdem wurde das am 23.07.2015 in Kraft getretene Bilanz‐ richtlinie‐Umsetzungsgesetz (BilRUG) integriert. Die wichtigsten Änderungen des BilRUG sind beispielsweise: die Anhebung der monetären Schwellenwerte für die Klassifikation der Größenklassen von Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften, Ausweitung der Umsatzerlöse zulasten der sonstigen betrieblichen Erträge, die Streichung der außerordentlichen Posten, d. h. der Wegfall des Ausweises außerordent‐ licher Aufwendungen und Erträge aus der GuV‐Gliederung gemäß § 275 HGB, die Festlegung der Nutzungsdauer von 10 Jahren für selbst erstellte immaterielle Vermögens‐ gegenstände des Anlagevermögens bzw. den Geschäfts‐ oder Firmenwert, wenn keine ver‐ lässliche Schätzung möglich ist, Wegfall des Nachtragberichts im Lagebericht zugunsten einer Anhangangabe und Veränderungen/ Ergänzungen bei den Angabepflichten im Anhang. Bedanken möchte ich mich wieder bei meinen Studierenden für die positive Aufnahme der 1. Auflage sowie deren zahlreiche Hinweise und Anregungen, ohne die eine kontinuierliche Ver‐ besserung der Verständlichkeit einzelner Inhalte nicht möglich wäre. Ferner bedanke ich mich bei meinen Kollegen Prof. Dr. Hendrik Kunz und Prof. Edgar Tritschler für die wertvollen Hin‐ weise und deren Unterstützung. Herrn Dr. Jürgen Schechler vom UVK‐Verlag danke ich für die sehr gute Zusammenarbeit. Über Anregungen, konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge würde ich mich auch zu‐ künftig sehr freuen, daher bitte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, Ihre Hinweise direkt an mich zu richten (E‐Mail: joerg.woeltje@t‐online.de). Herzlichen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung sowie viel Freude und Erfolg beim Lernen. Karlsruhe, im Oktober 2015 Jörg Wöltje Vorwort zur 1. Auflage Liebe Leserinnen und Leser, der Jahresabschluss hat für jedes Unternehmen eine sehr große Bedeutung. Er besteht mindestens aus einer Bilanz und einer Gewinn‐ und Verlustrechnung und dient dazu, der Unternehmensleitung einen klaren Einblick in die Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage des Unternehmens zu gewähren. Ferner ermöglicht der Jahresabschluss auch Gläubigern, Anteilseignern, Investoren oder anderen Interessenten, sich einen Überblick über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens zu machen. <?page no="5"?> 6 Vorwort Der Jahresabschluss zeigt den Analysten, wie erfolgreich ein Unternehmen gewirtschaftet hat. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass man einen Jahresabschluss lesen und verstehen kann. Um einen Jahresabschluss beurteilen zu können, ist es sehr wichtig, zu wissen, welche Möglich‐ keiten es beispielsweise gibt, den Vermögensausweis und den Gewinn zu beeinflussen. Daher wird in diesem Buch besonders auf die Posten der Bilanz sowie der Gewinn‐ und Verlustrech‐ nung eingegangen. Denn um den richtigen Wert eines Postens in der Bilanz anzusetzen (= bilan‐ zieren), ist es nicht nur wichtig, die Vermögensgegenstände und Schulden nach ihren verschie‐ denen Arten aufzuteilen, sondern auch zu bestimmen, wann und wo sie mit welchem Wert aus‐ gewiesen werden müssen. Ziel dieses Lehr‐ und Arbeitsbuches ist es, die Grundlagen des Jahres‐ abschlusses, aber auch die Bilanzpolitik und die Jahresabschlussanalyse verständlich, spannend und übersichtlich zu erläutern. Dieses Lehr‐ und Arbeitsbuch eignet sich für Studierende an Universitäten, Hochschulen und Akademien, aber auch für das Selbststudium und die Weiterbildung. Das vorliegende Buch ver‐ mittelt in verständlicher und übersichtlicher Weise die Grundkenntnisse der Bilanzierung, der Bewertung, der Bilanzpolitik und der Jahresabschlussanalyse. Nachdem Sie das Buch gelesen haben, werden Sie in der Lage sein, eine Bilanz zu lesen und zu analysieren. Bei diesem Lehr‐ und Arbeitsbuch wurde besonderer Wert auf die Didaktik gelegt. Die Lernziele werden zu Beginn eines jeden Kapitels beschrieben. Mithilfe von Übersichtsschaubildern, Ablaufdiagrammen, Zusammenfassungen und Merksät‐ zen wird das Lernen erleichtert und das Einprägen des Lernstoffes gefördert. Es gibt zahlreiche Beispiele und sehr viele Übungsaufgaben zur optimalen Lernerfolgs‐ sicherung und zur Kontrolle des Lernerfolgs - sowohl im Buch integriert als auch online unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt. Die Lösungen zu allen Übungsaufgaben finden Sie ebenfalls online unter www.uvk‐lucius. de/ schritt‐fuer‐schritt. Bedanken möchte ich mich bei meinen Studierenden der Studiengänge „International Manage‐ ment“ und „Wirtschaftsingenieurwesen“ an der Hochschule Karlsruhe für ihre wertvollen Hin‐ weise und Anregungen. Ferner bedanke ich mich bei Maren Braun, Claudius Buchberger, Michae‐ la Göggel, Nadja Hösel und Marius Krämer für ihre Unterstützung. Herrn Dr. Jürgen Schechler vom UVK‐Verlag danke ich für die tolle Zusammenarbeit. Da ich für Anregungen und Verbesserungsvorschläge immer sehr dankbar bin, möchte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser bitten, Ihre Hinweise direkt an mich zu richten (E‐Mail: joerg.woeltje @t‐online.de). Vielen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung sowie viel Freude und Erfolg beim Lernen. Karlsruhe, im Oktober 2014 Jörg Wöltje <?page no="6"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Inhaltsübersicht Vorwort ..................................................................................................................................................................................... 5 - Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................................................... 15 - Schritt 1: Funktionen, Adressaten und Ziele des Jahresabschlusses .................................................................... 19 - Schritt 2: Grundlagen und Bestandteile des Jahresabschlusses ............................................................................. 23 - Schritt 3: Bilanz............................................................................................................................................................................. 33 - Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung ............................................................................................................................. 65 - Schritt 5: Grundlagen der Bewertung................................................................................................................................. 79 - Schritt 6: Bilanzierung und Bewertung von latenten Steuern.............................................................................. 121 - Schritt 7: Gewinn‐ und Verlustrechnung........................................................................................................................ 127 - Schritt 8: Anhang....................................................................................................................................................................... 143 - Schritt 9: Lagebericht.............................................................................................................................................................. 153 - Schritt 10: Kapitalflussrechnung .......................................................................................................................................... 163 - Schritt 11: Eigenkapitalspiegel.............................................................................................................................................. 175 - Schritt 12: Prüfungs‐ und Offenlegungspflichten.......................................................................................................... 177 - Schritt 13: Bilanzpolitik ............................................................................................................................................................ 183 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse ..................................................................................................................................... 203 - Literaturverzeichnis ...................................................................................................................................................... 227 - Index ..................................................................................................................................................................................... 231 - <?page no="8"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Inhalt Vorwort ..................................................................................................................................................................................... 5 - Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................................................... 15 - Schritt 1: Funktionen, Adressaten und Ziele des Jahresabschlusses ......................................... 19 - 1.1 - Funktionen des Jahresabschlusses ....................................................................................................... 19 - 1.2 - Adressaten des Jahresabschlusses........................................................................................................ 20 - 1.3 - Ziele des Jahresabschlusses ..................................................................................................................... 21 - Schritt 2: Grundlagen und Bestandteile des Jahresabschlusses .................................................. 23 - 2.1 - Einführung....................................................................................................................................................... 23 - 2.2 - Systematisierung der Rechnungslegungsgrundsätze .................................................................. 24 - - Die Rahmengrundsätze.............................................................................................................................. 24 - 2.2.1 - Die Systemgrundsätze................................................................................................................................ 25 - 2.2.2 - Abgrenzungsgrundsätze............................................................................................................................ 26 - 2.2.3 2.3 - Die Bestandteile des Jahresabschlusses ............................................................................................. 27 - - Weitere Elemente der Finanzberichterstattung............................................................................. 29 - 2.3.1 - Zusammenhänge der primären Rechenwerke des Jahresabschlusses................................. 30 - 2.3.2 - Konzernabschluss und Konzernlagebericht..................................................................................... 30 - 2.3.3 Schritt 3: Bilanz............................................................................................................................................ 33 - 3.1 - Einführung....................................................................................................................................................... 33 - 3.2 - Bilanzarten ...................................................................................................................................................... 36 - 3.3 - Handelsbilanz und Steuerbilanz im Vergleich................................................................................. 36 - - Die Handelsbilanz......................................................................................................................................... 36 - 3.3.1 - Die Steuerbilanz ............................................................................................................................................ 37 - 3.3.2 3.4 - Bilanztheorien................................................................................................................................................ 39 - - Statische Bilanzauffassung ....................................................................................................................... 39 - 3.4.1 - Dynamische Bilanzauffassung ................................................................................................................ 39 - 3.4.2 - Organische Bilanzauffassung .................................................................................................................. 40 - 3.4.3 3.5 - Ausgewählte Posten des Anlagevermögens ..................................................................................... 41 - - Immaterielle Vermögensgegenstände ................................................................................................ 41 - 3.5.1 3.5.1.1 - Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte .............. 42 - 3.5.1.2 - Entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten ............................................................... 42 - 3.5.1.3 - Geschäfts‐ oder Firmenwert.................................................................................................................... 42 - 3.5.1.4 - Geleistete Anzahlungen ............................................................................................................................. 43 - - Sachanlagen .................................................................................................................................................... 43 - 3.5.2 <?page no="9"?> 10 Inhalt uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 3.5.2.1 - Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschl. der Bauten auf fremden Grundstücken .............................................................................................................................. 43 - 3.5.2.2 - Technische Anlagen und Maschinen.................................................................................................... 44 - 3.5.2.3 - Andere Anlagen, Betriebs‐ und Geschäftsausstattung................................................................. 44 - 3.5.2.4 - Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau .................................................................................. 44 - - Finanzanlagen ................................................................................................................................................ 45 - 3.5.3 3.5.3.1 - Anteile an verbundenen Unternehmen .............................................................................................. 45 - 3.5.3.2 - Ausleihungen an verbundene Unternehmen ................................................................................... 45 - 3.5.3.3 - Beteiligungen.................................................................................................................................................. 45 - 3.5.3.4 - Ausleihungen an Beteiligungsunternehmen .................................................................................... 46 - 3.5.3.5 - Wertpapiere des Anlagevermögens ..................................................................................................... 46 - 3.5.3.6 - Sonstige Ausleihungen ............................................................................................................................... 46 - 3.6 - Ausgewählte Posten des Umlaufvermögens .................................................................................... 46 - - Vorräte .............................................................................................................................................................. 46 - 3.6.1 - Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände .................................................................... 47 - 3.6.2 - Wertpapiere .................................................................................................................................................... 47 - 3.6.3 - Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks.... 47 - 3.6.4 3.7 - Aktive Rechnungsabgrenzungsposten................................................................................................ 47 - 3.8 - Aktive latente Steuern ................................................................................................................................ 47 - 3.9 - Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung................................................. 48 - 3.10 - Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ............................................................................. 48 - 3.11 - Ausgewählte Posten des Eigenkapitals............................................................................................... 48 - - Gezeichnetes Kapital ................................................................................................................................... 49 - 3.11.1 3.11.1.1 - Ausstehende Einlagen................................................................................................................................ 49 - 3.11.1.2 - Ausweis von eigenen Anteilen ............................................................................................................... 50 - - Offene Rücklagen .......................................................................................................................................... 50 - 3.11.2 3.11.2.1 - Kapitalrücklage............................................................................................................................................. 50 - 3.11.2.2 - Gewinnrücklagen ......................................................................................................................................... 51 - 3.11.2.3 - Gewinn‐/ Verlustvortrag ........................................................................................................................... 52 - 3.11.2.4 - Jahresüberschuss/ ‐fehlbetrag ............................................................................................................... 53 - 3.11.2.5 - Bilanzergebnis (Bilanzgewinn/ ‐verlust)........................................................................................... 53 - 3.11.2.6 - Ermittlung des Bilanzgewinns ............................................................................................................... 53 - 3.11.2.7 - Die Problematik beim Bilanzgewinn................................................................................................... 56 - - Stille Rücklagen (stille Reserven).......................................................................................................... 57 - 3.11.3 3.12 - Ausgewählte Posten des Fremdkapitals ............................................................................................ 57 - - Rückstellungen .............................................................................................................................................. 57 - 3.12.1 3.12.1.1 - Rückstellungsarten ..................................................................................................................................... 58 - 3.12.1.2 - Ausweis der Rückstellungen in der Handelsbilanz ...................................................................... 59 - 3.12.1.3 - Beispiele: Häufige rückstellungspflichtige Sachverhalte ........................................................... 59 - - Verbindlichkeiten ......................................................................................................................................... 61 - 3.12.2 <?page no="10"?> Inhalt 11 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 3.13 - Passive Rechnungsabgrenzungsposten.............................................................................................. 62 - 3.14 - Passive latente Steuern.............................................................................................................................. 63 - Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung ............................................................................................... 65 - 4.1 - Definitionen .................................................................................................................................................... 65 - 4.2 - Zurechnung zum Betriebsvermögen ................................................................................................... 66 - 4.3 - Bilanzansatzregeln....................................................................................................................................... 67 - - Aktivierungsfähigkeit ................................................................................................................................. 68 - 4.3.1 - Passivierungsfähigkeit ............................................................................................................................... 73 - 4.3.2 - Saldierung von Vermögen und Schulden........................................................................................... 74 - 4.3.3 4.4 - Zusammenhang zwischen Handels‐ und Steuerbilanz ................................................................ 75 - Schritt 5: Grundlagen der Bewertung................................................................................................... 79 - 5.1 - Allgemeine Bewertungsgrundsätze ..................................................................................................... 79 - - Grundsatz der Bilanzidentität ( § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB)............................................................ 80 - 5.1.1 - Grundsatz der Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) .................................... 80 - 5.1.2 - Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) ........................................................ 81 - 5.1.3 - Grundsatz der Vorsicht (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) .......................................................................... 81 - 5.1.4 - Grundsatz der Periodenabgrenzung (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) ................................................ 84 - 5.1.5 - Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB)............................................... 84 - 5.1.6 5.2 - Ausgangs‐ und Basiswerte für die Bewertung ................................................................................ 85 - - Anschaffungskosten .................................................................................................................................... 85 - 5.2.1 - Herstellungskosten...................................................................................................................................... 89 - 5.2.2 - Beizulegender Wert..................................................................................................................................... 92 - 5.2.3 - Teilwert............................................................................................................................................................. 93 - 5.2.4 - Erfüllungsbetrag ........................................................................................................................................... 94 - 5.2.5 - Barwert ............................................................................................................................................................. 95 - 5.2.6 - Währungsumrechnung ‒ Folgebewertung (§ 256a HGB).......................................................... 95 - 5.2.7 5.3 - Bewertungsverfahren................................................................................................................................. 96 - - Einzelbewertung........................................................................................................................................... 96 - 5.3.1 - Bewertungsvereinfachungsverfahren................................................................................................. 96 - 5.3.2 5.3.2.1 - Festbewertung ............................................................................................................................................... 97 - 5.3.2.2 - Gruppenbewertung mittels der Durchschnittsmethode............................................................. 98 - 5.3.2.3 - Sammelbewertung mittels Verbrauchsfolgeverfahren .............................................................101 - - Pauschalbewertung ...................................................................................................................................105 - 5.3.3 - Retrograde Bewertung.............................................................................................................................105 - 5.3.4 - Verlustfreie Bewertung ...........................................................................................................................106 - 5.3.5 5.4 - Abschreibungen, Wertaufholungen und Beibehaltungswahlrechte....................................106 - - Planmäßige Abschreibungen ................................................................................................................107 - 5.4.1 - Außerplanmäßige Abschreibungen und Wertaufholungen ....................................................109 - 5.4.2 <?page no="11"?> 12 Inhalt uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 5.5 - Bewertung einzelner Bilanzposten ....................................................................................................111 - - Bewertung des Anlagevermögens ......................................................................................................111 - 5.5.1 - Bewertung des Umlaufvermögens......................................................................................................111 - 5.5.2 5.5.2.1 - Bewertung der Vorräte ............................................................................................................................112 - 5.5.2.2 - Außerplanmäßige Abschreibung bei den Vorräten ....................................................................113 - - Bewertung der Verbindlichkeiten.......................................................................................................114 - 5.5.3 5.5.3.1 - Disagio .............................................................................................................................................................116 - 5.5.3.2 - Agio ...................................................................................................................................................................117 - - Rückstellungen ............................................................................................................................................118 - 5.5.4 Schritt 6: Bilanzierung und Bewertung von latenten Steuern................................................... 121 - 6.1 - Latente Steuern ...........................................................................................................................................121 - - Entstehungsmöglichkeiten für latente Steuern ............................................................................122 - 6.1.1 - Verbuchung der latenten Steuern .......................................................................................................124 - 6.1.2 - Ausweisvarianten der latenten Steuern in der Bilanz ...............................................................125 - 6.1.3 Schritt 7: Gewinn- und Verlustrechnung .......................................................................................... 127 - 7.1 - Einführung.....................................................................................................................................................127 - 7.2 - Vergleich zwischen dem Gesamtkosten‐ und Umsatzkostenverfahren.............................129 - 7.3 - Gesamtkostenverfahren ..........................................................................................................................129 - - Die Gewinn‐ und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren.............................131 - 7.3.1 - Inhalt und Aussagen der Gewinn‐ und Verlustrechnung nach dem Gesamtkosten‐ 7.3.2 verfahren .......................................................................................................................................................132 - 7.4 - Umsatzkostenverfahren ..........................................................................................................................134 - 7.5 - Gewinn‐ und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren.....................................135 - - Ergebnisrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren .............................................................136 - 7.5.1 7.6 - Überblick über die beiden Verfahren ................................................................................................136 - 7.7 - Rohergebnis ..................................................................................................................................................141 - Schritt 8: Anhang ...................................................................................................................................... 143 - 8.1 - Einführung.....................................................................................................................................................143 - 8.2 - Funktionen des Anhangs.........................................................................................................................144 - 8.3 - Aufbau des Anhangs ..................................................................................................................................144 - 8.4 - Anlagespiegel/ Anlagegitter ...................................................................................................................145 - 8.5 - Verbindlichkeitsspiegel ...........................................................................................................................149 - 8.6 - Rückstellungsspiegel ................................................................................................................................151 - Schritt 9: Lagebericht.............................................................................................................................. 153 - 9.1 - Bestandteile des Lageberichts ..............................................................................................................153 - 9.2 - Bedeutung des Lageberichts .................................................................................................................154 - 9.3 - Wirtschaftsbericht .....................................................................................................................................154 - 9.4 - Prognosebericht..........................................................................................................................................155 - <?page no="12"?> Inhalt 13 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 9.5 - Chancen‐ und Risikobericht...................................................................................................................156 - 9.6 - Finanzrisikobericht ...................................................................................................................................157 - 9.7 - Forschungs‐ und Entwicklungsbericht .............................................................................................157 - 9.8 - Zweigniederlassungsbericht...................................................................................................... ....... .....158 - 9.9 - Vergütungsbericht .....................................................................................................................................158 - 9.10 - Bericht zur Übernahmesituation der Gesellschaft.......................................................................159 - 9.11 - Internes Kontrollsystem und internes Risikomanagementsystem im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess ....................................................................................................159 - 9.12 - Erklärung der Unternehmensführung ..............................................................................................159 - 9.13 - Zusatzbericht................................................................................................................................................160 - 9.14 - Grundsätze der Lageberichterstattung.............................................................................................161 - - Vollständigkeit.............................................................................................................................................161 - 9.14.1 - Verlässlichkeit und Ausgewogenheit.................................................................................................161 - 9.14.2 - Klarheit und Übersichtlichkeit .............................................................................................................161 - 9.14.3 - Vermittlung der Sicht der Unternehmensleitung.........................................................................162 - 9.14.4 - Wesentlichkeit .............................................................................................................................................162 - 9.14.5 - Informationsabstufung ............................................................................................................................162 - 9.14.6 Schritt 10: Kapitalflussrechnung ........................................................................................................ 163 - 10.1 - Einführung.....................................................................................................................................................163 - 10.2 - Beständedifferenzen‐, Veränderungs‐ und Bewegungsbilanz ...............................................164 - 10.3 - Die Bewegungsbilanz als Sonderform der Kapitalflussrechnung.........................................164 - - Darstellung in Kontenform ....................................................................................................................164 - 10.3.1 - Kritikpunkte bei der Bewegungsbilanz ............................................................................................166 - 10.3.2 10.4 - Grundlagen der Kapitalflussrechnung ..............................................................................................166 - - Ursachenrechnung .....................................................................................................................................167 - 10.4.1 - Fondsveränderungsrechnung...............................................................................................................167 - 10.4.2 - Cashflow aus der laufender Geschäftstätigkeit .............................................................................168 - 10.4.3 - Cashflow aus der Investitionstätigkeit .............................................................................................168 - 10.4.4 - Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit ........................................................................................169 - 10.4.5 10.5 - Aufbau der Kapitalflussrechnung........................................................................................................170 - 10.6 - Aussagegehalt der Kapitalflussrechnung.........................................................................................173 - Schritt 11: Eigenkapitalspiegel............................................................................................................ 175 - 11.1 - Einführung.....................................................................................................................................................175 - Schritt 12: Prüfungs- und Offenlegungspflichten .......................................................................... 177 - 12.1 - Einführung.....................................................................................................................................................177 - 12.2 - Kapitalgesellschaften und atypische Personengesellschaften ...............................................177 - 12.3 - Aufstellungserleichterungen .................................................................................................................180 - 12.4 - Prüfungspflichten .......................................................................................................................................180 - 12.5 - Offenlegungspflicht nach § 267 HGB in Verbindung mit § 325 HGB ...................................181 - <?page no="13"?> 14 Inhalt Schritt 13: Bilanzpolitik ......................................................................................................................... 183 - 13.1 - Einführung.....................................................................................................................................................183 - 13.2 - Definitionen und Abgrenzungen..........................................................................................................183 - - Bilanzpolitik..................................................................................................................................................183 - 13.2.1 - Bilanzkosmetik ............................................................................................................................................184 - 13.2.2 - Bilanzmanipulation ...................................................................................................................................185 - 13.2.3 13.3 - Ziele der Bilanzpolitik ..............................................................................................................................186 - - Auswirkungen der Bilanzpolitik ..........................................................................................................187 - 13.3.1 - Ziele einer progressiven Bilanzpolitik ..............................................................................................187 - 13.3.2 - Ziele einer konservativen Bilanzpolitik............................................................................................187 - 13.3.3 - Zielkonflikte der Bilanzpolitik und deren Lösung .......................................................................188 - 13.3.4 13.4 - Instrumente der Bilanzpolitik ..............................................................................................................188 - 13.5 - Abgrenzung zwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen .......................................191 - - Explizite Wahlrechte .................................................................................................................................191 - 13.5.1 13.5.1.1 - Bilanzielle und erfolgswirksame Auswirkung des Aktivierungswahlrechts..............191 - 13.5.1.2 - Bilanzielle und erfolgswirksame Auswirkung des Passivierungswahlrechts............193 - 13.5.1.3 - Bewertungswahlrechte ......................................................................................................................194 - 13.5.1.4 - Bewertung der Vorräte.......................................................................................................................197 - - Implizite Wahlrechte ................................................................................................................................198 - 13.5.2 - Ermessensspielräume ..............................................................................................................................198 - 13.5.3 13.5.3.1 - Außerplanmäßige Abschreibungen ..............................................................................................198 - 13.5.3.2 - Zuordnung der Wertpapiere im Anlage‐ oder Umlaufvermögen ....................................199 - 13.5.3.3 - Bemessung von Pauschal‐ und Einzelwertberichtigungen zu Forderungen..............199 - - Rückstellungen ............................................................................................................................................200 - 13.5.4 - Abgrenzung von Herstellungs‐ und Erhaltungsaufwand .........................................................201 - 13.5.5 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse.................................................................................................... 203 - 14.1 - Einführung.....................................................................................................................................................203 - 14.2 - Ziele, Aufgaben und Ablauf der Jahresabschlussanalyse..........................................................203 - 14.3 - Kennzahlen als Instrument der Jahresabschlussanalyse..........................................................205 - 14.4 - Basisgrößen für die Jahresabschlussanalyse .................................................................................205 - 14.5 - Strukturbilanz ..............................................................................................................................................209 - 14.6 - Bilanzkennzahlen .......................................................................................................................................210 - - Analyse der Vermögensstruktur..........................................................................................................211 - 14.6.1 - Finanzierungsanalyse...............................................................................................................................212 - 14.6.2 - Liquiditätsanalyse ......................................................................................................................................215 - 14.6.3 - Ergebnis‐ und Rentabilitätsanalyse ...................................................................................................218 - 14.6.4 Literaturverzeichnis .......................................................................................................................................................227 - Index ......................................................................................................................................................................................231 <?page no="14"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Abkürzungsverzeichnis A Aktiva a. F. alte Fassung AB Anfangsbestand Abs. Absatz AfA Absetzung für Abnutzung AfaA Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung AfS Absetzung für Substanzverringerung AG Aktiengesellschaft AHK Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten AK Anschaffungskosten AktG Aktiengesetz aLuL aus Lieferungen und Leistungen ANK Anschaffungsnebenkosten AO Abgabenordnung ARAP aktiver Rechnungsabgrenzungsposten Art. Artikel AV Anlagevermögen AW Anschaffungswert BA Bundesanzeiger BB Der Betriebs‐Berater BBK Zeitschrift für Buchführung, Bilanzierung, Kostenrechnung BetrAVG Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz ‐ BetrAVG) BewG Bewertungsgesetz BfF Bundesamt für Finanzen BFH Bundesfinanzhof BGA Betriebs‐ und Geschäftsausstattung BGB Bürgerliches Gesetzbuch bgN betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer BilKoG Bilanzkontrollgesetz BilMoG Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz BilReG Bilanzrechtsreformgesetz BiRiLiG Bilanzrichtlinien‐Gesetz BMF Bundesministerium der Finanzen BMG Bemessungsgrundlage BMJ Bundesministerium für Justiz BStBl Bundessteuerblatt BV Bestandsveränderung CF Cashflow Co. Compagnie (Kompanie i.S.v. Gesellschaft) DATEV Datenverarbeitungsorganisation des steuerberatenden Berufes in der Bundes‐ republik Deutschland eG <?page no="15"?> 16 Abkürzungsverzeichnis uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt DAX Deutscher Aktienindex DB Der Betrieb DRS Deutsche Rechnungslegungs Standards DRSC Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. DVFA Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management e.V. DVFA/ SG Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung/ Schmalenbach‐ Gesellschaft e.V. € Euro EB Endbestand, Eröffnungsbilanz eBAnZ elektronischer Bundesanzeiger EBIT Earnings Before Interest and Taxes EBITDA Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization EBK Eröffnungsbilanzkonto EBT Earnings Before Taxes EDV elektronische Datenverarbeitung EE‐Steuern Steuern vom Einkommen und Ertrag EGHGB Einführungsgesetz zum HGB EK Eigenkapital ESt Einkommensteuer EStÄR Einkommensteuer‐Änderungsrichtlinien EStDV Einkommensteuer‐Durchführungsverordnung EStG Einkommensteuergesetz EStH amtliches Einkommenssteuerhandbuch EStH Einkommensteuer‐Hinweise EStR Einkommensteuer‐Richtlinien EU Europäische Union EUR Euro EUSt Einfuhrumsatzsteuer EVA Economic Value Added F&E Forschung und Entwicklung f. oder ff. folgende oder fortfolgende FE Fertige Erzeugnisse FEK Fertigungseinzelkosten/ Fertigungslöhne FGK Fertigungsgemeinkosten Fibu Finanzbuchhaltung Fifo First in first out FK Fremdkapital GAAP Generally Accepted Accounting Principles GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts GenG Genossenschaftsgesetz GewSt Gewerbesteuer GewStG Gewerbesteuergesetz GJ Geschäftsjahr GKR Gemeinschaftskontenrahmen der Deutschen Industrie GKV Gesamtkostenverfahren GmbH Gesellschaft mit begrenzter Haftung GmbHG GmbH‐Gesetz <?page no="16"?> Abkürzungsverzeichnis 17 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt GMZ Grundmietzeit GoB Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung GrStG Grundsteuergesetz GuV Gewinn‐ und Verlustrechnung GWG geringwertige Wirtschaftsgüter H Haben HB Handelsbilanz HFA Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer HGB Handelsgesetzbuch Hi Hilfsstoffe Hifo Highest in first out HK Herstellungskosten HR Handelsregister HRefG Handelsreformgesetz IAS International Accounting Standard(s) IASB International Accounting Standards Board IASC International Accounting Standards Committee IDW Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. i EK Zinssatz der Eigenkapitalgeber IFRS International Financial Reporting Standards IKR Industriekontenrahmen InsO Insolvenzordnung JA Jahresabschluss JÜ Jahresüberschuss kalk. kalkulatorisch KapAEG Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz KapCoRiLiG Kapitalgesellschaften‐ und Co‐Richtlinie‐Gesetz KapESt Kapitalertragsteuer KapG Kapitalgesellschaft(en) KfzSt Kraftfahrzeugsteuer KG Kommanditgesellschaft KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien KiSt Kirchensteuer KLR Kosten‐ und Leistungsrechnung KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich KSt Körperschaftsteuer KStG Körperschaftssteuergesetz LG Leasinggeber Lifo Last in first out LN Leasingnehmer LSt Lohnsteuer LStDV Lohnsteuerdurchführungsverordnung ME Mengeneinheit MEK Materialeinzelkosten MGK Materialgemeinkosten Mio. Million Mrd. Milliarde <?page no="17"?> 18 Abkürzungsverzeichnis MwSt. Mehrwertsteuer ND Nutzungsdauer NWP Niederstwertprinzip OHG Offene Handelsgesellschaft P Passiva PHG Personenhandelsgesellschaften PublG Publizitätsgesetz PWB Pauschalwertberichtigung RAP Rechnungsabgrenzungsposten RBW Restbuchwert RegE Regierungsentwurf Rewe Rechnungswesen RHB Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe Ro Rohstoffe RW Restwert S Soll SA Securities Act SAV Sachanlagevermögen SB Schlussbestand, Schlussbilanz SBK Schlussbilanzkonto SE Societas Europaea SEC Securities and Exchange Commission SFAS Statement of Financial Accounting Standards SK Selbstkosten SKR Spezialkontenrahmen SolZ Solidaritätszuschlag St. Stück StB Steuerbilanz Std. Stunde T€ Tausend Euro UFE Unfertige Erzeugnisse UKV Umsatzkostenverfahren US GAAP United States‐Generally Accepted Accounting Principles USt Umsatzsteuer UStG Umsatzsteuergesetz UV Umlaufvermögen vBP vereidigter Buchprüfer VermBG Vermögensbildungsgesetz VJ Vorjahr VK Vertriebskosten VSt Vorsteuer VtGKZ Vertriebsgemeinkostenzuschlagssatz VvGKZ Verwaltungsgemeinkostenzuschlagssatz vwL vermögenswirksame Leistungen WEK Wareneinkaufskonto WP Wirtschaftsprüfer WVK Warenverkaufskonto <?page no="18"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 1: Funktionen, Adressaten und Ziele des Jahresabschlusses Lernziele Nachdem Sie das erste Kapitel bearbeitet haben, werden Sie über die Funktionen des Jah‐ resabschlusses Bescheid wissen und die folgenden Fragestellungen beantworten können: Was ist ein Jahresabschluss und welche Ziele können damit verfolgt werden? Aus welchen Bestandteilen besteht ein Jahresabschluss? Was verbirgt sich hinter den folgenden Begriffen wie z. B. Bilanz, Gewinn‐ und Verlust‐ rechnung (GuV), Anhang, Kapitalflussrechnung, Eigenkapitalspiegel und Lagebericht? Für wen ist der Jahresabschluss bestimmt? Welche Insolvenzgründe gibt es? 1.1 Funktionen des Jahresabschlusses Der handelsrechtliche Jahresabschluss hat vor allem drei Funktionen zu erfüllen: Dokumentationsfunktion: Gemäß § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Unter dem Begriff „ordnungsmäßige Buchführung“ versteht man im Allgemeinen die planmäßige und lückenlo‐ se, inhalts‐ und wertmäßige Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle eines Unternehmens. Der Jahresabschluss gibt eine verbindliche Auskunft über die Vermögens‐, Finanz‐ und Ertrags‐ lage des Unternehmens. Zahlungsbemessungsfunktion: Der handelsrechtliche Jahresabschluss dient in erster Linie zur Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns, wobei dem Gläubigerschutz besonders Rech‐ nung getragen wird. Die Eigenkapitalgeber erhoffen sich möglichst hohe Gewinne, die aus‐ geschüttet werden können. Dagegen erwarten die Fremdkapitalgeber neben der Rückzahlung des ausgeliehenen Kapitals eine angemessene Verzinsung und die Mitarbeiter, die am Erfolg des Unternehmens beteiligt sind, möchten eine angemessene Tantieme. Der Staat möchte in Form von Ertragssteuern (Einkommensteuer, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer) mög‐ lichst hohe Steuereinnahmen erzielen. Das Ergebnis (Gewinn oder Verlust) wird mithilfe der Gewinn‐ und Verlustrechnung (GuV) ermittelt. Informations- und Rechenschaftsfunktion: Informationen sind immer erforderlich, um Entscheidungen innerhalb oder außerhalb eines Unternehmens treffen zu können. Diese Funktion muss den unterschiedlichen Interessenlagen der einzelnen, an einem Unternehmen beteiligten Adressaten gerecht werden. Für das Management und die an der Geschäftsfüh‐ rung beteiligten Anteilseigner, als interne Adressaten, dient der Jahresabschluss als Selbst‐ information bzgl. der Finanz‐, Vermögens‐ und Ertragslage eines Unternehmens. Das Manage‐ ment benötigt Informationen für die interne Kontrolle betrieblicher Prozesse sowie die Pla‐ nung und Steuerung zukünftiger betrieblicher Prozesse. Bei den externen Adressaten unter‐ <?page no="19"?> 20 Schritt 1: Funktionen, Adressaten und Ziele des Jahresabschlusses uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt scheiden wir zwischen den Gläubigern (Fremdkapitalgebern), den Anteilseignern (Eigenkapi‐ talgebern), die nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind, und der interessierten Öffentlich‐ keit (z. B. bei Großkonzernen). Die Gläubiger (z. B. Kreditgeber, Lieferanten und Arbeitneh‐ mer, aber auch der Staat als Fiskus) benötigen Informationen darüber, ob sie mit einer ter‐ min‐ und betragsgerechten Begleichung ihrer Zahlungsansprüche rechnen können. Die fol‐ gende Abbildung zeigt Ihnen die Funktionen des Jahresabschlusses. Abb. 1.1: Funktionen des Jahresabschlusses 1.2 Adressaten des Jahresabschlusses Der handelsrechtliche Jahresabschluss stellt Informationen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens bereit. Dabei orientiert sich die handelsrechtliche Rechnungslegung an den gesetz‐ lichen Vorgaben und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung. Der Jahresabschluss sollte auch die Anforderungen der zahlreichen unterschiedlichen Adressaten berücksichtigen, wie die folgende Abbildung 1.2 verdeutlicht. Die Adressaten sollten in der Lage sein, den Jahresabschluss eines Unternehmens zu verstehen und nach Möglichkeit auch zu interpretieren, vor allem dann, wenn man z. B. als zukünftiger Inves‐ tor Aktien von einem Unternehmen erwerben möchte. Sehr häufig sind Schlagzeilen in der Wirt‐ schaftspresse zu lesen, wie z. B.: Handelsblatt vom 05.05.2014: „Was Anleger zur Prokon‐Insolvenz wissen sollten“ Handelsblatt vom 08.05.2014: „Toyota fährt Rekordgewinn ein“ FAZ vom 13.07.2014: „Daimler steigert Gewinn“ Funktionen des Jahresabschlusses Zahlungsbemessungs‐ funktion Informationsfunktionen Informationen über die Ver‐ mögens‐, Finanz‐ und Ertrags‐ lage an: Anteilseigner Management Gläubiger potenzielle Kapitalgeber Kunden Lieferanten Wettbewerber für das Finanz‐ amt für die Anteils‐ eigner steuerrechtlicher Einzelabschluss handelsrechtlicher Einzelabschluss handelsrechtlicher Konzernabschluss Maßgeblich‐ keit (§ 5 Abs. 1 EStG) Dokumentations‐ funktion Nachweis der in der Buchführung aufgezeigten Ge‐ schäftsvorfälle Erfassung der finanz‐ und leis‐ tungswirtschaft‐ lichen Sachver‐ halte <?page no="20"?> 1.3 Ziele des Jahresabschlusses 21 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Abb. 1.2: Adressaten des Jahresabschlusses Für die Beurteilung der Ertragskraft eines Unternehmens wird ein Gewinnmaßstab, z. B. der Jah‐ resüberschuss (= Gewinn nach Steuern) oder das EBIT (Earnings Before Interest and Taxes = Gewinn vor Zinsen und Steuern) benötigt. Das unternehmerische Handeln bzgl. der Ertragskraft eines Unternehmens ist positiv zu beurteilen, wenn z. B.: der Jahresüberschuss (Gewinn nach Steuern) bzw. das EBT (Earnings Before Taxes) positiv sind sowie eine gewisse Mindesthöhe erreicht haben und außerdem die Eigenkapitalrentabilität = ü 100 höher als das vorgegebene Verzinsungsziel der Eigenkapitalgeber (i EK ) oder die vorgegebene EBIT‐Marge = ö 100 erreicht worden ist. In diesem Zusammenhang sollten Analysten aber auch überprüfen, ob irgendwelche bilanzpoliti‐ schen Maßnahmen das Ergebnis (Gewinn/ Verlust) erhöht oder verringert haben. Leser bzw. Analysten von Jahresabschlüssen sollten auch folgende Fragen beantworten können: Woran kann man ein insolvenzgefährdetes Unternehmen erkennen? Damit Unternehmen dauerhaft existieren können, müssen sie rentabel arbeiten, d. h. nachhaltige Gewinne erwirtschaften und ihren Zahlungsverpflichtungen zu jedem Zeitpunkt nachkommen. Dies bedeutet, dass die Unternehmen stets liquide sein müssen. 1.3 Ziele des Jahresabschlusses Die folgende Abbildung zeigt die Ziele des handelsrechtlichen Jahresabschlusses. Adressaten des Jahresabschlusses Jahres‐ abschluss staatliche Stellen interessierte Öffentlichkeit Kapitalmarkt Wettbewerber verbundene Unternehmen Arbeitnehmer, Betriebsrat Unternehmensleitung Aufsichtsrat, Beirat Fremdkapitalgeber Lieferanten Kunden Anteilseigner <?page no="21"?> 22 Schritt 1: Funktionen, Adressaten und Ziele des Jahresabschlusses * Der Eigenkapitalspiegel und die Kapitalflussrechnung sind Pflichtbestandteile des Jahresabschlusses von kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften gemäß § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB und von Konzer‐ nen gemäß § 297 Abs. 1 HGB. Abb. 1.3: Ziele des Jahresabschlusses Mithilfe des Jahresabschlusses können Sie die Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage eines Unter‐ nehmens beurteilen: Für die Beurteilung der Vermögenslage ist eine isolierte Betrachtung der Vermögensseite (Aktiva) der Bilanz mit den Vermögensgegenständen nicht ausreichend. Vielmehr muss auch die Kapitalseite (Passiva) der Bilanz miteinbezogen werden, d. h. es werden Informationen über die Höhe, die Quellen und die Zusammensetzung des Kapitals nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber (Fremdkapital‐ oder Eigenkapitalgeber) sowie über die Dauer der Kapital‐ überlassungsfristen und der eingeräumten Sicherheiten benötigt. Ferner sind auch Informa‐ tionen über nicht bilanzierungsfähige Vermögensgegenstände, Bürgschaften und Eigentums‐ vorbehalten notwendig, um die Vermögenslage eines Unternehmens beurteilen zu können. Hierzu sollten die Angaben im Anhang des Jahresabschlusses kritisch betrachtet werden. Die Finanzlage vermittelt Kenntnisse über die Finanzierung und die Liquidität eines Unter‐ nehmens. Die Passiva, d. h. die Kapitalseite der Bilanz gibt Auskunft über die Finanzierung des Unternehmens. Für die Beurteilung der Finanzlage und die so wichtige Liquiditätslage ist aber auch die Aktivseite der Bilanz miteinzubeziehen. Denn die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens muss zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein, damit ein Unternehmen weiter bestehen kann. Eine drohende oder bestehende Zahlungsunfähigkeit würde zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. §§ 17 bis 19 InsO) führen. Ein Einblick in die Ertragslage ist neben der Vermögens‐ und Finanzlage für die Jahres‐ abschlussadressaten von großer Bedeutung. Neben der Darstellung der absoluten Höhe des ausgewiesenen Erfolgs (Gewinn oder Verlust) des bzw. der vergangenen Geschäftsjahre ist vor allem die Struktur der Aufwendungen und Erträge von Bedeutung. Dabei muss unbedingt unterschieden werden, ob es sich bei den ausgewiesenen Erfolgen um betriebliche Tätigkei‐ ten oder um betriebsfremde Aktivitäten handelt. Des Weiteren sollte analysiert werden, ob es sich um regelmäßige oder nur um einmalig erzielte Erfolge handelt. Ziele des Jahresabschlusses gemäß §§ 264 Abs. 2 und 297 Abs. 2 HGB Bilanz Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der ... Vermögenslage Finanzlage Ertragslage Eigenkapital‐ spiegel* Kapitalfluss‐ rechnung* GuV‐Rechnung primäre Rechenwerke des Jahresabschlusses <?page no="22"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 2: Grundlagen und Bestandteile des Jahresabschlusses Lernziele In diesem Kapitel lernen Sie die Bestandteile des Jahresabschlusses der Kapitalgesellschaf‐ ten, d. h. Bilanz, GuV, Anhang, Lagebericht und zusätzlich bei kapitalmarktorientierten Kapi‐ talgesellschaften den Eigenkapitalspiegel und die Kapitalflussrechnung kennen. Darüber hinaus wird auf die einzelnen Posten der Bilanz näher eingegangen. Was ist der Jahresabschluss und was beinhaltet er? Welche Funktionen erfüllt der Jahresabschluss? Welche gesetzlichen Vorschriften finden Anwendung bei der Erstellung des Jahres‐ abschlusses? Welche Pflichtbestandteile umfasst der Jahresabschluss? Für wen ist der Jahresabschluss bestimmt? Welche Arten von Angaben im Anhang dienen dem Ziel der Informationsvermittlung? Was versteht man unter einer Kapitalflussrechnung? Welche zentralen Inhalte weist der Lagebericht aus? Welche Kriterien bestehen bzgl. der Prüfungs‐ und Offenlegungspflicht? Welchen Einfluss haben die Betriebsgrößenmerkmale und die Rechtsform auf den Umfang des Jahresabschlusses? 2.1 Einführung Mit Ausnahme der kleingewerbetreibenden Einzelkaufleute ist gemäß § 242 HGB jeder Kauf‐ mann verpflichtet, zum Geschäftsjahresende einen Jahresabschluss (Bilanz mit Gewinn‐ und Ver‐ lustrechnung) zu erstellen. Einzelkaufleute sind ab 1.1.2016 von der handelsrechtlichen Buch‐ führungs‐ und Bilanzierungspflicht befreit, wenn sie an den Abschlussstichtagen von zwei aufein‐ anderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 600.000 € Umsatzerlöse und jeweils 60.000 € Jahresüberschuss ausweisen. Die zentralen Rechnungslegungsnormen des Handelsrechts befinden sich im Dritten Buch des HGB. Das Dritte Buch des HGB ist in sechs Abschnitte gegliedert: 1. Abschnitt Die Vorschriften für alle Kaufleute (§§ 238‒263 HGB) enthalten die Grund‐ lagen für alle Rechtsformen: Buchführung, Inventar (§§ 238‒241a HGB) Eröffnungsbilanz, Jahresabschluss - Allgemeine Vorschriften (§§ 242‒245 HGB) - Ansatzvorschriften (§§ 246‒251 HGB) - Bewertungsvorschriften (§§ 252‒263 HGB) 2. Abschnitt Die ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften sowie haftungsbeschränk‐ te Personenhandelsgesellschaften (PHG) (§§ 264‒335 HGB) enthalten Anga‐ ben zu: <?page no="23"?> 24 Schritt 2: Grundlagen und Bestandteile des Jahresabschlusses uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Jahresabschluss und Lagebericht (§§ 264‒335a HGB) Konzernabschluss (§§ 290‒315a HGB) Prüfung (§§ 316‒324a HGB) Verordnungsermächtigung (§ 330 HGB) Straf‐ und Bußgeldvorschriften, Zwangsgelder (§§ 331‒335b HGB) 3. Abschnitt Ergänzende Vorschriften für eingetragene Genossenschaften (§§ 336‒339 HGB) 4. Abschnitt Ergänzende Vorschriften für Unternehmen bestimmter Geschäftszweige (§§ 340‒341 HGB) 5. Abschnitt Privates Rechnungslegungsgremium, Rechnungslegungsbeirat (§§ 342, 342a HGB) 6. Abschnitt Prüfstelle für Rechnungslegung (§§ 342b‒342e HGB) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Bei den „Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)“ handelt es sich um einen unbe‐ stimmten Rechtsbegriff, da diese im Handelsrecht (z. B. § 238 HGB) nur teilweise definiert sind. Sie stellen allgemeine durch die Wissenschaft und durch die Praxis entwickelte sowie anerkann‐ te Regeln über das Führen von Handelsbüchern und der Jahresabschlusserstellung dar. 1 Diese Grundsätze sind teilweise in Gesetzen niedergeschrieben und teils durch die Rechtsprechung festgelegt worden. 2.2 Systematisierung der Rechnungslegungsgrundsätze Rechnungslegungsgrundsätze sind für das Verständnis eines Jahresabschlusses von maßgeb‐ licher Bedeutung. Die Rahmengrundsätze 2.2.1 Die Rahmengrundsätze enthalten allgemeine Formulierungen. Damit soll gewährleistet werden, dass die Darstellung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens die geforderte Informations‐ vermittlung erfüllt. Zu den Rahmengrundsätzen gehören: Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit: Der Grundsatz der Richtigkeit fordert, dass der Jahresabschluss aus dem richtigen Zahlenmaterial unter Beachtung der GoBs erstellt wurde. Der Jahresabschluss muss von einem sachverständigen Dritten überprüft werden können. Daneben fordert die Willkürfreiheit, dass bei Schätzungen diejenigen Annahmen zu‐ grunde gelegt werden, die der Bilanzierende nach seiner persönlichen Einschätzung am wahrscheinlichsten hält, damit es zu keinen Bilanzmanipulationen kommt. Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit: Dieser Grundsatz beinhaltet eine klare und eindeutige Bezeichnung sowie die hinreichende Aufgliederung der Posten in der Bilanz und in der Gewinn‐ und Verlustrechnung. Es gilt das Bruttoprinzip, d. h., Forderungen und Ver‐ bindlichkeiten der Bilanz sowie Aufwendungen und Erträge der GuV dürfen nicht gegenseitig verrechnet, d. h. saldiert werden. Ferner muss sich ein sachverständiger Dritter innerhalb 1 Bornhofen, M. & Bornhofen M. C.: Buchführung 2, 2014, S. 24. <?page no="24"?> 2.2 Systematisierung der Rechnungslegungsgrundsätze 25 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt einer angemessenen Zeit einen Überblick über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens verschaffen können. Grundsatz der Bilanzidentität: Die Schlussbilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres ent‐ spricht der Eröffnungsbilanz des laufenden Geschäftsjahres. Grundsatz der Ansatz- und Bewertungsstetigkeit (Vergleichbarkeit): Die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens kann nur dann korrekt beurteilt werden, wenn die Informationen über ein Unternehmen zu verschiedenen Zeitpunkten vergleichbar sind. Der Stetigkeits‐ grundsatz verlangt die Vergleichbarkeit und umfasst folgende Ausprägungen des Stetigkeits‐ prinzips: Abb. 2.1: Ausprägungen des Stetigkeitsprinzips Grundsatz der Vollständigkeit: Es müssen alle buchungspflichtigen Geschäftsvorfälle in der Buchführung und dem Jahresabschluss erfasst werden. Der Vollständigkeitsgrundsatz wird ergänzt durch das Stichtagsprinzip, in dem die betrieblichen Sachverhalte zu einem bestimm‐ ten Zeitpunkt (Abschlussstichtag) darzustellen sind. Die Systemgrundsätze 2.2.2 Sie haben die Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Einheitlichkeit, die Folgerichtigkeit und die ein‐ heitliche Bezugsbasis der GoBs gewährleistet sind. Die Systemgrundsätze umfassen: Grundsatz der Fortführung der Unternehmenstätigkeit (Going‐Concern‐Prinzip): Bei der Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden ist im Jahresabschluss von der Fortfüh‐ rung der Unternehmenstätigkeit auszugehen. Ausnahmen: Auflösung des Unternehmens durch Schließung oder Insolvenz. Grundsatz der Pagatorik: In der Bilanz dürfen nur Vermögensgegenstände und Schulden angesetzt werden, die letztendlich auf Zahlungsvorgänge zurückzuführen sind. Kalkulatori‐ sche Kosten dürfen somit im Jahresabschluss nicht angesetzt werden. Grundsatz der Einzelbewertung: Gemäß § 253 Abs. 1 Nr. 3 HGB sind die in der Bilanz ent‐ haltenen Vermögensgegenstände und Schulden grundsätzlich einzeln zu bewerten. In Aus‐ Die Ausprägungen des Stetigkeitsprinzips Ansatzstetigkeit Ausweisstetigkeit (formelle Bilanz‐ kontinuität) Bewertungsstetigkeit (materielle Bilanz‐ kontinuität) Die Ansätze der aktiven und passiven Bilanzpos‐ ten sind beizubehalten. Die Form von Bilanz und GuV ist beizubehalten. Die einzelnen Posten der Bilanz und GuV müssen genauso benannt und gegliedert werden wie im vorherigen Jahresab‐ schluss. Die Bewertungsmetho‐ den (z. B. Abschreibun‐ gen) sind wie im vorheri‐ gen Jahresabschluss bei‐ zubehalten. Wahlrechte und Ermessensspiel‐ räume sind wie im vor‐ herigen Jahresabschluss auszuüben. <?page no="25"?> 26 Schritt 2: Grundlagen und Bestandteile des Jahresabschlusses uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt nahmefällen kann aus Gründen der Wirtschaftlichkeit vom Grundsatz der Einzelbewertung abgewichen werden. Zu den Bewertungsvereinfachungsverfahren gehören die gesetzlich zu‐ gelassene Gruppenbewertung, Sammelbewertung, Festbewertung, Pauschalwertberichtigung auf Forderungen und die Pauschalrückstellung. Grundsatz der Vorsicht: Das Vorsichtsprinzip ist das dominierende Prinzip im Handels‐ recht. Im Interesse der Gläubiger sollte die Rechnungslegung vorsichtig durchgeführt werden. Das bedeutet, dass die Vermögensgegenstände eher niedriger und die Schulden eher höher anzusetzen sind, um keine zu optimistische wirtschaftliche Lage des Unternehmens darzu‐ stellen und um überhöhte Gewinnausschüttungen zu verhindern. Das Vorsichtsprinzip kon‐ kretisiert sich im Realisationsprinzip, d. h. Gewinne dürfen nur berücksichtigt werden, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind, sowie im Imparitätsprinzip. Gemäß dem Imparitätsprinzip müssen bereits vorhersehbare Verluste, die noch nicht eingetreten sind, im Jahresabschluss berücksichtigt werden. Abb. 2.2: Konkretisierung des Vorsichtsprinzips Abgrenzungsgrundsätze 2.2.3 Sie legen fest, in welcher Periode die Wertänderungen zu erfassen sind. Unter dem Oberbegriff „Abgrenzungsgrundsätze“ werden die folgenden Prinzipien zusammengefasst 2 : Grundsatz der sachlichen Abgrenzung: Die durch die Leistungserstellung verursachten Nettovermögensminderungen sind als Aufwand der Periode zuzurechnen, in der auch die sachlich zugehörigen Leistungen (Nettovermögensmehrungen) als Ertrag realisiert werden. 2 Coenenberg, A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2014, S. 42 ff. Vorsichtsprinzip Realisationsprinzip Imparitätsprinzip Noch nicht realisierte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden. Vermögensgegenstände Schulden Von zwei möglichen Wer‐ ten (Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten / Tageswert) ist der niedrigere anzusetzen. Von zwei möglichen Wer‐ ten (historischer Wert / Tageswert) ist der höhere anzusetzen. Höchstwertprinzip Niederstwertprinzip Anlagevermögen: gemildertes NWP Umlaufvermögen: strenges NWP Die Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten stel‐ len bei den Vermögens‐ gegenständen die Wert‐ obergrenze dar. <?page no="26"?> 2.3 Die Bestandteile des Jahresabschlusses 27 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Grundsatz der zeitlichen Abgrenzung: Es sind alle zeitraumbezogen anfallenden Netto‐ vermögensänderungen (Aufwendungen und Erträge) pro rata temporis, d. h. zeitproportional zu periodisieren. Das bedeutet, zeitraumbezogene Ausgaben und Einnahmen sind zeitanteilig, d. h. verhältnismäßig als Aufwendungen oder Erträge auf die jeweiligen Geschäftsjahre auf‐ zuteilen, zu denen sie wirtschaftlich gehören. 3 Realisationsprinzip: Gewinne dürfen erst dann ausgewiesen werden, wenn sie durch den Verkauf realisiert sind (§ 252 Abs. 1 Nr.4 HGB). Ein Erlös aus dem Verkauf gilt erst zu dem Zeitpunkt als realisiert, wenn die Lieferung vollzogen ist bzw. die Dienstleistung beendet ist, d. h. zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs. Noch nicht abgesetzte Güter dürfen höchstens mit den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten bewertet werden. Imparitätsprinzip: Im Vergleich zur Behandlung der Gewinne müssen gemäß dem Impari‐ tätsprinzip noch nicht realisierte Verluste sofort GuV‐wirksam erfasst werden, auch wenn die Leistung noch nicht erbracht oder der Leistungszeitraum noch nicht abgeschlossen ist. Das Imparitätsprinzip hat zwei Ausprägungen: Für die Bewertung der Vermögensgegenstände gilt das Niederstwertprinzip und für die Bewertung der Schulden gilt das Höchstwertprinzip. Übungsaufgabe 2.1: Realisationsprinzip Die IMMO AG hat vor 30 Jahren in der Innenstadt von Karlsruhe ein unbebautes Grundstück für umgerechnet 220.000 € erworben. Es besteht die Absicht und die Möglichkeit, das Grundstück im folgenden Geschäftsjahr zu veräußern. Laut eines Immobiliengutachtens hat das Grundstück einen Wert von 1.920.000 €. Beim Verkauf würde die IMMO AG einen Gewinn in Höhe von 1.700.000 € erzielen. Mit welchem Wert darf die IMMO AG das Grundstück in der Bilanz des ab‐ gelaufenen Geschäftsjahres maximal ausweisen? Begründen Sie den Wertansatz in der Bilanz. Nutzen Sie die unten vorgegebenen Zeilen. _______________________________________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________________________________ Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 2.2 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 2.3 Die Bestandteile des Jahresabschlusses Der Begriff des Jahresabschlusses ist im 3. Buch des HGB (§§ 238-342e HGB) für Einzelkaufleute/ Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften mit unterschiedlichen Inhalten belegt: In § 242 Abs. 3 HGB heißt es: „Die Bilanz und die Gewinn‐ und Verlustrechnung bilden den Jahresabschluss.“ Hiernach umfasst der Jahresabschluss nur zwei Bestandteile. Dieser Um‐ 3 Bitz, M. et al.: Der Jahresabschluss, 2011, S. 234. <?page no="27"?> 28 Schritt 2: Grundlagen und Bestandteile des Jahresabschlusses uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt fang gilt jedoch nur für Einzelunternehmen und Personengesellschaften (GbR, OHG, KG, Part‐ nerschaftsgesellschaft). Für Kapitalgesellschaften fordert § 264 Abs. 1 HGB ausdrücklich, dass der Jahresabschluss um einen Anhang zu erweitern ist, der mit der Bilanz und Gewinn‐ und Verlustrechnung eine Einheit bildet. Des Weiteren müssen mittelgroße und große Kapitalgesellschaften einen Lagebericht aufstellen. Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften haben den Jahresabschluss (§ 264 Abs. 1 Satz 1 HGB) zusätzlich um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel zu erweitern. Diese bilden zusammen mit der Bilanz, Gewinn‐ und Verlustrechnung eine Einheit. Sie können den Jahresabschluss um einen Segmentbericht erweitern. Seit dem Inkrafttreten des Kapitalgesellschaften‐ und Co‐Richtlinien‐Gesetzes (KapCoRiLiG) ist für die von Personengesellschaften anzuwendenden Rechnungslegungsvorschriften die Ausgestaltung der Haftungsverhältnisse entscheidend. Der Umfang des Jahresabschlusses ist abhängig von der Rechtsform der Unternehmen und da‐ von, ob es sich um einen Einzel‐ oder einen Konzernabschluss handelt, wie die folgende Abbil‐ dung 2.3 zeigt. Der Jahresabschluss der mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften sowie der haf‐ tungsbeschränkten Personengesellschaften wird durch den sogenannten Lagebericht ergänzt. Während der Anhang einen integralen Bestandteil des Jahresabschlusses bei den mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften darstellt, bildet der Lagebericht lediglich einen ergänzenden Bestandteil. Bestandteile des Jahresabschlusses Rechnungslegungsinstrumente Bilanz Gewinn‐ und Ver‐ lust‐ rechnung Anhang Lagebericht Eigen‐ kapital‐ spiegel Kapital‐ fluss‐ rechnung Segment‐ bericht‐ erstattung alle Kaufleute, Personen‐ gesellschaften und Kleinstkapitalgesellschaf‐ ten kleine Kapitalgesellschaften mittelgroße und große Kapitalgesellschaften sowie haf‐ tungsbeschränkte Personengesellschaften (z. B. GmbH & Co. KG) kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften Konzernabschluss nicht kapitalmarktorientierter Unternehmen Konzernabschluss kapitalmarktorientierter Unternehmen nach IFRS „Informationsabschluss“ optional zusätzlich als IFRS‐Einzelabschluss Abb. 2.3: Bestandteile des HGB‐Jahresabschlusses <?page no="28"?> 2.3 Die Bestandteile des Jahresabschlusses 29 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Der Jahresabschluss umfasst bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften mindestens die folgenden Rechnungslegungselemente: Bilanz Sie stellt die Vermögensgegenstände, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten (und die latenten Steuern) eines Unter‐ nehmens systematisch dar. Gewinn‐ und Verlustrechnung (GuV) In der GuV werden die im Geschäftsjahr entstandenen und in Gruppen zu‐ sammengefassten Aufwendungen und Erträge unsaldiert gegenüberge‐ stellt und so das Jahresergebnis, d. h. der Jahresüberschuss bzw. der Jah‐ resfehlbetrag ermittelt. Anhang Der Anhang erläutert die quantitativen Angaben der Bilanz und der GuV. Er bildet mit ihnen eine Einheit. Ferner werden im Anhang einzelne Bi‐ lanz‐ und GuV‐Posten aufgegliedert. Lagebericht Der Lagebericht dient mit seinen spezifischen Angaben zum besseren Ver‐ ständnis des Geschäftsverlaufs und zur Lage des Unternehmens. Ferner wird über die Entwicklung des Unternehmens sowie Chancen und Risiken berichtet. Abb. 2.4: Rechnungslegungselemente bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften Die folgende Übersicht zeigt Ihnen die Behandlung der Personengesellschaften bei der Rech‐ nungslegung nach dem Handelsrecht. Abb. 2.5: Behandlung der Personengesellschaften Weitere Elemente der Finanzberichterstattung 2.3.1 Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften müssen ihren handelsrechtlichen Jahresabschluss zusätzlich um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel ergänzen. Kapitalflussrechnung (Bestandteil eines Konzernabschlusses) Alle in einer Periode angefallenen und nach Bereichen gegliederten Ein‐ und Auszahlungen werden in der Kapitalflussrechnung dar‐ gestellt. Es wird die Liquiditätslage und das zukünftige Liquiditäts‐ potenzial eines Unternehmens gezeigt. Eigenkapitalspiegel (Bestandteil eines Konzernabschlusses) Der Eigenkapitalspiegel zeigt die Gründe für die Eigenkapitalverände‐ rung (z. B. durch Gewinn/ Verlust, Kapitalrücklage, Gewinnrücklage etc.) innerhalb einer Periode. Personengesellschaften mit natürlicher Person als Vollhafter (z. B. GbR, OHG, KG) ohne natürliche Personen als Vollhafter (z. B. GmbH & Co. KG) Behandlung wie Einzelkaufleute Behandlung wie Kapitalgesellschaften <?page no="29"?> 30 Schritt 2: Grundlagen und Bestandteile des Jahresabschlusses uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Segmentberichterstattung (Bestandteil eines Konzernabschlusses) In der Segmentberichterstattung werden die Informationen des Jah‐ resabschlusses nach bestimmten Kriterien (z. B. nach Geschäftsberei‐ chen oder Regionen) aufgegliedert. Es werden die Chancen und Risiken in den einzelnen Geschäftsberei‐ chen eines Konzerns aufgezeigt. Abb. 2.6: Zusätzliche Elemente der Finanzberichtserstattung Zusammenhänge der primären Rechenwerke des Jahresabschlusses 2.3.2 Die folgende Abbildung 2.6 zeigt die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Rechenwerken. Der Jahresabschluss liefert Informationen über: die Vermögens‐ und Kapitalstruktur in der Bilanz, die Ertragslage in der Gewinn‐ und Verlustrechnung (GuV) und die Finanzlage in der Kapitalflussrechnung. Abb. 2.7: Zusammenhang zwischen Bilanz, GuV, Kapitalflussrechnung und Eigenkapitalspiegel Konzernabschluss und Konzernlagebericht 2.3.3 Der Konzernabschluss besteht nach § 297 Abs. 1 HGB aus der Konzernbilanz, der Konzern‐ Gewinn‐ und Verlustrechnung, dem Konzernanhang, der Kapitalflussrechnung und dem Eigen‐ kapitalspiegel. Er kann um eine Segmentberichterstattung erweitert werden. Kapitalflussrechnung Bilanz GuV-Rechnung Anlage‐ vermögen Eigen‐ kapital (EK) nicht mo‐ netäres Umlauf‐ vermögen Einzahlun‐ gen Auszahlun‐ gen Einzah‐ lungsüber‐ schuss Finanz‐ mittel Verände‐ rung Finanz‐ mittel Verände‐ rung EK Aufwen‐ dungen Jahres‐ überschuss Erträge EK‐Ver‐ änderung EK‐Minde‐ rung Eigenkapitalspiegel Schulden EK‐ Mehrung Informationen über die Liquiditätslage Informationen über die Vermögenslage Informationen über die Ertragslage <?page no="30"?> 2.3 Die Bestandteile des Jahresabschlusses 31 Gemäß § 297 Abs. 2 HGB ist der Konzernabschluss klar und übersichtlich aufzustellen. Er hat un‐ ter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnis‐ sen entsprechendes Bild der Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage des Konzerns zu vermitteln. Durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) haben sich in Bezug auf die Konzernrechnungs‐ legung und den Konzernabschluss sowie den Konzernlagebericht folgende wesentliche Ände‐ rungen ergeben: Kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen müssen nach § 315a HGB seit 2005 einen Kon‐ zernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften gemäß IFRS aufstellen. Für alle anderen Mutterunternehmen gilt, dass sie freiwillig einen befreienden Konzern‐ abschluss nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften gemäß IFRS aufstellen kön‐ nen, d. h., in diesem Fall müssen sie keinen Konzernabschluss nach HGB aufstellen. Die Jahresabschlüsse der einzelnen deutschen Konzernunternehmen müssen dagegen weiterhin nach den allgemeinen deutschen Rechnungslegungsvorschriften aufgestellt werden. In der Kapitalflussrechnung werden Informationen über die Zahlungsströme sowie die Zah‐ lungsmittelbestände eines Unternehmens vermittelt. Darüber hinaus wird dargestellt, wie das Unternehmen finanzielle Mittel erwirtschaftet hat und welche zahlungswirksamen Investitions‐ und Finanzierungsmaßnahmen vorgenommen wurden. Der Konzerneigenkapitalspiegel soll zur Verbesserung des Informationswertes des Konzern‐ abschlusses eine detaillierte Darstellung des komplexen Konzerneigenkapitals liefern. Dazu wird zum einen die Entwicklung des Eigenkapitals für das Mutterunternehmen und die Minderheits‐ gesellschafter gesondert dargestellt, zum anderen wird das in der Gewinn‐ und Verlustrechnung ermittelte Jahresergebnis, ebenfalls gesondert für das Mutterunternehmen und die Minderheits‐ gesellschafter, auf ein Konzerngesamtergebnis übergeleitet. Mit der Segmentberichterstattung sollen externen Jahresabschlussadressaten Informationen über die wesentlichen Geschäftsfelder eines Unternehmens bzw. eines Konzerns gegeben wer‐ den, um einen besseren Einblick in die Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage sowie eine zutref‐ fendere Einschätzung der Chancen und Risiken der unterschiedlichen Geschäftsfelder zu ermög‐ lichen. Ein Segment ist definiert als Teil eines Unternehmens, das im Rahmen seiner Geschäfts‐ tätigkeit potenziell oder tatsächlich Umsatzerlöse generiert und regelmäßig vom Management zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage überwacht wird. Die Unterscheidung im Unternehmen erfolgt in produktorientierte und geografische Segmente. Für die berichtspflichtigen Segmente und Sammelsegmente sind folgende Angaben zu machen: Segmentumsatzerlöse, Segmentergebnis und, wenn darin enthalten: − Abschreibungen, − andere nicht zahlungswirksame Posten, − Ergebnisbeiträge aus Beteiligungen an assoziierten Unternehmen, − Erträge aus sonstigen Beteiligungen, Segmentvermögen einschließlich Beteiligungen, Investitionen in das langfristige Segmentvermögen, Segmentschulden. <?page no="31"?> 32 Schritt 2: Grundlagen und Bestandteile des Jahresabschlusses Eigene Notizen <?page no="32"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 3: Bilanz Lernziele In diesem Kapitel lernen Sie den Aufbau, den Inhalt und die Struktur der Bilanz kennen. Ferner werden Ihnen die Unterschiede zwischen der Handels‐ und der Steuerbilanz be‐ wusst. Des Weiteren werden Sie die Posten innerhalb der Bilanz verstehen und erläutern können sowie die Antworten auf folgende Fragestellungen kennen: Nach welchen Kriterien ist eine Bilanz gegliedert? Welche Bilanzarten gibt es? Welche Bilanztheorien gibt es? Welche Posten (Vermögen/ Schulden) werden in der Bilanz aufgenommen? Wie kann man den Bilanzgewinn/ Bilanzverlust ermitteln? Wie entstehen stille Reserven? 3.1 Einführung Die Bilanz als Teil des Jahresabschlusses ist eine Gegenüberstellung der an einem Bilanzstichtag (z. B. dem 31.12.01) vorhandenen, nach bestimmten Grundsätzen bewerteten und in Gruppen zusammengefassten Vermögensgegenstände (Aktiva), Kapital, mit dem Fremdkapital und der Saldogröße Eigenkapital (Passiva). Sie stellt am Ende eines Geschäftsjahres Vermögen und Kapital bzw. Aktiva und Passiva eines Unternehmens gegenüber. Die Passivseite der Bilanz zeigt die Herkunft der finanziellen Mittel in einem Unternehmen. Die Aktivseite enthält das Vermögen, d. h. die Mittelverwendung, und zeigt die Investitionen. Die Grundlage für die Bilanz bildet die Inventur mit einer körperlichen und buchmäßigen Bestandsaufnahme des Vermögens und der Schulden. Bei der Bilanz unterscheidet man zwischen der Handelsbilanz, diese wird nach den handels‐ rechtlichen Vorschriften gemäß §§ 238 ff. HGB erstellt, und der Steuerbilanz, die den steuer‐ rechtlichen Vorschriften entspricht. Die Gliederung der Bilanz nach der Kontoform hat das Aus‐ sehen wie unten (Abb. 3.1). Die Gliederung der Bilanz dient der Klarheit und der übersichtlichen Darstellung aller in der Bilanz enthaltenen Informationen. Ein einheitliches System der Gliederung dient nicht nur dem Vergleich der Bilanzen innerhalb eines Unternehmens, sondern auch dem Vergleich der Bilanzen unterschiedlicher Unternehmen. Dabei werden die Aktiva (Vermögensgegenstände) entspre‐ chend dem Grad ihrer üblichen Bindungsdauer (Liquidierbarkeit) und die Passiva entsprechend ihrer Fälligkeit (Überlassungsdauer) gegliedert. <?page no="33"?> 34 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Aktiva Bilanzgliederung Passiva A. Anlagevermögen A. Eigenkapital I. Immaterielle Vermögensgegenstände I. Gezeichnetes Kapital II. Sachanlagen II. Kapitalrücklagen III. Finanzanlagen III. Gewinnrücklagen B. Umlaufvermögen IV. Gewinnvortrag I. Vorräte V. Jahresüberschuss/ ‐fehlbetrag II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände (bei Personengesellschaften mit natürli‐ cher Person als Vollhafter gegliedert nach Vollhafter und Teilhafter) III. Wertpapiere B. Rückstellungen IV. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks C. Verbindlichkeiten C. Rechnungsabgrenzungsposten D. Rechnungsabgrenzungsposten D. Aktive latente Steuern E. Passive latente Steuern E. Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Ver‐ mögensverrechnung Bilanzsumme Bilanzsumme Abb. 3.1: Verkürzte Bilanzgliederung gemäß § 266 HGB in Verbindung mit § 267 Abs. 1 HGB Damit soll annähernd deutlich gemacht werden, in welcher zeitlichen Folge die Aktiva durch den üblichen Umsatzprozess wieder zu Geld um‐ gewandelt werden können und in welcher zeitlichen Folge die einzelnen Kapitalteile dem Betrieb wieder entzogen werden können. Für Einzelkaufleute und Personengesellschaften sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchfüh‐ rung (GoB) die Richtschnur für die Bilanzgliederung (§ 243 Abs. 1 HGB). Für Kapitalgesellschaf‐ ten und publizitätspflichtige Unternehmen sieht das Handelsrecht die Gliederung nach § 266 HGB vor. Die Tiefe der Gliederung hängt dabei zusätzlich von der Größe des Unternehmens ab (siehe Kapitel 13.1). Übungsaufgabe 3.1: Aufstellen einer Bilanz Stellen Sie anhand der folgenden Angaben die Bilanz für die Lenktechnik Max Muster e. K. auf und ordnen Sie die Vermögens‐ und Kapitalposten entsprechend der Bilanzgliederung nach HGB. Alle Angaben sind in T€. Jahr 02 Jahr 01 Rohstoffe 1.300 920 Rückstellungen 530 500 Kassenbestand 40 30 Grundstücke und Gebäude 4.000 4.200 Forderungen aLuL 980 890 <?page no="34"?> 3.1 Einführung 35 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Fuhrpark 280 260 Verbindlichkeiten aLuL 800 700 technische Anlagen und Maschinen 1.200 1.150 Betriebsstoffe 150 120 Bankguthaben 740 710 fertige Erzeugnisse 650 550 Hypothekenschulden 1.800 1.600 Darlehensschulden 3.800 3.900 kurzfristige Bankschulden 300 350 Betriebs‐ und Geschäftsausstattung 400 390 Hilfsstoffe 350 300 Nutzen Sie bitte die nachfolgende Tabelle. Aktiva Bilanz Max Muster e. K. zum 31.12.02 Passiva 02 01 02 01 A. Anlagevermögen A. Eigenkapital Fremdkapital B. Umlaufvermögen Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="35"?> 36 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 3.2 Bilanzarten Es gibt verschiedene Merkmale, nach denen Bilanzen kategorisiert werden können: nach der Häufigkeit der Bilanzerstellung, nach dem Adressatenkreis und dem Bilanzierungsanlass, nach der gesetzlichen Bestimmung zur Bilanzerstellung. Die folgende Tabelle stellt die Gruppierung der oben genannten drei Merkmale und die dazuge‐ hörigen Bilanzarten dar. Merkmal Bilanzarten Häufigkeit der Bilanzerstellung laufende Bilanzen Sonderbilanzen Monatsbilanz Quartalsbilanz Jahresbilanz Gründungsbilanz Umwandlungsbilanz Fusionsbilanz Auseinanderset‐ zungsbilanz Sanierungsbilanz Insolvenzbilanz Adressatenkreis und Bilanzierungsanlass externe Bilanzen interne Bilanzen gesetzlich vorgeschrie‐ bene Bilanzen vertraglich vereinbarte Bilanzen freiwillig erstellte Bilanzen gesetzlich vorgeschrie‐ bene Bilanzen laufende Bilanzen Sonderbilanzen wie oben Handels‐ bilanz Steuer‐ bilanz Abb. 3.2: Bilanzarten 4 Zu den laufenden Bilanzen, die auch als ordentliche Bilanzen bezeichnet werden, gehören die Monats‐, die Quartals‐ und die Jahresbilanz. Die Jahresbilanz ist die wichtigste und am häufigsten verwendete Bilanzart. Sonderbilanzen werden auch als außerordentliche Bilanzen bezeichnet, da sie, wie z. B. die Gründungsbilanz, nur einmalig und nicht für jede Periode erstellt werden. 5 3.3 Handelsbilanz und Steuerbilanz im Vergleich Handels‐ und Steuerbilanz können übereinstimmen, sie müssen es aber nicht. Falls beide Bilan‐ zen übereinstimmen, so spricht man von einer Einheitsbilanz. Die Handelsbilanz 3.3.1 Die Handelsbilanz ist eine Bilanz, deren Vorschriften aus dem Handelsrecht hervorgehen. Sie wird jährlich aufgestellt und dient einerseits als Erfolgsbilanz, um das Bilanzergebnis, also den 4 Vgl. Wöhe, G. & Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2013, S. 660. 5 Vgl. Wöhe, G. & Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2013, S. 659. <?page no="36"?> 3.3 Handelsbilanz und Steuerbilanz im Vergleich 37 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bilanzgewinn oder den Bilanzverlust, einer Periode auszuweisen. Zum anderen weist sie als Vermögensbilanz das Vermögen, Eigen‐ und Fremdkapital aus. Das Bilanzergebnis wird mithilfe des Jahresergebnisses, das entweder als Jahresüberschuss oder als Jahresfehlbetrag vorliegt, ermittelt. Ein Jahresüberschuss entsteht, wenn die Erträge die Auf‐ wendungen während einer Rechnungslegungsperiode übersteigen. Dementsprechend gilt, dass ein Jahresfehlbetrag aus einem Überschuss an Aufwendungen gegenüber den Erträgen hervor‐ geht. 6 Das Bilanzergebnis wird folgendermaßen ermittelt: Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag + Gewinnvortrag aus dem Vorjahr ‐ Verlustvortrag aus dem Vorjahr + Entnahme aus der Kapitalrücklage zum Ausgleich + Entnahme aus Gewinnrücklagen ‐ Einstellungen in Gewinnrücklagen = Bilanzergebnis (Bilanzgewinn bzw. Bilanzverlust) Abb. 3.3: Ermittlung des Bilanzgewinns bzw. des Bilanzverlusts Der Bilanzgewinn ist der Eigenkapitalbetrag, der den Anteilseignern vom Vorstand und vom Aufsichtsrat zur Ausschüttung vorgeschlagen wird. Die Steuerbilanz 3.3.2 Die Steuerbilanz wird nach steuerrechtlichen Vorschriften gemäß § 60 Abs. 2 EStDV erstellt und dient der Ermittlung der Steuerlast für das Finanzamt. Die Aufgabe der Steuerbilanz besteht darin, gemäß § 5 Abs. 1 EStG den steuerrechtlichen Gewinn, oder anders ausgedrückt: das zu versteuernde Einkommen, mithilfe der ertragssteuerlichen Grundlagen zu ermitteln. Zur Gruppe der Ertragsteuern gehören die Einkommensteuer (ESt), die Körperschaftsteuer (KSt) und die Gewerbesteuer (GewSt). Laut § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG berechnet sich der Gewinn/ Verlust wie folgt: Betriebsvermögen am Ende des Wirtschaftsjahres ‐ Betriebsvermögen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres + Entnahmen ‐ Einlagen = Gewinn oder Verlust Abb. 3.4: Steuerrechtliche Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz EStG 6 Vgl. Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 2010, S. 1504. <?page no="37"?> 38 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Handels‐ und Steuerbilanz sind in Deutschland eng miteinander verbunden. Dies ergibt sich aus dem Maßgeblichkeitsprinzip nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, welches besagt, dass die meisten Wertansätze der Handelsbilanz auch für die Steuerbilanz gelten. 7 Abweichungen zwischen der Handels‐ und der Steuerbilanz entstehen vor allem deshalb, weil die steuerrechtlichen Bilanzierungs‐ und Bewertungsvorschriften oft weniger Spielraum zulas‐ sen als die handelsrechtlichen Vorschriften. Diese strengeren Regelungen in der Steuerbilanz stammen daher, dass der steuerrechtliche Jahresabschluss andere Ziele verfolgt als der handels‐ rechtliche Jahresabschluss. Da die Handelsbilanz vor allem die Aufgabe der Transparenz eines Unternehmens und des Informationsflusses zwischen Unternehmen und Außenstehenden er‐ füllt, werden bei der Aufstellung einige Ermessensspielräume zugelassen. Der steuerrechtliche Jahresabschluss hingegen hat sich an die allgemein geltenden Besteuerungsprinzipien zu halten. Die beiden Prinzipien Gleichmäßigkeit der Besteuerung und Prinzip der objektivierten Gewinnermittlung besagen einerseits, dass für gleiche Wirtschaftssubjekte immer die gleichen Besteuerungsgrundlagen gelten, und andererseits, dass dem Bilanzierenden so wenig Freiraum wie möglich zugestanden wird. Das soll verhindern, dass der Steuerpflichtige die Möglichkeit hat, seine Steuerbelastung zeitlich zu verschieben. Durch diese Vorbehalte kommt es meist zu höhe‐ ren bzw. zeitlich früheren Gewinnen in der Steuerbilanz als in der Handelsbilanz. 8 Das soll an‐ hand des nächsten Beispiels veranschaulicht werden. Beispiel 9 : Handelsbilanzielle und steuerbilanzielle Gewinnermittlung Die Life‐Tech GmbH erwirbt am 02.01.01 eine neue Maschine für 100.000 € zzgl. 19 % USt. Die Nutzungsdauer beträgt voraussichtlich 10 Jahre. Ein Liquidationserlös wird am Ende der Nut‐ zungsdauer nicht erwartet. Die Maschine soll handelsrechtlich jährlich um 25 % des jeweiligen Restbuchwertes (geometrisch‐degressiv) abgeschrieben werden. Ohne Berücksichtigung der Ab‐ schreibungen betrug der Gewinn 200.000 €. Wie hoch ist sowohl der handelsrechtliche als auch der steuerrechtliche Jahresüberschuss? Lösung: Im Steuerrecht ist die geometrische‐degressive Abschreibung nicht mehr zulässig. Hier‐ aus folgt, dass die Maschine linear über 10 Jahre abgeschrieben und die Anschaffungskosten in Höhe von 100.000 € gleichmäßig auf die Nutzungsdauer verteilt werden. Somit muss gemäß § 60 Abs. 2 EStDV die Steuerbilanz korrigiert werden. Handelsrecht Steuerrecht vorläufiger Gewinn 200.000 € vorläufiger Gewinn 200.000 € ‐ degressive Abschreibung (25 %) ‐ 25.000 € ‐ lineare Abschreibung (10 %) ‐ 10.000 € = handelsrechtlicher Gewinn (Ausweis in der GuV) = 175.000 € = steuerrechtlicher Gewinn = 190.000 € Wertansatz Handelsbilanz (100 T€ ‐ 25 T€ = 75 T€) 75.000 € Wertansatz Steuerbilanz (100 T€ ‐ 10 T€ = 90 T€) 90.000 € steuerlicher Mehrgewinn 15.000 € 7 Vgl. Hayn, S. et al.: HGB und Steuerbilanz im Vergleich - Synoptische Darstellung von Handels‐ und Steuerbilanz‐ recht, 2012, S. 11. 8 Vgl. Heno, R.: Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards (IFRS), 2010, S. 31. 9 Vgl. Heno, R.: Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards (IFRS), 2010, S. 31. <?page no="38"?> 3.4 Bilanztheorien 39 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Weichen Handels‐ und Steuerbilanz in ihren Regelungen nicht voneinander ab, ist es möglich, eine sogenannte Einheitsbilanz zu erstellen. Das bedeutet, dass die Handelsbilanz parallel auch als Steuerbilanz dient. Die Einheitsbilanz ist vor allem für kleine und mittelständische Unter‐ nehmen von Vorteil, da zusätzliche Kosten für die Erstellung der Steuerbilanz entfallen und auf diese Weise der Aufwand für eine doppelte Bewertung vermieden werden kann. 10 3.4 Bilanztheorien Aus der Betriebswirtschaftslehre gehen verschiedene Bilanztheorien hervor, die den Zweck der Bilanzen erklären sollen. Die Bilanztheorien beschäftigen sich mit dem Inhalt, der Aufgabe und der Ausgestaltung des Jahresabschlusses. Obwohl diese Theorien oder Auffassungen nicht unbe‐ dingt maßgeblich für die praxisrelevante Bilanz im Rechtssinne sind, beeinflussen sie die Gesetz‐ gebung, Rechtsfortbildung und Rechtsanwendung. Das ist vor allem der Fall, wenn die Zweck‐ setzungen einer Bilanz gesetzlich und betriebswirtschaftlich übereinstimmen oder Gesetzes‐ lücken geschlossen werden sollen. 11 Die statische, dynamische und organische Bilanzauffassung stellen die drei klassischen Bilanz‐ theorien dar. Statische Bilanzauffassung 3.4.1 Die statische Bilanztheorie besagt, dass die Aufgabe der Bilanz primär darin liegt, das Reinver‐ mögen (Vermögen minus Schulden) eines Unternehmens, überwiegend im Interesse der Gläubi‐ ger, zu einem bestimmten Bilanzstichtag zu ermitteln. Daher werden nur selbstständige Ver‐ mögensbestandteile und Schulden in der Bilanz ausgewiesen, die außerdem eindeutig zu bewer‐ ten sind. Die Vermögensbestandteile werden mit den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten bzw. mit dem niedrigeren beizulegenden Wert bewertet. Für die Vermögensgegenstände gilt das Niederstwertprinzip. Die Schulden sind mit ihrem Erfüllungsbetrag am Bilanzstichtag anzuset‐ zen, hier gilt das Höchstwertprinzip. Ziel der statischen Bilanz ist vor allem die Vermögensbestandsermittlung. Die Vermögensmeh‐ rung innerhalb einer Periode wird als Gewinn bezeichnet. Dynamische Bilanzauffassung 3.4.2 Im Gegensatz zur statischen Bilanztheorie liegt das Ziel der dynamischen Bilanztheorie darin, den Erfolg eines Unternehmens zu analysieren. Der Jahresabschluss stellt nach der dynamischen Bilanztheorie eine Zeitraumrechnung dar. Der Erfolg wird definiert als Differenzbetrag zwischen Ertrag und Aufwand. 12 Aufwendungen ergeben sich innerhalb eines Geschäftsjahres durch den Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen (z. B. durch Abschreibungen, Materialverbrauch, Löhne und Gehälter, Zinsen etc.). Der Ertrag (z. B. Umsatzerlöse, Mieterträge, Zuschreibungen, Zinserträge etc.) steht dem Aufwand gegenüber und bezeichnet den Wertezuwachs, den ein Unternehmen innerhalb einer Periode erzielt. 10 Vgl. Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 2010, S. 367. 11 Vgl. Federmann, R.: Bilanzierung nach Handelsrecht, Steuerrecht und IAS/ IFRS, 2010, S. 175. 12 Vgl. Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 2010, S. 369. <?page no="39"?> 40 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Aufstellung der Bilanz findet über die verursachungsgerechte Periodenzurechnung von Ein‐ nahmen und Ausgaben statt. Dies erfolgt durch die Erfassung künftiger Aufwendungen und Ein‐ nahmen auf der Aktivseite sowie künftiger Ausgaben und Erträge auf der Passivseite. 13 Die dynamische Bilanzauffassung folgt dem Prinzip der Verursachung. Es ist von größter Bedeu‐ tung, dass die Ausgaben und Einnahmen zeitlich korrekt zugeordnet werden. Auch Rückstellun‐ gen, dies sind ungewisse Verpflichtungen, folgen dem Verursachungsprinzip, d. h. sie werden in dem Jahr erfasst, in dem sie zustande gekommen sind. Sie werden, anders als bei der statischen Bilanztheorie, auch dann erfasst, wenn zum Zeitpunkt des Stichtags noch keine Verbindlichkeit besteht. Bei der dynamischen Bilanzauffassung werden Rechnungsabgrenzungsposten nicht vernachlässigt. Sie werden auch dann erfasst, wenn sie keine Verpflichtung darstellen. Ein Bei‐ spiel hierfür sind bezahlte Kfz‐Steuern, die auch in der folgenden Periode wieder anfallen. 14 Beispiel 15 : Statische und dynamische Bilanzauffassung Eine Bauunternehmung verpflichtet sich, alle Mängel, die innerhalb von zwei Jahren nach Ferti‐ gung auftreten, zu reparieren. Bis zum Bilanzstichtag wurden noch keine Fehler gemeldet. Lösung: Da bisher keine Verbindlichkeit besteht und auch nach den GoB keine erwartet werden kann, darf nach der statischen Bilanzauffassung keine Rückstellung gebildet werden. Für die dynamische Bilanztheorie gilt jedoch das Verursachungsprinzip. D. h. die eventuell spä‐ ter anfallenden Kosten müssen dem Herstellungsjahr, durch einen Rückstellungsposten auf der Passivseite, zugeordnet werden. Organische Bilanzauffassung 3.4.3 Mit der organischen Bilanzauffassung werden das Vermögen und der Erfolg eines Unterneh‐ mens ermittelt. Hauptmerkmal dieser Bilanztheorie ist die Berücksichtigung der Verbindung zwischen dem Unternehmen und der volkswirtschaftlichen Geldwertänderung. Daher ist für die Bewertung und die Abschreibungen der Wiederbeschaffungswert am Bilanzstichtag maßgeblich. So sollen Geldwertschwankungen aus der Bilanz beseitigt werden. Das Ergebnis ist dann der Unterschiedsbetrag zwischen dem, jeweils nach Wiederbeschaffungskosten bewerteten Anfangs‐ und Endvermögen. 16 Mithilfe dieser Theorie sollen Scheingewinne verhindert werden. Schein‐ gewinne entstehen, wenn der Geldwert sinkt und die Wiederbeschaffungskosten, für z. B. Vor‐ räte, steigen. Das bedeutet, dass der Wert der Ware zwar nominal gestiegen ist, real, oder anders ausgedrückt: substanziell, aber gleich geblieben oder sogar gesunken ist. Beispiel: Scheingewinn Ein Unternehmen hat 1.000 Stück Fertigerzeugnisse mit einem Wert von 15,00 € pro Stück auf Lager, welche zu einem Preis von insgesamt 23.000 € abgesetzt werden. Die Wiederbeschaf‐ fungskosten betragen am Bilanzstichtag aber 18,40 € pro Stück = 18.400 €. Wie hoch ist hier der Gewinn oder Verlust, der ausgewiesen werden kann? Lösung: Durch die Veräußerung der Ware hat sich ein Scheingewinn in Höhe von 8.000 € erge‐ ben (23.000 € ‐ 15.000 € = 8.000 €), durch die Preiserhöhung bzw. die Geldwertminderung ist aber substanziell ein Verlust von 3.400 € (18.400 € ‐ 15.000 € = 3.400 €) entstanden. 13 Vgl. Federmann,R.: Bilanzierung nach Handelsrecht, Steuerrecht und IAS/ IFRS, 2010, S. 178. 14 Vgl. Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 2010, S. 369 f. 15 Vgl. Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 2010, S. 370. 16 Vgl. Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 2010, S. 371. <?page no="40"?> 3.5 Ausgewählte Posten des Anlagevermögens 41 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 3.5 Ausgewählte Posten des Anlagevermögens Zum Anlagevermögen gehören alle Vermögensgegenstände, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens zu dienen und die technische Betriebsbereitschaft zu sichern (§ 247 Abs. 2 HGB). Das Anlagevermögen besteht aus immateriellen Vermögensgegen‐ ständen, Sach‐ und Finanzanlagen. Immaterielle Vermögensgegenstände 3.5.1 Diese sind nicht materiell, d. h., sie sind nicht körperlich fassbar, und stellen keine finanziellen Vermögensgegenstände dar. Es handelt sich bei ihnen überwiegend um Wissen, Rechte und Wer‐ te. Bei den immateriellen Vermögensgegenständen besteht: eine Aktivierungspflicht für entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände sowie für selbst geschaffenes immaterielles Umlaufvermögen und ein Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 HGB), wenn sie einzeln verwertbar sind, sei es durch Veräu‐ ßerung oder anderweitig (beispielsweise durch Verarbeitung, Verbrauch oder Nutzungsüber‐ lassung 17 ). Um eine Ausschüttung solcher Beträge auszuschließen, wurde in § 268 Abs. 8 HGB eine Ausschüttungssperre eingebaut, wonach das Volumen selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände abzüglich der dafür gebildeten passiven latenten Steuern nicht aus‐ schüttbar ist. Für selbsterstelltes immaterielles Vermögen gilt gemäß §§ 248 und 255 Abs. 2a HGB Folgendes: Ansatzverbot für: Aufwendungen für die Gründung eines Unternehmens Aufwendungen für die Beschaffung des Eigenkapitals Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen Selbst erstellte Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten, vergleichbare immateri‐ elle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Ausgaben für die Forschung Ausgaben, bei denen sich die Zwecke Forschung und Entwicklung nicht verlässlich von‐ einander unterscheiden lassen (§ 255 Abs. 2a Satz 4 HGB) Ansatzpflicht für: entgeltlich erworbene immaterielle Rechte (z. B. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte) entgeltlich erworbenen Geschäfts‐ oder Firmenwert (§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB) selbst geschaffenes immaterielles Umlaufvermögen (z. B. Software zum Verkauf an Dritte bestimmt, Forschungstätigkeit im Auftrag nach Weisung und Rechnung Dritter) Ansatzwahlrecht für: Ausgaben von Entwicklungskosten, d. h. Anwendung der Forschungsergebnisse 17 Referentenentwurf zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz. <?page no="41"?> 42 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 3.5.1.1 Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte Hierbei handelt es sich um immaterielle Vermögensgegenstände, die das Unternehmen nicht entgeltlich von Dritten erworben, sondern selbst hergestellt hat. Typische Beispiele für solche immateriellen Vermögensgegenstände sind selbst erstellte Entwicklungsprozesse, Produktions‐ verfahren und Software. Die Aktivierung beschränkt sich auf die angefallenen Herstellungsauf‐ wendungen während der Entwicklungsphase. Kosten für die Forschung dürfen nach § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB nicht aktiviert werden. Oftmals sind Forschung und Entwicklung nur sehr schwer voneinander abzugrenzen, z. B. wenn Forschung und Entwicklung nicht nacheinander, sondern parallel laufen. Ist eine Unterscheidung zwischen Forschung‐ und Entwicklungskosten nicht möglich, besteht gemäß § 255 Abs. 2a Satz 4 HGB ein Aktivierungsverbot. Die angefallenen Kosten sind dann als Aufwendungen in der Gewinn‐ und Verlustrechnung erfolgswirksam zu verbuchen. Merke Handelsrechtlich besteht für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände ein Akti‐ vierungswahlrecht. Steuerrechtlich besteht aber ein Aktivierungsverbot. Übungsaufgabe 3.2 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 3.5.1.2 Entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten Entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände sind Güter, die nicht vom Unter‐ nehmen selbst erstellt wurden, sondern durch Geld oder andere Tauschgeschäfte und Gegenleis‐ tungen angeschafft wurden. 18 Das betrifft nach § 266 Abs. 2 HGB vor allem entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte: Konzessionen sind Genehmigungen von Behörden zur Ausübung eines konzessionspflichti‐ gen Gewerbes oder zur Nutzung von öffentlichen Sachen, z. B. Mineralgewinnungs‐ und Berg‐ baurechte, Energieversorgungsrechte, Wassernutzungsrechte, Schankerlaubnis in Gaststätten und Verkehrskonzessionen etc. Die gewerblichen Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte schützen die technisch ver‐ wertbare geistige Leistung. Zu den gewerblichen Schutzrechten gehören z. B. Patente, Lizen‐ zen, Urheberrechte, Nutzungsrechte, Warenzeichen, EDV‐Software, ungeschützte Erfindungen, Know‐how, Kundenkartei, Archive, Erfindungen, Rezepturen, Brenn‐ und Baurechte etc. 3.5.1.3 Geschäfts- oder Firmenwert Beim Geschäfts- oder Firmenwert unterscheidet man zwischen zwei Arten: dem derivativen und dem originären Geschäfts- oder Firmenwert. Als derivativ wird der entgeltlich erworbe‐ ne Geschäfts‐ oder Firmenwert (auch Goodwill genannt) bezeichnet. Er stellt die Differenz zwi‐ schen dem gezahlten Kaufpreis für ein Unternehmen und dessen Substanzwert dar. 18 Vgl. Federmann, R.: Bilanzierung nach Handelsrecht, Steuerrecht und IAS/ IFRS, 2010, S. 350 ff. <?page no="42"?> 3.5 Ausgewählte Posten des Anlagevermögens 43 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Es besteht sowohl handels‐ als auch steuerrechtlich eine Aktivierungspflicht für den derivativen Geschäfts‐ oder Firmenwert, der z. B. aus einem Unternehmenskauf oder einer Verschmel‐ zung resultiert. Der derivative Geschäfts‐ oder Firmenwert wurde handelsrechtlich, im Wege einer Fiktion, zum zeitlich begrenzt nutzbaren Vermögensgegenstand erhoben, der zwingend zu aktivieren und planmäßig über seine individuelle betriebliche Nutzungsdauer abzuschreiben ist (§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB). Für die planmäßige Abschreibung besteht eine Nutzungsdauer von zehn Jahren, falls die Nutzungsdauer nicht zuverlässig bestimmt werden kann. Kapitalgesell‐ schaften und haftungsbeschränkten Personengesellschaften haben in allen Fällen im Anhang die Abschreibungsdauer zu erläutern (§ 285 Nr. 13 HGB). Zusätzlich zur planmäßigen Abschreibung ist der derivative Geschäfts‐ oder Firmenwert, bei Vorliegen der entsprechenden Tat‐ bestandsmerkmale, außerplanmäßig abzuschreiben. In Vorjahren vorgenommene außerplan‐ mäßige Abschreibungen auf den derivativen Geschäfts‐ oder Firmenwert sind beizubehalten, auch wenn die Gründe für die Abschreibung nicht mehr bestehen (Wertaufholungsverbot gemäß § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB). In der Steuerbilanz besteht ebenfalls eine Aktivierungspflicht, aber der Abschreibungszeit‐ raum beträgt exakt 15 Jahre. Wird der derivative Geschäfts‐ oder Firmenwert handelsrechtlich über einen kürzeren Zeitraum abgeschrieben als steuerlich, sind latente Steuern zu bilden. Der vom Unternehmen selbstgeschaffene, sogenannte originäre Geschäfts‐ oder Firmenwert darf nicht aktiviert werden. 3.5.1.4 Geleistete Anzahlungen Mit „geleisteten Anzahlungen“ sind Vorauszahlungen für den Erwerb eines immateriellen Ver‐ mögensgegenstandes gemeint. Sie sind in einem gesonderten Bilanzposten auszuweisen, obwohl sie Forderungen gegenüber dem Lieferanten oder Geschäftspartner darstellen. Diese spezielle Aufteilung dient einer besseren Übersicht. Sobald die immateriellen Gegenstände auf das Unter‐ nehmen übergegangen sind, findet eine Umbuchung von den geleisteten Anzahlungen auf das jeweilige andere Vermögenskonto statt. Sachanlagen 3.5.2 Sachanlagen sind physisch greifbare Vermögensgegenstände, die entweder keiner ständigen Wertminderung unterliegen (z. B. Grundstücke) oder deren Werte durch Nutzung und im Zeit‐ ablauf kontinuierlich abnehmen (z. B. Maschinen, Fahrzeuge und Gebäude). 3.5.2.1 Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschl. der Bauten auf fremden Grundstücken Dieser Posten umfasst die unbeweglichen Sachanlagen. Steuerrechtlich spricht man vom Posten des Grund und Bodens. Dazu gehören: Grundstücke: Hier ist eine festgelegte Fläche des Grund und Bodens gemeint. Man unter‐ scheidet zwischen bebautem und unbebautem Grund und Boden, der im Eigentum des Unter‐ nehmens steht. Grundstücke gehören zu den nicht abnutzbaren Vermögensgegenständen, weshalb sie keiner planmäßigen Abschreibung unterliegen. Grundstücksgleiche Rechte: Dies sind dingliche Rechte, die im BGB den Vorschriften über Grundstücke unterliegen 19 , wie z. B. Erbbaurecht, Abbaurecht, Dauerwohn‐ und Nutzungs‐ recht. 19 Baetge, J. et al.: Bilanzen, 2012, S. 239. <?page no="43"?> 44 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bauten: Zu den Bauten zählen Gebäude und (unselbstständige) Gebäudeteile, die in einem einheitlichen Nutzungszusammenhang mit dem Gebäude stehen, wie z. B. Heizungs‐, Beleuch‐ tungs‐, Lüftungsanlagen, Zuleitungen, Rolltreppen, Installationen (wenn sie wirtschaftlich als Teil des Gebäudes anzusehen sind und keine Betriebsvorrichtungen darstellen). Andere Bauten: Sie dienen besonderen Zwecken und sind gesondert zu aktivieren, wie z. B. Straßen, Parkplätze, Brücken, Eisenbahnanlagen, Hafenanlagen etc. Bauten auf fremden Grundstücken: wenn die Bebauung auf einem gemieteten bzw. ge‐ pachteten Grundstück erfolgt. 3.5.2.2 Technische Anlagen und Maschinen Der nächste Posten der Sachanlagen heißt technische Anlagen und Maschinen. Dieser umfasst alle „Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die unmittelbar dem betrieblichen Leis‐ tungserstellungsprozess dienen.“ 20 D. h. diese Vermögensgegenstände werden für den Produkti‐ onsprozess benötigt. Sie können wie folgt unterschieden werden: Technische Anlagen: z. B. Hochöfen, Tanks, Anlagen der chemischen Industrie, Kraftwerke, Transportanlagen, Krananlagen etc. Maschinen: z. B. Werkzeugmaschinen, Bohr‐, Dreh‐, Fräs‐, Schleif‐ und Stanzmaschinen, Setz‐ und Druckmaschinen, Bagger, Arbeitsbühnen etc. 3.5.2.3 Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung Zu unterscheiden von den vorherigen beiden Posten ist der Posten der anderen Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung. Er kann wie folgt differenziert werden: Andere Anlagen: Sammelposten für Sachanlagen, die nicht eindeutig einem anderen Posten zuzuordnen sind, wie z. B. Telefon‐, Überwachungsanlagen, Feuerlöscheinrichtungen etc. Betriebs- und Geschäftsausstattung: Dies betrifft Vermögensgegenstände, die in erster Linie der Verwaltung und dem Vertrieb dienen, wie z. B. Büro‐ und Lagereinrichtung, Fuhr‐ park, Kantinen, geringwertige Wirtschaftsgüter etc. 3.5.2.4 Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau Anzahlungen, die ein Unternehmer auf Sachanlagen leistet, werden auf dem Konto „Geleistete Anzahlungen auf Sachanlagen“ gebucht und in der Bilanz unter dem Posten „Geleistete Anzah‐ lungen und Anlagen im Bau“ separat ausgewiesen. Geleistete Anzahlungen sind Vorleistungen auf eine vom anderen Vertragsteil zu erbrin‐ gende Lieferung/ Leistung, deren Lieferung bis zum Bilanzstichtag noch nicht erfolgt ist. Hier liegt ein schwebendes Geschäft vor, das erfolgsneutral ausgewiesen wird. Der Bilanzposten „Anlagen im Bau“ enthält sämtliche (aktivierungsfähige) Aufwendungen für Eigen‐ und Fremdleistungen, die zum Bilanzstichtag für unvollendete und damit noch nicht nutzbare Sachanlagegüter angefallen sind. Die Anzahlungen sind mit den tatsächlich geleisteten Beträgen und die Anlagen im Bau sind mit den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten anzusetzen. 20 Baetge, J. et al.: Bilanzen, 2012, S. 240. <?page no="44"?> 3.5 Ausgewählte Posten des Anlagevermögens 45 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Finanzanlagen 3.5.3 Finanzanlagen sind Anteile an verbundenen Unternehmen, Beteiligungen an Unternehmen und Ausleihungen (z. B. Darlehens‐ und Hypothekenforderungen), die von langfristiger Natur sind und nicht nur vorübergehend gehalten bzw. gewährt werden sollen, sowie Wertpapiere des An‐ lagevermögens. Die Finanzanlagen lassen sich in die Anteilsfinanzierung und die Darlehensfinanzierung auftei‐ len. Bei der Anteilsfinanzierung ist das Unternehmen Anteilseigner, d. h. das investierte Kapital wird im anderen Unternehmen, an dem eine Beteiligung gehalten wird, als Eigenkapital auf‐ geführt. Dies kommt bei Anteilen, Beteiligungen und Wertpapieren vor. Handelt es sich bei der Investition um Ausleihungen, spricht man von einer Darlehensfinanzierung. Dabei wird das investierte Kapital in dem nehmenden Unternehmen als Fremdkapital ausgewiesen. 21 Die Finanzanlagen können wie folgt aufgeteilt werden: Abb. 3.5: Aufteilung der Finanzanlagen des Anlagevermögens 3.5.3.1 Anteile an verbundenen Unternehmen Verbundene Unternehmen im Sinn des HGB sind solche Unternehmen, die zwar rechtlich selbst‐ ständig sind, aber im Verhältnis einer Mutter‐ und Tochtergesellschaft zueinander stehen. Sie sind gemäß § 290 HGB in den Konzernabschluss einzubeziehen. 3.5.3.2 Ausleihungen an verbundene Unternehmen Sie stellen langfristige Finanzforderungen (i. d. R. über eine Dauer von mindestens 12 Monaten) gegenüber verbundenen Unternehmen dar. Bei den Ausleihungen an verbundene Unternehmen kann sich die Forderung sowohl von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft als auch von der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft richten. 22 3.5.3.3 Beteiligungen Beteiligungen sind Anteile an Unternehmen, die die Voraussetzungen des § 271 Abs. 1 HGB, nicht aber die des § 271 Abs. 2 HGB erfüllen. Nach § 271 Abs. 1 HGB sind Beteiligungen Anteile, bei denen die wirtschaftliche und nicht die rein finanzielle Verbindung im Vordergrund steht. Wenn die Anteile 20 % des Nennkapitals einer Kapitalgesellschaft überschreiten, geht man von einer Beteiligung aus. Allerdings gilt, dass die Anteilsrechte des Nennkapitals jedoch nicht mehr als 21 Vgl. Wehrheim, M. & Renz, A.: Die Handels‐ und Steuerbilanz, 2011, S. 40. 22 Vgl. Wehrheim, M. & Renz, A.: Die Handels‐ und Steuerbilanz, 2011, S. 41. Finanzanlagen Anteilsfinanzierung Anteile an verbundenen Unternehmen Beteiligungen Wertpapiere des Anlagevermögens Darlehensfinanzierung Ausleihung an verbundenen Unternehmen Ausleihungen an Unternehmen mit Beteiligungsverhältnis sonstige Ausleihungen <?page no="45"?> 46 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 50 % (da es sich sonst um ein verbundenes Unternehmen handeln würde) betragen dürfen, damit eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft besteht. 3.5.3.4 Ausleihungen an Beteiligungsunternehmen Der vierte Posten der Finanzanlagen heißt Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. Dabei handelt es sich um langfristige Finanzforderungen gegenüber den oben beschriebenen Beteiligungsunternehmen. 3.5.3.5 Wertpapiere des Anlagevermögens Bei den Wertpapieren des Anlagevermögens handelt es sich um eine langfristige Kapitalanlage. In der Regel dürfen die Anteile an anderen Unternehmen 20 % nicht übersteigen, damit sie den Wertpapieren des Anlagevermögens zugeordnet werden können. Als Beispiele können Aktien, Anleihen, Pfandbriefe, Wandelschuldverschreibungen, Investmentanteile oder Zero Bonds ge‐ nannt werden. 3.5.3.6 Sonstige Ausleihungen Dies sind langfristige Kapitalüberlassungen an Dritte in Form von Darlehen oder Krediten. Das bilanzierende Unternehmen ist Gläubiger einer Finanzforderung mit einer Mindestlaufzeit von mehr als einem Jahr. 3.6 Ausgewählte Posten des Umlaufvermögens Das Umlaufvermögen umfasst alles, was nicht zum Anlagevermögen, zu den aktiven Rechnungs‐ abgrenzungsposten, den aktiven latenten Steuern und dem aktiven Unterschiedsbetrag aus der Vermögensrechnung zählt. Unter dem Umlaufvermögen werden alle Vermögensgegenstände er‐ fasst, die nur kurz im Unternehmen verbleiben. Es erfolgt die Erläuterung der einzelnen Posten des Umlaufvermögens. Vorräte 3.6.1 Die Vorräte umfassen: Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe: Fremdbezogene, unverarbeitete Stoffe, die mittel‐ oder un‐ mittelbar in Erzeugnisse eingehen. Rohstoffe stellen die Hauptbestandteile (z. B. Blech, Glas, Holz, Kunststoff), Hilfsstoffe die Nebenbestandteile (z. B. Farbe, Nägel, Schrauben, Kleber) dar. Betriebsstoffe sind kein Bestandteil der Erzeugnisse (z. B. Strom, Wasser etc.), sondern werden bei der Herstellung verbraucht. Unfertige Erzeugnisse: Vermögensgegenstände, die sich im Produktionsprozess befinden, noch nicht verkaufsfähig sind, aber bereits Aufwendungen (Fertigungs‐, Materialkosten etc.) verursacht haben. Unfertige Leistungen: Aufträge, die sich bei Dienstleistungsunternehmen in Bearbeitung befinden. Fertige Erzeugnisse: Selbst erstellte, versandfertige Vermögensgegenstände, die den Pro‐ duktionsprozess schon vollständig durchlaufen haben. Waren (Handelswaren): Fremdbezogene Vorräte, die ohne wesentliche Be‐ bzw. Verarbei‐ tung zum Verkauf bestimmt sind. Geleistete Anzahlungen: Vorleistung auf eine, vom anderen Vertragsteil, zu erbringende Leistung, d. h. die Lieferung ist bis zum Bilanzstichtag vom Lieferanten noch nicht erfolgt. <?page no="46"?> 3.7 Aktive Rechnungsabgrenzungsposten 47 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 3.6.2 Eine Forderung entsteht grundsätzlich, wenn die geschuldete Leistung erbracht und die Abrech‐ nungsfähigkeit gegeben sind. Sie erlischt bei Erfüllung, Aufrechnung, Erlass, Verkauf (Factoring), befreiender Schuldübernahme und Novation (Schuldumwandlung). Forderungen aus Lieferungen und Leistungen: Unter diesem Posten werden all jene For‐ derungen zusammengefasst, die aus der Umsatztätigkeit des Unternehmens resultieren. Sonstige Vermögensgegenstände: Dieser Sammelposten enthält Forderungen des Unter‐ nehmens gegenüber Dritten, die mit der eigentlichen Geschäftstätigkeit nichts zu tun haben, z. B. Gehalts‐, Kostenvorschüsse, Kautionen, Steuererstattungsansprüche, Ansprüche auf Zulagen/ Zuschüsse, Schadenersatzansprüche, Personaldarlehen und Ansprüche auf Boni. Wertpapiere 3.6.3 Zu den Wertpapieren des Umlaufvermögens gehören alle Wertpapiere, die nicht im Anlagever‐ mögen enthalten sind. Wertpapiere des Umlaufvermögens gehören zu den kurzfristigen Finanz‐ anlagen, die jederzeit veräußert werden können. Es wird unterschieden zwischen: Anteile an verbundenen Unternehmen: Zum Umlaufvermögen gehören solche Anteile nur dann, wenn nur eine kurzfristige Anlage geplant ist. Sonstige Wertpapiere: Alle Wertpapiere, von denen ein Ausweis an anderer Stelle nicht möglich ist. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten 3.6.4 und Schecks Dies sind die flüssigen Mittel. Der Kassenbestand und die Bankguthaben sind zum Nominal‐ betrag anzusetzen. Die Schecks sind wie Forderungen zu bewerten. Fremdwährungsbestände sind gemäß § 256a HGB mit dem Devisenkassamittelkurs am Bilanzstichtag umzurechnen. Die flüssigen Mittel können jederzeit in eine andere Vermögensform umgewandelt werden. 3.7 Aktive Rechnungsabgrenzungsposten Unter der Position „Rechnungsabgrenzungsposten“ sind nur sogenannte transitorische Posten auszuweisen und ausweispflichtig. Ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten wird gebildet, wenn Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, Aufwendungen für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen (z. B. Miet‐, Pachtvorauszahlung, Versicherungsprämie, Honorare und Gebühren, die im Voraus bezahlt wurden etc.). 3.8 Aktive latente Steuern Latente Steuern entstehen durch unterschiedliche handels‐ und steuerrechtliche Bilanzierung. Im Handelsrecht besteht für die aktiven latenten Steuern ein Aktivierungswahlrecht. Aktive latente Steuern stellen einen Vermögenswert dar, der auf einer Steuermehrzahlung beruht und eine zukünftige Steuerminderung hervorruft. Somit sind die aktiven latenten Steuern als Forde‐ rung gegenüber dem Finanzamt anzusehen. <?page no="47"?> 48 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Aktive Steuerabgrenzung: Es erfolgt eine periodengerechte Berücksichtigung von Steuerauf‐ wand bei Bewertungsdifferenzen zwischen Handels‐ und Steuerbilanz. Wenn diese Differenzen in nachfolgenden Geschäftsjahren abnehmen und dadurch zu einer Steuerentlastung führen, kann die Entlastung als aktive latente Steuer bilanziert werden. Mögliche Ursachen für aktive latente Steuern sind: In der Handelsbilanz sind die Vermögensgegenstände niedriger bewertet als die Wirtschafts‐ güter in der Steuerbilanz, bzw. Aktivposten sind in der Steuerbilanz, aber nicht in der Han‐ delsbilanz angesetzt. In der Handelsbilanz sind Schulden höher bewertet als in der Steuerbilanz, bzw. Schulden sind in der Handelsbilanz, aber nicht in der Steuerbilanz angesetzt. Aktive latente Steuern sind aufzulösen, sobald die Steuerentlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist. 3.9 Aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung Vermögensgegenstände, die ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungs‐ verpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind (§ 246 Abs. 2 HGB), werden mit dem Zeitwert bewertet. In der Bilanz ist der Nettowert der korrespondierenden Vermögensgegenstände und Schulden aus Altersvorsorgeverpflichtungen auszuweisen. Übersteigt der Wert des Vermögens die Schulden, verlangt § 246 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 266 Abs. 2 HGB den gesonderten Ausweis des Saldos als letzten Posten auf der Aktivseite der Bilanz unter der Bezeichnung „Aktiver Unterschieds‐ betrag aus der Vermögensverrechnung“. Es werden die beizulegenden Zeitwerte der zur Absicherung der Ansprüche der Mitarbeiter die‐ nenden Vermögensgegenstände mit den Werten der Altersversorgungsverpflichtungen (Rück‐ stellungen) des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitern saldiert. Ein aktiver Restbetrag aus der Verrechnung ist unter dem Posten „aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrech‐ nung auszuweisen. Ein passiver Unterschiedsbetrag ist unter den Rückstellungen auszuweisen. 23 3.10 Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag Ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag stellt einen rechnerischen Gegenposten zum Eigenkapital bei bilanzieller Überschuldung (§ 268 Abs. 3 HGB) dar. Dieser Posten entsteht, wenn das Eigenkapital durch Verluste aufgezehrt und vollständig vernichtet wurde. Es besteht im Handelsrecht die Pflicht zum Ausweis auf der Aktivseite am Ende der Bilanz. 3.11 Ausgewählte Posten des Eigenkapitals Das Eigenkapital ist die Differenz zwischen der Summe der Aktiva und der Summe der Schulden abzüglich der passiven Rechnungsabgrenzungsposten und der passiven latenten Steuern. Die Höhe des Eigenkapitals ergibt sich erst nach Ansatz und Bewertung der restlichen Bilanzposten. Die Summe der finanziellen Mittel, die eine Unternehmung von ihren Eigentümern bzw. Anteils‐ eignern ohne zeitliche Begrenzung zur Verfügung gestellt werden, stellt das Eigenkapital dar. 23 von Eitzen, B. & Zimmermann, M.: Bilanzierung nach HGB und IFRS, 2013, S. 127. <?page no="48"?> 3.11 Ausgewählte Posten des Eigenkapitals 49 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bei einer Kapitalgesellschaft wird in dem Gliederungsschema der Bilanz (§ 266 Abs. 3 HGB) das Eigenkapital wie folgt zusammengefasst ausgewiesen: A. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital II. Kapitalrücklage III. Gewinnrücklagen 1. gesetzliche Rücklage 2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligtem Unternehmen 3. satzungsmäßige Rücklagen 4. andere Gewinnrücklagen IV. Gewinnvortrag/ Verlustvortrag V. Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag VI. Bilanzgewinn/ Bilanzverlust, davon Ergebnisvortrag gemäß § 268 Abs. 1 HGB (als Alterna‐ tive zu den Posten des Eigenkapitals A. IV. und A. V.) Gezeichnetes Kapital 3.11.1 Unter dem Posten „Gezeichnetes Kapital“ ist der Teil des Eigenkapitals einer Kapitalgesell‐ schaft auszuweisen, zu dessen Einzahlung sich die Gesellschafter oder Mitglieder eines Unter‐ nehmens verpflichtet haben und auf den die Haftung für die Verbindlichkeiten des Unterneh‐ mens beschränkt ist (§ 272 Abs. 1 HGB). Dem gezeichneten Kapital entsprechen bei der AG das Grundkapital [= (Nennbetrag) ⨯ (Zahl der Anteile)], bei der GmbH das Stammkapital und bei der Genossenschaft das Geschäftsguthaben der Genossen. Das Grundkapital einer AG muss mindestens 50.000 € und das Stammkapital einer GmbH muss mindestens 25.000 € betragen. Nicht eingeforderte ausstehende Einlagen sind offen vom ge‐ zeichneten Kapital abzusetzen. 3.11.1.1 Ausstehende Einlagen Die nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen sind zwingend vom gezeichneten Kapital offen abzusetzen. In der Hauptspalte der Bilanz wird der verbleibende Betrag, das eingeforderte Kapi‐ tal, unter dieser Bezeichnung ausgewiesen. Korrespondierend dazu ist der eingeforderte, aber noch nicht einbezahlte Betrag unter den Forderungen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen. Beispiel: Ausstehende Einlagen Von den ausstehenden Einlagen in Höhe von 700.000 € wurden 300.000 € eingefordert. Der fol‐ gende Bilanzausschnitt zeigt den Nettoausweis: Aktiva Eigenkapitalausweis gemäß § 272 Abs. 1 Satz 3 HGB (Nettoausweis) Passiva Forderungen und sonstige Ver‐ mögensgegenstände: eingeforderte, noch nicht ein‐ gezahlte ausstehende Einlagen 300 T€ Eigenkapital gezeichnetes Kapital ausstehende nicht ein‐ geforderte Einlagen 2.700 T€ ‐ 400 T€ eingefordertes Kapital 2.300 T€ <?page no="49"?> 50 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 3.11.1.2 Ausweis von eigenen Anteilen Der Erwerb eigener Anteile stellt, wirtschaftlich betrachtet, eine Rückzahlung von Einlagen und damit eine Verringerung der Haftungssumme dar. Aus diesem Grund unterliegt dieser Erwerb bestimmten Restriktionen (z. B. ist er nach § 71 AktG auf 10 % des Grundkapitals beschränkt) und Ausweispflichten. 24 Eigene Anteile werden in der Höhe des Nennwertes 25 oder des rechnerischen Wertes auf der Passivseite offen vom gezeichneten Kapital abgesetzt. Die Differenzen zu den Anschaffungskos‐ ten werden mit den frei verfügbaren Rücklagen verrechnet. Nebenkosten des Kaufes und der Veräußerung von eigenen Anteilen sind gemäß § 272 Abs. 1a Satz 3 HGB und § 272 Abs. 1b Satz 4 HGB unmittelbar erfolgswirksam zu behandeln. Die Veräußerung der eigenen Anteile wird, im Gegenzug zum Erwerb der eigenen Anteile, als Kapitalerhöhung behandelt. Verbleibt nach Rückgängigmachung der Verrechnung mit den frei verfügbaren Rücklagen noch ein Differenzbetrag, ist dieser in die Kapitalrücklage einzustellen. Beispiel: Eigene Anteile Ein Unternehmen kauft eigene Anteile mit einem Nennwert von 100 T€, Kaufpreis 800 T€, An‐ schaffungsnebenkosten 8 T€, Veräußerungspreis 1.000 T€ abzüglich 1 % Transaktionskosten. Bilanzielle Behandlung des Kaufs (in T€): gez. Kapital (eigene Anteile) Gewinnrücklagen 100 700 an Bank 800 sonstige Aufwendungen 8 an Bank 8 Bilanzielle Behandlung der späteren Veräußerung (in T€): Bank sonstige Aufwendungen 990 10 an an an gezeichnetes Kapital Gewinnrücklagen Kapitalrücklage 100 700 200 Offene Rücklagen 3.11.2 Die offenen Rücklagen unterscheiden sich in: Kapitalrücklage (Zuführung nicht erwirtschafteter Beträge von außen) und Gewinnrücklagen (Zuführung erwirtschafteter Beträge von innen) 3.11.2.1 Kapitalrücklage Als Kapitalrücklage sind im Einzelnen auszuweisen (§ 272 Abs. 2 HGB): Beträge, die bei der Ausgabe von Anteilen über den Nennbetrag hinaus erzielt wurden (§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB) (also die Differenz von Emissionskurs und Nennwert = Agio). Zuweisung von Agio‐Beträgen bei der Emission (Ausgabe) von Wandel‐ und Optionsschuld‐ verschreibungen über ihrem Rückzahlungsbetrag. 24 Hahn, K.: BilMoG Kompakt, 2009, S. 77. 25 Vgl. Küting, K.; Pfitzer, N. & Weber, C.‐P.: Das neue deutsche Bilanzrecht, 2009, S. 27. <?page no="50"?> 3.11 Ausgewählte Posten des Eigenkapitals 51 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten (Zuzahlung von Gesellschaftern für Vorzugsrechte); andere Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten (Zahlungen bei Sanierun‐ gen, Nachschüsse bei der GmbH). Beispiel: Einstellung in die Kapitalrücklage Die expandierende aim‐AG erhöht ihr gezeichnetes Kapital um 200.000 € durch Ausgabe junger (neuer Aktien). Für die Ausgabe der jungen Aktien (=Emission) schreibt die Bank der aim‐AG 300.000 € (Ausgabekurswert) gut. Das Aufgeld (Agio bei Aktienausgabe) in Höhe von 100.000 € ist der Kapitalrücklage zuzuführen und wie folgt zu buchen. Buchungssatz: Bank 300.000 an an gezeichnetes Kapital Kapitalrücklage 200.000 100.000 Für welche Zwecke kann die Kapitalrücklage verwendet werden? Zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags/ Verlustvortrags sofern dieser nicht durch Auflösung anderer Gewinnrücklagen gedeckt werden kann (§ 150 Abs. 3 AktG). Umwandlung in Grundkapital durch Gewährung von Berichtigungsaktien (Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln), falls gesetzliche Rücklage und Kapitalrücklage zusammen 10 % des gezeichneten Kapitals übersteigen (§ 150 Abs. 4 Nr. 3 AktG). Beispiel: Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei der Patrizia AG Augsburg, 10. Juli 2014 ‒ Die ordentliche Hauptversammlung der PATRIZIA Immobilien AG (ISIN DE000PAT1AG3) vom 27. Juni 2014 hat beschlossen, das Grundkapital der Gesellschaft aus Ge‐ sellschaftsmitteln von 63.077.300,00 Euro um 6.307.730,00 Euro auf 69.385.030,00 Euro nach den Vorschriften der §§ 207 ff. AktG zu erhöhen. Die Kapitalerhöhung erfolgt durch Umwandlung eines Teilbetrags in Höhe von 6.307.730,00 Euro der in der Jahresbilanz der Gesellschaft zum 31. Dezember 2013 ausgewiesenen Kapitalrücklage in Grundkapital. Die Kapitalerhöhung wird durch Ausgabe von 6.307.730 neuen auf den Namen lautenden Stückaktien (Berichtigungs‐ aktien) mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von 1,00 Euro je Aktie durchgeführt, die an die Aktionäre der PATRIZIA Immobilien AG im Verhältnis 10: 1 ausgegeben werden. Die neuen Aktien sind ab dem 1. Januar 2014 gewinnberechtigt. Die entsprechende Satzungsänderung ist am 3. Juli 2014 in das Handelsregister der Gesellschaft beim Amtsgericht Augsburg eingetragen und damit wirksam geworden. Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt nunmehr 69.385.030,00 Euro und ist eingeteilt in 69.385.030 auf den Namen lautende Stückaktien. Die Transaktion wird von der VEM Aktienbank AG, München, begleitet. 3.11.2.2 Gewinnrücklagen In den Gewinnrücklagen werden die kumulierten thesaurierten (einbehaltene) Gewinne nach Steuern, die im Geschäftsjahr oder in früheren Geschäftsjahren gebildet wurden, eingestellt. Da‐ bei wird unterschieden zwischen: gesetzlicher Rücklage bei der AG: Gemäß § 150 Abs. 2 AktG sind in die gesetzliche Rücklage so lange 5 % des Jahresüberschusses einzustellen, bis diese zusammen mit der Kapitalrück‐ <?page no="51"?> 52 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt lage 10 % des Grundkapitals erreicht hat. Ist aus den Vorjahren ein Verlustvortrag vorhan‐ den, ist der Jahresüberschuss vor Verwendung entsprechend zu kürzen. gesetzlicher Rücklage bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt): Es sind 25 % des, um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr gemilderten, Jahresüberschusses einzustellen, bis das Stammkapital einer GmbH nach § 5 GmbHG von mindestens 25.000 € erreicht ist. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen: Für diese Anteile ist eine Rücklage zu bilden. In die Rücklage ist ein Betrag einzustellen, der dem auf der Aktivseite der Bilanz für diese Anteile entspricht. satzungsmäßigen Rücklagen: Wird die Rücklagenbildung durch die Satzung einer AG oder den Gesellschaftsvertrag einer GmbH bestimmt, so handelt es sich um satzungsmäßige Rück‐ lagen. Es können den satzungsmäßigen Rücklagen bestimmte Beträge aus dem Jahresüber‐ schuss zugeführt werden. anderen Gewinnrücklagen: Dies ist der Sammelposten all jener Rücklagen, die aus dem Jah‐ resüberschuss ohne gesonderten Bilanzausweis eingestellt werden. Gesetzliche Rücklagen sind Rücklagen, die gesetzlich vorgeschrieben sind. In die gesetzliche Rücklage einer AG sind jährlich einzustellen 5 % des ggf. um einen Verlustvortrag des Vor‐ jahres geminderten Jahresüberschusses, bis die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage zusammen 10 % des Grundkapitals erreichen. Beispiel: Einstellung in die gesetzliche Rücklage Die Dienstleistungs‐AG hat ein Grundkapital von 5.000.000 €. Die gesetzliche Rücklage ein‐ schließlich Kapitalrücklage beträgt am Schluss des Vorjahres 300.000 €. Im abgelaufenen Ge‐ schäftsjahr haben die Erträge 20.000.000 € und die Aufwendungen 19.000.000 € betragen. Es ist ein Verlust aus dem Vorjahr von 200.000 € vorhanden. Berechnung der Einstellung der gesetzlichen Rücklage: Erträge 20.000.000 € ‐ Aufwendungen ‐19.000.000 € = Jahresüberschuss = 1.000.000 € ‐ Verlustvortrag ‐ 200.000 € = Berechnungsgrundlage = 800.000 € davon 5 % = Einstellung in die gesetzliche Rücklage = 40.000 € Diese 40.000 € sind in die gesetzliche Rücklage einzustellen, da die bisher gebildete gesetzliche Rücklage den zehnten Teil des Grundkapitals noch nicht erreicht hat. 3.11.2.3 Gewinn-/ Verlustvortrag Unter diesem Posten werden nicht verwendete Gewinne oder nicht ausgeglichene Verluste aus den Vorjahren vorgetragen. Falls das Vorjahr mit einem Verlust abgeschlossen wurde, wird die‐ ser Verlust unter dem Posten „Verlustvortrag“ ausgewiesen. Im Falle eines nicht komplett aus‐ geschütteten Bilanzgewinns im Vorjahr wird, in dem Posten „Gewinnvortrag“, der Betrag auf‐ genommen, der nach einer Gewinnausschüttung bzw. Zuführung zu den Gewinnrücklagen übrig geblieben ist. <?page no="52"?> 3.11 Ausgewählte Posten des Eigenkapitals 53 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 3.11.2.4 Jahresüberschuss/ -fehlbetrag Der Jahresüberschuss stellt den Gewinn des laufenden Geschäftsjahres nach Steuern vor der Gewinnausschüttung dar. Der Jahresfehlbetrag bildet den Verlust des laufenden Geschäftsjahres nach Steuern ab. Diese Posten erscheinen nur dann in der Bilanz, wenn diese vor Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt wird. 3.11.2.5 Bilanzergebnis (Bilanzgewinn/ -verlust) Die Mindestgliederungsschemata der GuV sowie der Bilanz nach HGB (§§ 275 Abs. 2 und 3 bzw. 266 Abs. 3 HGB) enthalten lediglich die Posten Jahresüberschuss bzw. ‐fehlbetrag. Sofern die Bilanz unter Berücksichtigung der teilweisen Gewinnverwendung des Jahresergebnisses auf‐ gestellt wird, werden die Posten „Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag“ und „Gewinn‐/ Verlust‐ vortrag“ durch die Posten „Bilanzgewinn/ Bilanzverlust“ ersetzt. 26 3.11.2.6 Ermittlung des Bilanzgewinns Bei Aktiengesellschaften wird das Jahresergebnis nach Steuern in der Regel bereits bei der Aufstellung der Bilanz auf Beschluss des Vorstandes teilweise verwendet und ist in der GuV oder im Anhang darzustellen. Der Ausweis des Bilanzgewinns bedeutet, dass der Vorstand von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, einen Teil des Jahresüberschusses (bei Aktiengesellschaf‐ ten gemäß § 58 AktG bis zu 50 %) in die Rücklagen einzustellen. Der Rest wird „als Bilanz‐ gewinn“ der Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung zur Disposition gestellt, wobei oft ein Verwendungsvorschlag gemacht wird. Den zur Ausschüttung vorgesehenen Teil rechnet man den kurzfristigen Verbindlichkeiten zu. Im Übrigen stellt der Bilanzgewinn Eigenkapital dar. Merke Der Bilanzgewinn ist der Gewinn, der zur Ausschüttung zur Verfügung steht. Der Bilanzverlust ist der Verlust, der das Eigenkapital reduziert, er wird als Korrektur‐ posten mit negativem Vorzeichen ausgewiesen und wird in der nachfolgenden Periode als Verlustvortrag behandelt. Der Bilanzgewinn wird wie folgt berechnet: Gewinnverwendung Kompetenzabgrenzung bei der AG Jahresüberschuss/ ‐fehlbetrag gesetzlich oder satzungsmäßig bestimmte Beträge +/ ‐ Gewinn‐/ Verlustvortrag a. d. Vorjahr ‐ Einstellungen in die Gewinnrücklagen aufgrund von Gesetz und Satzung (§ 150 Abs. 2 AktG) + Entnahmen aus den Kapitalrücklagen 27 Kompetenz von Vorstand und Aufsichts‐ rat vor Jahresabschlussfeststellung + Entnahmen aus den Gewinnrücklagen 28 26 Coenenberg, A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2014, S. 592. 27 Kapitalrücklagen umfassen das dem Unternehmen neben dem Nominalkapital von außen insbesondere durch das Aufgeld (Agio) bei der Ausgabe von Stammanteilen zugeführte Eigenkapital. 28 Gewinnrücklagen: Bei der AG sind 5 % des Jahresüberschusses in die Gewinnrücklagen auf das Konto „gesetz‐ liche Rücklagen“ einzustellen, bis die gesetzlichen Rücklagen zusammen mit den Kapitalrücklagen 10 % am Grundkapital erreichen. Darüber hinaus gibt es noch satzungsmäßige und andere Gewinnrücklagen. <?page no="53"?> 54 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt ‐ Einstellungen in die Gewinnrücklagen (§ 58 Abs. 2 und 2a AktG) = Bilanzgewinn/ -verlust Kompetenz der Hauptversammlung nach Jahresabschlussfeststellung ‐ Einstellungen in die Gewinnrücklagen (§ 58 Abs. 3 AktG) ‐ Gewinnvortrag ins neue Jahr (§ 58 Abs. 3 AktG) = Ausschüttung Abb. 3.6: Jahresüberschuss, Bilanzgewinn, Ausschüttung 29 Nach § 158 Abs. 1 Satz 1 AktG sind dem Jahresergebnis der Gewinnvortrag aus dem Vorjahr und Entnahmen aus der Kapitalrücklage oder aus Gewinnrücklagen hinzuzurechnen, während der Verlustvortrag aus dem Vorjahr und Einstellungen in die Gewinnrücklagen abzuziehen sind. Somit errechnet sich das Bilanzergebnis nach folgendem Schema (§ 158 Abs. 1 Satz 1 AktG): Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag ‐ Verlustvortrag (aus der Vorperiode) = Bemessungsgrundlage 1 ‐ Pflichteinstellung in die gesetzliche Rücklage (so lange 5 % von der positiven Bemessungs‐ grundlage 1, bis gesetzliche Rücklage und Kapitalrücklage zusammen 10 % des Grundkapitals erreicht haben) = korrigierter Jahresüberschuss: Bemessungsgrundlage 2 ‐ Einstellung in andere Gewinnrücklagen (max. 50 % der positiven Bemessungsgrundlage 2) = Bemessungsgrundlage 3 ‐ Einstellung in die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligtem Unternehmen ‐ Einstellung in satzungsmäßige Rücklagen = Bemessungsgrundlage 4 + Gewinnvortrag (aus der Vorperiode) + Entnahme aus der Kapitalrücklage + Entnahmen aus den Gewinnrücklagen = Bilanzgewinn/ Bilanzverlust (Bilanzergebnis) Abb. 3.7: Ermittlung des Bilanzergebnisses Beispiel: Berechnung des Bilanzgewinns Die XY AG weist in der folgenden Gewinn‐ und Verlustrechnung (nach dem Gesamtkostenverfah‐ ren) einen Jahresüberschuss in Höhe von 1.700.000 € aus. Gemäß der Satzung beschließt der 29 Heyd, R.; Beyer, M. & Zorn, D.: Bilanzierung nach HGB, 2014, S. 107. <?page no="54"?> 3.11 Ausgewählte Posten des Eigenkapitals 55 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Vorstand der XY AG, 500.000 € in die Gewinnrücklagen einzustellen — es handelt sich um eine teilweise Gewinnverwendung (vom Jahresüberschuss von 1,7 Mio. € werden 500.000 € für Gewinnrücklagen verwendet). Bilanzgewinn (Posten Nr. 22) in der GuV nach dem Gesamtkostenverfahren (Angaben in €) 1. Umsatzerlöse 12.000.000 + 2. Bestandserhöhung an fertigen und unfertigen Erzeugnissen + 1.000.000 + 3. andere aktivierte Eigenleistungen + 500.000 + 4. sonstige betriebliche Erträge + 550.000 5. Materialaufwand ‐ a) Aufwendungen für Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe und für bezogene Waren ‐ 3.950.000 ‐ b) Aufwendungen für bezogene Leistungen ‐ 350.000 6. Personalaufwand ‐ a) Löhne und Gehälter ‐ 3.300.000 ‐ b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung ‐ 1.000.000 7. Abschreibungen ‐ a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des AV und Sachanlagen ‐ 1.200.000 ‐ b) auf Vermögensgegenstände des UV, soweit sie übliche Abschreibun‐ gen überschreiten 0 ‐ 8. Sonstige betriebliche Aufwendungen ‐ 1.900.000 = Betriebsergebnis (EBIT) = 2.350.000 + 9. Erträge aus Beteiligungen + 300.000 + 10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanla‐ gevermögens + 100.000 + 11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge + 100.000 ‐ 12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlauf‐ vermögens ‐ 50.000 ‐ 13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen ‐ 600.000 = Finanzergebnis (9 bis 13) - 150.000 Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (1 bis 13) = 2.200.000 +/ ‐ 14. Steuern vom Einkommen und Ertrag ‐ 450.000 = 15. Ergebnis nach Steuern = 1.750.000 ‐ 16. Sonstige Steuern ‐ 50.000 = 17. Jahresüberschuss = 1.700.000 ‐ 18. Einstellung in die Gewinnrücklagen ‐ 500.000 = 19. Bilanzgewinn (17 bis 18) = 1.200.000 <?page no="55"?> 56 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Weiter im Beispiel: Über die Verwendung des verbleibenden Bilanzgewinns in Höhe von 1.200.000 € (z. B. Ausschüt‐ tung als Dividende an die Aktionäre oder Vortrag auf neue Rechnung) beschließt die Hauptver‐ sammlung in einem Gewinnverwendungsbeschluss. Liegt aus den Vorjahren noch ein Gewinn‐ vortrag/ Verlustvortrag vor, wäre dieser in die Berechnung und Überleitung des Bilanzgewinns einzubeziehen. 3.11.2.7 Die Problematik beim Bilanzgewinn Der Bilanzgewinn ist einerseits für den Aktionär bedeutend, da er die Höhe der Dividende bestimmt. Andererseits sagt der Bilanzgewinn nichts über die Ertragskraft des Unternehmens aus. Der Bilanzgewinn kann, beispielsweise über Entnahmen aus den Gewinn‐ oder Kapitalrück‐ lagen, ein negatives Jahresergebnis gut kaschieren, um so Aktionäre bei Laune zu halten (siehe Beispielrechnung unten). Ein gutes Beispiel hierfür ist die RWE AG, die ihren Aktionären für das Geschäftsjahr 2013, trotz eines negativen Nettoergebnisses in Höhe von ‐2.757 Mrd. € 30 , eine Dividende von einem Euro je Aktien ausgeschüttet haben. Die RWE AG wies einen Bilanzgewinn in Höhe von 615 Mio. € aus. Beispiel: Ausweis eines höheren Bilanzgewinns Die ABC AG hat im vergangenen Geschäftsjahr einen Jahresüberschuss in Höhe von 30 Mio. € er‐ wirtschaftet. Allerdings verfügt die ABC AG noch über einen Verlustvortrag in Höhe von 2 Mio. €. Damit den Aktionären wie in den vergangenen Jahren wieder eine Dividende in Höhe von 2 € je Aktie ausgeschüttet werden kann, muss der Bilanzgewinn 40 Mio. € betragen. Um einen Bilanz‐ gewinn in Höhe von 40 Mio. € auszuweisen, entnimmt der Vorstand aus den Gewinnrücklagen 8 Mio. € und aus den Kapitalrücklagen noch weitere 4 Mio. €. Der Bilanzgewinn in Höhe von 40 Mio. € wird wie folgt ermittelt: Jahresüberschuss 30 Mio. € ‐ Verlustvortrag ‐ 2 Mio. € + Entnahme aus der Gewinnrücklage + 8 Mio. € + Entnahme aus der Kapitalrücklage + 4 Mio. € ‐ Einstellung in die Gewinnrücklage 0 € = Bilanzgewinn 40 Mio. € Der Bilanzgewinn der ABC AG in Höhe von 40 Mio. € liegt deutlich über dem Jahresüberschuss in Höhe von 30 Mio. €. Der Vorstand kann aufgrund der Entnahmen aus den offenen Rücklagen auf der Hauptversammlung einen Bilanzgewinn in Höhe von 40 Mio. € vorweisen. Auf der Hauptver‐ sammlung entscheiden die Aktionäre über die Verwendung des Bilanzgewinns. In der Regel erhal‐ ten die Aktionäre den Bilanzgewinn als Dividende. Übungsaufgaben 3.3, 3.4, 3.5 und 3.6 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 30 RWE: Geschäftsbericht 2013, 2014. <?page no="56"?> 3.12 Ausgewählte Posten des Fremdkapitals 57 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Stille Rücklagen (stille Reserven) 3.11.3 Stille Rücklagen (Reserven) sind Rücklagen, die aus der Bilanz nicht ersichtlich sind. Sie kön‐ nen als Zwangs-, Ermessens- und Willkürreserven vorkommen. Zwangsreserven entstehen durch gesetzliche Bilanzierungs‐ und Bewertungsvorschriften (z. B. darf ein Vermögensgegenstand bei einem höheren Marktwert nicht über den Anschaf‐ fungs‐ oder Herstellungskosten bewertet werden). Ermessensreserven resultieren aus der Ausübung von Wahlrechten (z. B. Nichtaktivierung von Entwicklungskosten). Unzulässig sind Willkürreserven. Sie basieren auf Verstößen gegen Bilanzierungs‐ und Bewertungsnormen (z. B. Ansatz von Vermögensgegenständen mit Werten, die unter den zulässigen handelsrechtlichen Wertuntergrenzen liegen, oder Bildung unzulässig hoher Rückstellungen). Stille Reserven stellen den positiven Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlichen Wert eines Vermögensgegenstandes und seinem Bilanzwert dar. Sie entstehen durch Unterbewertung von Aktivposten und Überbewertung von Passivposten. Beispiele für stille Reserven a) Ein Unternehmer hat vor zehn Jahren ein unbebautes Grundstück gekauft. Die Anschaffungs‐ kosten betrugen 20.000 €. Heute hat das Grundstück infolge von Preissteigerungen einen Wert von 50.000 €. In der Bilanz darf das Grundstück nur mit den Anschaffungskosten von 20.000 € angesetzt werden. Die zwangsläufig gebildete stille Reserve beträgt 30.000 €. b) Ein Unternehmen entscheidet sich für die Nichtaktivierung der selbstgeschaffenen immate‐ riellen Vermögenswerte oder der Nichtaktivierung von geringwertigen Wirtschaftsgütern. c) Ein Unternehmen wählt bei kontinuierlich steigenden Preisen für die Rohstoffe als Bewer‐ tungsmethode das Lifo‐Verfahren. Dies bedeutet, dass die Bestände der vorhandenen Roh‐ stoffe mit den ältesten, d. h. den niedrigeren Einkaufspreisen bewertet werden. Dadurch ent‐ stehen stille Reserven, da der tatsächliche Wert der Rohstoffe höher ist als die Rohstoffe in der Bilanz ausgewiesen sind. 3.12 Ausgewählte Posten des Fremdkapitals Schulden stellen Fremdkapital dar. Das Fremdkapital wird von Dritten zur Verfügung gestellt. Diese haben Ansprüche auf Zahlungen jedoch ohne Beteiligungsrechte (z. B. Banken, Lieferanten, Inhaber von Anleihen). Das Fremdkapital setzt sich aus Rückstellungen und Verbindlichkeiten zusammen. Rückstellungen 3.12.1 Rückstellungen sind Verpflichtungen eines Unternehmens, die am Abschlussstichtag zwar dem Grunde nach, aber hinsichtlich der Höhe und/ oder des Fälligkeitszeitpunkts, noch nicht genau feststehen. Sie dienen der periodengerechten Erfolgsermittlung des Jahresabschlusses und stel‐ len spätere Ausgaben dar, die bereits am Abschlussstichtag als Aufwand erfasst werden. Grundsätzlich lassen sich Rückstellungen in zwei Arten unterscheiden. Rückstellungen aufgrund von Außenverpflichtungen und Rückstellungen aufgrund von Innenverpflichtungen. <?page no="57"?> 58 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 3.12.1.1 Rückstellungsarten Verbindlichkeitsrückstellungen: Es besteht eine rechtliche oder faktische Außenverpflichtung, d. h. eine Inanspruchnahme ist wahrscheinlich und die rechtliche Entstehung bzw. wirtschaftliche Verursachung lag vor dem Bilanzstichtag (§ 249 Abs. 1 Satz 1, 2 und Nr. 2 HGB). Hierbei handelt es sich beispielsweise um Pensions‐, Steuer‐, Prozesskosten‐, Kulanz‐, Drohverlust‐ oder Garantierückstellungen. − Drohverlustrückstellungen: Antizipation von Verlusten aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB; steuerlich nicht zulässig). Voraussetzungen wie bei Verbindlich‐ keitsrückstellung. − Kulanzrückstellungen: Sie sind zu bilden, wenn ein Unternehmen über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus freiwillig Gewährleistungen übernimmt. Aufwandsrückstellungen: Hierbei handelt es sich um eine Innenverpflichtung, d. h. es be‐ steht eine Schuld gegenüber sich selbst, welche als Aufwandsrückstellung bezeichnet wird. Hier hat der Gesetzgeber in § 249 Abs. 1 Nr. 1 HGB eine abschließende Vorschrift erlassen, für welche Arten der Innenverpflichtung Rückstellungen gebildet werden dürfen, z. B. für unter‐ lassene Instandhaltung, die innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt wird, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wird. In Abbildung 3.8 werden die Rückstellungen anhand ihres Verpflichtungscharakters systematisiert. Abb. 3.8: Systematisierung der Rückstellungen nach Verpflichtungscharakter 31 31 Vgl. Coenenberg, A. G. et al.: Einführung in das Rechnungswesen, 2014, S. 423 und Baetge, J. et al.: Bilanzen, 2012, S. 420. Rückstellungsarten Verbindlichkeitsrückstellungen Aufwandsrückstellungen Verpflichtung gegenüber Dritten oder dem Staat - Außenverpflichtung - Verpflichtung gegen sich selbst - Innenverpflichtung - Bildung auf Basis der Abgrenzungsgrundsätze rechtliche Verpflichtung wirtschaftliche Verpflichtung ungewisse Ver‐ bindlichkeiten, z. B. Rückstellungen für: Pensionen Steuern Garantien Prozesse Urlaub etc. drohende Verluste aus schwebenden Geschäften Kulanzrückstellun‐ gen (für Gewährleis‐ tungen ohne recht‐ liche Verpflichtun‐ gen) Rückstellungen für unter‐ lassene Instandhaltungen, die innerhalb der folgen‐ den 3 Monate des neuen Geschäftsjahres nach‐ geholt werden. Rückstellungen für Ab‐ raumbeseitigungen, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden. <?page no="58"?> 3.12 Ausgewählte Posten des Fremdkapitals 59 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 3.12.1.2 Ausweis der Rückstellungen in der Handelsbilanz In dem § 264a HGB ist der bilanzielle Ausweis der Rückstellungen für Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personengesellschaften (KapCoRiLiG, z. B. GmbH & Co. KG) geregelt. Dem‐ nach müssen die Rückstellungen nach § 266 Abs. 3 HGB in drei Unterposten ausgewiesen werden: Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen, Steuerrückstellungen und sonstige Rückstellungen. Auf den Posten der sonstigen Rückstellungen muss gemäß § 285 Nr. 12 HGB im Anhang näher eingegangen werden, soweit diese einen nicht unerheblichen Umfang haben. Kleine Kapital‐ gesellschaften und Kleinstkapitalgesellschaften können gemäß § 266 Abs. 1 Satz 3 HGB alle Rückstellungen unter einem Posten ausweisen und müssen diese auch nicht näher erläutern. 3.12.1.3 Beispiele: Häufige rückstellungspflichtige Sachverhalte Pensionsrückstellungen − Dies sind Rückstellungen für unmittelbare Versorgungsleistungen (Alters‐, Invaliden‐ und Hinterbliebenenversorgung) gegenüber versorgungsberechtigten Arbeitnehmern. Pensi‐ onsverpflichtungen entstehen, wenn ein Unternehmen seinen Arbeitnehmern bzw. ande‐ ren Personen die Zusage auf einmalige (Kapitalzusage) oder wiederkehrende Geld‐ oder Sachleistungen (Rentenzusage) gibt, die ihnen nach Beendigung der Erwerbstätigkeit ge‐ währt werden. Im Regelfall erfolgt die Rentenzahlung lebenslänglich bis zum Tode des Empfängers, sie kann aber auch befristet sein. Diese Rückstellungen können ebenso als Leistungen für die Versorgung bei Invalidität oder Hinterbliebenen angesehen werden, hauptsächlich beschränken sie sich aber auf die Altersversorgung. 32 Steuerrückstellungen − Die Höhe der Steuerrückstellung ergibt sich aus der Differenz zwischen der voraussicht‐ lichen Jahressteuerschuld und den bis zum Abschlussstichtag schon geleisteten Voraus‐ zahlungen. 33 Zu den sonstigen Rückstellungen gehören beispielsweise: − Gratifikationen (Tantiemen, Gewinnbeteiligungen): Diese sind rückstellungspflichtig, sofern vor dem Abschlussstichtag den Arbeitnehmern eine Erfolgsprämie zugesagt wurde. Die Erfolgsprämie ist z. B. an den Jahresüberschuss oder das EBIT geknüpft. − Urlaub: Häufig ist es nicht möglich, dass die Arbeitnehmer ihren Urlaub im laufenden Geschäftsjahr in Anspruch nehmen. Für die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gewäh‐ rung von bezahltem Alturlaub im folgenden Geschäftsjahr ist eine Rückstellung zu bil‐ den, da dem für diese Zeit gezahlten Gehalt keine Arbeitsleistung seitens des Arbeit‐ nehmers gegenübersteht. Die Urlaubsrückstellungen sind in Höhe der zu zahlenden Lohn‐ und Gehaltsanteile einschließlich Sozialabgaben, Nebenverpflichtungen (Urlaubs‐ und Weihnachtsgeld, Altersversorgung etc.) zu bilden. − Überstunden: Für diese Mehrstunden, die erst im folgenden Geschäftsjahr entweder ab‐ gebaut oder ausbezahlt werden, sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Diese Rückstellungen sind genauso zu bewerten wie die Urlaubsrückstellungen. − Berufsgenossenschaftsbeiträge: Für Unternehmen besteht gesetzlich die Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft. Die Jahresbeiträge bemessen sich nach 32 Vgl. § 1 Abs. 1 BetrAVG. 33 Bitz, M. et al.: Der Jahresabschluss, 2011, S. 450. <?page no="59"?> 60 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt den Jahresbruttoentgelten, die erst nach dem Abschlussstichtag feststehen und erst dann an den Versicherungsträger gemeldet werden können. Die Beiträge sind regelmäßig im Mai des folgenden Geschäftsjahres fällig. Die Rückstellung ist in Höhe der für das abgelau‐ fene Geschäftsjahr zu leistenden Beiträge zu bilden. − Jubiläumsaufwendungen: Handelsrechtlich sind für sämtliche rechtsverbindlich zuge‐ sagten Leistungen des Arbeitgebers anlässlich von Dienstjubiläen der Arbeitnehmer Rückstellungen zu bilden. Dadurch wird der Aufwand für die Jubiläumsgeldzahlungen in die Jahre verlagert, in denen er wirtschaftlich verursacht wurde, d. h. in denen der Arbeit‐ nehmer seine Arbeitsleistung erbracht hat. Die Jubiläumsgeldzahlung ist quasi ein nach‐ trägliches Entgelt für geleistete Arbeit. − Freistellung und Ausscheiden von Mitarbeitern: Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeit‐ nehmer vor dem Abschlussstichtag die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so können hieraus rückstellungspflichtige Sachverhalte resultieren. Eine im Folgejahr fällige Abfindung ist zurückzustellen. Wird ein Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit im neuen Jahr bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt, so ist zum anderen für sämtliche auf diesen Zeitraum entfallenden Personalkosten (Lohn und Gehalt, Sozialversicherungsanteil des Arbeitgebers, anteiliges Urlaubs‐ und Weihnachtsgeld etc.) eine Rückstellung zu bilden. − Gewährleistung: Beruht eine Garantieleistung auf einer verbindlichen Zusage gegen‐ über dem Kunden, so liegt eine rückstellungspflichtige Verpflichtung vor. − Kulanz: Kulanzrückstellungen sind gemäß § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB zu bilden für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtungen erbracht werden. − Prozessrisiko und Prozesskosten: Eine Rückstellung, bei der die tatsächliche Inan‐ spruchnahme in der Regel ungewiss ist. Ihre Bildung steht nicht im Ermessen des Kauf‐ manns. Muss er nach den Verhältnissen am Abschlussstichtag damit rechnen, dass ein Kunde gegen ihn Schadensersatzansprüche geltend machen wird, so muss er eine Rück‐ stellung bilden. − Buchführung und Jahresabschluss: Der Jahresabschluss wird im Folgejahr aufgestellt und geprüft. Wegen der gesetzlichen Verpflichtung liegen hier der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten vor, die zurückzustellen sind. Hierzu gehören die Kosten der Inventur‐ durchführung, die eigentlichen Abschlussarbeiten, Kosten des Abschlussprüfers sowie die Kosten der Veröffentlichung beim elektronischen Bundesanzeiger. − Ausstehende Rechnungen: Rechnungen von Lieferanten für Wareneingänge vor dem Abschlussstichtag, die bis zum Buchungsschluss nicht vorliegen oder nicht mehr erfasst werden können, müssen entweder als Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen oder - sofern Ungewissheit bezüglich Eingang und/ oder Höhe besteht - als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeit bilanziert werden. − Abbruchkosten: Besteht eine vertragliche Verpflichtung zum Abbruch von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden, ist eine Rückstellung für die voraussichtlichen Abbruchkosten zu bilden. − Instandhaltungs- und Abraumbeseitigungsrückstellungen: Diese Aufwandsrückstel‐ lungen stellen eine Verpflichtung des Unternehmens gegen sich selbst dar. Handelsrecht‐ lich besteht eine Bilanzierungspflicht, sofern die unterlassene Instandhaltung im folgen‐ den Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten nachgeholt wird bzw. die Abraumbeseiti‐ gung im folgenden Geschäftsjahr vorgenommen wird (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB). Übungsaufgabe 3.7 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="60"?> 3.12 Ausgewählte Posten des Fremdkapitals 61 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Verbindlichkeiten 3.12.2 Verbindlichkeiten stellen sichere Verpflichtungen gegenüber Dritten dar, die sich vermögens‐ mindernd auswirken, d. h. sie stehen der Höhe und dem Grunde nach fest. 34 Sie sind das Gegen‐ stück zu den auf der Aktivseite ausgewiesenen Forderungen. Es besteht eine rechtliche oder fak‐ tische Außenverpflichtung gegenüber Dritten. Die rechtliche Entstehung oder wirtschaftliche Verursachung liegt vor dem Bilanzstichtag. Zusammen mit den Rückstellungen und dem passi‐ ven Rechnungsabgrenzungsposten bilden sie das Fremdkapital eines Unternehmens. Sie führen bei der bilanzierenden Einheit zu einer wirtschaftlichen Belastung. Zu den Verbindlichkeiten gehören beispielsweise: Anleihen, davon konvertibel: Es handelt sich hierbei um, vom Unternehmen auf dem Kapi‐ talmarkt aufgenommene langfristige verbriefte Kredite (Schuldverschreibungen), Genuss‐ scheine (sofern das Genussrechtskapital Fremdkapital darstellt) und konvertible Schuldver‐ schreibungen (z. B. Wandelanleihen und Optionsanleihen). Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten: Hierzu gehören sämtliche Verbindlichkei‐ ten gegenüber inländischen und ausländischen Banken, sonstigen Kreditinstituten, Sparkas‐ sen und Bausparkassen. Es wird nur der in Anspruch genommene Betrag, nicht die ein‐ geräumte Kreditlinie passiviert. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen: Solange das bilanzierende Unternehmen seine Leistung noch nicht erbracht hat, sind die erhaltenen Beträge eines Kunden in Form einer Teilzahlung oder der Zahlung des Gesamtbetrags unter den „erhaltenen Anzahlungen auf Bestellungen“ auszuweisen. Es besteht aber auch gemäß § 268 Abs. 5 Satz 2 HGB die Mög‐ lichkeit, die „erhaltenen Anzahlungen auf Bestellungen“ offen von den Vorräten abzusetzen. Die erhaltenen Anzahlungen dienen der Vorfinanzierung und bilden zugleich eine Sicher‐ heitsleistung. Beispiel: Erhaltene Anzahlungen Ein Bauunternehmen weist unter den unfertigen Erzeugnissen teilfertige Bauwerke in Höhe von 1.650.000 € aus. Aufgrund von Vorauszahlungsrechnungen hat das Bauunternehmen Anzahlun‐ gen in Höhe von 1.450.000 € erhalten, die es unter den Verbindlichkeiten ausweist. Jedoch hat das Bauunternehmen auch die Möglichkeit, die erhaltenen Anzahlungen mit den unfertigen Er‐ zeugnissen zu saldieren. Bei Anwendung dieses Ausweiswahlrechts würde das Bauunternehmen unter den „unfertigen Erzeugnissen“ nur 200.000 € ausweisen. Dies führt zu einer Verkürzung der Bilanzsumme. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen: Sie entstehen im Geschäftsverkehr mit Lieferanten als Verpflichtung zur Gegenleistung. Diese Verbindlichkeiten ergeben sich durch sogenannte Zielkäufe. Das bedeutet, dass der Lieferant seinen Abnehmern eine Zah‐ lungsfrist (z. B. durch Überweisungen) gewährleistet. Die Verbindlichkeiten aLuL werden mit dem Bruttobetrag, d. h. inklusive Umsatzsteuer ausgewiesen. Beispiel: Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Ein Automobilhersteller erhält von einem Lieferanten Rohmaterial im Wert von 100.000 € zzgl. 19 % USt. Die Zahlung erfolgt auf Rechnung mit einer Zahlungsfrist von 30 Tagen. In der Bilanz werden auf der Passivseite Verbindlichkeiten aLuL in Höhe von 119.000 € ausgewiesen. 34 Wulf, I. & Müller, S.: Bilanztraining - Jahresabschluss, Ansatz und Bewertung, 2013, S. 262. <?page no="61"?> 62 Schritt 3: Bilanz uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel: Unter diesem Posten sind sämtliche Schuldwechsel auszuweisen, die das Unter‐ nehmen einerseits als Bezogener akzeptiert hat (sogenannte Tratten) und andererseits die vom Unternehmen selbst ausgestellten Wechsel (Solawechsel). Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen: Gemäß § 271 Abs. 2 HGB sind „verbundene Unternehmen“ Unternehmen, die als Mutter‐ oder Tochterunternehmen in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens einbezogen werden müssen. Aus Transparenz‐ gründen sind sämtliche Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen gesondert auszuweisen. Beispiel: Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen Die Stein AG als Muttergesellschaft erhält Ende Dezember 01 Fertigerzeugnisse im Wert von brutto 11.900 € von der Tochtergesellschaft Kiesel GmbH. Wird die Rechnung erst im Jahr 02, also nach Bilanzstichtag, beglichen, muss die Stein AG in ihrer Bilanz zum 31.12.01 Verbindlich‐ keiten gegenüber verbundenen Unternehmen im Wert von 11.900 € ausweisen. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht: Auch hier werden aus Transparenzgründen alle Verbindlichkeiten gegenüber Unter‐ nehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, separat ausgewiesen. Sonstige Verbindlichkeiten: Zu diesem Sammelposten zählen alle bisher noch nicht auf gelisteten Verbindlichkeiten (gemäß § 266 Abs. 3 C. 1 bis 7 HGB). Sie umfassen insbesondere die beiden Unterposten „Verbindlichkeiten aus Steuern“ und „Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit“. Im erstgenannten Unterposten werden alle noch zu tätigenden Steuer‐ zahlungen erfasst. Der zweite Unterposten beinhaltet Sozialversicherungsbeiträge und Ver‐ bindlichkeiten für betriebliche Pensionen, soweit diese nicht in den Rückstellungen erfasst sind. Beispiele für sonstige Verbindlichkeiten sind die Lohnsteuer, Umsatzsteuer, einbehalte‐ ne - noch nicht abgeführte - Sozialabgaben, rückständige Löhne, Gehälter, Tantiemen, Steuer‐ schulden von Kapitalgesellschaften. 3.13 Passive Rechnungsabgrenzungsposten Sie dienen der periodengerechten Erfolgsermittlung. Passive Rechnungsabgrenzungsposten sind für Einzahlungen (Einnahmen) vor dem Abschlussstichtag zu bilden, die einen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (z. B. Miete, Pacht; § 250 Abs. 2 HGB). Beispiel: Mietvorauszahlung Ein Vermieter erhält für eine vermietete Immobilie im November 01 die Halbjahresmiete in Hö‐ he von 12.000 € für sechs Monate im Voraus. Die Mietzahlungen für die Monate November 01 und Dezember 01 betreffen das Abschlussjahr 01 in Höhe von 4.000 €. Dagegen entfallen 8.000 € für die Monate Januar 02, Februar 02, März 02 und April 02 auf das nächste Geschäftsjahr 02. Daher muss zum 31.12.01 ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von 8.000 € (4/ 6 von 12.000 €) gebildet werden. <?page no="62"?> 3.14 Passive latente Steuern 63 3.14 Passive latente Steuern Sie ergeben sich aus Bewertungsdifferenzen zwischen der Handels‐ und der Steuerbilanz. Wenn der spätere Abbau der Differenzen zu Steuerbelastungen führt, müssen diese Differenzen als passive latente Steuern bilanziert werden. Passive latente Steuern stellen Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt dar und sind daher als zukünftig zu bezahlende Steuern zu betrach‐ ten. Weitere Details siehe Kapitel 6 „Bilanzierung und Bewertung von latenten Steuern“. Übungsaufgabe 3.8 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="63"?> 64 Schritt 3: Bilanz Eigene Notizen <?page no="64"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung Lernziele In diesem Kapitel lernen Sie die Bilanzierung und Bewertung des Anlage‐ und Umlaufver‐ mögens kennen. Es werden die Ansatz‐ und Bewertungsvorschriften einzelner Bilanzpos‐ ten erläutert. Nach dem Studium dieses Kapitels sollten Sie in der Lage sein: die Voraussetzungen der Bilanzierungsfähigkeit zu kennen, zwischen Bilanzierungsgeboten, ‐verboten und ‐wahlrechten unterscheiden zu können, über die Vorschriften für die Aktivierung und Passivierung Auskunft zu geben, zu wissen, welche immateriellen Werte als Vermögensgegenstände erfasst werden, die Besonderheiten der bilanziellen Behandlung des materiellen und immateriellen Vermögens zu kennen und über die Zusammenhänge der Handels‐ und Steuerbilanz Bescheid zu wissen. 4.1 Definitionen Vermögensgegenstände Der Begriff „Vermögensgegenstand“ wird im Handelsrecht verwendet. Grundsätzlich haben Ver‐ mögensgegenstände folgende Eigenschaften: sie weisen einen wirtschaftlichen Wert auf oder haben einen längerfristigen greifbaren Nutzen, sie sind selbstständig bewertbar (das bedeutet, dass der konkrete Wert des Gegenstandes bestimmt werden kann) und sie sind selbstständig verkehrsfähig, was bedeutet, dass sie einzeln veräußerbar sind. Schulden Unter Schulden versteht man Verbindlichkeiten und Rückstellungen, die auf einer bestehenden oder hinreichend sicher erwarteten wirtschaftlichen Vermögensbelastung beruhen (z. B. ein lang‐ fristiges Darlehen, das zurückbezahlt werden muss). Eine zivil‐ oder öffentlich‐rechtliche Verpflichtung ist keine notwendige Voraussetzung einer bilanzrechtlichen Schuld, vielmehr sind auch rein wirtschaftliche Leistungsverpflichtungen (z. B. eine Kulanzrückstellung) zu passivieren. Außerdem muss eine Schuld selbstständig bewertbar sein, was bedeutet, dass sie isoliert betrachtet werden kann. Merke Es wird bei den Schulden unterschieden zwischen den: Verbindlichkeiten = sichere Schulden, d. h. es stehen der Grund, die Höhe und die Fäl‐ ligkeit der Verpflichtungen fest. Rückstellungen = unsichere Schulden, d. h. es steht zwar der Grund, aber die Höhe und/ oder die Fälligkeit der Verpflichtungen stehen noch nicht endgültig fest. <?page no="65"?> 66 Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Wirtschaftsgüter im Steuerrecht Im Steuerrecht werden die Begriffspaare Schulden und Vermögensgegenstände nicht verwendet, sie werden durch den Begriff Wirtschaftsgut ersetzt. Die im Steuerrecht existierenden positiven Wirtschaftsgüter sind nicht ganz identisch mit der Definition der Vermögensgegenstände im Handelsrecht. Negative Wirtschaftsgüter entsprechen hier den Schulden aus dem HGB. Ein Wirtschaftsgut ist durch drei Merkmale gekennzeichnet: Es sind Aufwendungen entstanden (BFH‐Urteil v. 13.08.1957, BStB1.III 1957, S. 350), die einen über das Wirtschaftsjahr hinausgehenden Nutzen versprechen (BFH‐Urteil vom 28.01.1954, BStB1.III 1954, S. 109). Das durch die Aufwendungen Geschaffene muss selbstständig bewertbar sein, d. h. ein Er‐ werber des gesamten Betriebes würde dafür im Rahmen des Gesamtkaufpreises ein besonde‐ res Entgelt ansetzen (BFH‐Urteil vom 15.04.1958, BStB1. III 1958, S. 260). Der Begriff des Wirtschaftsgutes geht über den des Vermögensgegenstandes hinaus. Er umfasst auch Güter, die nicht einzeln veräußerbar sind, aber dennoch bei einer Veräußerung des Unter‐ nehmens den Gesamtkaufpreis erhöhen. 4.2 Zurechnung zum Betriebsvermögen Vermögensgegenstände und Schulden, die der Privatsphäre eines Unternehmens zuzurechnen sind, dürfen nicht in der Bilanz aufgenommen werden. Somit besteht für das Privatvermögen ein Bilanzierungsverbot. Das bedeutet: Vermögensgegenstände und Schulden dürfen nur bilan‐ ziert werden, wenn sie zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehören. Für Gegenstände des notwendigen Betriebsvermögens besteht eine Bilanzierungspflicht. In bestimmten Grenzfällen besteht ein Wahlrecht, einen Vermögensgegenstand dem Privat‐ oder dem Betriebsvermögen zuzurechnen. Steuerrechtlich spricht man von gewillkürtem Betriebsvermögen. Die Unterscheidung zwischen Betriebsvermögen und Privatvermögen ist nur bei Einzelkaufleu‐ ten und Personengesellschaften sinnvoll, da juristische Personen (Kapitalgesellschaften) über kein Privatvermögen verfügen. Die Abgrenzung zwischen Betriebs‐ und Privatvermögen zeigt die folgende Abbildung: notwendiges Privatvermögen gewillkürtes Betriebsvermögen notwendiges Betriebsvermögen betriebliche Nutzung < 10 % betriebliche Nutzung 10 bis 50 % betriebliche Nutzung > 50 % - Nutzung bzw. Bestimmung ausschließlich oder nahezu nur für private Zwecke oder unentgeltliche Überlassung an einen Familienangehöri‐ gen - Gehören weder zum notwen‐ digen Privat‐ noch zum not‐ wendigen Betriebsvermögen. - Es besteht ein objektiver Zu‐ sammenhang zum Betrieb. - Ist bestimmt und geeignet, den Betrieb zu fördern. - Nutzung bzw. Bestimmung ausschließlich und unmit‐ telbar für eigenbetriebliche Zwecke. Abb. 4.1: Abgrenzung von Privat‐ und Betriebsvermögen <?page no="66"?> 4.3 Bilanzansatzregeln 67 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Vermögensgegenstände und Schulden sind nur zu bilanzieren, wenn sie zum Betriebsver‐ mögen gehören. 4.3 Bilanzansatzregeln In der Handelsbilanz werden Vermögensgegenstände, Eigenkapital, Schulden (Verbindlichkeiten, Rückstellungen), Rechnungsabgrenzungsposten und latente Steuern (nur bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften) ausgewiesen. Nach § 246 Abs. 1 HGB sind das Vermögen und die Schulden neben den Rechnungsabgrenzungs‐ posten vollständig zu erfassen. Des Weiteren gilt der Grundsatz der Ansatzstetigkeit (§ 246 Abs. 3 HGB). Unter Bilanzierungsfähigkeit versteht man die Eignung, als Aktivposten (Aktivierungs‐ fähigkeit) bzw. Passivposten (Passivierungsfähigkeit) in der Bilanz berücksichtigt zu werden. 35 Bevor über den Wertansatz von Vermögensgegenständen und Schulden in der Bilanz zu ent‐ scheiden ist, muss geklärt werden, ob diese bilanzierungsfähig sind. Abb. 4.2: Bilanzierungsfähigkeit 36 35 Coenenberg, A. G. et al.: Einführung in das Rechnungswesen, 2014, S. 337. 36 In Anlehnung an Coenenberg, A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2014, S. 78. B ilanzierungsfähigkeit Aktivierungsfähigkeit Passivierungsfähigkeit Aktivierbar sind Vermögensgegenstände; wenn sie selbstständig verwertbar (= einzeln verkehrsfähig) sind, einen wirtschaftlichen Vorteil (Nut‐ zen) haben und selbstständig bewertbar sind (es können die Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten ermittelt wer‐ den). Passivierbar sind sämtliche Schulden (= Oberbegriff für Verbindlichkeiten und Rückstellungen) und passive Rechnungsab‐ grenzungsposten. Dies sind: bestehende oder hinreichend sicher erwartete wirtschaftliche Belastungen des Vermögens, die auf rechtlichen oder wirtschaftlichen Leistungsverpflichtungen des Unter‐ nehmens beruhen und selbstständig bewertbar und quantifi‐ zierbar sind. <?page no="67"?> 68 Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Aktivierungsfähigkeit 4.3.1 In der Bilanz sind nur betriebliche Vorgänge darzustellen. Auch wenn Vermögensgegenstände vorhanden sind, folgt hieraus noch keine bilanzielle Ansatzpflicht. Eine Bilanzierung des privaten Einfamilienhauses eines Unternehmers scheidet aus. Nicht als Aktivposten in die Bilanz auf‐ genommen werden Gegenstände, die dem Bilanzierenden nicht zuzurechnen sind. Dabei ist nicht das juristische Eigentum, sondern die wirtschaftliche Verfügungsmacht (wirtschaftliches Eigen‐ tum) entscheidend. Wirtschaftlich betrachtet gehören dem Kaufmann auch nicht die Gegenstän‐ de seines rechtlichen Eigentums, sondern die Vermögensgegenstände, über die er in einem wirt‐ schaftlichen Sinne verfügen kann. Das Prinzip des wirtschaftlichen Eigentums führt u. a. zu folgenden Bilanzierungen: Unter Eigentumsvorbehalt verkaufte Gegenstände sind dem Käufer zuzurechnen, sobald der Käufer über den Vermögensgegenstand verfügt (gewöhnlich bei Übergabe). Bauten auf fremden Grundstücken gehören rechtlich dem Grundstückseigentümer; wirt‐ schaftlich sind sie dem Bauherrn zuzurechnen, da er die Bauten gewöhnlich innerhalb der gesamten Nutzungsdauer nutzen wird. Bei der Sicherungsübereignung wird das rechtliche Eigentum an einer Sache zur Sicherung einer Forderung des Sicherungsnehmers gegenüber dem Sicherungsgeber (Besitzer der Sache) auf den Sicherungsnehmer (z. B. ein Kreditinstitut) übertragen. Auch hier erfolgt eine vom bürgerlichen Recht abweichende Zurechnung und der Sicherungsgeber bilanziert die Sache als wirtschaftlicher Eigentümer, die er auch weiterhin nutzen kann (§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB). Der Bilanzansatz richtet sich nach dem folgenden Schema: Ablaufschema für Aktivierungspflicht 1. Erfüllung von Definitionen: Liegt ein Vermögensgegenstand, ein aktiver Rechnungs‐ abgrenzungsposten oder ein derivativer (entgeltlich erwor‐ bener) Geschäfts‐ oder Firmenwert vor? 2. wirtschaftliches Eigentum (§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB): Hat der Unternehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über diesen Posten? 3. Zugehörigkeit zum Betriebs‐ vermögen: Gehört der Posten zum Betriebsvermögen? Bei Erfüllung aller Kriterien: Grundsätzlich: Ansatzpflicht Ausnahmen: geltende Ansatzverbote oder Ansatzwahlrechte Abb. 4.3: Prüfung der Aktivierungspflicht 37 Alle Vermögensgegenstände sind prinzipiell in die Bilanz aufzunehmen (Grundsatz der Vollstän‐ digkeit). Gemäß § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB können selbst geschaffene, d. h. nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, wie beispielsweise Patente und Know‐how, in der HGB‐Bilanz aufgrund des Vollständigkeitsgebots (§ 246 Abs. 1 HGB) als Aktivposten der Bilanz aufgenommen werden. Jedoch besteht ein steuerrechtliches Ak‐ tivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG). Die in der Handelsbilanz aktivierten, selbst geschaffenen im‐ materiellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens unterliegen aufgrund des § 268 Abs. 8 Satz 1 HGB einer Ausschüttungssperre. Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert ist zu 37 Buchholz, R.: Grundzüge des Jahresabschlusses nach HGB und IFRS, 2013, S. 38. <?page no="68"?> 4.3 Bilanzansatzregeln 69 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt aktivieren (§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB) und planmäßig über seine Nutzungsdauer abzuschreiben (§ 285 Satz 1 Nr. 13 HGB). Kapitalgesellschaften haben die Nutzungsdauer zu schätzen. Falls die Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann, ist der Geschäfts‐ oder Firmenwert planmäßig über einen Zeitraum von zehn Jahren abzuschreiben (§ 253 Abs. 3 Satz 3 und 4 HGB). Das folgende Schaubild zeigt Ihnen einen Überblick über die Aktivierungsgebote, ‐verbote und ‐wahlrechte. Aktivierungsgrundsätze nach HGB Aktivierungsgebote Aktivierungsverbote sämtliche Vermögensgegen‐ stände (außer bei Verbot oder Wahlrecht) § 246 Abs. 1 HGB sämtliche aktive (transitori‐ sche) Rechnungsabgren‐ zungsposten (§§ 246 Abs. 1 i. V. m. 250 Abs. 1 Satz 1 HGB) derivativer (entgeltlich erworbener) Geschäfts‐ oder Firmenwert (§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB) [Kaufpreis eines Unterneh‐ mens - (Zeitwert der Ver‐ mögensgegenstände - Zeit‐ wert der Schulden)] Vermögensgegenstände, die nicht zum Betriebsvermögen gehören Vermögensgegenstände, die dem Bilanzierenden weder rechtlich noch nach wirtschaftlicher Betrachtung zuzu‐ rechnen sind Aufwendungen für die Gründung des Unternehmens (§ 248 Abs. 1 Nr. 1 HGB) Aufwendungen für die Beschaffung des Eigenkapitals (§ 248 Abs. 1 Nr. 2 HGB) Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungs‐ verträgen (§ 248 Abs. 1 Nr. 3 HGB) selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kun‐ denlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensge‐ genstände des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 Satz 2 HGB) selbst geschaffener („originärer“) Geschäfts‐ oder Firmen‐ wert (§ 248 Abs. 2 Satz 2 HGB) Rechnungsabgrenzungsverbot für als Aufwand berücksich‐ tigte Zölle, Verbrauchssteuern und Umsatzsteuer auf An‐ zahlungen, da nicht aktivierungsfähige Vertriebskosten (Aufhebung § 250 Abs. 1 Satz 2 HGB a. F.) Herstellungskosten, die auf die Forschungsphase entfallen sind (Aufhebung § 250 Abs. 1 Satz 2 HGB a. F.) Bilanzierungshilfen für Ingangsetzungs‐ und Erweite‐ rungsaufwendungen (Aufhebung § 269 HGB a. F.) Ansprüche und Pflichten aus beiderseits noch nicht erfüll‐ ten Verträgen, sogenannte schwebende Geschäfte (GoB) Aktivierungswahlrechte Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens können als Ak‐ tivposten in die Bilanz aufgenommen werden (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB) i. V. m. Ausschüttungs‐ sperre (§ 268 Abs. 8 Satz 1 HGB). Hierbei handelt es sich in der Regel um Entwicklungskosten. Geringwertige Wirtschaftsgüter bis 410 € netto. Diese können entweder sofort als Aufwand verbucht oder aktiviert und über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Ansatz eines Disagios bei Inanspruchnahme von Krediten (§ 250 Abs. 3 HGB) als aktiver RAP. Aktive latente Steuern (§ 274 Abs. 1 Satz 2 HGB) (Steuerwert > HGB‐Vermögenswert oder Steuer‐ wert < HGB‐Schulden). Es besteht eine Ausschüttungssperre (§ 268 Abs. 8 Satz 2 HGB). Abb. 4.4: Übersicht über die Aktivierungsgebote, ‐verbote und ‐wahlrechte nach HGB <?page no="69"?> 70 Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Bei einem Aktivierungswahlrecht wird mit der Aktivierung eines Vermögensgegenstandes der Gewinn erhöht, da der in den Aufwandskonten verbuchte Aufwand vermindert wird und dafür ein Zugang auf der Aktivseite der Bilanz stattfindet. Falls Sie einen möglichst ge‐ ringen Gewinn ausweisen möchten, sollten Sie auf die Aktivierungswahlrechte verzichten. Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände Für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besteht ein Aktivierungswahlrecht. Die angesetzten selbst geschaffenen Vermögensgegenstände sind mit den Herstellungskosten zu bewerten, die in der Entwicklungsphase angefallen sind (§ 255 Abs. 2a HGB). Das durch die Aktivierung ausgewiesene Mehrvermögen unterliegt gemäß § 268 Abs. 8 Satz 1 HGB einer Ausschüttungssperre. Die Ausübung dieses Aktivierungswahlrechts führt au‐ ßerdem zur Bildung von passiven latenten Steuern. Ausgenommen von einer Aktivierung sind nicht entgeltlich erworbene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 HGB). Abgrenzung zwischen der Forschungs- und der Entwicklungsphase Aktiviert werden dürfen nur die bei der Entwicklung der immateriellen Vermögensgegenstände anfallenden Herstellungskosten (§ 255 Abs. 2a Satz 1 HGB). Demgegenüber dürfen Forschungs‐ kosten nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden. Die maßgebliche Frage der Abgren‐ zung zwischen nicht aktivierungsfähiger Forschung und aktivierungsfähiger Entwicklung wird in § 255 Abs. 2a HGB geregelt. Forschung = die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Ver‐ wertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können. Entwicklung = Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern und Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern und Ver‐ fahren mittels wesentlicher Änderung. Hier besteht ein erheblicher Ermessensspielraum, denn eine Aktivierung ist nicht möglich, wenn: der Zeitpunkt des Übergangs von der Forschungs‐ zu der Entwicklungsphase nicht hinrei‐ chend nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden kann, oder eine Abgrenzung zwischen Forschungs‐ und Entwicklungsphase aus anderen Gründen nicht möglich ist. Praxisbeispiele für Forschungs‐ und Entwicklungskosten Es bestehen große branchenspezifische Unterschiede z. B. zwischen: - Maschinenbau‐ und Automobilbranche (i. d. R. frühe Aktivierung möglich), - Pharmaindustrie (Besteht eine wirtschaftliche Verwertbarkeit? Es wird zuerst eine behörd‐ liche Zulassung zum Handel benötigt, bevor eine Aktivierung erfolgen kann.) und - Softwareindustrie (Forschung und Entwicklung verläuft nicht sequenziell, sondern itera‐ tiv Trennung kaum möglich, d. h. innerhalb der Branche werden die Entwicklungsauf‐ wendungen nicht einheitlich und zu unterschiedlichen Zeitpunkten aktiviert). Typische Anwendungsfälle, die branchenunabhängig sind: ‐ Selbst erstellte Patente und selbst erstellte Software (z. B. Einführung neuer ERP‐Soft‐ ware, Entwicklung einer Internetpräsenz). <?page no="70"?> 4.3 Bilanzansatzregeln 71 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Besonderheiten bei den Entwicklungskosten Die Erträge aus der Aktivierung von Entwicklungskosten sind ausschüttungsgesperrt (§ 268 Abs. 8 HGB). Es besteht ein steuerliches Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG) in der Steuerbilanz. Falls die Entwicklungskosten in der Handelsbilanz aktiviert werden, müssen passive latente Steuern bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften i. S. d. § 264a Abs. 1 HGB gebil‐ det werden. Im Anhang muss zum einen der Gesamtbetrag der F&E‐Kosten und zum anderen der Betrag der aktivierten selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 285 Nr. 22 HGB) angegeben werden. Ausweis als eigener Bilanzposten unter den „immateriellen Vermögensgegenständen“. Falls die Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens nicht verlässlich geschätzt werden kann, sind die Herstellungskosten plan‐ mäßig über einen Zeitraum von zehn Jahren abzuschreiben (§ 253 Abs. 3 Satz 2 HGB). Gesetzliche Ausschüttungssperren Aufgrund der gesetzlichen Ausschüttungssperre dürfen bestimmte Teile des Jahresergebnisses von Kapitalgesellschaften nicht ohne Weiteres an die Anteilseigner ausgeschüttet bzw. an ein herrschendes Unternehmen im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages überwiesen werden. Bei der Ergebnisverwendung dürfen keine Teile des Jahresergebnisses an die Anteilseigner flie‐ ßen, die von der Gewinnausschüttung gemäß § 268 Abs. 8 HGB ausgeschlossen sind: Satz 1: Aktivierte, selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermö‐ gens bei Inanspruchnahme des Aktivierungswahlrechts nach § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB, abzüg‐ lich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern Satz 2: Positiver Saldo der aktiven latenten Steuern abzüglich passiver latenter Steuern bei Inanspruchnahme des Ansatzwahlrechts gemäß § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB und Satz 3: Positive Differenzen zwischen der Fair‐Value‐Bewertung und den Anschaffungskosten bei verrechnetem Planvermögen gemäß § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB, abzüglich der hierfür gebil‐ deten passiven latenten Steuern. Gemäß § 272 Abs. 5 HGB besteht außerdem eine Ausschüttungssperre für: Beteiligungserträge aus einer Beteiligung an einer GmbH (& Co.), falls der in der GuV erfasste Beteiligungsertrag den Betrag übersteigt, der bei der Gesellschaft als Dividende oder Gewinnanteil „eingegangen“ ist bzw. auf dessen Zahlung sie Anspruch hat, so ist danach der Unterschiedsbetrag in eine Rücklage (Gewinnrücklage) einzustellen, die nicht ausgeschüttet werden darf. Die Rücklage ist wieder aufzulösen, sofern die Beteiligungserträge zugeflossen sind oder ein Anspruch auf Zahlung entstanden ist. Den maximal ausschüttbaren bzw. maximal abführbaren Gewinn können Sie wie folgt ermitteln: Jahresüberschuss/ ‐fehlbetrag gemäß Gewinn‐ und Verlustrechnung + frei verfügbare Rücklagen ‐ pflichtmäßige Rücklageneinstellungen aus dem Ergebnis + Gewinnvortrag ‐ Verlustvortrag = maximale Ausschüttung ohne Ausschüttungssperre <?page no="71"?> 72 Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt ‐ Sperrbetrag aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und die ‐ hierfür gebildete passive latente Steuern ‐ Sperrbetrag aus der Zeitwertbewertung des Deckungsvermögens und die ‐ hierfür gebildete passive latente Steuern ‐ Sperrbetrag aus der Aktivierung latenter Steuern ‐ übrige passive latente Steuern = maximale Ausschüttung bei einer Ausschüttungssperre Abb. 4.5: Ermittlung des maximal ausschüttbaren Betrags Disagio Ein Disagio (auch als Damnum oder Abgeld bezeichnet) liegt vor, wenn ein Abschlag vom Aus‐ gangsbetrag (Nennwert), z. B. bei der Gewährung eines Kredites oder bei der Ausgabe von Wert‐ papieren, einbehalten wird. Dies bedeutet, dass bei einem aufgenommenen Kredit der Auszah‐ lungsbetrag geringer ist als der Rückzahlungsbetrag. Ein Abschlag von 4 % bei einem Kredit bedeutet, dass von dem Kredit nur 96 % an den Kredit‐ nehmer ausbezahlt werden. Der Kreditnehmer muss aber 100 % der Kreditsumme bis zum Lauf‐ zeitende zurückbezahlen. Die Verbuchung des Disagios ist im Handelsrecht in § 250 Abs. 3 HGB geregelt. Die bilanzieren‐ den Unternehmen haben gemäß § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB beim Disagio ein Aktivierungswahl‐ recht. Zum Zeitpunkt der Kreditgewährung kann das Disagio entweder: sofort in voller Höhe als Aufwand verbucht werden oder ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden, der über die Laufzeit planmäßig aufgelöst wird. Bei einem Fälligkeitsdarlehen wird das Disagio gleichmäßig auf die Kredit‐ laufzeit verrechnet. Im Falle eines Tilgungsdarlehens (Annuitäten oder Ratendarlehen) wird das Disagio mithilfe der Zinsstaffelmethode auf die Laufzeit des Kredits verteilt. Beispiel: Aktivierung eines Disagios als Rechnungsabgrenzungsposten Ein Unternehmen nimmt am 01.04.01 bei einer Bank einen endfälligen Kredit mit einer Laufzeit von vier Jahren (bis 31.03.05) in Höhe von 1.000 T€ auf. Dem Unternehmen werden 960 T€ aus‐ bezahlt. Der Zinssatz für den Kredit beträgt 8 %. Das Unternehmen entschließt sich das Diasagio in Höhe von 40 T€ als Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren. Das Disagio muss über die Laufzeit verteilt, d. h. abgeschrieben werden. Im Jahr 01 beträgt die Abschreibung [(40 T€ : 4 J.) x (3/ 12) =] 7,5 T€/ Jahr, da es monatsgenau, d. h. für 9 Monate (April bis Dezember) abgeschrieben wird. In den Jahren 02 bis 04 beläuft sich die jährliche Abschrei‐ bung auf (40 T€ : 4 Jahre =) 10 T€/ Jahr. Die Zinsen werden im Jahr 01 für 9 Monate, in den Jah‐ ren 02 bis 04 für 12 Monate und im Jahr 05 für 3 Monate bezahlt. Die Zahlungsreihe für das Darlehen aus Sicht des Unternehmens, sieht wie folgt aus: Jahr 01 02 03 04 05 Darlehensauszahlung 960 T€ Abschreibungen des Darlehens ‐7,5 T€ ‐10 T€ ‐10 T€ ‐10 T€ ‐2,5 T€ Zinsaufwendungen ‐60 T€ ‐80 T€ ‐80 T€ ‐80 T€ ‐20 T€ Tilgung ‐1.000 T€ <?page no="72"?> 4.3 Bilanzansatzregeln 73 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Passivierungsfähigkeit 4.3.2 Passivierungsfähig sind Schulden, wenn sie folgende Merkmale erfüllen: das Vorliegen einer wirtschaftlichen Belastung des Vermögens, das Vorhandensein einer rechtlichen oder wirtschaftlichen Leistungsverpflichtung und die selbstständige Bewertung und Quantifizierbarkeit der Leistungsverpflichtung. Erfüllt ein Posten diese Merkmale, so muss das - analog zum Vermögensgegenstand - noch nicht bedeuten, dass er tatsächlich in die Bilanz aufgenommen wird. Zum einen können gesetzlich kodifizierte Verbote dagegen sprechen. Zum anderen kann der Bilanzierende von Wahlrechten Gebrauch machen und darauf verzichten, den Posten in die Bilanz aufzunehmen. Passivierungsgrundsätze Passivierungsgrundsätze bestimmen den Umfang der Schulden und den Zeitpunkt, ab wann eine Schuld anzusetzen ist. Der Umfang der Schulden beschränkt sich nicht auf rechtlich einklagbare Verpflichtungen. Es gilt die wirtschaftliche Betrachtungsweise, nach der auch faktische und rein sittliche Verpflichtungen anzusetzen sind. Beispiel Gewährleistungen, für die keine rechtlichen Verpflichtungen bestehen, müssen trotzdem als Schuld berücksichtigt werden, wenn sich der Kaufmann - um einen schädigenden Ruf der Unter‐ nehmung zu vermeiden - der Verpflichtung faktisch nicht entziehen kann. Nach dem Prinzip des faktischen Leistungszwangs müssen auch passiviert werden: faktische Umweltverpflichtungen (ohne vorliegende Behördenauflagen); Gewohnheitsaufwendungen an die Belegschaft, ohne dass ein Rechtsgrund besteht. Passiviert werden generell nur künftige Ausgaben. Damit künftige Ausgaben als Schuld in ei‐ ner Bilanz angesetzt werden können, müssen sie im abgelaufenen Geschäftsjahr wirtschaftlich verursacht worden sein. Das bestimmt das Realisationsprinzip. Voraussetzung für eine Passivierung künftiger Ausgaben ist damit die Zugehörigkeit der künftigen Ausgaben zu bereits realisierten Erträgen. Beispiel Bei einem realisierten Umsatzgeschäft wird eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren ein‐ geräumt. Der Bilanzierende muss den Umsatz aus diesem Geschäft, und auch die voraussicht‐ lichen Garantieausgaben der nächsten zwei Jahre, schon bei Garantiebeginn als Aufwand gegen‐ überstellen. Der Buchungssatz lautet: Aufwandskonto an Rückstellungskonto. Es handelt sich um eine Rückstellung (= ungewisse Verbindlichkeit), weil die Höhe und/ oder der Fälligkeitszeitpunkt der künftigen Garantieausgaben zum Zeitpunkt des Umsatzausweises noch unbekannt sind. Nach dem Vollständigkeitsgrundsatz sind sämtliche Schulden zu passivieren, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. <?page no="73"?> 74 Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Passivierungsgrundsätze nach HGB Passivierungsgebote Passivierungsverbote sämtliche Schulden, außer es besteht ein Wahlrecht (§ 246 Abs. 1 HGB) sämtliche passivische (transitorische) Rechnungsabgrenzungsposten (§ 250 Abs. 2 HGB) Rückstellungen für ungewisse Verbindlich‐ keiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) Rückstellungen für im Geschäftsjahr unter‐ lassene Aufwendungen für Instandhaltung (Nachholfrist 3 Monate) (§ 249 Abs. 1 Nr. 1 HGB) Rückstellungen für im Geschäftsjahr unter‐ lassene Aufwendungen für Abraumbeseiti‐ gung (Nachholfrist 1 Jahr) (§ 249 Abs. 1 Nr. 1 HGB) Kulanzrückstellungen (§ 249 Abs. 1 Nr. 2 HGB) passive latente Steuern (§ 274 Abs. 1 HGB) (Steuerwert < HGB‐Vermögenswert oder Steuerwert > HGB‐Schulden) Zuführung zu den Rückstellungen für lau‐ fende Pensionen oder Anwartschaften auf Pensionen aufgrund der Änderung der Bewertungsregeln verpflichtend in Jahres‐ raten i. H. v. mindestens 1/ 15 des gesamten Zuführungsbetrages in jedem Geschäftsjahr bis spätestens 31.12.2024 (erstmals seit 2010) (Art. 67 Abs. 1 u. 2 EGHGB) Schulden, die nicht zum Betriebsvermögen gehören Rückstellungen für andere als in § 249 Abs. 1 HGB bezeichnete Zwecke (§ 249 Abs. 2 Satz 1 HGB) sonstige Aufwandsrückstellungen gene‐ rell, Ausnahme: Passivierungspflicht für Instandhaltungsrückstellungen bei Nach‐ holung innerhalb von drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres und für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wird Aufwendungen für unterlassene Instand‐ haltungen nach Ablauf der Dreimonatsfrist (Aufhebung § 249 Abs. 1 Satz 3 HGB a. F.) Sonderposten mit Rücklageanteil Auf‐ hebung (§ 247 Abs. 3 a. F. und § 273 HGB a. F.) Passivierungswahlrechte Pensionsverpflichtungen aus Altzusagen: Gemäß Artikel 28 Abs. 1 Satz 1 EGHGB muss eine Pensionsrückstellung dann nicht gebildet werden, wenn der Pensionsanspruch vor dem 01.01.1987 erworben wurde. Unterdeckungen bei mittelbaren Verpflichtungen gemäß Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB. Hier‐ bei handelt es sich hauptsächlich um Unterdeckungen bei Unterstützungskassen. Abb. 4.6: Übersicht über Passivierungsgebote, ‐verbote und ‐wahlrechte Saldierung von Vermögen und Schulden 4.3.3 Es besteht ein generelles Saldierungsverbot. Jedoch sind gemäß § 246 Abs. 2 HGB „Vermögens‐ gegenstände, die ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtun‐ gen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, nicht auf der Aktivseite der Bilanz anzusetzen, sondern mit diesen Schulden zu verrechnen. Vermögensgegenstände dienen <?page no="74"?> 4.4 Zusammenhang zwischen Handels‐ und Steuerbilanz 75 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt ausschließlich der Erfüllung von Schulden, wenn sie der Verfügung durch den Kaufmann und dem Zugriff aller Gläubiger entzogen und nur zur Erfüllung der Schulden verwertet werden kön‐ nen.“ Übersteigt der beizulegende Zeitwert der Vermögensgegenstände den Betrag der Schulden, ist der übersteigende Betrag unter einem gesonderten Posten zu aktivieren (§ 246 Abs. 2 HGB). Der Anwendungsbereich des § 246 Abs. 2 HGB zielt auf die international übliche Saldierung von ausgegliedertem Planvermögen mit Pensionsverpflichtungen, ohne jedoch auf diesen Anwen‐ dungsbereich beschränkt zu sein. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) nennt als weitere Bei‐ spiele: Altersteilzeitvereinbarungen oder Wertguthaben aus Lebensarbeitszeitkonten. 4.4 Zusammenhang zwischen Handels- und Steuerbilanz Kaufleute, die nach dem HGB buchführungspflichtig sind, müssen nicht nur eine Handelsbilanz, sondern auch eine Steuerbilanz erstellen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist das steuerrechtliche Betriebsvermögen nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen. Da die Handelsbilanz insoweit für die Steuerbilanz maßgeblich ist, wird von der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz gesprochen. Im Vergleich zum Handelsrecht verwendet das Steuerrecht anstatt der Begriffe „Vermögens‐ gegenstand“ und „Schuld“, die Begriffe „positives Wirtschaftsgut“ und „negatives Wirtschaftsgut“. Abb. 4.7: Unterschied zwischen Steuer‐ und Handelsbilanz Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) bewirkt, dass handelsrechtliche Bilanzansatzgebote und Bewertungsgebote auch in der Steuerbilanz zwingend zu beachten sind, soweit nicht spezifische steuerrechtliche Bestim‐ mungen dem Ansatz oder der Bewertung entgegenstehen. Das Maßgeblichkeitsprinzip gilt nicht für handelsrechtliche Bilanzierungswahlrechte. In der Steuerbilanz stehen finanzielle Ziele im Vordergrund. Es besteht nur eine grundsätzliche steuer‐ liche Bindung an handelsrechtliche Bilanzierungspflichten: Bilanzen Handelsbilanz Steuerbilanz Ausschüttungsbemessungsfunktion Ausschüttungsbemessungsfunktion Personen‐ gesellschaft: Entnahme Gesellschafter Kapitalgesell‐ schaft: Ausschüttung Anteilseigner Personen‐ gesellschaft: Einkommen‐ steuer (ESt) Kapitalgesell‐ schaft: Körperschafts‐ steuer (KSt) <?page no="75"?> 76 Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Handelsrechtliche Aktivierungsgebote und -wahlrechte führen i. d. R. in der Steuerbilanz grundsätzlich zu einer Aktivierungspflicht. Ausnahme: Die steuerliche Aktivierung ist z. B. bei § 248 Abs. 2 HGB (z. B. selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens können als Aktivposten in der Bilanz aufgenommen werden) in Verbindung mit § 5 Abs. 2 EStG ausgeschlossen. Handelsrechtliche Aktivierungsgebote führen zu steuerlichen Aktivierungsgeboten. Handelsrechtliche Passivierungsverbote und ‐wahlrechte führen in der Steuerbilanz zu einem Passivierungsverbot. Handelsrechtliche Passivierungsgebote führen zu steuerlichen Passivierungsgeboten. Welche Logik steht hinter der Steuerbilanz? Aktivierte Leistungen gehen nicht (sofort und in voller Höhe) als Aufwand in die GuV und er‐ höhen damit den zu versteuernden Gewinn. Ebenso mindern Rückstellungen den in der GuV ausgewiesenen Gewinn und sind daher - aus fiskalischer Sicht - unerwünscht. Jedoch wird der Grundsatz der Maßgeblichkeit dann durchbrochen, wenn handelsrechtlich gülti‐ ge Wertansätze gegen zwingende steuerrechtliche Normen (§ 5 Abs. 6 EStG) verstoßen. Beispiel In der HGB‐Bilanz besteht für die Drohverlustrückstellung eine Passivierungspflicht, während in der Steuerbilanz ein Passivierungsverbot besteht. In der Steuerbilanz hat das Steuerrecht Vor‐ rang. Die folgende Tabelle zeigt die Divergenzen zwischen der Handels‐ und der Steuerbilanz. Ansatzunterschiede bei folgenden Bilanzposten Handelsrecht Steuerrecht selbst geschaffene immaterielle Vermö‐ gensgegenstände des Anlagevermögens Aktivierungswahlrecht Aktivierungsverbot Rechnungsabgrenzungsposten: Disagio Aktivierungswahlrecht Aktivierungspflicht aktive latente Steuern Aktivierungswahlrecht Aktivierungsverbot Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften Passivierungspflicht Passivierungsverbot Rücklagen für Ersatzbeschaffungen Passivierungsverbot Passivierungswahlrecht Rücklagen für Veräußerungsgewinne Passivierungsverbot Passivierungswahlrecht Abb. 4.8: Unterschiede zwischen der Handels‐ und der Steuerbilanz <?page no="76"?> 4.4 Zusammenhang zwischen Handels‐ und Steuerbilanz 77 Übungsaufgabe 4.1: Bilanzierungsfähigkeit Liegt in den folgenden Fällen ein Aktivierungsgebot, ‐wahlrecht, ‐verbot oder Passivierungs‐ gebot, ‐wahlrecht oder ‐verbot aus handelsrechtlicher Sicht vor? Bitte kreuzen Sie die richtige Lösung an. Aktivierungs- Passivierungsgebot wahl‐ recht verbot gebot wahl‐ recht verbot selbst entwickeltes Patent ein entgeltlich erworbenes Patent Pensionsrückstellung Forschungskosten Disagio bei einem erhaltenen Dar‐ lehen Kulanzgewährleistungen Aufwendungen für die Beschaffung von Eigenkapital kalkulatorischer Unternehmerlohn Materialeinzelkosten Materialgemeinkosten Fertigungseinzelkosten Fertigungsgemeinkosten Sondereinzelkosten der Fertigung Verwaltungsgemeinkosten Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen Vertriebskosten Gewinnzuschlag Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 4.2 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="77"?> 78 Schritt 4: Grundlagen der Bilanzierung Eigene Notizen <?page no="78"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 5: Grundlagen der Bewertung Lernziele In diesem Kapitel lernen Sie die Bedeutung der Bewertung der Aktiva und der Passiva ken‐ nen. Sie sollen: Kenntnisse über handels‐ und steuerrechtliche Bewertungsgrundsätze und Bewer‐ tungsmaßstäbe erlangen, Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens, aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten, Verbindlichkeiten und Rückstellungen bewer‐ ten können, die wesentlichen Bewertungsprinzipien für Vermögensgegenstände und Schulden so‐ wie die Bewertungsvereinfachungsverfahren (z. B. Durchschnitts‐ und Verbrauchs‐ folgebewertung) anwenden können, zwischen der handels‐ und der steuerrechtlichen Bewertung unterscheiden können, die Besonderheiten der handels‐ und steuerrechtlichen niedrigen Bewertung kennen und in der Lage sein, das Wertaufholungsgebot anwenden können, die Anschaffungs‐ und die Herstellungskosten ermitteln und fortschreiben können, die verschiedenen Abschreibungsmethoden und deren Auswirkungen kennenlernen, über die Bewertungsregeln zwischen nicht abnutzbarem und abnutzbarem Anlagever‐ mögen Bescheid wissen und die verlustfreie Bewertung anwenden können. 5.1 Allgemeine Bewertungsgrundsätze Die Bewertungsgrundsätze setzen verbindliche Standards für die Bewertung der Vermögens‐ gegenstände und der Schulden in der Bilanz. Es gibt handelsrechtliche und steuerrechtliche Bewertungsvorschriften. Sie haben unterschiedliche Zielsetzungen. Die handelsrechtliche Bewertung richtet sich nach den §§ 252‒256a HGB. Sie dient der Kapi‐ talerhaltung und damit dem Schutz der Gläubiger. Das Prinzip der Vorsicht ist der oberste Bewertungsgrundsatz. Die steuerrechtliche Bewertung richtet sich nach den §§ 5‒7 EStG. Sie soll die Ermittlung des Gewinns nach einheitlichen Grundsätzen sicherstellen und damit eine „gerechte“ Besteue‐ rung ermöglichen. So weisen z. B. die amtlichen AfA‐Tabellen einheitlich die Nutzungsdauer der verschiedenen Anlagegüter aus. Für die Bewertung der einzelnen Posten sieht der § 253 HGB folgende Ausgangs- und Basiswerte vor: Vermögensgegenstände sind in der Regel höchstens mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen, (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB) zu bewerten. Nur Kredit‐ und Finanzinstitute müssen die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente (z. B. Aktien, Schuldverschreibungen, Optionsscheine, Geldmarktforderungen, <?page no="79"?> 80 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bezugsrechte, aber auch Derivate wie Optionen, Futures, Swaps, Forwards oder Warenkon‐ trakte) mit ihrem beizulegenden Zeitwert ansetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Damit sind künftige Preis‐ und Kostensteigerungen bei der Rück‐ stellungsermittlung zu berücksichtigen. Bei Pensionsrückstellungen sind dies beispielsweise zukünftige Gehalts‐ und Rentensteigerungen. Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind mit dem durch‐ schnittlichen Marktzinssatz der letzten sieben Geschäftsjahre abzuzinsen (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB). Das gezeichnete Kapital bei Kapitalgesellschaften ist zum Nennbetrag anzusetzen (§ 272 Abs. 1 HGB). Die nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital sind offen vom Posten „gezeichnetes Kapital“ abzusetzen (§ 272 Abs. 1 Satz 3 HGB). Eigene Anteile sind auf der Passivseite in der Vorspalte vom „gezeichneten Kapital“ offen als Kapitalrückzahlung abzusetzen. Die allgemeinen Bewertungsvorschriften des § 252 HGB sind in der folgenden Tabelle darge‐ stellt. Allgemeine Bewertungsgrundsätze des § 252 HGB Abs. 1 Nr. 1 Bilanzidentität (Schlussbilanz Vorjahr = Eröffnungsbilanz Geschäftsjahr) Abs. 1 Nr. 2 Unternehmensfortführung (Going‐Concern‐Prinzip) Abs. 1 Nr. 3 Grundsatz der Einzelbewertung und Stichtagsgrundsatz Abs. 1 Nr. 4 Vorsichtsprinzip, mit den Ausprägungen Realisationsprinzip, Imparitätsprinzip und Wertaufhellungsprinzip Abs. 1 Nr. 5 Grundsatz der Periodenabgrenzung Abs. 1 Nr. 6 Bewertungsstetigkeit, d. h. Beibehaltungspflicht der Ansatz‐ und Bewertungsme‐ thoden Abs. 2 Abweichung nur in begründeten Ausnahmefällen Abb. 5.1: Allgemeine Bewertungsgrundsätze Grundsatz der Bilanzidentität ( § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB) 5.1.1 Die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz eines jeden Geschäftsjahres müssen mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres übereinstimmen. Die vorgeschriebene Bilanz‐ identität bezieht sich aber nicht nur auf die Werte der einzelnen Bilanzposten, sondern auch auf den Ansatz der Posten in der Bilanz. Grundsatz der Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) 5.1.2 Der Grundsatz der Unternehmensfortführung (auch Going‐Concern‐Prinzip genannt) besagt, dass bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist, solange keine tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten entgegenstehen. Dies bedeutet, dass keine Liquidationswerte angesetzt werden dürfen und zukünftige Verpflichtungen zu berücksichtigen sind. <?page no="80"?> 5.1 Allgemeine Bewertungsgrundsätze 81 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiel: Kulanzrückstellung Im Jahresabschluss besteht eine Passivierungspflicht für künftige Gewährleistungen, wenn sie ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB). Es handelt sich hierbei um Kulanzleistungen. Dies ist nur mit dem Fortführungsprinzip vereinbar, denn bei fikti‐ ver Unternehmenszerschlagung zum Bilanzstichtag wirken sich rechtlich nicht abgesicherte Verpflichtungen nicht als Vermögensbelastung aus. Bei Annahme der Unternehmensfortführung kann sich jedoch das bilanzierende Unternehmen bestimmten Kulanzleistungen nicht entziehen, ohne den bestehenden Kundenstamm zu verärgern. Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) 5.1.3 Grundsätzlich sind alle Vermögensgegenstände und jede Verpflichtung (Verbindlichkeit und Rückstellung) einzeln zu bewerten. Voraussetzung für die Einzelbewertung ist die Einzelerfas‐ sung, wonach alle Bilanzgegenstände gesondert zu erfassen sind. Auf diese Weise wird verhin‐ dert, dass sich Wertentwicklungen einzelner Vermögensgegenstände kompensieren, und so notwendige außerplanmäßige Abschreibungen unterbleiben. Das wäre der Fall, wenn zum Bei‐ spiel die Wertminderung eines Vermögensgegenstandes nicht im Jahresabschluss durch eine Abschreibung vermerkt wird, weil der Wert eines anderen Vermögensgegenstandes während des Geschäftsjahres gestiegen ist. Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens kann der Grundsatz der Einzelbewertung, aus Gründen der Bewertungsvereinfachung, in den folgenden gesetzlich geregelten Fällen durchbrochen werden (Sammelbewertung (= zeitliche Verbrauchsfolgeverfahren), Gruppenbewertung und Festwertbewertung). Eng mit dem Einzelbewertungsgrundsatz verwandt ist die Objektivie‐ rungsfunktion des Saldierungsverbotes nach § 246 Abs. 2 HGB. Danach dürfen Posten der Aktiv‐ seite nicht mit Posten der Passivseite und Aufwendungen nicht mit Erträgen verrechnet werden. Beispiel: Saldierungsverbot Bankschulden dürfen nicht mit Bankguthaben auf anderen Konten verrechnet werden. Ebenso ist es nicht erlaubt, Zinsaufwendungen mit Zinserträgen zu verrechnen. Grundsatz der Vorsicht (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) 5.1.4 Der Grundsatz der Vorsicht ist das dominierende Prinzip im Handelsrecht. Die inhaltlichen Aus‐ füllungen des Grundsatzes der Vorsicht stellen das Realisationsprinzip und das Imparitätsprinzip mit deren Ausprägungen dar, d. h. es gilt das Niederstwertprinzip für das Vermögen und Höchstwertprinzip für die Schulden. Im Folgenden werden die Prinzipien konkretisiert: Realisationsprinzip Gewinne dürfen erst dann ausgewiesen werden, wenn sie durch Umsatzerlöse bis zum Ab‐ schlussstichtag realisiert worden sind. Wertsteigerungen, die über die Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten hinausgehen, werden von diesem Prinzip ausgeschlossen. Eine Ausnahme bilden nur die bei Kredit‐ und Finanzinstitutionen zum Zeitwert zu bilanzierenden „zu Han‐ delszwecken erworbene Finanzinstrumente“. In diesem Fall erfolgt eine Bewertung zum bei‐ zulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlags, selbst wenn die Anschaffungskosten überschritten werden. Da die Zeitwertbilanzierung erfolgswirksam durchzuführen ist, kann es zum Ausweis von unrealisierten Gewinnen kommen. Imparitätsprinzip Das Imparitäts‐ oder Verlustantizipationsprinzip schreibt vor, Gewinne und Verluste nicht paritätisch zu behandeln. Im Gegensatz zu den Gewinnen, die erst berücksichtigt werden, <?page no="81"?> 82 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt wenn sie am Abschlussstichtag realisiert wurden, müssen alle Risiken bzw. Verluste bereits ausgewiesen werden, wenn diese zwar noch nicht eingetreten sind, aber deren Eintritt wahr‐ scheinlich ist (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Das bedeutet: Noch nicht realisierte Verluste dürfen bei vorübergehender Wertminderung im Finanzanlagevermögen und müssen bei dauerhafter Wertminderung im Anlagevermögen sowie bei einer Wertminderung im Umlaufvermögen ausgewiesen werden. Ziel dieses Prinzips ist es, bevorstehende Verluste schon soweit ein‐ zuplanen, dass auszuschüttende Beträge an Anteilseigner und Eigentümer in der aktuellen Periode reduziert werden, um Verluste decken zu können, die ggf. im folgenden Geschäftsjahr eintreten. 38 Merke Realisationsprinzip: Gewinne dürfen erst nach der Realisation ausgewiesen werden. Imparitätsprinzip: Verluste müssen bereits bei ihrer Entstehung und nicht erst bei der Realisation berücksichtigt werden. Die Einhaltung dieser Prinzipien wird erreicht, wenn die folgenden Bewertungsprinzipien beach‐ tet werden: Niederstwertprinzip auf der Aktivseite: Beim Umlaufvermögen und bei einer dauerhaften Wertminderung im Anlagevermögen muss, von zwei möglichen Werten, immer der niedrige‐ re Wert angesetzt werden (strenges Niederstwertprinzip). Bei einer vorübergehenden Wertminderung im Anlagevermögen kann bei den Finanzanlagen (§ 253 Abs. 3 Satz 6 HGB) wahlweise der niedrigere Wert angesetzt werden (gemilderte Niederstwertprinzip). An‐ sonsten muss der bisherige Wert beibehalten werden. Höchstwertprinzip auf der Passivseite: In Bezug auf die Bewertung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen wird das Niederstwertprinzip zum Höchstwertprinzip. Wenn der Zeit‐ wert niedriger ist als der Beschaffungswert, muss der höhere Beschaffungswert passiviert werden. Ist umgekehrt der Zeitwert der Verbindlichkeit höher, ist dieser zu passivieren. Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB sind: − Verbindlichkeiten zu ihrem Erfüllungsbetrag (auch für den Fall, dass dieser höher ist als der Ausgabebetrag, z. B. bei einem Disagio), − Rentenverpflichtungen, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist, zu ihrem Barwert und − Rückstellungen nur in Höhe des Erfüllungsbetrages, der nach vernünftiger kaufmänni‐ scher Beurteilung notwendig ist, zu bewerten. Wertaufhellungsprinzip: Bis zum Bilanzaufstellungszeitpunkt gehen dem Bilanzierenden bei Schätzwerten (Forderungsausfall, Rückstellungen) bessere Informationen zu. Der Wert‐ aufhellungsgrundsatz führt zu einer Berücksichtigung von Informationen, die dem Bilanzie‐ renden erst nach dem Bilanzstichtag zugehen, wenn diese Informationen die tatsächlichen Verhältnisse am Bilanzstichtag wiedergeben. Der § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB weist im Zusammenhang mit dem Imparitätsprinzip ausdrücklich auf die Wertaufhellungstheorie hin. Dabei müssen auch Erkenntnisse (noch nicht realisierte Verluste) berücksichtigt werden, die erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der 38 Vgl. Baetge, J. et al.: Bilanzen, 2012, S. 137. <?page no="82"?> 5.1 Allgemeine Bewertungsgrundsätze 83 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind (wertaufhellende Ereignisse), aber bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr verursacht bzw. entstanden sind. Dagegen dürfen sogenannte wertbeeinflussende (wertbegründende) Vorgänge, die erst nach dem Bilanz‐ stichtag eingetreten sind, nicht berücksichtigt werden. Beispiel Ein Unternehmen hat in der Bilanz zum 31.12.01 eine Forderung in Höhe von 100.000 € an den Kunden A bilanziert. Am 15.01. des folgenden Geschäftsjahres erfährt das Unternehmen, dass der Kunde A Insolvenz angemeldet hat und das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet wurde. Das Unternehmen muss bereits zum Bilanzstichtag, dem 31.12.01, eine Einzelwertberich‐ tigung vornehmen, d. h. diese Forderung ausbuchen. Die nach dem Bilanzstichtag, aber noch vor Aufstellung der Bilanz, gewonnene bessere Erkenntnis über die Verhältnisse am Bilanzstichtag muss berücksichtigt werden (Wertaufhellungstheorie). Da die Forderung objektiv bereits zum 31.12.01 uneinbringlich war, ist der Forderungsausfall schon im Jahresabschluss 01 des Gläubi‐ gers zu berücksichtigen. Die nächste Abbildung veranschaulicht das Niederstwertprinzip. Abb. 5.2: Auf dem Imparitätsprinzip beruhende außerplanmäßige Abschreibungen 39 39 In Anlehnung an Baetge, J. et al.: Bilanzen, 9. Auflage 2008, S. 245. Auf dem Imparitätsprinzip beruhende außerplanmäßige Abschreibungen Anlagevermögen Umlaufvermögen gemildertes Niederstwertprinzip strenges Niederstwertprinzip § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB § 253 Abs. 3 Satz 6 HGB § 253 Abs. 4 Satz 1 und 2 HGB voraussichtlich vorübergehende Wertminderung voraussichtlich dauernde Wertminderung immaterielles Anlagevermögen und Sachanlagevermögen Finanzanlage‐ vermögen Abschreibungsverbot Abschreibungs‐ wahlrecht Abschreibungspflicht <?page no="83"?> 84 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 5.1 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Grundsatz der Periodenabgrenzung (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB) 5.1.5 Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhängig von den Zeitpunkten der ent‐ sprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung erfolgt grundsätzlich in der Periode, in der der Werteverzehr bzw. Wertezugang wirtschaftlich verur‐ sacht wurde (sogenanntes Verursachungsprinzip). Dadurch werden Aufwendungen und Erträge verursachungsgerecht den einzelnen Perioden zugeordnet. Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) 5.1.6 Dieser Grundsatz schreibt vor, dass die in der Vorperiode angewandten Bewertungsmethoden (Abschreibungsmethoden, Methoden zur Feststellung der Herstellungskosten etc.) beizubehal‐ ten sind. Vor allem Bewertungswahlrechte sind davon betroffen. Durch diesen Grundsatz soll die Vergleichbarkeit verschiedener Jahresabschlüsse erleichtert werden. Außerdem soll auf diese Weise verhindert werden, dass der Periodenerfolg, allein durch die Anwendung verschiedener Bewertungsmethoden, verlagert werden kann. Das Stetigkeitsprinzip ist eine sogenannte Mussvorschrift. Übungsaufgabe 5.2: Allgemeine Bewertungsgrundsätze a) Der Kunsthändler Müller hat im Jahr 01 Waren für 8.000 € (ohne USt) eingekauft, die er im Februar 02 für 25.000 € verkauft. Mit welchem Wert sind die Waren in der Bilanz zum 31.12.01 auszuweisen? b) Der Antiquitätenhändler Fuchs hat im Jahr 01 Waren für 15.000 € (ohne USt) eingekauft, die am 31.12.01 einen Wert von 11.500 € haben. Die Waren werden im Jahr 02 für 11.500 € (ohne USt) verkauft. Mit welchem Wert sind die Waren in der Bilanz zum 31.12.01 auszu‐ weisen? c) Der Einzelhändler Mayer erfährt am 10.01.02, dass die Forderung gegenüber dem Kunden X in voller Höhe ausfällt, da über das Vermögen des Kunden Y das Insolvenzverfahren am 29.12.01 mangels Masse abgelehnt wurde. Die Bilanz wird am 15.03.02 aufgestellt. Ist der Forderungsausfall schon im Jahresabschluss 01 zu berücksichtigen? d) Die Power Production GmbH hat eine Forderung aLuL in Höhe von 23.800 € gegenüber dem Kunden Y vom 22.12.01. Am 25.01.01 brennt die Lagerhalle des Kunden Y ab. Die Lagerhalle ist versichert, aber nicht die Handelswaren und die Fertigerzeugnisse. Im Februar meldet der Kunde Y Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit an. Mit welchem Betrag ist die Forde‐ rung aLuL gegenüber dem Kunden Y in der Bilanz zum 31.12.01 auszuweisen? Bitte tragen Sie hier die Lösungen ein. a) _________________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________________ b) _________________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________________ <?page no="84"?> 5.2 Ausgangs‐ und Basiswerte für die Bewertung 85 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt c) _________________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________________ d) _________________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________________ Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 5.2 Ausgangs- und Basiswerte für die Bewertung Für die Zugangsbewertung der Vermögensgegenstände und Schulden sind insbesondere fol‐ gende Wertmaßstäbe von Bedeutung: Vermögensgegenstände: Anschaffungskosten (AK) oder Herstellungskosten (HK), gezeichnetes Eigenkapital: Nennbetrag, Verbindlichkeiten: Erfüllungsbetrag, Rückstellungen: nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendiger Erfüllungs‐ betrag und latente Steuern: Steuerbelastung/ Steuerentlastung bewertet mit den individuellen Steuersät‐ zen im Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen. Für die Folgebewertung am jeweiligen Abschlussstichtag (der Folgeperioden) sind folgende Wertmaßstäbe von Bedeutung: fortgeführte Anschaffungs‐ oder fortgeführte Herstellungskosten, Börsen‐ oder Marktpreis, niedrigerer beizulegender Wert; es gilt das Niederstwertprinzip bei den Vermögensgegen‐ ständen, Ausnahme sind die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente (bei Kredit‐ und Finanzdienstleistungsinstituten), beizulegender Wert für die Bewertung des Planvermögens (gemäß § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zu verrechnende Vermögensgegenstände mit den Pensionsrückstellungen), verlustfreie Bewertung, retrograde Bewertung (Anwendung vor allem im Einzelhandel), Teilwert (im Steuerrecht), (nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendiger) Erfüllungsbetrag, Barwert (Diskontierung der Zahlungen auf den Gegenwartswert) und latente Steuern: Steuerbelastung/ Steuerentlastung bewertet mit den individuellen Steuersät‐ zen zum Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen. Anschaffungskosten 5.2.1 Anschaffungskosten fallen an, wenn Vermögensgegenstände von Dritten erworben werden. Die Anschaffungskosten umfassen nach § 255 Abs. 1 HGB „die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können.“ <?page no="85"?> 86 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bei der Ermittlung der Anschaffungskosten wird nicht nur der Einkaufspreis berücksichtigt, sondern alle einzeln und direkt zuordenbaren Leistungen und Aufwendungen, die aufgebracht werden müssen, bis der Vermögensgegenstand betriebsbereit ist. Dabei ist aber unbedingt zu beachten, dass nur die Einzelkosten den Anschaffungskosten zuge‐ rechnet werden dürfen, nicht aber die Gemeinkosten. Mit Einzelkosten sind die Kosten gemeint, die dem Vermögenswert direkt zugeordnet werden können. Allgemeine Kosten, die bspw. für den Vertrieb oder die Verwaltung anfallen, gehören nicht zu den Anschaffungskosten und sind deshalb nicht zu berücksichtigen. 40 Die Anschaffungskosten setzen sich wie folgt zusammen: Anschaffungspreis Nettoeinkaufspreis (d. h. ohne abziehbare Vorsteuer) - einzeln zuordenbare Anschaffungspreis‐ minderungen Rabatte, Skonti, Boni 41 , Gutschriften, Zuschüsse Drit‐ ter, Subventionen, Rückvergütungen + Anschaffungsnebenkosten Bezugskosten, Einfuhrzölle, Transportversicherung, Ablade‐ und Montagekosten, Fundamentierungskos‐ ten, Zulassungskosten, Grunderwerbsteuer, Grund‐ buchgebühren, Notargebühren, Maklercourtage etc. + nachträgliche Anschaf‐ fungskosten, sofern einzeln zurechenbar Umbau‐, Ausbauarbeiten, Erschließungskosten bei Grundstücken, Straßenbau, Zubehörteile für Anlagen = Anschaffungskosten (AK) Aktivierung: handels‐ und steuerrechtlich Abb. 5.3: Ermittlung der Anschaffungskosten Merke: Zu den Anschaffungskosten gehören nur Einzelkosten, aber keine Gemeinkosten. Besonderheiten beim Anschaffungspreis für: Fremdwährungsgeschäfte: Umrechnung zum Stichtagskurs, an dem die wirtschaftliche Verfü‐ gungsmacht erlangt wurde, Tauschgeschäfte: Wahlrecht zwischen der Buchwertfortführung und der Gewinnrealisierung (steuerlich zwingend: Gewinnrealisierung), unentgeltlicher Erwerb: Bewertung zum Zeitwert. Anschaffungsnebenkosten Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören alle Ausgaben, die dem Unternehmen zusätzlich ent‐ stehen, um den Vermögensgegenstand zu erwerben, und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Zu den Anschaffungsnebenkosten zählen beispielsweise Transport‐ und Frachtkosten, Transportversicherung, Provisionen, Fundamentierungskosten für die Aufstellung einer Maschi‐ ne, Montagekosten, Kosten des Einbaus einer Maschine und der beim Einsatz eigener Arbeits‐ kräfte auf diese Arbeiten anteilig anfallende Personalaufwand. 40 Vgl. Bitz, M.; Schneeloch, D. & Wittstock, W.: Der Jahresabschluss, 2011, S. 241. 41 Zu den einzeln zuordenbare Anschaffungspreisminderungen gehören jedoch nicht mengen‐ oder umsatzabhän‐ gige Boni. <?page no="86"?> 5.2 Ausgangs‐ und Basiswerte für die Bewertung 87 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beim Erwerb von Grundstücken oder Immobilien zählen ebenfalls die Kosten der notariellen Be‐ urkundung, des Grundbucheintrags, die Maklergebühren sowie die Grunderwerbsteuer zu den Anschaffungsnebenkosten. Kosten der Geldbeschaffung (Fremd‐ oder Eigenkapitalzinsen, Disagio) zählen grundsätzlich nicht zu den Anschaffungsnebenkosten. Die Anschaffungskosten (bzw. Herstellungskosten) stellen die Obergrenze für die Bewertung von Vermögensgegenständen dar, d. h. Vermögensgegenstände dürfen höchstens mit den Anschaf‐ fungs‐ oder Herstellungskosten abzüglich der planmäßigen oder außerplanmäßigen Abschrei‐ bungen bewertet werden. Beispiel: Ermittlung der Anschaffungskosten Das Unternehmen Meier e. K. kauft eine Fertigungszelle für 310.000 € zzgl. 19 % USt. Für den Transport nach Ettlingen fallen Kosten in Höhe von 3.000 € zzgl. 19 % USt. an. Die Transportver‐ sicherung beträgt 1.000 €. Die Maschine wird aufgebaut und in einen betriebsbereiten Zustand gebracht, hierfür fallen Materialeinzelkosten in Höhe von 2.000 € an. Für die Montage sind 50 Monteurstunden zu je 40 €/ Std. zu berücksichtigen. Die Einzelunternehmung Meier e. K. ist zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Kosten für den Kredit betragen 12.000 €. Die Fertigungszelle wird innerhalb von 10 Tagen mit 3 % Skonto bezahlt. Anschaffungspreis ohne Umsatzsteuer 310.000 € ‐ Skonto ‐ 9.300 € + Transportkosten + 3.000 € + Transportversicherung + 1.000 € + Materialeinzelkosten + 2.000 € + Monteurstunden (50 Std. ⨯ 40 €/ Std.) + 2.000 € = Anschaffungskosten = 308.700 € Die Finanzierungskosten gehören nicht zu den Anschaffungsnebenkosten, d. h. Finanzierungs‐ kosten dürfen nicht aktiviert werden. Merke Die nicht abnutzbaren Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wie z. B.: ‐ Grund und Boden, ‐ Beteiligungen und ‐ andere Finanzanlagen (z. B. Wertpapiere) sind grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Übungsaufgabe 5.3: Ermittlung der Anschaffungskosten Die Reparatur GmbH kauft ein neues Diagnosegerät zu einem Preis von 25.000 €. Weil die Repa‐ ratur GmbH ein sehr guter Kunde ist, wird ihr von ihrem Lieferanten ein Rabatt auf den Anschaf‐ fungspreis von 8 % und Skonto in Höhe von 2 % bei einem Zahlungsziel innerhalb von 10 Tagen gewährt. Die Versicherungskosten des Diagnosegerätes betragen 260 €. Außerdem werden Kos‐ ten für die Inbetriebnahme in Höhe von 1.400 € berechnet. Die Reparatur GmbH bezahlt das Diagnosegerät nach einer Woche unter Einbehalt von 2 % Skonto. Alle Preise sind netto, die <?page no="87"?> 88 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Umsatzsteuer kann aufgrund des Vorsteuerabzugs vernachlässigt werden. Ermitteln Sie die An‐ schaffungskosten für das Diagnosegerät. Nutzen Sie bitte die nachfolgende Tabelle für die Ermittlung der Anschaffungskosten. Anschaffungspreis 25.000 € + + Anschaffungsnebenkosten ‐ ‐ einzeln zuordenbare Anschaffungspreisminderungen = Anschaffungskosten Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 5.4 und 5.5 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten Bei den nachträglichen Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten handelt es sich um Kosten, die nach dem Kauf eines Vermögensgegenstandes entstehen und zusätzliche Funktionen oder Ver‐ besserungen des Vermögensgegenstandes zur Verfügung stellen. Sie müssen in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen. Die nachträglichen Anschaffungs‐ oder Herstellungs‐ kosten sind auf früher beschaffte Vermögensgegenstände werterhöhend zu berücksichtigen. Der Buchwert des Vermögensgegenstandes ist auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der nachträg‐ lichen Anschaffung oder Herstellung zu ermitteln. Die nachträglichen Anschaffungs‐ oder Her‐ stellungskosten sind dem Buchwert zu zuführen. Handelsrechtlich sind die nachträglichen Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten zusammen mit den fortgeführten Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten (= Buchwert des Vermögensgegenstands unmittelbar vor der Aktivierung der nachträgliche Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten) innerhalb der Restnutzungsdauer, die ggf, neu zu schätzen ist, planmäßig abzuschreiben. 42 Beispiel: Nachträgliche Anschaffungskosten Die ABC GmbH, die zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kaufte im Januar 01 eine Fertigungszelle zu Anschaffungskosten für 476.000 € inkl. 19 % USt. Die Nutzungsdauer beträgt zehn Jahre und die Fertigungszelle wird linear abgeschrieben. Anfang Januar 03 erwarb die ABC GmbH ein Ergänzungsmodul für die Fertigungszelle. Die nachträglichen Anschaffungskosten beliefen sich auf 142.800 € inkl. 19 % USt. Die Nutzungsdauer hat sich durch das Ergänzungsmodul nicht ver‐ ändert. Aber die nachträglichen Anschaffungskosten führen zu einer Veränderung des Abschrei‐ bungsplans. 42 Heyd, R.; Beyer, M. & Zorn, D.: Bilanzierung nach HGB in Schaubildern, 2014, S. 61. <?page no="88"?> 5.2 Ausgangs‐ und Basiswerte für die Bewertung 89 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Zunächst wird der Buchwert zum 31.12.02 ermittelt, die nachträglichen Anschaffungskosten hinzuaddiert, und anschließend nach der Anpassung des Abschreibungsplans der Buchwert zum 31.12.03 berechnet. Anschaffungskosten ohne Umsatzsteuer 400.000 € ‐ Abschreibung im Geschäftsjahr 01 (400.000 € : 10 Jahre) ‐ 40.000 € ‐ Abschreibung im Geschäftsjahr 02 (400.000 € : 10 Jahre) ‐ 40.000 € = Buchwert zum 31.12.02 = 320.000 € + nachträgliche Anschaffungskosten + 120.000 € = neue Bemessungsgrundlage für die Abschreibung ab Januar 03 = 440.000 € ‐ Abschreibung im Geschäftsjahr 03 (440.000 € : 8 Jahre) ‐ 55.000 € = Buchwert zum 31.12.03 = 385.000 € Durch die Aktivierung der nachträglichen Anschaffungskosten hat sich die Bemessungsgrund‐ lage für die Abschreibungen verändert. Der Buchwert zum 31.12.03 beträgt 385.000 €. Herstellungskosten 5.2.2 Die Herstellungskosten dienen der Bewertung von nicht entgeltlich erworbenen Vermögens‐ gegenständen. Sie umfassen gemäß § 255 Abs. 2 HGB alle Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserungen entstehen. Alle vom Unternehmen ganz oder teilweise selbst erstellten Gegenstände des Anlage‐ und Umlaufvermögens (z. B. selbst erstellte Anlagen, werterhöhende Reparaturen, Erweiterun‐ gen, fertige und unfertige Erzeugnisse) werden mit den Herstellungskosten bewertet, die in § 255 Abs. 2 HGB definiert sind. Die Pflichtbestandteile der Herstellungskosten stellen die Wertuntergrenze dar. Sie teilen sich in Einzel‐ und Gemeinkosten und den Werteverzehr des Anlagevermögens auf. Die Einzelkosten können sich aus Material‐, Fertigungs‐ und Sondereinzelkosten zusammensetzen. Für Material und Fertigung fallen i. d. R. neben den Einzelkosten auch Gemeinkosten an. Wenn die Wahlbestandteile in die Herstellungskosten miteinbezogen werden, so erhöhen sich die Herstellungskosten. Zum handelsrechtlichen Einbeziehungswahlrecht gehören die Kosten der allgemeinen Verwaltung (z. B. Gehälter für Rechnungswesen, Personalbüro etc.), Aufwen‐ dungen für soziale Einrichtungen des Betriebs (z. B. Kantine, Sportstätten, Kindertagesstätten), freiwillige soziale Aufwendungen (z. B. Jubiläumsaufwendungen, freiwillige Weihnachtszuwen‐ dungen), betriebliche Altersversorgung (Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen, Beiträge zur betrieblichen Direktversicherung, Zuwendungen an Pensionskassen, Pensionsfonds und Unterstützungskassen) und Fremdkapitalzinsen. Fremdkapitalzinsen dürfen aber nur hinzuge‐ rechnet werden, sofern das Fremdkapital zur Finanzierung der Herstellung angeschafft und verwendet wurde und sich die Zinsen während der Herstellungszeit ergeben haben. 43 43 Vgl. Bitz, M.; Schneeloch, D. & Wittstock, W.: Der Jahresabschluss, 2011, S. 244 ff. <?page no="89"?> 90 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Herstellungskosten werden folgendermaßen berechnet: Handelsrechtliche Herstellungskosten gemäß § 255 Abs. 2 und 3 HGB Steuerrechtliche Herstellungskosten gemäß, EStÄR 2012 (R 6.3 EStR) Pflicht + + + + + Materialeinzelkosten Fertigungseinzelkosten Sondereinzelkosten der Fertigung Materialgemeinkosten Fertigungsgemeinkosten fertigungsbedingter Werteverzehr des Anlagevermögens Pflicht + + + + + Materialeinzelkosten Fertigungseinzelkosten Sondereinzelkosten der Fertigung Materialgemeinkosten Fertigungsgemeinkosten fertigungsbedingter Werteverzehr des Anlagevermögens = Wertuntergrenze + allgemeine Verwaltungsgemeinkosten Wahlrecht + allgemeine Verwaltungsgemeinkosten + Aufwendungen für soziale Einrichtun‐ gen des Betriebes + Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen + Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen Aufwendungen für betriebliche Alters‐ versorgung + Aufwendungen für betriebliche Altersver‐ sorgung = Wertuntergrenze + Fremdkapitalzinsen 44 + Fremdkapitalzinsen = Wertobergrenze = Wertobergrenze Verbot Sondereinzelkosten des Vertriebs Vertriebsgemeinkosten Forschungskosten Verbot Sondereinzelkosten des Vertriebs Vertriebsgemeinkosten Forschungskosten Abb. 5.4: Ermittlung der Herstellungskosten nach Handels‐ und Steuerrecht Forschungs‐ und Vertriebskosten, Gewinnzuschläge und kalkulatorische Kosten (z. B. kalkulato‐ rischer Unternehmerlohn bei Einzelunternehmungen) sowie Leerkosten aufgrund von Unter‐ beschäftigung dürfen weder in der Handelsbilanz noch in der Steuerbilanz aktiviert werden. Fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AK/ HK) Die fortgeführten AK/ HK ergeben sich als Wertansatz für alle abnutzbaren Anlagegüter unter Berücksichtigung der Abschreibungen: Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten ‐ kumulierte planmäßige Abschreibungen auf abnutzbare Vermögensgegenstände = fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AK/ HK) Beispiel: handelsrechtliche Wertuntergrenze und Wertobergrenze der Herstellungskosten Ein Maschinenbauunternehmen erstellt mit eigenem Personal eine Fräsmaschine. Es gelten Materialeinzelkosten = 80.000 €, Fertigungseinzelkosten = 35.000 €, Sondereinzelkosten der 44 Zinsen für das Fremdkapital, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. <?page no="90"?> 5.2 Ausgangs‐ und Basiswerte für die Bewertung 91 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Fertigung = 12.000 €, Werteverzehr der Produktionsanlagen = 9.000 €, Fremdkapitalzinsen zur Vorfinanzierung der Maschine = 8.000 €, allgemeine Verwaltungskosten = 15.000 €, Kosten für freiwillige soziale Leistungen = 2.000 €, Forschungskosten = 20.000 € und Vertriebsgemeinkos‐ ten = 12.000 € angefallen. Des Weiteren betragen der Materialgemeinkostenzuschlagssatz = 10 % und der Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz = 180 %. Es werden die zu aktivierenden Herstellungskosten ermittelt. Materialeinzelkosten 80.000 € + Materialgemeinkosten (10 % von 80.000 €) 8.000 € + Fertigungseinzelkosten 35.000 € + Fertigungsgemeinkosten (180 % von 35.000 €) 63.000 € + Werteverzehr der Produktionsanlagen (Abschreibungen) 9.000 € + Sondereinzelkosten der Fertigung 12.000 € = Herstellungskostenuntergrenze 207.000 € + Kosten der allgemeinen Verwaltung 15.000 € + Kosten für freiwillige soziale Leistungen 2.000 € + Fremdkapitalzinsen 8.000 € = Herstellungskostenobergrenze 232.000 € Die Wahlrechte bei der Ermittlung der Herstellungskosten bieten dem Maschinenbauunterneh‐ men bilanzpolitischen Spielraum. Falls das Unternehmen einen geringeren Gewinn ausweisen möchte, so wird es die Fräsmaschine mit der Wertuntergrenze der Herstellungskosten bewerten. Für die Forschungs‐ und Vertriebskosten besteht ein Aktivierungsverbot. Übungsaufgabe 5.6: Ermittlung der Herstellungskosten Für den Bilanzposten „Fertigerzeugnisse“ ist der Bilanzansatz nach dem Handelsrecht zu ermit‐ teln. Hierfür liegen Ihnen folgende Zahlen vor: Materialeinzelkosten 400.000 € Fertigungslöhne (Fertigungseinzelkosten) 300.000 € Forschungskosten 50.000 € Sondereinzelkosten der Fertigung 20.000 € Sondereinzelkosten des Vertriebs 24.000 € Fremdkapitalzinsen 28.000 € Aufwendungen für betriebliche Sozialeinrichtungen 6.000 € Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen 6.500 € Aufwendungen für betriebliche Altersversorgung 15.000 € kalkulatorischer Unternehmerlohn 17.000 € Gemeinkostenzuschlagssätze: Materialgemeinkosten 20 % Verwaltungsgemeinkosten 15 % Fertigungsgemeinkosten 80 % Vertriebsgemeinkosten 12 % <?page no="91"?> 92 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Fremdkapitalzinsen dienen zur Finanzierung der Fertigerzeugnisse. Sie entfallen ausschließ‐ lich auf den Fertigungszeitraum. a) Ermitteln Sie die Herstellungskosten der Fertigerzeugnisse unter der Prämisse, dass der Gewinn möglichst niedrig ausfallen soll. b) Ermitteln Sie die Herstellungskosten der Fertigerzeugnisse unter der Prämisse, dass der Gewinn möglichst hoch ausfallen soll. hoher Gewinnausweis = ___________________________________________________________________________________ niedriger Gewinnausweis = _______________________________________________________________________________ Nutzen Sie die folgende Tabelle für die Ermittlung der Herstellungskosten. Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 5.7 und 5.8 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Beizulegender Wert 5.2.3 Der beizulegende Wert ist ein Vergleichswert. Für die Ermittlung des beizulegenden Werts sind verschiedene Hilfswerte heranzuziehen. Dabei ist es sinnvoll, zwischen dem Anlagevermögen und dem Umlaufvermögen zu unterscheiden. Bei der Bewertung des Anlagevermögens wird der beizulegende Wert in der Regel am Beschaffungsmarkt bestimmt. Es bieten sich der Zeit‐ wert der Wiederbeschaffungskosten, der Reproduktionswert, der Einzelveräußerungswert, der Wert eines Sachverständigengutachtens oder der Ertragswert (des betreffenden Vermögens‐ gegenstands) an. Bei der Bewertung des Umlaufvermögens wird der beizulegende Wert in der Regel vom Absatzmarkt bestimmt. Es erfolgt eine retrograde Bewertung. <?page no="92"?> 5.2 Ausgangs‐ und Basiswerte für die Bewertung 93 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beschaffungsmarktorientierte Berechnungsmethode des beizulegenden Werts: Wiederbeschaffungspreis + Anschaffungsnebenkosten ‐ einzeln zuordenbare Anschaffungspreisminderungen = beizulegender Wert (vom Beschaffungsmarkt bestimmt) Absatzmarktorientierte Berechnungsmethode des beizulegenden Werts: vorsichtig geschätzter Verkaufspreis (Einzelveräußerungspreis, Schrottwert) ‐ erwartete Erlösschmälerungen (z. B. Preisnachlässe, Rabatt, Skonti) ‐ noch anfallende Herstellungskosten bei unfertigen Erzeugnissen ‐ noch anfallende Vertriebskosten ‐ noch anfallende Verwaltungskosten ‐ Kapitaldienstkosten (Zinsverluste aus Kapitalbindung bis zur Veräußerung) = beizulegender Wert (vom Absatzmarkt bestimmt) Übungsaufgabe 5.9 und 5.10 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Teilwert 5.2.4 Für die Bewertung in der Steuerbilanz ist der Teilwert der maßgebliche Vergleichs‐ bzw. Kor‐ rekturwert. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist der Teilwert der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Im Vergleich zum beizulegenden Wert, der dem Grundsatz der Einzelbewertung folgt, ist die Teilwertdefinition gesamtwertorientiert. Dies bedeutet, dass bei seiner Ermittlung vom beizulegenden Wert zu‐ sätzlich noch der branchenübliche oder durchschnittlich notwendige Gewinn abgezogen werden muss (R 6.8 Abs. 1 Satz 2 EStR). 45 In der praktischen Handhabung erfolgt aber eine weitgehende Annäherung der Begriffsinhalte, sodass auch in der Steuerbilanz aktuelle, aus dem Absatz‐ oder Beschaffungsmarkt abgeleitete Werte maßgeblich sind. Für die Wirtschaftsgüter gelten die fol‐ genden Teilwertvermutungen: Im Zeitpunkt des Erwerbs entspricht der Teilwert den Anschaffungs‐ oder Herstellungskos‐ ten eines Wirtschaftsgutes. Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern entspricht der Teilwert den Anschaffungs‐ oder Herstel‐ lungskosten abzüglich der bisherigen planmäßigen Abschreibungen. Bei Wirtschaftsgütern des Vorratsvermögens (Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe; unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen; fertige Erzeugnisse und Waren) entspricht der Teilwert den Wiederbeschaffungs‐ oder den Wiederherstellungskosten. 45 Meyer, C.: Bilanzierung nach Handels‐ und Steuerrecht, 2013, S. 114. <?page no="93"?> 94 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bei Nominalgütern (Zahlungsmittel, Forderungen, Wertpapiere) entspricht der Teilwert in der Regel dem Nennbetrag bzw. dem Börsen‐ oder Marktpreis. Erfüllungsbetrag 5.2.5 Der Erfüllungsbetrag kennzeichnet den Betrag, den ein Schuldner zur Erfüllung einer Verbind‐ lichkeit oder Rückstellung (unter Berücksichtigung vernünftiger kaufmännischer Beurteilung (§ 253 Abs. 1 HGB)) aufwenden muss. Dies beinhaltet zwei bewertungsrelevante Aspekte: Einbeziehung der erwarteten künftigen Kostensteigerungen, Abzinsung bedeutet Ansatz zum Barwert und nicht zum Nennwert oder Rückzahlungsbetrag. Die Barwertdifferenz von einem zum anderen Abschlussstichtag ist unter „Zinsen und ähn‐ liche Aufwendungen“ im Finanzergebnis auszuweisen. 46 Bei Geldleistungsverpflichtungen entspricht der Erfüllungsbetrag dem Rückzahlungsbetrag, bei Sachleistungs‐ oder Sachwertverpflichtungen dem im Erfüllungszeitpunkt voraussichtlich auf‐ zuwendenden Geldbetrag. Der Erfüllungsbetrag von Schulden wird wie folgt ermittelt: Nennbetrag + Preis‐ und Kostensteigerungen von Sach‐ und Dienstleistungen (soweit absehbar) = Erfüllungsbetrag der Schuld Rückstellungen sind in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Alle Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind abzuzinsen. Der Erfüllungsbetrag enthält künftige Preis‐ und Kostensteigerungen, aber es besteht eine verpflichtende Abzinsung mit einem durchschnittlichen, laufzeitäquivalenten Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre, wenn die Restlaufzeit mehr als ein Jahr beträgt. Bewertung von (Verbindlichkeits‐)Rückstellungen Nennwert der Rückstellungsverpflichtung + Preis‐ und Kostensteigerungen (soweit absehbar) = Erfüllungsbetrag der Rückstellung ‐ Zinsanteil (Diskontierung) langfristiger Rückstellungen = Buchwert der Rückstellung Die Abzinsungssätze werden durch Rechtsverordnung von der Deutschen Bundesbank monat‐ lich bekannt gegeben. Die folgende Abbildung zeigt die Bewertung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen. 46 Heyd, R.; Beyer, M. & Zorn, D.: Bilanzierung nach HGB in Schaubildern, 2014, S. 45. <?page no="94"?> 5.2 Ausgangs‐ und Basiswerte für die Bewertung 95 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Handelsrecht Steuerrecht Abzinsung von langfristigen Rückstellungen und langfristi‐ gen unverzinslichen Verbind‐ lichkeiten ja, soweit Restlaufzeit bei Rückstellungen mehr als ein Jahr, keine Abzinsung bei Ver‐ bindlichkeiten ja, soweit Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt Zinssatz durchschnittlicher Marktzins‐ satz der vergangenen sieben Jahre, der von der Bundesbank monatlich bekannt geben wird unverzinsliche Verbindlichkei‐ ten und Rückstellungen mit ei‐ ner Laufzeit von mehr als 12 Monaten werden mit 5,5 % diskontiert, Pensionsrückstel‐ lungen mit 6 % Berücksichtigung künftiger Preis‐ und Kostensteigerungen bei langfristigen Rückstellun‐ gen ja nein Abb. 5.5: Bewertung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen nach § 253 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 HGB Barwert 5.2.6 Mithilfe des Barwerts (= Gegenwartswert) kann man den Wert einer zukünftigen Zahlung am Tag des Vertragsabschlusses errechnen, indem man den Betrag abzinst (diskontiert). Ein Bei‐ spiel für eine Passivierung eines Barwerts sind Rentenverpflichtungen, denen keine Gegenleis‐ tung entgegensteht (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Auch das Steuerrecht verlangt die Passivierung von Barwerten. Es schreibt vor, dass unverzinsliche Verbindlichkeiten und Rückstellungen mit einem Zinssatz von 5,5 % abgezinst werden müssen, wenn ihre Laufzeit länger als ein Jahr ist (§ 6 Abs. 1 EStG). Pensionsrückstellungen werden steuerlich mit 6 % abgezinst (vgl. § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG). Bei der Berechnung der handelsrechtlichen Pensionsrückstellungen werden künftige Entwicklungen (Lohn‐, Gehalts‐ und Rentensteigerungen) berücksichtigt. Die zu passivierenden Beträge sind abzuzinsen. Währungsumrechnung ‒ Folgebewertung (§ 256a HGB) 5.2.7 Die Erstbewertung der Fremdwährungsforderung wird mit dem Devisen‐Briefkurs und die Erst‐ bewertung der Fremdwährungsverbindlichkeiten wird mit dem Devisen‐Geldkurs durchgeführt. Soweit die Auswirkung auf die Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage nicht wesentlich ist, ist aus Vereinfachungsgründen die Zugangsbewertung zum Devisenkassamittelkurs zulässig. Am Abschlussstichtag erfolgt die Umrechnung zum Devisenkassamittelkurs. Hierbei wird zwischen einer Restlaufzeit von mehr als einem und weniger als einem Jahr unterschieden. Fremdwährungsforderungen und kurzfristige Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von einem Jahr oder weniger sind unter Beachtung der Restriktion des Anschaffungskosten‐ und des Realisationsprinzips zum Devisenkassamittelkurs umzurech‐ nen, d. h.: − Kursverluste sind erfolgswirksam zu erfassen (Imparitätsprinzip), − Kursgewinne dürfen dagegen nicht erfasst werden (Realisationsprinzip). <?page no="95"?> 96 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Fremdwährungsforderungen und kurzfristige Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von einem Jahr oder weniger sind ohne Beachtung der Restriktion des Anschaffungskosten‐ und des Realisationsprinzips zum Devisenkassamittelkurs umzurech‐ nen, d. h.: − Kursverluste sind erfolgswirksam zu erfassen, aber: − Kursgewinne auf Basis des Devisenkassamittelkurses am Bilanzstichtag sind ebenfalls sofort erfolgswirksam zu erfassen. Es dürfen explizit die historischen Anschaffungskosten bei den Forderungen überschritten werden. Bei den Verbindlichkeiten wird das Höchst‐ wertprinzip außer Kraft gesetzt. Das bedeutet, dass unrealisierte Gewinne ausgewiesen werden. 5.3 Bewertungsverfahren Einzelbewertung 5.3.1 Das generelle Bewertungsverfahren für die Vermögensgegenstände und Schulden ist die Einzel‐ bewertung. Sie wird angewandt, wenn die Bestände und deren Veränderungen (Zu‐ und Abgän‐ ge) ohne größere Schwierigkeiten ermittelt werden können. Die Einzelbewertung ist auf jeden Fall anzuwenden, wenn es sich um Bilanzierungsobjekte mit einem sehr großen Einzelwert und/ oder unbewegliches Vermögen handelt. Die Einzelbewertung verhindert, dass sich Wert‐ steigerungen bei Vermögensgegenständen mit Wertminderungen bei anderen Vermögensgegen‐ ständen kompensieren. 47 Bewertungsvereinfachungsverfahren 5.3.2 Grundsätzlich gilt für die Bewertung von Vermögensgegenständen des Anlage‐ und Umlaufver‐ mögens der Grundsatz der Einzelbewertung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Bewertung von Gegenständen des Umlaufvermögens in vereinfachter Form erfolgen. Denn in der Praxis werden die Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens (Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstof‐ fe, Ersatzteile, Kleinmaterialien, Handelswaren), die zu unterschiedlichen Zeiten und/ oder Kos‐ ten angeschafft oder hergestellt wurden, im Rahmen der Lagerhaltung miteinander vermischt. Daher werden zur einfacheren Handhabung der Vorratsbewertung sogenannte Bewertungsvereinfachungsverfahren zugelassen. Zu den Bewertungsvereinfachungsverfahren gehören die Sammel‐ und Gruppenbewertung sowie die Festbewertung, die auch für Teile des Anlagevermö‐ gens angewendet werden kann. Im Folgenden sehen Sie die Bewertungsvereinfachungsverfahren auf einen Blick. 47 Bitz, M. et al.: Der Jahresabschluss, 2011, S. 261. <?page no="96"?> 5.3 Bewertungsverfahren 97 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Abb. 5.6: Methoden der Wertermittlung bei den Bewertungsvereinfachungsverfahren Die oben dargestellten Bewertungsvereinfachungsverfahren stellen eine zulässige Abweichung vom Einzelbewertungsprinzip dar. 5.3.2.1 Festbewertung Vermögensgegenstände des beweglichen Anlagevermögens sowie Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe können gemäß § 240 Abs. 3 als Festwert angesetzt werden, wenn ihr Gesamtwert für das Unter‐ nehmen von nachrangiger Bedeutung ist, sie nach einem Abgang regelmäßig ersetzt werden und deren Bestand in Größe, Wert und Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Der gebildete Festwert ist spätestens alle drei Jahre durch eine körperliche Bestandsaufnahme zu überprüfen. Bis zur Überprüfung des Festwertes bleibt der Festwert unverändert. Sämtliche Zugänge werden in diesem Fall als Aufwand in der GuV erfasst. Nach jeder Überprüfung des Festwertes können sich folgende Konsequenzen ergeben: Bewertungsvereinfachungsverfahren Sammelbewertung mittels Verbrauchsfolgeverfahren (§ 256 Satz 1 HGB) Gruppenbewertung mittels Durchschnittsmethode (§ 240 Abs. 4 i.V.m. § 256 Satz 2 HGB) Festbewertung (§ 240 Abs. 3 i.V.m. § 256 Satz 2 HGB) Bei der Sammelbewertung nach den zeitlichen Ver‐ brauchsfolgeverfahren ge‐ mäß HGB wird unterstellt, dass nach dem Fifo‐Ver‐ fahren die zuerst bzw. nach dem Lifo‐Verfahren die zu‐ letzt angeschafften oder her‐ gestellten Vermögensgegen‐ stände zuerst verbraucht oder veräußert worden sind. Voraussetzungen: gleichartige Vermögens‐ gegenstände des Vorrats‐ vermögens Vermögensgegenstände dürfen zu einer Gruppe zusammengefasst werden und mit dem einfachen gewogenen Durchschnitt oder dem gleitenden gewogenen Durchschnitt bewertet werden. Voraussetzungen: gleichartige Vermögens‐ gegenstände des Vorratsvermögens andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögens‐ gegenstände oder Schulden Vermögensgegenstände können mit gleichbleibender Menge und gleichbleibendem Wert angesetzt werden unter folgenden Voraussetzungen: gilt nur für Sachanlagever‐ mögen sowie RHB‐Stoffe regelmäßiger Ersatz der Gegenstände nach einem Abgang Gesamtwert von nachrangi‐ ger Bedeutung, d. h. Fest‐ wertansatz ≤ 5 % der Bilanz‐ summe geringe Schwankungen des Bestandes in Menge, Wert und Zusammensetzung i. d. R. alle 3 Jahre Durchfüh‐ rung einer körperlichen Bestandsaufnahme (Inven‐ tur) Lifo‐Verfahren (Last in first out) Fifo‐Verfahren (First in first out) Periodenrechnung gleitende Rechnung <?page no="97"?> 98 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Der neu ermittelte Festwert entspricht dem bisherigen Festwert. Beibehaltung des bisherigen Festwertes. Der neu ermittelte Festwert ist geringer als der bisherige Festwert. Ansatz des neu ermittelten niedrigeren Fest‐ wertes (aufgrund des strengen Niederstwert‐ prinzips). Der neu ermittelte Festwert ist nicht mehr als 10 % höher als der bisherige Festwert. Beibehaltung des bisherigen Festwertes oder Ansatz des neuen Festwertes (Aufstockungs‐ wahlrecht). Der neu ermittelte Festwert ist mehr als 10 % höher als der bisherige Festwert. Ansatz des neuen Festwertes (Aufstockungs‐ pflicht). Übungsaufgabe 5.11 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 5.3.2.2 Gruppenbewertung mittels der Durchschnittsmethode Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände dürfen zu einer Gruppe zusam‐ mengefasst werden und gemäß § 240 Abs. 4 HGB mit dem gewogenen Durchschnitt bewertet werden. Die Gleichartigkeit der Vermögensgegenstände bedeutet, dass die Vermögensgegen‐ stände zu einer Warengattung (z. B. Standardreifen, Jeans einer Marke) gehören oder Gleichheit in der Verwendbarkeit oder Funktion vorliegt. 48 Annähernde Gleichwertigkeit liegt vor, wenn die Preise der in der Gruppenbewertung zusammengefassten Vermögensgegenstände nicht wesentlich voneinander abweichen. 49 Dabei sollte der Preisunterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Preis maximal 20 % be‐ tragen. Die Durchschnittsbewertung, die sowohl nach Handels‐ als auch nach Steuerrecht zulässig ist, findet in zwei Varianten Anwendung: als einfache gewogene Durchschnittsmethode (periodische Durchschnittsmethode) und als gleitende gewogene Durchschnittsmethode (permanente Durchschnittsmethode). Einfache gewogene Durchschnittsmethode Die einfache gewogene Durchschnittsmethode (§ 240 Abs. 4 HGB) zählt zu den in der Praxis am weitesten verbreiteten Bewertungsmethoden. Beim einfachen gewogenen Durchschnitt erfolgt die Berechnung lediglich zum Periodenende. Aus den Anfangsbeständen und den Zugän‐ gen während des Geschäftsjahres wird am Ende der Rechnungsperiode ein gewogener Durchschnittspreis gebildet, mit dem sowohl die Abgänge als auch der Endbestand bewertet werden. Bevor es zu einem Wertansatz in der Bilanz kommt, ist stets ein sogenannter Niederstwerttest vorzunehmen. Falls am Abschlussstichtag die Tageswerte niedriger als die ermittelten durch‐ schnittlichen Anschaffungskosten (Herstellungskosten) sind, so muss dieser niedrigere Tages‐ wert angesetzt werden, d. h. die Differenz zwischen beiden Werten ist außerplanmäßig abzu‐ schreiben (strenges Niederstwertprinzip). 48 Beck´scher Bilanzkommentar, 2014, S. 49. 49 Beck´scher Bilanzkommentar, 2014, S. 49. <?page no="98"?> 5.3 Bewertungsverfahren 99 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiel: Bewertung mit der einfachen gewogenen Durchschnittsmethode Zahlenbeispiel zur Vorratsbewertung mit dem einfachen gewogenen Durchschnitt: Vorgang Datum Mengeneinheiten Wert Preis je ME a b c = (b : a) Anfangsbestand Zugang Abgang Abgang Zugang Zugang Abgang Zugang 01.03. 06.03. 07.03. 12.03. 15.03. 21.03. 25.03. 29.03. 100 St. 20 St. 35 St. 25 St. 50 St. 25 St. 60 St. 15 St. 1.000,00 € 180,00 € 400,00 € 210,00 € 160,00 € 10,00 €/ St. 9,00 €/ St. 8,00 €/ St. 8,40 €/ St. 10,67 €/ St. Summe aus Anfangs‐ bestand und Zugängen 210 St. 1.950,00 € 9,29 €/ St. Verbrauch 120 St. 1.114,29 € 9,29 €/ St. Endbestand (Inventurmenge) 31.03. 90 St. 835,71 € 9,29 €/ St. Wie berechnet man den Wert je Einheit (Durchschnittspreis pro Stück) nach der einfachen gewogenen Durchschnittsmethode? Durchschnittspreis pro Stück = ä ä . € . = 9,285714 €/ St. Wie wird der Endbestand ermittelt? Endbestand = Anfangsbestand + Zugänge - Abgänge Endbestand = 100 St. + (20 St. + 50 St. + 25 St. + 15 St.) - ( 35 St. + 25 St. + 60 St.) = 90 St. Wie wird der Verbrauch ermittelt? Der Verbrauch sind die Abgänge (35 St. + 25 St. + 60 St.) = 120 St. Wie wird der Verbrauch bewertet? Verbrauchsmenge ⨯ Durchschnittspreis pro Stück Wert des Verbrauchs in der Abrechnungsperiode März =120 St. ⨯ 9,285714 €/ St. = 1.114,29 € Wie wird der Schlussbestand bewertet (Bilanzansatz)? Inventurmenge (Endbestand) ⨯ Durchschnittpreis pro Stück Schlussbestand Ende März = 90 St. ⨯ 9,285714 €/ St. = 835,71 € <?page no="99"?> 100 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Den einfachen gewogenen Durchschnittspreis können Sie als arithmetisches Mittel aus allen Beschaffungen bzw. hergestellten Erzeugnissen einer Periode zuzüglich des Anfangs‐ bestands ermitteln. Gleitende gewogene Durchschnittsmethode (permanente Durchschnittsmethode) Die permanente Durchschnittsmethode ist im Ergebnis genauer als die gewogene Durch‐ schnittsmethode. Bei der permanenten Durchschnittsmethode wird nach jedem Zugang ein neuer Durchschnittspreis errechnet. Die Abgänge werden dann jeweils mit den zuletzt berechne‐ ten Durchschnittspreisen bewertet. Voraussetzung für eine Anwendung der gleitenden Durch‐ schnittsmethode ist eine funktionierende Materialbuchführung, die permanent folgende Rech‐ nung ermöglicht: Anfangsbestand + Zugänge - Abgänge = Endbestand Beispiel: Bewertung mit der permanenten Durchschnittsmethode Zahlenbeispiel zur Vorratsbewertung mit dem gleitenden gewogenen Durchschnitt: Vorgang Datum Menge Wert Preis je ME Anfangsbestand Zugang Abgang Abgang Zugang Zugang Abgang Zugang 01.03. 06.03. 07.03. 12.03. 15.03. 21.03. 25.03. 29.03. 100 St. 20 St. 35 St. 25 St. 50 St. 25 St. 60 St. 15 St. 1.000,00 € 180,00 € 400,00 € 210,00 € 160,00 € 10,00 €/ St. 9,00 €/ St. 8,00 €/ St. 8,40 €/ St. 10,6666 €/ St. Ermittlung des Wertes des Schlussbestands und des Verbrauchswertes mit der gleitenden gewoge‐ nen Durchschnittsmethode (permanente Durchschnittsmethode): Vorgang Datum Menge Preis je Stück Wert Wert Abgang Anfangsbestand 01.03. 100 St. 10,00 €/ St. 1.000,00 € + Zugang 06.03. + 20 St. 9,00 €/ St. + 180,00 € = erster Durchschnittspreis = 120 St. 9,83333 €/ St. = 1.180,00 € ‐ Abgang 07.03. ‐ 35 St. 9,83333 €/ St. ‐ 344,17 € + 344,17 € ‐ Abgang 12.03. ‐ 25 St. 9,83333 €/ St. ‐ 245,83 € + 245,83 € + Zugang 15.03. + 50 St. 8,00 €/ St. + 400,00 € = neuer Durchschnittspreis = 110 St. 9,00 €/ St. = 990,00 € <?page no="100"?> 5.3 Bewertungsverfahren 101 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt + Zugang 21.03. + 25 St. 8,40 €/ St. + 210,00 € = neuer Durchschnittspreis = 135 St. 8,88888 €/ St. = 1.200,00 € ‐ Abgang 25.03. ‐ 60 St. 8,88888 €/ St. ‐533,33 € + 533,33 € + Zugang 29.03. + 15 St. 10,6666 €/ St. + 160,00 € = neuer Durchschnittspreis = 90 St. 9,18522 €/ St. 826,67 € = Endbestand 31.03. 90 St. 9,18522 €/ St. 826,67 € Verbrauch 120 St. = 1.123,33 € Auch bei der permanenten Durchschnittsbewertung ist das strenge Niederstwertprinzip zu be‐ achten (§ 253 Abs. 4 HGB und § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ist beispielsweise der letzte Anschaffungs‐ preis, der in der Regel mit dem Wiederbeschaffungspreis identisch ist, niedriger als der Durch‐ schnittspreis, so ist der letzte Anschaffungspreis anzusetzen. Übungsaufgabe 5.12 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 5.3.2.3 Sammelbewertung mittels Verbrauchsfolgeverfahren Die Verbrauchsfolgeverfahren beruhen auf der Fiktion bestimmter Verbrauchsfolgen gleicharti‐ ger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens. Bei den zeitlichen Verbrauchsfolgen unter‐ scheidet man nach § 256 HGB zwischen dem Fifo‐ und dem Lifo‐Verfahren. Fifo-Verfahren Bei dem Fifo‐Verfahren wird unterstellt, dass die zuerst erworbenen oder hergestellten Artikel auch zuerst verbraucht oder veräußert werden. Am Jahresende befinden sich entsprechend die‐ ser Fiktion nur noch die Bestände der zuletzt eingetroffenen Lieferungen im Lager, die mit ihren Einstandspreisen bewertet werden. Wird die unterstellte Verbrauchsfolge eingehalten, so ent‐ spricht das Fifo‐Verfahren dem Prinzip der Einzelbewertung zu Anschaffungskosten. Somit gewährleistet das Fifo‐Verfahren einen guten Einblick in die Vermögenslage des Unternehmens, da die Vorratsbestände am Abschlussstichtag mit gegenwartsnahen Preisen bewertet werden. Bei dem Fifo‐Verfahren kann nicht wie bei der Durchschnittsmethode zwischen der Perioden‐ methode und permanenten Methode unterschieden werden, da die Lagerabgänge unabhängig von den Zeitpunkten der Zugänge immer mit den ältesten Preisen bewertet werden. Das Fifo‐Verfahren ist im Handelsrecht und in der Internationalen Rechnungslegung nach IFRS zulässig. Im Steuerrecht wird sie nicht anerkannt. Merke Bei dem Fifo‐Verfahren werden die zuerst erworbenen bzw. hergestellten Vermögens‐ gegenstände (die ältesten) zuerst verbraucht bzw. veräußert. Die neue Ware stellt den Endbestand dar, d. h. der Endbestand wird mit den neuesten Preisen bewertet. <?page no="101"?> 102 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Lifo-Verfahren Bei dem Lifo‐Verfahren kann wie bei der Durchschnittsmethode zwischen einmaliger Bewertung zum Bilanzstichtag (Periodenrechnung) und permanenter Bewertungen (gleitende Rechnung) unterschieden werden (in Verbindung mit § 240 Abs. 3 und 4 HGB). Das Lifo‐Verfahren fingiert, dass zuerst die zuletzt erworbenen oder hergestellten Artikel ver‐ braucht oder veräußert werden. Der Endbestand ist infolgedessen mit den historisch ältesten Preisen, d. h. mit den Preisen der am weitesten zurückliegenden Beschaffung zu bewerten. Das Lifo-Verfahren ist sowohl in der Handels‐ als auch in der Steuerbilanz zulässig, aber in der In‐ ternationalen Rechnungslegung nach IFRS verboten. Merke Das strenge Niederstwertprinzip gilt auch dann, wenn von Lifo‐, Fifo‐ oder Durch‐ schnittsverfahren zur Schätzung der Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten Gebrauch ge‐ macht wird. Es ist immer zu prüfen, ob nicht anstelle der ermittelten Anschaffungs- oder Herstellungskosten ein niedriger Ansatz zu wählen ist (Niederstwerttest). Beispiel: Bewertung mit den Verbrauchsfolgeverfahren Zahlenbeispiel zur Vorratsbewertung mit den Verbrauchsfolgeverfahren des Fifo‐Verfahrens und des Lifo‐Verfahrens: Vorgang Datum Menge Wert Preis je ME Anfangsbestand Zugang Abgang Abgang Zugang Zugang Abgang Zugang 01.03. 06.03. 07.03. 12.03. 15.03. 21.03. 25.03. 29.03. 100 St. 20 St. 35 St. 25 St. 50 St. 25 St. 60 St. 15 St. 1.000,00 € 180,00 € 400,00 € 210,00 € 160,00 € 10,00 €/ St. 9,00 €/ St. 8,00 €/ St. 8,40 €/ St. 10,6666 €/ St. Endbestand 31.03. 90 St. Ermittlung des Wertes des Schlussbestands und des Verbrauchswertes mit dem Fifo-Verfahren: Verfahren Verbrauch (120 ME) Endbestand (90 ME) Fifo-Verfahren 100 St. × 10 €/ St. + 20 St. × 9 €/ St. 15 St. × 10,6666 €/ St. + 25 St. × 8,40 €/ St. + 50 St. × 8,00 €/ St. = 1.180,00 € = 770,00 € Bewertung des Verbrauchs: mit den ältesten Zugängen Bewertung des Endbestands: mit den neuesten Zugängen <?page no="102"?> 5.3 Bewertungsverfahren 103 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Ermittlung des Wertes des Schlussbestands und des Verbrauchswertes mit dem periodenbezogenen Lifo-Verfahren: Verfahren Verbrauch (120 ME) Endbestand (90 ME) periodenbezogenes Lifo-Verfahren 15 St. × 10,6666 €/ St. + 25 St. × 8,40 €/ St. + 50 St. × 8,00 €/ St. + 20 St. × 9,00 €/ St. + 10 St. × 10,00 €/ St. 90 St. × 10,00 €/ St. = 1.050,00 € = 900,00 € Bewertung des Verbrauchs: mit den neuesten Zugängen Bewertung des Endbestands: mit den ältesten Zugängen Ermittlung des Wertes des Schlussbestands und des Verbrauchswertes mit dem permanenten Lifo-Verfahren: Vorgang Datum Menge Preis je Stück Wert Wert Abgang Anfangsbestand 01.03. 100 St. 10,00 €/ St. 1.000,00 € + Zugang 06.03. + 20 St. 9,00 €/ St. + 180,00 € ‐ Abgang 07.03. ‐ 20 St. und ‐15 St. 9,00 €/ St. und 10,00 €/ St. ‐ 180,00 € ‐ 150,00 € 330,00 € ‐ Abgang 12.03. ‐ 25 St. 10,00 €/ St. ‐ 250,00 € 250,00 € + Zugang 15.03. + 50 St. 8,00 €/ St. + 400,00 € + Zugang 21.03. + 25 St. 8,40 €/ St. + 210,00 € ‐ Abgang 25.03. ‐ 25 St. und ‐ 35 St. 8,40 €/ St. und 8,00 €/ St. ‐ 210,00 € und ‐ 280,00 € 490,00 € + Zugang 29.03. + 15 St. 10,6666 €/ St. + 160,00 € = Endbestand 31.03. = 90 St. = 880,00 € Verbrauch 120 St. = 1.070,00 € Ermittlung des Wertansatzes des Endbestands Vorgang Datum Menge Preis je Stück Wert Anfangsbestand 01.03. 60 St. 10,00 €/ St. 600,00 € + Zugang 15.03. + 15 St. 8,00 €/ St. + 120,00 € + Zugang 29.03. + 15 St. 10,6666 €/ St. + 160,00 € = Endbestand 31.03. 90 St. = 880,00 € <?page no="103"?> 104 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Bei dem Lifo‐Verfahren werden die zuletzt erworbenen bzw. hergestellten Vermögens‐ gegenstände (die ältesten) zuerst verbraucht bzw. veräußert. Die alte Ware stellt den Endbestand dar, d. h. der Endbestand wird mit den ältesten Preisen bewertet. Übungsaufgabe 5.13: Sammelbewertungsverfahren In einem Unternehmen fanden im Jahr 01 folgende Lagerbewegungen statt: Datum Bewegungsart Menge Preis 01.01. Anfangsbestand 250 kg 40,00 €/ kg 20.01. Zugang 350 kg 44,00 €/ kg 01.03. Abgang 200 kg 04.06. Zugang 300 kg 46,00 €/ kg 26.07. Abgang 500 kg 13.10. Zugang 250 kg 50,00 €/ kg 10.12. Abgang 100 kg 31.12. Endbestand 350 kg a) Ermitteln Sie den Endbestand nach der gewogenen Durchschnittsmethode. Vorgang Menge x Preis je Mengeneinheit = Wert Anfangsbestand Zugang Zugang Zugang Summe aus Anfangsbestand und Zugängen b) Ermitteln Sie den Endbestand nach dem Fifo‐Verfahren. x = + x = Endbestand = = Der Endbestand besteht aus den _________________________________________________________________________ <?page no="104"?> 5.3 Bewertungsverfahren 105 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt c) Ermitteln Sie den Endbestand nach dem Lifo‐Verfahren. x = + x = Endbestand = = Der Endbestand besteht aus ______________________________________________________________________________ Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 5.14 und 5.15 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Pauschalbewertung 5.3.3 Pauschalwertberichtigungen dürfen nur gebildet werden, wenn sie nicht willkürlich vorgenom‐ men werden. Aus Erfahrungswerten geschätzte Pauschalwertberichtigungen kommen insbeson‐ dere für Pauschalwertberichtigungen auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie bei der Bewertung von Garantierückstellungen in Betracht. Prinzipiell besteht ein allgemeines Ausfallrisiko hinsichtlich des Forderungsbestandes. Die zusätzliche Pauschalwertberichtigung kann nur auf den verbleibenden Forderungsbestand nach der Berücksichtigung von Einzelwertberichtigungen (aufgrund konkreter Ausfallrisiken) gebil‐ det werden. Beispiel: Pauschalwertberichtigung Bei der Metallwaren GmbH beträgt der Nettoforderungsbestand zum Abschlussstichtag 1 Mio. €. In den vergangenen fünf Jahren belief sich der Forderungsausfall auf durchschnittlich 2,5 %. In diesem Geschäftsjahr ist daher eine Pauschalwertberichtigung in Höhe von 25.000 € zu bilden. Der Buchungssatz lautet: Abschreibungen auf Forderungen 25.000 an Pauschalwertberichtigung 25.000 Retrograde Bewertung 5.3.4 Bei der retrograden Bewertung, die vor allem im Einzelhandel angewendet wird, werden die Anschaffungskosten der Vorräte durch Abzug einer angemessenen Bruttogewinnspanne vom Verkaufspreis ermittelt. Beispiel: Retrograde Wertermittlung bei den Vorräten Ein Einzelhandelsunternehmen verkauft Jeanshosen für einen Nettoverkaufspreis von 70 €/ St. Der Lieferant gewährt dem Einzelhandelsunternehmen einen Rabatt von 10 %. Die durchschnitt‐ liche Bruttogewinnmarge liegt bei 40 %. Der retrograde Wert wird wie folgt ermittelt: <?page no="105"?> 106 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Nettoverkaufspreis der Jeanshose 70,00 € ‐ durchschnittliche Bruttogewinnspanne (40 %) ‐28,00 € = retrograd ermittelter Wert vor Rabatt = 42,00 € ‐ Lieferantenrabatt (10 %) ‐4,20 € = retrograd ermittelter Wert nach Rabatt = 37,80 € Verlustfreie Bewertung 5.3.5 Im Gegensatz zu den RHB‐Stoffen sind die fertigen und unfertigen Erzeugnisse für den Verkauf bestimmt. Das Vorsichtsprinzip gebietet eine außerplanmäßige Abschreibung, wenn die Herstel‐ lungskosten den voraussichtlichen Veräußerungserlös abzüglich noch anfallender Aufwendun‐ gen übersteigen. Die Vermögensgegenstände sollen zum Bilanzstichtag so weit abgewertet wer‐ den, dass nach dem Bilanzstichtag eine verlustfreie Bewertung möglich wird. Die Berechnung erfolgt nach dem folgenden Schema: Verlustfreie Bewertung vorsichtig geschätzter Verkaufspreis/ ‐erlös ‐ voraussichtliche Erlösschmälerungen (Rabatte, Skonti, Boni) = voraussichtlicher Nettoveräußerungserlös ‐ noch anfallende Herstellungskosten ‐ noch anfallende Vertriebskosten (Verpackung, Frachten, Provisionen) ‐ noch anfallende Verwaltungskosten (Einzelkosten der allg. Verwaltung) ‐ noch anfallende Kapitaldienstkosten (Zinsen für gebundenes Kapital) = aktueller beizulegender absatzmarktorientierter Wert Abb. 5.7: Ermittlung des beizulegenden Werts am Bilanzstichtag Übungsaufgaben 5.16, 5.17 und 5.18 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 5.4 Abschreibungen, Wertaufholungen und Beibehaltungswahlrechte Bei den Vermögensgegenständen des Anlagevermögens wird im Hinblick auf die Erfassung von Wertminderungen zwischen zwei Bewertungsgruppen unterschieden: Vermögensgegenstände mit zeitlich begrenzter Nutzung: Sie müssen planmäßig abge‐ schrieben werden. Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB bilden die um die planmäßigen Abschrei‐ bungen verminderten Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten die Wertobergrenze für die Bilanzierung und stellen die „fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten“ dar. Vermögensgegenstände mit zeitlich unbegrenzter Nutzung: Dies sind beispielsweise Grund und Boden, Beteiligungen und Wertpapiere. Sie werden grundsätzlich mit ihren An‐ schaffungskosten bewertet. Eine planmäßige Abschreibung gibt es bei ihnen nicht. Es können aber außerplanmäßige Wertminderungen auftreten. <?page no="106"?> 5.4 Abschreibungen, Wertaufholungen und Beibehaltungswahlrechte 107 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Planmäßige Abschreibungen 5.4.1 Bei Abschreibungen handelt es sich um Wertminderungen von Vermögensgegenständen, die durch Werteverzehr verursacht werden. Sie sind bei der Bewertung am Bilanzstichtag erfolgs‐ wirksam zu berücksichtigen. Gemäß § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB müssen Vermögensgegenstände des abnutzbaren Anlagevermögens (z. B. Gebäude, Maschinen, technische Anlagen, Betriebs‐ und Geschäftsausstattung) planmäßig abgeschrieben werden. Für die Ermittlung der Abschreibungshöhe ist nach § 253 Abs. 3 Satz 2 HGB zunächst ein Abschreibungsplan zu erstellen, in dem die folgenden Faktoren bestimmt werden: Abschreibungsvolumen = Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten (AHK) des Vermögens‐ gegenstandes abzüglich eines wahrscheinlichen Liquidationserlöses am Ende der Nutzungs‐ dauer Abschreibungsdauer = voraussichtliche Nutzungsdauer des Vermögensgegenstandes Abschreibungsverfahren Zu den planmäßigen Abschreibungsverfahren im Handelsrecht gehören die Zeit- und die Leistungsabschreibung. Bei der Zeitabschreibung gibt es folgende Varianten: Lineare Abschreibung: Bei ihr sind die Abschreibungsbeträge in jeder Periode gleich hoch. Der Abschreibungsbetrag errechnet sich durch Anwendung eines konstanten Abschreibungs‐ prozentsatzes auf die Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten, gegebenenfalls gekürzt um einen am Ende der Nutzungsdauer verbleibenden Liquidationserlös. jährlicher Abschreibungsbetrag = ö Geometrisch degressive Abschreibung: Im Periodenverlauf sinken die jährlichen Abschrei‐ bungsbeträge. Bei dieser Methode sind die Abschreibungen zunächst höher und werden im Laufe der Zeit niedriger. Die geometrisch-degressive Abschreibung arbeitet mit einem konstanten Prozentsatz, der im ersten Jahr auf die Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten und in den Folgejahren auf den Restbuchwert angewendet wird. Abschreibungsbetrag = Buchwert zu Beginn des Jahres x Abschreibungsprozentsatz Es ist bei dieser Methode unmöglich, am Ende der Nutzungsdauer auf einen Betrag von null zu kommen. Deshalb wird oft eine außerplanmäßige Abschreibung in Höhe des Restwertes vorgenommen oder noch während der Abschreibungszeit zur linearen Methode gewechselt. Falls bei der geometrisch‐degressiven Abschreibung am Ende der Nutzungsdauer ein Liqui‐ dationserlös garantiert ist, kann der Abschreibungsprozentsatz (p) nach folgender Formel ermittelt werden: Abschreibungsprozentsatz p 100 1 ö Arithmetisch degressive (digitale) Abschreibung: Bei der digitalen Abschreibung vermin‐ dert sich die Abschreibungsrate jedes Jahr um den gleichen Degressionsbetrag. Der Degressionsbetrag lässt sich mithilfe der Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten und der Summe der Nutzungsjahre berechnen: Degressionsbetrag (d) oder Berechnung der Summe der Nutzungsjahre mithilfe der Gaußschen Summenformel: Degressionsbetrag (d) <?page no="107"?> 108 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die jährlichen Abschreibungsbeträge ergeben sich aus dem Produkt des Degressionsbetrages und der Restnutzungsdauer der aktuellen Periode: Jährlicher Abschreibungsbetrag (t) = Degressionsbetrag × (n - t + 1). Progressive Abschreibung: Bei der progressiven Abschreibung steigen die Abschreibungs‐ beträge im Zeitverlauf an. Es wird unterstellt, dass der abnutzbare Anlagegegenstand in den ersten Jahren der Nutzungsdauer weniger und in den späteren Jahren mehr genutzt - und somit entwertet - wird. Die Anwendung der progressiven Methode ist handelsrechtlich nur in Ausnahmefällen erlaubt, weil sie das Vorsichtsprinzip nicht ausreichend berücksichtigt. Eine mögliche Ausnahme stellt beispielsweise eine zu Beginn nur schwach ausgeprägte Kapazi‐ tätsausnutzung, die im Laufe der Nutzungsdauer stärker anwächst, dar. Nach dem Steuer‐ recht darf die progressive Methode nicht angewandt werden. 50 Die leistungsabhängige Abschreibung bezieht sich auf die geschätzte Gesamtleistung des Vermögensgegenstandes (z. B. in Kapazität als gesamte produzierte Stückzahl einer Maschine oder als gesamte Laufzeit). Die jährliche Abschreibungshöhe ergibt sich als Folge der Inan‐ spruchnahme in der jeweiligen Periode. Es muss die voraussichtliche Leistungsabgabe über die gesamte Nutzungsdauer geschätzt werden und die tatsächlich in Anspruch genommene Leistung pro Periode nachgewiesen werden. Die Berechnung des jährlichen Abschreibungs‐ betrags erfolgt gemäß der folgenden Formel: jährliche Abschreibung = ö Periodenleistung Diese Abschreibungsmethode bietet sich besonders dann an, wenn der Vermögensgegen‐ stand nicht gleichbleibend stark ausgelastet ist. Die leistungsabhängige Abschreibung darf sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich angewandt werden. Im Steuerrecht wird aber nach § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG ein Nachweis der tatsächlich erbrachten Periodenleistung vorausgesetzt. 51 Zulässige Abschreibungen nach Handels- und Steuerrecht Abschreibungsmethode Ermittlung Zulässigkeit Handels‐ recht Steuer‐ recht linear = ja ja progressiv jährliche Abschreibungsbeträge steigen während der Nutzungsdauer ja nein geometrisch‐degressiv Mittels eines festgelegten Abschreibungs‐ satzes vom Buchwert ja nein arithmetisch‐degressiv (digital) Anteil der Anschaffungs‐ oder Herstellungs‐ kosten in gleichmäßig sinkenden Beträgen ja nein Leistungsabschreibung Nach Maßgabe der Inanspruchnahme (nach Leistungsabgabe) ja ja Abb. 5.8: Planmäßige Abschreibungsmethoden nach Handels‐ und Steuerrecht Übungsaufgaben 5.19, 5.20 und 5.21 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 50 Vgl. Heno, R.: Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards, 2010, S. 271. 51 Vgl. Heno, R.: Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards, 2010, S. 267. <?page no="108"?> 5.4 Abschreibungen, Wertaufholungen und Beibehaltungswahlrechte 109 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Außerplanmäßige Abschreibungen und Wertaufholungen 5.4.2 Neben den planmäßigen Abschreibungen, die regelmäßig bei abnutzbarem Anlagevermögen vor‐ genommen werden, gibt es zusätzlich noch außerplanmäßige Abschreibungen. Sie sind bei außergewöhnlichen Wertminderungen zu berücksichtigen, die unter anderem durch Katastro‐ phen (Feuer, Unwetter, Unfälle), eine zu starke Inanspruchnahme der Vermögensgegenstände oder auch durch technische Fortschritte (Entwicklungen) verursacht werden. Liegt eine außerplanmäßige Wertminderung vor, muss zunächst eingeschätzt werden, ob die Wertminderung dauerhaft oder nur vorübergehend ist. Bei Wegfall der Gründe für eine außer‐ planmäßige Abschreibung muss eine Wertaufholung (Zuschreibung) erfolgen. Es gelten die folgenden Regelungen: Außerplanmäßige Abschreibungen müssen bei einer Wertminderung im Umlaufvermögen und bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung im Anlagevermögen auf den niedrigeren beizulegenden Wert vorgenommen werden. Ist die Wertminderung aber nur von vor‐ übergehender Dauer, dürfen außerplanmäßige Abschreibungen auf Sachanlagen und immate‐ rielle Vermögensgegenstände nicht vorgenommen werden. Nur für Finanzanlagen besteht gemäß § 253 Abs. 3 Satz 4 HGB ein Wahlrecht zur außerplanmäßigen Abschreibung. Beim An‐ lagevermögen gilt das gemilderte und beim Umlaufvermögen das strenge Niederstwertprinzip. Es gilt ein umfassendes Wertaufholungsgebot, wenn die Gründe für außerplanmäßige Abschreibungen nicht mehr bestehen (§ 253 Abs. 5 Satz 1 HGB). Die Wertobergrenze für das nicht abnutzbare Anlagevermögen bilden die Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten und für das abnutzbare Anlagevermögen die fortgeführten Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten. Beim Umlaufvermögen müssen die Zuschreibungen maximal bis zu den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten vorgenommen werden. Es besteht ein Wertaufholungsverbot beim derivativen (entgeltlich erworbenem) Geschäfts‐ oder Firmenwert (§ 253 Abs. 5 Satz 2 HGB). Merke Wertaufholungen, sprich Zuschreibungen, müssen beim nicht abnutzbaren Anlagevermö‐ gen maximal bis zu den Anschaffungskosten und beim abnutzbaren Anlagevermögen maximal bis zu den fortgeführten Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten vorgenommen werden. Es besteht lediglich beim derivativen (entgeltlich erworbenen) Geschäfts‐ oder Firmenwert ein Wertaufholungsverbot, d. h. der niedrigere Wertansatz ist gemäß § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB beizubehalten. Die Möglichkeit einer Wertaufholung besteht nur, wenn zuvor eine außerplanmäßige Abschrei‐ bung vorgenommen wurde. Planmäßige Abschreibungen müssen beibehalten werden. Allerdings besteht die Möglichkeit, den Abschreibungsplan zu ändern und an die neuen Umstände anzupas‐ sen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn sich für den Vermögensgegenstand eine längere Nut‐ zungsdauer als die ursprünglich geschätzte Nutzungsdauer ergibt. 52 Beispiel: Änderung der Nutzungsdauer Die XY GmbH erwirbt zu Beginn des Jahres 01 eine neue Maschine zu Anschaffungskosten von 400.000 €. Die Maschine wird linear abgeschrieben. Die Nutzungsdauer wird (anfangs) auf 8 Jah‐ 52 Vgl. Bitz, M. et al.: Der Jahresabschluss, 2011, S. 288 f. <?page no="109"?> 110 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt re geschätzt. Am Ende des Jahres 05 stellt sich jedoch heraus, dass die Maschine insgesamt 14 Jahre genutzt werden kann. Lösung: Für die Jahre 01 bis 04 werden Abschreibungen in Höhe von jeweils 50.000 € (= 400.000 € : 8 Jahre) vorgenommen. Der Restbuchwert am Ende des Jahres 04 beträgt also 200.000 € (= 400.000 € - 200.000 €). Ab dem Jahr 05 verlängert sich die Nutzungsdauer um weitere 6 Jahre auf insgesamt 14 Jahre. Eine Wertaufholung ist hier nicht zulässig, allerdings ändert sich durch die längere Nutzungsdauer der Abschreibungsplan. Die jährlichen Abschrei‐ bungen für die Jahre 05 bis 14 betragen jährlich 20.000 €/ Jahr (= 200.000 € : 10 Jahre). Übungsaufgabe 5.22: Außerplanmäßige Abschreibung Ein Industrieunternehmen kauft am 01.01.01 eine Maschine mit Anschaffungskosten in Höhe von 1 Mio. €. Die voraussichtliche Nutzungsdauer der Maschine beträgt 10 Jahre. Die Maschine wird planmäßig linear abgeschrieben. Am 31.12.02 stellt das Unternehmen fest, dass aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wert‐ minderung die Maschine nur noch einen Wert in Höhe von 320.000 € hat. Überraschenderweise stellt man am 31.12.04 fest, dass der Grund für die außerplanmäßige Abschreibung entfallen ist. Der tatsächliche Marktwert der Maschine beträgt, gemäß einem Gutachter, nachweislich 850.000 €. Geben Sie die Buchungen zum 31.12. und die Wertansätze der Bilanz für die Geschäftsjahre 01 bis 04 an. Tragen Sie bitte die Ergebnisse in die unten vorgegebenen Formulare ein. Buchungssatz am 31.12.01 an Bilanzwert am 31.12.01 = _______________________________________________________________________________ Buchungssatz am 31.12.02 an an Bilanzwert am 31.12.02 = _______________________________________________________________________________ Buchungssatz am 31.12.03 an Bilanzwert am 31.12.03 = _______________________________________________________________________________ Buchungssatz am 31.12.04 an an Bilanzwert am 31.12.04 = _________________________________________________________________________________ Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgaben 5.23, 5.24 und 5.25 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="110"?> 5.5 Bewertung einzelner Bilanzposten 111 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 5.5 Bewertung einzelner Bilanzposten Innerhalb des Vermögens gibt es grundsätzliche Bewertungsregeln, die insbesondere nach Anlage‐ und Umlaufvermögen unterschieden werden. Bewertung des Anlagevermögens 5.5.1 Grundsätzlich dürfen im Sinne des § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB Vermögensgegenstände höchstens mit ihren Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten abzüglich der Abschreibungen bewertet wer‐ den. Die folgende Abbildung zeigt die Bewertungsvorschriften für das Anlagevermögen. abnutzbares Anlagevermögen nicht abnutzbares Anlagevermögen abnutzbare Sachanlagen: z. B. Gebäude, Gebäudeteile, Maschinen, BGA, Fuhrpark immaterielle Vermögensgegenstände: z. B. Lizenzen, Konzessionen, derivativer Ge‐ schäfts‐ oder Firmenwert Sachanlagen nicht abnutzbar: z. B. Grund‐ stücke, geleistete Anzahlungen, Anlagen in Bau, Kunstwerke Finanzanlagen: z. B. Wertpapiere, Beteili‐ gungen Bewertung zum Bilanzstichtag Höchstens zu den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten Dies sind die Anschaffungs‐ oder Herstellungs‐ kosten abzüglich der planmäßigen Abschrei‐ bung (linear, degressiv, progressiv oder Leis‐ tungsabschreibung). Höchstens zu den Anschaffungskosten Ausnahme: Zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente sind nur bei Kredit‐ und Finanzinstitutionen zum beizulegenden Zeit‐ wert zu bewerten. zusätzlich außerplanmäßige Abschreibung bei dauernder Wertminderung Es gilt das gemilderte Niederstwertprinzip. außerplanmäßige Abschreibung bei dauernder Wertminderung Es gilt das gemilderte Niederstwertprinzip. Sonderfall vorübergehende Wertminderung bei Finanzanlagen Es dürfen außerplanmäßige Abschreibungen bei einer vorübergehenden Wertminderung nur bei Finanzanlagen (z. B. Wertpapiere) vorgenommen werden. Es gilt das „eingeschränkte Niederstwertprinzip“. Wertaufholung Es besteht ein Wertaufholungsgebot(-pflicht) gemäß § 253 Abs. 5 HGB, maximal bis zu den fortgeführten Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten. Ausnahme: derivativer Geschäfts‐ oder Firmenwert (Wertaufholungsverbot). Abb. 5.9: Bewertungsregeln für das Anlagevermögen Bewertung des Umlaufvermögens 5.5.2 Die Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens (z. B. Vorräte, Forderungen Wertpapiere, Bank‐ und Kassenbestände) sind zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB) oder zum niedrigeren beizulegenden Wert (§ 253 Abs. 4 Satz 1 HGB) anzusetzen. Bei der Bewertung des Umlaufvermögens muss das strenge Niederstwertprinzip berücksichtigt werden. Die folgende Abbildung zeigt die Bewertungsvorschriften für das Umlaufvermögen. <?page no="111"?> 112 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bewertung des Umlaufvermögens (allgemein) Ausgangswert/ Obergrenze Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB Bewertung zum Bilanzstichtag Abschreibungspflicht Anschaffungs‐ oder Herstel‐ lungskosten (AK oder HK) beizulegender Zeitwert Von zwei möglichen Werten muss immer der niedrigere Wert genommen werden. Es gilt das „strenge Niederstwertprinzip“. Wertaufholung Es besteht ein Wertaufholungsgebot(-pflicht), maximal bis zu den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten. Abb. 5.10: Bewertungsregeln für das Umlaufvermögen Bewertung des Umlaufvermögens (nach Bilanzposten) Posten Ausgangsbewertung vor Abschreibungspflicht Vorräte Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten Forderungen, sonstige Vermögensgegenstände Nennwert: bei einwandfreien Forderungen Barwert: unverzinsliche bzw. niedrig verzinsliche Forderungen Währungsforderungen: Devisenkassamittelkurs Wertpapiere und flüssige Mittel Anschaffungskosten Nennwert Geldkurs Wechsel sind zu diskontieren Abb. 5.11: Bewertungsmaßstäbe für das Umlaufvermögen 5.5.2.1 Bewertung der Vorräte Zum Vorratsvermögen gehören: Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe, Vorprodukte und Fremdbauteile, fertige und unfertige Erzeugnisse/ Dienstleistungen sowie Handelswaren. Für die Bewertung der Vorräte können die folgenden Bewertungsverfahren angewandt werden: Bewertung der Vorräte Einzelbewertung Die Einzelbewertung ist immer korrekt. verlustfreie Bewertung Orientierung am Beschaffungs‐ oder Absatzmarkt Bewertungsvereinfachungsverfahren Gruppenbewertung (einfach gewogene und gleitend gewogene Durchschnittsbewertung) Verbrauchsfolgeverfahren (Fifo‐ und Lifo‐Verfahren) Festbewertung Der Niederstwerttest ist aufgrund des strengen Niederstwertprinzips immer durchzuführen. Abb. 5.12: Bewertung der Vorräte <?page no="112"?> 5.5 Bewertung einzelner Bilanzposten 113 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 5.5.2.2 Außerplanmäßige Abschreibung bei den Vorräten Gemäß § 253 Abs. 4 HGB gilt für das Umlaufvermögen das strenge Niederstwertprinzip, d. h., es besteht eine Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung bei vorübergehender Wertminde‐ rung auf einen niedrigeren vom Börsen‐ oder Marktpreis abgeleiteten Wert. Bei den Vorräten wird der Vergleichsmaßstab für den ermittelten Buchwert vom Absatz‐ oder Beschaffungsmarkt abgeleitet. Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick. RHB-Stoffe Unfertige und fertige Erzeugnisse Handelswaren nicht fremdbeziehbar fremdbeziehbar Normal‐ bestände Beschaf‐ fungsmarkt Absatzmarkt Beschaffungs‐ markt Beschaffungs‐ oder Absatzmarkt (dop‐ peltes Niederstwert‐ prinzip) Überbestände Absatzmarkt Beschaffungs‐ oder Absatzmarkt (doppeltes Niederstwertprinzip) Abb. 5.13: Anwendungsbereich des Beschaffungs‐ und des Absatzbereichs Merke Es besteht eine Pflicht zur Wertaufholung, wenn der Grund der Wertminderung nicht mehr besteht. Übungsaufgabe 5.26: Bewertung zum Bilanzstichtag Von einem Unternehmen sind zum Bilanzstichtag drei Posten zu bewerten. Hierbei handelt es sich um: − Wertpapiere des Anlagevermögens: Anschaffungskosten am 01.01.01 = 100.000 € − Maschine: Anschaffungskosten am 01.01.01 = 200.000 €, Nutzungsdauer 10 Jahre, lineare Abschreibung − Vorräte: Anschaffungskosten am 01.01.01 = 80.000 € a) Zum Bilanzstichtag am 31.12.01 liegen folgende beizulegende Werte (dauerhaft) vor: − Wertpapiere des Anlagevermögens = 125.000 € − Maschine = 190.000 € − Vorräte = 95.000 € b) Zum Bilanzstichtag am 31.12.02 liegen folgende beizulegende Werte (dauerhaft) vor: − Wertpapiere des Anlagevermögens = 65.000 € − Maschine = 125.000 € − Vorräte = 60.000 € c) Zum Bilanzstichtag am 31.12.02 liegen folgende beizulegende Werte (vorübergehend) vor: − Wertpapiere des Anlagevermögens = 65.000 € − Maschine = 125.000 € − Vorräte = 60.000 € <?page no="113"?> 114 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Mit welchem Wert sind die drei Posten in der Bilanz zum 31.12.01 und zum 31.12.02 anzuset‐ zen? Nutzen Sie bitte die folgenden Tabellen. Fall a): Bewertung zum 31.12.01 Posten Wert Begründung Wertpapiere Maschine Vorräte Fall b): Bewertung zum 31.12.02 (dauerhaft) Posten Wert Begründung Wertpapiere Maschine Vorräte Fall c): Bewertung zum 31.12.02 (vorübergehend) Posten Wert Begründung Wertpapiere Maschine Vorräte Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Bewertung der Verbindlichkeiten 5.5.3 Verbindlichkeiten sind in der Handelsbilanz grundsätzlich zu ihrem Erfüllungsbetrag anzu‐ setzen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Der Erfüllungsbetrag ist der Betrag, der aufgewendet werden muss, um eine Verpflichtung zu begleichen. Hierbei spricht man auch vom Rückzahlungsbetrag (welcher benötigt wird, damit eine Verbindlichkeit erlischt). 53 Verbindlichkeiten, die aus Sach‐ und Dienstleistungsverpflichtungen entstanden sind, sind mit Vollkosten zu bewerten. Dazu zäh‐ len in der Regel alle Kostenarten einschließlich der Einzelkosten und den notwendigen Gemein‐ kosten. Verbindlichkeiten werden grundsätzlich nicht abgezinst - weder normalverzinsliche Verbindlichkeiten noch unverzinsliche oder niedrig verzinsliche Verbindlichkeiten. 54 Hierbei würde es sich um einen Verstoß gegen das Realisationsprinzip handeln, da es sich bei der Abzin‐ sungsbuchung um eine Vorwegnahme zukünftiger Zinserträge handeln würde. 55 53 Heno, R.: Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards (IFRS), 2010, S. 443. 54 Wulf, I. & Müller, S.: Bilanztraining - Jahresabschluss, Ansatz und Bewertung, 2013, S. 181. 55 Heno, R.: Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards (IFRS), 2010, S. 444. <?page no="114"?> 5.5 Bewertung einzelner Bilanzposten 115 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Das Pendant zum Niederstwertprinzip für die Aktiv‐Seite der Bilanz bildet das Höchstwertprinzip für die Passiv‐Seite. Es besagt, dass für die Bewertung von Verbindlichkeiten in der Han‐ delsbilanz, von zwei möglichen Werten, der höhere Wert angesetzt wird. Dies bedeutet, dass bei einem niedrigeren Zeitwert am Bilanzstichtag der höhere (historische) Erfüllungsbetrag bzw. umgekehrt bei einem höheren Zeitwert am Bilanzstichtag dieser höhere Wert in der Handels‐ bilanz passiviert werden muss. Steuerrechtlich sind Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu bewerten. Demnach kommen als Bewertungsmaßstab für die Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz die Anschaffungskosten und der Teilwert in Be‐ tracht. Da sich die Anschaffungskosten nicht so einfach auf die Verbindlichkeiten übertragen las‐ sen, wird auch hier der Erfüllungsbetrag gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB als Maßstab verwen‐ det. 56 Steuerrechtlich müssen alle unverzinslichen Verbindlichkeiten mit einem Diskontierungs‐ zinssatz von 5,5 % abgezinst werden. Ausgenommen von der Abzinsung sind nur: Verbindlichkeiten, deren Restlaufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt, Verbindlichkeiten, die verzinslich sind und Verbindlichkeiten, die auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen. Bewertung von Verbindlichkeiten nach HGB Verbindlichkeiten Bewertung Grundsatz Erfüllungsbetrag und Höchstwertprinzip Rentenverpflichtung versicherungsmathematischer Barwert Disagio Aktivierungswahlrecht nach § 250 Abs. 3 HGB un‐ bzw. niedrigverzinsliche Verbindlichkeiten Erfüllungsbetrag, keine Abzinsung Fremdwährungsverbindlichkeiten Erfüllungsbetrag am Tag der Buchung, ggf. höherer Stich‐ tagswert bei Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von über einem Jahr. Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr erfolgt die Bewertung zum Devi‐ senkassamittelkurs, d. h. es können sowohl Kursverluste als auch Kursgewinne erfolgswirksam ausgewiesen werden. Abb. 5.14: Bewertung von Verbindlichkeiten Beispiel: Ansatz von Verbindlichkeiten nach dem Handelsrecht Der XY AG wird zum Jahresende 01 ein Kredit in Höhe von 50.000 € gewährt. Bei Fälligkeit in zehn Jahren hat das Unternehmen 51.500 € zurückzuzahlen. Da das Handelsrecht vorschreibt, Verbindlichkeiten grundsätzlich mit ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen, muss der Rückzah‐ lungsbetrag von 51.500 € passiviert werden. Beispiel: Höchstwertprinzip bei der Bewertung von Verbindlichkeiten Die XY GmbH hat im November 01 Waren aus den USA für 12.500 US$ bezogen. Die Verbindlich‐ keit ist in US‐Dollar zu begleichen. Bei der Lieferung lag der Kurs bei 1,50 €/ US$. Zum Bilanz‐ 56 Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 2015, S. 782. <?page no="115"?> 116 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt stichtag ist der Dollarkurs gestiegen und beträgt 1,65 €/ US$. Mit welchem Betrag ist die Ver‐ bindlichkeit am Bilanzstichtag, den 31.12.01, anzusetzen? Lösung: Die Anschaffungskosten der Verbindlichkeit betrugen 18.750 €. Der Erfüllungsbetrag der Verbindlichkeit zum Bilanzstichtag beträgt 20.625 €. Die Verbindlichkeit wird mit dem höheren Erfüllungsbetrag in Höhe von 20.625 € bilanziert. Am Bilanzstichtag ist somit eine Buchung der Kursdifferenz vorzunehmen. Der Buchungssatz lautet: Aufwendungen aus Kursdifferenzen 1.875 an Verbindlichkeiten aLuL 1.875 Wie wäre die Verbindlichkeit anzusetzen, falls der Kurs zum Bilanzstichtag auf 1,45 €/ US$ gesunken ist? Lösung: Die Anschaffungskosten betrugen 18.750 €. Der Erfüllungsbetrag der Verbindlichkeit liegt in diesem Fall bei 18.125 €. Dem Höchstwertprinzip zufolge muss die Verbindlichkeit zum Bilanzstichtag mit den höheren Anschaffungskosten in Höhe von 18.750 € passiviert werden. Übungsaufgabe 5.27 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 5.5.3.1 Disagio Ein Disagio (Abgeld) entsteht, wenn beispielsweise der Auszahlungsbetrag eines Darlehens ge‐ ringer ist als der Erfüllungsbetrag. Beim Disagio besteht im handelsrechtlichen Jahresabschluss ein Bilanzierungswahlrecht, das Abgeld kann entweder sofort als Zinsaufwand ausgewiesen werden oder als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten verbucht werden. Bei einer Aktivierung des Disagios wird der Rechnungsabgrenzungsposten planmäßig bis zum Ende der Laufzeit abge‐ schrieben. In beiden Fällen ist als Verbindlichkeit der höhere Erfüllungsbetrag zu passivieren. Steuerrechtlich besteht dagegen kein Wahlrecht, sondern ein Bilanzierungsgebot, d. h. das Dis‐ agio muss aktiviert werden. Beispiel: Disagio Ein Unternehmen nimmt im Januar ein endfälliges Darlehen über 100.000 € mit einem Disagio von 4 % auf. Die Darlehenslaufzeit beträgt vier Jahre. Buchungssatz: Aktivierung des Disagios Bank 96.000 Aktiver RAP (Disagio) 4.000 an Darlehen 100.000 Am Geschäftsjahresende: Abschreibung Disagio 1.000 an Aktiver RAP (Disagio) 1.000 Buchungssatz: Disagio wird als Aufwand verbucht Bank 96.000 Disagioaufwand (Zinsaufwand) 4.000 an Darlehen 100.000 <?page no="116"?> 5.5 Bewertung einzelner Bilanzposten 117 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Das Disagio stellt eine Ausgabe dar, die mit dem Zufluss des Darlehensbetrages zustande gekom‐ men ist, aber erst zu einer bestimmten Zeit nach dem Bilanzstichtag auftritt. Eine lineare Vertei‐ lung des Disagios tritt allerdings nur bei endfälligen Darlehen auf. Da das Abgeld zinsähnliche Eigenschaften aufweist, ist es bei Tilgungsdarlehen (Annuitäten‐ und Ratendarlehen) auch dem‐ entsprechend zu behandeln. Das bedeutet, dass die Verteilung nicht mehr linear, sondern degressiv nach der Zinsstaffelmethode, stattfindet. 57 Beispiel 7: 58 Disagio nach Steuerrecht mit degressiver Verteilung Die XY GmbH nimmt im Januar 01 ein Annuitätendarlehen in Höhe von 200.000 € mit einem Disagio von 5 % und einer Laufzeit von 4 Jahren auf. Wie ist das Annuitätendarlehen steuerlich zu erfassen? Da es sich hierbei um ein Tilgungsdarlehen handelt, wird das Disagio degressiv und nicht linear auf die Laufzeit von 4 Jahren verteilt. Nach der Zinsstaffelmethode ist das Disagio in Höhe von 10.000 € mit folgender Formel auf die Laufzeit zu verteilen: S n = n/ 2 ⨯ (n+1) mit n = Anzahl der Raten. Daraus ergeben sich folgende jährliche Zahlungen: S n = 4/ 2 ⨯ (4+1) = 10 Jahr 1 = (10.000 € : 10) ⨯ 4 = 4.000 € Jahr 2 = (10.000 € : 10) ⨯ 3 = 3.000 € Jahr 3 = (10.000 € : 10) ⨯ 2 = 2.000 € Jahr 4 = (10.000 € : 10) ⨯ 1 = 1.000 € Summe 10.000 € Buchungssatz: Erfassung des Annuitätendarlehens im Januar 01 Bank 190.000 Aktiver RAP (Disagio) 10.000 an Darlehen 200.000 Abschreibung des Disagios Ende 01: Abschreibung Disagio 4.000 an Aktiver RAP (Disagio) 4.000 Abschreibung des Disagios Ende 02: Abschreibung Disagio 3.000 an Aktiver RAP (Disagio) 3.000 5.5.3.2 Agio Ein eventuelles Agio (Erfüllungsbetrag ist niedriger als der Ausgabebetrag) ist als passiver Rech‐ nungsabgrenzungsposten zu verbuchen und über die Laufzeit ertragswirksam aufzulösen. Das Agio bildet den Gegensatz zum Disagio, welches wörtlich Aufgeld bedeutet. Dieses entsteht, wenn der Wert des Erfüllungsbetrags niedriger als der Ausgabebetrag ist. Das Agio tritt häufig in 57 Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 2015, S. 356 f. 58 Falterbaum, H. et al.: Buchführung und Bilanz, 2015, S. 356 f. <?page no="117"?> 118 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Verbindung mit einem Wertpapierkauf oder einer Kreditaufnahme auf. Man könnte also sagen, dass das Agio eine Gebühr darstellt, die die Kreditinstitute erheben. Die Verteilung des Agios er‐ folgt auch hier über einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten, was sowohl handelsbilanziell als steuerbilanziell zutrifft. Beispiel: Agio Ein Unternehmen kauft am 01.01.01 eine 5‐jährige Inhaberschuldverschreibung über 100.000 € mit einen Auszahlungskurs von 95,0 % bei einer jährlichen Nominalverzinsung von 4 %. Buchungssatz am 01.01.01: Agio wird als Ertrag verbucht. Schuldverschreibung 100.000 an Bank 95.000 an passiver RAP (Agio) 5.000 Buchungssatz am 31.12.01: passiver RAP 1.000 an Agioertrag 1.000 Bank 4.000 an Zinsertrag 4.000 Beispiel: Agio Ein Unternehmen geht am 01.01.00 an die Börse. Die Nennwertaktie hat einen Wert von einem Euro. Es werden 5 Mio. Aktien ausgegeben. Der Ausgabekurs der Aktie liegt bei 12 € pro Aktie. Buchungssatz am 01.01.00: Bank 60 Mio. an gezeichnetes Kapital 5 Mio. an Kapitalrücklage (Agio) 55 Mio. Übungsaufgabe 5.28 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Rückstellungen 5.5.4 Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Durch die Verwendung des Begriffs „Erfüllungsbetrag“ hat der Gesetzgeber eine Parallele zur Verbindlichkeitsbewertung gezogen und sichergestellt, dass künftige Preis‐ und Kostensteigerungen bei der Bewertung der Rückstellungen zu beachten sind. Auch beinhaltet der Begriff „kaufmännische Beurteilung“, dass vorsichtig zu bewerten ist, was sich wiederum auch in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB findet. Dort fordert der Gesetzgeber eine vorsichtige Bewertung und Berücksichtigung namentlich aller vorherseh‐ baren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlusstag entstanden sind, selbst wenn diese zwi‐ schen dem Abschlusstag und der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind. Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlusstag realisiert sind. Da Rückstellungen in ihrer Existenz und/ oder ihrer Höhe unsicher sind, muss die Höhe der zu bildenden Rückstellung geschätzt werden. <?page no="118"?> 5.5 Bewertung einzelner Bilanzposten 119 Übungsaufgabe 5.29: Multiple Choice Entscheiden Sie, welche der folgenden Aussagen richtig oder falsch sind. richtig falsch 1) Für aktive latente Steuern besteht eine Aktivierungspflicht und für passive latente Steuern besteht ein Passivierungswahlrecht. 2) Bei einer Emission von jungen Aktien ist das Aufgeld im Rahmen einer Kapitalerhöhung in die Verbindlichkeiten einzustellen. 3) Neben der Bilanz und der Gewinn‐ und Verlustrechnung müssen alle Kapitalgesellschaften ihren Jahresabschluss um einen Anhang erwei‐ tern und einen Lagebericht erstellen. 4) Bei einer Bürgschaft handelt es sich um eine Eventualverbindlichkeit, die nicht in einem Bilanzposten, sondern unter dem Bilanzstrich aus‐ zuweisen ist oder von Kapitalgesellschaften wahlweise im Anhang angegeben werden darf. 5) Rückstellungen sind auch für Gewährleistungen zu bilden, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden. 6) Ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten ist für Ausgaben (Aus‐ zahlungen) zu bilden, die einen Aufwand, für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag, darstellen. 7) Bei der planmäßigen geometrisch‐degressiven Abschreibung wird am Ende der Nutzungsdauer der Wert null erreicht. 8) Die lineare Abschreibung ist nur bei beweglichen Anlagegütern erlaubt. 9) Erhaltene Skonti mindern die Anschaffungskosten. 10) Geringwertige Wirtschaftsgüter bis 150 € (ohne USt) können sofort als Aufwand verbucht werden. 11) Die lineare Abschreibung darf in der Handelsbilanz für alle abnutz‐ baren Vermögensgegenstände des Anlagevermögens angewendet werden. 12) Eine außerplanmäßige Abschreibung bei abnutzbaren Anlagegütern wird durch Anwendung einer planmäßigen degressiven Abschrei‐ bung stets vermieden. 13) Eine passive latente Steuer entsteht, wenn Schulden in der Handels‐ bilanz niedriger bewertet werden als in der Steuerbilanz. Übungsaufgabe 5.30 und 5.31 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="119"?> 120 Schritt 5: Grundlagen der Bewertung Eigene Notizen <?page no="120"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 6: Bilanzierung und Bewertung von latenten Steuern Lernziele Nach Bearbeitung dieses Kapitels werden Sie die folgenden Fragen beantworten können: Was sind latente Steuern und wozu dienen sie? Wie werden latente Steuern bewertet und berechnet? Wen betrifft die Bilanzierung von latenten Steuern? Wodurch entstehen latente Steuern? Gibt es ein Wahlrecht oder eine Pflicht zur Bilanzierung von latenten Steuern? Besteht bei der Bildung von aktiven latenten Steuern eine Ausschüttungssperre? 6.1 Latente Steuern Latente Steuern (latent von lateinisch = verborgen) stellen den Unterschiedsbetrag zwischen den sich tatsächlich ergebenden betrieblichen Gewinnsteuern aufgrund der steuerlichen Gewinn‐ ermittlung und den fiktiven Gewinnsteuern dar, die sich ergeben würden, falls das handelsrecht‐ liche Jahresergebnis die Bemessungsgrundlage für die Gewinnsteuer wäre. Die latenten Steuern sind nach dem international üblichen bilanzorientierten Temporary- Konzept abzugrenzen. Steuerabgrenzungen sind somit auf Differenzen zwischen den Bilanz‐ ansätzen in der Handels‐ und Steuerbilanz vorzunehmen. Das hat zur Folge, dass auch auf quasipermanente Differenzen und auf erfolgsneutral entstandene Differenzen Steuerabgrenzungen anzusetzen sind. Abweichende Regelungen im Handels‐ und Steuerrecht führen dazu, dass die Wertansätze der‐ selben Vermögens‐ bzw. Schuldposten in der Handels‐ und in der Steuerbilanz unterschiedlich hoch sein können. Des Weiteren werden einige Bilanzposten nur in der Handelsbilanz, aber nicht in der Steuerbilanz angesetzt. Eine latente Steuerabgrenzung kommt nur bei der Erstellung der Handelsbilanzen in Betracht. Latente Steuern resultieren aus Ansatz‐ und Bewertungsunterschieden zwischen der Handels‐ und der Steuerbilanz. Daraus ergeben sich sowohl latente Steueransprüche (aktive latente Steu‐ ern) als auch latente Steuerschulden (passive latente Steuern). Aktive latente Steuern können außerdem aus ungenutzten steuerlichen Verlusten (Verlustvorträge) entstehen, wenn in den nächsten fünf Jahren eine Verlustverrechnung zu erwarten ist. Aktive latente Steuern fallen, einfach ausgedrückt, dann an, wenn das Handelsbilanzergebnis niedriger ist als das Steuerbilanzergebnis (Aktivierungswahlrecht). Ist umgekehrt das Handels‐ bilanzergebnis höher als das Steuerbilanzergebnis, müssen passive latente Steuern gebildet werden (Passivierungspflicht). Zukünftige steuerliche Belastungen und Entlastungen werden durch den Ansatz latenter Steuern in der Handelsbilanz abgebildet, sofern ihre Ursache im betreffenden oder in einem früheren Geschäftsjahr liegt. <?page no="121"?> 122 Schritt 6: Bilanzierung und Bewertung von latenten Steuern uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke aktive latente Steuern = künftige „Steuerentlastungen“ passive latente Steuern = künftige „Steuerbelastungen“ Mit der latenten Steuerabgrenzung im handelsrechtlichen Abschluss möchte man den Steuer‐ aufwand auf die Höhe des Handelsbilanzgewinnes abstimmen. Es wird unterstellt, dass der Han‐ delsbilanzgewinn Steuerbemessungsgrundlage ist (und nicht der Steuerbilanzgewinn). Die tat‐ sächlich zu zahlende Steuer wird anhand der steuerlichen Gewinnermittlung festgesetzt. Entstehungsmöglichkeiten für latente Steuern 6.1.1 Bei Vermögensgegenständen führt ein höherer Ansatz in der Steuerbilanz als in der Handels‐ bilanz zu aktiven latenten Steuern. In den zukünftigen Geschäftsjahren resultieren daraus höhere steuerliche Abschreibungen. Aufgrund dieser Tatsache ergibt sich eine steuerliche Entlastung zukünftiger, nach HGB ausgewiesener Gewinne. 59 Bei Schulden (z. B. Rückstellungen) führt ein niedrigerer steuerlicher Ansatz zu aktiven latenten Steuern, weil die zukünftige Realisation zu einem zusätzlichen steuerlichen Aufwand führt (z. B. eine Drohverlustrückstellung nach HGB, die steuerlich nicht gebildet werden darf). 60 Mögliche Gründe für die Entstehung von aktiven latenten Steuern: Die handelsrechtliche Herstellungskostenermittlung ist niedriger als die steuerliche Herstellungskostenermittlung (Ansatz der Herstellungskosten in der Handelsbilanz zu Teilkos‐ ten, während in der Steuerbilanz darüber hinaus die Verwaltungskosten und bestimmte Sozial‐ kosten gemäß § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB aktiviert werden), Verrechnung von höheren Abschreibungen in der Handelsbilanz als steuerlich zulässig (z. B. kürzere Nutzungsdauer, anderes Abschreibungsverfahren), Durchführung einer außerplanmäßigen Abschreibung auf Finanzanlagen bei einer vor‐ aussichtlich nicht dauerhaften Wertminderung gemäß § 253 Abs. 3 Satz 6 HGB. Steuerlich darf aber bei einer vorübergehenden Wertminderung keine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden, Festlegung einer kürzeren Abschreibungsdauer des entgeltlich erworbenen Geschäfts‐ oder Firmenwertes in der Handelsbilanz als die vorgeschriebenen 15 Jahre in der Steuerbilanz, Wahl von Bewertungsvereinfachungsverfahren bei den Vorräten, die zu einer steuerlich nicht zulässigen niedrigeren Vorratsbewertung führen, Es wird eine Drohverlustrückstellung in der Handelsbilanz passiviert, die aber in der Steuer‐ bilanz verboten ist, Die Barwertberechnung der Pensionsrückstellung in der Handelsbilanz erfolgt mit einem niedrigeren Marktzinssatz als die steuerlich vorgeschriebenen 6 %. Dies bedeutet, dass die Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz mit einem höheren Wert ausgewiesen werden als in der Steuerbilanz, 59 Grünberger, D.: IFRS 2013, 11. Auflage 2012, S. 233. 60 Grünberger, D.: IFRS 2013, 11. Auflage 2012, S. 233. <?page no="122"?> 6.1 Latente Steuern 123 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Berücksichtigung von steuerlichen Verlustvorträgen und Nichtaktivierung des Disagios in der Handelsbilanz gemäß § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB. In der Steuerbilanz muss das Disagio unter dem Rechnungsposten aktiviert werden. Der Ansatz aktiver latenter Steuern wird sich insbesondere ergeben, weil die Steuerabgrenzung auch für ungenutzte Verlustvorträge vorgeschrieben wird. Es dürfen aktive latente Steuern auf die steuerlichen Verlustvorträge nur in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnung berücksichtig werden. Wenn und soweit die Steuerbelastung oder Steuer‐ entlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist, sind die Posten aufzulösen. Für einen aktivischen Überhang an latenten Steuern besteht nach § 268 Abs. 8 Satz 2 HGB eine Ausschüt‐ tungssperre und eine Pflicht zur Erläuterung im Anhang. Den ausschüttbaren Gewinn können Sie wie folgt berechnen: Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag ‐ Verlustvortrag + Gewinnvortrag ‐ Überhang der aktiven latenten Steuern über die passiven latenten Steuern = ausschüttbarer Gewinn Abb. 6.1: Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns Merke Niedrigere Vermögensgegenstände bzw. höhere Schulden in der Handelsbilanz, im Ver‐ gleich zur Steuerbilanz, führen zu aktiven latenten Steuern. Mögliche Gründe für die Entstehung von passiven latenten Steuern: Ein Vermögensgegenstand wird in der Handelsbilanz höher bewertet als in der Steuerbilanz, Bewertung von Vorräten in der Handelsbilanz bei steigenden Preisen mit dem Fifo‐Verfahren, aber Bewertung in der Steuerbilanz mit dem Durchschnittsverfahren, Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen in der Handels‐ bilanz, während in der Steuerbilanz ein Aktivierungsverbot besteht, zum Zeitwert bewertete Finanzinstrumente bei Finanz‐ und Kreditinstitutionen, die zu Han‐ delszwecken erworben wurden. Der Zeitwert ist höher als die Anschaffungskosten. Die An‐ schaffungs‐ oder Herstellungskosten stellen die Wertobergrenze in der Steuerbilanz dar. Merke Höhere Vermögensgegenstände oder niedrigere Schulden in der Handelsbilanz im Ver‐ gleich zur Steuerbilanz führen zu passiven latenten Steuern. Die folgende Abbildung zeigt die latenten Steuern nach dem Handelsrecht: <?page no="123"?> 124 Schritt 6: Bilanzierung und Bewertung von latenten Steuern uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Abb. 6.2: Latente Steuern nach HGB und IFRS Bei der Ermittlung der Steuerabgrenzung ist gemäß § 274 Abs. 2 HGB der unternehmensindivi‐ duelle Steuersatz im Zeitpunkt der Auflösung der Differenz heranzuziehen. Sind diese Steuersät‐ ze nicht bekannt, ist auf die am Bilanzstichtag gültigen individuellen Steuersätze abzustellen. Latente Steuern sind nicht abzuzinsen. Verbuchung der latenten Steuern 6.1.2 Aktive latente Steuern Zeitpunkt des Entstehens des Differenzbetrages: aktive latente Steuern an latenter Steuerertrag Auflösung des Postens: latenter Steuerertrag an aktive latente Steuern Passive latente Steuern Zeitpunkt des Entstehens des Differenzbetrages: latenter Steueraufwand an passive latente Steuern Auflösung des Postens: passive latente Steuern an latenten Steueraufwand temporäre Unterschiede abzugsfähige temporäre Bilanzdifferenzen zu versteuernde temporäre Bilanzdifferenzen aktive latente Steuern „zukünftig zu erwartende Steuererstattungen“ passive latente Steuern „zukünftig anfallende Steuerzahlungen“ Aktiva HGB‐Buchwert < Steuerwert Passiva HGB‐Buchwert > Steuerwert Aktiva HGB‐Buchwert > Steuerwert Passiva HGB‐Buchwert < Steuerwert Entstehung von latenten Steuern nach Handelsrecht <?page no="124"?> 6.1 Latente Steuern 125 Beispiel: passive latente Steuern Eine große GmbH aktiviert am Ende der Periode 01 Entwicklungsaufwendungen in Höhe von 60 T€ in der Handelsbilanz. Steuerrechtlich besteht bzgl. der Entwicklungsaufwendungen ein Aktivierungsverbot. Die aktivierten Entwicklungsaufwendungen werden in den Perioden 02 und 03 handelsrechtlich linear abgeschrieben. Der Ertragsteuersatz der GmbH beträgt 30 %. Buchungssätze der Periode 01: immaterieller Vermögensgegenstand 60 an Entwicklungsaufwand 60 latenter Steueraufwand 18 an passive latente Steuern 18 Buchungssatz der Periode 02: passive latente Steuern 9 an latenten Steueraufwand 9 Buchungssatz der Periode 03: passive latente Steuern 9 an latenten Steueraufwand 9 Ausweisvarianten der latenten Steuern in der Bilanz 6.1.3 Es ergeben sich gemäß § 274 HGB folgende Ausweisvarianten in der Bilanz: 1. Bruttoausweis = unsaldierter Ausweis aktiver und passiver latenter Steuern, 2. Nettoausweis = saldierter Ausweis aktiver und passiver latenter Steuern, 3. unterbliebener Ausweis, falls sich im Saldo eine aktive Latenz ergibt und das Ansatzwahl‐ recht für den Aktivsaldo nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht ausgeübt wird. 61 Folgende Ausnahmen sind zu beachten: Latente Steuern müssen nur mittelgroße und große Kapitalgesellschaften sowie Gesellschaf‐ ten i. S. d. § 264a HGB ermitteln. Kleinstkapitalgesellschaften, kleine Kapitalgesellschaften und kleine Gesellschaften i. S. d. § 264a HGB sind von der Ermittlung der latenten Steuern gemäß § 274 HGB befreit. Sie können jedoch den § 274 HGB freiwillig anwenden. Bei nicht publizitätspflichtigen Einzelunternehmen und Personengesellschaften besteht die Verpflichtung zum Bruttoausweis. Da der § 274 HGB nicht angewandt werden kann, muss auf § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB zurückgegriffen werden und die latenten Steuern müssen als Rück‐ stellung passiviert werden; ansonsten würde gegen das Realisationsprinzip und das Saldie‐ rungsverbot verstoßen werden. Des Weiteren besteht ein Ansatzverbot für aktive latente Steuern bei diesen Unternehmen. Übungsaufgabe 6.1 und 6.2 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 61 Brönner et al.: Die Bilanz nach Handels‐ und Steuerrecht, 2011, S. 678. <?page no="125"?> 126 Schritt 6: Bilanzierung und Bewertung von latenten Steuern Eigene Notizen <?page no="126"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 7: Gewinn- und Verlustrechnung Lernziele Nachdem Sie dieses Kapitel bearbeitet haben, werden Sie wissen, was eine Gewinn‐ und Verlustrechnung (GuV) ist, wie diese aufgebaut ist und welche Aussagekraft eine GuV hat. Ferner lernen Sie den Unterschied zwischen der Kontoform und der Staffelform mit den Varianten des Gesamt‐ und Umsatzkostenverfahrens der GuV kennen. Sie werden erfahren, welche Posten sich in der GuV befinden und wie sie gegliedert ist, sowie die größenabhän‐ gigen Erleichterungen kennenlernen. 7.1 Einführung Im Gegensatz zur zeitpunktbezogenen Bilanz handelt es sich bei der Gewinn‐ und Verlustrech‐ nung um eine Zeitraumrechnung, die der Erfolgsanalyse des Unternehmens dient. Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) gibt Auskunft über die Erfolgslage des Unterneh‐ mens. Sie erfasst die Erträge und Aufwendungen der jeweiligen Geschäftsperiode unabhängig davon, wann die entsprechenden Ein‐ und Auszahlungen stattfinden. Der § 242 Abs. 2 HGB schreibt für alle Kaufleute verpflichtend vor, dass der Kaufmann für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres die Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres gegenüberzustellen hat. Der Saldo zwischen den Erträgen und den Aufwendungen zeigt den Jahreserfolg (Gewinn und Ver‐ lust) wieder. Dieser Saldo erscheint dann in einer Summe auch in der Bilanz und erhöht bei einem Gewinn oder vermindert bei einem Verlust das Eigenkapital. Die GuV kann entweder in der Konto‐ oder Staffelform aufgestellt werden. Die folgende Abbildung zeigt die GuV in der Kon‐ toform. Gewinn- und Verlustrechnung in Kontoform Aufwendungen Erträge Aufwandsarten Saldo = Gewinn __________ __________ Ertragsarten (Saldo = Verlust) ___________ ___________ Summe __________ Summe ___________ Abb. 7.1: Gewinn‐ und Verlustrechnung in Kontoform Bei der GuV in der Kontoform fehlt die Möglichkeit, zusammenhängende Erfolgskomponenten in Zwischensummen zusammenzufassen. Deshalb ist für die Gewinn‐ und Verlustrechnung der Kapitalgesellschaften die Staffelform entweder nach dem Gesamtkostenverfahren oder nach dem Umsatzkostenverfahren als Gliederungsschema gesetzlich vorgeschrieben (§ 275 Abs. 1 Satz 1 HGB). Bei der Staffelform kön‐ nen sachlich zusammengehörige Aufwands‐ und Ertragsposten zusammengefasst und jeweilige Zwischensummen (z. B. Betriebsergebnis, Finanzergebnis, Ergebnis der gewöhnlichen Geschäfts‐ tätigkeit, außerordentliches Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, Ergebnis nach Steu‐ ern) ausgewiesen werden. <?page no="127"?> 128 Schritt 7: Gewinn‐ und Verlustrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Gesamtkostenverfahren (§ 275 Abs. 2 HGB) Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs. 3 HGB) 1. Umsatzerlöse 1. Umsatzerlöse 2. +/ ‐ Erhöhung/ Verminderung des Bestands an fertigen u. unfertigen Erzeugnissen 2. ‐ Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistun‐ gen 3. + andere aktivierte Eigenleistungen 4. + sonstige betriebliche Erträge 3. = Bruttoergebnis vom Umsatz 5. ‐ Materialaufwand a) für Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe und für bezogene Waren b) für bezogene Leistungen 4. ‐ Vertriebskosten 6. ‐ Personalaufwand a) Löhne und Gehälter b) Sozialabgaben u. Altersversorgungs‐ aufwand 5. ‐ allgemeine Verwaltungskosten 7. ‐ Abschreibungen a) auf immaterielle Vermögensgegen‐ stände des Anlagevermögens und Sachanlagen b) auf Vermögensgegenstände des Um‐ laufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Ab‐ schreibungen überschreiten 6. + sonstige betriebliche Erträge 8. ‐ sonstige betriebliche Aufwendungen 7. ‐ sonstige betriebliche Aufwendungen = Betriebsergebnis* (1 bis 8) = Betriebsergebnis* (1 bis 7) 9. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen 8. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen 10. + Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermö‐ gens, davon aus verbundenen Unter‐ nehmen 9. + Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermö‐ gens, davon aus verbundenen Unter‐ nehmen 11. + sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen 10. + sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen 12. ‐ Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 11. ‐ Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 13. ‐ Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon aus verbundenen Unternehmen 12. ‐ Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon aus verbundenen Unternehmen = Finanzergebnis* (9 bis 13) = Finanzergebnis* (8 bis 12) Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätig-keit (Betriebs- + Finanzergebnis) (1 bis 13) Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Betriebs- + Finanzergebnis) (1 bis 12) 14. ‐/ + Steuern vom Einkommen und Ertrag 13. ‐/ + Steuern vom Einkommen und Ertrag 15. = Ergebnis nach Steuern 14. = Ergebnis nach Steuern 16. ‐ sonstige Steuern 15. ‐ sonstige Steuern 17. = Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag 16. = Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag * Diese Posten werden im Grundschema nicht ausgewiesen. Sie wurden zur detaillierteren Erläute‐ rung der Einzelergebnisse eingefügt. Abb. 7.2: Gewinn‐ und Verlustrechnung in der Staffelform <?page no="128"?> 7.2 Vergleich zwischen dem Gesamtkosten‐ und Umsatzkostenverfahren 129 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 7.2 Vergleich zwischen dem Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren Beim Gesamtkostenverfahren erfolgt die Gegenüberstellung der gesamten Aufwendungen und gesamten Erträge, die um die Bestandsveränderungen der fertigen und unfertigen Erzeugnisse sowie der anderen aktivierten Eigenleistungen korrigiert werden. Dagegen werden beim Um‐ satzkostenverfahren den Erträgen nur die Aufwendungen der abgesetzten Produkte gegenüber‐ gestellt. Damit besteht der Unterschied in der Berücksichtigung der Bestandserhöhungen und Bestandsminderungen der fertigen und unfertigen Erzeugnisse sowie der aktivierten Eigenleis‐ tungen. Die folgende Abbildung zeigt den Unterschied der beiden Verfahren bei einer Bestandserhöhung der fertigen und unfertigen Erzeugnisse sowie bei einer aktivierten Eigenleistung. Gesamtkostenverfahren Umsatzkostenverfahren Gesamtaufwendungen Umsatzerlöse Umsatzaufwendungen Umsatzerlöse Gewinn aktivierte Eigenleis‐ tungen Gewinn Bestandserhöhung Abb. 7.3: Darstellung der GuV bei Bestandserhöhung und aktivierten Eigenleistungen Die folgende Abbildung zeigt den Unterschied der beiden Verfahren bei einer Bestandsminderung der fertigen und unfertigen Erzeugnisse. Gesamtkostenverfahren Umsatzkostenverfahren Bestandsminderung Umsatzerlöse Umsatzaufwendungen Umsatzerlöse Gesamtaufwendungen Gewinn Gewinn Abb. 7.4: Darstellung der GuV bei Bestandsminderung Der ermittelte Gewinn ist bei beiden Verfahren identisch. Die Abweichungen der handelsrecht‐ lichen Gliederungen nach dem Gesamtkostenverfahren und dem Umsatzkostenverfahren in Nummerierung und dem Inhalt einiger Posten werden in den folgenden Kapiteln aufgezeigt. 7.3 Gesamtkostenverfahren Beim Gesamtkostenverfahren handelt es sich um eine Produktionserfolgsrechnung, d. h. es werden sämtlichen Erträgen der Periode (Umsatzerlöse, Bestandserhöhungen bei fertigen und unfertigen Erzeugnissen sowie anderen aktivierten Eigenleistungen) alle Aufwendungen der produzierten Mengeneinheiten der gleichen Periode gegenübergestellt. Das Gesamtkostenver‐ fahren ist produktionsorientiert, die Gliederung der Aufwendungen erfolgt nach Aufwandsarten <?page no="129"?> 130 Schritt 7: Gewinn‐ und Verlustrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt (Materialaufwand, Personalaufwand, Abschreibung). Es lässt sich beispielsweise die Lager‐ umschlaghäufigkeit ermitteln und es wird ein Einblick in die einzelnen Aufwandsarten gewährt. Die Gesamtleistung fasst die Umsatzerlöse, die Bestandsänderungen der fertigen und unferti‐ gen Erzeugnisse sowie die aktivierten Eigenleistungen zusammen. Bei den Erträgen handelt es sich um: 62 Umsatzerlöse, die aus den Ausgangsrechnungen resultieren und mit den vereinbarten Ver‐ kaufspreisen zu berücksichtigen sind. Von den Erlösen sind die Erlösschmälerungen wie z. B. Rabatte, Skonti, Boni oder Rücknahmen sowie die mit dem Umsatz direkt verbundenen Steu‐ ern abzuziehen. Hierunter fallen insbesondere die Verbrauchs‐ und Verkehrssteuern (z. B. Energie‐, Strom‐, Mineralöl‐, Tabak‐ und Biersteuer). Bestandsveränderungen der fertigen und unfertigen Erzeugnisse. Sie sind bei einer Bestands‐ erhöhung erfolgserhöhend (+) und bei einer Bestandsminderung erfolgsmindernd (‐) zu be‐ rücksichtigen. Die jeweiligen Bestände zum Abschlussstichtag werden in den Bilanzposten „fertige Erzeugnisse“ und „unfertige Erzeugnisse“ ausgewiesen. Andere aktivierte Eigenleistungen, die zu Herstellungskosten bewertet werden. Es handelt sich um selbst erstellte Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zur betrieblichen Nut‐ zung, die nicht für die Weiterveräußerung bestimmt sind und daher nicht den Vorräten bzw. dem Umlaufvermögen zuzurechnen sind. Zu den aktivierten Eigenleistungen zählen z. B. selbst erstellte Maschinen oder Gebäude, selbst durchgeführte Großreparaturen und Erweiterungen. Die GuV nach dem Gesamtkostenverfahren ermittelt das Jahresergebnis in fünf Schritten: 1. Die Posten 1 bis 5 ergeben das Rohergebnis, das in der Gliederung nicht explizit ausgewie‐ sen wird. 2. Die Posten 1 bis 8 ergeben das bisherige (HGB aF) Betriebsergebnis, das in der Gliederung nicht gesondert ausgewiesen wird. 3. Über die Posten 9 bis 13 lässt sich das bisherige (HGB aF) Finanzergebnis errechnen, das jedoch nicht gesondert ausgewiesen wird. 4. Betriebsergebnis und Finanzergebnis führen zum Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit. 5. Die Posten 1 bis 14 ergeben das Ergebnis nach Steuern (Posten 15). 6. Nach Abzug der sonstigen Steuern (Posten 15 minus Posten 16) ermittelt das Gesamtkos‐ tenverfahren in Posten 17 das Jahresergebnis (Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag). Die Vorteile des Gesamtkostenverfahrens sind: Die Gewinn‐ und Verlustrechnung kann auf der Grundlage einer in Kostenarten eingeteilten Buchführung erstellt werden. Die periodengerechte Abgrenzung von Aufwendungen und Erträgen kommt besser zum Aus‐ druck. Es lässt sich die Gesamtleistung des Unternehmens errechnen (Umsatz +/ ‐ Bestandsverän‐ derung der fertigen und unfertigen Erzeugnisse + andere aktivierte Eigenleistungen). Es werden die wesentlichen Aufwandsarten, wie z. B. Materialaufwand, Personalaufwand und Abschreibungen, als wichtige Bestimmungsgröße für die Ertragskraft gesondert ausgewiesen. Die Abschreibungen werden offen ausgewiesen, wodurch die Selbstfinanzierungskraft des Unternehmens deutlicher wird. Es ist keine Kostenstellenrechnung erforderlich. 62 Bieg, H.: Buchführung, 4. Auflage 2008, S. 113. <?page no="130"?> 7.3 Gesamtkostenverfahren 131 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren 7.3.1 1. Umsatzerlöse +/ ‐ 2. Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen + 3. andere aktivierte Eigenleistungen = Gesamtleistung* + 4. sonstige betriebliche Erträge = Betriebsleistung* ‐ 5. Materialaufwand a) Aufwendungen für Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe und für bezogene Waren b) Aufwendungen für bezogene Leistungen = Rohergebnis* (Posten 1 bis 5)* ‐ 6. Personalaufwand a) Löhne und Gehälter b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung, davon für Altersversorgung ‐ 7. Abschreibungen a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapital‐ gesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten ‐ 8. sonstige betriebliche Aufwendungen = Betriebsergebnis (vor Zinsen und Steuern (EBIT))* (Posten 1 bis 8) + 9. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen + 10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen + 11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen ‐ 12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens ‐ 13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen (9 bis 13) Finanzergebnis* (vor Steuern) (Posten 9 bis 13) (1 bis 13) Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit* (Posten 1 bis 13) ‐/ + 14. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag = 15. Ergebnis nach Steuern ‐ 16. Sonstige Steuern = 17. Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag (Gesamtergebnis nach Steuern) * Diese Posten werden im Grundschema nicht ausgewiesen. Sie wurden zur detaillierteren Erläute‐ rung der Einzelergebnisse eingefügt. Abb. 7.5: Gewinn‐ und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren <?page no="131"?> 132 Schritt 7: Gewinn‐ und Verlustrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Inhalt und Aussagen der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem 7.3.2 Gesamtkostenverfahren Umsatzerlöse: Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produk‐ ten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen. Die auf die Erlöse entfallende Umsatz‐ steuer, Erlösschmälerungen (Rabatte, Boni und Skonti) oder direkt mit dem Umsatz verbun‐ dene Steuern sind zum Abzug zu bringen.. Erhöhung/ Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen: Dieser Posten entsteht durch Mengen‐ oder Wertänderungen. Mengenänderungen stellen sich bei‐ spielsweise ein, wenn der Verkauf größer oder kleiner als die Produktion war. Wertänderun‐ gen können sich aus einer Veränderung der Herstellungskosten oder durch Qualitätsabschlä‐ ge, Bewertungsabschläge auf Ladenhüter oder Abschreibungen nach dem Niederstwertprin‐ zip ergeben. Andere aktivierte Eigenleistungen: Hierbei handelt es sich um selbst hergestellte Vermö‐ gensgegenstände des Anlagevermögens wie beispielsweise selbst erstellte Gebäude, Maschinen, Werkzeuge oder aktivierungspflichtige Großreparaturen, die der eigentlichen betrieblichen Nutzung dienen. Der Ausweis der aktivierten Eigenleistungen stellt einen Ertragsausweis dar. Sonstige betriebliche Erträge: Sammelposten, in dem alle Erträge, die nicht unter den Um‐ satzerlösen ausgewiesen sind, erfasst werden. Hierzu zählen beispielsweise Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen, Erträge aus abgeschriebenen Forderungen, Erträge aus Zu‐ schreibungen auf Vermögensgegenstände des Anlage‐ und Umlaufvermögens, Aktivierung von unentgeltlich erworbenen Vermögensgegenständen, Erträge aus dem Verkauf von Gegen‐ ständen des Anlagevermögens, z. B. der Gewinn aus einem Grundstücksverkauf etc. Materialaufwand: Hierzu zählen der Materialverbrauch aus dem Fertigungsbereich für die Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe, aber auch die Aufwendungen für bezogene Waren und die be‐ zogenen Fremdleistungen. Rohergebnis: Das Rohergebnis ist eine Zwischensumme der Gewinn‐ und Verlustrechnung und umfasst in der GuV nach dem Gesamtkostenverfahren (§ 275 Abs. 2 HGB) die Posten Nr. 1 bis Nr. 5 sowie in der GuV nach dem Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs. 3 HGB) die Posten Nr. 1 bis Nr. 3 und Nr. 6. Personalaufwand: Hierunter werden Löhne und Gehälter (brutto), soziale Abgaben (Arbeit‐ geberanteil zur Sozialversicherung und Beiträge zur Berufsgenossenschaft), Aufwendungen für die Altersvorsorge (Zuführungen zu Pensionsrückstellungen und Beiträge zu selbststän‐ digen Versorgungseinrichtungen) sowie Unterstützungen (Unterstützungszahlungen für In‐ validen, Heirats‐ und Geburtsbeihilfen) gefasst. Abschreibungen: Antizipierte Wertminderung von Vermögensgegenständen des Anlage‐ und Umlaufvermögens. Es ist zwischen planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen zu unterscheiden. Sonstige betriebliche Aufwendungen: Sammelposten für alle Aufwendungen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, die nicht an anderer Stelle ausgewiesen werden. Sie umfas‐ sen u. a. übliche Abschreibungen auf Forderungen, Aufwendungen aus der Währungsumrech‐ nung, Verluste aus Anlagenabgängen, Mieten, Leasingraten, Fahrzeugkosten, Versicherungen, Kommunikationsaufwand, Rechtsanwalts‐ und Beratungskosten, Zuführung zu Rückstellungen (wenn die Aufwandsart noch nicht endgültig hinreichend bestimmbar ist). Zuführungen zu Pensionsrückstellungen bei Inanspruchnahme des Streckungswahlrechts im Zuge der BilMoG‐ Umstellung (Ausweis als Posten „Aufwendungen nach Art. 67 Abs. 1 und 2 EGHGB). <?page no="132"?> 7.3 Gesamtkostenverfahren 133 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Betriebsergebnis: Das Betriebsergebnis setzt sich beim Gesamtkostenverfahren aus den Posten 1 bis 8 und beim Umsatzkostenverfahren aus den Posten 1 bis 7 zusammen. Es hat von allen Ergebnissen die größte Aussagekraft hinsichtlich Beurteilung der Ertragsentwick‐ lung. Das Betriebsergebnis enthält betriebliche Erträge und betriebliche Aufwendungen. Mischposten sind die sonstigen betrieblichen Erträge und die sonstigen betrieblichen Auf‐ wendungen. Erträge aus Beteiligungen: Hierunter sind die laufenden Erträge auszuweisen, die im Betei‐ ligungsverhältnis begründet sind (z. B. Dividenden von Kapitalgesellschaften, Gewinnanteile von Personengesellschaften etc.). Erträge aus der Veräußerung von Beteiligungen gehören nicht dazu. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens: Hierzu gehören Zinsen aus langfristigen Ausleihungen und Dividenden aus Aktien sowie ähn‐ liche Ausschüttungen, die nicht Beteiligungen, Gewinngemeinschaften oder Gewinnabfüh‐ rungsverträgen zuzuordnen sind. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge: Ertragszinsen aus Bankguthaben, Wertpapieren des Umlaufvermögens etc. und ähnliche Erträge, wie beispielsweise Disagio, Provisionen, sind hierunter gefasst, sofern sie nicht an anderer Stelle ausgewiesen werden. Abschreibung auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens: Da es sich beim Finanzvermögen nicht um abnutzbares Vermögen handelt, werden hier ausschließ‐ lich außerplanmäßige Abschreibungen berücksichtigt. Zinsen und ähnliche Aufwendungen: Hierzu zählen insbesondere Zinsen für Verbindlich‐ keiten bei Kreditinstituten oder Lieferanten, Kreditprovisionen, Abschreibungen für ein akti‐ viertes Disagio und Aufwendungen aus der Abzinsung von in Vorjahren abgezinsten Rückstel‐ lungen. Finanzergebnis: Das Finanzergebnis ist als neutrales Ergebnis zum einen von den Gege‐ benheiten des Geld‐ und Kapitalmarkts und zum anderen von den Beteiligungen abhängig, weniger von der Leistung des Managements. Es steht in keinem Zusammenhang mit der ei‐ gentlichen betrieblichen Tätigkeit (dem Zweck des Unternehmens). Der Saldo aus den Erträ‐ gen und den Aufwendungen, die sich aus den Anlagen am Geld‐ und Kapitalmarkt und der In‐ anspruchnahme der Fremdkapitalfinanzierung ergeben, stellt das Finanzergebnis dar. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit: Dieses Zwischenergebnis umfasst den Sal‐ do aller Erträge und Aufwendungen vor Steuern der abgelaufenen Periode, d. h. es umfasst das Betriebs‐ und Finanzergebnis des Unternehmens vor Steuern. Das Betriebsergebnis steht tendenziell für Nachhaltigkeit und Beeinflussbarkeit. Das Finanzergebnis ist zwar nachhaltig erzielbar, aber meist nicht beeinflussbar. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag: Diese werden vom Ergebnis vor Steuern abgezo‐ gen, dabei handelt es sich im Wesentlichen um die nicht abzugsfähigen Betriebssteuern. Im Ein‐ zelnen sind dies die Körperschafts‐, die Gewerbe‐ und die Kapitalertragsteuer sowie der Solidari‐ tätszuschlag. Ebenfalls unter diesem Posten werden für die zuvor genannten Steuern auch Steu‐ ervorauszahlungen, Steuernachzahlungen und Steuererstattungen, für Vorjahre sowie für die Bildung und Auflösung von Steuerrückstellungen, ausgewiesen. Gemäß § 274 Abs. 2 Satz 3 HGB sind unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und Ertrag“ auch sämtliche Aufwendungen und Erträge aus der Passivierung und Aktivierung latenter Steuern gesondert auszuweisen. 63 63 Coenenberg, A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2014, S. 547. <?page no="133"?> 134 Schritt 7: Gewinn‐ und Verlustrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Ergebnis nach Steuern: Dies entspricht dem Betriebsergebnis zuzüglich dem Finanzergebnis abzüglich den Steuern vom Einkommen und Ertrag. Sonstige Steuern: Alle anderen Steuern, soweit sie handelsrechtlichen Aufwand darstellen und nicht aktivierungspflichtig bzw. durchlaufend sind, dürfen hier ausgewiesen werden, bei‐ spielsweise Kfz‐Steuer, Grundsteuer, Ausfuhrzölle, Versicherungssteuer und Verbrauchssteu‐ ern (z. B. Mineralöl‐, Bier‐, Tabak‐, Kaffee‐, Branntweinsteuer). Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag: Bei dem Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag han‐ delt es sich um das handelsrechtliche Ergebnis eines Geschäftsjahres nach Steuern. Die‐ ser Betrag ergibt sich als Saldo aller in der GuV ausgewiesenen Erträge, Aufwendungen und Steuern. Der Jahresüberschuss bzw. der Jahresfehlbetrag stellen die Ausgangsgrundlage für die Gewinnverwendung dar. 7.4 Umsatzkostenverfahren Beim Umsatzkostenverfahren handelt es sich um eine Absatzerfolgsrechnung. Es werden den Verkaufserlösen der Periode nur die Umsatzkosten der verkauften Produkte/ Leistungen gegen‐ übergestellt. Die Bestandserhöhungen der fertigen und unfertigen Erzeugnisse sowie die selbst erstellten Vermögensgegenstände des Anlagevermögens werden nicht als Erträge und die dafür angefallenen Aufwendungen nicht als Aufwendungen erfasst. Die Bestandsminderungen an ferti‐ gen und unfertigen Erzeugnissen werden als Aufwendungen für abgesetzte Erzeugnisse aus‐ gewiesen. Das Umsatzkostenverfahren ist kostenstellenorientiert aufgebaut, daher müssen die Daten aus der Kosten‐ und Leistungsrechnung abgeleitet werden. Im Vergleich zum Gesamtkostenverfah‐ ren werden die Aufwendungen nicht nach Aufwandsarten (Material, Personal, Abschreibungen), sondern nach den Funktionsbereichen (Herstellung, Verwaltung, Vertrieb) unterteilt. Die Gewinn‐ und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs. 3 HGB) ermit‐ telt das Jahresergebnis in grundsätzlich sechs Schritten: 1. Die Posten 1 und 2 ermitteln das Bruttoergebnis vom Umsatz (Posten 3). 2. Über die Posten 1 bis 7 lässt sich das Betriebsergebnis errechnen (nicht gesondert aus‐ gewiesen). 3. Aus den Posten 8 bis 12 ergibt sich das Finanzergebnis (nicht gesondert ausgewiesen). 4. Betriebsergebnis und Finanzergebnis führen zum Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Posten 13). 5. Die Posten 1 bis13 ergeben das Ergebnis nach Steuern (Posten 14). 6. Nach Abzug der sonstigen Steuern (Posten 14 minus Posten 15) ermittelt das Umsatzkos‐ tenverfahren in Posten 16 das Jahresergebnis (Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag). <?page no="134"?> 7.5 Gewinn‐ und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren 135 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 7.5 Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren 1. Umsatzerlöse ‐ 2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen = 3. Bruttoergebnis vom Umsatz (Posten 1 bis 2) ‐ 4. Vertriebskosten ‐ 5. allgemeine Verwaltungskosten + 6. sonstige betriebliche Erträge ‐ 7. sonstige betriebliche Aufwendungen = Betriebsergebnis (vor Steuern und Zinsen (EBIT))* (Posten 1 bis 7) + 8. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen + 9. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen + 10. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen ‐ 11. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens ‐ 12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen = Finanzergebnis (vor Steuern)* (Posten 8 bis 12) (1 bis 12) Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit* (Posten 1 bis 12) +/ ‐ 13. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag = 14. Ergebnis nach Steuern ‐ 15. sonstige Steuern = 16. Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag (Gesamtergebnis nach Steuern) * Diese Posten werden im Grundschema des Umsatzkostenverfahrens nicht explizit ausgewiesen. Abb. 7.6: Gewinn‐ und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren Als Vorteile des Umsatzkostenverfahrens werden angeführt: Das Umsatzkostenverfahren führt zu einem aussagefähigeren Betriebsergebnis, insbeson‐ dere für die kurzfristige (z. B. monatliche) Erfolgsrechnung. Bei einer entsprechenden Gliederung der Aufwendungen nach den Produktarten kann der Erfolgsbeitrag einzelner Produktarten aufgezeigt werden. Der Zusammenhang zwischen Kosten und Leistung des Unternehmens wird sichtbar. Es erfolgt eine „verursachungsgerechte“ Zuordnung von Aufwendungen zu den Funktions‐ bereichen des Unternehmens. Die internationale Vergleichbarkeit von Gewinn‐ und Verlustrechnungen wird erleichtert. Das Umsatzkostenverfahren entspricht dem Kalkulationsschema des Unternehmens. Das Umsatzkostenverfahren ist gut geeignet für Industriebetriebe mit Serienfertigung und für Handelsbetriebe. <?page no="135"?> 136 Schritt 7: Gewinn‐ und Verlustrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Ergebnisrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren 7.5.1 Das „Bruttoergebnis vom Umsatz“ (Posten 3) ergibt sich aus der Differenz zwischen „Umsatz‐ erlösen“ (Posten 1) und den „Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen (Posten Nr. 2). Im Vergleich zu den Posten 1 bis 3 des Gesamtkostenverfahrens (§ 275 Abs. 2 HGB), die die betriebliche Gesamtleistung darstellen, beinhaltet die Größe „Brutto‐ ergebnis vom Umsatz“ die Absatzleistung des Unternehmens. Die „Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen“ enthalten die gesamten, auf die Absatzleistung entfallenden Herstellungsaufwendungen des laufenden Geschäftsjahres und die in früheren Perioden im Rahmen der Vorratsbewertung aktivierten Aufwendungen, soweit diese Vorräte (fertige und unfertige Erzeugnisse) in das abgesetzte Leis‐ tungsvolumen eingehen. Im Falle des Lagerabgangs, bei dem die Vorräte verkauft wurden, ist zu berücksichtigen, dass der Umfang der unter Posten 2 zu verrechnenden Aufwendungen davon abhängt, welche Aufwendungen bzw. Kosten im Zeitpunkt des Lageraufbaus in der Bilanz akti‐ viert wurden. Unter dem Posten 2 erscheinen somit: soweit die Produktion der abgesetzten Leistungen durch Vorräteabbau bestritten wird, die ‒ in früheren Perioden des Lageraufbaus im Rahmen der Vorratsbewertung ‒ tatsächlich aktivierten Aufwendungen und die gesamten fertigungs- und materialbezogenen laufenden Aufwendungen des ablau‐ fenden Geschäftsjahres, soweit sie auf die Absatzleistung entfallen. 7.6 Überblick über die beiden Verfahren Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung in verkürzter Form Gesamtkostenverfahren (§ 275 Abs. 2 HGB) Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs. 3 HGB) Posten Posten 1 bis 8 9 bis 13 = Betriebsergebnis + Finanzergebnis 1 bis 7 8 bis 12 = Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 14 ‐ Steuern von Einkommen und Ertrag 13 15 = Ergebnis nach Steuern 14 16 ‐ sonstige Steuern 15 17 = Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag 16 Abb. 7.7: Gegenüberstellung von Gesamt‐ und Umsatzkostenverfahren <?page no="136"?> 7.6 Überblick über die beiden Verfahren 137 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Produktionserfolgsrechnung beim Gesamtkostenverfahren Ertrag = Gesamtleistung der Periode (Umsatzerlöse - Bestandsabnahme + Bestands‐ erhöhung + andere aktivierte Eigenleistungen) ‐ Aufwand = Produktionsaufwand der Periode = Ergebnis (Gewinn oder Verlust) Abb. 7.8: Produktionserfolgsrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren Umsatzerfolgsrechnung beim Umsatzkostenverfahren Ertrag = Umsatzerlöse der Periode ‐ Aufwand = Umsatzaufwand (Produktionsaufwand + Bestandsabnahme - Bestandserhö‐ hung) = Ergebnis (Gewinn oder Verlust) Abb. 7.9: Absatzerfolgsrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren Im Ergebnis stimmen die Produktionsrechnung (Gesamtkostenverfahren) und die Absatzerfolgs‐ rechnung (Umsatzkostenverfahren) überein. Erfassung der Bestandsveränderungen in der GuV Das Betriebsergebnis nach dem Gesamtkostenverfahren ergibt sich, indem der gesamte Pro‐ duktionsertrag (= Gesamtleistung) zuzüglich der sonstigen Erträge den gesamten in einer Perio‐ de entstandenen betrieblichen Aufwendungen gegenübergestellt wird. Nach dem Umsatzkosten‐ verfahren ergibt sich das Bruttoergebnis vom Umsatz durch Gegenüberstellung der Umsatz‐ erlöse E(X a ) und der hierfür aufgebrachten Aufwendungen (umsatzbezogene Herstellungskosten A(X a )). Gesamtkostenverfahren Umsatzkostenverfahren Umsatzerlöse E(X a ) Umsatzerlöse E(X a ) +/ ‐ Bestandsveränderung [E(X p ) - E(X a )] ‐ umsatzbezogene Herstellungskosten A(X a ) + andere aktivierte Eigenleistungen = Gesamtleistung E(X p ) = Bruttoergebnis vom Umsatz + sonstige betriebliche Erträge ‐ Vertriebskosten ‐ Materialaufwand ‐ allgemeine Verwaltungskosten ‐ Personalaufwand + sonstige betriebliche Erträge ‐ Abschreibungen ‐ sonstige betriebliche Aufwendungen ‐ sonstige betriebliche Aufwendungen = Betriebsergebnis = Betriebsergebnis Abb. 7.10: Ermittlung des Betriebsergebnisses <?page no="137"?> 138 Schritt 7: Gewinn‐ und Verlustrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiel: Gesamt‐ und Umsatzkostenverfahren Es wird der Kontenabschluss nach dem Gesamt‐ und dem Umsatzkostenverfahren dargestellt, wobei von einem einstufigen Produktionsprozess ausgegangen wird. Folgende Daten liegen vor: produzierte Menge X p 200 St. abgesetzte Menge X a 120 St. diverse Aufwendungen A(X p ) 2.000 € Herstellungskosten pro Stück (2.000 € : 200 Stück) 10 €/ St. Umsatzerlöse E(X a ) (120 St. à 20 €/ St.) 2.400 € Anfangsbestand Fertigfabrikate (50 St. à 10 €/ St.) 500 € Endbestand Fertigfabrikate (130 St. à 10 €/ St.) 1.300 € SBK (Bestand) Bestandsmehrung (80 St. à 10 €/ St.) 800 € GuV (Ertrag) Der Kontenabschluss nach dem Gesamtkostenverfahren sieht wie folgt aus: S Fertigerzeugnisse H S Schlussbilanzkonto H AB 500 SB 1.300 FE 1.300 Bestands‐ erhöhung 800 1.300 1.300 S diverse Aufwendungen H S Umsatzerlöse H Aufwand A(X p ) 2.000 Saldo 2.000 Saldo 2.400 Erlöse E(X a ) 2.400 2.000 2.000 2.400 2.400 S Gewinn‐ und Verlustkonto H Herstellungsaufwand A(X p ) 2.000 Umsatzerlöse 2.400 Gewinn (Saldo) 1.200 Bestandserhöhung 800 3.200 3.200 <?page no="138"?> 7.6 Überblick über die beiden Verfahren 139 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Der Kontenabschluss nach dem Umsatzkostenverfahren sieht wie folgt aus: S Fertigerzeugnisse H S Schlussbilanzkonto H AB 500 Abgang 1.200 FE 1.300 Zugang 2.000 SB 1.300 2.500 2.500 S diverse Aufwendungen H S Umsatzerlöse H Aufwand A(X a ) 2.000 Saldo 2.000 Saldo 2.400 Erlöse E(X a ) 2.400 2.000 2.000 2.400 2.400 S Gewinn‐ und Verlustkonto H Umsatzaufwand A(X a ) 1.200 Umsatzerlöse 2.400 Gewinn (Saldo) 1.200 2.400 2.400 An diesem Beispiel können Sie erkennen, dass nach dem Umsatzkostenverfahren die, zur Her‐ stellung der Fertigerzeugnisse getätigten, Aufwendungen nicht über das GuV‐Konto, sondern vielmehr auf das Bestandskonto „Fertigerzeugnisse“ als Zugang im Soll gebucht werden. Das Ertragskonto „Umsatzerlöse“ gibt seinen Saldo an die Habenseite des GuV‐Kontos ab. Nachdem der Endbestand des Kontos „Fertigerzeugnisse“ auf das Schlussbilanzkonto übertragen wurde, bleibt im Haben des Kontos „Fertigerzeugnisse“ ein Saldo in Höhe des Abgangs übrig. Dieser Abgang, der mit dem Wareneinsatz im Handelsbetrieb vergleichbar ist, entspricht der abgesetzten Menge X a bewertet zu Herstellungskosten und wird als Aufwand im GuV‐Konto gebucht. Hier stehen sich die Umsatzerlöse und die für die Erzielung dieser Leistung erforder‐ lichen Aufwendungen, die im Beispiel 1.200 € betragen, gegenüber. Im Vergleich zum Gesamtkostenverfahren baut das Umsatzkostenverfahren eine Brücke von der Finanzbuchhaltung zur Kostenrechnung. Mithilfe der kurzfristigen Erfolgsrechnung kann man herausfinden, welche Produkte mit Gewinn und welche mit Verlust produziert und abgesetzt werden. Für diese Art der Erfolgskontrolle kann das Umsatzkostenverfahren gute Vorarbeit lie‐ fern. Das Gesamtkostenverfahren ist zur Erfolgskontrolle weniger geeignet, da es den Aufwand nach Aufwandsarten (Personalaufwand, Rohstoffaufwand etc.) gliedert und nicht wie erforder‐ lich nach Produkten. Beispiel: Gesamt‐ und Umsatzkostenverfahren Von dem Einproduktunternehmen der Schmid & Meier OHG liegen folgende Daten vor: − Produktionsmenge: 2.000 Stück/ Jahr − Absatzmenge: 1.700 Stück/ Jahr − Verkaufspreis pro Stück: 500 €/ Stück <?page no="139"?> 140 Schritt 7: Gewinn‐ und Verlustrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt − Fertigungslöhne pro Stück (= Fertigungseinzelkosten): 100 €/ Stück − Fertigungsmaterial pro Stück (= Materialeinzelkosten): 100 €/ Stück Die Kostenstruktur des Unternehmens ist aus dem vereinfachten Betriebsabrechnungsbogen (BAB) ersichtlich: Kostenarten Kostenstellen Einzelkosten Material Fertigung Verwaltung Vertrieb Fertigungslöhne 200.000 € 200.000 € Fertigungsmaterial 200.000 € 200.000 € Summe Einzelkosten 400.000 € Gemeinkosten sonstige Personalkosten 110.000 € 20.000 € 30.000 € 40.000 € 20.000 € Betriebs‐/ Materialkosten 150.000 € 90.000 € 45.000 € 5.000 € 10.000 € Abschreibungen planmäßig 70.000 € 5.000 € 40.000 € 15.000 € 10.000 € außerplanmäßig 30.000 € 5.000 € 15.000 € 10.000 € Summe Gemeinkosten 360.000 € 120.000 € 130.000 € 60.000 € 50.000 € Summe Gesamtkosten 760.000 € Die Gewinn- und Verlustrechnung wird zum einen nach dem Gesamtkostenverfahren und zum anderen nach dem Umsatzkostenverfahren aufgestellt. Dabei wird der Lagerzugang mit der Wertuntergrenze der Herstellungskosten bewertet. Die Herstellungskosten zu Vollkosten je Stück errechnen sich wie folgt: Materialeinzelkosten 100 €/ St. + Materialgemeinkosten (Zuschlagssatz = 65 %) + 65 €/ St. + Fertigungseinzelkosten (Fertigungslöhne) + 100 €/ St. + Fertigungsgemeinkosten (Zuschlagssatz = 60 %) + 60 €/ St. = Herstellungskosten (Wertuntergrenze) = 325 €/ St. Die Herstellungskosten je fertiges Erzeugnis betragen 325 €/ St. <?page no="140"?> 7.7 Rohergebnis 141 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt GuV nach dem Gesamtkostenverfahren Aufwand Ertrag 1. Umsatzerlöse (1.700 St. ⨯ 500 €/ St.) + 850.000 € 2. Bestandserhöhung (300 St. ⨯ 325 €/ St.) + 97.500 € 5. Materialaufwand (200.000 € + 150.000 €) ‐ 350.000 € 6. Personalaufwand (200.000 € + 110.000 €) ‐ 310.000 € 7. Abschreibungen (davon außerplanmäßig 30.000 €) ‐ 100.000 € 8. sonstige betriebliche Aufwendungen 0 € Betriebsergebnis = 187.500 € GuV nach dem Umsatzkostenverfahren Aufwand Ertrag 1. Umsatzerlöse (1.700 St. ⨯ 500 €/ St.) + 850.000 € 2. umsatzbezogene Herstellungskosten (= 325 €/ St. ⨯ 1.700 St.) ‐ 552.500 € 3. Bruttoergebnis vom Umsatz = 297.500 € 4. Vertriebskosten (inkl. außerplanmäßige Abschreibung) ‐ 50.000 € 5. allgemeine Verwaltungskosten ‐ 60.000 € 7. sonstige betriebliche Aufwendungen 0 € Betriebsergebnis = 187.500 € Der Posten 2 enthält alle Einzel‐ und Gemeinkosten des Fertigungs‐ und Materialbereichs, die an‐ teilig auf die abgesetzten Erzeugnisse entfallen (325 €/ St. x 1.700 St. = 552.500 €). Da auch die lagerzugangsbezogenen Material‐ und Fertigungsgemeinkosten im Rahmen der Vollkosten‐ bewertung mit aktiviert wurden und die auf den Material‐ und Fertigungsbereich entfallenden außerplanmäßigen Abschreibungen (20.000 €) unter Posten 2 erfasst wurden, geht der Posten 7 „sonstige betriebliche Aufwendungen“ leer aus. 7.7 Rohergebnis Kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften unterliegen geringeren Publizitätsanforderungen bei der Gewinn‐ und Verlustrechnung (GuV). Sie müssen bei der GuV nur das Rohergebnis aus‐ weisen. Das Rohergebnis wird wie folgt ermittelt: Rohergebnis nach dem Gesamtkostenverfahren (GKV): Umsatzerlöse +/ ‐ Bestandsveränderungen der fertigen und unfertigen Erzeugnisse + andere aktivierte Eigenleistungen + sonstige betriebliche Erträge ‐ Materialaufwand = Rohergebnis (GKV) Abb. 7.11: Ermittlung des Rohergebnisses nach dem Gesamtkostenverfahren <?page no="141"?> 142 Schritt 7: Gewinn‐ und Verlustrechnung Rohergebnis nach dem Umsatzkostenverfahren (UKV): Umsatzerlöse ‐ Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsätze erbrachten Leistungen + sonstige betriebliche Erträge = Rohergebnis (UKV) Abb. 7.12: Ermittlung des Rohergebnisses nach dem Umsatzkostenverfahren Merke Das Rohergebnis nach dem Umsatzkostenverfahren wird regelmäßig niedriger sein als das Rohergebnis nach dem Gesamtkostenverfahren, da aufgrund der Systematik des Umsatz‐ kostenverfahrens im Posten „Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse er‐ brachten Leistungen“ anteilige Personalaufwendungen und anteilige Abschreibungen ent‐ halten sind, die in die Berechnung des Rohergebnisses nach dem Gesamtkostenverfahren nicht eingehen. Übungsaufgaben 7.1, 7.2, 7.3, 7.4, 7.5, 7.6 und 7.7 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="142"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 8: Anhang Lernziele In diesem Kapitel werden Sie einen Überblick über die im Anhang enthaltenen und zusätz‐ lich erläuternden Informationen erhalten. Ferner werden Sie die handelsrechtlichen Anfor‐ derungen an die Angaben des Anhangs kennenlernen. Sie sollten einen Anlagespiegel erstellen können. 8.1 Einführung Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften i.S.d. § 264a HGB haben den Jahresabschluss um einen Anhang zu erweitern, der mit der Bilanz und der Gewinn‐ und Verlustrechnung eine Einheit bildet (erweiterter Jahresabschluss; § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB). In welchem Umfang und mit welchen Details ein Anhang zu erstellen ist, hängt davon ab, wie ein Unternehmen die Wahlrechte hinsichtlich der Zuordnung von Angaben zu einzelnen Teilen des Jahresabschlusses in Anspruch nimmt und außerdem von der Größe der Kapitalgesellschaft. Kleinstkapital‐ gesellschaften kleine Kapital‐ gesellschaften mittelgroße Kapi‐ talgesellschaften große Kapital‐ gesellschaften Aufstellung Anhang kann verzichtet werden verkürzt ungekürzt ungekürzt Abb. 8.1: Umfang des Anhangs Im Anhang (§§ 284-288 HGB) werden Erläuterungen zur Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung gegeben. Dort findet man Pflichtangaben, Wahlpflichtangaben, zusätzliche Angaben und freiwillige Angaben: Pflichtangaben: Erläuterungen, Angaben, Darstellungen, Aufgliederungen, Ausweise und Begründungen zur Bilanz und Gewinn‐ und Verlustrechnung, zu den einzelnen Posten, zum Inhalt und zu den Bewertungs‐ und Abschreibungsmethoden, Währungsumrechnungsmetho‐ den sowie zu den Durchbrechungen der Ausweis‐ und Bewertungsstetigkeit. Wahlpflichtangaben: Sie können entweder im Anhang oder in der Bilanz bzw. Gewinn‐ und Verlustrechnung gemacht werden. Zusätzliche Angaben: Sie dienen dazu, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage zu vermitteln (§ 264 Abs. 2 Satz 2 HGB). Freiwillige Angaben: Sie bieten den Adressaten des Jahresabschlusses weitere Informatio‐ nen, z. B. Finanz‐ und Kapitalflussrechnungen, Substanzerhaltungsrechnungen, Sozialbilanzen, Segment‐ und Umweltberichterstattungen, Prognose‐, Wertschöpfungs‐ und Eigenkapital‐ veränderungsrechnungen. <?page no="143"?> 144 Schritt 8: Anhang uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 8.2 Funktionen des Anhangs Der Anhang erfüllt verschiedene Funktionen. In erster Linie dient er der Information. Die Pos‐ ten der Bilanz und Gewinn‐ und Verlustrechnung werden erläutert und die Bewertungsmetho‐ den angegeben. Außerdem wird die Aussagefähigkeit der Bilanz und der Gewinn‐ und Verlust‐ rechnung erhöht, da alle zusätzlichen Angaben im Anhang zu finden sind und sie deshalb die Bilanz und die Gewinn‐ und Verlustrechnung nicht unnötig aufblähen. Die Angaben müssen der Wahrheit entsprechen, sie müssen klar und übersichtlich sein und sich auf die wesentlichen Sachverhalte konzentrieren. Die folgenden Funktionen hat der Anhang: Interpretationsfunktion: Ergänzung und Erläuterung der Informationen von Bilanz und GuV zur Verbesserung der Aussagefähigkeit der Rechnungslegung. Korrekturfunktion: Zusätzliche Angaben zur Vermeidung von Fehlinterpretationen, wie z. B. Abweichungen von bisher angewandten Bilanzierungs‐ und Bewertungsmethoden und deren Einfluss auf die Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage. Entlastungsfunktion: Das Zahlenwerk von Bilanz und Gewinn‐ und Verlustrechnung ist sehr komplex, weshalb bestimmte Informationen (z. B. Aufgliederungen) ohne Informationsver‐ lust in den Anhang verlagert werden können, um dadurch mehr Klarheit bei der Bilanz und GuV zu erzielen. Ergänzungsfunktion: Zusatzinformationen, die nicht in der Bilanz und GuV enthalten sind. Dies betrifft vor allem nicht bilanzierungsfähige Sachverhalte, die aber wichtige Informatio‐ nen für die Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage des Unternehmens liefern können. Hier kann es zu Überschneidungen mit dem Lagebericht kommen. 8.3 Aufbau des Anhangs Für den Anhang sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) zu beachten (§ 264 Abs. 2 HGB). Der Anhang kann beispielsweise nach folgendem Schema gegliedert werden: 64 I. Allgemeine Angaben zu Bilanzierungs‐, Bewertungsmethoden und Währungsumrechnung II. Erläuterung der einzelnen Posten der Bilanz und Gewinn‐ und Verlustrechnung − Bilanz − Gewinn‐ und Verlustrechnung − eventuell zusätzliche Angaben gemäß § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB III. Sonstige Angaben − Haftungsverhältnisse und sonstige finanzielle Verpflichtungen − Angaben zu Vorratsaktien, eigenen Aktien, genehmigtem Kapital etc. − Mitarbeiter − Bezüge, Vorschüsse, Kredite und Haftungsverhältnisse von bzw. gegenüber Organ‐ mitgliedern − Beziehungen zu verbundenen Unternehmen und Beteiligungen − andere Angaben IV. Namen der Organmitglieder 64 Bitz, M.; Schneeloch, D. & Wittstock, W.: Der Jahresabschluss, 2011, S. 343. <?page no="144"?> 8.4 Anlagespiegel/ Anlagegitter 145 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 8.4 Anlagespiegel/ Anlagegitter Die Entwicklung der einzelnen Posten des Anlagevermögens ist im Anhang in einem separaten Anlagespiegel darzustellen (§ 284 Abs. 3 HGB). Dabei sind, ausgehend von den gesamten An‐ schaffungs‐ oder Herstellungskosten (AHK), die Zugänge, Abgänge, Umbuchungen, Zuschreibun‐ gen und Abschreibungen des Geschäftsjahres sowie die Entwicklung der kumulierten Abschrei‐ bungen und deren gesamten Höhe gesondert aufzuführen. Der Anlagespiegel verdeutlicht die Abschreibungs‐ und Investitionspolitik des Unternehmens. Für Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften entfällt die Pflicht zur Aufstellung eines Anlagespiegels. Ein Anlagespiegel (bzw. auch Anlagegitter genannt) könnte in drei Blöcken wie folgt aufgebaut sein (AK/ HK = Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten), wobei freiwillige Ergänzungen möglich sind. Die folgenden Tabellen stellen die wertmäßigen Veränderungen des Anlagevermögens während eines Geschäftsjahres, ausgehend von den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten, übersichtlich dar: Gesonderte Darstellung für jeden Posten des Anlagevermögens Bilanzposten (alle Angaben in T€) Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten (1) (2) (3) (4) (5) Bestand am Jahresanfang zu histori‐ schen AK/ HK Zugänge des Jahres Umbuchun‐ gen des Jah‐ res Abgänge des Jahres zu his‐ torischen AK/ HK Bestand am Jahresende zu histori‐ schen AK/ HK Abb. 8.2: Anlagegitter gemäß § 284 Abs. 3 HGB (Teil 1) Gesonderte Darstellung für jeden Posten des Anlagevermögens Bilanz‐ posten (alle Angaben in T€) Abschreibungen Buchwert (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) Beginn des Jahres Zugänge Umbu‐ chungen Abgänge Zuschrei‐ bungen Ende des Jahres (kumu‐ liert) Buchwert des Jahres Buchwert des Vor‐ jahres Abb. 8.3: Anlagegitter gemäß § 284 Abs. 3 HGB (Teil 2) Spalte 1: Anschaffungs-/ Herstellungskosten (AHK) Im Brutto‐Anlagespiegel sind in dieser Spalte die gesamten historischen Anschaffungs‐ oder Her‐ stellungskosten sämtlicher zu Beginn des Geschäftsjahres vorhandenen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens erfasst. Die Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten des Geschäftsjahres werden folgendermaßen ermittelt: <?page no="145"?> 146 Schritt 8: Anhang uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Ermittlung der Anschaffungs‐ und Herstellungskosten Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten zu Beginn des vorangegangenen Geschäftsjahres + Zugänge des vorangegangenen Geschäftsjahres zu AK/ HK ‐ Abgänge des vorangegangenen Geschäftsjahres zu AK/ HK +/ ‐ Umbuchungen zu AK/ HK im vorangegangenen Geschäftsjahr = Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu Beginn des Geschäftsjahres Abb. 8.4: Ermittlung der Anschaffungs‐ und Herstellungskosten Spalte 2: Zugänge Ein Anlagezugang liegt vor, wenn ein Vermögensgegenstand in das sogenannte wirtschaftliche Eigentum des Unternehmens übergeht oder eine im Bau befindliche Anlage fertiggestellt wird. Auch nachträgliche Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten sind als Zugang zu erfassen. Der Zugang wird mit den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten gebucht. Spalte 3: Umbuchungen Umbuchungen erfolgen nicht aufgrund von Mengen‐ oder Wertänderungen des Anlagevermö‐ gens, sondern beinhalten lediglich die Umgliederung bereits vorhandener Anlagewerte auf an‐ dere Posten des Anlagespiegels, z. B. ein in Bau befindliches Gebäude des Kontos „Anlagen in Bau“ wird nach der Fertigstellung auf das Konto „Gebäude“ umgebucht. Es kann aber auch ein Wechsel vom Umlaufvermögen ins Anlagevermögen oder umgekehrt in Betracht kommen. Spalte 4: Abgänge Beim Abgang eines Vermögensgegenstandes des Anlagevermögens durch Verkauf, Tausch, Ent‐ nahme oder Verschrottung werden die ursprünglich aktivierten historischen Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten in voller Höhe unter den Abgängen erfasst. Die auf die ausgeschiedenen Vermögensgegenstände entfallenden kumulierten Abschreibungen müssen deshalb im Jahr des Abgangs aus der entsprechenden Spalte des Anlagespiegels entfernt werden. Spalte 5: Anschaffungs- oder Herstellungskosten am Ende des Geschäftsjahres Hier werden die historischen Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten aller am Ende des Geschäfts‐ jahres vorhandenen Anlagegüter erfasst. Spalte 6: kumulierte Abschreibungen zu Beginn des Geschäftsjahres Die kumulierten Abschreibungen umfassen alle in früheren Jahren vorgenommenen planmäßi‐ gen und außerplanmäßigen Abschreibungen auf die zu Beginn des Geschäftsjahres vorhandenen Anlagegegenstände. Spalte 7: Zugänge (Abschreibungen des laufenden Geschäftsjahres) Es sind nur die Abschreibungen des laufenden Geschäftsjahres aufzunehmen. In der Spalte kumulierte Abschreibungen sind sie enthalten. Der Betrag muss grundsätzlich mit dem Posten „Abschreibungen“ in der Gewinn‐ und Verlustrechnung übereinstimmen. Spalte 8: Umbuchungen Umbuchungen innerhalb der Abschreibungen sind dann zu erfassen, wenn Vermögensgegen‐ stände aus einem Posten in einen anderen Posten des Anlagevermögens umgegliedert werden. Spalte 9: Abgänge Die kumulierten Abschreibungen auf Vermögensgegenstände müssen eliminiert werden, wenn Vermögensgegenstände im laufenden Geschäftsjahr abgegangen sind oder umgebucht wurden und nicht mehr zum Anlagevermögen gehören. Spalte 10: Zuschreibungen Zuschreibungen stellen wertmäßige Erhöhungen des Anlagevermögens dar. Hierbei handelt es sich in der Regel um außerplanmäßige Abschreibungen der Vorjahre, die rückgängig gemacht werden <?page no="146"?> 8.4 Anlagespiegel/ Anlagegitter 147 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt oder um sogenannte Nachaktivierungen. Die Zuschreibung erfolgt, wenn die Gründe für die au‐ ßerplanmäßigen Abschreibungen nicht mehr bestehen. Es könnte sich aber auch um eine Nachak‐ tivierung handeln, die aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung veranlasst wurde, bei der eine Aufwandsverrechnung in der Steuerbilanz nicht anerkannt wurde und nachaktiviert werden muss. Spalte 11: Kumulierte Abschreibungen am Ende des Geschäftsjahres Die kumulierten Abschreibungen sind die aus vergangenen Jahren einschließlich des aktuellen Geschäftsjahres aufgelaufenen Abschreibungen sämtlicher vorhandener Anlagegüter. Die kumu‐ lierten Abschreibungen lassen sich für jeden Posten des Anlagevermögens wie folgt berechnen: kumulierte Abschreibungen zu Beginn des Geschäftsjahres (Spalte 6) ‐ Zuschreibungen des Vorjahres (Spalte 10) + Abschreibungen des aktuellen Geschäftsjahres (Spalte 7) ‐ auf Abgänge entfallende kumulierte Abschreibungen (Spalte 9) +/ ‐ auf Umbuchungen entfallende kumulierte Abschreibungen (Spalte 8) = kumulierte Abschreibungen des Geschäftsjahres (Spalte 11) Abb. 8.5: Ermittlung der kumulierten Abschreibungen Spalte 12: Restbuchwert zum Schluss des Geschäftsjahres Für die einzelnen Vermögensgegenstände, die am Ende des Geschäftsjahres noch zum Betriebs‐ vermögen gehören, errechnet sich der jeweilige Buchwert wie folgt: Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten zu Beginn des Geschäftsjahres (Spalte 1) + Zugänge zu den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten (Spalte 2) +/ ‐ Umbuchungen im laufenden Geschäftsjahr (Spalte 3) ‐ Abgänge zu den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten (Spalte 4) ‐ kumulierte Abschreibungen zu Beginn des Geschäftsjahres (Spalte 6) ‐ Abschreibungen des Geschäftsjahres (Spalte 7) +/ ‐ Umbuchungen bei den Abschreibungen (Spalte 8) ‐ Abgänge aus Abschreibungen (Spalte 9) + Zuschreibungen im laufenden Geschäftsjahr (Spalte 10) = Buchwert zum Schluss des Geschäftsjahres (Spalte 12) Abb. 8.6: Ermittlung des Buchwertes zum Geschäftsjahresende 65 Spalte 13: Restbuchwert am Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres Es werden die Restbuchwerte aller im Anlagespiegel aufgeführten Vermögensgegenstände zum vorangegangenen Abschlussstichtag dargestellt. Merke Ein Anlagespiegel stellt eine Auflistung der einzelnen Posten des Anlagevermögens mit den Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten und deren Wertentwicklung dar. 65 Baetge et al.: Bilanzen, 2014, S. 296. <?page no="147"?> 148 Schritt 8: Anhang uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiel für Anlagespiegel (Anlagegitter): Jahresabschluss der ElringKlinger AG 2013, S. 11 und 12 Abb. 8.7: Beispiel für einen Anlagespiegel <?page no="148"?> 8.5 Verbindlichkeitsspiegel 149 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 8.1: Erstellen eines Anlagespiegels Aus der Anlagenkartei der „Technischen Anlagen und Maschinen“ liegen Ihnen folgende Informa‐ tionen vor: − historische Anschaffungskosten zu Beginn des Geschäftsjahres = 950 T€ − kumulierte Abschreibungen zum Geschäftsjahresende des Vorjahres = 540 T€ − Buchwert des Vorjahres = 410 T€ − Anschaffung einer Maschine im Geschäftsjahr = 320 T€ − Abschreibungen des Geschäftsjahres = 90 T€ Erstellen Sie den Anlagespiegel, nutzen Sie bitte die folgende Tabelle. Bilanz‐ posten Histo‐ rische AK/ HK Zugän‐ ge des GJ (+) Abgän‐ ge des GJ (‐) Umbu‐ chun‐ gen des GJ (+/ ‐) Zu‐ schrei‐ bungen des GJ (+) Ab‐ schrei‐ bungen (kumu‐ liert) (‐) Rest‐ buch‐ wert GJ (=) Rest‐ buch‐ wert Vorjahr Ab‐ schrei‐ bun‐ gen des GJ (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) Techni‐ sche An‐ lagen und Maschi‐ nen Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgaben 8.2, 8.3 und 8.4 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 8.5 Verbindlichkeitsspiegel Der Verbindlichkeitsspiegel stellt eine Aufgliederung von Verbindlichkeiten und deren Restlauf‐ zeiten unter Angabe gewährter Sicherheiten dar und gibt Aufschluss über die Veränderungen der Verbindlichkeiten eines Unternehmens während seines Geschäftsjahres. Er ist zwingend im Anhang des Jahresabschlusses von (mindestens mittelgroßen) Kapitalgesellschaften aufzuführen und laut § 285 Nr. 2 HGB nach vorgeschriebenem Schema zu gliedern. Dabei sind alle Bilanzposten der Verbindlichkeiten in einem Verbindlichkeitsspiegel enthalten. Dazu gehören unter anderem Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen. Die Restlaufzeiten der Verbindlichkeiten werden in folgende drei Zeitspannen aufgeschlüsselt: weniger als ein Jahr, zwischen ein und fünf Jahren, mehr als fünf Jahre. Die folgende Abbildung zeigt die Struktur eines Verbindlichkeitsspiegels in vereinfachter Form: <?page no="149"?> 150 Schritt 8: Anhang uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Verbindlichkeiten Gesamt‐ betrag davon mit einer Restlaufzeit von Sicherheiten bis zu 1 Jahr 1 bis 5 Jahre über 5 Jahre Betrag Art, Form 1. Anleihen 2. Verbindlichkeiten ggü. Kreditinstituten 3. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen ... 8. sonstige Verbindlichkei‐ ten ‐ davon gegenüber Gesellschaftern ‐ davon aus Steuern ‐ davon im Rahmen der sozialen Sicherheit Summe Abb. 8.8: Vereinfachte Darstellung des Verbindlichkeitsspiegels 66 Laut § 42 Abs. 3 GmbHG ist bei der Erstellung des Verbindlichkeitsspiegels zu beachten, dass eventuell bestehende Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern unter den „sonstigen Ver‐ bindlichkeiten“ gesondert auszuweisen bzw. im Anhang anzugeben sind. Als im Verbindlichkeitsspiegel angegebene Sicherheiten könnten beispielsweise Grundschulden, Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignungen und Forderungsabtretungen aufgeführt sein. Beispiel: Verbindlichkeitsspiegel der XY GmbH Verbindlichkeitsspiegel zum 31.12.01 der XY GmbH (in T€) Verbindlichkeiten Gesamt‐ betrag davon mit einer Restlaufzeit von Sicherheiten bis zu 1 Jahr 1 bis 5 Jahre über 5 Jahre Betrag Art, Form Verbindlichkeiten gegen‐ über Kreditinstituten 3.829 2.996 821 12 1.477 Grund‐ schulden erhaltene Anzahlungen 6.708 6.708 0 0 0 Verbindlichkeiten aus Liefe‐ rungen und Leistungen 2.287 2.276 11 0 2.235 Eigen‐ tumsvor‐ behalt sonstige Verbindlichkeiten 496 496 0 0 0 Summe 13.320 9.565 605 3.150 6.064 Abb. 8.9: Beispielhafte Darstellung eines Verbindlichkeitsspiegels 66 In Anlehnung an: Littkemann, J.; Holtrup, M. & Reinbacher, P.: Jahresabschluss, 2014, S. 170. <?page no="150"?> 8.6 Rückstellungsspiegel 151 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 8.6 Rückstellungsspiegel Ein Rückstellungsspiegel dient dazu, den Überblick über die bilanzierten Rückstellungen zu erhalten und zu behalten, sowie Informationen über Einzelposten und die Entwicklung von Rückstellungen einfach herauszulesen. Mithilfe eines Rückstellungsspiegels lassen sich Rückstel‐ lungen im Laufe mehrerer Geschäftsjahre beobachten und analysieren. Ein Rückstellungsspiegel ist im Anhang des Jahresabschlusses zu führen. Es wird die Entwick‐ lung der Rückstellungen in Tabellenform dargestellt. Beispielhaft wird der Rückstellungsspiegel der DMG MORI SEIKI AG (ehemals Gildemeister AG) abgebildet. (alle Angaben in T€) 01.01.14 Zufüh‐ rungen Inan‐ spruch‐ nahmen Auf‐ lösungen Verän‐ derung Konsoli‐ dierungs‐ kreis Sonstige Verän‐ derun‐ gen 31.12.14 Steuerrückstellun‐ gen 34.467 22.396 ‐19.406 ‐1.165 0 ‐3 36.289 Verpflichtung aus dem Personal‐ bereich 87.165 63.173 ‐55.357 ‐3,314 283 198 92.148 Risiken aus Gewähr‐ leistungen und Nachrüstungen 35.703 17.258 ‐15.022 ‐2.172 0 142 35.909 Verpflichtungen aus dem Vertriebs‐ bereich 41.101 26.473 ‐24.736 ‐1.484 0 348 41.702 Rechts‐, Beratungs‐ und Jahres‐ abschlusskosten 4.779 4.713 ‐3.801 ‐449 0 25 5.267 Übrige 17.348 12.704 ‐11.287 ‐1.663 95 327 17.524 Gesamt 220.563 146.717 ‐129.609 ‐10.247 378 1.037 228.839 Abb. 8.10: Rückstellungsspiegel der DMG MORI SEIKI AG 67 Beispiel: Ausschnitt eines Rückstellungsspiegels Art der Rückstellung Stand 01.01.01 Inanspruch‐ nahme Auflösung Zuführung Stand 31.12.01 Pensionsrückstellungen 80.000 € ‐0 € ‐0 € +10.000 € 90.000 € Steuerrückstellungen 23.500 € ‐23.500 € ‐0 € +13.000 € 13.000 € Prozesskostenrückstellungen 6.000 € ‐2.200 € ‐3.800 € +0 € 0 € Erläuterung des Rückstellungsspiegels Die Pensionsrückstellungen wurden laut Gutachten um 10.000 € erhöht. Bisher scheint kein Mitarbeiter Pensionszahlungen zu erhalten, da keine Rückstellung aufgelöst wurde. 67 DMG MORI SEIKI AG: Geschäftsbericht 2014, 2015, S. 212. <?page no="151"?> 152 Schritt 8: Anhang Die Steuerrückstellungen wurden genau richtig oder vielleicht auch zu niedrig gebildet und im Abschlussjahr wird mit einer Steuernachzahlung in Höhe von 13.000 € gerechnet. Die Prozesskostenrückstellungen wurden zu hoch gebildet, und zwar um 3.800 €. Die Rech‐ nung betrug nur 2.200 €. Die Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen sind in der GuV als sonstige betriebliche Er‐ träge auszuweisen. Die Neubildung einer Rückstellung ist in der GuV der jeweiligen Aufwandsart zuzuordnen. Übungsaufgabe 8.5: Rückstellungsspiegel Die XY GmbH weist zum 31.12.01 folgende Rückstellungen aus: Rückstellungen Buchwert zum 31.12.01 Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung 350 T€ Rückstellung für Personalstrukturmaßnahmen 380 T€ Drohverlustrückstellungen 190 T€ Rückstellungen für Gewährleistungen 120 T€ Die zum 31.12.01 bestehenden Rückstellungen haben sich auf den 31.12.02 folgendermaßen entwickelt: [1] Unterlassene Instandhaltungen: Es wurden Instandhaltungen in Höhe von 280 T€ in den ersten drei Monaten des neuen Geschäftsjahres nachgeholt. Zum 31.12.02 besteht ein neuer Sanie‐ rungsbedarf. Das Dach der Fabrikhalle soll bis spätestens 28.02.03 für 450 T€ repariert werden. [2] Im Geschäftsjahr 02 konnten die Personalstrukturmaßnahmen abgeschlossen werden. Für die Abfindungen mussten jedoch 460 T€ gezahlt werden. [3] Die Drohverlustrückstellung wurde in voller Höhe in Anspruch genommen. [4] Die Gewährleistungsrisiken resultieren aus Umsatzerlösen aus dem Geschäftsjahr 01. Der Garantiezeitraum beträgt 5 Jahre. Zwischenzeitlich hat sich die wahrscheinliche Inanspruch‐ nahme auf 100 T€ reduziert. Erstellen Sie den Rückstellungsspiegel zum 31.12.02 und nutzen Sie bitte die folgende Tabelle. Rückstellungen Buchwert 01.01.02 Inanspruch‐ nahme Auflösung Zuführung Buchwert 31.12.02 unterlassene Instandhaltung Personalstruktur‐ maßnahmen Drohverlust‐ rückstellungen Gewährleistungen Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="152"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 9: Lagebericht Lernziele In diesem Kapitel lernen Sie welche Unternehmen einen Lagebericht aufstellen müssen. Sie bekommen einen Überblick über die in einem Lagebericht zu enthaltenen Informationen. Ferner werden Sie die handelsrechtlichen Anforderungen an die Angaben des Lageberichts kennenlernen. 9.1 Bestandteile des Lageberichts Abb. 9.1: Bestandteile des Lageberichts 68 68 In Anlehnung an: Baetge, J. et al.: Bilanzen, 2014, S. 777 und Bitz, M. et al.: Der Jahresabschluss, 2014, S. 350. Bestandteile des Lageberichts Wirtschaftsbericht (§ 289 Abs. 1 HGB) Darstellung von Geschäftsverlauf und ‐ergebnis Darstellung der wirtschaftlichen Lage Analyse von Geschäftsverlauf und Lage Prognosebericht (§ 289 Abs. 1 Satz 4 HGB) Risikobericht (§ 289 Abs. 1 Satz 4 HGB) Finanzrisikobericht (§ 289 Abs. 2 Nr. 1a und 1b HGB) Forschungs‐ und Entwicklungsbericht (§ 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB) Zweigniederlassungsbericht (§ 289 Abs. 2 Nr. 3 HGB) Vergütungsbericht (§ 289 Abs. 2 Nr. 4 HGB) Bericht zur Übernahmesituation der Gesellschaft (§ 289 Abs. 4 HGB) Internes Kontrollsystem und Risikomanagementbericht (§ 289 Abs. 5 HGB) Ergänzungsbericht (rechtsformspezifische Angaben gemäß AktG) Erklärung zur Unternehmensführung von börsennotierten AGs (§ 289a HGB) Zusatzbericht (freiwillige Angaben) <?page no="153"?> 154 Schritt 9: Lagebericht uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 9.2 Bedeutung des Lageberichts Der Lagebericht stellt gemäß § 289 HGB ein ergänzendes Rechnungslegungsinstrument zum Jah‐ resabschluss von mittelgroßen und großen Kapital‐ und haftungsbeschränkten Personengesell‐ schaften i. S. d. § 264a Abs. 1 HGB sowie eingetragene Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 1 HGB) (§ 264 Abs. 1 Satz 1 2. HS HGB) dar. Er ist zusammen mit dem Jahresabschluss innerhalb der ersten drei Monate des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr durch die Geschäftsführung (Vorstand) aufzustellen. Der Zweck des Lageberichtes besteht somit aus der Vermittlung zukunftsorientierter Informatio‐ nen, die nicht in der Bilanz, der Gewinn‐ und Verlustrechnung oder dem Anhang wiedergegeben werden können. Unter der Bedingung, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Lage entsteht (siehe § 289 Abs. 1 HGB), soll er Auskunft über den Geschäftsverlauf ein‐ schließlich des Geschäftsergebnisses und der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft geben. Im Lagebericht kann das Ergebnis interpretiert sowie Branchenvergleiche und subjektive Stellung‐ nahmen vorgenommen werden. Durch zusätzliche Angaben und zukunftsorientierte Informationen ermöglicht der Lagebericht den externen und internen Adressaten einen besseren Einblick in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. 9.3 Wirtschaftsbericht Im Wirtschaftsbericht werden der Geschäftsverlauf, das Geschäftsergebnis, die Lage der Gesell‐ schaft sowie die Risiken der künftigen Entwicklung dargestellt und analysiert. Anhand des Ge‐ schäftsverlaufs soll den Adressaten aufgezeigt werden, wie sich das Unternehmen innerhalb der Berichtsperiode entwickelt hat. Es sind Informationen über die Absatz‐, Beschaffungs‐ und Pro‐ duktionsseite des Unternehmens erforderlich. Alle Komponenten und Faktoren sind einzeln zu untersuchen. Dabei sind sowohl externe Rahmenbedingungen des Unternehmens wie z. B. Um‐ welt, Markt und Wettbewerb als auch interne Faktoren wie z. B. bilanzpolitische Maßnahmen, Sachverhaltsgestaltungen und Ausübung von Ermessensspielräumen zu berücksichtigen. In die Analyse sind die wichtigsten finanziellen Leistungsindikatoren einzubeziehen, wie beispielswei‐ se Rentabilitäts‐ und Finanzierungskennzahlen oder Kennzahlen zur Kapitalstruktur. Große Ka‐ pitalgesellschaften sollten hierbei auch nichtfinanzielle Leistungsindikatoren berücksichtigen. Hierzu zählen Aspekte wie Managementqualität, Ausbildungsstand der Mitarbeiter, Kundenkreis und ‐zusammensetzung etc. Unternehmen ist es jedoch erlaubt, bestimmte Detailinformationen für sich zu behalten, falls diese beim Unternehmen zu Schäden oder Nachteilen führen könnten 69 70 71 . Darüber hinaus soll aus der Darstellung des Geschäftsverlaufs erkennbar sein, ob das Manage‐ ment künftige Entwicklung positiv oder negativ beurteilt. Es wird eine Wertung vom Manage‐ ment verlangt. Das Management sollte dabei auch auf die Entwicklung der Branche und die Stel‐ lung des Unternehmens innerhalb dieser Branche eingehen. Eine Gesamtaussage zur aktuellen wirtschaftlichen Lage schließt den Wirtschaftsbericht ab. 69 Vgl. Fink, C.; Kajüter, P.; Winkeljohann, N.: Lageberichterstattung: HGB, DRS und IFRS - Practice Statement Management Commentary, 2013, S. 116 ff. 70 Vgl. Bitz, M.et al.: Der Jahresabschluss, 2014, S. 351 ff. 71 Vgl. Ellenrieder, J.: Lagebericht erstellen für den Jahresabschluss, 2012, abgerufen am 07.10.2015. <?page no="154"?> 9.4 Prognosebericht 155 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 9.1 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 9.4 Prognosebericht Der Prognosebericht soll die zukünftigen Erwartungen der Unternehmensentwicklung erläutern und ergänzt die primär vergangenheitsorientierte Darstellung und Analyse des Geschäftsver‐ laufs. Die Unternehmensleitung gibt eine Einschätzung zum Geschäftsverlauf und zur zukünfti‐ gen Lage der Unternehmung ab. Zu erwähnen sind alle wesentlichen Entwicklungen und Ereig‐ nisse, die den Geschäftsverlauf und die Lage des Unternehmens prägen werden. Der zeitliche Rahmen der Prognose beträgt in der Regel ein Jahr. Der Prognosebericht ist hierbei das Bindeglied zwischen dem abgelaufenen Geschäftsjahr und der laufenden Berichtsperiode. Die Bereiche des Prognoseberichts sollen zukunftsorientiert er‐ läutert und beurteilt werden. Darunter zählen beispielsweise die erwartete Ertragsentwicklung, die geplanten Investitions‐ und Finanzierungsvorhaben, die Entwicklung einzelner Geschäftsfel‐ der, anstehende Großaufträge, Umwandlungen oder Unternehmensbeteiligungen. Zusätzlich zu diesen unternehmensspezifischen Ausführungen sind auch Aussagen über die Erwartungen im Hinblick auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung im Branchen‐ bzw. globalen Umfeld und seiner Dynamik mit seinen ökologischen, technologischen und politisch‐rechtlichen Faktoren vorzunehmen. Wie beim Wirtschaftsbericht ist es keine Pflicht Geschäfts‐ und Betriebsgeheim‐ nisse sowie sonstige Sachverhalte, die dem Unternehmen schaden könnten, preiszugeben. 72 73 74 72 Vgl. Fink, C.; Kajüter, P. & Winkeljohann, N.: Lageberichterstattung: HGB, DRS und IFRS - Practice Statement Management Commentary, 2013, S. 163 ff. 73 Vgl. Bitz, M. et al.: Der Jahresabschluss, 2014, S. 353 f. 74 Vgl. Ellenrieder, J.: Lagebericht erstellen für den Jahresabschluss, 2012, abgerufen am 01.10.2015. Praxisbeispiel: Wirtschaftsbericht der Deutschen Telekom AG „2014 haben wir erneut ein für uns erfolgreiches Geschäftsjahr abgeschlossen. Wir haben unsere wichtigsten Unternehmensziele erreicht: Mit einem bereinigten EBITDA von 17,6 Mrd. € ist uns eine Punktlandung gelungen - wir haben unsere Prognose genau getroffen. Der Free Cashflow (vor Ausschüttung und Investitionen in Spektrum) lag mir 4,1 MRD. € im Rahmen unseres Unternehmenszieles. Wie geplant halten wir außerdem an unserer Aus‐ schüttungsstrategie fest und schlagen der Hauptversammlung - vorbehaltlich der notwendi‐ gen Gremienbeschlüsse und weiterer gesetzlicher Voraussetzungen - eine Dividende von 0,50 € je dividendenberechtigter Aktie vor. Zudem erwähnen wir, unseren Aktionären aber‐ mals die möglichkeit anzubieten, die Dividende wahlweise in bar zu erhalten oder in Aktien der Deutschen Telekom AG umzuwandeln.” (Quelle: Deutsche Telekom AG, Geschäftsbericht 2014, S. 82) <?page no="155"?> 156 Schritt 9: Lagebericht uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 9.5 Chancen- und Risikobericht Die Darstellung von Chancen und Risiken, welchen das Unternehmen möglicherweise in der Zu‐ kunft ausgesetzt sein wird, ist ein wichtiger Teil des Lageberichts. Unter Chancen definiert man zukünftige mögliche Marktpotenziale und unter Risiko eine mögliche negative Entwicklung. Chancen, Risiken und deren Entwicklungen können in den Prognosebericht integriert oder als eigenständiger Bericht mit Verweisen auf den Prognosebericht dargestellt werden (DRS 20.117). Auch bei der Chancenberichterstattung wird hauptsächlich nur über die wesentlichen Chancen berichtet. Alle Chancen sind einzeln darzustellen und die positiven Auswirkungen, die bei Ein‐ tritt der Chance entstehen, zu analysieren. Bedeutende Veränderungen zum Vorjahr sind hervor‐ zuheben. Generell gilt für die Risikoberichterstattung dieselbe Regelung wie für die Chancen‐ berichterstattung. Praxisbeispiel: Prognosebericht der Volkswagen AG - Entwicklung der Märkte für PKW „Wir gehen davon aus, dass sich die PKW‐Märkte im Jahr 2015 in den einzelnen Regionen un‐ terschiedlich entwickeln werden. Die weltweite Nachfrage nach Neufahrzeugen wird insge‐ samt voraussichtlich langsamer steigen als im Berichtsjahr. Für die heterogene Entwicklung der weltweiten Automobilmärkte ist der Volkswagenkon‐ zern bestens aufgestellt. Unsere breite, stetig wachsende Produktpalette mit verbrauchs‐ optimierten Motoren der neuesten Generation sowie verschiedenen alternativen Antrieben verschafft uns weltweit einen Wettbewerbsvorteil. Wir haben den Anspruch, jedem Kunden Mobilität und Innovationen nach seinen Bedürfnissen anzubieten und so unsere Wett‐ bewerbsposition nachhaltig zu stärken. Auch für die Jahre 2016 bis 2019 rechnen wir damit, dass sich das Wachstum der weltweiten Pkw‐Nachfrage fortsetzt.“ (Quelle: Volkswagen AG, Geschäftsbericht 2014, S. 153) Praxisbeispiel: Gesamtaussage zur Risiko- und Chancensituation der Volkswagen AG „Die Gesamtrisiko‐ und Chancensituation ergibt sich für den Volkswagen Konzern aus den zuvor dargestellten Einzelrisiken und ‐chancen. Um die Beherrschung dieser Risiken zu ge‐ währleisten, haben wir ein umfangreiches Risikomanagementsystem geschaffen. Die größten Risiken für den Konzern können sich aus einer negativen Absatz‐ und Marktentwicklung von Fahrzeugen und Originalteilen, einer nicht bedarfsgerechten Produktentwicklung und ‐ent‐ stehung sowie aus Qualitätsproblemen ergeben. Nach den uns heute bekannten Informatio‐ nen bestehen keine Risiken, die den Fortbestand wesentlicher Konzerngesellschaften oder des Volkswagen Konzerns gefährden könnten.“ (Quelle: Volkswagen AG, Geschäftsbericht 2014, S. 173) <?page no="156"?> 9.6 Finanzrisikobericht 157 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 9.6 Finanzrisikobericht In diesem Bericht soll insbesondere auf die Verwendung von Finanzinstrumenten eingegangen werden. Gemäß § 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB sind die Risikomanagementziele und ‐methoden des Unternehmens, sowie die Absicherungsstrategien und ‐maßnahmen aller wichtigen Transaktio‐ nen zu nennen, die bei Sicherungsgeschäften erfasst werden. Über Preisänderungs‐, Ausfall‐ und Liquiditätsrisiken und Risiken aus Zahlungsstromschwanken muss separat berichtet werden. 75 9.7 Forschungs- und Entwicklungsbericht Es sind Forschungs‐ und Entwicklungsaktivitäten angegeben, die selbst oder durch Dritte reali‐ siert werden. Zudem macht der Bericht Angaben zu wichtigen Forschungsfeldern, über For‐ schungs‐ und Entwicklungsinvestitionen und ‐einrichtungen. Er gibt auch Aufschluss über die Gesamthöhe der Ausgaben und daraus resultierende Erfolgspotenziale und Möglichkeiten. Es folgt ein globaler Eindruck über die Aktivität und Intensität der Forschungs‐ und Entwicklungs‐ bemühungen. 75 Vgl. Bitz, M. et al.: Der Jahresabschluss, 2014, S. 355. Praxisbeispiel: Leistungswirtschaftliche Chancen der DMG MORI SEIKI AG „Leistungswirtschaftliche Chancen ergeben sich durch die permanente Optimierung unserer Prozesse in den Bereichen Produktion, Technologie, Qualität und Logistik. Zu diesem Zweck führen wir aktuell mehrere Projekte durch. Im Bereich Produktion reduzieren wir konsequent Durchlaufzeiten durch die Einführung der Cluster‐Montage in einer Vielzahl unserer Fertigungswerke. Bei dieser Montageform arbeitet eine feste Gruppe von Mitarbeitern zusammen, um mehrere Maschinen aufzubauen und die Verantwortung für den gesamten Montageablauf zu übernehmen. Im Bereich der Logistik ent‐ stehen Chancen aus der Steigerung des logistischen Servicegrades, um die Montagehallen zu staplerarmen Zonen zu entwickeln. Dies trägt zu einer konsequenten Reduzierung der Bestände und einer Vereinfachung im Montageablauf bei. Im technologischen Bereich kommen zudem in allen produzierten Maschinen energieeffiziente Kühlaggregate und Kühlschmier‐ stoffpumpen zum Einsatz.“ (Quelle: DMG MORI SEIKI AG, Geschäftsbericht 2014, S. 112) Praxisbeispiel: Forschung und Entwicklung der DMG MORI SEIKI AG „Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (F&E) lagen mit 44,1 Mio. € rund 3,8 % über dem Niveau des Vorjahrs (42,5 Mio. €). Aufwendungen für Sonderkonstruktionen sind hier entgegen der Berichterstattung im letzten Jahr nicht mehr enthalten. Der Vorjahresver‐ gleichswert wurde hier entsprechend angepasst. Aufgrund der zunehmenden Nachfrage nach kundenspezifischen Lösungen gewinnen Son‐ derkonstruktionen weiter an Bedeutung. Die Chancen aus dem Bereich der Sonderkonstruk‐ tion nutzen wir verstärkt und bauen das Geschäft der kundenorientierten Sonderlösungen aus. Die Aufwendungen für Sonderkonstruktionen werden daher ab diesem Jahr separat betrachtet und nicht mehr den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung zugeordnet.“ (Quelle: DMG MORI SEIKI AG, Geschäftsbericht 2014, S. 51 f.) <?page no="157"?> 158 Schritt 9: Lagebericht uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 9.8 Zweigniederlassungsbericht Im Zweigniederlassungsbericht werden elementare Informationen über Zweigniederlassungen im In‐ und Ausland und über Neueröffnungen sowie Schließungen von Zweigniederlassungen wiedergegeben. Gibt es viele Zweigniederlassungen, sind regionale Zusammenfassungen erlaubt. Dabei sollten jedoch zumindest angegeben werden: Gegenstand und Sitz der Zweigniederlas‐ sung, Änderungen zum Vorjahr, wesentliche Investitionsvorhaben, Vertriebsprogramme, Tätig‐ keitsschwerpunkte und die Mitarbeiterzahl, um die wirtschaftliche Situation der Zweigniederlas‐ sung beurteilen zu können. 9.9 Vergütungsbericht Mithilfe des Vergütungsberichts bekommt der Leser ein umfassendes Bild über die Bezüge der verschiedenen Organe des Unternehmens. Wesentliche Organe, deren Vergütung darzustellen ist, sind Vorstandsmitglieder, geschäftsführende Direktoren, persönlich haftende Gesellschafter oder Geschäftsführer. Berichtspflichtige Bezüge in Form von Geld oder Sachgegenständen um‐ fassen Gehälter, Gewinnbeteiligungen, Bezugsrechte, aktienbasierte Vergütungen, Aufwandsent‐ schädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen. Der Vergütungsbericht erläutert außerdem die Organisation der Organbezüge und Anreizpläne. Börsennotierte Aktiengesellschaften müssen nach § 289 Abs. 2 Nr. 5 HGB die Grundzüge ihres Vergütungssystems für die Gesamtbezüge darstellen. Hierdurch soll den Aktionären mehr Transparenz über die Vergütungspolitik und ‐struktur eingeräumt werden. Für jedes Gremium, in Gestalt von Vorstand, Aufsichtsrat und Beirat, sind verbale Erläuterungen notwendig wie z. B. zur Ausgestaltung der Organverträge, zum Verhältnis der erfolgsunabhängigen und ‐abhängigen Vergütung, zu Anreizvereinbarungen, zu den Bedingungen von Aktienoptionen, sonstigen Akti‐ enbezugsrechten und den Grundsätzen der Altersversorgung. 76 77 76 Vgl. Bitz, M. et al.: Der Jahresabschluss, 2014, S. 356. 77 Fink, C.; Kajüter, P. & Winkeljohann, N.: Lageberichterstattung: HGB, DRS und IFRS - Practice Statement Management Commentary, 2013, S. 217 ff. Praxisbeispiel: Zweigniederlassungsbericht der Santander Consumer Bank „Zum 31. Dezember 2014 verfügte die Bank über ein flächendeckendes Netz von 329 Filialen gegenüber 324 im Vorjahr. Ferner unterhält die Bank eine weitere Zweigniederlassung unter dem Namen Santander Direkt Bank in Mönchengladbach sowie 10 Händler‐Vertriebs‐Cen‐ ter.“ (Quelle: Santander Consumer Bank, Geschäftsbericht 2014, S. 54) Praxisbeispiel: Auszug aus dem Vergütungsbericht der Deutschen Bank AG - Gesamtvergütung Die im bzw. für das Geschäftsjahr 2014 gewährte Vergütung (ohne Nebenleistungen und Ver‐ sorgungsaufwand) die Mitglieder des Vorstands für ihre Vorstandstätigkeit betrug insgesamt 35.277.666 € (2013: 38.496.509 €). Hiervon entfielen 19.600.000 € (2013: 10.350.000 €) auf Grundgehälter, 15.677.666 € (2013: 27.096.509 €) auf erfolgsabhängige Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung und 0 € (2013: 1.050.000 €) auf erfolgsabhängige Komponenten ohne langfristige Anreizwirkung.“ (Quelle: Deutsche Bank AG, Geschäftsbericht 2014, S. 318) <?page no="158"?> 9.10 Bericht zur Übernahmesituation der Gesellschaft 159 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 9.10 Bericht zur Übernahmesituation der Gesellschaft Unternehmen der Rechtsform AG und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) müssen im Lagebericht übernahmerelevante Daten angeben ungeachtet, ob eine Übernahme bevorsteht o‐ der nicht. Es werden in den §§ 289 bzw. 315 Abs. 4 HGB die folgenden Mindestangaben zum Bi‐ lanzstichtag für die Vorbereitung einer möglichen Übernahme definiert. Die Mindestangaben umfassen: Stimmrecht‐ und Übertragungsbeschränkungen, Aufteilung des gezeichneten Kapitals, Kontrollbefugnisse, Beteiligungen von Mitarbeitern am Kapital, Aktien mit Sonderrechten, Best‐ immungen zur Ernennung sowie Abberufung von Vorstandsmitgliedern, Vorstandsbefugnisse zur Ausgabe oder Rückkauf von Aktien, zugrunde gelegte Absprachen, die beim Kontrollwechsel wirken und Entschädigungsvereinbarungen bei einem Übernahmeangebot. Falls es nicht möglich ist einige dieser Mindestangaben mit Informationen zu füllen, wird eine Fehlanzeige befürwor‐ tet, aber nicht gesetzlich befohlen. 78 9.11 Internes Kontrollsystem und internes Risikomanagementsystem im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften i. S. d. § 264d HGB sind zusätzlich dazu verpflich‐ tet, die wesentlichen Merkmale des internen Kontroll- und des Risikomanagementsystems, also die Strukturen und Prozesses im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess, im Konzern‐ lagebericht (§§ 289 Abs. 5, 315 Abs. 2 Nr. 5 HGB) aufzuführen. Der Fokus liegt einerseits auf dem Prozess der Rechnungslegung; andererseits auf den Organisations‐ sowie Kontroll‐ und Über‐ wachungsstrukturen zur Sicherstellung der bilanziell richtigen Erfassung, Aufbereitung und Würdigung von unternehmerischen Sachverhalten und deren Übernahme in die externe Rech‐ nungslegung. 9.12 Erklärung der Unternehmensführung Zusätzlich haben börsennotierte sowie bestimmte kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften eine Erklärung zur Unternehmensführung gemäß § 289a HGB, d. h. eine sogenannte „Corpo‐ rate Governance‐Erklärung, abzugeben. Dabei besteht das Wahlrecht, entweder im Lagebericht 78 Fink, C.; Kajüter, P.; Winkeljohann, N.: Lageberichterstattung: HGB, DRS und IFRS - Practice Statement Management Commentary, 2013, S. 235 ff. Praxisbeispiel: Auszug: Übernahmerechtliche Angaben - Kapitalverhältnisse „Am 31. Dezember 2013 belief sich das Grundkapital der Volkswagen AG auf 1.191.009.251,76 (1.190.995.445,76) €; es setzte sich aus 295.089.818 Stamm‐ und 170.148.171 Vorzugsaktien zusammen. Darin enthalten sind 5.393 geschaffene Vorzugs‐ aktien aus der freiwilligen Ausübung der Pflichtwandelanleihe. Der Anteil einer Aktie am Grundkapital beträgt 2,56 €. In Ergänzung zu der im November 2012 in Höhe von 2,5 Mrd € begebenen Pflichtanleihe hat die Volkswagen AG im Juni 2013 eine weitere Pflichtanleihe zum Bezug von Volkswagen Vor‐ zugsaktien im Volumen von 1,2 Mrd. € erfolgreich platziert.“ (Quelle: Volkswagen AG, Geschäftsbericht 2013, S. 69) <?page no="159"?> 160 Schritt 9: Lagebericht uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt auf die Internetseite mit den geforderten Angaben zu verweisen oder die Erklärung selbst in den Lagebericht aufzunehmen. In die Erklärung sollen folgende Elemente aufgenommen werden: die Entsprechenserklärung zur Umsetzung der Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (§ 161 AktG), die relevanten Angaben zu Unternehmensführungspraktiken, die über die gesetzlichen Anfor‐ derungen hinaus angewandt werden, nebst dem Hinweis, wo sie öffentlich zugänglich sind und eine Beschreibung der Arbeitsweise von Vorstand und Aufsichtsrat sowie Angaben zu Zusam‐ mensetzung und Arbeitsweise von deren Ausschüssen. Große Kapitalgesellschaften haben zusätzlich nichtfinanzielle Leistungsindikatoren wie z. B. Umwelt‐ und Arbeitnehmerbelange zu erläutern. 9.13 Zusatzbericht Da der Gesetzgeber nur einen Mindestumfang bzgl. des Inhalts des Lageberichts vorschreibt, können darüber hinausgehende freiwillige Angaben im Lagebericht aufgenommen werden. Die Unternehmensleitung kann die freiwilligen Angaben zur informativen Selbstdarstellung nut‐ zen. 79 Als freiwillige Berichtsinhalte bieten sich z. B. an: Angaben zu den Zielen und Strategien des Unternehmens, Mehrjahresübersichten zu wichtigen Kennzahlen, Kapitalflussrechnung (ist nur im Konzernabschluss Pflichtbestandteil) und Wertschöpfungsrechnung. Übungsaufgabe 9.2 und 9.3 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 79 Baetge, J.; Kirsch, H.‐J. & Thiele, S.: Bilanzen, 2014, S. 811 ff. Praxisbeispiel: Auszug aus dem Corporate Governance Bericht - Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat Der Aufsichtsrat berät und überwacht den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens. Er ist in Entscheidungen, die von grundlegender Bedeutung sind, unmittelbar eingebunden. Vor‐ stand und Aufsichtsrat der Volkswagen AG stimmen die strategische Ausrichtung des Volks‐ wagen Konzerns eng miteinander ab. Die beiden Gremien analysieren gemeinsam regelmäßig den Stand der Strategieumsetzung. Der Vorstand informiert den Aufsichtsrat regelmäßig, zeitnah und umfassend in schriftlicher oder mündlicher Form über alle relevanten Fragen der Strategie, der Planung, der Geschäftsentwicklung, der Risikolage und des Risikomanage‐ ments sowie der Compliance. (Quelle: Volkswagen AG, Geschäftsbericht 2014, S. 56) <?page no="160"?> 9.14 Grundsätze der Lageberichterstattung 161 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 9.14 Grundsätze der Lageberichterstattung Inhaltliche Grundsätze des Lageberichts definiert §§ 289 und 315 HGB. Richtlinien zu Umfang und Form des Lageberichts bestimmt das HGB nicht. Im Folgenden werden die Grundsätze einer ordnungsmäßigen Lageberichterstattung nach DRS 20 erläutert: 80 Abb. 9.2: Grundsätze der Lageberichterstattung Vollständigkeit 9.14.1 Der Grundsatz der Vollständigkeit (gemäß DRS 20.12‐16) verlangt keine quantitative, sondern eine qualitative Vollständigkeit. Das heißt, es wird keine lückenlose Berichterstattung über alle Geschäftsvorfälle erwartet, sondern es muss eine Gesamtbeurteilung des Geschäftsverlaufs, der wirtschaftlichen Lage und der voraussichtlichen Entwicklung möglich sein. Das Selektieren unternehmensspezifischer Daten, um eine vollständige Dokumentation anzufertigen, liegt im Ermessensbereich jedes Unternehmens. Der Grundsatz verpflichtet zur separaten Darstellung negativer und positiver Perspektiven. 81 Verlässlichkeit und Ausgewogenheit 9.14.2 Verlässlichkeit und Ausgewogenheit (gemäß DRS 20.17‐19) bedeuten, dass Annahmen, Verlaufs‐ und Zustandsprognosen plausibel, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen sein müssen. Zudem sollten Fakten, Hypothesen und Prognosen eindeutig getrennt werden und Folgerungen müssen schlüssig erklärt sein. Um dem Grundsatz der Verlässlichkeit treu zu bleiben, ist offen‐ zulegen, welche Schätzverfahren angewandt wurden und welche Folgen für die Unternehmung abzusehen sind, wenn Annahmen nicht eintreffen. Auf diese Weise soll ein Mindestmaß an Objektivität erzielt werden. Klarheit und Übersichtlichkeit 9.14.3 Dieser Grundsatz (gemäß DRS 20.20‐30) verlangt eine prägnante, übersichtliche und verständ‐ liche Darstellung. Hierzu ist eine eindeutig und logisch strukturierte Darstellung der Inhalte gefordert. Von mehrdeutigen und irreführenden Angaben, die die tatsächliche Lage der Unter‐ 80 Vgl. Wulf, I. & Rentzsch, N.: Lageberichterstattung von immateriellen Werten insbesondere in KMU, 2013, S. 43. 81 Fink, C.; Kajüter, P. & Winkeljohann, N.: Lageberichterstattung: HGB, DRS und IFRS - Practice Statement Ma‐ nagement Commentary" 2013, S. 59 ff. Grundsätze der Lageberichterstattung Vollständigkeit Verlässlichkeit und Ausgewo‐ genheit Klarheit und Übersichtlich‐ keit Vermittlung aus Sicht der Unter‐ nehmensleitung Wesentlichkeit Grundsatz der Informationsabstufung <?page no="161"?> 162 Schritt 9: Lagebericht nehmung verschleiern, ist abzusehen. Es ist ein nachvollziehbarer Zusammenhang zum Jahres‐ abschluss herzustellen. Ebenso legt dieser Grundsatz fest, dass sich der Lagebericht auf den Ab‐ schluss beziehen soll, wenn z. B. die Berechnung einiger Kennzahlen der Bilanz oder GuV nach‐ vollziehbar erläutert werden soll. 82 Vermittlung der Sicht der Unternehmensleitung 9.14.4 Gemäß des DRS 20.31 müssen im Lagebericht Einschätzungen und Beurteilungen der Unter‐ nehmensleitung wiedergegeben werden. Im HGB wird eine umfassende Analyse von Geschäfts‐ verlauf und Lage gefordert. Da diese Analyse stets in der Verantwortung der Unternehmens‐ leitung liegt, wird damit auch die subjektive Sichtweise der Unternehmensleitung vermittelt. Die Vermittlung aus der Sicht der Unternehmensleitung gibt zusätzlich Daten über interne Ent‐ scheidungsprozesse bekannt. Das dient dazu, Informationsasymmetrien zwischen der Unter‐ nehmensleitung und den Investoren abzubauen. Der Investor erhält einen Einblick in die Ent‐ scheidungsprozesse und ‐strukturen des Unternehmens. Wesentlichkeit 9.14.5 Der Lagebericht sollte sich gemäß DRS 20.32‐33 auf die Vermittlung von wesentlichen Informa‐ tionen konzentrieren, woraus sich ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen dem Grundsatz der Vollständigkeit und dem Grundsatz der Wesentlichkeit ergibt. Durch das Fokussieren auf wesentliche Informationen soll vermieden werden, dass der Berichtsadressat durch zu viele Informationen den Überblick verliert. Informationsabstufung 9.14.6 Der Detaillierungsgrad und Ausführungen im Lagebericht orientieren sich an den spezifischen Gegebenheiten des Unternehmens, wie beispielsweise der Größe, der Branche und der Aktivität auf dem Kapitalmarkt. Nach dem Grundsatz der Informationsabstufung hat die Berichterstattung in kleinen, wenig diversifizierten Unternehmen sowie in nicht kapitalmarktorientierten Unter‐ nehmen einen geringeren Detaillierungsgrad und beinhaltet weniger ausführliche Beschreibun‐ gen als die Berichterstattung von großen, hochdiversifizierten und kapitalmarktorientierten Unternehmen. Gerechtfertigt wird dies mit dem Wettbewerbsnachteil, den kleine, wenig diversi‐ fizierte und nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen erleiden, wenn diese die gleichen Aus‐ künfte wie große, diversifizierte und kapitalmarktorientierte Unternehmen geben. 83 Übungsaufgabe 9.4 Diese Aufgabe und Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 82 Fink, C.; Kajüter, P. & Winkeljohann, N.: Lageberichterstattung: HGB, DRS und IFRS - Practice Statement Management Commentary, 2013, S. 64 ff. 83 Fink, C.; Kajüter, P. & Winkeljohann, N.: Lageberichterstattung: HGB, DRS und IFRS - Practice Statement Management Commentary, 2013, S. 72 ff. <?page no="162"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 10: Kapitalflussrechnung Lernziele In diesem Kapitel werden Sie den Aufbau, den Inhalt und die wesentlichen Posten der Kapitalflussrechnung kennenlernen. Sie werden die Dreiteilung der Kapitalflussrechnung in laufende Geschäftstätigkeiten sowie Investitions‐ und Finanzierungstätigkeiten unterschei‐ den können. 10.1 Einführung Die Kapitalflussrechnung wird häufig als dritte Jahresabschlussrechnung bezeichnet, da in ihr eine sinnvolle Ergänzung zur Bilanz und zur Gewinn‐ und Verlustrechnung gesehen wird. Es handelt sich um eine Bewegungsrechnung, die die wichtigsten Investitions‐ und Finanzierungs‐ vorgänge während des Geschäftsjahres darstellt. Sie verbessert den Einblick in die Vermögens‐ und Finanzstruktur eines Unternehmens, insbesondere bzgl. der Liquidität und Solvenz. Ferner werden bilanzpolitische Einflüsse eliminiert. Dies führt zu einer verbesserten Darstellung der Ertragskraft eines Unternehmens. Die Kapitalflussrechnung ermöglicht eine detaillierte Darstellung und Analyse von Mittelherkunft und Mittelverwendung. Es werden die Posten zweier aufeinanderfolgender Bilanzen gegenüber‐ gestellt und die sich hierbei ergebenden Differenzen je Posten in einer Veränderungsbilanz erfasst. Sie stellt die Herkunft und die Verwendung der Finanzmittel eines Unternehmens dar. Ergän‐ zend zum Jahresabschluss stellt die Kapitalflussrechnung eine liquiditätsbezogene Zeitraum‐ rechnung, die nicht Bestände an Vermögen und Kapital, sondern Bestandsveränderungen bzw. die zugrunde liegenden Bewegungen ausweist. Im Gegensatz zur GuV erfasst die Kapitalfluss‐ rechnung auch die erfolgsunwirksamen Bewegungen und bildet somit einen Teilbereich des liquiditätsorientierten Rechnungswesens ab. Sie soll einen Einblick in die Finanzlage eines Unternehmens gewähren, indem Investitions‐ und Finanzierungsvorgänge und ihr Einfluss auf die Liquidität dargestellt werden. 84 Die folgende Abbildung zeigt die Abgrenzung der Kapital‐ flussrechnung zur Bilanz und GuV. Abb. 10.1: Kapitalflussrechnung - Abgrenzung zur Bilanz und GuV 84 Vgl. Perridon, L.; Steiner, M. & Rathgeber, A.: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 2012, S. 639. Kapitalflussrechnung liquiditätsbezogene Zeitraumrechnung weist Bestandsveränderungen bzw. Umsätze aus erfasst erfolgswirksame sowie erfolgs‐ unwirksame Bewegungen ergänzt den Jahresabschluss Bilanz zeitpunktbezogen erfasst Bestände an Kapital und Ver‐ mögen Gewinn- und Verlustrechnung zeitraumbezogen erfasst erfolgswirksame Vorgänge <?page no="163"?> 164 Schritt 10: Kapitalflussrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Kapitalflussrechnung ist zwingender Bestandteil des Konzernabschlusses von Kapitalgesell‐ schaften gemäß § 297 Abs. 1 HGB und beim Einzelabschluss kapitalmarktorientierter Kapital‐ gesellschaften, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind, gemäß § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB. 10.2 Beständedifferenzen-, Veränderungs- und Bewegungsbilanz Eine Beständedifferenzenbilanz ergibt sich aus der Saldierung von Beständen zweier aufeinan‐ derfolgender Bilanzen. Die Gliederung der Stichtagsbilanzen wird für die Bewegungsbilanz bei‐ behalten. Bestandsmehrungen werden mit positivem und Bestandsminderungen mit negativem Vorzeichen dargestellt. Sie ist der erste Schritt für die Erstellung einer derivativen Kapitalfluss‐ rechnung. Jedoch ist ihre Aussagekraft sehr begrenzt, da das Aufzeigen der Bestandsverände‐ rungen keinen weiteren Informationsgehalt gegenüber dem Jahresabschluss enthält. Bei einer Bewegungsbilanz handelt es sich um eine bestimmte Erscheinungsform der Kapital‐ flussrechnung. Sie zeigt die Veränderung der Bestandskonten zwischen zwei Bilanzstichtagen; d. h. als Ausgangspunkt dienen die Bilanzen am Anfang und am Ende eines Geschäftsjahres. Aus beiden Bilanzen wird die Differenz der einzelnen Bilanzposten gebildet. Dadurch erhält man die sogenannte Beständedifferenzenbilanz: Veränderungen Aktivposten Veränderungen Passivposten Erhöhung der Aktivposten (+) Erhöhung der Passivposten (+) Minderung der Aktivposten (‐) Minderung der Passivposten (‐) Abb. 10.2: Grundaufbau der Beständedifferenzenbilanz 10.3 Die Bewegungsbilanz als Sonderform der Kapitalflussrechnung Wenn man die Beständedifferenzenbilanz umstellt, erhält man die Bewegungsbilanz. Sie zeigt, aus welchen Quellen des Unternehmens Mittel zugeflossen sind (Mittelherkunft) und wofür diese ver‐ wendet wurden (Mittelverwendung). Die Bewegungsbilanz kann sowohl in Kontenform als auch in Staffelform dargestellt werden. Ist letzteres der Fall spricht man von einer Kapitalflussrechnung. Darstellung in Kontenform 10.3.1 Der folgende Grundaufbau ergibt sich bei einer Darstellung der Bewegungsbilanz in Kontenform: Bewegungsbilanz Mittelverwendung Mittelherkunft Erhöhung der Aktivposten (+) Erhöhung Anlagevermögen Erhöhung Umlaufvermögen = Investition Erhöhung der Passivposten (+) Eigenkapitalmehrungen Fremdkapitalmehrungen = Finanzierung Minderung derPassivposten (‐) Eigenkapitalminderungen Fremdkapitalminderungen = Definanzierung Minderung von Aktivposten (‐) Minderung Anlagevermögen Minderung Umlaufvermögen = Desinvestition Wohin sind Mittel geflossen? Woher stammen die Mittel? Abb. 10.3: Grundaufbau der Bewegungsbilanz <?page no="164"?> 10.3 Die Bewegungsbilanz als Sonderform der Kapitalflussrechnung 165 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Mittelherkunft setzt sich aus der Zunahme der Passiva und der Abnahme von Aktiva zusam‐ men. Eine Zunahme der Passiva kann durch Erhöhung von Schulden erfolgen, d. h. z. B. Aufnah‐ me von Fremdkapital, oder durch Zuführung von Eigenkapital. Eine Minderung der Aktiva kann erfolgen durch die Veräußerung von Anlagen oder Beteiligungen, Abschreibungen, Reduzierung der Vorräte, Forderungen und Kasse. Die Abschreibung der Produktionsanlage verringert den Wert der Produktionsanlage und führt zu einer Freisetzung finanzieller Mittel. Auch die Verrin‐ gerung der Bestände an Fertigerzeugnissen erhöht die verfügbaren finanziellen Mittel. Die Mittelverwendung wird aus der Abnahme von Passiva und der Zunahme von Aktiva abgebil‐ det. Eine Minderung der Passiva resultiert aus der Verringerung der Verbindlichkeiten, z. B. durch die Tilgung eines Kredits oder einer Gewinnausschüttung bzw. einer Kapitalentnahme. Die Zunahme von Aktiva ergibt sich durch Investitionen in das Anlagevermögen (z. B. den Kauf einer Produktionsanlage) oder in Vorräte bzw. Erhöhung der Forderungen aLuL. Beispiel Aktiva Bilanz 01 Passiva Anlagevermögen Eigenkapital 160 Sachanlagevermögen 100 langfristiges Fremdkapital Finanzanlagen 40 langfristige Kredite 80 Umlaufvermögen 160 Pensionsrückstellungen 20 kurzfristiges Fremdkapital 40 300 300 Aktiva Bilanz 02 Passiva Anlagevermögen Eigenkapital 170 Sachanlagevermögen 160 langfristiges Fremdkapital Finanzanlagen 50 langfristige Kredite 125 Umlaufvermögen 140 Pensionsrückstellungen 28 kurzfristiges Fremdkapital 27 350 350 Aktiva Beständedifferenzenbilanz Passiva Anlagevermögen Eigenkapital 10 Sachanlagevermögen 60 langfristiges Fremdkapital Finanzanlagen 10 langfristige Kredite 45 Umlaufvermögen ‐20 Pensionsrückstellungen 8 kurzfristiges Fremdkapital ‐13 50 50 Die Veränderungsbilanz ergibt sich aus der Umgliederung der Beständedifferenzenbilanz. Aktiva‐ Zunahmen und Passiva‐Abnahmen werden auf der linken Seite der Bilanz sowie Aktiva‐ Abnahmen und Passiva‐Zunahmen auf die rechte Seite der Bilanz gebracht. <?page no="165"?> 166 Schritt 10: Kapitalflussrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Mittelverwendung Veränderungsbilanz (Bewegungsbilanz) Mittelherkunft Aktivzunahmen (+) Aktivabnahmen (‐) Sachanlagen 60 Umlaufvermögen 20 Finanzanlagen 10 Passivzunahmen (+) Passivabnahmen (‐) Eigenkapital 10 kurzfristiges Fremdkapital 13 langfristige Kredite 45 Pensionsrückstellungen 8 83 83 Die Bewegungsbilanz ist eine zeitraumbezogene Rechnung. Durch die nicht mehr statische, son‐ dern dynamische Interpretation der Veränderungen wird hier ein Übergang zur stromgrößen‐ orientierten Finanzierungsrechnung gebildet. Kritikpunkte bei der Bewegungsbilanz 10.3.2 Das Problem der Bewegungsbilanz besteht darin, dass aufgrund von Informationsmängeln, wel‐ che buchhaltungstechnisch bedingt sind, keine Trennung von liquiditätswirksamen und liquidi‐ tätsunwirksamen Bewegungen möglich ist. Bei der Bewegungsbilanz handelt es sich lediglich um eine Rechnung, die aus zwei Stichtags‐ bilanzen abgeleitet wird, die jedoch keine Informationen über die eigentliche Finanzlage eines Unternehmens liefert. Daher sind Bewegungsbilanzen nicht gut als Finanzierungsrechnungen geeignet. Die alleinige Aussage der Bewegungsbilanz ist, dass Veränderungen von Bilanzposten dargestellt werden. Bewegungsbilanzen sind deshalb nur als Vorstufe zur aufschlussreicheren Kapitalflussrechnung anzusehen. 85 Die Informationen aus der Bewegungsbilanz können mithilfe der Kapitalflussrechnung genauer analysiert werden. 10.4 Grundlagen der Kapitalflussrechnung Die Kapitalflussrechnung stellt die Quellen aus denen der Finanzmittelfonds gespeist wurde und die Verwendung der Finanzmittel in den unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens bzw. des Konzerns dar. Sie verfolgt das Ziel, Transparenz über den Zahlungsmittelstrom eines Unternehmens herzustel‐ len. Sie ist eine liquiditätsbezogene Zeitraumrechnung und stellt, alle in einer Periode angefal‐ lenen, Ein- und Auszahlungen gegenüber. Die Kapitalflussrechnung wird in eine Ursachen- und eine Fondsveränderungsrechnung untergliedert. Die folgende Abbildung zeigt die Bestandteile der Kapitalflussrechnung: 85 Küting, K. & Weber, C.‐P.: Bilanzanalyse, 2012, S. 186 f. <?page no="166"?> 10.4 Grundlagen der Kapitalflussrechnung 167 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Ursachenrechnung Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (a) Cashflow aus Investitionstätigkeit (b) Cashflow aus Finanzierungstätigkeit (c) Fondsveränderungsrechnung Anfangsbestand an Zahlungsmitteln Veränderung der Zahlungsmittel (a + b + c) Endbestand an Zahlungsmitteln Abb. 10.4: Bestandteile der Kapitalflussrechnung Ursachenrechnung 10.4.1 Die drei Teilbereiche der Ursachenrechnung setzen sich aus der laufenden Geschäftstätigkeit, Investitionstätigkeit und Finanzierungstätigkeit zusammen. Die Sachverhalte bezüglich der Zuordnung der Zahlungsströme sind im DRS 21 geregelt. Jedoch gibt es auch Geschäftsvorfälle, bei denen sich die Ein‐ und Auszahlungen nicht überschneidungsfrei einem der drei Tätigkeits‐ bereiche der Ursachenrechnung zuordnen lassen. Die Unternehmen haben dann die Möglichkeit, sie sachgemäß nach ihrem Verständnis aufzuteilen. Die Aufgabe der Ursachenrechnung ist es die Quellen zu visualisieren, aus denen der Finanzmittelfond gespeist wird. Zudem wird die Her‐ kunft und Verwendung der Finanzmittel in den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen auf‐ gezeigt. Hinsichtlich der Datendarstellung kann zwischen der Brutto‐ und Nettomethode unter‐ schieden werden. Bei der direkten bzw. Bruttomethode ergibt sich der Cashflow aus der Diffe‐ renz aller zahlungswirksamen Erträge (Bruttoeinzahlungen) und aller zahlungswirksamen Auf‐ wendungen (Bruttoauszahlungen). Die indirekte bzw. Nettomethode ist nur zur Berechnung des Cashflows aus der laufenden Geschäftstätigkeit erlaubt. Bei der indirekten Methode werden vom Periodenergebnis (Jahresüberschuss oder ‐fehlbetrag) alle nicht zahlungswirksamen Erträ‐ ge subtrahiert, während alle nicht zahlungswirksamen Aufwendungen addiert werden. In der Praxis wird die indirekte Methode häufiger verwendet, obwohl die direkte Methode eine genaue‐ re Aufstellung der Zahlungsströme liefert und somit aussagekräftiger ist. 86 Fondsveränderungsrechnung 10.4.2 Der zweite Bestandteil der Kapitalflussrechnung ist die Fondsveränderungsrechnung. Unter einem Fonds verschmelzen bestimmte Bilanzposten zu einer buchhalterischen Einheit. Der Finanzmittelfond soll über das Liquiditätspotenzial eines Unternehmens Aufschluss geben und setzt sich aus Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten zusammen. Die Zahlungsmitteln umfassen die Barmittel und die täglich fälligen Sichteinlagen. Zu den Zahlungsmitteläquivalenten gehören kurzfristige, besonders liquide Finanzmittel, die zu jedem Zeitpunkt in Zahlungsmittel umgewandelt werden können und geringen Wertschwankungsrisiken ausgesetzt sind. Die Rest‐ laufzeit zum Zeitpunkt des Erwerbs sollte dabei drei Monate nicht überschreiten, um in den Fonds einbezogen zu werden. Die Summe der Cashflows aus den Teilbereichen der Ursachen‐ rechnung entspricht der Gesamtveränderung des Finanzmittelfonds. Dieser ist um wechselkurs‐, konsolidierungskreis‐ und bewertungsbedingte Änderungen noch zu korrigieren und anschlie‐ ßend mit dem Anfangsbestand des Finanzmittelfonds zu addieren. Unter Konsolidierungskreis versteht man die in den Konzernabschluss einzubeziehenden Unternehmungen. Als Ergebnis der 86 Vgl. Eiselt, A. & Müller, S.: Kapitalflussrechnung nach IFRS und DRS 21, 2014, S. 31 ff. <?page no="167"?> 168 Schritt 10: Kapitalflussrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Fondsveränderungsrechnung erhält man den Endbestand der Finanzmittel wie aus der folgen‐ den Abbildung ersichtlich ist. 87 Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmittelfonds +/ ‐ Wechselkurs‐, und bewertungsbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds +/ ‐ Konsolidierungskreisbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds + Finanzmittelfonds am Anfang der Periode = Finanzmittelfonds am Ende der Periode Abb. 10.5: Gliederung der Fondsveränderungsrechnung 88 Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit 10.4.3 Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit umfasst nach DRS 21.9 die Aktivitäten in Verbindung mit wesentlichen, auf Erlöserzielung ausgerichteten Tätigkeiten sowie sonstige Ak‐ tivitäten, die nicht unmittelbar der Investitions‐ oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind. Darunter fallen in der Regel Geschäftsvorfälle, die das Periodenergebnis als Ertrag oder Aufwand beeinflussen. Diese Zahlungsvorgänge treten üblicherweise im Zusammenhang mit der Erlös‐ erzielung auf z. B. im Produktions‐, Verkaufs‐ und Dienstleistungsbereich. In diesen Teilbereich der Ursachenrechnung fallen zudem die Ein‐ und Auszahlungen aus Ertragssteuern. Cashflows aus Sicherungsgeschäften, z. B. bei Zahlungen für die Absicherung von Umsatzeinzahlungen, können dem Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit zugeordnet werden. Die folgende Tabelle zeigt den Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit. 89 Einzahlungen von Kunden für den Verkauf von Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen ‐ Auszahlungen an Lieferanten und Beschäftigte + sonstige Einzahlungen, die nicht der Investitions‐ und Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind ‐ sonstige Auszahlungen, die nicht der Investitions‐ und Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten ‐ Auszahlungen für außerordentliche Posten +/ ‐ Ertragssteuerzahlungen = Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit Abb. 10.6: Ermittlung des Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit Cashflow aus der Investitionstätigkeit 10.4.4 Zum Cashflow aus der Investitionstätigkeit gehören die Aktivitäten, die mit den Zu‐ und Abgän‐ gen von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens in Verbindung stehen. Dazu gehören der Kauf und Verkauf von langfristigen Vermögensgegenständen sowie die sonstigen Finanzinvesti‐ tionen, die nicht zu den Zahlungsmitteläquivalenten zählen. Des Weiteren sind Zahlungsströme 87 Vgl. Eiselt, A. & Müller, S.: Kapitalflussrechnung nach IFRS und DRS 21, 2014, S. 34 f. und S. 50. 88 Vgl. Eiselt, A. & Müller, S.: Kapitalflussrechnung nach IFRS und DRS 21, 2014, S. 50. 89 Vgl. Eiselt, A. & Müller, S.: Kapitalflussrechnung nach IFRS und DRS 21, 2014, S. 37 ff. <?page no="168"?> 10.4 Grundlagen der Kapitalflussrechnung 169 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt im Zusammenhang mit der Veränderung des Konsolidierungskreises sowie erhaltene Zinsen und Dividenden zu berücksichtigen. 90 Die folgende Tabelle zeigt die Gliederung des Cashflows aus Investition. Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des immateriellen Anlagevermögens ‐ Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens ‐ Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens ‐ Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen + Einzahlungen aus Abgängen aus dem Konsolidierungskreis ‐ Auszahlungen für Zugänge zum Konsolidierungskreis + Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfr. Finanzdisposition ‐ Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfr. Finanzdisposition + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten ‐ Auszahlungen aus außerordentlichen Posten + erhaltene Zinsen ‐ erhaltene Dividenden = Cashflow aus der Investitionstätigkeit Abb. 10.7: Cashflow aus Investitionstätigkeit Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit 10.4.5 Der Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit umfasst alle Aktivitäten, die eine Auswirkung auf die Höhe und/ oder Zusammensetzung der Eigenkapitalposten und/ oder der Finanzschulden haben. Beispielsweise gehören Einzahlungen aus der Ausgabe von Anteilen oder aus der Aufnah‐ me von Darlehen ebenso wie Auszahlungen zum Erwerb von Aktien oder für die Tilgung von Dar‐ lehen zum Finanzierungsbereich. Zudem sind die gezahlten Zinsen und Dividenden zu erfassen. 91 Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von Gesellschaftern des Mutterunternehmens ‐ Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von anderen Gesellschaftern ‐ Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an Gesellschafter des Mutterunternehmens ‐ Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an andere Gesellschafter + Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und der Aufnahme von (Finanz‐) Krediten ‐ Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz‐) Krediten + Einzahlungen aus erhaltenen Zuschüssen/ Zuwendungen 90 Vgl. Eiselt, A. & Müller, S.: Kapitalflussrechnung nach IFRS und DRS 21, 2014, S. 44 ff. 91 Vgl. Eiselt, A. & Müller, S.: Kapitalflussrechnung nach IFRS und DRS 21, 2014, S. 48 ff. <?page no="169"?> 170 Schritt 10: Kapitalflussrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten ‐ Auszahlungen aus außerordentlichen Posten ‐ gezahlte Zinsen ‐ gezahlte Dividenden an Gesellschafter des Mutterunternehmens ‐ gezahlte Dividenden an andere Gesellschafter = Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit Abb. 10.8: Cashflow aus Finanzierungstätigkeit Abb. 10.9: Inhalt der Kapitalflussrechnung Die Kapitalflussrechnung verfolgt das Ziel, Transparenz über den Zahlungsmittelstrom eines Unternehmens herzustellen. Die Kapitalflussrechnung zeigt, ob ein Unternehmen in der Lage ist: künftig finanzielle Überschüsse zu erwirtschaften, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen und Ausschüttungen an die Anteilseigner zu leisten. 10.5 Aufbau der Kapitalflussrechnung Die Kapitalflussrechnung ist in Staffelform aufzustellen, unter Beachtung der durch den Standard DRS 21 vorgegebenen Mindestgliederungen. Sie ist in direkter oder indirekter Form aufzustellen, wobei meist die indirekte Methode angewandt wird. Gemäß den Empfehlungen des Deutschen Rechnungslegungs Standards Commitee e. V. Standar‐ disierungsrats (DRSC) ist die indirekte Kapitalflussrechnung gemäß DRS 21 wie folgt aufge‐ baut. 92 92 www.bundesanzeiger.de: veröffentlicht am 8. April 2014, BAnz AT 08.04.2014 B2. Abschlussposten Bilanz Gewinn‐ und Verlustrechnung Vermögens‐ gegenstände Eigenkapital Fremdkapital Aufwendun‐ gen Erträge Inhalt der Kapitalflussrechnung zeigt Veränderungen spiegelt <?page no="170"?> 10.5 Aufbau der Kapitalflussrechnung 171 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 1. Periodenergebnis (Konzernjahresüberschuss/ ‐fehlbetrag einschließlich Ergebnis‐ anteilen anderer Gesellschafter) 2. +/ ‐ Abschreibungen/ Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens 3. +/ ‐ Zunahme/ Abnahme der Rückstellungen 4. +/ ‐ sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/ Erträge 5. ‐/ + Zunahme/ Abnahme der Vorräte, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions‐ oder Finanzierungstätigkeit zuzu‐ ordnen sind 6. +/ ‐ Zunahme/ Abnahme der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Passiva, die nicht der Investitions‐ oder Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind 7. ‐/ + Gewinn/ Verlust aus Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens 8. +/ ‐ Zinsaufwendungen/ Zinserträge 9. ‐ sonstige Beteiligungserträge 10. +/ ‐ Aufwendungen/ Erträge aus außerordentlichen Posten 11. +/ ‐ Ertragssteueraufwand/ ‐ertrag 12. + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten 13. ‐ Auszahlungen aus außerordentlichen Posten 14. ‐/ + Ertragsteuerzahlungen 15. = Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit (Summe aus 1 bis 14) 16. + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des immateriellen Anlagevermö‐ gens 17. ‐ Auszahlungen für Investitionen in das immaterielle Anlagevermögen 18. + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Sachanlagevermögens 19. ‐ Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen 20. + Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Finanzanlagevermögens 21. ‐ Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen 22. + Einzahlungen aus dem Abgang aus dem Konsolidierungskreis 23. ‐ Auszahlungen für Zugänge zum Konsolidierungskreis 24. + Einzahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition 25. ‐ Auszahlungen aufgrund von Finanzmittelanlagen im Rahmen der kurzfristigen Finanzdisposition 26. + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten <?page no="171"?> 172 Schritt 10: Kapitalflussrechnung uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 27. ‐ Auszahlungen aus außerordentlichen Posten 28. + erhaltene Zinsen 29. + erhaltene Dividenden 30. = Cashflow aus der Investitionstätigkeit (Summe aus 16 bis 29) 31. + Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von Gesellschaftern des Mutterunter‐ nehmens 32. + Einzahlungen aus Eigenkapitalzuführungen von anderen Gesellschaftern 33. ‐ Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an Gesellschafter des Mutterunter‐ nehmens 34. ‐ Auszahlungen aus Eigenkapitalherabsetzungen an andere Gesellschafter 35. + Einzahlung aus der Begebung von Anleihen und aus der Aufnahme von (Finanz‐) Krediten 36. ‐ Auszahlungen aus der Tilgung von Anleihen und (Finanz‐)Krediten 37. + Einzahlungen aus erhaltenen Zuschüssen/ Zuwendungen 38. + Einzahlungen aus außerordentlichen Posten 39. ‐ Auszahlungen aus außerordentlichen Posten 40. ‐ gezahlte Zinsen 41. ‐ gezahlte Dividenden an Gesellschafter des Mutterunternehmens 42. ‐ gezahlte Dividenden an andere Gesellschafter 43. = Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit (Summe aus 31 bis 42) 44. zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmittelfonds (Summe aus 15, 30, 43) 45. +/ ‐ wechselkurs‐ und bewertungsbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds 46. +/ ‐ Konsolidierungskreisbedingte Änderungen des Finanzmittelfonds 47. + Finanzmittelfonds am Anfang der Periode 48. = Finanzmittelbestand am Ende der Periode (Summe aus 44 bis 47) Abb. 10.10: Aufbau der Kapitalflussrechnung gemäß DRS 21 nach der indirekten Methode Die Kapitalflussrechnung ist eine Zeitraumrechnung, bei der Bestandsveränderungen und die ihnen zugrunde liegenden Finanzmittelbewegungen ausgewiesen werden. Merke Die Kapitalflussrechnung informiert über die Herkunft und die Verwendung der finanziel‐ len Mittel eines Unternehmens. <?page no="172"?> 10.6 Aussagegehalt der Kapitalflussrechnung 173 10.6 Aussagegehalt der Kapitalflussrechnung In der Praxis findet die Kapitalflussrechnung immer mehr Zuspruch. Sowohl intern im Finanz‐ wesen als auch für externe Analysten dient die Kapitalflussrechnung als wesentliche Entschei‐ dungshilfe. Sie liefert darüber hinaus wichtige Informationen, um die Liquiditätssituation eines Unternehmens besser einschätzen zu können. Im Allgemeinen hat die Kapitalflussrechnung eine Steuerungs‐, Dokumentations‐ und Kontroll‐ funktion. Sie zeigt, ob die Finanzierung der Investitionen aus dem Umsatzprozess heraus erfolg‐ te, sprich aus der laufenden Geschäftstätigkeit 93 . Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Kapitalflussrechnung sowohl als Vergangenheitsrech‐ nung als auch als Planungsrechnung verwendet werden kann. Hierbei spricht man dann von der retrospektiven oder von der prospektiven Kapitalflussrechnung. Wird sie als vergangenheits‐ orientierte Rechnung verwendet, gibt sie Informationen über Liquiditätsänderungen und die jeweiligen Ursachen. Dabei gilt als Informationsbasis der vorliegende Jahresabschluss. Als Pla‐ nungsrechnung kann man hingegen untersuchen, ob sich, bei den vorhandenen Teilplänen, die Liquidität im Budgetjahr verbessert oder verschlechtert hat und wo mögliche Ursachen dieser Veränderungen liegen. Hierbei dient als Informationsbasis eine Planbilanz bzw. Plan‐Gewinn‐ und Verlustrechnung. Weiterhin ist festzuhalten, dass die Kapitalflussrechnung vor allem dazu dient, einen besseren Einblick in den Jahresabschluss zu erhalten, da eine bessere Beurteilung der Finanz‐ und Kapital‐ situation des Unternehmens möglich ist. 94 Mithilfe der Kapitalflussrechnung kann die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens besser beur‐ teilt werden, da sowohl Ein‐ und Auszahlungen als auch die Zahlungsströme innerhalb des Unternehmens analysiert werden. Übungsaufgabe 10.1 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 93 http: / / www.rechnungswesen‐info.de/ kapitalflussrechnung.html. 94 http: / / www.wirtschaftslexikon24.com/ d/ kapitalflussrechnung/ kapitalflussrechnung.htm. <?page no="173"?> 174 Schritt 10: Kapitalflussrechnung Eigene Notizen <?page no="174"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 11: Eigenkapitalspiegel Lernziele Sie werden die Eigenkapitalsituation und die Ergebnislage eines Unternehmens beurteilen können und wissen, wie ein Eigenkapitalspiegel aufgebaut ist. 11.1 Einführung Ein Eigenkapitalspiegel ist zum einen für die Konzernabschlüsse (§ 297 Abs. 1 Satz 1 HGB) und zum anderen auch für die Einzelabschlüsse von kapitalmarktorientierter Kapitalgesellschaften (§ 264 Abs. 1 Satz 2 HGB) vorgeschrieben. Sinn und Zweck des Eigenkapitalspiegels ist es, den Abschlussadressaten die detaillierten Begründungen für die Veränderung des Eigenkapitals eines Geschäftsjahres offenzulegen. Im Eigenkapitalspiegel wird gleichzeitig auch die Verwendung des Jahresüberschusses sichtbar, also die Einstellung in die Rücklagen bzw. die Ausschüttung. Für Kapitalgesellschaften ist für die Rücklagenbestandteile jeweils ein gesonderter Nachweis ihrer Veränderungen während des Geschäftsjahres vorgeschrieben (§ 152 Abs. 2 und 3 AktG). Der Nachweis kann mit dem sogenannten Eigenkapitalspiegel erbracht werden. Der Eigenkapi‐ talspiegel muss folgende gesetzliche Mindestanforderungen erfüllen: Bilanzposten Stand zu Beginn des GJ Einstellungen in die Rücklagen Entnah‐ men für das GJ Stand zum Ende des GJ während des GJ aus Bilanz‐ gewinn des VJ aus Jahres‐ über‐ schuss A. Eigenkapital I. gezeichnetes Kapital II. Kapital‐ rücklage III. Gewinn‐ rücklagen IV. Gewinn‐/ Ver‐ lustvortrag V. Jahresüber‐ schuss/ Jahres‐ fehlbetrag Abb. 11.1: Aufbau eines Eigenkapitalspiegels <?page no="175"?> 176 Schritt 11: Eigenkapitalspiegel Eigene Notizen <?page no="176"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 12: Prüfungs- und Offenlegungspflichten Lernziele Nach dem Studium dieses Kapitels werden Sie wissen, welche Anforderungen an die Offen‐ legung und Prüfung des Jahresabschlusses zu erfüllen sind. 12.1 Einführung Einzelkaufleute und Personengesellschaften (GbR, PartG, OHG, KG, stille Gesellschaft) sind grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Jahresabschluss (Bilanz sowie Gewinn‐ und Verlustrech‐ nung) prüfen zu lassen und offenzulegen. Sie können jedoch durch das Publizitätsgesetz (PublG) zur Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses verpflichtet sein, wenn, für drei aufeinander‐ folgende Bilanzstichtage, mindestens zwei der nachstehenden Größenmerkmale zutreffen: Bilanzsumme: mehr als 65 Mio. € Umsatzerlöse: mehr als 130 Mio. € Beschäftigung: mehr als 5.000 Arbeitnehmer 12.2 Kapitalgesellschaften und atypische Personengesellschaften Kapitalgesellschaften und atypische Personengesellschaften (z. B. GmbH & Co KG) unterliegen nach HGB einer, entsprechend der Unternehmensgröße differenzierten, Publizitätspflicht. Die Zuordnung zu den Größenklassen erfolgt, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstich‐ tagen mindestens zwei der drei folgenden Merkmale bei Kleinstkapitalgesellschaften, bei kleinen, bei mittelgroßen und bei großen Kapitalgesellschaften erfüllt sind (vgl. § 267 HGB): Kapitalgesellschaften und atypische Perso‐ nengesellschaften Bilanzsumme (abzüglich Fehlbetrag Aktivseite, inkl. akti‐ vierter latenter Steu‐ ern, § 268 Abs. 3 HGB) Umsatzerlöse (Summe der 12 Monate vor Abschlussstichtag) Anzahl der Arbeitnehmer (Jahresdurchschnitt) kleinste 95 bis 0,35 Mio. € bis 0,70 Mio. € bis 10 kleine bis 6,00 Mio. € bis 12,00 Mio. € bis 50 mittelgroße bis 20,00 Mio. € bis 40,00 Mio. € 51 bis 250 große über 20,00 Mio. € über 40,00 Mio. € ab 251 große kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften (unabhängig von bestimmten Schwellenwerten) Abb. 12.1: Kategorisierung von Kapitalgesellschaften nach Größenklassen 95 Beteiligungsgesellschaften sind aus dem Kreis der Kleinstkapitalgesellschaften gemäß § 267a HGB ausgeschlos‐ sen. <?page no="177"?> 178 Schritt 12: Prüfungs‐ und Offenlegungspflichten uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Bilanzsumme setzt sich aus den Posten A. bis E. des § 266 Abs. 2 HGB zusammen: Anlagevermögen (A.) Umlaufvermögen (B.) Rechnungsabgrenzungsposten (C.) aktive latente Steuern (D.) aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung (E.) Jedoch ist ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag nicht in die Bilanzsumme einzube‐ ziehen. Als große Kapitalgesellschaften gelten, unabhängig von der Größe, Kapitalgesellschaften, die kapitalmarktorientiert sind (§ 267 Abs. 3 HGB in Verbindung mit § 264d HGB). Merke Zu einer Umklassifizierung in eine andere Größenklasse kommt es nur dann, wenn mindes‐ tens zwei der drei (austauschbaren) Kriterien an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren die Schwellenwerte über‐ oder unterschritten haben. Beispiel: Größenklassen Von der ABC GmbH liegen bzgl. der Einteilung zu den Größenklassen Informationen aus den Geschäftsjahren 01, 02, 03 und 04 vor. Für die Einteilung in die Größenklassen gelten für alle zu betrachtenden Geschäftsjahre die neuen Werte gemäß dem BilRUG. Geschäftsjahre Größenmerkmale 01 02 03 04 Bilanzsumme 5,40 Mio. € 6,40 Mio. € 5,70 Mio. € 6,90 Mio. € klein mittel klein mittel Umsatzerlöse 10,80 Mio. € 11,40 Mio. € 12,75 Mio. € 11,80 Mio. € klein klein mittel klein Arbeitnehmer 44 48 52 54 klein klein mittel mittel Größenklasse klein klein mittel mittel (Neu‐)Einstufung Rechtsfolge keine Aussage möglich bleibt klein bleibt klein Übergang auf mittel Im Geschäftsjahr 01 ist ohne Kenntnis des Vorjahres eine Aussage zur Neuklassifizierung nicht möglich. Bei einer kleinen Kapitalgesellschaft bleibt es auch im Geschäftsjahr 02, da zwei Krite‐ rien des Kleinformats unterschritten sind. Ferner wurden zwei der drei Grenzwerte einer klei‐ nen Kapitalgesellschaft an zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht überschritten. Die Grenzwerte für eine mittelgroße Kapitalgesellschaft wurden erstmals im Geschäftsjahr 03 über‐ schritten. Da aber an zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei Grenzwerte nicht über‐ schritten wurden, bleibt die Zuordnung zu einer kleinen Kapitalgesellschaft. <?page no="178"?> 12.2 Kapitalgesellschaften und atypische Personengesellschaften 179 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Im Geschäftsjahr 04 wurden erstmals zwei Grenzwerte des Mittelformats in zwei aufeinander‐ folgenden Geschäftsjahren überschritten. Somit erfolgt ab dem Geschäftsjahr 04 eine Einstufung als mittelgroße Kapitalgesellschaft. Übungsaufgabe 12.1: Einteilung in Größenklassen für Kapitalgesellschaften Nehmen Sie die Größenordnung der vier GmbHs A, B, C und D anhand der nachfolgenden Krite‐ rien vor. Die Kriterien für das Jahr 01 sollen identisch mit den davorliegenden Jahren (Bilanz‐ summe, Umsatzerlöse und Arbeitnehmer) sein. Geben Sie für die Jahre 01, 02 und 03 jeweils getrennt die Größenklasse der GmbH und die sich daraus ergebende Rechtsfolgenkategorie an. Ergänzen Sie bitte die nachfolgende Tabelle. Jahr Bilanzsumme Umsatzerlöse Arbeitnehmer Größenklasse Rechtsfolge A GmbH 01 6.140.000 € 9.600.000 € 52 02 5.400.000 € 8.000.000 € 47 03 5.600.000 € 9.150.000 € 50 B GmbH 01 18.000.000 € 38.300.000 € 240 02 20.800.000 € 32.900.000 € 251 03 24.600.000 € 44.900.000 € 255 C GmbH 01 20.100.000 € 38.500.000 € 252 02 12.500.000 € 22.900.000 € 245 03 22.700.000 € 47.000.000 € 280 D GmbH 01 2.600.000 € 5.800.000 € 42 02 6.200.000 € 19.300.000 € 160 03 20.450.000 € 41.000.000 € 290 Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="179"?> 180 Schritt 12: Prüfungs‐ und Offenlegungspflichten uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 12.3 Aufstellungserleichterungen Es bestehen folgende Aufstellungserleichterungen, in Abhängigkeit von den Größenklassen: Kleinstkapitalgesellschaften: − kein Lagebericht − kein Anhang (§ 264 Abs. 1 Satz 5 HGB) − verkürzte Bilanz, d. h. Posten nur mit Buchstaben (§ 266 Abs. 1 Satz 4 HGB) − verkürzte Gewinn‐ und Verlustrechnung (§ 275 Abs. 5 HGB) Kleine Kapitalgesellschaften: − kein Lagebericht − verkürzte Bilanz, d. h. nur Posten mit Buchstaben und römischen Zahlen (§ 266 Abs. 1 Satz 3 HGB) − kein Anlagespiegel − Weglassen zahlreicher Anhangangaben (§ 288 Abs. 1 HGB) − verkürzte Gewinn‐ und Verlustrechnung (§ 276 HGB), GuV beginnt mit Rohergebnis Mittelgroße Kapitalgesellschaften: − verkürzte Gewinn‐ und Verlustrechnung (§ 276 HGB), GuV beginnt mit Rohergebnis − Weglassen einiger Anhangangaben (§ 288 Abs. 2 HGB) 12.4 Prüfungspflichten Je nach Einordnung in die entsprechende Größenklasse ergeben sich, für Kapitalgesellschaften und atypische Personengesellschaften, unterschiedliche Prüfungspflichten (§ 316 Abs. 1 HGB). Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften unterliegen keiner Prü‐ fungspflicht. Mittelgroße Kapitalgesellschaften müssen ihre Rechnungsunterlagen (Buchführung, Bilanz, GuV, Anhang, Lagebericht) durch einen Abschlussprüfer (vereidigter Buchprüfer, Wirt‐ schaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) prüfen lassen. Große Kapitalgesellschaften können ihre Rechnungsunterlagen nur durch einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft prüfen lassen (§ 319 Abs. 1 HGB). Kapitalgesellschaften Prüfungspflichten des Jahresabschlusses Abschlussprüfer Bilanz GuV Anhang Lagebericht kleinste nein nein nein nein nein kleine nein nein nein nein nein mittelgroße ja ja ja ja ja, WP/ vBP bei GmbH große ja ja ja ja ja, nur WP Abb. 12.2: Prüfungspflichten bei Kapitalgesellschaften und atypischen Personengesellschaften <?page no="180"?> 12.5 Offenlegungspflicht nach § 267 HGB in Verbindung mit § 325 HGB 181 12.5 Offenlegungspflicht nach § 267 HGB in Verbindung mit § 325 HGB Kriterien kleine Kapitalgesellschaft oder kleine PHG (i. S. d. § 264a HGB) mittelgroße Kapitalgesellschaft oder mittelgroße PHG (i. S. d. § 264a HGB) große Kapitalgesellschaft oder große PHG (i. S. d. § 264a HGB) Aufstellungs‐ fristen 6 Monate nach Bilanz‐ stichtag 3 Monate nach Bilanz‐ stichtag 3 Monate nach Bilanz‐ stichtag Frist für die Offenlegung 12 Monate nach Abschlussstichtag (4 Monate für börsennotierte Unternehmen) offenlegungs‐ pflichtige Unter‐ lagen verkürzte Bilanz Anhang (ohne Anga‐ be zur GuV sowie zahlreiche Erleichte‐ rungen) keine GuV (nur Jah‐ resergebnis) kein Lagebericht keine Ergebnisver‐ wendung Bilanz (leicht ver‐ kürzt) GuV verkürzt Anhang (verkürzt) Lagebericht Ergebnisverwen‐ dungsvorschlag Ergebnisverwen‐ dungsbeschluss Bestätigungsvermerk Aufsichtsratsbericht Bilanz GuV Anhang (ungekürzt) Lagebericht Ergebnisverwen‐ dungsvorschlag Ergebnisverwen‐ dungsbeschluss Bestätigungsvermerk Aufsichtsratsbericht Entsprechens‐ erklärung gemäß § 161 AktG (nur bör‐ sennotierte AG) kapitalmarkt‐ orientierte Kapitalgesell‐ schaften Nicht konzernierte Einzelgesellschaften müssen ihren Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel ergänzen; für die Segmentberichterstattung besteht ein Wahlrecht (§ 264 Abs. 1 HGB). Börsennotierte Aktiengesellschaften haben eine Erklärung zur Unterneh‐ mensführung abzugeben, die sich im Wesentlichen auf die Empfehlung des deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) bezieht (§ 289a HGB). Abb. 12.3: Offenlegungspflichten bei Kapital‐ und atypischen Personengesellschaften Die Kleinstkapitalgesellschaften müssen nur die verkürzte Bilanz veröffentlichen. Übungsaufgabe 12.2 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="181"?> Eigene Notizen 182 Schritt 12: Prüfungs‐ und Offenlegungspflichten <?page no="182"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 13: Bilanzpolitik Lernziele In diesem Kapitel wird aufgezeigt, welcher Spielraum bei der Bilanzerstellung besteht und in welcher Weise man diesen bilanzpolitischen Spielraum nutzen kann. Sie lernen die Ziele und die Möglichkeiten der legalen Maßnahmen der Bilanzpolitik im Rahmen der Bilanzkosmetik kennen. Illegale Maßnahmen zur Bilanzmanipulation sollten Sie tunlichst unterlassen, denn dies stellt eine Wirtschaftsstraftat dar. Sie werden beispielsweise den Unterschied zwischen Instandhaltungsaufwendungen und den nachträglichen Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten verstehen. Ferner werden Sie einen Überblick über die wichtigsten Ermessensspielräume der Bilanz‐ politik erhalten. Die komplizierte Materie der Bilanzpolitik sollen Sie vollständig verstehen. Außerdem wirken sich alle Maßnahmen der Bilanzpolitik auf die Bilanzanalyse aus. 13.1 Einführung Die Bilanzpolitik und der Gegenspieler, die Bilanzanalyse, stehen immer in einem Spannungs‐ verhältnis. Dies ist aber gerade der Reiz der Bilanzpolitik. Denn einerseits möchte man durch die Bilanzpolitik ein bestimmtes Bild seines Unternehmens vermitteln, andererseits versuchen die Bilanzanalysten, eine möglichst reale Unternehmensdarstellung zu ermitteln. Daher stellt sich auch die Frage: Ist die Bilanzpolitik eigentlich überhaupt moralisch vertretbar oder ist Bilanz‐ politik ein besserer Begriff für Bilanzmanipulation? In diesem Kapitel wird insbesondere auf verschiedene Möglichkeiten und die Ermessensspiel‐ räume in der Bilanzpolitik eingegangen, denn diese sind nicht transparent und stellen somit in Hinblick auf eine Bilanzanalyse das erfolgreichste Mittel innerhalb der Bilanzpolitik dar. 13.2 Definitionen und Abgrenzungen Bilanzpolitik 13.2.1 Unter Bilanzpolitik versteht man die bewusste und zielgerichtete Gestaltung der externen Rech‐ nungslegung durch das Management, die im Rahmen der legalen Bilanzierungsnormen erfolgt. 96 Der Begriff Bilanzpolitik umfasst alle legalen Maßnahmen, die der Bilanzierende innerhalb des Jahresabschlusses und Lageberichts ergreift, um die Informationen über die Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage des Unternehmens inhaltlich und/ oder formal so zu gestalten, dass das Urteil des Bilanzlesers im Sinne des Bilanzerstellers beeinflusst und beim Bilanzleser bestimmte Reak‐ tionen hervorgerufen bzw. vermieden werden. Bei der legalen Bilanzierungspolitik hält sich das Unternehmen strikt an die rechtlichen Vorschriften und bewegt sich so im rechtlich zulässigen 96 Küting, K. & Weber, C.‐P.: Die Bilanzanalyse, 2012, S. 33. <?page no="183"?> 184 Schritt 13: Bilanzpolitik uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Rahmen. Bilanzierungswahlrechte, Wertansatzwahlrechte und Methodenwahlrechte bieten Ansatzpunkte für die Bilanzpolitik. Die folgende Tabelle listet Beispiele für legale Bilanzpolitik auf, mit denen die Höhe des Unter‐ nehmensergebnisses (Gewinn oder Verlust) und die Bilanzstruktur zielorientiert beeinflusst werden können. Bilanzierungs‐ alternativen Nutzung von Aktivierungs‐ und Passivierungswahlrechten z. B. die Aktivierung des Disagios, die Bildung von aktiven latenten Steuern, oder die Zuführung von mehr als 1/ 15 bei der Unterbewertung der Pensions‐ rückstellungen Bewertungs‐ alternativen Nutzung von Bewertungswahl‐ rechten und Bewertungsspiel‐ räumen z. B. die Einbeziehung von Verwal‐ tungskosten, Sozialkosten und der Fremdkapitalzinsen in die Herstel‐ lungskosten oder die Wahl der Abschreibungsmethode Darstellungs‐ beeinflussungen Aufgliederung von Abschluss‐ posten Aufstellung der GuV nach dem Gesamtkosten‐ oder Umsatzkosten‐ verfahren Gestaltung von Sach‐ verhalten zur Ergeb‐ nisbeeinflussung zeitliche Verlagerung von Geschäftsvorfällen z. B. Verzögerung/ Beschleunigung des Absatzes von Erzeugnissen zur Ver‐ schiebung der Gewinnrealisierung, Sale‐and‐lease‐back Gestaltung von Sach‐ verhalten zur Dar‐ stellungsbeeinflus‐ sung vorrangig durch Maßnahmen, die eine Veränderung der Kapital‐ struktur und des Liquiditätsaus‐ weises erzielen z. B. Ausweis von Ersatzteilen im Anlage‐ oder Vorratsvermögen Abb. 13.1: Möglichkeiten im Rahmen der Bilanzpolitik Wie man an dieser Tabelle erkennen kann, handelt es sich bei legalen Bilanzierungspraktiken um kleinere Tricks, wie man die Bilanz ein bisschen besser aussehen lassen kann. Jedes Unterneh‐ men kann diese Tricks und Methoden anwenden, da sie komplett legal sind. Sie führen kurzfris‐ tig zu einem besseren Erscheinungsbild und werden in der Regel nach dem Bilanzstichtag wie‐ der ausgeglichen. Bilanzkosmetik 13.2.2 Die Bilanzkosmetik stellt in der Bilanzpolitik alle gesetzlich erlaubten Transaktionen vor dem Bilanzstichtag dar, um die Bilanz zu verschönern, indem man auf legalem Wege die Bilanz so verändert, dass die wirtschaftliche Lage des Unternehmens in einem besseren Licht dasteht. Besonders in wirtschaftlich schwierigen Lagen und Krisensituationen wird der rechtlich zuläs‐ sige Rahmen soweit wie möglich ausgedehnt und die Unternehmen geraten schnell in den so‐ genannten Grenzbereich. Beispiele hierfür sind das „Window Dressing“ und Sachverhaltsgestal‐ tung. „Window Dressing“ bedeutet, dass eine „unschöne“ Bilanz hübscher gemacht wird, um sie besser darzustellen. Die Wirkung ist nur kurzfristig und wird oft nach dem Bilanzstichtag wieder aufgehoben. <?page no="184"?> 13.2 Definitionen und Abgrenzungen 185 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Maßnahmen des Window Dressings in Bezug auf den Bestand an liquiden Mitteln Die Kreditaufnahme vor oder am Bilanzstichtag mit der Verein‐ barung, diese Kredite unmittelbar nach dem Bilanzstichtag wieder zu tilgen. Schönung der Liquiditätslage Maßnahmen des Window Dressings in Bezug auf den Vorratsbestand Verkauf von Vorräten an nichtverbundene Unternehmen bzw. der entsprechende Kauf und Rückkauf nach dem Bilanzstichtag. Schönung der Bilanzstruktur durch einen Aktivtausch Maßnahmen des Window Dressings in Bezug auf das Eigenkapital Es werden Einlagen in das Eigenkapital geleistet, um nach dem Bilanzstichtag unter Verweis auf den Gesellschafterwillen wieder Entnahmen zu tätigen. Schönung der Liquiditätslage Abb. 13.2: Maßnahmen des „Window Dressings“ Maßnahmen, um gegebene Sachverhalte vor dem Bilanzstichtag zu verändern, stellen Sachverhaltsgestaltungen dar. Beispiele hierfür sind zeitliche Vor‐ oder Nachverlagerung von Geschäftsvorfällen zur Gewinnrealisierung bzw. der Gewinnverschiebung oder das Leasing anstatt eines Kaufes, sodass das Unternehmen die Bilanzsumme reduzieren kann. Bilanzmanipulation 13.2.3 Sobald illegale Maßnahmen (hauptsächlich in Form von Scheingeschäften) zum Einsatz kommen, spricht man von Bilanzmanipulation. Dabei handelt es sich um Fälschung von Jahresabschlüssen und Finanzinformationen. Bei der illegalen Bilanzpolitik werden absichtlich oder unabsichtlich die Grenzen überschritten, d. h. es wird gegen Gesetze, Satzungen oder Grundsätze der ord‐ nungsmäßigen Buchführung verstoßen. Die folgende Tabelle listet einige Beispiele für illegale Bilanzpolitik auf. Bewertungsdelikte Über‐ bzw. Unterbewertung von Bilanzposten, z. B. die vorsätzliche Unterbewertung von Rückstellungen oder unterlassene außer‐ planmäßige Abschreibungen. Nicht‐Bilanzierung von Bilanzposten Nicht‐ bzw. unvollständige Erfassung von aktivierungspflichtigen Aktiva und passivierungspflichtigen Passiva: z. B. die Nichterfas‐ sung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen (Schuldentarnung). Einstellen von nicht vorhan‐ denen Posten in die Bilanz Bildung imaginärer Aktiva oder Passiva: z. B. durch den Ausweis von nicht existenten Vorräten durch manuelle Fälschung von Bestandslisten. Falschbenennung von Bilanzposten Posten in der Bilanz werden unter einer Bezeichnung geführt, die dem Charakter des Postens nicht gerecht werden und für die Jah‐ resabschlussadressaten irreführend sind. unberechtigte Saldierung oder Unterlassung notwen‐ diger Saldierungen Diese verändern nicht das Jahresergebnis, führen aber zu einer willkürlichen Verkürzung oder Aufblähung der Bilanzsumme. Abb. 13.3: Beispiele für illegale Bilanzpolitik <?page no="185"?> 186 Schritt 13: Bilanzpolitik uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 13.3 Ziele der Bilanzpolitik Die Ziele der Bilanzpolitik leiten sich generell aus den übergeordneten Unternehmenszielen ab. Sie richten sich nach den wesentlichen Funktionen des Jahresabschlusses, der Informationsfunktion (Darstellung der wirtschaftlichen Lage) und der Zahlungsbemessungsfunktion (Aus‐ schüttungspolitik und Steuerpolitik). Grundsätzlich muss es im Interesse jedes Unternehmens sein, den Jahresabschluss so zu gestalten, dass die Erwartungen der Stakeholder (Fremdkapital‐ geber, Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter, Eigenkapitalgeber etc.) bezüglich der wirtschaftlichen Situation weitestgehend erfüllt sind und ihnen eine gewünschte Vorstellung der Situation des Unternehmens vermittelt. Mithilfe der Bilanzpolitik können Sie beispielsweise: die Bildung von offenen und stillen Reserven steuern, das Eigenkapital sichern, erhalten und erweitern, die Selbstfinanzierung beeinflussen, die Liquidität verbessern, die Kreditwürdigkeit steigern, die Steuerbelastung verringern, den ausschüttungsfähigen Gewinn (Dividendenpolitik) beeinflussen, das Image der Unternehmensleitung beeinflussen, die erfolgsabhängige Vergütung des Managements steuern, das Meinungsbild in der Öffentlichkeit und bei den Mitarbeitern beeinflussen und die Offenlegungspflichten steuern. Die bilanzpolitischen Ziele können vor allem durch Ausnutzung von Bilanzierungs‐ und Bewer‐ tungswahlrechten sowie Bewertungsspielräumen erreicht werden. Generell unterscheidet man zwischen Maßnahmen, die den Jahresabschluss tendenziell besser, und solche, die den Jahres‐ abschluss ungünstiger darstellen. Abb. 13.4: Bilanzpolitische Ziele 97 Übungsaufgabe 13.1 und 13.2 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 97 In Anlehnung an: Hans‐Böckler‐Stiftung: Bilanzpolitik und Jahresabschlussanalyse, 2010, S. 6. Zielsetzungen der Bilanzpolitik Steuerung des Gewinnausweises Beeinflussung der Bilanzstruktur z. B. Anteil des Umlauf‐ und Anlagevermögens, Anteil des Eigen‐ und des Fremdkapitals niedriger Gewinnausweis hoher Gewinnausweis gleichbleibender Gewinnausweis z. B. um weniger Steuern zu zah‐ len oder die Ge‐ winnausschüt‐ tung zu mini‐ mieren z. B. für die Ver‐ besserung der Kreditwürdig‐ keit oder bei der Absicht eines Unternehmens‐ verkaufs z. B. für den kon‐ stanten Gewinn‐ ausweis oder die gleichhohe Divi‐ dendenzahlung <?page no="186"?> 13.3 Ziele der Bilanzpolitik 187 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Auswirkungen der Bilanzpolitik 13.3.1 Die Bilanzpolitik hat Auswirkungen auf die inhaltliche und formelle Gestaltung des Jahres‐ abschlusses und des Lageberichts. Daraus ergeben sich insbesondere Folgen für: Ausschüttungen (Dividenden) an die Anteilseigner und Entnahmen der Inhaber, Tantiemen an das Management und Mitarbeiterprämien, Ertragsteuern, Form und Prüfung des Jahresabschlusses bzgl. der Größenklassen und Finanzierungsmöglichkeiten und deren Konditionen über das Banken‐Rating. Ziele einer progressiven Bilanzpolitik 13.3.2 Eine progressive Bilanzpolitik umfasst Maßnahmen, die eine ergebniserhöhende Wirkung haben und somit den Jahresabschluss tendenziell zu gut darstellen. Ein Grund für eine progressive Bilanzpolitik ist eine bessere Außenwirkung des Unternehmens. Dadurch erhofft sich die Unter‐ nehmensführung, Kunden und Lieferanten zu beeinflussen, um verstärkt Geschäftsbeziehungen mit ihnen eingehen zu können. Außerdem ist für die Zusammenarbeit mit den Banken eine posi‐ tive Darstellung des Jahresabschlusses förderlich, sodass diese möglicherweise ihr Kreditengage‐ ment erhöhen oder erst beginnen. Auch können potenzielle Anteilseigner dazu ermutigt werden, Unternehmensanteile zu erwerben, denn diese sind an möglichst hohen Dividenden interessiert und somit auch an einem hohen Gewinn. Ferner werden Mitglieder der Geschäftsleitung oft erfolgsabhängig vergütet und profitieren daher von einer progressiven Bilanzpolitik. Beispiele für eine progressive Bilanzpolitik: Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagever‐ mögens, Abschreibung des Geschäfts‐ oder Firmenwerts über einen möglichst langen Zeitraum, Bewertung der selbst geschaffenen Vermögensgegenstände mit der handelsrechtlich zulässi‐ gen Wertobergrenze der Herstellungskosten, geringe (pauschale) Wertberichtigung auf Forderungen aLuL, Ansatz von aktiven latenten Steuern, Bewertung der Vorräte mit dem Fifo‐Verfahren und Sale‐and‐lease‐back‐Transaktionen. Ziele einer konservativen Bilanzpolitik 13.3.3 Unter einer konservativen Bilanzpolitik versteht man die tendenziell ungünstigere Darstellung des Jahresabschlusses. Ziel dieser Maßnahmen ist es, einen möglichst geringen Gewinn auszu‐ weisen. Dadurch können Steuerzahlungen und Gewinnausschüttungen verzögert oder reduziert werden. Ein weiterer Vorteil der sich durch die Anwendung von konservativer Bilanzpolitik ergibt, besteht in der möglichen Reduzierung von Publizitätspflichten, da das Unternehmen z. B. durch eine niedrigere Bewertung der Vermögensgegenstände, dadurch womöglich als „nächst kleinere“ Kapitalgesellschaft eingestuft wird. Zudem ist die gewinnminimierende Darstellung der Bilanz ein Versuch, eine Übernahme durch Investoren zu verhindern. Außerdem kann durch eine konservative Bilanzpolitik Risikovorsorge betrieben werden, um durch die Bildung stiller Reser‐ ven Spielraum für eine Bilanzpolitik in den zukünftigen Jahren zu schaffen. 98 98 Brösel, G.: Bilanzanalyse, 2014, S. 88 f. <?page no="187"?> 188 Schritt 13: Bilanzpolitik uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiele für eine konservative Bilanzpolitik: Degressive Abschreibung, Verzicht auf die Aktivierung von selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, Abschreibung des Geschäfts‐ oder Firmenwertes über einen möglichst kurzen Zeitraum, Finanzanlagen werden bei vorübergehender Wertminderung außerplanmäßig abgeschrieben, Bewertung der selbst geschaffenen Vermögensgegenstände mit der handelsrechtlich zulässi‐ gen Wertuntergrenze der Herstellungskosten und Bewertung der Vorräte mit dem Lifo‐Verfahren bei steigenden Preisen. Zielkonflikte der Bilanzpolitik und deren Lösung 13.3.4 Die Bilanzpolitik eines Unternehmens hat verschiedene Adressaten. Dadurch entstehen fast im‐ mer auch unterschiedliche Interessen und Ziele, die durch eine bestimmte Bilanzpolitik erfüllt werden sollen. Doch dies führt in der Realität schnell zu Konflikten zwischen den Anteilseignern und der Unternehmensleitung. Aus einem hohen Gewinn resultiert zwar eine verbesserte Außenwirkung, um Fremdkapitalgeber zu beeindrucken, allerdings führt ein hoher Gewinn auch zu höheren Steuerzahlungen und eventuell auch zu Forderungen von Mitarbeitern nach Gehalts‐ erhöhungen. Daher muss die Unternehmensleitung eine Kompromisslösung finden. Dies kann durch Präferenzbildung erfolgen, sodass eine Gewichtung nach der Dringlichkeit der Ziele vor‐ genommen wird. Eine weitere Methode ist die Durchschnittsbildung. Hierbei versucht die Geschäftsführung, allen Adressaten wenigstens teilweise zu entsprechen. Diese Strategie wird angewandt, wenn kein Ziel vernachlässigt werden darf, die Ziele aber in Konflikt zueinander ste‐ hen. Eine weitere häufig angewandte Strategie ist die Gewinnglättung, denn zu hohe Ergebnisse führen zu hohen Steuer‐ und Dividendenzahlungen, während dauerhaft niedrige Ergebnisse das Erscheinungsbild zu stark verschlechtern, sodass sich Fremdkapitalgeber oder auch Kunden von der Unternehmung abwenden. 99 13.4 Instrumente der Bilanzpolitik Zur gesetzeskonformen Gestaltung des Jahresabschlusses existieren zum einen die sachverhaltsgestaltenden und zum anderen die sachverhaltsabbildenden Maßnahmen der Bilanz‐ politik. Mit den sachverhaltsgestaltenden Maßnahmen werden insbesondere vier Ziele verfolgt: Gewinnminderung, Gewinnerhöhung, Minderung der Bilanzsumme und Beeinflussung der Bilanzstruktur. Sachverhaltsgestaltungen zur Gewinnminderung Vorziehen von Maßnahmen, die zu Aufwand führen (z. B. Instandhaltungsmaßnahmen, Werbe‐ maßnahmen, Beratungsleistungen etc.), beschleunigte Anschaffung von Anlagegütern, damit höhere Abschreibungen genutzt werden können, Verzögerung von Warenauslieferungen in das nächste Geschäftsjahr, 99 Küting, K. & Weber, C.‐P.: Bilanzanalyse, 2012, S. 37 f. <?page no="188"?> 13.4 Instrumente der Bilanzpolitik 189 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Anschaffung von geringwertigen Wirtschaftsgütern, Erteilung von Pensionszusagen und Beginn von Verlustaufträgen (wegen der verlustfreien Bewertung wird der Verlust zumindest teilweise steuerwirksam). Sachverhaltsgestaltungen zur Gewinnerhöhung Steigerung der Umsatzleistung (Umsätze aus Gewinnaufträgen), d. h. durch das Vorziehen von ursprünglich für das nächste Geschäftsjahr geplanten Lieferungen können Umsatzerlöse generiert werden, Verkauf von Wertpapieren, deren aktueller Börsenkurs über den Anschaffungskosten liegt, Verkauf von Anlagevermögen über dem Buchwert, um Buchgewinne zu erzielen, Veräußerung von Vorratsbeständen mit Gewinn und durch Hinausschieben von Investitionen werden auch die damit verbundenen aufwandswirk‐ samen Abschreibungen verschoben. Sachverhaltsgestaltungen zur Minderung der Bilanzsumme Verrechnung (Saldierung) von Forderungen mit Verbindlichkeiten im gesetzlich zulässigen Rahmen, Vorabausschüttungen, Sale‐and‐lease‐back (mit der Tilgung von Verbindlichkeiten aus dem Verkaufspreis), Factoring (Verkauf von Forderungen), dabei wird das Geld zur Begleichung von Verbindlich‐ keiten genutzt, und Ausgliederung von Teilbereichen des Unternehmens. Sachverhaltsgestaltungen zur Beeinflussung der Bilanzstruktur Verbesserung der Kapitalstruktur durch Umfinanzierung von kurzfristigem in langfristiges Fremdkapital, bei Saisonunternehmen kann die Bilanzstruktur durch bewusste Wahl eines Bilanzstichtages außerhalb oder innerhalb der Hochsaison beeinflusst werden. Die Hochsaison kann Auswirkun‐ gen z. B. auf die Höhe der Forderungen oder die Höhe der Vorräte und der liquiden Mittel haben, bei Zahlung von fälligen Verbindlichkeiten nach dem Bilanzstichtag sind die liquiden Mittel und die Verbindlichkeiten höher als bei fristgerechter Bezahlung, Aufnahme von Krediten kurz vor dem Bilanzstichtag mit der Vereinbarung, diese kurz nach dem Bilanzstichtag wieder zu tilgen. Dies führt zu höheren liquiden Mitteln und höheren Ver‐ bindlichkeiten, durch Einlagen in das Eigenkapital kurz vor dem Bilanzstichtag, mit dem Ziel, kurz nach dem Bilanzstichtag Entnahmen vorzunehmen, werden die Höhe des Eigenkapitals und die Eigen‐ kapitalquote positiv beeinflusst. Die sachverhaltsabbildende Bilanzpolitik bezieht sich nur auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Bilanzstichtag und demnach auf die Maßnahmen nach dem Bilanzstichtag. Bei der Sachverhaltsabbildung unterscheidet man üblicherweise zwischen der materiellen und der formellen Bilanzpolitik. Zur formellen Bilanzpolitik zählen die Gliederung der Bilanz, der Ausweis (die Platzierung der jeweiligen Posten im Jahresabschluss), die Bilanzstruktur (beispielsweise die Kapital‐ und Vermögensstruktur) und die Erläuterungen, z. B. im Anhang oder im Lagebericht. Die formelle Bilanzpolitik untergliedert man in Ausweis‐, Gliederungs‐ und Erläuterungswahl‐ rechte. Dagegen befasst sich die materielle Bilanzpolitik mit dem Ansatz und der Bewertung von einzelnen Posten im Jahresabschluss. Die folgende Abbildung zeigt die Instrumente und Methoden der Bilanzpolitik. <?page no="189"?> 190 Schritt 13: Bilanzpolitik uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Abb. 13.5: Instrumente zur Erreichung der bilanzpolitischen Ziele 100 Übungsaufgabe 13.3 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 100 In Anlehnung an: Hans‐Böckler‐Stiftung: Bilanzpolitik und Jahresabschlussanalyse, 2010, S. 6. Instrumente der Bilanzpolitik Sachverhaltsgestaltungen (vor dem Abschlussstichtag) Sachverhaltsabbildungen (nach dem Abschlussstichtag) Gestaltung von Ausweis, Struktur und Darstellung in der Bilanz, GuV, im Anhang und im Lage‐ bericht Erläuterungswahlrechte im Anhang und im Lage‐ bericht Aufstellung des Jahres‐ abschlusses vor bzw. nach vollständiger oder partiel‐ ler Ergebnisverwendung Wahl des Zeitpunktes der Veröffentlichung des Jah‐ resabschlusses Ansatzpolitik Subsumtionsspielräume: Eine bilanzrechtliche Vorschrift ist ungenau definiert, sodass ein gegebener Sachverhalt nicht eindeutig unter einen bestimmten Tat‐ bestand fällt. Wahl des Bilanzstichtages zeitliche Vor‐ und Nachverlage‐ rung von Geschäftsvorfällen umkehrbare Gestaltungsmaßnah‐ men sonstige originär bilanzpolitisch motivierte Handlungen formelle Bilanzpolitik materielle Bilanzpolitik Bewertungspolitik Aktivierungswahl‐ rechte Passivierungswahl‐ rechte Methodenwahlrechte Wertansatzwahlrech‐ te (Abwertungs‐ und Aufwertungswahl‐ rechte) Ermessensspielräume Konklusionsspielräume: Es kann ein gegebener Tatbestand einer bestimmten Rechtsfolge nicht exakt zugeordnet werden. <?page no="190"?> 13.5 Abgrenzung zwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen 191 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 13.5 Abgrenzung zwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen Bei den darstellungsgestaltenden Instrumenten unterscheidet man zwischen expliziten Wahl‐ rechten, impliziten (faktischen) Wahlrechten und Ermessensspielräumen. Dabei nimmt in dieser Reihenfolge die gesetzliche/ normative Konkretisierung ab. Explizite Wahlrechte 13.5.1 Explizite Wahlrechte werden vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumt und sind durch Formu‐ lierungen wie „kann/ können“, „darf/ dürfen“ bzw. „oder“ kenntlich gemacht. Sie sind bei der HGB‐Rechnungslegung explizit genannte Handlungsalternativen und werden auch als gesetzliche Wahlrechte bezeichnet. Zu den expliziten Wahlrechten gehören die Aktivierungs‐, die Passivie‐ rungs‐, die Ausweis‐, die Bewertungs‐ und die Ansatzwahlrechte. Nachfolgend werden die expli‐ ziten Wahlrechte der Bilanzpolitik exemplarisch dargestellt. Bilanzierungsansatzwahlrechte nach HGB Rechtsgrundlage Aktivierungswahlrechte selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegen‐ stände des Anlagevermögens § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB i. V. m. § 255 Abs. 2a HGB Disagio (aktiver Rechnungsabgrenzungsposten) § 250 Abs. 3 HGB aktive latente Steuern § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB Passivierungswahlrechte Pensionsrückstellungen - unmittelbare Zusagen vor dem 01.01.1987 und mittelbare Zusagen Art. 28 Abs. 1 EGHGB Wertaufholungsrücklage § 58 Abs. 2a AktG, § 29 Abs. 4 GmbHG Bewertungswahlrechte nach HGB Rechtsgrundlage Wertansatzwahlrechte außerplanmäßige Abschreibungen (auf den niedri‐ geren beizulegenden Wert) bei Finanzanlagen bei nur vorübergehender Wertminderung § 253 Abs. 3 Satz 6 HGB Methodenwahlrechte Einzel‐, Gruppen‐, Festbewertung, Verbrauchs‐ folgeverfahren (Lifo‐ und Fifo‐Verfahren) § 256 HGB i. V. m. § 240 Abs. 3 u. 4 HGB Ermittlung der Herstellungskosten § 255 Abs. 2 u. 3 HGB Abschreibungsmethoden (z. B. linear, degressiv, progessiv oder leistungsbezogen) § 253 Abs. 3 u. 4 HGB Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts § 255 Abs. 4 HGB Abb. 13.6: Bewertungswahlrechte nach HGB 13.5.1.1 Bilanzielle und erfolgswirksame Auswirkung des Aktivierungswahlrechts Die Aktivierung von zusätzlichen Vermögensgegenständen in der Bilanz führt zu einem höheren Vermögensausweis und somit zu einer höheren Bilanzsumme und dementsprechend zu einem höheren Eigenkapital. Gleichzeitig führt die Aktivierung zu einem niedrigeren Aufwand und somit zu einem höheren Gewinnausweis. 101 101 Hans‐Böckler‐Stiftung: Bilanzpolitik und Jahresabschlussanalyse, 2010, S. 10. <?page no="191"?> 192 Schritt 13: Bilanzpolitik uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Ertrag Ertrag Das folgende Schaubild zeigt die bilanzielle Auswirkung des Aktivierungswahlrechts. Abb. 13.7: Auswirkung des Aktivierungswahlrechts auf die Bilanz 102 Merke: Aktivierungswahlrecht Durch die Nutzung des Wahlrechts zur Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens (z. B. Entwicklungskosten) wird in der Bilanz ein höheres Anlagevermögen ausgewiesen. Dies führt im Jahr der Aktivierung zu ei‐ nem höheren Gewinnausweis. Aber in den Folgejahren führen die Abschreibungen auf den Vermögensgegenstand zu einer Minderung des jährlichen Gewinns. Das folgende Schaubild zeigt die erfolgswirksame Auswirkung des Aktivierungswahlrechts. Abb. 13.8: Auswirkung des Aktivierungswahlrechts auf die GuV 103 102 In Anlehnung an: Hans‐Böckler‐Stiftung: Bilanzpolitik und Jahresabschlussanalyse, 2010, S. 10. Aufwand Ertrag Bilanzielle Auswirkung des Aktivierungswahlrechts Vermögen Eigenkapital Vermögen Eigenkapital Vermögen Eigenkapital Fremd‐ kapital Fremd‐ kapital Fremd‐ kapital Eigenkapital Vermöge n Aktiva Aktiva Aktiva Passiva Passiva Passiva Bilanz vor Ausübung des Aktivierungswahlrechts Auswirkung des Aktivierungswahlrechts Bilanz nach Ausübung des Aktivierungswahlrechts Auswirkung des Aktivierungswahlrechts auf die GuV GuV vor Ausübung des Aktivierungswahlrechts Auswirkung des Aktivierungswahlrechts GuV nach Ausübung des Aktivierungswahlrechts Aufwand Ertrag (Umsatz) Gewinn Aufwand Ertrag (Umsatz) Aufwand Gewinn Gewinn Aufwand Ertrag (Umsatz) Aufwand Gewinn <?page no="192"?> 13.5 Abgrenzung zwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen 193 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 13.5.1.2 Bilanzielle und erfolgswirksame Auswirkung des Passivierungswahlrechts Die Passivierung zusätzlicher Schulden, in der Regel Rückstellungen führt zu einem geringeren Eigenkapital (bilanzielle Wirkung), einem höheren Aufwand und somit zu einem geringeren Gewinn. Das folgende Schaubild zeigt die bilanzielle des Passivierungswahlrechts. Abb. 13.9: Auswirkung des Passivierungswahlrechts auf die Bilanz 104 Merke: Passivierungswahlrecht Die Passivierung von Pensionsverpflichtungen nach Art. 28 EGHGB führt zu einem höheren Ansatz der Schulden und wirkt sich mindern auf den Gewinn aus. Das folgende Schaubild zeigt die erfolgswirksame Auswirkung des Passivierungswahlrechts. 103 In Anlehnung an: Hans‐Böckler‐Stiftung: Bilanzpolitik und Jahresabschlussanalyse, 2010, S. 11. 104 In Anlehnung an: Hans‐Böckler‐Stiftung: Bilanzpolitik und Jahresabschlussanalyse, 2010, S. 11. Bilanzielle Auswirkung des Passivierungswahlrechts Vermögen Eigen‐ kapital Vermögen Eigenkapital Vermögen Eigenkapital Fremd‐ kapital Fremd‐ kapital Fremd‐ kapital Aktiva Aktiva Aktiva Passiva Passiva Passiva Bilanz vor Ausübung des Passivierungswahlrechts Auswirkung des Passivierungswahlrechts Bilanz nach Ausübung des Passivierungswahlrechts <?page no="193"?> 194 Schritt 13: Bilanzpolitik uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Abb. 13.10: Auswirkung des Passivierungswahlrechts auf die GuV 105 Übungsaufgabe 13.4: Bilanzierungswahlrechte Entscheiden Sie, ob Sie die folgenden Wahlrechte wahrnehmen (w) oder darauf verzichten (v) würden, um das angestrebte Ziel (Erfolgsausweis) zu erreichen. gewünschter Erfolgsausweis hoher Gewinn niedriger Gewinn Wahlrechte Aktivierungswahlrechte Passivierungswahlrechte Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt 13.5.1.3 Bewertungswahlrechte Die Bewertungswahlrechte ermöglichen dem Bilanzierenden einen Ermessensspielraum, denn es geht um die Frage, mit welchem Wertansatz die in der Bilanz erfassten Posten ausgewiesen werden. Falls der Bilanzierende eine Bilanzpolitik mit einem niedrigen Gewinnausweis verfolgt, so erfordert dies einen niedrigeren Wertansatz bei den Vermögensgegenständen und einen höheren Wertansatz bei den Schulden (Rückstellungen). Falls der Bilanzierende einen hohen Gewinn ausweisen möchte, so ist die Vorgehensweise genau umgekehrt. Bei den Bewertungswahlrechten haben die planmäßigen Abschreibungen auf Gegenstände des abnutzbaren Anlagevermögens eine große Bedeutung. Denn die Vermögensgegenstände des Anlagevermögens werden gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB mit den fortgeführten Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten, d. h., vermindert um die Abschreibungen ausgewiesen. Die Höhe der planmäßigen Abschreibung, bezogen auf die Anschaffungs‐ oder Herstellungskos‐ ten, wird beeinflusst durch: 105 In Anlehnung an: Hans‐Böckler‐Stiftung: Bilanzpolitik und Jahresabschlussanalyse, 2010, S. 12. Auswirkung des Passivierungswahlrechts auf die GuV GuV vor Ausübung des Passivierungswahlrechts Auswirkung des Passivierungswahlrechts GuV nach Ausübung des Passivierungswahlrechts Aufwand Ertrag (Umsatz) Aufwand Ertrag Gewinn Aufwand Ertrag (Umsatz) Aufwand Ertrag Gewinn Aufwand Aufwand Ertrag (Umsatz) Aufwand Ertrag Gewinn <?page no="194"?> 13.5 Abgrenzung zwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen 195 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt die Festlegung der Nutzungsdauer: je kürzer die Nutzungsdauer, desto höher die Abschrei‐ bung, die Abschreibungsmethode: linear, degressiv, progressiv oder leistungsbezogen, die Wahl einer Vereinfachungsmethode: Sofortabschreibung von GWG oder Sammelposten. Bestimmung der Nutzungsdauer Gestaltungsspielräume ergeben sich vor allem dadurch, dass im Handelsrecht, im Vergleich zum Steuerrecht, das mit den AfA‐Tabellen (AfA = Absetzung für Abnutzung) für jedes Wirtschaftsgut eine Nutzungsdauer vorgibt, keine bestimmte Nutzungsdauer vorgegeben wird. Das folgende Beispiel zeigt, welch großen Einfluss die Nutzungsdauer auf die Höhe der Abschreibung hat. Beispiel: Einfluss der Nutzungsdauer auf die Abschreibungshöhe Ein Unternehmen hat einen abnutzbaren Vermögensgegenstand mit Anschaffungskosten in Höhe von 300.000 € im Januar des Geschäftsjahres 01 gekauft. Die Nutzungsdauer des Vermögens‐ gegenstandes wird im Fall a) auf fünf Jahre und im Fall b) auf zwölf Jahre geschätzt. Der Ver‐ mögensgegenstand wird linear abgeschrieben. Im Folgenden sehen Sie die Auswirkungen auf die Bilanz und die GuV mit unterschiedlichen Nut‐ zungsdauern. Das Eigenkapital zu Beginn des Geschäftsjahres 01 betrug 200.000 €. Fall a): Jahresabschluss bei einer linearen Abschreibung über fünf Jahre. Aktiva Bilanz zum 31.12.01 (in €) Passiva Anlagevermögen minus Abschreibungen 300.000 ‐ 60.000 240.000 Eigenkapital 190.000 weitere Aktiva 360.000 Fremdkapital 410.000 600.000 600.000 Gewinn‐ und Verlustrechnung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.01 (in €) Abschreibungen 60.000 Erträge 900.000 weitere Aufwendungen 850.000 Verlust (Jahresfehlbetrag) 10.000 910.000 910.000 Fall b): Jahresabschluss bei einer linearen Abschreibung über zwölf Jahre. Aktiva Bilanz zum 31.12.01 (in €) Passiva Anlagevermögen minus Abschreibungen 300.000 ‐25.000 275.000 Eigenkapital 225.000 weitere Aktiva 360.000 Fremdkapital 410.000 635.000 635.000 <?page no="195"?> 196 Schritt 13: Bilanzpolitik uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Gewinn‐ und Verlustrechnung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.01 (in €) Abschreibungen 25.000 Erträge 900.000 weitere Aufwendungen 850.000 Gewinn (Jahresüberschuss) 25.000 900.000 900.000 Wahl der Abschreibungsmethode Bei der linearen Abschreibung werden die Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten in jeweils gleichen Jahresbeträgen über die Nutzungsdauer verteilt. Dagegen wird bei der geometrisch‐ degressiven Abschreibung ein gleichbleibender Prozentsatz vom Restbuchwert angesetzt. Weitere Ausführungen finden Sie im Buch „Buchführung Schritt für Schritt“ Kapitel 10.1.3 S. 182 ff. Beispiel: Einfluss der Abschreibungsmethode auf die Abschreibungshöhe Ein Unternehmen hat einen abnutzbaren Vermögensgegenstand mit Anschaffungskosten in Höhe von 300.000 € im Januar des Geschäftsjahres 01 gekauft. Die Nutzungsdauer des Vermögens‐ gegenstands beträgt 10 Jahre. Im Fall a) wird linear und im Fall b) wird geometrisch‐degressiv mit 25 % abgeschrieben. Im Folgenden sehen Sie die Auswirkungen auf die Bilanz und die GuV mit den unterschiedlichen Abschreibungsverfahren. Das Eigenkapital zu Beginn des Geschäftsjahres 01 betrug 200.000 €. Fall a): Jahresabschluss bei einer linearen Abschreibung über zehn Jahre. Aktiva Bilanz zum 31.12.01 (in €) Passiva Anlagevermögen minus Abschreibungen 300.000 ‐30.000 270.000 Eigenkapital 220.000 weitere Aktiva 360.000 Fremdkapital 410.000 630.000 630.000 Gewinn‐ und Verlustrechnung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.01 (in €) Abschreibungen 30.000 Erträge 900.000 weitere Aufwendungen 850.000 Gewinn (Jahresüberschuss) 20.000 900.000 900.000 Fall b): Jahresabschluss bei einer geometrisch‐degressiven Abschreibung über zwölf Jahre. Aktiva Bilanz zum 31.12.01 (in €) Passiva Anlagevermögen minus Abschreibungen 300.000 ‐75.000 225.000 Eigenkapital 175.000 weitere Aktiva 360.000 Fremdkapital 410.000 585.000 585.000 <?page no="196"?> 13.5 Abgrenzung zwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen 197 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Gewinn‐ und Verlustrechnung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.01 (in €) Abschreibungen 75.000 Erträge 900.000 weitere Aufwendungen 850.000 Verlust (Jahresfehlbetrag) 25.000 925.000 925.000 Merke Bei einer kurzen Nutzungsdauer ist die Abschreibung höher und mindert das Ergebnis. Bei einer langen Nutzungsdauer ist die Abschreibung niedriger und erhöht das Ergeb‐ nis. Die degressive Abschreibung führt in den ersten Jahren einen höheren Abschreibungs‐ beträgen und mindert das Ergebnis. Die lineare Abschreibung führt in den ersten Jahren zu niedrigeren Abschreibungs‐ beträgen im Vergleich zur degressiven Abschreibung und maximiert das Ergebnis. 13.5.1.4 Bewertung der Vorräte Es gilt zwar für die Bewertung des Rohstoff‐ und Warenlagers der Grundsatz der Einzelbewertung, jedoch hat der Gesetzgeber bei gleichartigen Vermögensgegenständen des Vorratsvermögens Bewertungsvereinfachungen zugelassen. Neben der Gruppenbewertung nach dem gewogenen Durchschnitt sind auch die Verbrauchsfolgeverfahren des Lifo‐ und Fifo‐Verfahrens erlaubt. Je nach Preisentwicklung der Vorräte können durch die Bewertungsmethode stille Reserven gebildet werden. Merke: Verbrauchsfolgeverfahren Bei steigenden Einkaufpreisen führt die Bewertung nach dem Lifo‐Verfahren zu einem niedrigeren Ansatz des Vermögens (Bildung von stillen Reserven) und wirkt sich somit er‐ gebnismindernd aus. Die selbsterstellten fertigen und unfertigen Erzeugnisse werden zu den Herstellungskosten bewertet. In der Handelsbilanz sind die durch die Herstellung angefallenen Aufwendungen, also Einzel‐ und Gemeinkosten, einzubeziehen. Für die folgenden Kosten besteht bei der Ermittlung der handelsrechtlichen Herstellungskosten ein Aktivierungswahlrecht: Kosten für die allgemeine Verwaltung (nicht herstellungsbezogen), Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen, Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung und Zinsaufwendungen (soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen). Durch diese Wahlrechte steht eine gewisse bilanzpolitische Manövriermasse zur Verfügung, d. h. es kann eine höhere oder eine niedrigere Bewertung der Erzeugnisse erfolgen und somit ein höheres oder niedrigeres Ergebnis ausgewiesen werden. <?page no="197"?> 198 Schritt 13: Bilanzpolitik uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke: Herstellungskosten Werden die selbst erstellten Erzeugnisse mit der Wertobergrenze der Herstellungskosten bewertet, so erfolgt ein höherer Wertansatz des Vermögens. Dies führt zu einem höheren Ergebnis. Übungsaufgabe 13.5 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Implizite Wahlrechte 13.5.2 Implizite (faktische) Wahlrechte sind im Gesetz nicht explizit aufgeführt, vielmehr handelt es sich um Ausgestaltungsmöglichkeiten innerhalb einer vorgeschriebenen Norm. Dies bedeutet, dass bei diesem Wahlrecht ein verdecktes Wahlrecht vorliegt. Der Gesetzgeber gibt gewisse Gebote und Verbote vor. Allerdings entstehen für die Bilanzierenden Spielräume in der Aus‐ legung von weitgefassten Bilanzierungsnormen und unbestimmter Rechtsbegriffe. Daraus erge‐ ben sich Bilanzansatzwahlrechte und Bewertungswahlrechte, die die Bilanzanalyse erschweren. Ermessensspielräume 13.5.3 Neben den expliziten und impliziten Wahlrechten hat der Bilanzierende auch Ermessensspiel‐ räume. Ermessensspielräume ergeben sich immer dann, wenn durch die jeweilige Rechnungs‐ legungsnorm der Ansatz oder die Bewertung von Vermögenswerten oder Schulden geregelt ist, die Voraussetzungen oder Methode zur Bestimmung von Ansatz oder Bewertung jedoch offen‐ bleiben. 106 Dem Bilanzierenden wird so die Entscheidung über den genauen Wertansatz inner‐ halb einer für möglich erachteten Bandbreite von Ansätzen überlassen. 13.5.3.1 Außerplanmäßige Abschreibungen Jeder Gegenstand des abnutzbaren Anlagevermögens wird planmäßig über die Nutzungsdauer abgeschrieben. Es kann jedoch der Fall eintreten, dass sich für einen abnutzbaren Vermögens‐ gegenstand aufgrund von Änderungen der Abnutzung oder des Wiederbeschaffungswertes ein neuer Abschreibungswert ergibt. Daher besteht die Möglichkeit, diesen Gegenstand außerplan‐ mäßig auf den niedrigeren Wert abzuschreiben, wenn die unerwartete Wertminderung voraus‐ sichtlich von Dauer ist. Bei Finanzanlagen darf eine außerplanmäßige Abschreibung auch bei vo‐ raussichtlich nicht dauernder Wertminderung durchgeführt werden (§ 253 Abs. 3 Satz 3 und 4 HGB). 107 Dagegen sind außerplanmäßige Abschreibungen bei Anlagevermögen für eine voraus‐ sichtlich nicht dauernde Wertminderung unzulässig. Für die Unternehmen stellt sich regelmäßig die Frage: Ist die Wertminderung dauerhaft oder nur vorübergehend? Dadurch ergibt sich für die Unternehmen ein entsprechender Gestaltungsspiel‐ raum. Je nach Argumentation kann man teilweise die Wertminderung als dauerhaft oder als vor‐ übergehend einschätzen. Der Bilanzersteller wird je nach Zielsetzung die Auslegung in seinem Sinne steuern. 106 Vgl. Küting, K., Weber, C.‐P.: Bilanzanalyse, 2012, S. 41. 107 Vgl. http: / / www.boeckler.de/ pdf/ mbf_bilanzpolitik_ja‐analyse_kapitel2.pdf. <?page no="198"?> 13.5 Abgrenzung zwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen 199 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Möchte der Bilanzierende das Ergebnis mindern, so sind hohe außerplanmäßige Abschreibungen zu empfehlen. Ist der Bilanzierende an einem hohen Ergebnisausweis interessiert, so wird er seine Argumentation so aufbauen, um eine Abwertung (außerplanmäßige Abschreibung) mög‐ lichst zu vermeiden. Falls die Ursache für eine außerplanmäßige Abschreibung nicht mehr vorhanden ist, so liegt handels‐ und steuerrechtlich ein Wertaufholungsgebot bis maximal zu den theoretisch fort‐ geführten Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten vor. Einzige Ausnahme ist der derivative Geschäfts‐ oder Firmenwert. Hier besteht ein Wertaufholungsverbot. Wird eine Wertaufholung vorgenommen, so werden stille Reserven aufgelöst und das Ergebnis verbessert sich. Merke Bei einer hohen außerplanmäßigen Abschreibung verringert sich zum einen das Vermögen und zum anderen das Ergebnis. Niedrige außerplanmäßige Abschreibungen verringern das Vermögen nur minimal und dienen dem Ziel der Maximierung des Unternehmensergebnisses. 13.5.3.2 Zuordnung der Wertpapiere im Anlage- oder Umlaufvermögen Für die Bewertung der Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens gilt das strenge Niederstwertprinzip, d. h. es muss immer auf den niedrigeren Wert abgeschrieben werden. Dage‐ gen gilt beim Anlagevermögen das gemilderte Niederstwertprinzip. In diesen Fall muss auf den niedrigeren Wert nur dann abgeschrieben werden, wenn die Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist. Bei den Finanzanlagen besteht ein Wahlrecht, wodurch eine außerplanmäßige Abschreibung auch bei einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung vorgenommen werden kann. Dadurch, dass die Wertpapiere sowohl dem Anlage‐, als auch dem Umlaufvermögen zugeordnet werden können, entstehen für den Bilanzierenden Gestaltungsspielräume. Merke Werden bei einer vorübergehenden Wertminderung die bilanzierten Werte für die Wert‐ papiere des Anlagevermögens beibehalten, stellt dies eine Maßnahme zur Maximierung des Ergebnisses dar. Werden bei einer vorübergehenden Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen auf die Wertpapiere des Anlagevermögens vorgenommen, stellt dies eine Maßnahme zur Mini‐ mierung des Ergebnisses dar. 13.5.3.3 Bemessung von Pauschal- und Einzelwertberichtigungen zu Forderungen Grundsätzlich werden Forderungen aus Lieferungen und Leistungen mit ihrem Nennwert bilan‐ ziert, wenn sie einwandfrei sind. Es gibt aber auch zweifelhafte Forderungen, bei denen ein Aus‐ fallrisiko besteht. In Höhe des erwarteten Ausfallrisikos ist eine Einzelwertberichtigung zu bil‐ den. Da die Höhe des Ausfallrisikos nicht exakt ermittelt werden kann, ergibt sich für den Bilan‐ zierenden ein gewisser Ermessensspielraum. Dabei gilt die folgende Regel: Bei einer pessimistischen Einschätzung des Ausfallrisikos wird eine hohe Einzelwertberich‐ tigung gebildet. Dies führt zu einem niedrigeren Wertansatz des Vermögens und somit zu einem geringeren Ergebnisausweis. <?page no="199"?> 200 Schritt 13: Bilanzpolitik uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bei einer optimistischen Einschätzung des Ausfallrisikos wird eine niedrige Einzelwert‐ berichtigung gebildet. Dies führt zu einem größeren Wertansatz des Vermögens und somit zu einem höheren Ergebnisausweis. Pauschalwertberichtigungen können für das allgemeine Ausfallrisiko von Forderungen gebildet werden. Bemessungsgrundlage für die Pauschalwertberichtigung ist der gesamte Netto‐Forde‐ rungsbestand zum Geschäftsjahresende abzüglich der einzelwertberichtigten Forderungen. Auf diese Bemessungsgrundlage ist ein unter Berücksichtigung von Erfahrungswerten und sich bereits abzeichnender Entwicklungen geschätzter Prozentsatz anzuwenden. 108 Auch hier ergibt sich ein Ermessensspielraum wie bei den Einzelwertberichtigungen. Weitere Details zu den Wertberichtigungen auf Forderungen finden Sie im Buch von Jörg Wöltje „Buchführung Schritt für Schritt“ im Kapitel 10.3 „Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen aLuL“ S. 195 ff. Rückstellungen 13.5.4 Rückstellungen sind „in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen“ (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Die Schätzungen müssen unter Berücksichtigung hinreichend objektiver Hinweise und auf Basis des Vorsichtsprinzips vor‐ genommen werden, sodass die Schätzwerte innerhalb einer plausiblen Bandbreite liegen. Prob‐ lematisch ist dies, da so ein Spielraum und eine undurchschaubare Bemessung der Rückstellun‐ gen möglich werden. Allein die Formulierung „nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung“ ist sehr schwammig. Bei den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten ergibt sich beispielsweise ein Ermes‐ sensspielraum bezüglich der Höhe und der Eintrittswahrscheinlichkeit. Aus der Erfahrung weiß man, dass in wirtschaftlich sehr guten Geschäftsjahren die Kreativität auf der Suche nach neuen Rückstellungsmöglichkeiten vielfach höher ausfallen wird als in wirt‐ schaftlich schwachen Geschäftsjahren. Auch bei der Bemessung von Garantierückstellungen ergeben sich Spielräume. Bei der Fest‐ legung der Höhe sind auch Schadensfälle einzubeziehen, die zwar im vergangenen Geschäftsjahr angefallen sind, dem Unternehmen aber noch nicht gemeldet wurden. So bleibt ein großer Ermessensspielraum, da ein wesentlicher Teil der Garantierückstellungen nur geschätzt werden kann. Rückstellungen haben die Wirkung eines zinslosen Kredits. Der Aufwand wird vorgezogen, aber ohne dass bereits finanzielle Mittel abfließen. Das Vorziehen des Aufwandes verringert den zu versteuernden Gewinn und stärkt die Liquidität der Unternehmung. Durch den eingesparten Steuerbetrag verfügt ein Unternehmen über mehr liquide Mittel. Je langfristiger Rückstellungen angelegt sind, desto interessanter sind diese für die Innenfinanzierung. Durch die Vorteile, die Rückstellungen mit sich bringen, wird das eine oder andere Unternehmen verleitet Rückstellun‐ gen auszureizen. 108 Coenenberg, A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2014, S. 258. <?page no="200"?> 13.5 Abgrenzung zwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen 201 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Bei einer pessimistischen Risikoeinschätzung werden höhere Rückstellungen gebildet, dies führt zu einem geringerem Ergebnisausweis (Gewinn). Bei einer optimistischeren Risikoeinschätzung werden niedrigere Rückstellungen gebildet, dies führt zu einem höheren Ergebnisausweis (Gewinn). Abgrenzung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwand 13.5.5 Bei Durchführung von Instandhaltungs‐, Instandsetzungs‐ oder Unterhaltungsarbeiten kann es fraglich sein, ob dadurch eine aktivierungsfähige Vermögensmehrung entstanden ist, d. h. ob die‐ se Kosten als nachträgliche Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten aktiviert werden können oder aber als Aufwand in der GuV erfasst werden. 109 Herstellungskosten sind laut § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB Aufwendungen zur wesentlichen Verbesse‐ rung eines Vermögensgegenstandes oder zur Substanzerweiterung und werden aktiviert, d. h. der Wert eines Vermögensgegenstandes nimmt zu. Die aktivierten Herstellungskosten werden über die Nutzungsdauer planmäßig abgeschrieben. Der Erhaltungsaufwand dient dazu, die Nutzungsmöglichkeit und die Substanz eines Vermögens‐ gegenstandes zu erhalten (Instandhaltungsaufwand) oder diesen wiederherzustellen (Instand‐ setzungsaufwand). Diese Aufwandsart ist als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar und wird sofort als Aufwand in der GuV erfasst, d. h. das Ergebnis (Gewinn) wird gemindert und es müssen weniger Steuern bezahlt werden. Es entsteht ein Steuervorteil bei Festlegung eines Erhaltungsaufwands anstatt der Aktivierung der Herstellungskosten. Denn beim Erhaltungsaufwand fließen zwar, wie bei der Aktivierung der Herstellungskosten, die liquiden Mittel sofort ab, aber dies führt unmittelbar zu einer verminder‐ ten Steuerlast im gleichen Jahr, da die Erhaltungsaufwendungen das Ergebnis mindern. Aufgrund der steuerrechtlichen Vorteile bietet es sich für den Bilanzierenden an, die Ausgaben als Erhaltungsaufwand zu verbuchen. Die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Her‐ stellungskosten fällt schwer, da sie fließend verläuft. Dies stellt somit einen bilanzpolitischen Ermessensspielraum dar, indem zwischen der Verbesserung eines Vermögensgegenstands (Her‐ stellungskosten) und der Erhaltung, dessen Zustands (Erhaltungsaufwand) unterschieden wer‐ den muss. 109 Coenenberg, A. G. et al.: Einführung in das Rechnungswesen, 2014, S. 342. <?page no="201"?> 202 Schritt 13: Bilanzpolitik Übungsaufgabe 13.6: Auswirkungen von Sachverhaltsgestaltungen Kreuzen Sie bitte an, welches bilanzpolitische Ziel mit welcher Transaktionsentscheidung erreicht werden kann. Transaktionsentscheidungen Bilanzpolitische Zielsetzung hohes Ergebnis niedriges Ergebnis höhere Liquidi‐ tät Verkauf von Forderungen (Factoring) Aktivierung eines Disagios Einforderung von Anzahlungen Vorziehen des Kaufs einer Maschine zwecks Antizipation der Abschreibung Späterer Verkauf eines Grundstücks (Erlös > Buchwert) Vorziehen einer Großreparatur Vorziehen der Abwicklung eines Auftrags mit großer Gewinn‐ spanne Spätere Abwicklung eines Auftrags mit großer Gewinnspanne Veräußerung von Wertpapieren (Erlös > Buchwert) Leasing anstatt Kauf von Anlagevermögensgegenständen Vorziehen einer Pensionszusage Sale‐and‐lease‐back einer Produktionsanlage (Erlös > Buch‐ wert) Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 13.7 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Merke Trotz verschiedener Möglichkeiten, die Ihnen die Bilanzpolitik bietet, sollten Sie den bilanz‐ politischen Spielraum nicht überschätzen, und zwar aus folgendem Grund: Wenn Sie bei Ihrem aktuellen Jahresabschluss mithilfe der Bilanzpolitik z. B. den Ergebnisausweis mini‐ mieren möchten - beispielsweise durch überhöhte Abschreibungen -, dann werden Sie in den nächsten Geschäftsjahren ein höheres Ergebnis ausweisen, weil Ihnen dann das ent‐ sprechende Abschreibungsvolumen fehlt. <?page no="202"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 14: Jahresabschlussanalyse Lernziele In diesem Kapitel werden Sie lernen, dass die Jahresabschlussanalyse ein Instrument dar‐ stellt, mit dessen Hilfe aus dem Jahresabschluss, zumindest teilweise, die gewünschten Informationen über die Finanz‐, Vermögens‐ und Ertragslage des Unternehmens gewonnen werden können. Sie werden sehen, dass die im Jahresabschluss enthaltenen Posten auf‐ gespalten, bereinigt und in geeigneter Form zusammengefasst werden. Um die Aussage‐ fähigkeit des Jahresabschlusses zu erhöhen, werden die Basisdaten verdichtet und Kenn‐ zahlen gebildet. Nachdem Sie diese Kapitel bearbeitet haben, wissen Sie: für welche Zwecke die Jahresabschlussanalyse eingesetzt werden kann, in welchen Schritten eine Jahresabschlussanalyse durchgeführt werden sollte, mit welchen Kennzahlen Sie die Vermögens‐, Kapitalstruktur und Rentabilität eines Unternehmens beurteilen können, wie Sie einen Jahresabschluss für die Jahresabschlussanalyse aufbereiten und wie Sie den Unternehmenserfolg auf der Grundlage von Jahresabschlüssen analysieren können. Sie werden die Lage und die Entwicklung eines Unternehmens anhand aufbereiteter Kenn‐ zahlen aus der Bilanz und der GuV beurteilen können. 14.1 Einführung Im vorangegangenen Kapitel „Bilanzpolitik“ wurden die Möglichkeiten dargestellt, wie die Unter‐ nehmen den Ausweis ihrer Vermögens‐, Finanz‐ und Ertragslage zielorientiert gestalten können. Die Adressaten des Jahresabschlusses möchten jedoch von dem Unternehmen ein den tatsäch‐ lichen Verhältnissen möglichst entsprechendes Bild von der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage und der zukünftigen Unternehmensentwicklung gewinnen. Mit einer systematischen Auswertung des Jahresabschlusses lässt sich die Aussagekraft der Bilanz und Gewinn‐ und Verlustrechnung erhöhen. Auf der Basis von vergangenheitsorientier‐ ten Daten und Informationen des aktuellen Jahresabschlusses wird versucht, Erkenntnisse über die zu erwartende künftige Entwicklung des Unternehmens zu erlangen. Im Rahmen der Jahres‐ abschlussanalyse werden Posten des Jahresabschlusses zu aussagefähigen und in der Analyse verwertbaren Größen zusammengefasst, aufgespalten oder saldiert, um ausgewählte Basisgrößen für die Analyse zu erhalten. 14.2 Ziele, Aufgaben und Ablauf der Jahresabschlussanalyse Die Aufgabe der Jahresabschlussanalyse, die häufig auch als Bilanzanalyse bezeichnet wird, ist die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens. Sie verfolgt im weitesten Sinne die folgenden Ziele und Aufgaben: <?page no="203"?> 204 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Analyse der Ertragslage und der Ergebnisentwicklung, Untersuchung der Art und Struktur von Mittelherkunft und Mittelverwendung, Feststellung des Ausmaßes der realisierten Kapitalerhaltung und Analyse der finanziellen Lage. Die folgende Abbildung zeigt die Zielsetzung der Jahresabschlussanalyse der verschiedenen Adressaten. Adressaten Zielsetzungen Gläubiger Überprüfung der Kreditwürdigkeit und des Kapitaldienstes (Tilgung + Zins) sowie die Risikoeinschätzung bei Kreditvergabe; Analyse‐ schwerpunkt = finanzwirtschaftliche Bilanzanalyse Anteilseigner Ermittlung der Eigenkapitalrendite und Analyse der künftigen Risiken; Analyseschwerpunkt = erfolgswirtschaftliche Bilanzanalyse Konkurrenzunter‐ nehmen Vergleich mit dem eigenen Unternehmen, und der verschiedenen Bereiche. Insbesondere der Umsatzerlöse, der Ertragslage, der Rentabilitätskennzif‐ fern sowie der Kapitalstruktur unternehmens‐ interne Interessenten Informations‐ und Steuerungsfunktion Abb. 14.1: Zielsetzung der Jahresabschlussanalyse In der folgenden Abbildung ist der Ablauf einer Jahresabschlussanalyse schematisch dargestellt. Abb. 14.2: Ablauf der Jahresabschlussanalyse Basisinformationen aus dem Jahresabschluss und dem Lagebericht 1) Datenaufbereitung materielle Datenaufbereitung, d. h. Eliminie‐ rung von Überbewertungen und Unterbewertungen formale Datenaufbereitung Strukturbilanz Erfolgsspaltung 2) Kennzahlenbildung finanzwirtschaftliche Kennzahlen Vermögensstruktur Kapitalstruktur Liquidität erfolgswirtschaftliche Kennzahlen Ertragsstruktur Aufwandsstruktur Rentabilität 3) Kennzahlenauswertung Zeitreihenvergleich Branchenvergleich Soll‐Ist‐Vergleich <?page no="204"?> 14.3 Kennzahlen als Instrument der Jahresabschlussanalyse 205 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 14.3 Kennzahlen als Instrument der Jahresabschlussanalyse Kennzahlen stellen in der Analysepraxis das wesentliche Instrument zur Untersuchung von Jah‐ resabschlüssen dar. Ziel der Anwendung von Kennzahlen ist es, komplexe Sachverhalte und Pro‐ zesse in stark konzentrierter Form darzustellen, um daraus erfolgreiche Maßnahmen abzuleiten. Kennzahlen können als absolute Zahlen, wie z. B. Einzelzahlen oder Summen, oder als Verhält‐ niszahlen existieren. Bereits Einzelzahlen können eine gewisse Aussagekraft haben. So handelt es sich beispielsweise bei den Größen Umsatzerlöse, Gesamtleistung, Eigenkapital, Cashflow, Rohergebnis, Betriebsergebnis oder Bilanzsumme um Kennzahlen mit hohem Erkenntniswert. Besonders Verhältniszahlen haben eine hohe Aussagekraft. Bei diesen relativen Zahlen werden zwei absolute Zahlen in Quotientenform zueinander in Beziehung gesetzt. Bei Verhältniszahlen ist das sogenannte Entsprechungsprinzip zu beachten, welches besagt, dass die Zahlen in einem sinnvollen inneren Zusammenhang stehen müssen. Die Verhältniszahlen können in Gliederungs‐, Beziehungs‐ und Indexzahlen gruppiert werden. Gliederungszahlen: Gliederungszahlen geben eine Teilgröße im Vergleich zur Gesamtgröße an. Sie bestehen immer aus einem Quotienten. Bei den Gliederungszahlen ist der Zähler immer auch Bestandteil des Nenners. Da Gliederungszahlen in Prozent angegeben werden, bietet sich ein Vergleich von Betrieben unterschiedlicher Größe an. Ein Beispiel für eine Gliederungszahl ist die Eigenkapitalquote, wobei das Eigenkapital eine Teilgröße des Gesamtkapitals darstellt: Eigenkapitalquote = Beziehungszahlen: Bei den Beziehungszahlen, die ebenfalls aus einem Quotienten gebildet wer‐ den, setzt man verschiedenartige Gesamtheiten in Beziehung zueinander, die in einem sinnvollen Zusammenhang stehen. Dies kann zum Beispiel eine Mittel‐Zweck‐Relation sein. So kann der Gewinn als Zweck z. B. dem Eigenkapital als Mittel gegenübergestellt werden. 110 Indexzahlen: Indexzahlen zeigen Entwicklungen/ Trends einer Größe über die Zeit, indem der Wert eines Basiszeitpunktes gleich 100 gesetzt wird und alle anderen Größen im Verhältnis zum Basiswert gemessen werden. Bei der Auswahl des Basiswertes sollte darauf geachtet werden, dass ein repräsentativer Wert ausgesucht wird, da bei „extremen“ Basiswerten normale Folge‐ werte als außergewöhnlich erscheinen können. 111 Beispiele für Indexzahlen sind Aktien‐ oder Preisindices. 14.4 Basisgrößen für die Jahresabschlussanalyse Sie stellen die Grundlage für die Kennzahlenanalyse dar. Die Feststellung des Anlagevermögens ist einfach, da es in jeder Bilanz gesondert ausgewiesen wird. Das Umlaufvermögen wird in drei Gruppen eingeteilt: liquide Mittel, monetäres Umlaufvermögen und gesamtes Umlaufvermögen. 110 Vgl. Coenenberg, A. G. et al.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2014, S. 1024 f. 111 Vgl. Littkemann, J. & Krehl, H.: Krisendiagnose durch Bilanzanalyse, 2000, S. 21. <?page no="205"?> 206 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Zu den liquiden Mitteln des Umlaufvermögens gehören z. B.: flüssige Mittel (Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks) Aktiva B. IV. + Wertpapiere, die an der Börse gehandelt werden Aktiva B. III. = liquide Mittel Abb. 14.3: Ermittlung der liquiden Mittel Die liquiden Mittel werden bei der Liquiditätsanalyse als „Mittel 1. Grades“ bezeichnet. Das monetäre Umlaufvermögen können Sie nach folgendem Schema ermitteln: Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände Aktiva B. II. + Wertpapiere, die an der Börse gehandelt werden Aktiva B. III. + flüssige Mittel (Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kredit‐ instituten und Schecks) Aktiva B. IV. + aktive Rechnungsabgrenzungsposten (ohne Disagio) Aktiva C. = monetäres Umlaufvermögen Abb. 14.4: Ermittlung des monetären Umlaufvermögens Das monetäre Umlaufvermögen wird z. B. für die Berechnung der Liquidität zweiten Grades benötigt. Zum bilanzanalytischen Umlaufvermögen gehören: Vorräte Aktiva B. I. + Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände Aktiva B. II. + Wertpapiere, die an der Börse gehandelt werden Aktiva B. III. + flüssige Mittel (Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kredit‐ instituten und Schecks) Aktiva B. IV. + aktive Rechnungsabgrenzungsposten (ohne Disagio) Aktiva C. ‐ aktiviertes Disagio (Angabepflicht in der Bilanz oder im Anhang gemäß § 268 Abs. 6 HGB) = bilanzanalytisches Umlaufvermögen Abb. 14.5: Ermittlung des bilanzanalytischen Umlaufvermögens Bei der Passiva der Bilanz ist zwischen der Aufbereitung des Eigen‐ und des Fremdkapitals zu unterscheiden. Für die Analyse der Kapitalstruktur wird unter anderem das bilanzanalytische Eigenkapital benötigt. Zum bilanzanalytischen Eigenkapital gehören: <?page no="206"?> 14.4 Basisgrößen für die Jahresabschlussanalyse 207 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt gezeichnetes Kapital Passiva A. I. ‐ ausstehende Einlagen (sowohl nicht eingeforderte ausstehende Einlagen als auch eingeforderte ausstehende Einlagen) + Kapitalrücklage Passiva A. II. + Gewinnrücklagen Passiva A. III. +/ ‐ Bilanzgewinn/ Bilanzverlust ‐ Ausschüttungsbetrag (auf der Grundlage des publizitätspflichtigen Gewinnvorschlags (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AktG) oder des publizitätspflichti‐ gen Gewinnverwendungsbeschlusses (§ 174 Abs. 2 Nr. AktG)) ‐ eigene Anteile Passiva A. I. = bilanzanalytisches Eigenkapital Abb. 14.6: Ermittlung des bilanzanalytischen Eigenkapitals Das Fremdkapital (FK) wird in kurzfristiges, mittelfristiges und langfristiges Fremdkapital eingeteilt. Zum kurzfristigen Fremdkapital gehören Verbindlichkeiten, die innerhalb von 90 Tagen (Handelswechsel) und teilweise innerhalb von 12 Monaten fällig werden, die Abgrenzung zu dem mittelfristigen Fremdkapital ist fließend. Das kurz‐ und mittelfristige Fremdkapital kön‐ nen Sie wie folgt ermitteln: Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit ≤ 1 Jahr Passiva C. + Steuerrückstellungen (einschließlich latenter Steuern) Passiva B. 2. + sonstige Rückstellungen (ggf. abzüglich Aufwandsrückstellungen) Passiva B. 3. + Ausschüttungsbetrag + passive Rechnungsabgrenzungsposten Passiva D. = kurzfristiges Fremdkapital + Verbindlichkeiten mit Restlaufzeit > 1 Jahr und zugleich ≤ 5 Jahre + erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen Passiva C. 3. = kurz- und mittelfristiges Fremdkapital Abb. 14.7: Ermittlung des kurz‐ und mittelfristigen Fremdkapitals Zum langfristigen Fremdkapital gehören Verbindlichkeiten und Rückstellungen, die nach Ablauf von fünf Jahren fällig werden. Hierzu gehören: Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von > 5 Jahre siehe Anhang + Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen Passiva B. 1. + Fremdkapitalanteil der unterlassenen, nicht bilanzierungspflichtigen Pensionsrückstellungen (Art. 28 Abs. 2 EGHGB) = langfristiges Fremdkapital Abb. 14.8: Ermittlung des langfristigen Fremdkapitals <?page no="207"?> 208 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Cashflow Der Cashflow stellt einen Erfolgsindikator dar und wird nach der Praktiker‐Formel wie folgt be‐ rechnet: Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag + Abschreibungen ‐ Zuschreibungen + Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen bzw. anderen langfristigen Rückstellungen ‐ Auflösungen von Pensionsrückstellungen bzw. anderen langfristigen Rückstellungen +/ ‐ andere nicht zahlungswirksame Aufwendungen/ Erträge von wesentlicher Bedeutung = Cashflow Abb. 14.9: Ermittlung des Cashflows Finanzschulden Die Finanzschulden stellen den verzinslichen Anteil des Fremdkapitals dar. Das verzinsliche Fremdkapital kann wie folgt berechnet werden: 112 Anleihen + Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten + Akzeptverbindlichkeiten + in den restlichen Schulden enthaltene verzinsliche Anteile (gewöhnlich ohne Pensionsrück‐ stellungen) = Finanzschulden (verzinsliche Anteile des Fremdkapitals) Abb. 14.10: Ermittlung der Finanzschulden Nettofinanzschulden Die Nettofinanzschulden können Sie berechnen, indem Sie von der Summe der zinstragenden Verbindlichkeiten (Finanzschulden) die liquiden Mittel subtrahieren. Finanzschulden (verzinsliche Fremdkapital) ‐ flüssige Mittel (Kasse, Bankguthaben etc.) ‐ Wertpapiere des Umlaufvermögens = Nettofinanzschulden Abb. 14.11: Ermittlung der Nettofinanzschulden Effektivverschuldung Fremdkapital ‐ monetäres Umlaufvermögen (abzgl. Forderungen mit einer Restlaufzeit > 1 Jahr) = Effektivverschuldung Abb. 14.12: Ermittlung der Effektivverschuldung 112 Vgl. Coenenberg A. G et al.: Jahresabschluss und ‐analyse, 2014, S. 1084. <?page no="208"?> 14.5 Strukturbilanz 209 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 14.5 Strukturbilanz Die Strukturbilanz ist das Ergebnis der Aufbereitungsmaßnahmen. Bei der Aufbereitung der Bilanz geht es darum, die einzelnen Posten der Bilanz durch Umgliederung und Umbewertung zu aussagefähigen und später mithilfe von Kennzahlen zu sinnvoll vergleichbaren Größen zu gene‐ rieren. Dies geschieht durch Bereinigung von bilanzpolitischen Maßnahmen und Sachverhalts‐ gestaltungen. Folgende Maßnahmen sind zu ergreifen: Abb. 14.13: Aufbereitungsmaßnahmen für eine Strukturbilanz Aufbau einer Strukturbilanz für die Jahresabschlussanalyse Aktiva Bilanz Passiva Anlagevermögen Eigenkapital Umlaufvermögen langfristiges Fremdkapital kurzfristiges Fremdkapital Bilanzsumme Bilanzsumme Abb. 14.14: Grundaufbau einer Strukturbilanz Zur Erhöhung der Aussagefähigkeit können in einer Strukturbilanz auch gesonderte Spalten für Branchen‐ oder Zeitvergleiche eingefügt werden. Im Folgenden sehen Sie einen Vorschlag für den formalen Grundaufbau einer Strukturbilanz. Aufbereitung der Daten einer Bilanz Umgliederung Umbewertung Umgruppierung Neubildung Aufspaltung Saldierung Erweiterung z. B. Rückstellung für unterlassene Instandhaltung: Ausweis im Ei‐ genkapital oder passiver RAP wird umgruppiert in kurzfristiges Fremdkapital z. B. gesonderter Ausweis von Verbundbezie‐ hungen (z. B. For‐ derungen an ver‐ bundene Unter‐ nehmen, Anteile an verbundenen Unternehmen z. B. Ausweis des Jahresergebnis: teilweise als Eigenkapital bzw. kurzfristiges Fremdkapital z. B. Verrechnung des Geschäfts‐ oder Firmen‐ werts mit dem Eigenkapital oder Aufrechnung der aktiven latenten Steuern mit dem Eigenkapital z. B. erhaltene Anzahlungen (Auflösung der Saldierung mit den Vorräten) und Ausweis als kurzfristige Ver‐ bindlichkeiten Bilanzsumme bleibt gleich Bilanzsumme ändert sich <?page no="209"?> 210 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Strukturbilanz 03 02 01 absolut in % Veränderung ggü. Vorjahr in % absolut absolut 1. Aktiva 1.1 Bilanzanalytisches AV Immaterielle Vermögensgeg. Sachanlagen Finanzanlagen 1.2 Bilanzanalytisches UV Vorräte Forderungen bis zu 1 Jahr Forderungen über 1 Jahr Wertpapiere liquide Mittel Rechnungsabgrenzungsposten Summe Bilanzvermögen 100 2.Passiva 2.1 Bilanzanalytisches EK Gezeichnetes Kapital Kapitalrücklage Gewinnrücklagen Gewinnvor‐ trag/ Verlustvortrag Jahresüberschuss (nach Aus‐ schüttung 2.2 Bilanzanalytisches FK Rückstellungen (kurzfristig) Rückstellungen (langfristig) Verbindlichkeiten kurzfristig (bis 1 Jahr) mittelfristig (1 bis 5 Jahre) langfristig (über 5 Jahre) Rechnungsabgrenzungsposten Summe Bilanzkapital 100 Abb. 14.15: Gliederungspositionen einer Strukturbilanz 14.6 Bilanzkennzahlen Aus einer aufbereiteten Bilanz können insbesondere Kennzahlen zur 1. Vermögensstruktur (Konstitution), 2. Kapitalstruktur (Finanzierung), 3. Investierung und 4. Liquidität abgeleitet werden. <?page no="210"?> 14.6 Bilanzkennzahlen 211 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Analyse der Vermögensstruktur 14.6.1 Die Kennzahlen zur Vermögenslage beziehen sich auf die Mittelverwendungsseite der Bilanz. Interessant bei diesen Kennzahlen sind vor allem die Branchen‐ oder Zeitreihenvergleiche. Anlagenintensität Die Anlagenintensität gibt Auskunft darüber, wie hoch der Anteil des Anlagevermögens am Gesamtkapital (Bilanzsumme) ist. Anlagenintensität = ö ö 100 Eine hohe Anlagenintensität kennzeichnet eine hohe langfristige Kapitalbindung und in der Kon‐ sequenz einen hohen (Re)‐Investitionsbedarf. In der Regel gilt: Je höher die Anlagenintensität, desto konjunkturabhängiger ist ein Unternehmen und desto geringer die finanz‐ und erfolgs‐ wirtschaftliche Stabilität. Niedrige Anlagevermögen stehen für betriebliche Flexibilität, da die Unternehmensleitung schneller auf grundlegende Marktveränderungen und Beschäftigungsschwankungen reagieren kann. Eine erforderliche Verringerung umfangreicher Anlagevermögen geht dagegen nur schwerfällig vor sich. Weiterhin werden bei kleineren Anlagevermögen geringere Fixkosten aufgrund der niedrigeren Kapitalbindung vermutet. Niedrigere Anlagevermögen können aber auch bedeuten, dass Unternehmen mit veralteten und bereits stark abgeschriebenen Anlagen produzieren und nicht für die Zukunft gerüstet sind. Die Anlagenintensität gibt Auskunft über den Grad der Beweglichkeit des Unternehmens. Umlaufintensität Die Umlaufintensität - auch als Arbeitsintensität bezeichnet - gibt die Beziehung zwischen dem Umlaufvermögen und dem Gesamtvermögen an. Arbeitsintensität = ö ö 100 Eine ausgeprägte Umlaufintensität deutet bei materialintensiven Branchen auf einen zu hohen Lagerbestand und entsprechend hohe Lagerhaltungskosten hin. Auslöser kann aber auch ein hoher Forderungsbestand sein. Anhand der Zusammensetzung des Umlaufvermögens können Sie feststellen, ob ein Unternehmen vorrats‐ oder forderungsintensiv ist. Vorratsintensität Im Einzelhandel entfällt ein hoher Anteil der Bilanzsumme auf das Warensortiment und das Warenlager. Die Vorratsintensität können Sie wie folgt ermitteln: Vorratsintensität = ä ö 100 Investitionsquote Die Investitionsquote gibt Aufschluss über die Investitionsneigung und die Zukunftsvorsorge des Unternehmens. 113 Sie gibt an, wie viel Prozent der historischen Anschaffungs‐ oder Herstel‐ lungskosten zu Beginn des Geschäftsjahres im betrachteten Jahr neu investiert wurden, d. h., wie viel Prozent der Sachanlagengüter neu zum Sachanlagevermögen hinzugekommen sind. In einem 113 Vgl. Küting, K. & Weber, C.‐P.: Die Bilanzanalyse, 2012, S. 129. <?page no="211"?> 212 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Zeitreihenvergleich kann man feststellen, wie sich die langfristige Investitionstätigkeit entwi‐ ckelt hat. Investitionsquote = ö ö 100 114 Das gesamte Investitionsvolumen eines Geschäftsjahres kann man im Anlagespiegel der Spalte „Zugänge“ entnehmen. Je größer das Investitionsvolumen ist, desto besser scheint das Unter‐ nehmen für die Zukunft gerüstet. Diese Einschätzung ist zu relativieren, wenn die Abgänge zu Restbuchwerten einen verhältnismäßig großen Umfang haben. Dies bedeutet, dass den Zugän‐ gen im Geschäftsjahr Desinvestitionen gegenüber stehen, die eventuell auf frühere Fehlinvestiti‐ onen zurückzuführen sind. Damit Fehleinschätzungen vermieden werden, ist die Nettoinvestition zu verwenden. Die Nettoinvestitionen des Sachanlagevermögens können wie folgt berech‐ net werden: Zugänge von Sachanlagen des Geschäftsjahres (gemäß Anlagespiegel) ‐ Abgänge zu Restbuchwerten = Nettoinvestitionen des Sachanlagevermögens Abb. 14.16: Ermittlung der Nettoinvestitionen des Sachanlagevermögens Abschreibungsquote Mit der Abschreibungsquote können Erkenntnisse über die durchschnittliche Nutzungsdauer der Sachanlagen gewonnen werden. Die Abschreibungsquote sollte zur Beurteilung des Investiti‐ onsbedarfs ergänzend herangezogen werden: Abschreibungsquote = ö 100 Je höher die Abschreibungsquote, desto kürzer ist die Nutzungsdauer des Sachanlagevermögens und umso größer ist der Investitionsbedarf. Dies kann aber auch bedeuten, dass der Anlagen‐ bestand schneller erneuert und modernisiert wird, sodass das Unternehmen für die Zukunft bes‐ ser gerüstet ist. Dagegen kann eine geringe Abschreibungsquote auf eine ertragswirtschaftliche Schrumpfung hinweisen. Finanzierungsanalyse 14.6.2 Eigenkapitalquote Im Mittelpunkt der Kapitalstrukturanalyse steht die Eigenkapitalquote, die anhand der folgen‐ den Kennzahl gemessen wird: Eigenkapitalquote = 100 Die Eigenkapitalquote besagt, wie hoch der Prozentsatz der eigenen Mittel an der Finanzierung ist. Bei der Berechnung des Eigenkapitals ist auch der Jahresüberschuss (Gewinn) bzw. der Jah‐ resfehlbetrag (Verlust) des betrachteten Geschäftsjahres mit einzubeziehen. Je höher der Eigenkapitalanteil am Gesamtkapital ist, umso kreditwürdiger, konkurrenzfähiger und unabhängiger von den Banken sowie sonstigen Kreditgebern ist ein Unternehmen. Mit steigendem Eigenkapitalanteil vergrößert sich die Haftungssubstanz des Unternehmens. Dies bedeutet, dass die Gefahr für die Fremdkapitalgeber, auf Zinszahlungen verzichten müssen 114 AHK = Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten. <?page no="212"?> 14.6 Bilanzkennzahlen 213 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt oder gar ihr Kapital nicht wieder zurückgezahlt zu bekommen, gering ist, falls das Unternehmen Verluste machen sollte. Denn die Verluste haben zunächst nur die Eigenkapitalgeber zu tragen. Des Weiteren werden bei einer hohen Eigenkapitalquote die Beschaffung von Fremdkapital erleichtert und somit die Chance einer Wachstumsfinanzierung ermöglicht. Anspannungsgrad Der Anspannungsgrad (Fremdkapitalquote) gibt - analog zur Eigenkapitalquote - den Anteil des Fremdkapitals am Gesamtkapital an. Der Anspannungsgrad wird folgendermaßen errechnet: Anspannungsgrad = 100 Je höher der Anspannungsgrad, umso abgeneigter sind die Banken bei der Kreditvergabe. Ein hoher Anspannungsgrad ist mit hohen Zins‐ und Tilgungszahlungen verbunden. Dies führt zu einer kontinuierlichen Belastung der liquiden Mittel. Statischer Verschuldungsgrad Der statische Verschuldungsgrad liefert eine Aussage über die Kreditwürdigkeit eines Unter‐ nehmens. Wenn er steigt, wächst die Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern und die Möglichkeit, weiteres Fremdkapital aufzunehmen, nimmt ab. In Zeiten hoher Zinsen und nachlassender Erträge kann hieraus ein Unternehmensrisiko entstehen, das nicht unterschätzt werden sollte. Verschuldungsgrad = 100 Als Faustregel gilt, dass das Eigenkapital etwa ein Drittel des Gesamtkapitals ausmachen sollte, d. h. das Verhältnis von Fremdzu Eigenkapital sollte 2 : 1 sein. Leverage-Effekt und optimaler Verschuldungsgrad Der Leverage‐Effekt besagt, dass zwischen der Eigen‐ und der Gesamtkapitalrentabilität eine Hebelwirkung besteht. Die Eigenkapitalrentabilität (EKR) kann durch Substitution von Eigen‐ kapital durch Fremdkapital gesteigert werden, solange die Gesamtkapitalrentabilität (GKR) hö‐ her ist als der Fremdkapitalzinssatz (FKZ) (positiver Leverage‐Effekt). Falls die Gesamtkapital‐ rentabilität jedoch niedriger ist als der Fremdkapitalzinssatz, sinkt die Eigenkapitalrentabilität mit zunehmendem Verschuldungsgrad (negativer Leverage‐Effekt). Die Eigenkapitalrentabilität aufgrund des Leverage‐Effekts kann mit folgender Formel berechnet werden: Eigenkapitalrentabilität EKR GKR GKR FKZ 100 Beispiel: Leverage-Effekt Ein Unternehmen erwirtschaftet eine Gesamtkapitalrentabilität in Höhe von 10 %. Der Fremd‐ kapitalzinssatz beträgt 5 %. Aus der folgenden Tabelle ist ersichtlich, dass die Eigenkapitalren‐ tabilität kontinuierlich mit der Abnahme des Eigenkapitals steigt. Sobald die Gesamtkapitalren‐ tabilität unter den Zinssatz des Fremdkapitals fällt, wird die Leverage‐Chance allerdings zum Leverage‐Risiko. <?page no="213"?> 214 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Angaben in € Fall A Fall B Fall C Fall D Fall E Gesamtkapital 100.000 100.000 100.000 100.000 100.000 Eigenkapital 100.000 80.000 50.000 10.000 10.000 Fremdkapital 0 20.000 50.000 90.000 90.000 Fremdkapitalzinssatz 0 5,00 % 5,00 % 5,00 % 12,00 % Gewinn vor Zinsen 10.000 10.000 10.000 10.000 10.000 Fremdkapitalzinsen 0 1.000 2.500 4.500 10.800 Reingewinn 10.000 9.000 7.500 5.500 ‐800 Eigenkapitalrentabilität 10,00 % 11,25 % 15,00 % 55,00 € -8,00 % Laufzeit des Fremdkapitals Die Aussagefähigkeit einer Jahresabschlussanalyse wird erhöht, wenn die Laufzeit des Fremd‐ kapitals in langfristiges sowie kurzfristiges Fremdkapital untergliedert wird. Denn das Anlage‐ vermögen sollte nur mit langfristigem Kapital finanziert werden. kurzfristiges Fremdkapital in % = 100 langfristiges Fremdkapital in % = 100 Intensität des langfristigen Kapitals Die Intensität des langfristigen Kapitals wird auch als langfristige Kapitalquote bezeichnet. Sie gibt darüber Auskunft, wie hoch der Anteil des langfristig (länger als fünf Jahre) zur Ver‐ fügung stehenden Eigen‐ und Fremdkapitals ist. Intensität des langfristigen Kapitals = 100 Kreditorenziel Das „Kreditorenziel (Lieferantenziel) in Tagen“ informiert über die Zahlungsmoral des Unter‐ nehmens. Sie gibt an, wie viele Tage durchschnittlich Lieferantenkredite bis zur Zahlung der aus‐ stehenden Rechnungen in Anspruch genommen werden. Ein hoher Kennzahlenwert deutet ent‐ weder auf Zahlungsprobleme des beschaffenden Unternehmens, die bewusste Ausschöpfung von Lieferantenkrediten oder gegebenenfalls die Nichtinanspruchnahme von Skonti hin. 115 Kreditorenziel = 365 Tage Schuldentilgungsdauer (dynamischer Verschuldungsgrad) Die Schuldentilgungsdauer zeigt an, wie viele Jahre ein Unternehmen benötigt, um die Netto‐ verschuldung aus dem Cashflow zu begleichen. Sie ist ein Maßstab für die Schuldendeckungs‐ fähigkeit. Schuldentilgungsdauer = 100 bzw. = 100 115 Vgl. Kirsch, H.: Finanz‐ und erfolgswirtschaftliche Jahresabschlussanalyse nach IFRS, 2007, S. 174. <?page no="214"?> 14.6 Bilanzkennzahlen 215 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Gearing Das Gearing misst die Finanzierungsstruktur des Unternehmens als Verhältnis der Nettofinanz‐ schulden in Relation zum Eigenkapital. Diese Kennzahl informiert über das Risiko, das von Eigentümern und Kreditoren eingegangen worden ist und zeigt den Spielraum für eine mögliche Aufnahme von neuen Schulden. Je höher das Gearing, desto größer das Risiko und umso mehr steigt die Abhängigkeit des Unternehmens von seinen Fremdkapitalgebern. Gearing = 100 Liquiditätsanalyse 14.6.3 Unter dem Begriff „Liquidität“ versteht man die Fähigkeit eines Unternehmens, seinen Zahlungs‐ verpflichtungen zu jedem Zeitpunkt uneingeschränkt nachzukommen. Mithilfe der Liquiditätsgrade soll Auskunft darüber gegeben werden, ob und inwieweit die kurz‐ fristigen Verbindlichkeiten in ihrer Höhe und Fälligkeit mit den Zahlungsmittelbeständen und anderen kurzfristigen Deckungsmitteln übereinstimmen. Zur Wahrung des finanziellen Gleich‐ gewichts ist eine dauernde Überwachung der Liquidität erforderlich. Aus der Relation von Ver‐ mögensteilen zu Verbindlichkeiten lässt sich die Liquidität eines Unternehmens anhand von Kennzahlen beurteilen. Zur Beurteilung der kurzfristigen Liquidationssituation eines Unternehmens werden die Kenn‐ zahlen Liquidität 1. Grades, 2. Grades oder 3. Grades ermittelt. Liquidität 1. Grades = 100 Je größer diese Kennzahl, die auch als Barliquidität bezeichnet wird, desto liquider ist ein Unter‐ nehmen. Liquidität 2. Grades = ä ö 100 Liquidität 3. Grades = ä ö ä 100 Aussagefähiger als die Liquidität 1. Grades ist die Liquidität 2. Grades, weil bei ihr neben den Barmitteln noch die kurzfristigen Forderungen einbezogen werden, die einem Unternehmen bei Liquiditätsengpässen auch noch zur Verfügung stehen. In der Praxis prüfen insbesondere Banken die Kreditwürdigkeit mithilfe dieser Grade, wobei die Prozentwerte für den ersten Grad mindestens 20 % betragen sollten. Ab dem zweiten Grad soll‐ ten 100 % erreicht werden und mit dem dritten Grad deutlich übertroffen werden, d. h. die Liquidität 3. Grades sollte größer als 150 % sein. Allgemein gilt, je höher die Liquiditätsgrade, desto besser ist die Liquidität eines Unternehmens. Der dritte Grad kann auch als absolute Zahl in Form des Working Capital dargestellt werden, welches Aussagen zum Überschuss des kurzfristig gebundenen Umlaufvermögens über das kurz‐ fristige Fremdkapital macht. Working Capital Das Working Capital entspricht dem Nettoumlaufvermögen, da vom Umlaufvermögen das kurz‐ fristige Fremdkapital abgezogen wird. Working Capital = Umlaufvermögen ‐ kurzfristiges Fremdkapital Es wird gefolgert, dass die zukünftige Liquiditätslage umso besser ist, je höher das Working Capital ist. <?page no="215"?> 216 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Kundenziel Das Kundenziel, auch Debitorenziel genannt, gibt Auskunft über das durchschnittliche Zahlungs‐ verhalten der Kunden, d. h. darüber, wie lange es dauert, bis die Umsatzerlöse in liquide Mittel umgewandelt werden oder, in anderen Worten gefasst, wie viele Tage das Unternehmen durch‐ schnittlich auf die Bezahlung seiner Rechnungen warten muss. Die Kennzahl sollte möglichst niedrig gehalten werden. Das Debitorenziel können Sie nach folgender Formel berechnen: Kundenziel = ö 365 Tage Cashflow Um zu einer finanzwirtschaftlich aussagefähigen Kennzahl zu kommen, müssen alle diejenigen Aufwendungen, die nicht zu Auszahlungen und alle diejenigen Erträge, die nicht zu Einzahlungen geführt haben, aus der Gewinn‐ und Verlustrechnung eliminiert werden. Dies geschieht mit der Ermittlung des Cashflows. Der Cashflow, als absolute Kennzahl, wird zur Beurteilung der Finanzkraft bzw. Innenfinanzie‐ rungskraft eines Unternehmens herangezogen. Er kann bei Finanzierung von neuen Anlageinves‐ titionen zur Schuldentilgung, für Dividendenzahlungen oder Steuerzahlungen herangezogen werden. Den Cashflow auf direktem Wege können Sie unternehmensintern wie folgt bestimmen: einzahlungswirksame Erträge ‐ auszahlungswirksame Aufwendungen = Cashflow Abb. 14.17: Ermittlung des Cashflows Die Grunddefinition des Cashflows wurde bereits bei der Ermittlung der Basisdaten dargestellt. In der Kapitalflussrechnung wird der Cashflow drei Bereichen zugeordnet: Mittelherkunft Operative Tätigkeit Dies ist der aus der laufenden Geschäftstätigkeit ermittelte Cashflow. Üblicherweise wird als Ausgangspunkt das Jahresergebnis verwendet. Investitionstätigkeit Aus der Investitionstätigkeit des Unternehmens werden Mittelabflüsse für Investitionen und Mittelzuflüsse aus Desinvestitionen (Veräuße‐ rung von Anlagevermögen) gegenübergestellt. Der Cashflow ist bei regelmäßiger Investitionstätigkeit i. d. R. negativ. Finanzierungstätigkeit Der aus der Finanzierungstätigkeit des Unternehmens erzielte Mittel‐ zufluss und Mittelabfluss z. B. durch Aufnahme und Tilgung von Dar‐ lehen, Auszahlungen an bzw. Einzahlungen von Anteilseignern. Abb. 14.18: Cashflows in der Kapitalflussrechnung Die Summe der Cashflows aus den drei Bereichen ergibt die Veränderung des Finanzmittel‐ bestandes. Der Cashflow wird wegen seiner weitgehenden Bewertungsunabhängigkeit gerne zu erfolgswirt‐ schaftlichen Analysen benutzt. Bei der Benutzung als Analyseinstrument können folgende Hin‐ weise hilfreich sein: <?page no="216"?> 14.6 Bilanzkennzahlen 217 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Ein konstanter oder gar steigender Jahresüberschuss bei sinkendem Cashflow kann darauf zurückzuführen sein, dass das Unternehmen den Erfolgsausweis durch zu niedrige Abschrei‐ bungs‐ und Rückstellungsbemessung verbessern wollte, ohne jedoch tatsächlich erfolgreich gewesen zu sein. Dies ist für Analysten ein Warnsignal. Ein steigender Cashflow bei gesunkener, konstanter oder proportional geringerer Steigerung des Jahresüberschusses kann auf Bildung stiller Reserven hinweisen: Das Unternehmen war erfolgreicher, als in dem ausgewiesenen Ergebnis gezeigt wird. Erfolgte Investitionen als Ursache hoher Abschreibungen wirken sich auf die Folgeperioden positiv aus. Aus der Existenz eines hohen Cashflows kann geschlossen werden, dass das Unternehmen in der Lage ist, im kommenden Geschäftsjahr Erweiterungs‐ und Rationalisierungsinvestitionen mit positiver Wirkung für die Ertragskraft zu finanzieren. Die finanziellen Möglichkeiten eines Unternehmens sind umso größer, je höher der Cashflow ist. Die Aussagekraft des Cashflows für die finanzielle Lage des Unternehmens wird verbessert, wenn man den Cashflow zu bestimmten Größen in Beziehung setzt, z. B. den Cashflow zum Um‐ satz als sogenannte Cashflow‐Umsatzrate. Cashflow-Umsatzrate Die Cashflow‐Umsatzrate zeigt, wie viel Prozent der Umsatzerlöse zur Selbstfinanzierung, Kredit‐ tilgung und Gewinnausschüttung zur Verfügung stehen. Je höher der Prozentsatz, desto höher ist der finanzielle liquiditätswirksame Überschuss der Periode. Sie wird wie folgt berechnet: Cashflow‐Umsatzrate = ö 100 Deckungsgrad A Der (Anlagen‐)Deckungsgrad A zeigt Ihnen, inwieweit das Anlagevermögen durch Eigenkapital gedeckt und inwieweit jederzeit eine fristenkongruente Finanzierung sichergestellt ist. Darüber hinaus signalisiert diese Kennzahl die Kreditwürdigkeit des Betriebs. Wünschenswert wäre ein Mindestwert von 100 % („Goldene Bilanzregel“ im engeren Sinne). Deckungsgrad A = ö 100 Deckungsgrad B Der (Anlagen‐)Deckungsgrad B ist die Erweiterung des (Anlagen‐)Deckungsgrades A. Zusätzlich zum Eigenkapital wird noch das langfristige Fremdkapital hinzugerechnet. Insofern ist der Deckungsgrad B eine Gegenüberstellung von langfristigem Kapital zum Anlagevermögen. Die „Goldene Bilanzregel“ im weiteren Sinne fordert, dass das Anlagevermögen durch langfristig zur Verfügung stehendes Kapital finanziert werden soll. Daher sollte das Ergebnis dieser Kenn‐ zahl mindestens 100 % betragen, ansonsten ist die Finanzierung des Unternehmens nicht opti‐ mal. Deckungsgrad B = ö 100 Je größer die Kennzahl der Anlagendeckung, umso solider ist die Finanzierung. Der Anteil, der die hundertprozentige Deckung des Anlagevermögens übersteigt, finanziert zusätzlich das Umlaufvermögen. <?page no="217"?> 218 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Ergebnis- und Rentabilitätsanalyse 14.6.4 Analyse der Erfolgsstruktur Eine sehr bedeutende Analysegröße der Erfolgsstruktur ist die Gesamtleistung bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens. Sie stellt die Ausgangsgröße für die Erfolgsermittlung dar und repräsentiert das operative Leistungsvermögen des Unternehmens unabhängig vom tatsäch‐ lichen Absatz innerhalb einer Abrechnungsperiode. Die Gesamtleistung wird wie folgt berechnet: Umsatzerlöse +/ ‐ Bestandserhöhung/ Bestandsminderung der fertigen und unfertigen Erzeugnisse + andere aktivierte Eigenleistungen = Gesamtleistung Abb. 14.19: Ermittlung der Gesamtleistung Neben der Gesamtleistung stellen das Rohergebnis, die Betriebsleistung und das Betriebsergeb‐ nis weitere wichtige Analysegrößen dar. Sie werden folgendermaßen berechnet. Umsatzerlöse +/ ‐ Bestandserhöhung/ Bestandsminderung der fertigen und unfertigen Erzeugnisse + andere aktivierte Eigenleistungen = Gesamtleistung + sonstige betriebliche Erträge = Betriebsleistung ‐ Materialaufwand = Rohergebnis ‐ betrieblicher Gesamtaufwand = Betriebsergebnis Abb. 14.20: Ermittlung des Betriebsergebnisses Das Betriebsergebnis ist eine sehr wichtige Größe zur Beurteilung der nachhaltigen Ertragskraft eines Unternehmens. Earnings-Before-Kennzahlen Zu den wichtigsten Publizitätskennzahlen gehören die sogenannten Pro‐forma‐Kennzahlen der „Earnings-Before-Kennzahlen“. Sie zeigen die Ertragskraft des operativen Geschäfts eines Unter‐ nehmens. Die häufigsten Pro‐forma‐Kennzahlen sind: EBT (Earnings Before Taxes), EBIT (Earnings Before Interest and Taxes), EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization), <?page no="218"?> 14.6 Bilanzkennzahlen 219 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Besonders das EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Ertragssteuern) wird häufig für Unternehmens‐ vergleiche herangezogen, da es eine finanzierungs‐ und steuerneutrale Darstellung des Unter‐ nehmensergebnisses ermöglicht. Ferner eignet sich für einen Unternehmensvergleich auch das EBITDA, da das Unternehmensergebnis zusätzlich um die Abschreibungen korrigiert wird. Leider wird die Kennzahl „EBIT“ nicht einheitlich berechnet. Es bietet sich aber die folgende Berechnung auf Basis einer handelsrechtlichen GuV‐Gliederung an: EAT (Earnings After Taxes) = Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag +/ ‐ Ertragssteuern = EBT (Earnings Before Taxes) + Zinsaufwand = EBIT (Earnings Before Interest and Taxes) + Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielles Anlagevermögen = EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) Abb. 14.21: Ermittlung der Earnings Before Taxes‐Kennzahlen Rentabilitätskennziffern Hier kann beispielsweise zwischen der Eigenkapitalrentabilität, der Gesamtkapitalrentabilität und der Umsatzrentabilität unterschieden werden. Die Rentabilität ist eine Verhältniszahl aus wertmäßigen Ertragsgrößen wie Jahresüberschuss, Steuerbilanzgewinn oder Cashflow und ver‐ schiedenen Kapitalien als Einsatzgrößen. Eigenkapitalrentabilität Die Eigenkapitalrentabilität stellt die Relation zwischen dem Gewinn und dem eingebrachten Kapital dar. Sie gibt die Verzinsung des eingesetzten Kapitals an. Es kann unterschieden werden zwischen der Eigenkapitalrentabilität vor Steuern und nach Steuern. Eigenkapitalrentabilität (nach Steuern) = ü 100 Eigenkapitalrentabilität (vor Steuern) = ü 100 Eigenkapitalgeber fordern einen angemessenen Gewinn für das von ihnen eingesetzte Kapital. Sie interessiert die Verzinsung im Vergleich zu anderen Investitionsalternativen, z. B. dem Kauf einer Anleihe am Kapitalmarkt. Die Eigenkapitalrentabilität wird auch als ROE (Return On Equity - Before Taxes) bezeichnet. Gesamtkapitalrentabilität Die Gesamtkapitalrentabilität stellt für Unternehmen eine aussagekräftigere Kennzahl dar als die Eigenkapitalrentabilität. Bei der Gesamtkapitalrentabilität wird auch der dem Fremdkapital zu‐ fließende Zinsaufwand mit einbezogen, sodass die Größe „Ergebnis vor Steuer“ durch die Größe „EBIT“ ersetzt wird. Unter Berücksichtigung des im Unternehmen arbeitenden Fremdkapitals <?page no="219"?> 220 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt analysiert die Gesamtkapitalrentabilität die Leistungsfähigkeit des gesamten im Unternehmen eingesetzten Kapitals. Sie wird in der Regel vor Steuern berechnet. Gesamtkapitalrentabilität (vor Steuern) = ü 100 Gesamtkapitalrentabilität (vor Steuern) = 100 Hier wird die tatsächliche Effektivität des Unternehmens ‒ im Gegensatz zu der Eigentümer‐ sichtweise der Eigenkapitalrentabilität ‒ gezeigt. Die Einbeziehung der Fremdkapitalzinsen berücksichtigt wesentlich stärker unterschiedliche Finanzierungsstrukturen. Diese Kennzahl beurteilt die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens besser als die Eigenkapitalrentabilität. Umsatzrentabilität Die Umsatzrentabilität gibt den Anteil des Gewinns am Umsatz an. Die Kennzahl Umsatzrentabilität wird in der Literatur in zweifacher Weise gedeutet. Zum einen kann die Netto‐Umsatzrentabilität und zum anderen die Brutto‐Umsatzrentabilität ermittelt werden. Netto‐Umsatzrentabilität = ü ö 100 Brutto‐Umsatzrentabilität = ö 100 ROCE Der ROCE (Return On Capital Employed) ist eine Weiterentwicklung der Gesamtkapitalrentabili‐ tät und zeigt die Verzinsung des langfristig gebundenen Kapitals. Er gibt an, wie erfolgreich ein Unternehmen mit dem Eigen‐ und Fremdkapital gearbeitet hat. Er bezeichnet das Verhältnis von EBIT in Relation zum Capital Employed. Dies entspricht der periodenbezogenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals. ROCE = 100 Zur Berechnung nach der allgemeinen Formel wird das durchschnittliche Capital Employed zwi‐ schen zwei Geschäftsperioden herangezogen. Es setzt sich wie folgt zusammen: durchschnittliches Eigenkapital + durchschnittliche Pensionsrückstellungen + durchschnittliche Finanzschulden = durchschnittliches Capital Employed Abb. 14.22: Ermittlung des Capital Employed Ein steigender ROCE zeugt von Sicherheit am Kapitalmarkt und deutet auf eine profitable Zukunft hin. Ein Unternehmen erweist sich als erfolgreich, wenn die erreichte Vermögensrendite die Kapitalkosten übersteigt. 116 116 Wöltje J.: Bilanzen lesen, verstehen und gestalten, 2013, S. 18. <?page no="220"?> 14.6 Bilanzkennzahlen 221 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Aufwandsstrukturkennzahlen Hier werden die wichtigsten Produktionsfaktorgruppen, die einen produktiven Beitrag zum Unter‐ nehmensertrag leisten, analysiert. Als Bezugsgröße nimmt man beim Gesamtkostenverfahren (GKV) die Gesamtleistung und beim Umsatzkostenverfahren (UKV) die Umsatzerlöse. Die erste Gruppe sind die Personalkosten mit der Kennzahl „Personalintensität“. Es werden die Personalkosten beim Gesamtkostenverfahren relativ zur Gesamtleistung und beim Umsatzkos‐ tenverfahren zu den Umsatzerlösen betrachtet. Personalintensität = 100 oder ö 100 Bei der Personalintensität stehen die Personalaufwendungen (Löhne und Gehälter, Sozialabgaben sowie die Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung) im Zähler. Es liegt nahe, die‐ ser Kennzahl bei besonders personalintensiven Unternehmen hohe Priorität beizulegen. Die zweite Gruppe umfasst die Materialien. Der Materialaufwand zur Gesamtleistung oder zu den Umsatzerlösen ergibt die zweite Kennzahl „Materialintensität“. Die Materialintensität doku‐ mentiert, ob ein Unternehmen material‐ oder lohnintensiv ist. Sie wird wie folgt berechnet: Materialintensität = 100 oder ö 100 Die Materialintensität zeigt den Anteil des Materialaufwands an der Gesamtleistung. Der Material‐ aufwand kann aus der Gewinn‐ und Verlustrechnung (beim GKV) als „Aufwand für Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe“ zuzüglich „Aufwendungen für bezogene Leistungen“ oder gemäß § 285 Abs. 8a HGB aus dem Anhang (beim UKV) entnommen werden. Die Materialintensität wird von vier Einflussfaktoren beeinflusst: Umfang der Vorfertigung: Je höher der Kennzahlenwert, desto höher ist für gewöhnlich der Anteil fremdbezogener Materialien und desto höher die Abhängigkeit von Zulieferern. Produktionstiefe: Je höher die Materialintensität, desto niedriger ist oftmals die Fertigungs‐ tiefe, d. h. die Zahl der unterschiedlichen Produktionsstufen, wodurch beispielsweise das Risiko von Beschäftigungsschwankungen an Zulieferer weitergegeben wird. Preisniveau: Eine Steigerung der Materialintensität kann mit Einstandspreisen zusammen‐ hängen, die stärker als die Verkaufspreise gestiegen sind. Wirtschaftlichkeit des Betriebsablaufs: Bei einer geringen Ausschussquote ist die Material‐ intensität geringer als bei einer hohen Ausschussquote. Des Weiteren sind die Betriebsmittel zu betrachten. Dabei sollte die Kennzahl „Abschreibungsintensität“, die die Abschreibungen zur Gesamtleistung ermittelt werden. Abschreibungsintensität = 100 oder = ö 100 Die Abschreibungsintensität ist abhängig von der Investitionstätigkeit, der Intensität der Nut‐ zung der Produktionskapazitäten (z. B. Mehrschichtbetrieb), der angewandten Abschreibungs‐ verfahren (linear oder degressiv) sowie der Nutzungsdauer des Anlagegegenstandes. Zur Beurteilung der finanzwirtschaftlichen Verhältnisse wird gerne gefragt, inwieweit die Unter‐ nehmung in der Lage war, ihre Investitionen aus dem Cashflow zu finanzieren. Innenfinanzierungsgrad = 100 Diese Kennzahl dient als Maßstab für die Investitionskraft des Unternehmens. Dabei wird als Investitionskraft das Ausmaß verstanden, in dem ein Unternehmen Investitionen durchführen kann, ohne den Geld‐ oder Kapitalmarkt in Anspruch nehmen zu müssen. <?page no="221"?> 222 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 14.1: Bilanzanalyse Die vorläufige Bilanz und die vorläufige Gewinn‐ und Verlustrechnung einer GmbH weisen die folgenden Werte aus (alle Angaben in T€): Aktiva vorläufige Bilanz zum 31.12.01 Passiva Grundstücke 1.000 Stammkapital 500 Gebäude 1.200 Gewinnrücklagen 1.150 Maschinen 900 Jahresüberschuss 350 Fuhrpark 670 Betriebs‐ und Geschäftsausstattung (BGA) 300 Pensionsrückstellungen 840 Roh‐, Hilfs‐ u. Betriebsstoffe 80 langfristige Bankverbindlichkeiten 1.300 unfertige Erzeugnisse 70 kurzfristige Bankverbindlichkeiten 480 fertige Erzeugnisse 260 Verbindlichkeiten aLuL 930 Forderungen aLuL 950 Wertpapiere 40 Kasse, Bank 80 Bilanzsumme 5.550 Bilanzsumme 5.550 Vorläufige Gewinn‐ und Verlustrechnung zum 31.12.01 Umsatzerlöse 12.430 + Bestandserhöhungen + 40 + andere aktivierte Eigenleistungen + 60 = Gesamtleistung = 12.530 + sonstige betriebliche Erträge + 320 = Betriebsleistung = 12.850 ‐ Materialaufwand ‐ 3.980 ‐ Personalaufwand (davon Zuführungen zu Pensionsrückstellungen = 35) ‐ 5.120 ‐ Abschreibungen ‐ 510 ‐ sonstige betriebliche Aufwendungen ‐ 2.620 = Betriebsergebnis (EBIT) 620 Zinserträge 10 ‐ Zinsaufwendungen ‐ 130 = Finanzergebnis = - 120 Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit = 500 ‐ Steuern ‐ 150 = Jahresüberschuss (Reingewinn) = 350 <?page no="222"?> 14.6 Bilanzkennzahlen 223 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt a) Berechnen Sie die folgenden Kennzahlen und geben Sie Formeln für die Kennzahlen an: − (Sach‐)Anlagenintensität − Umschlagsdauer der Vorräte − Kundenziel − Eigenkapitalquote − Statischer Verschuldungsgrad − Liquidität 1. Grades − Liquidität 2. Grades − Eigenkapitalrentabilität − Gesamtkapitalrentabilität − Netto‐Umsatzrentabilität − Brutto‐Umsatzrentabilität − Cashflow b) Im Juli des Jahres 01 erwirbt die GmbH eine Laserbearbeitungsmaschine für 115.500 €. Die Transportkosten betrugen 2.000 € sowie die Kosten für die Aufstellung und Inbetriebnahme 2.500 €. Die Maschine hat eine Nutzungsdauer von 10 Jahren und wird linear abgeschrieben. Mit welchem Wert ist die Maschine am 31.12.01 zu bilanzieren? Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 14.2 und 14.3 Alle Aufgaben und Lösungen finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 14.4: Bilanzanalyse Von der Auto‐Sport AG liegt Ihnen der Jahresabschluss des Geschäftsjahres 01 vor. Die schon teilweise aufbereitete Bilanz sieht wie folgt aus: Aktiva Bilanz des Geschäftsjahres 01 Passiva Grundstücke 3.000 Gezeichnetes Kapital 12.500 Gebäude 9.000 Gewinnrücklagen 4.400 Maschinen 4.200 Bilanzgewinn 1.000 Betriebs‐ und Geschäftsausstat‐ tung (BGA) 3.500 Pensionsrückstellungen 3.500 Finanzanlagen (AV) 2.800 sonstige Rückstellungen 2.600 Vorräte 9.600 Hypothekendarlehen 7.000 Forderungen aLuL 5.250 Verbindlichkeiten aLuL 3.800 Wertpapiere (UV) 1.200 sonstige Verbindlichkeiten 350 flüssige Mittel 2.900 kurzfristiger Bankkredit 6.300 Bilanzsumme 41.450 Bilanzsumme 41.450 <?page no="223"?> 224 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Vom Bilanzgewinn sollen 20 % in die Gewinnrücklagen eingestellt werden und 80 % an die Akti‐ onäre ausgeschüttet werden. a) Erstellen Sie die Strukturbilanz. Nutzen Sie dafür bitte die folgende Tabelle. Aktiva Strukturbilanz des Geschäftsjahres 01 Passiva Sachanlagen Gezeichnetes Kapital Finanzanlagen Gewinnrücklage Anlagevermögen Eigenkapital Forderungen aLuL langfristiges Fremdkapital Vorräte kurzfristiges Fremdkapital liquide Mittel Umlaufvermögen Gesamtvermögen Gesamtkapital b) Ermitteln Sie die folgenden Kennzahlen: − Liquidität 1. Grades und Liquidität 2. Grades − Deckungsgrad A und Deckungsgrad B c) Welche Möglichkeiten hat ein Unternehmen die Liquidität 1. Grades zu verbessern? Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 14.5 Diese Aufgabe und die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt Übungsaufgabe 14.6: Bilanzanalyse Von der ABC AG liegen Ihnen die folgenden Informationen vor: Aktiva Bilanzen Passiva Geschäftsjahr 01 02 Geschäftsjahr 01 02 Immaterielle Vermögens‐ gegenstände 300 330 Gezeichnetes Kapital 600 600 Sachanlagen 1.980 1.800 Kapitalrücklage 650 650 Finanzanlagen 650 850 Gewinnrücklagen 400 400 Summe Anlagevermögen 2.930 2.980 Jahresüberschuss 200 240 Roh‐, Hilfs‐ u. Betriebsstoffe 300 330 Summe Eigenkapital 1.850 1.890 Unfertige und fertige Erzeugnisse 100 60 Langfristige Rückstel‐ lungen 450 500 <?page no="224"?> 14.6 Bilanzkennzahlen 225 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Summe Vorräte 400 390 Kurzfr. Rückstellungen 450 500 Forderungen aLuL 365 610 Kredite über 5 Jahre 1.200 1.250 Sonstige Vermögensgegen‐ stände 200 220 Verbindlichkeiten aLuL 150 310 Wertpapiere 600 650 Sonstige Verbindlichkei‐ ten (davon verzinslich ) 600 (400) 550 (450) Liquide Mittel 205 150 Summe Fremdkapital 2.850 3.110 Summe Umlaufvermögen 1.770 2.020 Bilanzsumme 4.700 5.000 Bilanzsumme 4.700 5.000 (Alle Angaben in T€) Ergänzende Informationen zur Bilanz Geschäftsjahr 01 02 Umsatz 6.000 6.200 EBIT 390 440 Abschreibungen 300 270 Zugänge von Sachanlagen 365 315 Abgänge Sachanlagen zu Restbuchwerten 65 35 Kumulierte Abschreibungen Sachanlagevermögen 3.500 3.400 Sachanlagevermögen zu AHK am Periodenanfang 5.300 5.480 Sachanlagevermögen zu AHK am Periodenende 5.480 5.400 Zuführung zu den langfristigen Rückstellungen 42 56 (Alle Angaben in T€) Ermitteln Sie die folgenden Kennzahlen für die Geschäftsjahre 01 und 02: − Anlageintensität − Umlaufintensität − Vermögenskonstitution − Umschlagshäufigkeit der Vorräte − Umschlagsdauer der Vorräte − Kundenziel − Vorratsintensität − Sachanlagenintensität − Anlagenabnutzungsgrad − Anlageintensität − Anlagenabnutzungsgrad <?page no="225"?> 226 Schritt 14: Jahresabschlussanalyse − Investitionsquote − Wachstumsquote − Abschreibungsquote − Eigenkapitalquote − Fremdkapitalquote − Statischer Verschuldungsgrad − Liquidität 1. Grades − Liquidität 2. Grades − Liquidität 3. Grades − Working Capital − Net Working Capital − Gearing − Deckungsgrad A − Deckungsgrad B − Sachanlagendeckungsgrad − Innenfinanzierungsgrad − Entschuldungsgrad − Dynamischer Verschuldungsgrad − Eigenkapitalrentabilität (nach Steuern) − Gesamtkapitalrentabilität (vor Steuern) − Netto‐Umsatzrentabilität − Brutto‐Umsatzrentabilität Die Lösung finden Sie unter www.uvk‐lucius.de/ schritt‐fuer‐schritt <?page no="226"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Literaturverzeichnis Bähr, G.; Fischer-Winkelmann, W.-F.; List, S.: Buchführung und Jahresabschluss, 9. Auflage, Wies‐ baden, 2006 Baetge, J.; Kirsch, H.-J.; Thiele, S.: Bilanzen, 12. Auflage, Düsseldorf, 2012 Baetge, J.; Kirsch, H.-J.; Thiele, S.: Bilanzen, 13. 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Auflage, Heidelberg, 2003 Bornhofen, M. und Bornhofen M. C.: Buchführung 1 DATEV‐Kontenrahmen 2013, 25. Auflage, Wiesbaden, 2013 Bornhofen, M. und Bornhofen M. C.: Buchführung 2 DATEV‐Kontenrahmen 2013, 25. Auflage, Wiesbaden, 2014 Bornhofen, M. und Bornhofen M. C.: Lösungen zum Lehrbuch Buchführung 1 DATEV‐Konten‐ rahmen 2013, 25. Auflage, Wiesbaden, 2013 Bornhofen, M. und Bornhofen M. C.: Lösungen zum Lehrbuch Buchführung 2 DATEV‐Konten‐ rahmen 2013, 25. Auflage, Wiesbaden, 2014 Brönner, H.; Bareis, P.; Hahn, K.; Maurer, T.; Schramm, U.: Die Bilanz nach Handels‐ und Steuer‐ recht, 10. Auflage, Stuttgart, 2011 Brösel, G.: Bilanzanalyse, 15. Auflage, Berlin, 2014 Buchholz, R.: Grundzüge des Jahresabschlusses nach HGB und IFRS, 8. Auflage, München, 2013 Buchholz, R.: Internationale Rechnungslegung, 11. Auflage, Berlin, 2014 Bussiek, J. und Ehrmann, H.: Buchführung, 8. Auflage, Ludwigshafen, 2004 Coenenberg, A. G.; Haller, A.; Mattner, G.; Schultze, W.: Einführung in das Rechnungswesen, 5. Auf‐ lage, Stuttgart, 2014 Coenenberg, A. G.; Haller, A.; Schultze, W.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 23. Auf‐ lage, Stuttgart, 2014 <?page no="227"?> 228 Literaturverzeichnis uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Deutsche Bank AG: Geschäftsbericht 2014, Frankfurt, 2015 Deutsche Telekom: Geschäftsbericht 2013, Bonn, 2014 Ditges, J. und Arendt, U.: Bilanzen, 13. Auflage, Ludwigshafen, 2010 DMG MORI SEIKI AG: Geschäftsbericht 2013, Bielefeld, 2014 Döring, U. und Buchholz, R.: Buchhaltung und Jahresabschluss, 10. Auflage, Berlin, 2007 Eisele, W. und Knobloch, A. P.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, 8. 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Auflage, München und Wien, 2003 <?page no="229"?> 230 Literaturverzeichnis Schöttler, J. und Spulak, R.: Übungsaufgaben Technik des betrieblichen Rechnungswesens, 10. Auf‐ lage, München, 2010 Schüler, M.: Einführung in das betriebliche Rechnungswesen, Heidelberg, 2006 Siegel, T.: Wahlrecht; In: Handwörterbuch unbestimmter Rechtsbegriffe im Bilanzrecht des HGB; Hrsg.: Leffson, U.; Rückle, D. und Großfeld; B.; Köln 1986; S. 417-427 Vahs, D. und Schäfer-Kunz, J.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 6. Auflage, Stuttgart, 2012 Volkswagen AG: Geschäftsbericht 2013, Wolfsburg, 2014 Volkswagen AG: Geschäftsbericht 2014, Wolfsburg, 2015 von Eitzen, B. und Zimmermann, M.: Bilanzierung nach HGB und IFRS, 2. Auflage, Weil im Schön‐ buch, 2013 Wehrheim, M. und Renz, A.: Die Handels‐ und Steuerbilanz, 3. 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Auflage München und Wien, 2002 Zdrowomyslaw, N.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, München und Wien, 2001 <?page no="230"?> uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Index Abgrenzungsgrundsätze 26 Abschreibung arithmetisch degressive 107 außerplanmäßige 109, 110, 111 geometrisch degressive 107 leistungsabhängige 108 lineare 107 progressive 108 Abschreibungen 107, 132 außerplanmäßige 198 Abschreibungsdauer 107 Abschreibungsmethode, Wahl der ̴ 196 Abschreibungspflicht 83 Abschreibungsquote 212 Abschreibungsverbot 83 Abschreibungsverfahren 107 Abschreibungsvolumen 107 Abschreibungswahlrecht 83 Adressaten 19, 20, 21 Agio 113, 117 Aktiva 33 aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung 48 Aktivierungsfähigkeit 67, 68 Aktivierungsgebote 69 Aktivierungspflicht 41, 68, 76 Aktivierungsverbot 42, 76 Aktivierungsverbote 69 Aktivierungswahlrecht 41, 42, 76, 115, 121, 192 Aktivierungswahlrechte 69, 191 Anhang 28, 29, 143, 144 Anlagen 44 im Bau 44 Anlagengitter 145, 148 Anlagenintensität 211 Anlagenspiegel 145, 148 Anlagevermögen 41 abnutzbares 111 Bewertung 111 nicht abnutzbares 111 Anleihen 61 Ansatzstetigkeit 25 Anschaffungs‐ oder Herstellungskosten. fortgeführte 90 Anschaffungskosten 79, 85, 86, 87, 88, 111, 112 fortgeführte 111 nachträgliche 86 Anschaffungsnebenkosten 86 Anschaffungspreis 86 Anschaffungspreisminderungen 86 Anspannungsgrad 213 Anteile an verbundenen Unternehmen 45 eigene 50 Anzahlungen auf Bestellungen, erhaltene ̴ 61 Anzahlungen, geleistete 43, 44, 46 Aufbau der Kapitalflussrechnung 170 Aufstellungserleichterungen 180 Aufwandsrückstellungen 58 Aufwandsstrukturkennzahlen 221 Ausleihungen 46 an verbundene Unternehmen 45 Ausschüttung 54 Ausschüttungssperren 71 außerordentliches Ergebnis 130 ausstehende Einlagen 49 Ausweisstetigkeit 25 Barwert 95, 115 Bauten 44 beizulegender Wert 92, 93 Beständedifferenzenbilanz 164, 165 Bestandserhöhung 129 Bestandsminderung 129 <?page no="231"?> 232 Index uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bestandteile des Jahresabschlusses 27, 28 des Lageberichts 153 Beteiligungen 45 betriebliche Aufwendungen, sonstige 132 betriebliche Erträge, sonstige 132 Betriebs‐ und Geschäftsausstattung 44 Betriebsergebnis 130, 133, 134, 141, 218 Betriebsleistung 218 Betriebsvermögen 66 gewillkürtes 66 notwendiges 66 Bewegungsbilanz 164, 166 Bewertung 79 der Verbindlichkeiten 114 der Vorräte 112 retrograde 105 verlustfreie 112 von Verbindlichkeiten 115 Bewertungsgrundsätze 80 allgemeine 79 Bewertungsstetigkeit 25 Bewertungsvereinfachungsverfahren 96, 97 Bewertungsverfahren 96 Bewertungswahlrechte 191, 194 Bilanz 28, 29, 30, 33, 34 bilanzanalytisches Eigenkapital 207 Bilanzansatzregeln 67 Bilanzarten 36 Bilanzauffassung dynamische 39 organische 40 statische 39 Bilanzergebnis 37, 53, 54 Bilanzgewinn 37, 53, 56 Bilanzgewinn/ Bilanzverlust 54 Bilanzgliederung 34 Bilanzierung 65 Bilanzierungsansatzwahlrechte 191 Bilanzierungsfähigkeit 67, 77 Bilanzkennzahlen 210 Bilanzkosmetik 184 Bilanzmanipulation 185 Bilanzpolitik 183, 184, 186 Instrumente der ̴ 188, 190 sachverhaltsabbildende 189 bilanzpolitische Ziele 186 Bilanztheorien 39 Bilanzverlust 37 Bruttoergebnis vom Umsatz 134 Bruttogewinnspanne 105 Bundesbankguthaben 47 Capital Employed 220 Cashflow 208, 216 aus der Finanzierungstätigkeit 169, 172 aus der Investitionstätigkeit 168, 172 aus der laufenden Geschäftstätigkeit 168, 171 Cashflow‐Umsatzrate 217 Chancen‐ und Risikobericht 156 Datenaufbereitung 204 Deckungsgrad A 217 Deckungsgrad B 217 Degressionsbetrag 107 Disagio 115, 116, 117 Dokumentationsfunktion 19 Drohverlustrückstellungen 58 Durchschnitt, gleitender gewogener ̴ 100 Durchschnittsmethode 97, 98 einfach gewogene 98, 99 gleitende gewogene 100 periodische 98 permanente 98, 100 EBIT 218, 219 EBITDA 218, 219 EBT 218, 219 Effektivverschuldung 208 Ermittlung 208 Eigenkapital 48 bilanzanalytisches 207 kurzfristiges 207 Eigenkapitalquote 212 Eigenkapitalrentabilität 213, 219 <?page no="232"?> Index 233 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Eigenkapitalspiegel 28, 29, 31, 175 Eigenleistungen, andere aktivierte 132 Einheitsbilanz 39 Einlagen, ausstehende 49 Einzelbewertung 96 Einzelkaufleute 29 Einzelwertberichtigungen 105 entgeltlich erworbene immaterielle Ver‐ mögensgegenstände 42 Entwicklung 70 Entwicklungskosten 71 Erfüllungsbetrag 80, 85, 94, 114, 115 nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendiger ̴ 85 Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit 130 außerordentliches 130, 134 der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 133, 134 erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen 61 Erhaltungsaufwand 201 Erklärung der Unternehmensführung 159 Ermessensspielraum 70 Ermessensspielräume des Bilanzierenden 198 Erträge 133 Ertragssteuern 19 Erzeugnisse fertige 46 fertige und unfertige 132 unfertige 46 Fehlbetrag, nicht durch Eigenkapital gedeckter ̴ 48 fertige Erzeugnisse 46 Festbewertung 97 Fifo‐Methode 101, 102 Fifo‐Verfahren 97 Finanzanlagen 45 Finanzergebnis 130, 133, 134 Finanzierungsanalyse 212 Finanzlage 22 Finanzmittelbestand 172 Finanzrisikobericht 157 Finanzschulden 208 Netto‐ 208 Firmenwert, derivativer 68 Folgebewertung 85 Fondsveränderungsrechnung 167 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 47 Forschung 70 Forschungs‐ und Entwicklungsbericht 157 Fremdkapital 57 kurz‐ und mittelfristiges 207 langfristiges 207 Laufzeit 214 Fremdwährungsverbindlichkeiten 115 Gearing 215 Gesamtkapitalrentabilität 219 Gesamtkostenverfahren 128, 129, 131, 136, 137, 139 Gesamtleistung 130, 218 Geschäfts‐ oder Firmenwert 42 Geschäftswert, derivativer 68 Gewinn 37 Gewinn‐ und Verlustrechnung (GuV) 28, 29, 127, 132 Gewinn‐/ Verlustvortrag 52 Gewinnrücklagen 51 Gewinnverwendung 53 gezeichnetes Kapital 49 Gläubiger 20 Grundkapital 49 Grundsatz der Ansatz‐ und Bewertungsstetigkeit 25 der Bewertungsstetigkeit 84 der Bilanzidentität 25, 80 der Einzelbewertung 25, 81 der Fortführung der Unternehmens‐ tätigkeit 25 der Klarheit und Übersichtlichkeit 24 der Maßgeblichkeit 75 der Pagatorik 25 der Periodenabgrenzung 84 der Richtigkeit und Willkürfreiheit 24 <?page no="233"?> 234 Index uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt der sachlichen Abgrenzung 26 der Unternehmensfortführung 80 der Vollständigkeit 25 der Vorsicht 26, 81 der zeitlichen Abgrenzung 27 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 24 Grundstücke 43 grundstücksgleiche Rechte 43 Gruppenbewertung 97, 98 Guthaben bei Kreditinstituten 47 GuV‐Rechnung 30 Handelsbilanz 36, 38, 75 Handelsrecht 23, 38, 76 Herstellungskosten 79, 85, 87, 89, 90, 92, 112, 140, 198, 201 fortgeführte 111 Herstellungskostenobergrenze 91 Herstellungskostenuntergrenze 91 Höchstwertprinzip 81, 82, 115 immaterielle Vermögensgegenstände 41 entgeltlich erworbene 42 selbst geschaffene 70 immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, nicht entgeltlich erworbene ̴ 68 Imparitätsprinzip 27, 81, 82, 83 Informations‐ und Rechenschaftsfunktion 19 Instandhaltungsaufwand 201 Instandsetzungsaufwand 201 Investitionsquote 211 Jahresabschlussanalyse 203 Jahresergebnis 130, 134 Jahresfehlbetrag 130, 134 Jahresüberschuss 130, 134 Jahresüberschuss/ ‐fehlbetrag 53 Kapital, gezeichnetes 49 Kapitalflussrechnung 28, 29, 30, 31, 163, 170, 172, 173 Aufbau 170 Kapitalgesellschaften 28, 29 Kapitalrücklage 50 Kapitalstrukturanalyse 212 Kassenbestand 47 Kaufleute 23 kaufmännische Beurteilung, vernünftige 80 Kennzahlen Aufwandsstruktur‐ 221 Beziehungszahlen 205 Earnings‐Before‐ 218 Eigenkapitalrentabilität 213 Gliederungszahlen 205 Indexzahlen 205 Verhältniszahlen 205 Kennzahlenauswertung 204 Kennzahlenbildung 204 Kennziffern, Rentabilitäts‐ 219 Konzernabschluss 30 Kreditorenziel 214 Kulanzrückstellungen 58 Kundenziel 216 kurz‐ und mittelfristiges Fremdkapital 207 kurzfristiges Eigenkapital 207 Lagebericht 28, 29, 153 Bestandteile des ̴ s 153 Lageberichterstattung 161 langfristiges Fremdkapital 207 latente Steuern 121, 122, 124 aktive 47, 121, 122, 124 passive 63, 121, 122, 123, 124 Leistungen, unfertige 46 Leverage‐Effekt 213 Lifo‐Methode 102 periodenbezogene 103 Lifo‐Verfahren 97 liquide Mittel 206 Liquidität 1. Grades 215 2. Grades 215 3. Grades 215 Liquiditätsanalyse 215 Maschinen 44 Maßgeblichkeitsprinzip 38 <?page no="234"?> Index 235 uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Maßnahmen, sachverhaltsabbildende 188 Materialaufwand 132 Materialintensität 221 Methodenwahlrechte 191 Mittel, liquide 206 Mittelherkunft 164 Mittelverwendung 33, 164 Nennbetrag 80, 85 Nettofinanzschulden 208 nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehl‐ betrag 48 Niederstwertprinzip 81, 82, 83 strenges 102, 112 offene Rücklagen 50 Offenlegungspflicht 181 Offenlegungspflichten 177 Passiva 33 passive Rechnungsabgrenzungsposten 62 Passivierungsfähigkeit 67, 73 Passivierungsgebote 74 Passivierungsgrundsätze 73 Passivierungspflicht 76, 121 Passivierungsverbot 76 Passivierungsverbote 74 Passivierungswahlrecht 76, 193 Passivierungswahlrechte 74, 191 Pauschalbewertung 105 Pauschalwertberichtigung 105 Pensionsrückstellungen 59 Personalaufwand 132 Personalintensität 221 Personengesellschaften 29 Privatvermögen, notwendiges 66 Prognosebericht 155 Prüfungspflichten 177, 180 Rahmengrundsätze 24 Realisationsprinzip 27, 81, 82 Rechnungsabgrenzungsposten aktive 47 passive 62 Rechnungslegungsinstrumente 28 Rentabilitätskennziffern 219 Risikobericht 156 ROCE 220 Roh‐, Hilfs‐ und Betriebsstoffe 46 Rohergebnis 132, 141, 218 GKV 141 UVK 142 Rücklagen 51 offene 50 stille 57 Rückstellungen 57, 58, 59, 80, 118, 200 Rückstellungsspiegel 151 Sachanlagen 43 sachverhaltsabbildende Bilanzpolitik 189 sachverhaltsabbildende Maßnahmen 188 Sachverhaltsabbildungen 190 Sachverhaltsgestaltungen 188, 189, 190 Sammelbewertung 97, 101 Sammelbewertungsverfahren 104 Schecks 47 Schulden 65 Schuldentilgungsdauer 214 Segmentberichterstattung 28, 30, 31 selbst geschaffene gewerbliche Schutz‐ rechte und ähnliche Rechte und Werte 42 sonstige Rückstellungen 59 sonstige Verbindlichkeiten 62 sonstige Vermögensgegenstände 47 Stammkapital 49 Steuerabgrenzung, latente 121 Steueransprüche, latente 121 Steuerbilanz 37, 38, 75 Steuern sonstige 134 vom Einkommen und vom Ertrag 133 Steuern, latente siehe latente Steuern Steuerrecht 38, 76 Steuerrückstellungen 59 Steuerschulden, latente 121 stille Reserven 57 stille Rücklagen 57 Strukturbilanz 209 Systemgrundsätze 25 <?page no="235"?> 236 Index technische Anlagen 44 Umlaufintensität 211 Umlaufvermögen 46, 206 Bewertung 111, 112 monetäres 206 Umsatzerlöse 132 Umsatzkostenverfahren 128, 129, 134, 135, 136, 137, 139 Umsatzrentabilität 220 unfertige Erzeugnisse 46 unfertige Leistungen 46 Ursachenrechnung 167 Veränderungsbilanz 166 Verbindlichkeiten 61, 80 aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel 62 aus Lieferungen und Leistungen 61 gegenüber Kreditinstituten 61 gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 62 gegenüber verbundenen Unternehmen 62 sonstige 62 Verbindlichkeitsrückstellungen 58 Verbindlichkeitsspiegel 149 Verbindlichkeitsspiegels 150 Verbrauchsfolgeverfahren 97, 101, 197 Vergütungsbericht 158 Verlust 37 Vermögensgegenstände 65, 79 sonstige 47 Vermögenslage 22 Vermögensstruktur 210 Verschuldungsgrad dynamischer 214 statischer 213 Vorräte 46 Vorratsintensität 211 Währungsumrechnung 95 Waren 46 Wert, beizulegender 92, 93 Wertansatzwahlrechte 191 Wertaufhellungsprinzip 82 Wertaufholung 111 Wertaufholungen 109 Wertaufholungsgebot 109 Wertaufholungsverbot 109 Wertpapiere 47 des Anlagevermögens 46 Window Dressing 185 Wirtschaftsbericht 154 Wirtschaftsgüter 66 Working Capital 215 Zahlungsbemessungsfunktion 19 Zeitraumrechnung 127, 172 Zeitwert, beizulegender 80 Zugangsbewertung 85 Zusatzbericht 160 Zweigniederlassungsbericht 158
