Colloquia Germanica
cg
0010-1338
Francke Verlag Tübingen
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2021
521-2
“’s kommt doch alles an die Sonnen”: Theodor Fontanes Unterm Birnbaum und die visuellen Regime massenmedialer Kommunikation im 19. Jahrhundert
011
2021
Willi Barthold
cg521-20047
“’s kommt doch alles an die Sonnen”: Theodor Fontanes Unterm Birnbaum und die visuellen Regime massenmedialer Kommunikation im 19. Jahrhundert Willi Barthold Humboldt Universität, Berlin Abstract: By analyzing Theodor Fontane’s crime novella Unterm Birnbaum (1885), this article explores how the advent of mass communication in popular periodicals as well as the increased prominence of visual media in nineteenth-century Germany challenged realist writers to reflect on modes of medial reality construction in their texts. Unterm Birnbaum was published in Die Gartenlaube, the most prominent family journal of its time that aspired to connect hundreds of thousands of German-speaking readers around the globe in a virtual space conceptualized as a village-like community. Fontane’s novella adapts this village metaphor by constructing a village-story that stages the communicative mechanisms that construe reality in the public sphere of mass media. While the literary village Tschechin seems to be organized by forms of panoptic observation and visual control, it also allows manipulative “actors” to utilize the villagers’ desire for visual spectacle and entertaining stories to create distorted versions of reality emerging from gossip and rumors. In the experimental space of the village, Unterm Birnbaum thus shows how modern media produces its own notions of “truth” and thereby scrutinizes realism’s programmatic quest to recognize and depict reality in a changing media-cultural environment. Keywords: Fontane, realism, visuality, media, journal, crime 48 Willi Barthold Theodor Fontane war zweifellos ein Autor der Massenmedien. Hinlänglich bekannt ist, dass er seine Texte wie die meisten erfolgreichen Schriftsteller- Innen seiner Zeit regelmäßig in Unterhaltungsjournalen wie etwa Über Land und Meer oder Vom Fels zum Meer publizierte. Er war damit Teil einer sich im späten 19. Jahrhundert allmählich in periodischen Printmedien konstituierenden Populärkultur (Wilke 252-91). Signifikant ist in diesem Zusammenhang der betont visuelle Charakter dieser Unterhaltungskultur und die sich rasant intensivierende Präsenz visueller Medien in der deutschsprachigen Öffentlichkeit. Neben Fortschritten im Bereich der Fotografie, Panoramen, Stereoskopen und anderen optischen Apparaturen war es vor allem die illustrierte Zeitschriftenpresse, die erstmals ein Massenpublikum mit Bildmedien versorgte und Visualität zu einem primären Modus des Wirklichkeitszugangs werden ließ (Bucher 33). Als Autor, dessen Texte auch und vor allem in der illustrierten Journalkultur verortet waren, partizipierte Fontane damit an der Herausbildung einer neuartigen, visualisierten Form massenmedialer Kommunikation. Dieser Beitrag möchte durch eine medienreflexive Re-Lektüre der Kriminalnovelle Unterm Birnbaum die enge Verflechtung des Autors mit dem Zeitschriftenwesen einerseits und der visuellen Kultur andererseits aufgreifen und dabei anhand dieses Fallbeispiels zeigen, inwiefern Fontanes Texte ihre mediale Kontextualisierung reflektieren und so auf literarischem Wege zur kritischen Beobachtung der Massenmedien beigetragen haben. Unterm Birnbaum erschien 1885 als Vorabdruck in der Zeitschrift Die Gartenlaube und damit im bedeutendsten deutschsprachigen illustrierten Familienjournal des 19. Jahrhunderts. Die Novelle war bei ihrem ursprünglichen Erscheinen also in einem medialen Kontext anzutreffen, der auch und vor allem von Bildern und Illustrationen geprägt war. Neuere Studien zu Fontanes Novelle haben begonnen, das Familienjournal als visuelle Mediengattung zu berücksichtigen und den Kontext der bilddominierten Medienkommunikation als Bezugspunkt der selbst- und medienreflexiven Agenda des Textes zu erkennen. 1 Meine Lesart wird an diese Ansätze anknüpfen und das Motiv des Visuellen ebenfalls als zentralen Fixpunkt begreifen, auf den die Hinterfragung von Realitätskonstitution im massenmedialen Kontext, die im Mittelpunkt von Unterm Birnbaum steht, ausgerichtet ist. Obwohl die Handlung der Novelle in den Jahren 1831 und 1832 stattfindet, handelt es sich durchaus, wie bereits Müller-Seidel feststellte, um “einen Zeitroman […] , der das Historische vergessen macht” (217) und dessen implizite gegenwarts- und medienkritische Dimension sich durch eine kontextinformierte Lektüre erschließen lässt. Als Novelle des späten Realismus, der sich zum einen noch der Realitätsabbildung verpflichtete, diese aber zugleich für höchst problematisch erklärte Unterm Birnbaum und massenmediale Kommunikation 49 und reflexiv beobachtete (Arndt, Abschied 12-14), kreist der Text vor allem um die kollektive Konstruktion des “Realen” im medialen Kommunikationsnetzwerk und die visuellen Regime, die für diesen Prozess konstitutiv sind. Zur Beleuchtung dieser modernen Problemfelder konstruiert der Text einen Handlungs- und Experimentalraum, welcher als der Moderne entgegengesetztes Terrain gelten kann, nämlich das Dorf. In diesem findet Unterm Birnbaum eine Versuchsanordnung, in welcher sich medienkulturelle Veränderungen spiegeln lassen, und demonstriert so ein selbstreflexives Hinterfragen des eigenen Realismus-Verständnisses auf Basis einer Verhandlung der eigenen medialen Kontextualisierung. Dabei stehen zuletzt auch Die Gartenlaube selbst sowie ihre Selbstinszenierung im Fokus des medienkritischen Dekonstruktionsversuches. Die Novelle Unterm Birnbaum erzählt die fiktive Geschichte eines Mordes, der sich 1831 im Oderbruchdorf Tschechin ereignete. Aus Geldnot beschließt der Wirt und Ladenbesitzer Abel Hradscheck zusammen mit seiner Frau Ursel, den Schuldeneintreiber Szulski umzubringen. Durch eine List kann Hradscheck nach dem Mord zunächst scheinbar seine Unschuld beweisen. Denn als die Dorf-Öffentlichkeit die Stelle, an der er in der Mordnacht besonders auffällig gegraben hat, inspiziert, wird lediglich die Leiche eines französischen Soldaten gefunden, die bereits seit mehr als 20 Jahren dort versteckt war. Obwohl die Aufmerksamkeit des Dorfes nun primär der falschen Leiche “unterm Birnbaum” gilt, wächst Hradschecks Angst vor der Entdeckung der Tat letztlich so sehr, dass er sich zur Entsorgung der im Keller versteckten Leiche Szulskis entschließt, sich dabei versehentlich selbst einsperrt und verstirbt. Die neuere Forschung hat die Novelle vornehmlich mit Blick auf das Motiv der Manipulation und Realitätsverzerrung kommentiert, einerseits bezogen auf Hradschecks Steuerung der Ermittlungen gegen ihn, andererseits in Bezug auf die Strategien der Problematisierung eindeutiger Referenzen, die der Text selbst an den Tag legt. 2 Prominent wurde Unterm Birnbaum zuletzt in Strowicks Studie Gespenster des Realismus (2019) besprochen, in der der Text als “radikal modernes poetologisches Experiment des Realismus” (253) erscheint, das die im 19. Jahrhundert virulente Unsicherheit und Flüchtigkeit des Realen anhand einer Verkettung von Akten der Wahrnehmung, Beobachtung und Interpretation beleuchtet (253-54). Erst kürzlich wurden allerdings auch die Einbindung der Novelle in Die Gartenlaube und sich daraus ergebende Interferenzen stärker im Forschungsdiskurs thematisiert. 3 Das 1853 von Ernst Keil gegründete Familienblatt gilt als Prototyp dieses Medienformats und entfaltete in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine derartig 50 Willi Barthold hohe Auflagenzahl und Popularität, dass Stockinger dieses als den “Beginn der Populärkultur in den deutschsprachigen Gebieten” (11) bezeichnet. Umfassend kommentiert wurde seine Rolle im Prozess der Etablierung bildlicher Massenkommunikation, da es auf einen zunehmenden Illustrationsanteil setzte. 4 Aber auch sein Selbstverständnis als Medium der “Bildung der ‚deutschen Nation’” (Stockinger 10) ist Teil der Spezifität des Phänomens Gartenlaube. Das Familienblatt inszenierte zum einen das Heimische und die Familie als Basis einer harmonischen, bürgerlich-deutschen Existenzform. 5 Zum anderen basierte sein Erfolg auf der Etablierung einer Kontinente umspannenden Lektüregemeinschaft (Stockinger 9-10). Nicht zuletzt weckte es ebenso Konsumbedürfnisse, “von denen die Populärkultur bis heute zehrt” (Stockinger 10). Gerhart von Graevenitz hat die Wechselwirkungen zwischen Unterm Birnbaum und der “Bilderflut” der Gartenlaube herausgearbeitet und gezeigt, wie sich der Text nicht nur strukturell den Rezeptionskonventionen des Familienjournals anpasst, sondern ebenso die prekär gewordene Beziehung zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit thematisiert. 6 Der Schlüssel zu einem erweiterten Verständnis des medien- und realismuskritischen Diskurses des Textes liegt in einer Synthese dieses auf die Journalkultur ausgerichteten Ansatzes mit einer Untersuchungsperspektive, die ähnlich wie Strowick visuell kodierte Mechanismen der Wirklichkeitskonstruktion als zentrale Problemstellungen der Novelle begreift. Unterm Birnbaum ist ein Text über die massenmediale Umgebung, in die er eingebettet ist, und die Fragen der Realitätskonstruktion, um die er mit Hilfe literarisch inszenierter Beobachtungs- und Interpretationsprozesse kreist, sind untrennbar mit der illustrierten Zeitschriftenkultur und Blickregimen der modernen Medienkultur verknüpft. Daher lohnt sich zunächst ein Blick in die Jahresausgabe der Gartenlaube von 1885. Die Novelle erscheint hier in insgesamt neun Heften (die Nummern 33 bis 41). Die einzelnen Abschnitte des Textes sind dabei jeweils direkt am Anfang der jeweiligen Hefte platziert und in Verbindung mit der Novelle erscheint stets eine hochformatige Abbildung. Die ersten Absätze von Unterm Birnbaum, die in einer neuen Ausgabe der Gartenlaube präsentiert werden, legen sich dabei wie ein unten offener Rahmen um diese Bilder (siehe Abb. 1). Die Illustrationen allerdings bedienen die verschiedensten Bildgenres und haben zum Text der Novelle keinen direkten Bezug. Unterm Birnbaum und massenmediale Kommunikation 51 Abbildung 1: Titelblatt des 34. Heftes der Gartenlaube von 1885 52 Willi Barthold Auf die selbstreflexive Funktion der Titelvignetten und ersten Seiten in Bezug auf das programmatische Selbstverständnis illustrierter Zeitschriften hat die Forschung bereits hingewiesen (von Graevenitz, “Memoria” 292-304). Entscheidend ist dabei, dass, laut von Graevenitz, literarischen Texten “eine den Titelblättern vergleichbare Thematisierungsfunktion” (“Memoria” 298) zukommt, da sie meist am Beginn einer Zeitschriftenausgabe erscheinen und an den selbstreflexiven Strukturen des Heftanfangs partizipieren, indem sie “ihre eigene Stellung im Gefüge der Arrangements und Re-arrangements der Presse-memoria” (“Memoria” 298) ausstellen. Die Platzierung von Unterm Birnbaum am Beginn der Gartenlaube und die Kombination der Novellenfragmente mit kontextlosen Abbildungen auf den Titelblättern führt bei den LeserInnen zu einem Bewusstwerden des Arrangement-Prinzips, auf dem die Bedeutungsgenerierung der Zeitschrift fußt: eine Präsentationsform von Wissen also, die auf der Kombination und Neuordnung des Heterogenen beruht. Die sich im Layout verbergende Thematisierung der Modi der Wirklichkeitsrepräsentation, die der Gartenlaube eigen sind, bezieht sich allerdings ebenso auf das zentrale “Dingsymbol” (Müller-Seidel 227) der Novelle, nämlich den Birnbaum. Die unten offene Hufeisenform des zum Rahmen umfunktionierten Textes von Unterm Birnbaum umschließt ein Bild, welches sich damit nicht nur unter der “Gartenlaube,” sondern, bildlich gesprochen, tatsächlich auch “unterm Birnbaum” befindet. Der Birnbaum allerdings funktioniert innerhalb der Diegese als ein Marker fehlgeleiteter Referenz: er verweist als Zeichen auf etwas - die Leiche des Franzosen - , bei dem es sich nicht um das im Zentrum der Ermittlung stehende Bezeichnete, d. h. die gesuchte “Wahrheit,” handelt (Arndt, “Scheitern” 59). Sobald sich innerhalb der Erzählung die Bedeutung des Symbols “Birnbaum” erschließt, übernimmt das Bild auf der Ebene des Layouts der Zeitschriftentitelseite die für den Birnbaum und die Leiche des Franzosen reservierte Leerstellenfunktion. Es wird demnach unter den Verdacht der bloß scheinhaften Referenz gestellt. Das Versprechen der Sinnerzeugung wird auf beiden Ebenen (Layout und Diegese) nicht eingelöst und durch deutlich markierte Nichtreferenz ersetzt (Arndt, “Scheitern” 59). So gelingt Fontane durch die Verknüpfung textinterner Motive mit der materiellen Ebene des Zeitschriftenlayouts eine medienreflexive Markierung des prekären Realitätsbezuges in visueller Form präsentierter Inhalte in der Presse. Diese kurze Betrachtung der Präsentation von Unterm Birnbaum in der Gartenlaube verdeutlicht Synergieeffekte zwischen Journal und literarischem Text, die der Medienkritik der Novelle zuträglich sind. Um letztere sichtbar zu machen, ist sodann ein Aspekt der Selbstinszenierung der Gartenlaube besonders entscheidend: die Prominenz sowie identitätsstiftende Funktion von Dorfgeschichten. Claudia Stockinger erläutert in ihrer Studie zum Familien- Unterm Birnbaum und massenmediale Kommunikation 53 blatt, dass zeitweise “die Gartenlaube von Dörflichkeit und Dorfgeschichten nachgerade bestimmt” (294) wurde und die Zeitschrift “in Konzept, Anlage und Ausgestaltung selbst zu einem imaginären Dorf, in dem sich die sich konstituierende deutsche Nation Woche für Woche wie ‚in einer Laube’ versammelt” (294) mutierte, was ein charakteristisches Spezifikum des Journals darstellte. Die Identifikation der Gartenlaube mit dem Dorf ist insofern naheliegend, als sie die Gleichzeitigkeit von Globalität und Lokalität unterstreicht, die für die Programmatik des Familienblatts kennzeichnend ist: Die Gartenlaube wurde so zum “Global Village” (Stockinger 274), das die deutschsprachige Welt in einer imaginären Dorfgemeinde verband und auf Herausforderungen der Moderne mit der Inszenierung dörflicher Vertrautheit reagierte (Stockinger 273-74). Zentral ist dabei, dass das Dorf im Kontext der im Journal publizierten Dorfgeschichten ebenfalls als “Aushandlungsfläche zur Verarbeitung oder/ und Kompensation von Moderneerfahrungen” (Stockinger 274) diente und seine Position als bevorzugtes literarisches Motiv gerade auch diesem Umstand verdankte. 7 Im Milieu des Dorfes ließen sich gesellschaftliche Veränderungen und ihre Konsequenzen im Kleinen erproben, da es eine überschaubare Menge an Sozialbeziehungen zur Verfügung stellt, die sich allerdings gezielt literarisch als Versinnbildlichung der weiteren Öffentlichkeit gestalten lassen (Stockinger 296). Auf eben diese Weise bedient sich auch Unterm Birnbaum des Dorfes als literarisches Experimentierfeld. Während die Forschung zum Text bereits häufig das Dorf-Milieu als zentrale Voraussetzung der Handlung ausgewiesen hat, 8 wurde es bisher größtenteils versäumt, dieses Motiv an den publizistischen Kontext des Familienblattes rückzubinden. So wie sich Die Gartenlaube als metaphorische Dorfgemeinde inszeniert und in ihren Dorfgeschichten den Umgang mit den Auswirkungen der Modernisierung erprobt, instrumentalisiert Unterm Birnbaum das Muster der Dorfgeschichte, um Mechanismen der modernen Medienkultur zu beobachten, die das “virtuelle” Dorf des Familienblattes ebenso prägen. Das in der Novelle im Mittelpunkt stehende Dorf Tschechin wurde im Zuge dessen als Experimentalraum gestaltet, in dem sich im Kleinen Kommunikations- und Beobachtungsprozesse durchspielen lassen, die in ähnlicher Form im größeren Rahmen der Presse- und Medienkultur anzutreffen sind. Die Medienkritik des Textes bezieht sich damit zum einen auf die periodische Presse im Allgemeinen, zum anderen ist ein direkter Bezug auf Die Gartenlaube aus mehreren Gründen ebenfalls wahrscheinlich: erstens ist Unterm Birnbaum neben dem Roman Quitt die einzige literarische Publikation Fontanes in der Gartenlaube, und da letzterer seine Publikationskanäle nachweislich sehr gezielt und programmatisch auswählte (von Graevenitz, “Memoria” 284), deutet dies auf eine gezielte Auseinandersetzung mit diesem Journal hin. In diesem Zusammenhang ist zweitens die Parallele zwischen der auf einzigartige Weise 54 Willi Barthold inszenierten Dörflichkeit der Gartenlaube und dem Spiel mit dem Muster der Dorfgeschichte in Unterm Birnbaum augenfällig und untermauert die Annahme einer strategischen Platzierung des Textes in der Zeitschrift mit der Intention einer kritischen Beleuchtung derselben. Drittens arbeitet sich die Novelle nicht nur am “Dorf-Image” der Gartenlaube ab, sondern hinterfragt ebenfalls ihre charakteristische Inszenierung des “Heimatlichen” und Vertrauten, die als Kompensation massenmedialer Entfremdungserscheinungen dient, durch ein bewusstes Heraufbeschwören des “Unheimlichen,” wie im letzten Abschnitt der Untersuchung gezeigt wird. Die medienkritische Reflexion in Unterm Birnbaum scheint also auf mehreren Ebenen spezifisch auf Die Gartenlaube zugeschnitten, bleibt dabei aber zugleich auf massenmediale Wirklichkeitskonstruktion und Beobachtungsmechanismen in der gesamten Medienkultur der Zeit bezogen. Ab dem späten 19. Jahrhundert entsteht das, was kollektiv als “Wirklichkeit” anerkannt ist, primär als Produkt massenmedialer Berichterstattung. Zeitschriften und die Tagespresse schaffen ein nahezu verbindliches Wissensfundament, das als Realität akzeptiert wird (Helmstetter 29-30). Mediale Wirklichkeitskonstruktion ist dabei dezidiert optisch kodiert und wird - ob in bildlicher, schriftlicher oder bild-schriftlicher Form - als Akt der visuellen Observation verstanden, der Anschlusskommunikation sowie weitere Beobachtungsakte auslöst (Strowick 256-59). Auch diesem Umstand verdankt sich die Prominenz des Dorfes als Schauplatz in Unterm Birnbaum. Denn was in der Dorf-Öffentlichkeit als “wahr” gilt, ist ebenfalls abhängig von BeobachterInnen, deren Allgegenwärtigkeit als ein zentrales Charakteristikum ländlicher Gemeinden gilt, die in der Forschung u. a. als “Interaktions- und Kontrollzusammenhang” (Troßbach/ Zimmermann 184) beschrieben wurden. Prozesse der gegenseitigen Beobachtung gefolgt von Anschlusskommunikation bestimmen das öffentliche Ansehen jeder einzelnen Person, die damit zur Anpassung an die Normen des Dorfes gezwungen ist (Troßbach/ Zimmermann 184-86). Gegen die Betrachtung des Dorfes als reflexives Spiegelbild massenmedialer Beobachtungs- und Kommunikationsmechanismen am Ende des 19. Jahrhunderts mag man einwenden, dass Kommunikation und Beobachtung im Dorf, anders als in den Massenmedien, auf der gegenseitigen Bekanntheit der Akteure sowie Mündlichkeit beruhen. In diesem Sinne spiegelt das Dorf gerade nicht jene Anonymität und Distanz wider, die Zeitschriften und visuelle Technologien im gesellschaftlichen Kommunikationsprozess etablierten. Allerdings verweisen literarisch simulierte Mündlichkeit und Face-to-Face-Interaktionen, wie sie im literarischen Dorf stattfinden, laut Butzer im 19. Jahrhundert häufig als Kompensationsreaktion auf eine Auseinandersetzung mit dem massenmedialen Umfeld, in dem diese nicht mehr gegeben waren (119-21). Dieser Umstand, Unterm Birnbaum und massenmediale Kommunikation 55 zusammen mit dem gezielten Aufgreifen und Konterkarieren der aus der Gartenlaube bekannten Motivik des Dörflichen und Heimatlichen seitens des Textes, deutet so auf eine bewusst angelegte Analogie zwischen dem literarischen Dorf Tschechin und den Massenmedien hin. So sind es in Unterm Birnbaum ebenfalls Prozesse der Beobachtung, welche das Verhalten Hradschecks nachhaltig prägen (Strowick 258-65). Verkörpert wird das Prinzip der Beobachtung, im traditionell visuellen Sinne, dabei vor allem von der alten Witwe Jeschke, die im Text mit ihrem intrusiven Blick über den Gartenzaun als allgegenwärtige Beobachterin eingeführt wird (GBA I/ 8: 7). Die bedrohliche Potenz von Jeschkes Blick wird dabei durch allerlei Aberglauben verstärkt, der sich um sie rankt. So hieß es, sie “besprach Blut und wußte, wer sterben würde […] . Und es hieß auch, ‚sie wisse, wie man sich unsichtbar machen könne’” (GBA I/ 8: 14), nämlich durch das Platzieren von Farnkrautsamen in den Schuhen. Jeschke sieht also durch ihre scheinbar magischen Fähigkeiten mehr als andere und ist zudem dazu fähig, sich selbst der Beobachtung zu entziehen. Die Forschung hat sie daher häufig als omnipotente Beobachtungsinstanz beschrieben, die nicht nur visuelle Kontrolle, sondern auch “Macht über die Kommunikationsstrategien des Dorfes” (Arndt, “Scheitern” 62) ausübt. Hradscheck ergreift sogar die Angst, Jeschke könne “die Gestalten sehn, die […] vor seiner Seele standen” (GBA I/ 8: 16), womit er ihren omnipotenten Blick bereits soweit internalisiert hat, dass er sich von dem Bewusstsein der Beobachtung beeinflussen lässt (Begemann 246). Jeschke repräsentiert damit zum einen eine Form der Beobachtung als soziale Kontrolle, die tief in der Sozialformation Dorf verwurzelt ist und auf der persönlichen Bekanntschaft von BeobachterInnen und Beobachteten basiert. Im Rahmen der Modernereflexion des Textes allerdings ist Jeschke auch als eine Verkörperung des Panoptismus zu verstehen, den Michel Foucault als zentralen Mechanismus der Kontrolle in modernen Gesellschaften beschrieb (Foucault 256-92). Im Panoptismus ist die Kontrollinstanz potentiell unsichtbar, führt allerdings durch das ständige Bewusstsein ihrer Präsenz zu einer Regulierung des Verhaltens der beobachteten Personen. Machtausübung funktioniert so - wie bei Hradscheck zu sehen ist - durch die Internalisierung des externen Kontrollblicks durch die zu disziplinierenden Individuen (Foucault 258-63). Neben der unbestreitbaren Kontroll- und Disziplinierungsfunktion, die von ihr ausgeht, ist es gerade ihre Eigenschaft der vermeintlichen Unsichtbarkeit, die Jeschke in die Nähe des Panoptismus rückt und panoptische Beobachtungsverhältnisse herstellt. Panoptische Überwachung gilt allerdings nicht nur als ein prägendes Prinzip der Machtausübung im modernen Staat, sondern wird auch häufig als zentrales Merkmal der Massenmedien angeführt. Schon Helmstetter sprach vom Mediensystem als “panoptischem Kompaktbeobachter” (30), der die öffentli- 56 Willi Barthold che Meinung durch eine universelle Erfassung und Erklärung der Wirklichkeit dirigiert und damit soziale Fakten erzeugt. Prinzipien der Machtausübung und Steuerung von Individuen sind den Journalen des späten 19. Jahrhunderts ebenfalls eingeschrieben, man denke etwa an die Propagierung einer Fülle von Verhaltensnormen, Gesundheitsregeln und nationalistischen Idealen in der Gartenlaube� 9 Panoptische Beobachtung zur Aufrechterhaltung normgerechten Verhaltens ist also sowohl im Mediensystem als auch, wie oben erläutert, im literarischen Dorf zu finden. Hradscheck ist sich nach dem Mord bewusst, dass die Überwachungsmechanismen, d. h. die “Augen” des Dorfes, nun alle auf ihn gerichtet sind, ebenso wie die moderne Presse skandalöse Begebenheiten und Kriminalfälle unter Dauerbeobachtung stellt. Auch daher rührt sein Interesse an Jeschkes angeblicher Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen. Da dies aber nicht möglich ist, macht sich Hradscheck die realitätskonstruierenden Kommunikations- und Beobachtungsstrategien des Dorfes zu Nutze. Sein Versuch, den Mord zu verbergen, funktioniert vornehmlich über eine geschickte Performanz und Manipulation der Dorf-Öffentlichkeit, d. h. das Konstruieren einer glaubwürdigen Erzählung, in der die Schuld von ihm abgewendet ist (Arndt, “Scheitern” 50-51). Sein Plan bezieht die Beobachtung durch das Dorf antizipierend mit ein: wenn Hradscheck in der Tatnacht besonders auffällig im Garten herumgräbt und es der alten Jeschke daher so vorkommt, “als ob er wolle, daß man ihn sähe” (GBA I/ 8: 42), zeigt dies an, dass er eine Fehlreferenz herzustellen versucht, die ihn entlastet (Niehaus 49). Gemäß dieser Manipulationsstrategie kehrt Hradscheck den im Dorf vorherrschenden Panoptismus um und veranschaulicht stattdessen einen gleichzeitig zu beobachtenden und gegenläufigen Mechanismus der medialen Moderne, den Mathiesen als Synoptismus bezeichnete. Während Foucaults Panoptismus nach dem Prinzip von “the few see the many” funktioniert, ist der Synoptismus ein System “enabling the many to see and contemplate the few” (Mathiesen 218- 19). Damit sind die modernen Massenmedien gemeint, die sich im 19. Jahrhundert rasant weiterentwickeln und neue Formen der Machtausübung ermöglichen (Mathiesen 219-21). So sind die Individuen im modernen Staat nicht nur Objekte des Blickes der Autoritäten, sondern auch sehende Subjekte, die eine ausgewählte Anzahl von Personen, Dingen und Begebenheiten stetig in den Medien beobachten können. Synoptismus und Panoptismus existieren damit in der medialen Moderne in enger Verbindung (Mathiesen 223), können allerdings ebenso in einem Spannungs- und Konkurrenzverhältnis zueinander stehen, wie Unterm Birnbaum vorführt. Denn auch die synoptische Funktion der Massenmedien lässt sich im literarischen Dorf Tschechin wiederfinden. Die öffentliche Aufmerksamkeit, die Unterm Birnbaum und massenmediale Kommunikation 57 Hradscheck zukommt, und die vielfältigen Beobachtungsprozesse, denen er ausgesetzt ist, verweisen auf das der Presse eigene Phänomen der kollektiven Beobachtung von Normabweichung als etwas Unterhaltendes (Mathiesen 213). Signifikant ist dabei allerdings, dass laut Mathiesen im Synoptismus die Macht von den actors ausgeht, d. h. “more or less brilliant media personalities and commentators who are continuously visible and seen” (226), sodass sie Informationen aktiv filtern und verändern können. Prominent sichtbaren Persönlichkeiten wohnt damit das Potential der Beeinflussung der medialen Beobachter- Innen inne. Seiner Internalisierung des panoptischen Kontrollblicks begegnet Hradscheck also damit, dass er im Gegenzug sein inneres Verlangen nach dem Annihilieren seiner Schuld performativ nach außen kehrt und in der synoptischen Beobachtungskonstellation als actor seine ZuschauerInnen manipuliert. Diese Schauspielerrolle und die generelle Vorliebe des Ehepaares für die Schauspielerei führen zu einem deutlich theaterhaften Mordkomplott (Guarda 52-63). Dies beginnt mit der fingierten Erbschaft, durch welche das Paar die Schulden bei Szulski zum Schein begleichen konnte. Die Performanz setzt sich mit Hradschecks allzu auffälligem Graben im Garten während der Mordnacht fort, dicht gefolgt von einer weiteren Schauspielleistung Ursels: sie verlässt als Szulski verkleidet am frühen Morgen den Gasthof, um sodann die Kutsche des Reisenden in die Oder stürzen zu lassen und seinen Tod als Unfall zu inszenieren. Schließlich gelingt Hradscheck mit der Präsentation der Leiche des Franzosen vor versammeltem Publikum eine meisterhafte Manipulation der kollektiven BeobachterInnen: Und siehe da, nicht lange, so war ein Todter aufgedeckt, der zu großem Theile noch in Kleiderresten steckte. Die Bewegung wuchs, und aller Augen richteten sich auf Hradscheck […] . Dieser verzog keine Miene, faltete die Hände wie zum Gebet und sagte dann fest und feierlich: ‚Ich sage, daß dieser Todte meine Unschuld bezeugen wird’. Und während er so sprach, sah er zu dem alten Todtengräber hinüber, der den Blick auch verstand und […] geschäftsmäßig sagte: ‚Ja, der hier liegt, liegt hier schon lang. Ich denke zwanzig Jahre. Und der Pohlsche, der es sein soll, is noch keine zehn Wochen todt’. (GBA I/ 8: 70-71) Hradschecks Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Dorf funktioniert allerdings nicht allein über die Kontrolle dessen, was das Dorf sieht, sondern auch durch eine Manipulation der Anschlusskommunikation über das Gesehene. Eng verbunden mit dem Dorf als Sozialformation ist die Kommunikationsstruktur des Gerüchts und des Klatsches. 10 Und ähnlich wie das neueste Gerücht im Dorf zirkulieren auch Beobachtungen im Mediensystem, so Helmstetter, “abgelöst und ‚unabhängig’ von den jeweiligen Beobachtern, abhängig nur von 58 Willi Barthold dem System, das ebenso ‚real’ und ‚objektiv’ ist wie die Realität, die man aus eigener Beobachtung kennt, dessen Beobachtung aber die Grenzen der eigenen weit übertrifft” (29). Die enge Welt des Dorfes und das weite Pressenetzwerk ähneln sich also in ihrer Offenheit für nicht eindeutig verifizierbare Wahrheitsangebote, die zudem nur als unterhaltende Neuigkeit “relevante” Information darstellen (Günter 280). So bestimmt auch in Unterm Birnbaum das “Getratsche” in Tschechin die öffentliche Meinung und schafft damit soziale Fakten. “Im Dorf gab es inzwischen viel Gerede” (GBA I/ 8: 51), heißt es nach dem Mord an Szulski, “es stimme nicht mit den Hradschecks […], es sei Beiden nicht recht zu traun und der Pohlsche werde wohl ganz wo anders liegen, als in der Oder” (GBA I/ 8: 51). Diese Kommunikationsprozesse im Dorf führen letztlich zum Aktivwerden des Küstriner Gerichts. Während im Zuge der nun folgenden Inhaftierung einige Dorfbewohner schon “von einer Hinrichtung geträumt hatten” (GBA I/ 8: 60), wendet sich die Stimmung allerdings sogleich wieder, sodass sich das “Gerede” plötzlich “mit jedem neuen Tage günstiger” (GBA I/ 8: 60-61) für Hradscheck gestaltete, nicht zuletzt aufgrund der Tugend-Performanz Ursels, die den Besuch ihres inhaftierten Mannes verweigert (GBA I/ 8: 61). Wenige Seiten später erfolgt dann die von Hradscheck detailliert geplante Ausgrabung des toten Franzosen vor versammelter Dorfgemeinschaft, welche das Blatt endgültig zu seinen Gunsten wendet. So demonstriert Fontane auf nur wenigen Seiten die enorme Geschwindigkeit, mit der sich die öffentliche Meinung im Dorf, ebenso wie analog dazu in der medialen Öffentlichkeit des späten 19. Jahrhunderts, ändern kann. Als im Zentrum der Aufmerksamkeit stehender actor kontrolliert Hradscheck die Gerüchte, d. h. die Anschlusskommunikation an Gesehenes und Gehörtes, sodass er bestimmen kann, was im öffentlichen Diskurs als “Wahrheit” produziert wird. Ähnlich wie, laut Günter, in Raabes Stopfkuchen deutet die zentrale Stellung von Gerücht und ländlicher Meinungsdynamik innerhalb der Handlung also auf eine medienreflexive Auseinandersetzung mit dem Kontext der entstehenden Massenpresse hin, in der “Wahrheit” zunehmend als ein Produkt überzeugender und unterhaltender Erzählung und Inszenierung erscheint (275-78). Dass diese Inszenierung alternativer Wirklichkeitsangebote Erfolg haben kann, ist dadurch gewährleistet, dass sowohl Hradscheck als auch das Dorf, wie der Text verrät, mit Mustern der Unterhaltungskultur ihrer Zeit vertraut sind. Bei Szulskis Besuch in Hradschecks Wirtshaus illustriert Fontane die “Sensationsgier” des Dorfes sowie sein allgemeines Interesse an unterhaltenden Erzählungen (Luppa 42-43). Auch über Hradscheck selbst heißt es: “Aufregung, Blut, Todtschießen, - wer ihm das leistete, war sein Freund” (GBA I/ 8: 84). Diese Vertrautheit mit Mustern der Unterhaltsamkeit befähigt ihn letztlich jedoch, selbst zum erfolgreichen Erzähler zu werden und gern geglaubte, weil unterhal- Unterm Birnbaum und massenmediale Kommunikation 59 tende Realitätsangebote zu vermitteln. Der Erzähler verrät, dass Hradscheck “alle vierzehn Tage nach Frankfurt und alle vier Wochen auch mal nach Berlin fuhr, wo er sich […] kein anderes Vergnügen als einen Theaterabend gönnte” (GBA I/ 8: 104-105). In der geselligen Kneipenrunde in Tschechin ist es sodann sein Vergnügen, Szenen aus den gesehenen Stücken oder der “Berliner Witzliteratur” (GBA I/ 8: 109) zur Begeisterung der versammelten Bauernschaft zum Besten zu geben. Wie in den Familienzeitschriften der Zeit ist es das Einfache, Kurze und Eingängige, zusammen mit zum Teil Obszönem und Derb-Komischem, das den Nerv der Zuhörerschaft trifft. Die Forschung zum Dorf im 19. Jahrhundert hat nachgewiesen, dass unter der Landbevölkerung hauptsächlich Zeitungen und Zeitschriften, u. a. Die Gartenlaube, gelesen wurden (Troßbach/ Zimmermann 215-28). Auch auf dem Land entwickelte sich daher durch Gewöhnung ein Bedürfnis nach Unterhaltungsstoffen und es ist unter anderem diese über Affekte funktionierende Konditionierung des Publikums, welche es ermöglichte, die Grenze zwischen Fakten und Fiktionen durchlässig werden zu lassen. Da Die Gartenlaube im Speziellen zur Erzeugung dieser für die Populärkultur konstitutiven Konsumbedürfnisse im deutschsprachigen Raum beitrug (Stockinger 10), deutet das mehrfach betonte Unterhaltungsinteresse des Tschechiner Publikums ebenfalls auf einen teils spezifischen Bezug der Novelle auf Die Gartenlaube hin (GBA I/ 8: 34-35). Massumi hat die soziale Wirkmacht von “affective facts” beschrieben, die durch mediale Berichterstattung konstruiert werden und, obwohl ohne verifizierbare Verankerung in einer nachprüfbaren Realität, den Status des Realen inne behalten (52-70). In den Wirtshausrunden Hradschecks kommt es beispielsweise dazu, dass Bauer Kunicke darauf besteht, der Name des Gendarmen in einer der amüsanten Geschichten des Gastgebers laute Geelhaar, benannt nach dem tatsächlichen Gendarmen in Tschechin, obwohl Hradscheck dies klar verneint (GBA I/ 8: 110). Das affektive Bedürfnis nach der Variante der Realität, die das größte Amüsement zulässt, überschreibt hier ganz einfach die tatsächlichen Fakten. Auf diese Weise erklärt sich auch die bald einsetzende lebhafte Diskussion über den Franzosen unterm Birnbaum. Ihm werden zahlreiche “Liebesgeschichten” (GBA I/ 8: 78) angedichtet, von denen manche einem allzu bekannten Unterhaltungsschema folgen: es hieß, “daß Anno 13 ein in eine hübsche Tschechinerin verliebter Franzose beinah täglich von Küstrin her nach Tschechin gekommen sei, bis ihn ein Nebenbuhler erschlagen und verscharrt habe” (GBA I/ 8: 78). Diese romantische Geschichte wird in der Öffentlichkeit als Wahrheitsangebot deutlich bevorzugt, obwohl eine andere Version wahrscheinlicher ist: 60 Willi Barthold Diese Geschichte ließen sich auch die Mägde nicht nehmen, trotzdem sich ältere Leute sehr wohl entsannen, daß man einen Chasseur- oder nach andrer Meinung einen Voltigeur-Korporal einfach wegen zu scharfer Fouragierung bei Seite gebracht und still gemacht habe. Diese Besserwissenden drangen aber mit ihrer Prosa-Geschichte nicht durch, und unter allen Umständen blieb der Franzose Held und Mittelpunkt der Unterhaltung. (GBA I/ 8: 78) Die affective facts überbieten auch hier die sachliche Erklärung und erlangen daher Wahrheitsstatus im Dorf. Die Tschechiner sind sowohl Publikum der verbalen Erzählungen Hradschecks als auch seiner Performanz, der gespielten Erzählung, mit welcher er die Fakten des Verbrechens durch alternative Imaginationsangebote erfolgreich außer Kraft setzt. Wie wir wissen scheitert allerdings am Ende Hradschecks Konstruktion einer alternativen Wirklichkeit. Grund für das Kollabieren der Performanz ist die Witwe Jeschke, die zuletzt ihre privilegierte Beobachterposition behauptet: sie ist in der Lage, die Täuschung zu durchschauen und den Schauspieler wiederum selbst durch subtile Manöver zu manipulieren (Arndt, “Scheitern” 61-66). Die Offenlegung des Komplotts durch Jeschke zeigt an, dass der Text “in einem Prozess der formulierten Selbstbeobachtung die eigene Wahrheit als narratives Konstrukt offenlegt” (Arndt, “Scheitern” 64), d. h. die Konstruiertheit von Hradschecks “Erzählung” auf die eigene Erzählweise rückbezieht. Während Hradscheck im Synopticon des Dorfes Manipulator der öffentlichen Realitätsauffassung ist, hat er doch zugleich die panoptische Dauerbeobachtung internalisiert. Der verhaltenssteuernde Kontrollblick des Panopticons triumphiert schließlich über das von Hradscheck instrumentalisierte synoptische Prinzip. So ist es gegen Ende wieder das Bedürfnis nach dem Unsichtbarwerden, das seine Handlungen motiviert, sodass er dies mit den angepriesenen Farnkrautsamen erfolglos versucht, während er die Leiche im Keller umbettet (GBA I/ 8: 120-21). Auch den Lichtschein seiner Laterne, mit dem er bei der letzten Nacht- und Nebel-Aktion bewusst die Aufmerksamkeit Jeschkes auf sich gezogen hatte (GBA I/ 8: 42), versucht er nun zu reduzieren, indem er die Laterne mit Papier überklebt (GBA I/ 8: 121). Die Dämpfung des Lichtscheins, der zuvor hell und deutlich auf die Performanz verwies, als dessen Publikum Jeschke gedacht war (Arndt, “Scheitern” 60-61), signalisiert nun im Gegenteil ein Verstecken vor den alles sehenden Augen. Aber auch dieses Bemühen um Unsichtbarkeit scheitert: “Als er aber unten war, sah er, daß die Laterne, trotz der angebrachten Verblendung, viel zu viel Licht gab und nach oben hin, wie aus einem Schlot, einen hellen Schein warf” (GBA I/ 8: 122). Die Laterne wird buchstäblich zum “Scheinwerfer” und hört nicht auf, die Aufmerksamkeit zu erzeugen, die Hrad- Unterm Birnbaum und massenmediale Kommunikation 61 scheck als actor während der letzten Wochen auf sich zu lenken versuchte. So entschließt er sich, die Falltür zum Keller zu verschließen, wodurch ein rollendes Fass dieselbe blockiert, sodass ihn dort der Tod erwartet (GBA I/ 8: 122-27). Das Unheimliche der panoptischen Beobachtung behauptet sich am Ende gegen den Versuch des Einzelnen, die Blickregime zu steuern. Hradscheck erfährt auf schmerzliche Weise, dass Unsichtbarkeit im Dorf - ebenso wie in den modernen Massenmedien - kaum mehr möglich ist: “’s kommt doch alles an die Sonnen” (GBA I/ 8: 127). Das Ende von Fontanes Novelle zeichnet damit das dystopische Bild einer Mediengesellschaft, in der die synoptische Lenkung der Blicke letztlich wieder in panoptische Kontrolle umschlägt. Die medienkritische Reflexion endet sodann mit einer erneuten Problematisierung der endgültigen Verifizierbarkeit von “Wahrheit.” Denn selbst nach Begutachtung der zwei im Keller nebeneinander liegenden Leichen äußert der Dorfschulze noch Skepsis: “Bewiesen ist am Ende nichts. Im Garten liegt der Franzos, und im Keller liegt der Pohlsche. Wer will sagen, wer ihn da hingelegt hat? Keiner weiß es, nicht einmal die Jeschke. Schließlich ist alles blos Verdacht” (GBA I/ 8: 125-26). Die Allgegenwärtigkeit sich überlagernder medialer Wirklichkeitsangebote erzeugt im späten 19. Jahrhundert den Eindruck, dass sich eine klare Referenz von visuell Wahrgenommenem und “realer Wirklichkeit” nie feststellen lässt. Unterm Birnbaum illustriert damit einen Skeptizismus, der aus dem Eintritt in die mediale Moderne erwächst (Arndt, “Scheitern” 66). Der Tathergang sowie Hradschecks Täterschaft werden nie vom Erzähler selbst verifiziert, sondern sind nur aus den Deutungen der BeobachterInnen erschließbar, sodass es den LeserInnen überlassen bleibt, eine eigene Auffassung der Wahrheit zu entwickeln. So problematisiert der Text auch die in der Realismus-Programmatik präsente Auffassung vom privilegierten Erkenntnispotential der Kunst, d. h. der höheren “Wahrheit des Fiktiven” (Menzel 111), im Kontext der entstehenden Massenmedien. Die Auseinandersetzung des Textes mit seiner medienkulturellen Umgebung erschöpft sich allerdings nicht in dieser Wirklichkeitsskepsis und der Konfrontation massenmedialer Beobachtungsregime, sondern zielt auch darauf ab, die Selbstinszenierung des Medienformats Familienjournal kritisch zu hinterfragen. Hier offenbart sich ein weiterer direkter Bezug des Textes zur Gartenlaube, denn diese setzt auf das Heimische und ein Gefühl der Heimatlichkeit, das eine identitäts- und gruppenbildende Funktion sowohl für das Journal als auch seine LeserInnen übernimmt. Sigmund Freuds 1919 veröffentlichter Aufsatz zum “Unheimlichen” hat allerdings gezeigt, dass dem Heimatlichen - oder in veralteter Form dem “Heimlichen” - sein Gegenteil, das “Unheimliche,” nicht selten auf dem Fuße folgt, da es aus einem Akt der Verdrängung entspringt (314). Diese Wiederkehr des Verdrängten ist es, durch die auch Fontanes Novelle eine hei- 62 Willi Barthold misch wirkende Dorf-Idylle ins Unheimliche umschlagen lässt. Denn unter der Oberfläche des Vertrauten sind in Tschechin Schuld und menschliche Abgründe verborgen (Begemann 255). Gerhart von Graevenitz führt die Präsenz des Unheimlichen und spukhafter Phänomene in Unterm Birnbaum auf den spiritistischen Medienbegriff zurück und betont das historische Kontinuum zwischen dem Imaginären des Geisterglaubens und dem Imaginären der technischen Medien und Zeitschriften (Fontane 440-45). Und in der Tat trifft diese Verbindung zwischen Spuk und massenmedialem Kontext einen Kernaspekt der im Motiv des Unheimlichen angelegten Medienkritik des Textes. Denn als Novelle in der und zum Teil auch über Die Gartenlaube leistet Unterm Birnbaum nichts weniger als ein Offenlegen des Unheimlichen unter der Heimatlichkeits-Fiktion des Familienblattes, die letztlich auch zur “Reduktion kommunikativer Komplexität” (Butzer 120) diente. Zum einen treten so die Anonymität und Virtualität, die massenmediale Kommunikation auszeichnen (Butzer 118-20), d. h. das “Unheimliche” der modernen Medien, wieder an die Oberfläche. Zum anderen verweist der Text damit auch auf die verborgenen Mechanismen der Exklusion und diskursiven Gewaltausübung, mit denen sich Die Gartenlaube als identitätsstiftendes Medium für die deutsche Nation inszenierte (Belgum 142-69). Die bereits diskutierte Visualitätsmotivik steht ebenso mit dieser Inszenierung des Unheimlichen in Verbindung, wie etwa die oben beschriebene Konfrontation zwischen Jeschke und Hradscheck anzeigt, die sich letztlich um die potentere Form des Sehens dreht. Anhand von E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann beschreibt Freud “die Vorstellung der Augen beraubt zu werden” (306) als Auslöser des Gefühls des Unheimlichen und verbindet dies vor allem mit der männlichen Kastrationsangst (306-308). Ebenso bedeutet Hradschecks Niederlage gegen Jeschke in ihrem Duell um die entscheidende Frage, wer alles sieht und wer nur gesehen wird, einen Machtverlust, der jener Erblindung gleichkommt: Jeschkes ohnehin vom Spukhaften umgebener “böser Blick,” den Freud als Zeichen verborgener Absichten und Quelle des Unheimlichen definiert (313-14), erweist sich als der potentere und durchschaut letztlich seine Handlungen, sodass der weniger hellsichtige Protagonist im Dunkel des Kellers, beim Unheimlichen des Spuks, sein Ende findet. Auch in der Beschreibung des Hradscheck’schen Hauses zeigt sich die Dialektik von “Heimlichkeit” und Unheimlichkeit in Verbindung mit Beobachtungsregimen. Das Haus ist nicht nur Wohn- und Schlafstätte, Kramladen, Wirtshaus, Kegelbahn und sozialer Treffpunkt in einem, es vereint mit dieser Multifunktionalität auch eine Ausrichtung auf permanente Beobachtung des Außen und Innen, worauf die vom Erzähler erwähnten “Schiebefenster” (GBA I/ 8: 6), die “bunthglasige[n] Kuckfenster” (GBA I/ 8: 23) und das “Kuckloch” Unterm Birnbaum und massenmediale Kommunikation 63 (GBA I/ 8: 8) hinweisen. So kombiniert das Heim des Mörders zum einen Privatheit und Öffentlichkeit, d. h. das Heimische mit dem potentiell Fremden und damit Unheimlichen, auf eigentümliche Weise, die an Die Gartenlaube und ihre inszenierte Privatheit bei gleichzeitiger Einbindung in öffentliche Massenkommunikation erinnert. Zum anderen evoziert die Beschreibung des Hauses als Beobachtungszentrum eben jene unheimliche Form des Sehens als Machtausübung, die bereits Jeschke kennzeichnete. In den Familienzeitschriften war das Haus, d. h. das Eigene, das “Zentrum aller Wahrnehmung und Ort, von dem aus gesehen wird” (Kinzel 693), ebenso wie das Hradscheck’sche Haus in Unterm Birnbaum die Beobachtung der Außenwelt ermöglicht. “Beobachtet” wurde in der Presse dabei häufig das Fremde, d. h. andere Länder und Kulturen, die allerdings meist zugunsten der Profilierung und Festigung der eigenen kulturellen Dominanz und Identität abgewertet und exotisiert wurden (Kinzel 693-701). Die Beobachtungskonstellation in Fontanes Novelle macht durch ihre Inszenierung der Dialektik von Eigenem und Fremdem ebenso auf diese durch die Heimatlichkeits-Inszenierung verdrängte Form der diskursiven Machtausübung in Journalen aufmerksam - man denke an den gut erforschten Nationalismus und Chauvinismus in der Gartenlaube� 11 Der Mord am Franzosen, bei dem es sich, wie Niehaus richtig bemerkt, um eine kollektive Tat der Dorfgemeinschaft handelt, die das Fremde aus ihrer Mitte verdrängt (64-65), verweist ebenso auf diese xenophoben Tendenzen: “unter der Erde und aus der Welt sind nur die Zuzügler Abel Hradscheck und seine Frau sowie die Ausländer aus Frankreich und Polen” (Niehaus 65). Die vielen Leichen suchen Tschechin als verdrängte Vergangenheit heim, die bedrohlich in die Gegenwart hineinragt und das Unheimliche heraufbeschwört. Über weitere Formen des Gefühls der Unheimlichkeit bemerkt Freud, “daß manche modernen Sprachen unseren Ausdruck: ein unheimliches Haus gar nicht anders wiedergeben können als durch die Umschreibung: ein Haus, in dem es spukt” (315). Das “Heim” der Hradschecks wird durch die Präsenz der Leiche Szulskis im Keller ebenso zum Spukhaus, wie der Ladenjunge Ede mit seinem Ausruf “Et spökt” (GBA I/ 8: 112) mehrfach betont. Es ist also erkennbar, dass Unterm Birnbaum durch ein Spiel mit dem Motiv des Unheimlichen auf die spezifische Dialektik von “Heimatlichkeit” hinweist, die sowohl dem Dorf-Sujet als auch der Gartenlaube eigen ist. Denn obgleich die Novelle vor Freuds berühmten Aufsatz erschien, war die Doppelbedeutung der Begriffe “heimlich” und “unheimlich” bereits lange zuvor etymologisch zementiert und damit auch Gegenstand literarischer Auseinandersetzungen. Sowohl die Figuren als auch die LeserInnen begegnen dem literarisch inszenierten Unheimlichen in einer Weise, die - zumal in Verbindung mit dem Visualitätsdis- 64 Willi Barthold kurs - auf Verdrängtes aufmerksam macht und so auch zu einer Hinterfragung des Mediums anregt, in dem gelesen wird. Letztlich bleibt festzuhalten, dass sich Fontanes Novelle im Sinne eines “medialen Realismus” nicht allein auf die Darstellung von Wirklichkeit verpflichtet, sondern im Kontext der Massenmedien ebenso darüber reflektiert, wie Wirklichkeit medial konstruiert wird (Gretz 106). Eine Interpretation von Unterm Birnbaum, die Visualität als Fokus der Analyse versteht, kann die Novelle als Reaktion auf die Zunahme von Massenkommunikation begreifbar machen: der Text kreist um Formen der Beobachtung sowie BeobachterInnen und ihre Manipulierbarkeit, sie ist von der Auseinandersetzung mit modernen Mechanismen visueller Machtausübung und Wirklichkeitssteuerung (Panopticon und Synopticon) geprägt, und sie stellt das Spiel mit visuellen Zeichen (der Birnbaum) und ihrer prekären Verweisfunktion in ihren Mittelpunkt. Die multimodale Oberfläche der Gartenlaube erlaubte es zudem, durch eine Problematisierung von Bild-Text-Beziehungen das zentrale Problem des Realitätsbezugs visueller Zeichen auf formaler Ebene anzudeuten. Die Prominenz des Genres “Dorfgeschichte” in der Gartenlaube und die Selbstinszenierung derselben als “imaginäre[s] Dorf” (Stockinger 294) stellen dabei einen zentralen Ansatzpunkt für Fontanes medienkritisches Schreiben bereit: so wie, laut Stockinger, in der Gartenlaube “die Dorfgeschichte ein größeres Ganzes (‚die Welt’) im Kleinen abbildet, zeitgenössische ‚Transformationserfahrungen’ einfängt und probehalber durchspielt” (296), bedient sich Unterm Birnbaum des Dorfes als literarische Trope, um einen künstlerischen Experimentalraum zu schaffen. Der bis zum Ende unsichere Status des Realen sowohl in der intradiegetischen Welt von Unterm Birnbaum als auch für die LeserInnen, die mit verschiedenen Deutungsperspektiven konfrontiert sind, markiert die Novelle als eine Verhandlung der Beobachter- und Perspektivenabhängigkeit von Wirklichkeit. In intensiver Auseinandersetzung mit der Zeitschriftenkultur im Allgemeinen sowie speziell der Gartenlaube sowie ihrer Funktionsweise und Selbstinszenierung, in der sich simulierte Heimatlichkeit und dörfliche Nähe mit medialer Distanzkommunikation und dem gewaltsam Ausschließenden (und damit Unheimlichen) verbinden, entwirft Fontane das Modell eines Realismus, der im Zeitalter der (visuellen) Massenmedien zum Hinterfragen seiner Darstellungsprinzipien und Publikationskanäle gezwungen ist. Unterm Birnbaum und massenmediale Kommunikation 65 Notes 1 Siehe Strowick 252—78; von Graevenitz, Fontane 394—457. 2 Siehe Niehaus; Aust; Schütze-Pflugk 44—61; Arndt, “Scheitern.“ 3 Siehe von Graevenitz, Fontane 394—457; Menzel. 4 Siehe Schöberl; Podewski. 5 Siehe hierzu Stockinger 9—34; Belgum 1—28. 6 Siehe Fontane 396—430. Siehe auch Arndt, Abschied� 7 Siehe auch Wild 15-64; Nell/ Weiland. 8 Siehe Arndt, “Scheitern” 51-55; Schütze-Pflugk 55; Niehaus 53—57. 9 Siehe Kinzel 701—11; Belgum 1—84. 10 Siehe Brüggemann/ Riehle 179—87; Stockinger 296. 11 Siehe Belgum 1—84; Kinzel 693—96; Troßbach/ Zimmermann 185. Works Cited Arndt, Christiane. Abschied von der Wirklichkeit. Probleme bei der Darstellung von Realität im deutschsprachigen literarischen Realismus. Freiburg im Breisgau: Rombach, 2009� —. “‚Es ist nichts so fein gesponnen, ’s kommt doch alles an die Sonnen’ - Über das produktive Scheitern von Referentialität in Theodor Fontanes Novelle Unterm Birnbaum.” Fontane Blätter 77 (2004): 48—75. Aust, Hugo. “Fontanes ‚Fein Gespinnst’ in der Gartenlaube des Realismus: Unterm Birnbaum”. “Spielende Vertiefung ins Menschliche.” Festschrift für Ingrid Mittenzwei. Ed. Monika Hahn. Heidelberg: Winter, 2002. 179—93. Begemann, Christian. “Gespenster des Realismus. 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