Basiswissen Aufbauorganisation
Management konkret
0128
2015
978-3-8649-6706-1
UVK Verlag
Christiana Nicolai
Die Organisation eines Unternehmens hat Einfluss auf seine Wettbewerbsfähigkeit und Auswirkungen auf Kosten, Produktivität, Qualität sowie auf das Verhalten und die Motivation der Mitarbeiter. Organisatorische Aufgaben stellen sich nicht nur bei der Gründung, auch die Prozesse und Strukturen bestehender Unternehmen müssen immer wieder neu gestalten werden, sollen sie erfolgreich bleiben. So müssen Unternehmen ihre Aufbauorganisation immerzu überdenken und den neuen Gegebenheiten anpassen.
Die Autorin stellt in ihrem Buch die Grundlagen der Aufbauorganisation dar, wobei sie zwischen Primär- und Sekundärorganisation unterscheidet.
Ein Buch aus der Reihe Management konkret Christiana Nicolai Basiswissen Aufbauorganisation Management konkret UVK Verlagsgesellschaft mbH Konstanz und München Prof. Dr. Christiana Nicolai ist Professorin für Personalmanagement und Organisation an der Frankfurt University of Applied Sciences. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. ISBN 978-3-86764-604-8 (Print) ISBN 978-3-86496-384-1 (EPUB) ISBN 978-3-86496-706-1 (EPDF) Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 201 Einbandgestaltung: Susanne Fuellhaas, Konstanz Einbandmotiv: © Dreaming Andy - fotolia.com UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstraße 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de Vorwort Die Organisation eines Unternehmens hat entscheidenden Einfluss auf seine Wettbewerbsfähigkeit. Sie hat Auswirkungen auf Kosten, Produktivität und Qualität sowie auf das Verhalten und die Motivation der Mitarbeiter. Organisatorische Aufgaben stellen sich nicht nur bei der Unternehmensgründung, auch die Prozesse und Strukturen bestehender Unternehmen müssen immer wieder neu gestalten werden, sollen sie erfolgreich bleiben. Die zahlreichen Reorganisationen in den letzten Jahren belegen, dass die Bedeutung der Organisation erkannt wurde. Sie wird heute überwiegend als strategische Managementfunktion und wesentlicher Baustein bei der zielorientierten Steuerung und langfristigen Erfolgssicherung verstanden. Dieses Buch behandelt die „Aufbauorganisation“, wobei zwischen Primär- und Sekundärorganisation unterschieden wird. Christiana Nicolai Inhalt Vorwort .................................................................................................... 5 1 Primärorganisation ...................................................................... 9 1.1 Vorbemerkung........................................................................ 9 1.2 Funktionale Organisation.................................................... 10 1.3 Divisionale Organisation..................................................... 13 1.4 Matrixorganisation ............................................................... 21 1.5 Erweiterungen der Grundformen...................................... 26 1.5.1 Tensororganisation ................................................. 26 1.5.2 Holding-Organisation ............................................ 28 2 Sekundärorganisationen ...........................................................33 2.1 Vorbemerkung...................................................................... 33 2.2 Produktmanagement-Organisation ................................... 34 2.3 Kundenmanagement-Organisation ................................... 36 2.4 Marktmanagement-Organisation ....................................... 39 2.5 Funktionsmanagement-Organisation ................................ 41 2.6 Strategische Geschäftseinheiten ......................................... 42 2.7 Projektorganisation .............................................................. 47 2.7.1 Abgrenzung............................................................. 47 2.7.2 Stabs-Projektorganisation ..................................... 49 2.7.3 Reine Projektorganisation ..................................... 52 2.7.4 Matrix-Projektorganisation ................................... 56 2.8 Parallelhierarchien ................................................................ 59 Literaturverzeichnis .............................................................................. 65 Stichwortverzeichnis............................................................................. 67 1 Primärorganisation 1.1 Vorbemerkung Durch die Kombination aller Gestaltungsparameter entsteht die Aufbauorganisation. Dabei werden drei idealtypische Formen unterschieden: funktionale Organisation divisionale Organisation Matrixorganisation. Ihre Systematisierung richtet sich nach der Art der Spezialisierung auf der zweiten Hierarchieebene. Wird auf der zweiten Hierarchieebene nur ein einziges Gliederungskriterium verwendet, spricht man von eindimensionalen Formen der Aufbauorganisation. Werden gleichzeitig zwei oder mehrere Dimensionen auf der zweiten Ebene eingesetzt, handelt es sich um zweibzw. mehrdimensionale Formen. Die funktionale und die divisionale Organisation sind eindimensionale Formen, die Matrixorganisation ist eine zweidimensionale Struktur. Abb. 1 zeigt die Formen der Primärorganisation, die der Bearbeitung der üblichen, regelmäßigen Aufgaben und der Erreichung der kurzfristigen Unternehmensziele dient. In der Praxis tritt sie nicht immer in Reinform auf, stattdessen finden sich viele Kombinationen. Spezialisierung nach Form der Primärorganisation Verrichtungen Objekten Verrichtungen und Objekten gleichzeitig funktionale Organisation divisionale Organisation Matrixorganisation Abb. 1: Grundformen der Primärorganisation 10 1 Primärorganisation Die Primärorganisation wird durch Sekundärorganisationen, die der Erfüllung besonderer Aufgaben dienen, ergänzt. Beide bestehen nebeneinander und gleichzeitig, da sie unterschiedliche Teile des Betriebsgeschehens abdecken. Sekundärorganisationen werden in Kapitel 2 erläutert. 1.2 Funktionale Organisation Ist ein Unternehmen auf der zweiten Hierarchieebene ausschließlich nach Verrichtungen gegliedert, spricht man von funktionaler Organisation (Abb. 2). Abb. 2: Grundmodell der funktionalen Organisation Die funktionale oder funktionsorientierte Organisation ist die ursprüngliche Form des Industrieunternehmens. Sie war insbesondere zu Zeiten der Verkäufermärkte anzutreffen, als die Produktdiversifikation noch gering war. Sie wird dann gebildet, wenn eine einzige Leitungsebene wegen des Wachstums nicht mehr ausreicht und eine weitere verrichtungsorientierte Ebene sinnvoll erscheint. Bei kleineren Unternehmen entsteht meist unterhalb der Unternehmensleitung ein kaufmännischer und ein technischer Funktionsbereich, wobei die Aufgabenbereiche klar abzugrenzen und somit leicht kontrollierbar sind. Wächst das Unternehmen weiter, wird die funktionale Gliederung in der Regel auch auf der dritten Ebene beibehalten (Abb. 3). 1.2 Funktionale Organisation 11 Abb. 3: Mehrstufige funktionale Organisation Auf der dritten oder einer tieferen Hierarchieebene kann allerdings auch von der Verrichtungsauf die Objektzentralisation umgestellt werden. Wie Abb. 4 zeigt, können zudem Leitungshilfsstellen einbezogen werden. Unter diesen Voraussetzungen hat sich die funktionale Organisation bewährt: 1 die Funktionen sind gleichzeitig die Kernkompetenzen des Unternehmens 2 die Unterschiede auf den Absatzmärkten, z.B. unterschiedliche Länder, Sprachen etc., sind gering die Kundengruppen unterscheiden sich nicht gravierend die Produkte sind weitgehend homogen. Entsprechend findet sich die funktionale Organisation noch heute in vielen mittelständischen und kleineren Unternehmen mit relativ homogenem Produktionsprogramm. 1 vgl. Schmidt (2000), S. 157 2 zur Identifikation von Kernkompetenzen vgl. Helming/ Buchholz (2008), S. 301 ff. 12 1 Primärorganisation Abb. 4: Funktionale Organisation mit Objektgliederung auf der dritten Ebene mit Stäben Die Vorteile: es lassen sich Spezialisierungs- und Größenvorteile realisieren auf quantitative Umweltbedingungen kann flexibel reagiert werden leichte Personalbeschaffung, da viele Ausbildungsberufe funktionsorientiert ausgerichtet sind, z.B. Maler, Schweißer, Maurer, Bäcker etc. klare Zuständigkeiten leichte Kontrolle aufgrund der geschlossenen Funktionsbereiche es lassen sich funktionsorientierte Spezialmaschinen und -werkzeuge einsetzen. Nachteile der funktionalen Organisation: funktionsorientierte Instanzen haben keine Gesamtübersicht über das Betriebsgeschehen bei den Instanzen kommt es oft zu Ressortegoismus zu geringe Orientierung am Markt und an den Kunden, da die Optimierung der Funktionen im Mittelpunkt steht die Funktionen lassen sich oft nicht genau abgrenzen 1.3 Divisionale Organisation 13 hoher Kommunikations- und Koordinationsbedarf zwischen den Instanzen, da die Produkte und Dienstleistungen mehrere Abteilungen durchlaufen Schnittstellenprobleme erschweren die funktionsübergreifende Prozessorientierung keine Gewinnorientierung der einzelnen Organisationseinheiten, da die Produktverantwortlichkeit fehlt eingeschränkte Karrieremöglichkeiten, da die Mitarbeiter auf bestimmte Funktionen festgelegt sind. Die funktionale Organisation kann als klassisches Einliniensystem oder in der erweiterten Form des Stab-Liniensystems konzipiert werden. Damit treffen auf sie auch die Vor- und Nachteile der jeweiligen Konfigurationsform zu. Um die Nachteile zu verringern und die Vorteile beizubehalten, werden bei der Sekundärorganisation zusätzlich Organisationseinheiten mit nicht-funktionaler Weisungsbefugnis in die funktionale Organisation integriert, z.B. durch Projektorganisation oder durch strategische Geschäftseinheiten. 3 1.3 Divisionale Organisation Mit zunehmender Unternehmensgröße und Diversifikation verringern sich die Vorteile der funktionalen Organisation. Der Koordinationsaufwand zwischen den Funktionsbereichen wird immer größer, was die Gliederung nach Objekten sinnvoll macht. Die Organisation wird dann auf der zweiten Hierarchieebene nach Objekten zentralisiert. Im Mittelpunkt der divisionalen Organisation steht die Objektspezialisierung. Die Organisationseinheiten, die dabei entstehen, nennt man Divisionen, Sparten, Geschäftsbereiche oder auch Center. Man spricht deshalb auch von Spartenorganisation und Geschäftsbereichsorganisation. Typisch für die divisionale Organisation - aber nicht zwingend - ist die Gliederung nach Funktionen auf der dritten Ebene. 3 vgl. Bea/ Göbel (2006), S. 378 14 1 Primärorganisation Da auf der zweiten Hierarchieebene nur ein einziges Spezialisierungsmerkmal eingesetzt wird, handelt es sich bei der divisionalen Organisation ebenso wie bei der funktionalen Organisation um eine eindimensionale Organisationsstruktur. Statt der Objektzentralisation anhand von Produkten lassen sich auch Sparten anhand von Kundengruppen bilden, falls sich diese in besonderer Weise, etwa hinsichtlich der Losgrößen, des erwarteten Service oder der Vertriebskanäle, unterscheiden. In Großunternehmen ist auch die Zentralisation nach Regionen üblich, um den unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen oder den gesetzlichen Bestimmungen der betreffenden Länder Rechnung zu tragen. In den USA gingen die ersten Unternehmen bereits in den dreißiger Jahren von der Funktionalzur Spartenorganisation über. 4 In Deutschland setzte der Trend zur Divisionalisierung Mitte der sechziger Jahre ein. Die divisionale Organisation ist heute die am weitesten verbreitete Organisationsform bei Großunternehmen. 5 Abb. 5 zeigt das Grundmodell. Die Spartenorganisation kann ebenso wie die Funktionalorganisation als Einlinien- oder Stab-Liniensystem gestaltet werden. Idealerweise sind die Sparten als eine Art Unternehmen im Unternehmen konzipiert und besitzen weitgehende Selbständigkeit. Spartenorganisationen sind unter diesen Voraussetzungen erfolgreich: das Unternehmen muss hinreichend groß sein, damit sich selbständige Sparten bilden lassen Produktgruppen gelten als Kernkompetenzen ein heterogenes Produktionsprogramm, damit die Produkte zu eindeutig unterscheidbaren Gruppen zusammengefasst werden können jede Sparte muss zumindest die Funktionen Produktion und Absatz enthalten, da sonst keine selbständigen Divisionen vorliegen 4 vgl. Dillerup/ Stoi (2006), S. 437 5 vgl. Vahs (2007), S. 158; Krüger (2005), S. 199 f. 1.3 Divisionale Organisation 15 die Sparten müssen klar abgrenzbare Absatzmärkte haben, damit sie nicht miteinander konkurrieren. Abb. 5: Grundmodell der divisionalen Organisation Vorteile der Spartenorganisation: geringerer Koordinationsaufwand zwischen den Divisionen, was zur schnelleren Entscheidungsfindung führt größere Transparenz durch die Beschränkung auf eine Produktgruppe erhöht sich die Sensibilität für Marktveränderungen größere Flexibilität und schnellere Reaktion innerhalb einer Sparte die Unternehmensleitung wird vom operativen Geschäft entlastet die Unternehmensleitung kann sich auf übergreifende, strategische Aufgaben konzentrieren 16 1 Primärorganisation die Spartenleiter identifizieren sich mit ihrer Aufgabe die Spartenleiter sind motiviert, weil sie weitgehend selbständig unternehmerisch handeln können da der Erfolg einer Sparte direkt messbar ist, können erfolgsabhängige Entgeltsysteme eingesetzt werden zunehmendes Intrapreneurtum (Intrapreneur ist eine Wortkombination aus „intracorporate“ und „entrepreneur“), d.h. die Mitarbeiter aktivieren ihr unternehmerisches Potenzial die Delegation von Entscheidungen dient der Entwicklung von Führungsnachwuchskräften und Führungskräften aus den eigenen Reihen durch die Vorgabe betriebswirtschaftlicher Kennziffern für die jeweiligen Sparten lässt sich das Unternehmen leichter steuern die Prozesse werden effizienter, da die Spartenleiter Prozess- und Produktverantwortung übernehmen. Die Nachteile sind: die Sparten können ein zu großes Eigenleben entwickeln, d.h. sie stellen ihre Ziele zu sehr in den Vordergrund und orientieren sich zu wenig an den Zielen des Gesamtunternehmens es kann zu Verteilungskämpfen zwischen den Sparten um die knappen Ressourcen des Gesamtunternehmens, z.B. um finanzielle Mittel, kommen die Erfüllung kurzfristiger Ziele rückt in den Vordergrund, da Sparten eher operativ ausgerichtet sind die Probleme des Stab-Liniensystems bei der Zusammenarbeit zwischen Zentralbereichen und Divisionen verschärfen sich durch deren relative Entfernung erschwerte Integration neuer Produkte, insbesondere nach dem Zukauf fremder Unternehmen, da erst geprüft werden muss, ob und in welche Sparte sich diese Produkte einfügen lassen es werden zunehmend Generalisten als Führungskräfte benötigt, da in jeder Sparte unternehmerisches Handeln notwendig ist funktionsorientierte Spezialisierungsvorteile gehen verloren, vor allem im Produktionsbereich, sofern sie nicht die Zentralbereiche betreffen. 1.3 Divisionale Organisation 17 In der Praxis sind die Divisionen in unterschiedlichem Maße mit unternehmerischen Kompetenzen und Erfolgsverantwortung ausgestattet: 6 Cost-Center: Die Steuerung der Sparten durch die Unternehmensleitung erfolgt mittels eines vorgegebenen Kostenbudgets. Die Spartenleiter haben vor allem die Aufgabe, die Leistungsprozesse optimal zu gestalten, um so die Kosten zu minimieren. Sie entscheiden nicht über das Umsatzvolumen und die Qualität der Erzeugnisse, da diese von der Unternehmensleitung vorgegeben werden. Häufig wird auch vorgegeben, ob Vorprodukte und Dienstleistungen extern einzukaufen oder zu festgelegten Verrechnungspreisen von anderen Unternehmenseinheiten zu beziehen sind. Diese Division ist lediglich eine Art großer Kostenstelle. Revenue-Center: Die Spartenleiter haben die Verantwortung für die Umsatzerlöse in ihrer Division. Sie haben jedoch keinen direkten Einfluss auf die Kosten der Produkte und können auch deren Preise nicht oder nur in engen Grenzen (z.B. Skonto oder Zahlungsziele) bestimmen. Es handelt sich meist um regionale Vertriebsgesellschaften, die die Produkte von ihren internen Zulieferern zu festen Transferpreisen übernehmen und sie auf dem externen Markt verkaufen. Ihr Erfolg wird anhand des Umsatzvolumens gemessen, das sie vor allem durch die Wahl der absatzpolitischen Instrumente beeinflussen können. Profit-Center: Hier übernimmt der Spartenleiter die Verantwortung für das wirtschaftliche Ergebnis seiner Division. Der Erfolg wird anhand des Gewinns oder des ROI (Return of Investment) ermittelt. Mit der größeren Verantwortung geht auch eine größere Entscheidungsbefugnis einher. So nimmt der Spartenleiter sowohl Einfluss auf die Kostenals auch auf die Erlösseite. In der Regel gehören die gesamte Produktentwicklung und Produktion sowie der gesamte Einkauf und Absatz zur Sparte. Über das Investitionsvolumen wird hingegen von der Leitung des Gesamtunternehmens entschieden. Auch beim Produkti- 6 vgl. Krüger (2005), S. 205 ff.; Scherm/ Pietsch (2007), S. 177 f.; Krüger/ v. Werder/ Grundei (2007), S. 4 ff.; Pfähler/ Vogt (2008), S. 746; Meissner (2004), S. 20 18 1 Primärorganisation onsprogramm behält sie sich in der Regel Mitspracherechte vor. Die Einrichtung eines Profit-Centers ist nur dann sinnvoll, wenn sich der Erfolg unmittelbar der Sparte zurechnen lässt. Investment-Center: Wenn der Spartenleiter auch über Investitionen in seiner Division und damit über die Verwendung des Gewinns entscheiden kann, handelt es sich um ein Investment- Center. Die Leitung des Gesamtunternehmens behält sich nur insofern ein Mitspracherecht vor, um sicherzustellen, dass die Investitionsentscheidungen den strategischen Unternehmenszielen entsprechen. Die Grenzen zwischen Profit- und Investment-Center sind fließend, da auch der Leiter eines Profit-Centers häufig die Befugnis erhält, über einen Teil der Investitionen selbst zu entscheiden. Bei allen Center-Konzepten ist problematisch, wie die Kosten und Erlöse zuzurechnen sind. Schwierigkeiten entstehen vor allem dann, wenn die Center häufig untereinander bzw. mit den Zentralbereichen Leistungen austauschen, da dann interne Verrechnungspreise festgelegt werden müssen. Die Unternehmensleitung kann über die Verrechnungspreise Einfluss darauf nehmen, wie erfolgreich die Sparten sind 7 und auf diesem Wege ihre Selbständigkeit beeinflussen. Bei fast allen Spartenorganisationen werden bestimmte Querschnittsfunktionen in Zentralabteilungen oder Zentralbereichen, z.B. in der internen Revision, der Personalabteilung, dem Controlling, der zentralen Materialbeschaffung oder der Rechtsabteilung zusammengefasst (s. Abb. 6). Sie sind der Unternehmensleitung direkt zugeordnet und erbringen spartenübergreifende Dienstleistungen. Auf diese Weise wird der Autonomiegrad der einzelnen Sparten bewusst eingeschränkt. 8 Es werden drei Aufgabenbereiche der Zentralabteilungen unterschieden: Nutzung von Synergieeffekten: Für alle Sparten werden zentrale Dienstleistungen erbracht. Damit lassen sich Größenvortei- 7 vgl. Bea/ Göbel (2006), S. 385 8 vgl. ebd., S. 383 1.3 Divisionale Organisation 19 le besser abschöpfen, z.B. wenn die Materialbestellungen aller Divisionen über den zentralen Einkauf erfolgen. Aufgrund der größeren Bestellmengen lassen sich bessere Konditionen erzielen. Auch mit einem spartenübergreifenden Zentralbereich Forschung und Entwicklung lassen sich oft Synergieeffekte realisieren. Allgemeine Aufgaben der Unternehmensleitung: Dies sind Aufgaben, die für das Gesamtunternehmen anfallen und nicht einzelnen Sparten überlassen werden können oder sollen. Sie werden in Zentralbereichen zusammengefasst, z.B. die Konzernrechnungslegung, die Rechtsabteilung, die Führungskräfteschulung oder die Öffentlichkeitsarbeit. Koordination der Sparten im Hinblick auf die Unternehmensziele: Die Zentralabteilungen übernehmen oft Koordinationsaufgaben, mit denen die Sparten „auf Kurs“ gehalten und auf die langfristigen Ziele des Gesamtunternehmens ausgerichtet werden sollen. So gibt etwa das Zentralcontrolling Richtwerte vor und legt die Controlling-Instrumente für alle Sparten fest. Oder die zentrale Personalabteilung konzipiert verbindliche, spartenübergreifende High-Potential-Programme für den Führungsnachwuchs. Nicht nur die Aufgaben, auch die Rechte der Zentralbereiche sind unterschiedlich gestaltet. Zum Teil nehmen sie Aufträge der Sparten entgegen, zum Teil beraten sie die Spartenleiter und verfügen über Informations- und Empfehlungsrechte. Manchmal können Zentralabteilungen den Sparten sogar auf bestimmten Gebieten Weisungen erteilen. Man kann diese Konfiguration auch als eine besondere Art des Stab-Liniensystems sehen, die deutliche Tendenzen zu einem Mehrliniensystem bzw. einer Matrixorganisation aufweist. 20 1 Primärorganisation Abb. 6: Divisionale Organisation mit Zentralbereichen 1.4 Matrixorganisation 21 1.4 Matrixorganisation Die bisherigen Organisationsstrukturen zeichnen sich dadurch aus, dass auf der zweiten Hierarchieebene immer nur nach einer einzigen Dimension gegliedert wird, entweder nach Verrichtungen oder nach Objekten. Es handelt sich deshalb also um eindimensionale Strukturen. Wird auf der zweiten Ebene gleichzeitig nach zwei Dimensionen gegliedert, spricht man von einer Matrixorganisation. Auf diese Weise werden Probleme parallel und gleichberechtigt aus zwei Blickwinkeln betrachtet. In der Regel wird eine funktionale von einer divisionalen Organisation überlagert. Bei der Matrixorganisation können zudem alternative Gliederungsdimensionen herangezogen werden: 9 Verrichtung und Region Verrichtung und Kunden Objekt und Region Objekt und Kunden interne und externe Verrichtungen. Stabsstellen, Assistenten und/ oder Zentralbereiche sind ebenso wie bei den anderen Grundformen möglich. Man spricht deshalb von einer Matrixorganisation, weil ihre Darstellung einer Matrix entspricht (Abb. 7). In der Horizontalen werden üblicherweise die Funktionen und in der Vertikalen die Objekte dargestellt. Die funktions- und objektorientierten Einheiten der zweiten Hierarchieebene sind gleichberechtigt. Beide sind direkt der Unternehmensleitung unterstellt. Die Linie von der Unternehmensleitung zu den objektbezogenen Einheiten ist nur aus Darstellungsgründen geknickt. Es bedeutet jedoch nicht, dass die Objekt-Manager in Abb. 7 hierarchisch unter den funktionsorientierten Instanzen stehen. Die Leiter der Funktionalabteilungen sind für die effiziente Aufgabenerfüllung bzgl. ihrer Verrichtung hinsichtlich aller Objekte 9 vgl. Robbins (2001), S. 494 22 1 Primärorganisation zuständig. Die objektorientierten Vorgesetzten sind wiederum für die Zielerreichung bei ihrem Objekt über alle Funktionen hinweg verantwortlich. Abb. 7: Grundform der Matrixorganisation Die Mehrdimensionalität dieser Organisationsstruktur führt dazu, dass die Matrixschnittstellen (dicke Punkte) von zwei Vorgesetzten - entsprechend deren Spezialgebiet -Weisungen erhalten (Mehrfachunterstellung). Bei den Matrixschnittstellen handelt es sich um Mitarbeiter der dritten Hierarchieebene, die in größeren Unternehmen selbst wiederum als Instanzen ihnen unterstellte Abteilungen führen. Die Mehrfachunterstellung in der Matrixorganisation ist eine Anlehnung an das Mehrliniensystem. Krüger bezeichnet die Matrixorganisation sogar als moderne Variante des Funktionsmeistersystems. 10 Allerdings steht der Koordinationseffekt bei der Matrixorganisation wesentlich stärker im Vordergrund als die fachliche Spezialisierung der Instanzen beim Mehrliniensystem. Damit die Matrixorganisation in der Praxis funktioniert, müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein: 11 10 vgl. Krüger (2005), S. 200; Vahs (2007), S. 171 11 vgl. Scherm/ Pietsch (2007), S. 185; Müller-Stewens/ Lechner (2003), S. 450 1.4 Matrixorganisation 23 zwei Dimensionen, die sehr komplex und in gleichem Maße für das Unternehmen kritisch sind eine dynamische Umwelt, weshalb das Unternehmen auf innovative Lösungen angewiesen ist hochqualifizierte Mitarbeiter, die in der Lage sein müssen, zahlreiche Informationen zu verarbeiten und Probleme aus unterschiedlichen Perspektiven zu durchleuchten hohe Sozialkompetenz aller Beteiligten, die sie befähigt, auf die Sichtweisen und Argumente anderer Mitarbeiter einzugehen und diese nachzuvollziehen kommunikations- und konfliktfähige Führungskräfte, die sich nicht durch Machtkämpfe profilieren wollen stressresistente Führungskräfte, die sich einem ständigen Koordinationsbedarf und entsprechenden Unsicherheiten gegenübersehen. Bei der Matrixorganisation werden die Konflikte, die aufgrund der Mehrfachunterstellung entstehen können, nicht als Problem, sondern als positives Element gesehen. Die Konflikte werden bewusst institutionalisiert, gezielt herbeigeführt und als sogar produktiv empfunden. Sie sollen dazu beitragen, einen entstehenden Abstimmungsbedarf möglichst frühzeitig zu erkennen und optimale, innovative Problemlösungen zu finden. 12 Aus theoretischer Sicht werden Koordinationsprobleme bei der Matrixorganisation nicht mithilfe formaler Regeln gelöst. Stattdessen soll argumentiert, verhandelt und überzeugt werden, um auf diese Weise - verbunden mit einer prinzipiellen Kooperationsbereitschaft - zu sinnvollen Ergebnissen zu gelangen. In der Praxis werden hingegen oft Regeln zur Kompetenzverteilung auf der zweiten Hierarchieebene aufgestellt, um das Konfliktpotenzial zu verringern: Die Objektmanager sind für das „was und wann“ zuständig und die funktionsorientierten Instanzen bestimmen das „wie, wer 12 vgl. Thommen/ Richter (2004), Sp. 828 ff.; Bea/ Göbel (2006), S. 388 f. 24 1 Primärorganisation und womit“. Dennoch entstehen Probleme, da zwischen den Zuständigkeiten auch weiterhin Interdependenzen bestehen. 13 Einer Dimension wird seitens der Unternehmensleitung oft größere Kompetenz eingeräumt. Die zweite Dimension hat dann nur ergänzenden Charakter und gilt nicht als gleichberechtigt. Diese Manager fungieren eher als Berater der vorrangigen Dimension denn als eigenständige Entscheider. Die Matrix beschränkt sich auf bestimmte Aufgaben. Auch in diesem Fall hat eine der beiden Dimensionen meist eine schwächere Stellung. Mit der Matrixorganisation wird versucht, die positiven Aspekte der funktionalen und der divisionalen Organisation zu vereinen. Vorteile der Matrixorganisation: durch die Delegation von Entscheidungs- und Weisungsbefugnissen auf funktions- und gleichzeitig auf objektorientierte Manager wird die Unternehmensleitung entlastet durchdachtere und innovativere Problemlösungen, da die jeweiligen Themen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. kurze Kommunikationswege Sachkompetenz, Kooperations- und Überzeugungsfähigkeit haben Vorrang vor hierarchischer Macht indem die Führungskräfte an umfassenden Entscheidungsprozessen beteiligt werden, steigt ihre Motivation schnelle und flexible Reaktionen auf Veränderungen des Marktes. Nachteile der Matrixorganisation: der Erfolg bzw. Misserfolg von Entscheidungen lässt sich meist nicht zuordnen, da sie Kompromisse funktions- und objektorientierter Instanzen sind es kann zu Machtkämpfen zwischen den Führungskräften der zweiten Hierarchieebene kommen, da die Entscheidungsbefugnisse nicht klar geregelt sind 13 vgl. Bühner (2004), S. 164 f. 1.4 Matrixorganisation 25 die Abstimmung der verrichtungs- und objektorientierten Sichtweisen bringt einen hohen Kommunikations- und entsprechenden Zeitaufwand mit sich langsame und schwerfällige Entscheidungsfindung, da häufig Kompromisse notwendig werden damit beide Seiten „das Gesicht wahren können“, kann es zu „faulen“ Kompromissen kommen die einzelne Führungskraft hat weniger Verantwortungsbewusstsein, da sie die Entscheidungen nicht allein fällt die unterstellten Mitarbeiter haben das Bedürfnis sich abzusichern, da die Einheit der Auftragserteilung wegfällt die mehrfach unterstellten Mitarbeitern fühlen sich überfordert, was ihre Motivation sinken lässt hohe fachliche Anforderungen an Vorgesetzte und Mitarbeiter, die funktionale und objektbezogene Argumentationen nachvollziehen müssen alle Beteiligten müssen über eine hohe soziale Kompetenz verfügen die notwendige höhere Qualifikation der Beteiligten führt zu höheren Personalkosten Tendenz zu informalen Normen, da die fehlenden Regeln bei der Kompetenzverteilung von den Vorgesetzten und Mitarbeitern häufig negativ wahrgenommen wird die zahlreichen potenziellen Konflikte belasten gleichermaßen Vorgesetzte wie Mitarbeiter starke Bürokratisierung, da die Entscheidungsfindung und deren Ergebnisse dokumentiert werden müssen. Die Matrixorganisation wird in Industrieunternehmen vor allem in überschaubaren Unternehmensbereichen eingesetzt und selten auf die Gesamtorganisation übertragen. 14 Sie findet sich ferner in großen Dienstleistungsunternehmen, etwa in Unternehmensberatungen und internationalen Anwaltskanzleien. 14 vgl. Picot/ Dietl/ Franck (2008), S. 256 26 1 Primärorganisation Abb. 8 zeigt die Matrixstruktur der Unternehmensberatung Roland Berger, die in branchenorientierte und funktionsbezogene Competence Centern aufgeteilt ist. Damit soll erreicht werden, dass die interdisziplinär ausgerichteten Consultant-Teams über das jeweils für ihren Kundenauftrag erforderliche Know-how verfügen. 15 Abb. 8: Matrixstruktur der Unternehmensberatung Roland Berger 16 1.5 Erweiterungen der Grundformen 1.5.1 Tensororganisation Die Tensororganisation ist eine Weiterentwicklung der Matrixorganisation. Auf der zweiten Hierarchieebene kommt neben Verrichtung und Objekt gleichberechtigt mindestens eine weitere gleichberechtigte Dimension hinzu. Üblicherweise sind es Kundengruppen und/ oder Regionen. Auf diese Weise kann den spezifischen Anforderungen bedeutender Abnehmer bzw. regionalen Besonderhei- 15 vgl. Klimmer (2007), S. 50 16 entnommen aus: Klimmer (2007), S. 50 1.5 Erweiterungen der Grundformen 27 ten besser entsprochen werden. Es handelt sich um eine dreibzw. n-dimensionale Organisationsstruktur. Abb. 9 zeigt ein Beispiel einer dreidimensionalen Tensororganisation. Abb. 9: Tensororganisation Wie bei der Matrixorganisation sind auch bei der Tensororganisation die Führungskräfte auf der zweiten Hierarchieebene grundsätzlich gleichberechtigt. Damit sind die Mitarbeiter auf der nächsten Ebene drei- oder mehrfach unterstellt. Die Voraussetzungen für den Einsatz der Tensororganisation entsprechen denen der Matrixorganisation, wobei mindestens eine weitere Dimension zu berücksichtigen ist. Die Vor- und Nachteile entsprechen ebenfalls denen der Matrixorganisation. Durch die zusätzliche Dimension treten jedoch die Kommunikations- und Koordinationsprobleme in verstärktem 28 1 Primärorganisation Maße auf, außerdem nimmt die Unübersichtlichkeit zu. Die Unterstellung unter einen weiteren Vorgesetzten verstärkt die Überforderung der Mitarbeiter. Diese Struktur wird vor allem von multinationalen Unternehmen präferiert, die sich in heterogenen Märkten, in unterschiedlichen Regionen und in einer instabilen Umwelt bewegen. So gliedert die Volkswagen AG ihre Tensororganisation nach Marken, Funktionen und Regionen. 17 1.5.2 Holding-Organisation Die Holding-Organisation ist eine Weiterentwicklung der Spartenorganisation. In großen Unternehmen werden die Sparten oft nicht mehr als Abteilungen geführt, sondern rechtlich verselbständigt. Das führt zu einem Verbund mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung, d.h. zu einem Konzern mit einer konzernleitenden Dachgesellschaft (Corporate Center), die Beteiligungen an den rechtlich selbständigen Tochterunternehmen hält. Tritt die Dachgesellschaft nicht selbst am Markt auf und betreibt sie nicht eigenständig operative Geschäfte, sondern verwaltet und koordiniert sie lediglich die Tochtergesellschaften, spricht man von einem Holding-Konzern. Während die Untergesellschaften vorrangig für die Leistungserstellung und -verwertung zuständig sind, steuert die Dachgesellschaft das Gesamtunternehmen. Diese Art von Dachgesellschaft wird als Holding bezeichnet. Der Begriff wird auch als Überbegriff für die gesamte Konzernkonstruktion verwandt, während die Dachgesellschaft dann Holding- Mutter genannt wird. Mithilfe der Holding-Organisation sollen kleinere, dezentrale selbständige Einheiten schneller und flexibler agieren können. 18 Zum Teil wird bewusst auf Größenvorteile oder Synergieeffekte verzich- 17 vgl. Macharzina (2003), S. 425; Keller (2004), Sp. 421 ff. 18 vgl. Krüger (2005), S. 209 1.5 Erweiterungen der Grundformen 29 tet, stattdessen rücken Flexibilität und Innovationsfähigkeit in den Mittelpunkt. Die Untergesellschaften sind häufig auf lokale Märkte ausgerichtet, was auch als „close to the customer“ bezeichnet wird. 19 Die Holding ist ein betriebswirtschaftliches Konzept und keine Rechtsform. Es geht ausschließlich darum, Dezentralisierungsvorteile bestmöglich zu nutzen. 20 Die Voraussetzungen der Holding entsprechen denjenigen der divisionalen Organisation. Die rechtliche Verselbständigung ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die Sparten groß und unabhängig genug sind. Die einzelnen Divisionen können wiederum eigene, rechtlich selbständige Enkelunternehmen umfassen. In diesem Fall handelt es sich um eine mehrstufige Holding-Konstruktion, bei der die Tochtergesellschaften als Zwischen-Holding fungieren und die Koordination für die untergeordneten Einheiten übernehmen. Die Zwischen-Holdings werden ihrerseits von der Dachgesellschaft verwaltet. Die Dachbzw. Zwischen-Holdings koordinieren ihre Untergesellschaften mithilfe dieser Instrumente: 21 Unternehmensverträge: Zwischen der Dachgesellschaft und den Untergesellschaften wird ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen, der der Holding-Mutter bestimmte Leitungs- und Weisungsbefugnisse einräumt. Er wird in der Regel um einen Gewinnüberlassungsvertrag ergänzt, der die Tochtergesellschaften verpflichtet, ihren Gewinn ganz oder teilweise an die Dachgesellschaft abzuführen. Finanzhoheit: Hier verteilt die Dachgesellschaft die finanziellen Mittel. Ihr obliegt die Finanzhoheit über alle Untergesellschaften, womit sie die Konzerninteressen gegenüber den Tochtergesellschaften wahren und durchsetzen kann. 19 vgl. Vahs (2007), S. 177 20 vgl. Schreyögg (2003), S. 137 21 vgl. Bea/ Göbel (2006), S. 392 f. 30 1 Primärorganisation Personalunion: Wichtige Positionen in den Tochtergesellschaften werden von Personen besetzt, die auch bedeutsame Stellen in der Dachgesellschaft innehaben. So kann ein Vorstandsmitglied der Dachgesellschaft gleichzeitig im Aufsichtsrat einer Division sitzen. Auf diese Weise nimmt die Dachgesellschaft in unterschiedlichem Maße Einfluss auf die wirtschaftliche Selbständigkeit der Tochtergesellschaften, während deren rechtliche Selbständigkeit unberührt bleibt. Je nach Leitungsintensität lassen sich drei Formen der Holding- Organisation unterscheiden: 22 Finanz-Holding strategische Management-Holding operative Management-Holding. Bei einer Finanz-Holding obliegt der Dachgesellschaft lediglich die Anteilsverwaltung, womit sie sich auf die Wahrung der finanziellen Interessen des Holding-Konzerns beschränkt. Die Untergesellschaften genießen umfangreiche Freiheiten. Neben den operativen Geschäften überlässt ihnen die Dachgesellschaft die gesamte strategische Leitung mit Ausnahme der Finanzfunktion. Die Zentrale setzt die finanziellen Zielgrößen wie Gewinn, Cash Flow oder ROI fest. Die Tochtergesellschaften erstatten in größeren Abständen in aggegierter Form Bericht über die Erreichung der finanziellen Ziele. 23 Die Dachgesellschaft konzentriert sich auf das Halten („to hold“), Erwerben und Veräußern von Beteiligungen. Sie kümmert sich nicht um das operative Geschäft der Untergesellschaften. Diese Form der Holding wird oft dann gewählt, wenn die Tochtergesellschaften nicht auf gemeinsame Ressourcen zurückgreifen und sich kaum Synergieeffekte erzielen lassen. 24 22 vgl. Krüger (2005), S. 209 f. 23 vgl. Schulte-Zurhausen (2002), S. 258 24 vgl. Scherm/ Pietsch (2007), S. 183 1.5 Erweiterungen der Grundformen 31 Bei der strategischen Management-Holding obliegt der Dachgesellschaft die strategische Leitung des Konzerns. Entsprechend werden die Aktivitäten der Tochtergesellschaften koordiniert. Ihnen wird die Zuständigkeit und Verantwortung für das operative Geschäft zusammen mit all denjenigen Funktionen übertragen, die notwendig sind, um Gewinn zu erwirtschaften. In der Regel sind sie - in Abstimmung mit der Dachgesellschaft - auch für ihre bereichsspezifische strategische Ausrichtung zuständig. Bei ihnen sind zumindest Produktion und Absatz angesiedelt, meistens auch die Forschung und Entwicklung. Die Untergesellschaften erstatten der Mutter regelmäßig ausführlichen Bericht über die erreichten Ergebnisse, z.B. über Gewinn, Umsatz und Kosten. Auf Anforderung sind sie verpflichtet, weiterführende, genauere Informationen zu liefern. Eine strategische Management-Holding kommt der divisionalen Organisationsstruktur mit Profit- oder Investment-Centern am nächsten, wobei jedoch die rechtliche Selbständigkeit der Center hinzukommt. Bei der operativen Management-Holding greift die Dachgesellschaft in das operative Geschäft ihrer Töchter ein. Grundsätzlich kann es zu Interventionen in alle betrieblichen Funktionen kommen. Daneben werden in größerem Umfang Funktionen aus den Tochtergesellschaften abgezogen und Zentralbereichen übertragen, z.B. der Einkauf oder die Personalentwicklung. Die Divisionen haben die Pflicht, die Dachgesellschaft laufend über das Erreichen operativer Ziele bis hin zu Details, z.B. die Veränderung einzelner Kostenarten, die aktuellen Lagerbestände etc., zu informieren. Die operative Management-Holding gleicht am ehesten einer divisionalen Struktur mit Cost-Centern. Die Holding-Organisation weist alle Vor- und Nachteile einer divisionalen Organisation auf. Es gibt weitere positive Merkmale und Schwachstellen. Vorteile der Holding-Organisation: wegen der größeren Nähe zum Markt und der Eigenständigkeit der Tochtergesellschaften kann schnell und flexibel gehandelt werden die Divisionen können die Kapitalkraft und Marktpräsenz des Holding-Konzerns nutzen. 32 1 Primärorganisation durch die rechtliche Autonomie der Tochtergesellschaften wird das unternehmerische Handeln gestärkt indem sich die Untergesellschaften auf die Kernbereiche konzentrieren, erhöht sich die Kundenorientierung aufgrund der rechtlichen Selbständigkeit identifizieren sich die Mitarbeiter mehr mit ihrer Gesellschaft der mögliche Wechsel zwischen den verschiedenen Tochtergesellschaften und der Dachgesellschaft erhöht die Karrieremöglichkeiten es entsteht ein umfangreicher Manager-Pool für Führungsaufgaben Erfolge der Tochtergesellschaften, die einen eigenen Jahresabschluss erstellen müssen, können eindeutig zugeordnet werden Haftungsbegrenzung auf die rechtlich selbständigen Einheiten steuerliche Vorteile durch geschickte Ausgestaltung der Rahmenbedingungen. Die Nachteile sind: um Vorteile für den Holding-Konzern als Ganzes zu erzielen, muss zum Teil gegen die Interessen einzelner Tochtergesellschaften verstoßen werden schwammige Kompetenzabgrenzungen zwischen Management- Holding und Tochtergesellschaften die Gewinnabführung der Tochtergesellschaften führt zu Motivationsproblemen, vor allem wenn es zur Quersubventionierungen weniger erfolgreicher Untergesellschaften kommt durch den Abstand zur Dachgesellschaft aufgrund der rechtlichen Selbständigkeit der Töchter kann das „Wir-Gefühl“ verloren gehen die Autonomie der Töchter kann zum Verlust von Größen- und Synergievorteilen im Konzern führen durch die oft umfangreichen Planungs- und Kontrollaktivitäten der Dachgesellschaft kann es zu mehr Bürokratie kommen die rechtliche Verselbständigung der Tochtergesellschaften bringt zusätzlichen finanziellen Aufwand mit sich, etwa für die Gründung, die Jahresabschlüsse und die Hauptversammlungen. 2 Sekundärorganisationen 2.1 Vorbemerkung Während mit den bisher beschriebenen Strukturen der Primärorganisation die üblichen, routinemäßigen Daueraufgaben geregelt werden sollen, dient die Sekundärorganisation der Erfüllung besonderer, bedeutsamer Aufgaben, die keine Routineaufgaben sind. Sekundärstrukturen bestehen neben und gleichzeitig mit der Primärorganisation und unterstützen diese. Je nach Zielsetzung können sie dauerhaft oder zeitlich befristet sein. Die Sekundärorganisation wird auch als duale Organisation, Parallelorganisation oder kolaterale Organisation bezeichnet. 25 Abb. 10 zeigt mögliche ergänzende Aspekte. Ergänzende Aspekte Form der Sekundärorganisation Produktorientierung Produktmanagement- Organisation Kundenorientierung Kundenmanagement- Organisation Marktorientierung Marktmanagement- Organisation Funktionsorientierung Funktionsmanagement- Organisation Strategische Planung Strategische Geschäftseinheiten komplexe und innovative, zeitlich befristete Problemstellungen Projektorganisation Karriere Parallelhierarchien Abb. 10: Formen der Sekundärorganisation 25 vgl. Vahs (2007), S. 146 f. 34 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen Bei der Projektorganisation handelt es sich um eine zeitlich befristete Sekundärstruktur. Die anderen genannten Formen der Sekundärorganisation sind auf Dauer angelegte Ergänzungen der Primärorganisation. 2.2 Produktmanagement-Organisation Der Gedanke, in funktional organisierten Unternehmen auch die spezifischen Anforderungen unterschiedlicher Produktgruppen berücksichtigen zu müssen, führte zur Entwicklung von Produktmanagement-Organisationen. Die Anfänge einer Produktmanagement-Organisation (Brand Management) finden sich bereits in den zwanziger Jahren in den USA. So versuchte Procter & Gamble auf diese Weise, den Absatzschwierigkeiten bei Konsumartikeln, insbesondere bei der Seife „Carmay“, zu begegnen. 26 Die Produktmanagement-Organisation sieht - ergänzend zur Primärstruktur - die Bildung spezieller Produktmanager-Stellen zur Betreuung einzelner Produkte oder Produktgruppen vor. Sie wird häufig von Konsumgüterunternehmen mit funktionaler Organisation eingesetzt, die Markenartikel herstellen, da viele dieser Produkte ein spezielles Marketing erfordern. Damit will man die Vorteile der Funktionalorganisation erhalten und gleichzeitig der notwendigen Produkt- und Marktorientierung Rechnung tragen. Ist der Diversifikationsgrad der Produkte sehr hoch, kann es sinnvoll sein, anstelle der Produktmanagement-Organisation eine produktorientierte Primärorganisation zu wählen. Die Produktmanagement-Organisation wird deshalb oft als Vorstufe zur Spartenorganisation gesehen. Das Produktmanagement findet sich - allerdings eher selten - auch als Sekundärstruktur in Spartenorganisationen. Dabei handelt es sich meist um Divisionen mit unterschiedlichen Produkten, die einer gesonderten Betreuung bedürfen. 26 vgl. Breisig (2006), S. 127 2.2 Produktmanagement-Organisation 35 Produktmanager sind Produktspezialisten und Funktionsgeneralisten und nehmen eine Produkt-Markt-Querschnittsfunktion ein. 27 Ihre Aufgaben sind: das Sammeln und Aufbereiten aller produktrelevanten Informationen durch Markt-, Zielgruppen- und Wettbewerbsanalysen die Bewertung produktbezogener Marktchancen die Überprüfung, ob die Produkte besonderer Aktivitäten bedürfen produktspezifische Absatz-, Umsatz- und Kostenpläne die Ausarbeitung, Umsetzung und Kontrolle von Marketing- Konzepten die Unterstützung bei der Entwicklung von Produktneuheiten, -variationen und -verbesserungen Hilfestellung bei der Produkteinführung. Die Produktmanager sind dabei auf die Unterstützung der Primärabteilungen, insbesondere auf Marktforschung, Werbung, Produkt- Design etc. angewiesen. Sie verfügen häufig nicht über eine eigene Abteilung und Mitarbeiter, sondern sind auf sich allein gestellt. Eine Produktmanagement-Organisation ist unter diesen Voraussetzungen sinnvoll: 28 es handelt sich um ein heterogenes Produktprogramm für die Produkte gelten unterschiedliche Marktbedingungen die Marktkomplexität und Marktdynamik, etwa kurze Innovations- und Produktlebenszyklen, erfordern es, dass die einzelnen Produkte bzw. Produktgruppen gesondert betreut werden müssen Produktmanager verfügen über unterschiedliche Kompetenzen. Sie reichen von bloßen Informationsrechten und -pflichten über eine fundierte Entscheidungsvorbereitung, weitgehende Beratungsrechte und -pflichten bis zu fachgebundenen Entscheidungs- und Weisungsbefugnissen innerhalb der Primärabteilungen. 27 vgl. Klimmer (2007), S. 6 28 vgl. Schulte-Zuhausen (2002), S. 288 36 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen Der Übergang zur Matrixorganisation ist fließend. Die Vorteile der Produktmanagement-Organisation sind: größere Kundennähe, da die Absatzpolitik an den Produktbesonderheiten ausgerichtet wird neue Trends und neue Anforderungen an Produkte können frühzeitig erkannt werden schnelle und effiziente Abstimmung produktbezogener Aktivitäten über die einzelnen Funktionsbereiche hinweg die Unternehmensleitung wird von Koordinationsaufgaben entlastet. Nachteile: zwischen den Vorgesetzten der Primärorganisation und den Produktmanagern kann es zu Kompetenzkonflikten kommen der Erfolg des Konzepts hängt in starkem Maße von den sozialen Kompetenzen des Produktmanagers ab hochqualifizierte Produktmanager bringen hohe Personalkosten mit sich. 2.3 Kundenmanagement-Organisation Während die Güter und Dienstleistungen des Unternehmens beim Produktmanagement im Mittelpunkt stehen, konzentriert sich das Kundenmanagement auf die Abnehmer dieser Leistungen. Um die Bedürfnisse einzelner Kunden oder Kundengruppen gezielt befriedigen zu können, erhalten sie einen festen Ansprechpartner, der sie in allen Belangen betreut. Statt von Kundenmanagement-Organisation wird auch von Key- Account-Management gesprochen. Es ist auf bestimmte Kundengruppen, insbesondere auf Großkunden, ausgerichtet. Vor allem in der Investitionsgüterindustrie ist es seit langem verbreitet, da hier viele Aufgaben kundenindividuell gelöst werden müssen. Seit den siebziger Jahren ist es auch in der deutschen Konsumgüterindustrie anzutreffen. So gibt es in vielen Konsumgüterunternehmen Kundenmanager (Key-Account-Manager), die gro- 2.3 Kundenmanagement-Organisation 37 ße Handelsketten wie Aldi, Lidl etc. betreuen, da mit ihnen ein Großteil des Umsatzes erzielt wird. Der Key-Account-Manager geht auf die speziellen Wünsche der einzelnen Großkunden ein. Dabei kann es um Sondergrößen einzelner Produkte, bestimmte Liefertermine und Liefermengen für einzelne Filialen, um besondere Verpackungen, gezielte Werbekampagnen, Preisverhandlungen und Ähnliches gehen. Neben der individuellen Betreuung haben die Kunden den Vorteil, dass ihnen bei allen Belangen stets derselbe Ansprechpartner zur Verfügung steht. In letzter Zeit rücken auch Privatkunden, die als weitgehend homogene Gruppe mit gleichartigen Bedürfnissen gesehen werden, ins Blickfeld des Key-Account-Managements. Die Kundenmanagement-Organisation wird sowohl ergänzend als auch alternativ zum Produktmanagement eingesetzt. Dem Key-Account-Manager obliegen diese Aufgaben: das Sammeln und Auswerten von Informationen über den Kunden der Aufbau von Kontakten und die Kontaktpflege die Beratung des Kunden hinsichtlich der Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens die Betreuung des Kunden bei allen anfallenden Problemen die Verhandlungen mit dem Kunden der Verkauf der Produkte und Dienstleistungen an den Kunden und der Abschluss von Verträgen die Abwicklung und Koordination der Kundenaufträge die Erstellung, Realisierung und Kontrolle eines auf den Kunden abgestimmten Marketing-Konzepts. Damit das Key-Account-Management zum Erfolg führt, müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein: eine überschaubare Zahl besonderer Kunden, bei denen eine differenzierte Betreuung angebracht ist der Key-Account-Manager muss über umfassende Kenntnisse der Produkte und Dienstleistungen seines Unternehmens und der Besonderheiten des Kunden verfügen 38 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen schneller Zugriff auf alle relevanten Kundeninformationen aufgrund eines hochwertigen Informations- und Kommunikationssystems der Key-Account-Manager muss innerhalb eines bestimmten Rahmens eigenständig entscheiden und handeln können. Für die Kompetenzen des Key-Account-Managers gelten die gleichen Ausprägungsalternativen wie bei der Produktmanagement- Organisation. Auch hier ist der Übergang zur Matrixorganisation fließend. Vorteile der Key-Account-Managementorganisation: die Kundenprofile lassen sich differenzierter erfassen es können zielgruppenspezifische Marketing-Konzepte entwickelt werden die Vertriebsressourcen konzentrieren sich auf besonders wichtige Kunden Interessengegensätze zwischen dem Unternehmen und den Kunden können früh erkannt, diskutiert und abgebaut werden durch den Aufbau und die Förderung der Kundenbeziehungen werden die Wettbewerbsvorteile langfristig gesichert der innerbetriebliche Koordinationsaufwand bei der Kundengewinnung und -betreuung verringert sich, da beide Aufgaben in einer Hand liegen durch die einheitliche vertriebspolitische Vorgehensweise wird die Verhandlungsposition gegenüber dem Kunden gestärkt. Nachteile dieser Organisationsform: höhere Personalkosten durch hochqualifizierte Key-Account- Manager zwischen den Key-Account-Managern und der Vertriebsabteilung kann es zu Kompetenzkonflikten kommen. Eine besonders ausgeprägte Form der Kundenmanagement-Organisation ist das Customer-Relationship-Management (CRM ).29 Es umfasst alle kundenbezogenen Aktivitäten, von der ersten Kon- 29 vgl. Bruhn (2002), S. 132 ff. 2.4 Marktmanagement-Organisation 39 taktaufnahme über die Intensivierung bis zur Wiederaufnahme von Kundenbeziehungen. Beim CRM geht es um die langfristige, positive Gestaltung der Kundenkontakte und die Optimierung aller kundenbezogenen Prozesse. Den Kunden werden nicht nur einzelne Produkte oder Dienstleistungen, sondern umfassende Problemlösungen angeboten. Dazu gehört es, die bestmögliche Kombination von Wertschöpfungspartnern, angefangen von den Zulieferern über die Logistikunternehmen und Mitarbeiter bis zur Verkaufsstelle des Kunden zu finden. 30 Der Übergang zur Prozessorganisation ist fließend. 2.4 Marktmanagement-Organisation Strebt das Unternehmen eine Internationalisierung an, kann es sich als sinnvoll erweisen, eine an Ländern oder Regionen orientierte Sekundärorganisation aufzubauen, falls diese Marktsegmente gleiche Anforderungen an die Produkte oder Dienstleistungen stellen. So gelten in der EU bestimmte Qualitätsstandards, die einzuhalten sind. Bei Kunden in streng islamischen Ländern müssen z.B. bestimmte Herstellungsstoffe (Alkohol, Schweinefleisch etc.) in Konsumgütern oder Medikamenten vermieden und stattdessen alternative Produkte angeboten werden. Die Beachtung regionaler Besonderheiten obliegt dem marktorientierten Manager. Die Marktmanagement-Organisation kann alternativ oder zusätzlich zum Kundenund/ oder Produktmanagement implementiert werden. Die Aufgaben des marktorientierten Managers sind: das Sammeln und Aufbereiten aller Informationen über die regionalen Märkte die Bewertung, welche Produkte und Dienstleistungen in diesen Regionen abgesetzt werden können 30 vgl. Vahs (2007), S. 187 f. 40 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen die Überprüfung, ob die jeweilige Region spezifische Aktivitäten erfordert die Vorbereitung und Kontrolle von Vertriebsaktivitäten, etwa hinsichtlich Konditionen und Distribution die Koordination aller marktbezogenen, an regionalen Besonderheiten orientierten Unternehmensaktivitäten. Für eine Marktmanagement-Organisation müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein: das Unternehmen muss international ausgerichtet sein eine Anpassung an die gebietsspezifischen Kundenwünsche ist notwendig der Marktmanager muss über genaue Kenntnisse der regionalen Besonderheiten sowie der Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens verfügen. Was die Kompetenzen des marktorientierten Managers anbelangt, gilt das Gleiche wie für die bereits beschriebenen Formen der Sekundärorganisation. Vorteile der Marktmanagement-Organisation: es werden länderbzw. regionenspezifische Produkt- und Marketingstrategien entwickelt die Unternehmensleitung wird von Koordinationsaufgaben entlastet effektive Durchführung aller länderrelevanten Aktivitäten über die Funktionsbereiche hinweg. Die Nachteile sind: es können Kompetenzkonflikte zwischen den Linienmanagern und Marktmanagern entstehen höhere Personalkosten durch den zusätzlichen Einsatz hochqualifizierter marktorientierter Manager. 2.5 Funktionsmanagement-Organisation 41 2.5 Funktionsmanagement-Organisation Bei der funktionsorientierten Sekundärorganisation geht es darum, ausgewählte Funktionen bereichsübergreifend zu planen, koordinieren, realisieren und kontrollieren. 31 Typische Bereiche des Funktionsmanagements sind das Controlling, das Qualitätsmanagement, das IT-Management und die Logistik, d.h. unternehmenswichtige Aufgaben, die nach einheitlichen Standards erfüllt werden sollen. In letzter Zeit ist in vielen Unternehmen das Umweltmanagement hinzugekommen. 32 Eine Funktionsmanagement-Organisation ist dann angebracht, wenn sich die Unternehmensziele besser mit einer zentralen Planung und Koordination der verschiedenen Funktionen erreichen lassen. Sie unterscheidet sich von den zur Primärorganisation gehörenden Querschnittseinheiten, die im Zusammenhang mit den Leitungshilfsstellen beschrieben wurden, vor allem dadurch, dass nicht die zentrale Erfüllung einer bestimmten Funktion im Mittelpunkt steht, sondern die zentrale Planung und Koordination dieser Funktion. So ist das Qualitätsmanagement nicht dazu da, Qualitätsarbeit für die einzelnen Abteilungen zu leisten, sondern mittels Planung und Koordination sicherzustellen, dass in den Abteilungen ein bestimmtes Qualitätsniveau erreicht wird. Die Funktionsmanagement-Organisation kann sowohl in Spartenorganisationen als auch in funktionalen Organisationen eingerichtet werden. Da es ein spezifischer Nachteil der Spartenorganisation ist, dass funktionsorientierte Spezialisierungsvorteile verloren gehen, leuchtet die Sinnhaftigkeit der Implementierung einer Funktionsmanagement-Organisation als Sekundärorganisation in diesem Fall unmittelbar ein. Auch bei einer funktionalen Organisation kann eine funktional ausgerichtete Sekundärstruktur notwendig sein, obwohl bereits eine 31 vgl. Klimmer (2007), S. 61 32 vgl. Schulte-Zurhausen (2002), S. 293 42 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen funktionale Primärorganisation existiert. Es geht dabei um verrichtungsorientierte Querschnittsfunktionen, bei denen die übergreifende Koordination dafür sorgt, dass die übergeordneten Ziele nicht aus den Augen verloren werden. Die Kompetenzen des Managers können wiederum wie bei den anderen Formen der Sekundärorganisation ausgestaltet werden. Vorteile des Funktionsmanagements: 33 durch die standardisierten Prozesse, die für das gesamte Unternehmen gelten, werden die Qualität und Effizienz wichtiger Funktionen sichergestellt durch die Zusammenfassung von funktionsorientiertem Knowhow lassen sich die Organisationseinheiten gut koordinieren. Nachteile: es besteht die Gefahr, dass die Organisationseinheiten der Primärstruktur zu wenig Eigeninitiative entwickeln und sich stattdessen darauf verlassen, dass die Koordinationsstelle entsprechende Vorgaben macht aufgrund der vereinheitlichten Vorgehensweise werden länder- und produktspezifische Besonderheiten kaum berücksichtigt. 2.6 Strategische Geschäftseinheiten Da die Primärorganisation auf die Erfüllung der Routineaufgaben und auf die kurzfristige Zielerreichung ausgerichtet ist, ist sie bei strategischen Überlegungen wenig hilfreich. Deshalb werden ergänzend Strategische Geschäftseinheiten (SGE) oder Strategic Business Units (SBU) gebildet, die die strategische Ausrichtung und das langfristige Überleben des Unternehmens sichern sollen. 34 Sie bilden die Basis für die strategische Planung in Großunternehmen und für die Strategieentwicklung in strategischen Geschäftsfeldern. 33 vgl. Klimmer (2007), S. 63 34 vgl. Jones/ Bouncken (2008), S. 462; Vahs (2007), S. 201 2.6 Strategische Geschäftseinheiten 43 Strategische Probleme des Gesamtunternehmens lassen sich nur in Ausnahmefällen einheitlich bearbeiten. Dabei handelt es etwa um Fragen nach wichtigen Konkurrenten und ihren Strategien, dem Wachstum des Marktes, der Lebensdauer von Produkten, den Faktoren, die den größten Einfluss auf das Marktvolumen haben, den neuesten technologischen Entwicklungen und den wesentlichen Faktoren für den Erfolg bzw. Misserfolg. In der Regel gibt es darauf keine Antworten, die für das gesamte Unternehmen gelten und auch keine allgemeingültigen Reaktionen. Vielmehr erfordern verschiedene Unternehmensbereiche, d.h. Strategische Geschäftseinheiten, unterschiedliche Vorgehensweisen und Lösungen. Strategische Geschäftseinheiten werden als Einheiten definiert, die homogene Produkte oder Dienstleistungen so zusammenfassen, dass die Kunden und deren Wettbewerber genau bekannt sind, bzw. die über bestimmte Kernfähigkeiten oder Kernprodukte verfügen, die dem Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen bzw. langfristig sichern sollen. Die Bildung Strategischer Geschäftseinheiten ist ein schwieriges Unterfangen. Sie gilt in der Praxis als Kunst. Wichtige Kriterien bei der Bildung einer SGE: 35 eine eigenständige Marktaufgabe eine bedeutende, unternehmensrelevante Aufgabe eindeutig identifizierbare Konkurrenten es besteht Potenzial zur Erzielung relativer Wettbewerbsvorteile eigenständige Entscheidungen ausreichende Managementkompetenz der Führungskräfte. 35 vgl. Staehle (1994), S. 727; Bühner (2004), S. 208 f. 44 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen Strategische Geschäftseinheiten können in funktional als auch in divisional gegliederte Unternehmen und Matrix- oder Tensororganisationen integriert werden. Grundsätzlich baut die Bildung Strategischer Geschäftseinheiten auf der vorhandenen Primärorganisation auf. Deren Organisationseinheiten müssen sich aber nicht zwangsläufig mit den SGEs decken, da sie nicht denselben Zweck verfolgen. Wie Abb. 11 am Beispiel einer divisionalen Primärorganisation zeigt, gibt es bei der organisatorischen Eingliederung strategischer Geschäftseinheiten vier Alternativen: Fall 1: Die SGE ist mit einem bestimmten Bereich der Primärorganisation identisch. Dies ist die einfachste Variante. UB 3 der Primärorganisation entspricht z.B. SGE 6. Das Gleiche gilt für P1 und SGE 1. Die Vorgesetzten der Primärorganisation sind in der Regel jedoch nicht gleichzeitig Leiter der SGEs, womit die Mitarbeiter zweifach unterstellt sind. Fall 2: Mehrere Einheiten der Primärorganisation bilden zusammen eine strategische Geschäftseinheit. Unter strategischen Gesichtspunkten haben sie einen gemeinsamen Vorgesetzten, in der Primärorganisation sind sie unterschiedlichen Vorgesetzten unterstellt. D3 und D4 gehören in der Primärorganisation zu verschiedenen Unternehmensbereichen, aus strategischer Sicht sind sie Teile von SGE 4. 2.6 Strategische Geschäftseinheiten 45 Abb. 11: Strategische Geschäftseinheiten in einer divisionalen Primärorganisation 36 36 entnommen aus: Szyperski/ Winand (1979), S. 203. 46 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen Fall 3: Eine Einheit der Primärorganisation wird in verschiedene SGEs unterteilt. In der Primärorganisation gibt es einen gemeinsamen Vorgesetzten, in der Sekundärorganisation sind die Untereinheiten verschiedenen Instanzen unterstellt. D4 und D5 unterstehen in der Primärorganisation derselben Instanz sind aber unterschiedlichen SGEs zugeordnet und haben deshalb bei strategischen Belangen unterschiedliche Vorgesetzte. Fall 4: Einzelne Teile aus verschiedenen primären Einheiten bilden gemeinsam eine SGE. So gehören P2 und P3 in der Primärorganisation zu unterschiedlichen Divisionen und sind in der Sekundärorganisation zur SGE2 zusammengefasst. Die Zuordnung zu einer strategischen Geschäftseinheit muss angepasst werden, falls eine andere Kombination sinnvoller erscheint. Etwa wenn neue Konkurrenten hinzukommen, die Kunden neue Bedürfnisse entwickeln oder neue Strategien geplant sind. Andernfalls würde eine organisatorische Lücke entstehen, die Organisation würde der Strategie gewissermaßen „hinterherhinken“. Im Extremfall kann sie so ineffektiv sein, dass der Erfolg und die Überlebensfähigkeit des gesamten Unternehmens gefährden sind. Strategische Geschäftseinheiten unterstehen direkt der Unternehmensleitung. Zur ihrer Koordination wird in der Regel ein zentraler strategischer Planungsstab oder ein Planungsausschuss gebildet. Die Vorteile Strategischer Geschäftseinheiten sind: die Unternehmensleitung wird von der Umsetzung der Strategien entlastet es lassen sich detaillierte Untersuchungen der spezifischen Markt-, Kunden- und Wettbewerbssituation durchführen Führungskräfte, denen die strategischen Produkt-/ Marktentscheidungen obliegen, übernehmen die Verantwortung die Zusammenarbeit von Primärorganisation und SGEs führt zu besseren Produkt-/ Markt-Entscheidungen positive Auswirkungen auf die Personalentwicklung, da die Führungsnachwuchskräfte durch die Mitarbeit in der Sekundärorganisation früh in strategischem Denken geschult werden. 2.7 Projektorganisation 47 Nachteile Strategischer Geschäftseinheiten: Konflikte und Machtprobleme, da die Vorgesetzten der SGEs und der primären Abteilungen meist nicht identisch sind Koordinationsprobleme, da die Strategieentwicklung bei der Unternehmensleitung und die Strategieumsetzung bei den Leitern der SGEs angesiedelt ist Akzeptanzprobleme auf Seiten der SGE-Leiter, da die Entscheidung über die Strategien und deren Ausführung getrennt sind es ist schwierig, Erfolgskomponenten zu definieren, da es Probleme bereitet, langfristige Wettbewerbsvorteile zu messen erfolgsorientierte Entgeltsysteme lassen sich kaum übertragen, da ihre eher kurzfristige Ausrichtung nicht zur strategischen Orientierung der SGEs passt. 2.7 Projektorganisation 2.7.1 Abgrenzung In diesem Kapitel geht es um die organisatorische Struktur von Projekten, d.h. um mögliche Gestaltungsformen, sowie um die Eingliederung dieser zeitlich befristeten Sekundärorganisation in die Primärorganisation. Die Projektorganisation schafft einen Ordnungsrahmen, in dem Projekte abgewickelt werden können, ohne dass sie das Routinegeschäft stören. 37 Von der Projektorganisation ist das Projektmanagement zu unterscheiden. Zu ihm gehören alle projektbezogenen Aufgaben wie die Kostenplanung, Zeitpläne, die Mittelbereitstellung oder die Untersuchung logischer Abhängigkeiten zwischen den Teilprojekten und der Projektkontrolle. Die Projektorganisation ist ein Teil des Projektmanagements. Sie wird auch als Projektmanagement im engeren Sinn bezeichnet. 37 vgl. Breisig (2006), S. 119 48 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen Ein Projekt ist ein neuartiges, zeitlich befristetes Sonderproblem, das mit begrenzten Ressourcen gelöst werden muss. Es ist so komplex, dass eine meist interdisziplinäre Zusammenarbeit notwendig ist, um einseitige, ressort- oder abteilungsspezifische Lösungen zu vermeiden. Ein Projekt zeichnet sich durch diese Merkmale aus: Zielorientierung: Die Aufgabenstellung ist genau definiert. Komplexität: Es geht um die Lösung eines umfangreichen Problems, das mehrere Bereiche betrifft. Neuartigkeit: Projekte befassen sich mit neuen Aufgabenstellungen und nicht mit Routineaufgaben. Interdisziplinäres Handeln: Ressortbzw. abteilungsbezogenes Denken wird bewusst vermieden. Einsatz von Spezialisten: Die Projektmitarbeiter werden in der Regel anhand ihrer fachlichen Spezialisierung ausgesucht. Zeitliche Befristung: Das Projekt hat einen genau definierten Anfang und ein genau definiertes Ende. Finanzielle Begrenzung: Für das Projekt wird ein Budget festgelegt. Begrenzte sachliche und personelle Ressourcen: Für das Projekt werden bestimmte sachliche Hilfsmittel und eine bestimmte Mitarbeiterkapazität zur Verfügung gestellt. In der Regel Teamarbeit: Die meisten Projekte werden von Teams bearbeitet. Ein Projekt kann ein physisches Objekt wie ein Bauvorhaben, die Entwicklung neuer Produkte oder den Umzug in ein neues Verwaltungsgebäude und abstrakte Objekte wie eine SAP-Einführung, die Schulung der Call-Center-Mitarbeiter oder eine Unternehmensfusion zum Gegenstand haben. Neben den gemeinsamen Merkmalen weisen Projekte Eigenschaften auf, in denen sie sich unterscheiden: ihr zeitliche Umfang der Grad ihrer Besonderheit 2.7 Projektorganisation 49 ihr Komplexitätsgrad ihr Schwierigkeitsgrad die Bedeutung des Projekts für die Gesamtziele des Unternehmens der Schaden, der entsteht, wenn die Projektziele nicht erreicht werden. Von diesen Eigenschaften hängt es ab, welche Art der Projektorganisation sich im Einzelfall am besten geeignet. Man unterscheidet drei Grundformen: Stabs-Projektorganisation Matrix-Projektorganisation reine Projektorganisation. In der Praxis finden sich zahlreiche Mischformen. Diese Grundformen der Projektorganisation ergänzen als zeitlich befristete Sekundärorganisation die Primärorganisation. Daneben gibt es auch Primärorganisationen, die selbst als Projektorganisation gestaltet sind. Solche Unternehmen wickeln ausschließlich Projekte ab, Sonderaufgaben sind bei ihnen gewissermaßen alltägliche Routine. 2.7.2 Stabs-Projektorganisation Bei dieser Projektform wird ein Mitarbeiter von der Unternehmensleitung für einen bestimmten Zeitraum zum Projektleiter ernannt. Er ist in der Regel direkt dem Top-Management unterstellt. Ähnlich wie bei einer Stabsstelle der Primärorganisation hat auch der Leiter eines Stabs-Projektes keine Weisungsbefugnis. 38 Es wird zudem kein Projektteam gebildet, dennoch soll der Projektleiter das Projekt nicht allein durchführen. Wegen der Komplexität des Problems, die entsprechend der Definition zum Projekt gehört, wäre dies auch nicht möglich. Die Aufgaben des Projektleiters: 38 vgl. Schwarze (2006), S. 299 50 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen die Zerlegung des Projekts in Teilaufgaben die Verteilung der Aufgaben auf die betroffenen Abteilungen die Versorgung der Beteiligten mit Informationen die Koordination der Aktivitäten die Terminüberwachung die Überwachung des Projektfortschritts die Überprüfung, ob von den Projektzielen abgewichen wird die Beratung der Unternehmensleitung und der Linieninstanzen im Rahmen des Projektes die Kostenkontrolle. Die Stabs-Projektorganisation ist in Abb. 12 dargestellt. Abb. 12: Stabs-Projektorganisation Der Projektleiter verfügt nicht über direkt unterstellte Projektmitarbeiter, deshalb ist er auf die Unterstützung der Linienabteilungen angewiesen. Deren Mitarbeiter nehmen die Projektaufgaben neben ihren Routineaufgaben wahr. Sie verbleiben während der gesamten Projektdauer in ihren Abteilungen und erledigen die Projektteilaufgaben nur auf Anweisung ihres direkten Vorgesetzten. Da der Projektleiter keine Weisungsbefugnis besitzt, muss er die Linieninstanzen von der Notwendigkeit und Dringlichkeit des Projekts überzeugen. Stabs-Projekte werden deshalb auch Überzeu- 2.7 Projektorganisation 51 gungsprojekt oder Einflussprojekt genannt oder als Projektkoordination bezeichnet. Das macht deutlich, dass der Projektleiter über große fachliche und soziale Kompetenz verfügen muss, da das Projekt andernfalls zum Scheitern verurteilt ist. Eine Stabs-Projektorganisation muss diese Voraussetzungen erfüllen: erst ab einer gewissen Komplexität des Projektes ist die Abordnung von Mitarbeitern aus den betreffenden Abteilungen gerechtfertigt Teilaufgaben des Projektes müssen getrennt und weitgehend ohne bzw. mit nur gelegentlichen Absprachen erbracht werden können der Projektleiter muss Überzeugungskraft besitzen er muss bei den Beteiligten angesehen sein er muss über informale Macht verfügen das Projekt sollte nicht sehr dringlich sein ein eher geringer Schaden, sollte das Projekt scheitern das Projekt ist für die Ziele des Unternehmens von untergeordneter Bedeutung. Vorteile der Stabs-Projektorganisation: die laufende Arbeit in den Abteilungen bleibt weitgehend unbeeinträchtigt es sind lediglich geringfügige Ergänzungen der Organisationsstruktur notwendig die Projektmitarbeiter werden nur insoweit in Anspruch genommen als tatsächlich Aufgaben vorliegen die Mitarbeiter können an mehreren Projekten gleichzeitig mitarbeiten. Die Nachteile: der Projektleiter ist vom „Good Will“ der Linienvorgesetzten abhängig, da er keine Weisungsbefugnis hat 52 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen die Entscheidungsvorbereitung ist umständlicher als bei einem Projekt, bei dem der Projektleiter mit umfangreicheren Befugnissen ausgestattet ist schwerfällige Entscheidungsfindung, da die Linieninstanzen den üblichen Aufgaben ihrer Abteilungen Priorität geben ständiges Ringen um die Kapazitäten der Mitarbeiter wegen der genannten Nachteile kommt es oft zu Verzögerungen außer dem Projektleiter fühlt sich niemand für das Projekt verantwortlich der ständige Koordinationsbedarf des Projektleiters belastet die Linienvorgesetzten zusätzlich bei den Mitarbeitern, die neben ihren Routinearbeiten Projektaufgaben erfüllen müssen, kann es zur Überlastung kommen. Stabs-Projekte findet man in der Praxis häufig. 39 Sie bieten sich vor allem an, um die Leistungsfähigkeit der Führungsnachwuchskräfte zu überprüfen, da der Projektleiter zeigen muss, dass er zu mehr in der Lage ist, als Anweisungen zu erteilen. Letzteres kann jeder, der mit entsprechender formaler Macht ausgestattet ist. Bei Stabs- Projekten kommt es hingegen auf die sozialen Kompetenzen und vor allem auf die Fähigkeit an, zu motivieren. Auch die Wertschätzung wird sichtbar, die der Projektleiter bei höherrangigen Instanzen genießt. 2.7.3 Reine Projektorganisation Bei dieser Projektform passt sich die Organisation am stärksten an die Anforderungen des Projektes an, da die Projektaufgaben vollständig aus der Primärorganisation ausgelagert werden und eine eigenständige, neue Organisationseinheit gebildet wird. Die reine Projektorganisation wird auch als Task Force oder als Pure Project Management bezeichnet. Sie ist in Abb. 13 dargestellt. 39 vgl. Vahs (2007), S. 197 2.7 Projektorganisation 53 Abb. 13: Reine Projektorganisation Die Projektmitarbeiter werden für die Dauer des Projekts von ihren bisherigen Aufgaben entbunden und aus dem bestehenden Stellengefüge der Primärorganisation herausgelöst. Sie werden zu einem Projektteam zusammengefasst und bis zum Projektende einem Projektleiter unterstellt. Anschließend kehren sie meist wieder in ihre Abteilungen zurück. Die bisherigen Rangunterschiede spielen während des Projektes keine Rolle. Die Projektmitarbeiter können in der Primärorganisation auf einer niedrigen, der gleichen oder einer höheren Hierarchieebene als der Projektleiter tätig sein. Während des Projektes sind sie diesem unterstellt. Die bevorzugte Arbeitsform ist die Teamarbeit. In der Regel hat der Projektleiter die fachliche Weisungsbefugnis und bestimmt, wie die Projektaufgaben zu erfüllen sind. Demgegenüber verbleibt das disziplinarische Weisungsrecht beim Vorgesetzten der bisherigen Abteilung. Dazu gehört vor allem das Recht, personalpolitische Maßnahmen wie Versetzungen, Beförderungen oder Kündigungen gegenüber den Mitarbeitern einzuleiten und durchzuführen. Die Weisungsbefugnisse werden deshalb getrennt, um die Verbundenheit mit der Primärabteilung aufrechtzuerhalten und den bishe- 54 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen rigen Vorgesetzten mit in die Entscheidungen über den Mitarbeiter einzubeziehen. Fachliche Weisungen darf er ihm während der Projektdauer jedoch nicht erteilen. Bei länger dauernden Projekten wird die disziplinarische Weisungsbefugnis allerdings häufig geteilt, womit dem Projektleiter nicht nur die fachlichen, sondern auch kurzfristige disziplinarische Weisungsrechte eingeräumt werden. Die langfristigen disziplinarischen Entscheidungen obliegen weiterhin dem Vorgesetzten der „Heimatabteilung“. 40 In der Luft- und Raumfahrtindustrie können Projekte bis zu zehn Jahre dauern, weshalb es bisweilen sogar zu projektbezogenen Unternehmensausgründungen kommt. 41 In derartigen Fällen werden dem Projektleiter alle fachlichen und disziplinarischen Weisungsbefugnisse übertragen. Die Projektmitarbeiter werden ganz aus ihren Abteilungen herausgelöst und kehren am Ende des Projektes auf eine adäquate, aber nicht unbedingt dieselbe Stelle in derselben Abteilung zurück. Zum Teil werden sie auch neuen oder weiterführenden Projekten zugeteilt. Mitarbeiter können auch nur zeitweise dem Projekt zugeteilt werden, falls dort nicht genug Arbeit anfällt. Sollten die notwendigen Qualifikationen im Unternehmen nicht vorhanden oder sollten die entsprechenden Mitarbeiter in ihren Abteilungen unabkömmlich sein, können eigens für das Projekt befristet neue Mitarbeiter angestellt werden. Nach Beendigung des Projektes scheiden sie wieder aus dem Unternehmen aus, es sei denn, sie werden für weitere Projekte angestellt oder ihnen wird - etwa aufgrund ihrer Qualifikation - eine unbefristete Beschäftigung im Unternehmen angeboten. Der Projektleiter muss über wesentlich mehr Kompetenzen als bei einem Stabs-Projekt verfügen. Er hat die volle Entscheidungsbefugnis über alle Ressourcen und übernimmt die alleinige Verantwortung für die Durchführung und Zielerreichung des Projektes. Er kann über sämtliche mit dem Projekt verbundenen 40 vgl. Schulte-Zurhausen (2002), S. 152 41 vgl. Frese (2005), S. 523; Schreyögg (2003), S. 194 2.7 Projektorganisation 55 Aufgaben entscheiden und ist gegenüber den Projektmitarbeitern weisungsberechtigt. Eine reine Projektorganisation ist unter diesen Voraussetzungen sinnvoll: es handelt sich um komplexes und bedeutsames Projekt, das schnell zum Abschluss gebracht werden soll werden die Projektziele nicht erreicht, kann es zu einem hohen wirtschaftlichen Schaden kommen der Arbeitsumfang rechtfertigt die Freistellung der Mitarbeiter die freigestellten Mitarbeiter können kurzfristig durch andere ersetzt werden es ist ein qualifizierter und angesehener Projektleiter verfügbar, dem auch solche Mitarbeiter unterstellt werden können, die in der Primärorganisation gleich- oder höhergestellt sind. Vorteile: durch diese Projektform werden die laufenden Routineaufgaben nicht vernachlässigt indem sich alle Beteiligten auf das Projekt konzentrieren, kann es schnell abgewickelt werden es kommt kaum zu Konflikten zwischen den Fachabteilungen und der Projektleitung, da diese weitgehend selbständig ist schnelle und einheitliche Entscheidungen, da der Projektleiter volle Entscheidungsbefugnis besitzt auf Störungen und Abweichungen kann schnell reagiert werden, da keine Absprachen mit den Linienvorgesetzten erforderlich sind die Projektmitarbeiter identifizieren sich stärker mit dem Projekt, da es nicht als lästige Nebenpflicht empfunden wird. Die Nachteile der reinen Projektorganisation: hoher organisatorischer Aufwand erhebliche Umstellungskosten in der Primärorganisation wegen der freigestellten Mitarbeiter sind umfangreiche Vertretungsregelungen notwendig lange Vorbereitungsphase 56 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen die Projektmitarbeiter müssen möglicherweise erst lernen, im Team zu arbeiten die Mitarbeiter sind sich nicht sicher, ob sich ihre Mitwirkung an dem Projekt positiv oder negativ auf ihre berufliche Zukunft in der Linienhierarchie auswirkt Rekrutierungsprobleme, falls einzelne Mitarbeiter ihre Abteilungen nicht für längere Zeit verlassen wollen Rekrutierungsprobleme, falls die Abteilungsleiter besonders qualifizierte Mitarbeiter nicht längere Zeit freistellen möchten mögliche Unterauslastung der Mitarbeiter, da diese vollzeitlich für das Projekt abgestellt werden möglicherweise Probleme bei der Wiedereingliederung in die hierarchische Struktur nach Projektende, da sich die Mitarbeiter an die Teamarbeit gewöhnt haben und diese bevorzugen die Mitarbeiter können aufgrund ihrer neuen Erfahrungen und Erkenntnisse das Interesse an ihrer bisherigen Stelle verlieren mögliche Entfremdung von der Fachabteilung, da sich einzelne Mitarbeiter stark mit dem Projekt identifizieren, vor allem bei langer Projektdauer. 2.7.4 Matrix-Projektorganisation Bei der Matrix-Projektorganisation wird die Primärorganisation durch zusätzliche projektbezogene Weisungsrechte überlagert, wodurch eine Art zeitlich befristete Matrixorganisation entsteht (Abb. 14). Der Projektleiter trägt die volle Verantwortung für das Projekt. Anders als bei der reinen Projektorganisation verfügt jedoch nicht über direkt unterstellte Projektmitarbeiter. Ähnlich wie ein Stabs- Projektleiter delegiert er die Teilaufgaben an die Linienabteilungen. Die in ihren Abteilungen verbleibenden Mitarbeiter erfüllen die Projektaufgaben zusätzlich zu ihren regulären Aufgaben. Der Projektleiter kann jedoch Weisungen in den Linienabteilungen erteilen. Die Mitarbeiter sind also zweifach - ihrem Linienvorgesetzten ihm Rahmen ihrer regulären Aufgaben und dem Projektleiter im Rahmen der Sonderaufgaben - unterstellt. Da beide Manager for- 2.7 Projektorganisation 57 mal gleichberechtigt sind, sind die Konflikte gewissermaßen vorprogrammiert. Abb. 14: Matrix-Projektorganisation Aus diesen Gründen hat sich eine modifizierte Form der Matrix- Projektorganisation durchgesetzt, bei der der Projektleiter nicht direkt auf bestimmte Mitarbeiter zugreift. 42 Stattdessen wendet er sich an den zuständigen Fachabteilungsleiter, fordert bestimmte Leistungen an und legt den Termin für deren Erfüllung fest. Der Projektleiter bestimmt also das „was und bis wann“. Die Abteilungsleiter bestimmen daraufhin, welche Mitarbeiter die Aufgabe übernehmen und welche Hilfsmittel sie dabei einsetzen. Sie sind also für das „wer“ und „wie“ zuständig. Sollten sich Projekt- und Linienmanager nicht einigen können, muss die übergeordnete Instanz entscheiden. 43 Eine Matrix-Projektorganisation muss diese Voraussetzungen erfüllen: es sind mehrere Abteilungen betroffen, jedoch nicht in dem Maße, dass es gerechtfertigt wäre, Mitarbeiter freizustellen 42 vgl. Schmidt (1994), S. 136 43 vgl. Bühner (2004), S. 219 58 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen das Projekt kann in relativ klar zu trennende Teilaufgaben unterteilt werden, die sich einzeln bearbeiten lassen die Fachabteilungen verfügen über ausreichende Kapazität und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter der Projektleiter verfügt neben den formalen Befugnissen über die notwendige informale Macht, um dem Projekt entsprechenden Nachdruck zu verleihen das Projekt ist dringlicher als ein Stabs-Projekt, jedoch nicht so dringlich, wie es bei einer reinen Projektorganisation notwendig wäre. Vorteile : geringer Umstellungsaufwand kaum Akzeptanzprobleme bei den Mitarbeitern, da sie nicht aus ihren Abteilungen herausgelöst werden die Mitarbeiter müssen nicht durch Stellvertreter ersetzt werden das Personal lässt sich je nach Bedarf flexibel einsetzen einfachere Koordination als beim Stabsprojekt, da der Projektleiter Weisungsbefugnis besitzt die Vorgesetzten in den Linienabteilungen fühlen sich für das Projekt mitverantwortlich, da sie an der Durchführung beteiligt sind. Die Nachteile: Projektleiter und Linienvorgesetzter konkurrieren um knappe Ressourcen werden mehrere Projekte gleichzeitig durchgeführt, kann sich der Konflikt verschärfen Verzögerungen, falls der Linienmanager dem Tagesgeschäft Vorrang einräumt Routine- und Projektaufgaben führen zu hohem Koordinierungsaufwand beim Linienvorgesetzten durch die Mehrfachbelastung kann es zur Überforderung der Mitarbeiter kommen. In letzter Zeit entscheidet man sich häufig für eine ungleichberechtigte Form der Matrix-Projektorganisation. In diesem Fall 2.8 Parallelhierarchien 59 hat der Projektleiter mehr Kompetenzen als der Linienvorgesetzte. Bei Konflikten muss sich dieser den Wünschen des Projektleiters anpassen. Dies soll die vorrangige und zügige Erledigung des Projektes sicherstellen. Da die Produktlebenszyklen immer kürzer werden und ständig entsprechende neue Projekte notwendig sind, wird diese Art der Matrix-Projektorganisation oft dauerhaft installiert. 44 Hinzu kommt, dass diese Projekte zügig erledigt werden müssen, um die neuen Produkte schnell auf den Markt bringen zu können. Um die Bedeutung des Projektes zu unterstreichen, ist der Projektleiter in der Regel direkt der Unternehmensleitung unterstellt. Es besitzt ähnlich umfangreiche Weisungsbefugnisse und Entscheidungsrechte wie bei der reinen Projektorganisation. Er ist für die Ressourcen, die Durchführung und den Erfolg des Projektes und alle personellen Aspekte verantwortlich. Die Projektmitarbeiter verbleiben je nach Arbeitsaufwand in ihren Abteilungen oder werden für eine bestimmte Zeit aus ihnen herausgelöst. Häufig werden diese Projekte unmittelbar von Mitgliedern der Unternehmensleitung betreut, um sofort auf Planabweichungen reagieren zu können und dem Projekt zusätzlich Gewicht zu verleihen. 2.8 Parallelhierarchien Primärorganisationen sind hierarchisch gegliedert. Wegen des pyramidalen Unternehmensaufbaus verringern sich die Aufstiegsmöglichkeiten nach oben hin, da der Stellenkegel immer enger wird. Da sich neue organisatorische Strukturen häufig am Lean Management orientieren, haben sie besonders flache Hierarchien. Verantwortung und Kompetenzen werden von oben nach unten delegiert und gleichzeitig erheblich ausgeweitet. Dies hat dazu geführt, dass die vertikalen Karrieremöglichkeiten, d.h. der Aufstieg in der Führungslaufbahn, noch stärker eingeschränkt sind. Regelmäßige, stufenweise Beförderungen in einem akzeptablen Zeitraum werden erschwert. 44 vgl. Bühner (2004), S. 220 60 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen Auch die Träger nicht-operativer Linienaufgaben ohne Personalverantwortung haben weniger Aufstiegschancen. Dies gilt insbesondere für Spezialisten und Forscher. Ihnen stehen kaum hierarchieorientierte Karrieren offen, es sei denn, sie wechseln in Linienpositionen, die in der Regel jedoch kaum ihren Berufsvorstellungen noch ihrer Spezialisierung entsprechen. Um Unzufriedenheit und Demotivation beim Führungsnachwuchs und bei Spezialisten zu vermeiden, führen große Unternehmen zunehmend alternative Laufbahnformen ein, die als Parallelhierarchien bezeichnet werden. Dafür sind auch die Bezeichnungen Dual Hierarchy und Dual Ladder üblich. Man findet sie vor allem im Forschungs- und Entwicklungssektor, im Vertrieb und im EDV-Bereich. 45 Neben dem hierarchischen Aufstieg finden sich diese alternativen Laufbahnen: Fachlaufbahnen Projektlaufbahnen Funktionshierarchien Fachlaufbahnen bieten die Möglichkeit, mit zunehmender fachlicher Qualifikation in einer Parallelhierarchie aufzusteigen. Die Positionen sind in der Regel mit einem bestimmten Titel, z.B. Ober- Ingenieur oder Senior Consultant, verbunden. Andere Statussymbole wie Dienstwagengröße oder Büroausstattung ähneln denen bei der Führungslaufbahn. Bei Fachlaufbahnen steigt das Entgelt ebenso wie bei einer hierarchischen Laufbahn. Problematisch an Fachlaufbahnen ist die einseitige Spezialisierung, die den inner- und zwischenbetrieblichen Wechsel erschwert. 46 Einige Unternehmen fördern den Wechsel zwischen den Laufbahnarten im Rahmen ihrer systematischen Personalentwicklung bzw. planen ihn bei den Karriereschritten ihres Führungsnachwuchses ein. 45 vgl. Berthel/ Becker (2003), S. 335 46 vgl. Olesch (2003), S. 72 f.; Schmitt (2002), S. 80 f.; o.V. (2004), S. 55 2.8 Parallelhierarchien 61 Oft sind auch Karriereschritte in einer Projektlaufbahn vorgesehen. Die Karriereentwicklung kann auch ausschließlich innerhalb der Projekthierarchie oder der Fachlaufbahn vonstatten gehen. Durch die Übernahme von Führungsverantwortung in Projekten kann eine Fachkraft zeitlich befristet Führungsaufgaben kennen lernen. Umgekehrt lernen Führungskräfte die Vorzüge der Spezialisierung kennen und können so - befreit von den Zwängen des Tagesgeschäfts - ihr Fachwissen zu vertiefen. Durch die bei den Projekten vorherrschende Teamarbeit werden außerdem die Kommunikations-, Kooperations- und Konfliktlösungsfähigkeiten gestärkt. 47 Fach- und Projektlaufbahnen sind nur dann eine echte Alternative, wenn sie in- und außerhalb des Unternehmens als gleichwertig gelten. 48 Andernfalls sind sie für die Mitarbeiter kaum attraktiv. Deshalb ist es notwendig, die Distanz zwischen den Karriereschritten und die Schwierigkeit, die nächste Ebene zu erreichen, bei Parallelhierarchien und Führungslaufbahn ähnlich zu gestalten. Vorteile von Fach- und Projektlaufbahnen: indem ein höherer formaler Status verliehen wird, werden gute Leistungen anerkannt bessere Karriereaussichten trotz flacher Unternehmenspyramide regelmäßige Karriereschritte durch den Wechsel zwischen den Laufbahnarten können die Mitarbeiter ihren Horizont erweitern. Nachteile : weniger Machtzuwachs bei Aufstieg in der Parallelhierarchie ein Aufstieg in der Parallelhierarchie wird häufig nicht als gleichwertig angesehen das Verbleiben in der Parallelhierarchie wird häufig als Misserfolg angesehen, da man es nicht geschafft hat, auf eine Führungsposition in der Linie zu wechseln 47 vgl. Majer/ Mayrhofer (2007), S. 36 ff.; Modi/ Tschabrun (2004), S. 38 ff. 48 vgl. Schmitt (2002), S. 80 62 2 Innovationsfördernde Unternehmenskulturen die klassische Hierarchie bietet mehr Möglichkeiten, auf andere Positionen - auch außerhalb des Unternehmens - zu wechseln und sich weiterzuentwickeln es lassen sich nur schwer Kriterien finden, an denen die Leistung in der Parallelhierarchie gemessen werden kann in Unternehmen, die nicht mit den Karriereschritten in einer Parallelhierarchie vertraut sind, wird der Aufstieg in der Linienhierarchie mehr Wert beigemessen. In großen Unternehmen werden manchmal zusätzlich zu den Fach- und Projektlaufbahnen Funktionsstufen in der Führungslaufbahn eingeführt, womit Funktionshierarchien innerhalb der Führungslaufbahn gebildet werden. 49 Dabei wird auf die sachliche Bedeutung der Aufgaben und nicht auf die Hierarchieebene der Stelle abgestellt und ein entsprechendes Gehaltsband geschaffen. Abb. 15 zeigt ein Beispiel. Im unteren Management sind in der Führungslaufbahn drei Bereiche mit drei Stellen dargestellt. Die grau unterlegten Stellen befinden sich auf verschiedenen Hierarchieebenen. Die linke Stelle ist zwei Stufen und die rechte Stelle eine Stufe unterhalb des hierarchischen Rangs der mittleren Stelle angesiedelt. Da sie unter sachlichen Gesichtspunkten gleiche Bedeutung für das Unternehmen haben, stehen sie in der Funktionshierarchie auf gleicher Ebene. Obwohl die drei Stellen mit unterschiedlichen Titeln ausgestattet sind und einen unterschiedlichen hierarchischen Rang in der Führungslaufbahn einnehmen, sind die materiellen und immateriellen Anreize etwa gleich. Das Entgelt für die graue Stelle in der linken Abteilung liegt innerhalb desselben Gehaltsbandes wie dasjenige für die zwei Stufen höher stehende graue Stelle der mittleren Abteilung und für die eine Stufe höhere graue Stelle der rechten Abteilung. Aus finanzieller Sicht treten der Titel und der hierarchische Rang gegenüber der Funktion in den Hintergrund. Die Funktionshierarchie wertet eine Stelle gehaltsmäßig auf oder ab. Auch die Dienstwagenregelungen, die Büroausstattung und ähnliche Merkmale werden oft angeglichen. 49 vgl. Krüger (2005), S. 166 f. 2.8 Parallelhierarchien 63 Abb. 15: Parallelhierarchie 50 50 entnommen aus: Krüger (2007), S. 167 Oberes Management Mittleres Management Unteres Management Projektlaufbahn Fachlaufbahn Führungslaufbahn Projekthierarchie Leistungshierarchie mit Funktionsstufen Parallelhierarchie Legende Projektteams Leitungsposition Funktionsstufe Fachposition Literaturverzeichnis Bea, F.X., Göbel, E. (2006): Organisation: Theorie und Gestaltung, 3. Aufl., Stuttgart 2006. Berthel, J., Becker, F.G. (2003): Personalmanagement: Grundzüge für Konzeptionen betrieblicher Personalarbeit, 7. Aufl., Stuttgart 2003. Breisig, T. (2006): Betriebliche Organisation, Herne, Berlin 2006. Bruhn, M. (2002): Customer-Relationship-Management - die personellen und organisatorischen Anforderungen. In: Zeitschrift Führung und Organisation, Heft 3/ 2002, S. 132-140. Bühner, R. 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Stichwortverzeichnis Absatzmärkte 15 Abteilungsleiter 57 Aufsichtsrat 30 Aufstiegschancen 60 Autonomiegrad 18 Beherrschungsvertrag 29 Cash Flow 30 Cost-Center 17 Customer-Relationship- Management 38 Dachgesellschaft 28, 32 Dienstleistungen 18, 39, 43 Dimension 27 Diversifikation 13 Diversifikationsgrad 34 divisionale Organisation 9, 14 Divisionen 16 duale Organisation 33 Einflussprojekt 51 Einheit der Auftragserteilung 25 Entgeltsysteme 16, 47 Entscheidungsprozess 24 Entscheidungsvorbereitung 52 Fachlaufbahnen 60 Finanzhoheit 29 Finanz-Holding 30 Flexibilität 15 Führungslaufbahn 59, 62 Führungsnachwuchskräfte 16, 19, 46, 52 funktionale Organisation 9, 13 Funktionsbereiche 12 Funktionsgeneralisten 35 Funktionshierarchie 60 Funktionsmanagement- Organisation 41 Geschäftsbereichsorganisation 13 Gewinnorientierung 13 Größenvorteile 12 Haftungsbegrenzung 32 Hierarchieebenen 21, 23 Holding-Konzern 31 Holding-Organisation 28, 31 Intrapreneuring 16 Investitionsentscheidungen 18 Investment-Center 18 68 Stichwortverzeichnis Karriere 60 Karrieremöglichkeiten 13, 59 Kernkompetenzen 11, 14 Key-Account-Management 36 Kompetenz 36, 51 Kompetenzkonflikte 40 Komplexität 51 Konfiguration 19 Konzerninteressen 29 Konzernrechnungslegung 19 Koordination 50 Koordinationsaufwand 15, 38 Koordinationsbedarf 13 Koordinationsprobleme 27 Kostenbudget 17 Kostenminimierung 17 Kundengruppen 11 Kundenmanagement- Organisation 37 Kundenmanager 37 Lean Management 59 Leitungshilfsstellen 41 Linienabteilungen 56 Linieninstanz 52 Management-Holding 30 Marketing 34 Marketing-Konzepte 38 Marktdynamik 35 Marktkomplexität 35 Marktmanagement- Organisation 39 Marktmanager 40 Marktsegmente 39 Marktvolumen 43 Matrixorganisation 19, 21, 25, 36, 56 Matrix-Projektorganisation 49, 56 Matrixschnittstellen 22 Mehrfachunterstellung 23 Mehrliniensystem 19 Mehrproduktunternehmen 11 Mitspracherecht 18 Objektzentralisation 11, 14 Organisationsstruktur 51 organisatorische Lücke 46 Parallelhierarchie 61 Parallelorganisation 33 Personalkosten 40 Personalunion 30 Personalverantwortung 60 Planungsausschuss 46 Planungsstab 46 Stichwortverzeichnis 69 Primärorganisation 9, 34, 44 Produktgruppen 34 Produktionsprogramm 11, 14, 35 Produktlebenszyklen 59 Produktmanagement 34, 39 Produktmanagement- Organisation 34 Produktmanager 35, 36 Produktspezialisten 35 Produktverantwortung 16 Profit-Center 17 Projekt 48 Projektaufgaben 52 Projektkoordination 51 Projektlaufbahn 61, 62 Projektleiter 49 Projektmanagement 34, 47 Projektmitarbeiter 50, 53, 59 Projektorganisation 13, 47, 49 Projektteam 53 Prozessorganisation 39 Prozessverantwortung 16 Qualitätsmanagement 41 Qualitätsstandards 39 Querschnittseinheiten 41 Querschnittsfunktionen 42 Quersubventionierungen 32 Reaktionsgeschwindigkeit 15 Region 26, 28 reine Projektorganisation 49, 52 Rekrutierungsprobleme 56 Revenue-Center 17 Routineaufgaben 50 Sekundärorganisation 13, 40, 49 Sparten 14, 29 Spartenleiter 16 Spartenorganisation 13, 14, 28, 34, 41 Spezialisierungsvorteile 16, 41 Stabs-Projekt 58 Stabs-Projektorganisation 49 Stabsstellen 49 Strategische Geschäftseinheiten 13 Synergieeffekte 28, 30 Teamarbeit 56, 61 Tensororganisation 26 Tochtergesellschaften 30 Transparenz 15 Überlastung 52 Überzeugungskraft 51 70 Stichwortverzeichnis Umsatzerlöse 17 Umsatzvolumen 17 Umweltmanagement 41 Unternehmensgröße 14 Unternehmensleitung 15, 17, 21, 46, 49 Verrechnungspreise 17 Vertrieb 9 Wertschöpfung 39 Wettbewerbsvorteile 43 Zentralbereiche 16 Zwischen-Holding 29 Wilhelm Schmeisser, Dieter Krimphove, Claudia Hentschel, Matthias Hartmann Handbuch Innovationsmanagement 424 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-421-1 Wie wird die technische Entwicklung der nächsten Jahre aussehen? Welche Erfindung bringt welche Wettbewerbsvorteile? Fragen wie diese sind für Entscheider in Unternehmen überlebenswichtig. Es gilt, in enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaft die Ideen und Produkte hervorzubringen, die im Markt der Zukunft bestehen können. Die Qualität des Innovationsmanagements entscheidet heute mehr denn je über den unternehmerischen Erfolg. Das »Handbuch Innovationsmanagement« erleichtert den Einstieg in das Thema und beleuchtet es aus unterschiedlichen Perspektiven. Forschung und Entwicklungsmanagement werden ebenso erläutert wie das Innovationsmarketing oder die personellen und organisatorischen Rahmenbedingungen des Innovationsprozesses. Für die Zukunft gewappnet www.uvk.de www.europa-im-wuergegriff.de Die täglichen Nachrichten über den aktuellen Krisenstand in europäischen Ländern sind für viele längst nicht mehr fassbar. Wer spannt gerade einen neuen Rettungsschirm auf und wer steht eigentlich im Regen? Sind die Griechen und Zyprer nicht selbst schuld an ihrer Misere? Sollte man Spanien nicht Pleite gehen und die Italiener die Lire wieder einführen lassen? Gerald Pilz erklärt in seinem Buch »Europa im Würgegriff« dieses europäische Dilemma. Er ordnet die aktuelle Krise in einen historischen und gesellschaftlichen Kontext ein und beleuchtet das komplexe Euro-System. Gleichzeitig zeigt er auf satirische Weise mögliche Folgen einer Währungsauflösung auf. Da die wirtschaftliche und politische Entwicklung sowohl in naher als auch in ferner Zukunft unvorhergesehene Wendungen nehmen wird, bloggt der Autor auf www.europa-im-wuergegriff.de zu den aktuellen Entwicklungen der Krisensituation. Mit Wirtschafts-Blog Gerald Pilz Europa im Würgegriff 200 Seiten ISBN 978-3-86764-422-8
