eJournals Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur 1/1

Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur
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expert verlag Tübingen
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2021
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Brücken Asset Management - Standardisierung als Treiber im Lebenszyklusmanagement

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Stefan Kremling
Jens Kühne
Betreiber öffentlicher sowie privater Infrastrukturen haben erhebliches Interesse an einer Optimierung des gesamten Lebenszyklusmanagements ihrer Bauwerke. Verbesserte Verfügbarkeit sowie eine nachhaltige und effiziente Bewirtschaftung sind Motivation genug. Wichtige Grundlagen wurden in Forschungsprojekten gelegt, beispielsweise zur messtechnischen Dauerüberwachung oder Algorithmen. Auch gänzlich neue Verfahren wie die Befliegung mit Drohnen und der Einsatz von Virtual Reality / Augmented Reality in der Bauwerksprüfung wurden beispielhaft erprobt und bewertet. Übergeordnetes Ziel des Forschungsprojektes BrAssMan – Brücken Asset Management ist es, basierend auf Ähnlichkeitsmerkmalen bestimmter Bauwerkskomponenten und Schadensbilder, Zustandsindikatoren abzuleiten, die auf Basis parametrierbarer Modelle über standardisierte Messsysteme ermittelt werden können. Ein solcher Ansatz erlaubt eine schnelle und einfache messtechnische Überwachung aller Schäden, auf die das numerische Berechnungsmodell anwendbar ist.
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1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 69 Brücken Asset Management - Standardisierung als Treiber im Lebenszyklusmanagement Stefan Kremling Wölfel Engineering GmbH + Co. KG, Höchberg Jens Kühne Wölfel Engineering GmbH + Co. KG, Höchberg Zusammenfassung Betreiber öffentlicher sowie privater Infrastrukturen haben erhebliches Interesse an einer Optimierung des gesamten Lebenszyklusmanagements ihrer Bauwerke. Verbesserte Verfügbarkeit sowie eine nachhaltige und effiziente Bewirtschaftung sind Motivation genug. Wichtige Grundlagen wurden in Forschungsprojekten gelegt, beispielsweise zur messtechnischen Dauerüberwachung oder Algorithmen. Auch gänzlich neue Verfahren wie die Befliegung mit Drohnen und der Einsatz von Virtual Reality / Augmented Reality in der Bauwerksprüfung wurden beispielhaft erprobt und bewertet. Übergeordnetes Ziel des Forschungsprojektes BrAssMan - Brücken Asset Management ist es, basierend auf Ähnlichkeitsmerkmalen bestimmter Bauwerkskomponenten und Schadensbilder, Zustandsindikatoren abzuleiten, die auf Basis parametrierbarer Modelle über standardisierte Messsysteme ermittelt werden können. Ein solcher Ansatz erlaubt eine schnelle und einfache messtechnische Überwachung aller Schäden, auf die das numerische Berechnungsmodell anwendbar ist. 1. Motivation 1.1 Standardisierung Standardisierungsprozesse sind Treiber für die Evolution in vielen Bereichen. Häufig mit der Industrialisierung und der Einführung von Normen in Verbindung gebracht kann Standardisierung jedoch noch viel weiter in die Vergangenheit, bis auf die Entstehung von Sprache und Schrift, zurückgeführt werden. Systematisch festgelegte Zeichen und deren allgemeiner Konsens führten dazu, dass Wissen archiviert über Generationen vermittelt werden konnte. Die Festsetzung gemeinsamer Begrifflichkeiten und ihrer Bedeutung ist eine Grundvoraussetzung kultureller Interaktion. Im späten 18. Jahrhundert wurde die Standardisierung jedoch erstmals von Grund auf systematisiert. Bemühungen, im großen Umfang Normen und Maßeinheiten festzusetzen, gewannen an Einfluss und stellten Standardisierungsprozesse auf eine neue Grundlage. Die Überarbeitung französischer Gewichts- und Längenmaße, die während der Französischen Revolution begann, stellt den ersten Fall einer wissenschaftsbasierten und auf Konferenzen ausgehandelten Standardisierung dar. Dies wurde später die wichtigste Form, internationale Normen festzusetzen und aufrechtzuerhalten. Die gegenseitige Austauschbarkeit gilt als eines der Kernziele der Industrialisierung. Ein eindrucksvolles Beispiel für Standardisierung ist die Vereinheitlichung der Größe der Schienenspur und Achsen zwischen den Rädern der Lok und des Waggons, welche die rasante Entwicklung des Eisenbahnnetzes hervorgerufen hat. Andererseits verdeutlicht dieses Beispiel gleichzeitig die Konsequenzen einer nicht vollständigen Standardisierung: Der Prozess verlief nicht international und die Maße für Schienenspuren sind bis heute nicht einheitlich für alle Länder [1]. All diese Beispiele aus der Geschichte des menschlichen Fortschrittes weisen die systematische Anwendung standardisierter Prozesse auf und zeigen uns deutlich, dass das Wesen der Standardisierung natürlichen Ursprungs ist - und letztlich eine Selbstverständlichkeit. Somit ist die Standardisierung ein unverzichtbarer Prozess für mehr Effizienz, mehr Leistung und Entwicklung allgemein und kann als Motor jedes Fortschrittes angesehen werden. 1.2 Lebenszyklus Der Lebenszyklus von Bauwerken untergliedert sich gewöhnlich in vier wesentliche Phasen: Planung, Ausführung, Nutzung und Rückbau. Je nach Art und Kategorie eines Bauwerks unterscheidet sich die Gewichtung der 70 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Brücken Asset Management - Standardisierung als Treiber im Lebenszyklusmanagement Gesamtkosten bei der Betrachtung der jeweiligen Phasen innerhalb des Lebenszyklus. Brückenbauwerke beispielsweise haben eine geplante Nutzungsdauer von etwa 100 Jahren. Daher trägt die Nutzungsphase hier entscheidend zu den Gesamtlebenszykluskosten bei. Wesentlich darin ist das gesamte Zustandsbewertungs- und Erhaltungsmanagement. Grundlage der Zustandsbewertung bei Straßenbrücken sind die nach DIN 1076 regelmäßig stattfindenden Bauwerksprüfungen [2]. Maßgebend dabei sind die vom Prüfer festgestellten Schäden und Mängel einzelner Teilbauwerke, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit bewertet und zu einer Zustandsnote zwischen 1,0 bis 4,0 kumuliert werden. Diese Zustandsnote bildet die Grundlage für die weitere Planung zukünftiger Erhaltungsmaßnahmen. Sie lässt die Dringlichkeit notwendiger Maßnahmen erkennen, gibt jedoch keinen Aufschluss über Art und Umfang der Schäden oder die Kosten der Instandsetzungsmaßnahme. Offizielle Statistiken belegen, dass der aktuelle Zustand der Brückenbauwerke innerhalb der Verkehrsinfrastruktur zunehmend degradiert und erheblicher Handlungsbedarf notwendig ist [3]. Nicht nur Deutschland, sondern viele Industrienationen stehen vor dieser Herausforderung. Jedoch wird es nur schwer umsetzbar sein, durch massive Investitionen in Instandhaltung und Ersatzbauwerke diesen Trend zu stoppen. Daneben bedarf es neuartiger, innovativer und wirtschaftlicher Ansätze im gesamten Lebenszyklusmanagement einer Verkehrsinfrastruktur. 1.3 Themenverwandte Projekte und Ansätze Das Thema Lebenszyklusmanagement von Brücken gewinnt immer mehr an Relevanz. Rückblickend wurden insbesondere in den letzten Jahren mehrere Forschungsprojekte initiiert und teilweise auch schon abgeschlossen, bei welchen ebenfalls an neuen Methoden, Werkzeugen und Lösungen zur Verbesserung des Lebenszyklusmanagements bei Brückenbauwerken geforscht wurde. Im Projekt OSIMAB - Online-Sicherheits-Managementsystem für Brücken [4] beispielsweise werden modellbasierte Kennwerte für eine Brücke ermittelt. Es soll ein dynamisches, webbasiertes Risikomanagementtool für Straßenbrücken entwickelt und getestet werden. Vorgesehen ist die Umsetzung eines ganzheitlichen Konzepts für die Überwachung und Zustandsbewertung von Straßenbrücken. Dazu sollen bestehende und mit neu zu erhebenden Daten verknüpft und mit einem neuartigen Systemmodell ein vorausschauendes Brückenerhaltungsmanagement ermöglichen werden. Das Messkonzept jedoch ist nicht standardisiert und erfordert wiederkehrenden und hohen Engineering-Aufwand. Grundlage im Projekt sind die Zustandskennzahlen aus der Bestandsbewertung, welche als Basis für ein datenbasiertes Asset Management herangezogen werden. Ein etwas anderer Ansatz wird im Projekt DiMaRB - Digitale Instandhaltung von Eisenbahnbrücken verfolgt [5]. Ziel ist ein digitales, präventives Instandhaltungskonzept für Eisenbahnbrücken, welches auf der Nutzung von Structural Health Monitoring (SHM) und der gesamten Datenintegration in ein digitales Bauwerksmodell unter Anwendung der BIM-Methode basiert. Dieser Ansatz benötigt entsprechend ein BIM-Modell des jeweiligen Bauwerks, was in erster Linie für Neubauten interessant ist. Bei Bestandsbauwerken sind BIM-Modelle eher die Ausnahme bzw. müssten diese dann anhand der Bestandsdokumentation aufwändig erstellt werden. Die genannten Projekte sind nur exemplarisch, die stetig zunehmende Anzahl verdeutlicht den Bedarf für neue Lösungen und Methoden in diesem Umfeld. Die Digitalisierung kann einen wesentlichen Beitrag liefern. Bisher halten Methoden und Lösungen aus der Digitalisierung überwiegend Einzug in Planungsprozesse. In den übrigen Phasen des Lebenszyklus von Brückenbauwerken ist die Digitalisierung hingegen nur punktuell oder noch gar nicht erfolgt. Gerade für die Betriebsphase versprechen digitale Technologien, wie z. B. eine Dauerüberwachung mit Monitoringsystem inklusive automatisierter Datenanalyse und Anbindung über eine Cloud-Plattform, ein wirksames Wartungs- und Instandhaltungsmanagement für eine nachhaltige und effiziente Bewirtschaftung. 2. Besonderheiten von Brücken Brücken als kritische Bauwerke innerhalb eines Verkehrsnetzes sind essentiell und entscheiden über die Leistungsfähigkeit einer gesamten Verkehrsinfrastruktur. Brücken ermöglichen die Überwindung von natürlichen oder künstlichen Hindernissen auf kurzem Wege. Im Netz der Bundesfernstraßen befinden sich aktuell etwa 39.500 Brücken, die je nach Bauart und Brückenquerschnitt in etwa 51.360 Brücken-Teilbauwerke unterteilt sind [6]. Als Gesamtbauwerk betrachtet ist jede Brücke ein Unikat, welches für die Überwindung einer individuellen, örtlichen Topografie oder anderem Hindernis auf die lokalen Gegebenheiten angepasst ist. Hinzu kommt, dass geltende Richtlinien und Standards für Planung und Errichtung im Laufe der Zeit stetig weiterentwickelt und angepasst wurden. Unter anderem ist dies bedingt durch gewonnene Erfahrungen sowie der Veränderungen der Verkehrsbzw. Fahrzeugsituation. In Summe nimmt das Verkehrsaufkommen stetig zu, besonders auffallend ist darin die überproportionale Zunahme des Schwerverkehrs [7]. Auf der anderen Seite ermöglichen neue Materialien bzw. die zunehmende Qualität von Materialien sowie moderne konstruktive und fertigungsbedingte Optionen und Trends neue Möglichkeiten für Design und Herstellung von Brücken. Diese führt dazu, dass Brücken über ihren gesamten Lebenszyklus meist individuell und projektspezifisch betrachtet werden, was enormen Aufwand und Kosten in allen Phasen nach sich zieht. 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 71 Brücken Asset Management - Standardisierung als Treiber im Lebenszyklusmanagement 2.1 Standardisierung bei Brücken Bereits in den 1970er Jahren hatte die Deutsche Bundesbahn begonnen, standardisierte Rahmenbauwerke einzusetzen. Durch eine typengeprüfte Statik inklusive Schal- und Bewehrungsplänen konnte die Entwurfs- und Ausführungsphasen signifikant beschleunigt werden. Zusätzlich konnte die Ausführungsqualität aufgrund klar definierter Bedingungen signifikant gesteigert werden. Der derzeitige Stand der Standardisierung wird in der Ril 804.9040 dargestellt [8]. In den letzten Jahren entwickelten sich mehr und mehr Konzepte für einen modularen Brückenbau mit standardisierten Komponenten. Die serielle Vorfertigung von Modulen und Teilkomponenten in stationären Produktionsstätten bringt viele Vorteile mit sich. Wesentlich sind eine hohe und gleichbleibende Qualität und eine kürzere Bauzeit vor Ort. Letzteres ist nicht nur für Eigentümer, sondern auch für alle Nutzer von größtem Interesse, um Beeinträchtigungen auf den laufenden Verkehr zu minimieren. 3. Blick über den Tellerrand Anders sieht es z. B. in der Windenergiebranche aus. Angefangen bei Betreibern, Konstruktion oder der vorgesehenen Nutzungsdauer gibt es teilweise signifikante Unterschiede zu Verkehrsinfrastrukturbauwerken. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Ansätze und Methoden, die für Brücken adaptiert werden können. Windparks werden meist profitorientiert durch private Unternehmen betrieben. Um entsprechend Rendite zu erhalten sind eine hohe Anlagenverfügbarkeit sowie niedrige Betriebs- und Investitionskosten maßgebend. In Deutschland kommt hinzu, dass zur Gewährleistung der Standsicherheit gesetzliche Anforderungen gelten [9]. Digitale Methoden der Zustandserfassung und -überwachung sind hier die entscheidenden Elemente zur Maximierung der Verfügbarkeit sowie Minimierung von Wartungskosten. Zustandsüberwachungssysteme (Condition Monitoring Systeme, CMS Systeme) liefern wichtige Informationen aus dem Antriebsstrang während des Betriebs der Anlage. Strukturüberwachungssysteme (Structural Health Monitoring Systeme, SHM Systeme) erkennen frühzeitig sich anbahnende Defekte und Schäden an Tragstrukturen, sodass anstatt starren Wartungsintervallen eine vorausschauende, anlassbezogene Wartung nach wirtschaftlich optimierten Gesichtspunkten ermöglicht wird. Bei Offshore-Windparks ist eine digitale Strukturüberwachung besonders relevant, da die Zugänglichkeit für Wartungsarbeiten durch teure Transfers per Schiff oder Hubschrauber erschwert werden. Bei Extremwetterlagen sind die Windparks faktisch unzugänglich was in ungünstigen Fällen lange Stillstandzeiten zur Folge haben kann. Die lückenlose Erfassung und Dokumentation der Einwirkungen und Beanspruchungen gibt außerdem Aufschluss über den Verschleiß einzelner Anlagen und ermöglicht auch eine objektive Bewertung des Restwertes des Anlagevermögens. Der langjährige Einsatz digitaler Technologien für die Zustandserfassung und -überwachung bei Windenergieanlagen verbunden mit den daraus gewonnenen Erfahrungen bieten Möglichkeiten erprobte Technologien auf Brückenbauwerke zu adaptieren. Aus Gemeinsamkeiten lassen sich Synergieeffekte nutzen und aus Unterschieden ergeben sich konkrete Aufgaben zur Anpassungen von Methoden und Systemen [10]. 3.1 Konkrete Beispiele und Anwendungen Beispielsweise kann bei Windkraftanlagen bereits heute eine objektspezifische, ständig aktualisierte Prognose der Restnutzungsdauer auf Basis von Messdaten aus Monitoringsystemen ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme abgeleitet werden [11]. Globale Messgrößen werden über ein digitales Strukturmodell in lokale Beanspruchungen der kritischen Kerbdetails umgerechnet und hinsichtlich der Ermüdungsschädigung bewertet. Dadurch wird das reale Lastkollektiv, inkl. Phasen mit geringeren Beanspruchungen sowie einzelnen unplanmäßigen Extremereignissen über die gesamte Nutzungsdauer erfasst und ersetzt nach und nach das für die Auslegung angenommene Lastkollektiv. Im Gegensatz dazu sind der Großteil der Brücken seit mehreren Jahren und Jahrzehnten in Betrieb. Entsprechend werden primär Monitoringlösungen für Bestandsbauwerke benötigt. Folglich fehlen auch die Messdaten zu Einwirkungen und Beanspruchungen aus der Zeit vor der Inbetriebnahme des Monitoringsystems. Gerade in den ersten Betriebsjahren finden jedoch viele der signifikanten Veränderungen durch Setzungen, Kriechen und Schwinden statt. Diese Informationen sind nachträglich nur schwierig oder gar nicht messtechnisch erfassbar. Eine große Herausforderung stellt außerdem die wesentlich längere Nutzungsdauer von Brücken dar. Zur Erfassung der vollständigen Beanspruchungs- und Lasthistorie wäre die Installation eines Monitoringsystems bereits bei der Erstellung des Bauwerks und anschließend ein kontinuierlicher Betrieb wünschenswert. Allerdings resultieren aus der langen Nutzungsdauer nur schwierig lösbare Herausforderungen bezüglich der Dauerhaftigkeit und technischen Aktualität der Monitoringsysteme. Ein entscheidender Unterschied von Windkraftanlagen ist die Serienproduktion, welche standardisierte Monitoringlösungen für einen Serientyp ermöglicht. Dies betrifft sowohl Hardware (Sensorik und Datenerfassung) als auch Algorithmen zur Datenanalyse. Lediglich marginale Anpassungen spezifischer Parameter der Auswertemodelle für die Spezifika eines Standorts sind notwendig. Serienentwicklung und -produktion von Systemlösungen senken Entwicklungskosten maßgebend und ermöglichen eine wirtschaftliche Anwendung. Ein zusätzlicher Aspekt aufgrund der Serienfertigung und damit einhergehenden Standardisierungsgrads ist, dass bei Offshore- Parks meist nur jede zehnte Anlage überwacht wird [5]. 72 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Brücken Asset Management - Standardisierung als Treiber im Lebenszyklusmanagement Ausgewählt werden die Anlagen mit erhöhten Risiken und Einwirkungen. Die aus Messdaten ermittelten Indikatoren dieser Anlage werden mit gewissen Unsicherheiten auf nicht gemessene Anlagen des Parks übertragen, sodass ein Flottenmanagement mit optimierten Wartungsmaßnahmen für den gesamten Windpark möglich ist. Korrelationsmodelle zwischen den Anlagen können durch Kurzzeit-Vergleichsmessungen und Methoden des maschinellen Lernens verbessert werden. Im Gegensatz dazu sind Brücken auch in der Zukunft individuelle Bauwerke mit einer großen Variation an Konstruktionen und unterschiedlicher Schadensarten, sodass es vollständig standardisierte Monitoringsysteme für Brücken nicht geben wird. Allerdings wiederholen sich kritische Bauteile, -gruppen oder Versagenszustände bei Brücken bestimmter Bauart, sodass zumindest standardisierte Teilmonitoringsysteme und -konzepte entwickelt werden können. 4. Das Forschungsprojekt BrAssMan Um diese Zusammenhänge, Methodentransfer, Adaption und Entwicklungen weiter voran zu treiben, wurde das Forschungsprojekt BrAssMan - Brücken Asset Management initiiert: Abbildung 1: Logo des Forschungsprojektes BrAssMan im Rahmen der mFUND-Forschung des BMVI (FKZ: 19F2111) Im Rahmen der mFUND-Förderung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unter Koordination von Wölfel Engineering GmbH + Co. KG arbeiten die Unternehmen Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG (LAP) und avato consulting AG zusammen mit der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und der RWTH Aachen an Möglichkeiten, um von einer inspektions- und nachrechnungsbasierten Bestandsbewirtschaftung zu einem zustands- und prognosebasierten Asset Management zu gelangen. Für einen bestmöglichen Praxisbezug und für die Bereitstellung der im Projekt vorgesehenen praktischen Demonstratoren begleiten Straßen.NRW und der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz das Projekt als assoziierte Partner. Der wesentliche Schritt zum intelligenten Asset Management sind datenbasierte Zustandsaussagen, die nicht nur für eine Brücke, sondern basierend auf Einheitsmodellen, Standardmesssystemen und vergleichenden Kennwerten für mehrere Brücken ermittelt werden können. Im Projekt soll die Vergleichbarkeit von Zuständen durch Datenkorrelation erreicht werden. Dazu werden Brücken gleicher Bauart, ähnlicher Altersstruktur und ähnlicher Nutzung geclustert und für kritische Konstruktionsdetails, die mit gleichen Ingenieurmodellen abgebildet werden können, vergleichbare KPI und standardisierte Messkonzepte entwickelt (Abbildung 2). Ziel ist die Vergleichbarkeit der KPI von Brücken eines Clusters, aber auch durch den Vergleich der KPI von Brücken unterschiedlicher Cluster erhofft man sich nutzbare Erkenntnisse. Abbildung 2: BrAssMan Konzept zur Vergleichbarkeit von Zustandskenngrößen Damit sollen Sicherheit und Zuverlässigkeit verbessert und die Verfügbarkeit der Bauwerke optimiert werden. Standardisierung führt zu flächendeckendem Einsatz, verbesserter Wirtschaftlichkeit sowie Kostensenkung und Effizienzsteigerung in der Bestandsbewirtschaftung. Am Ende des Projektes erwarten wir folgende Ergebnisse vorweisen zu können. Es werden exemplarisch drei Cluster gebildet, für die jeweils standardisierte Modelle erarbeitet und erstellt wurden. Basis der Clusterung bilden konkrete Schadensbilder, da aktuell eine große Herausforderung hinsichtlich messtechnischer Erfassung und deren objektive Bewertung bezüglich Wirkung auf den Zustand darstellen. Für die Cluster werden Teilstandardisierte (reduzierte) Messkonzepte (global, lokal) erarbeitet, die neben den im Projekt vorgenommenen Demonstrator-Installationen zukünftig bei weiteren Bauwerken angewendet werden können. Basierend auf den Clustern, den zugehörigen Modellen und Messkonzepten werden vergleichende Kennwerte (Key Performance Indikatoren, KPI) als Basis für ein Asset Management abgeleitet. Dies ermöglicht qualitative Aussagen zur Objektivierung der Zustandsnoten, was aktuell einer der Schwachpunkte bei Schadenserfassung bzw. Verknüpfung der erfassten Teilergebnisse ist. 4.1 Stand im Projekt BrAssMan Das durch den mFUND geförderte Projekt BrAssMan ist am 01.02.2020 gestartet. Nachfolgend wird ein kurzer, genereller Überblick über den aktuellen Stand und die laufenden Arbeiten gegeben. 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 73 Brücken Asset Management - Standardisierung als Treiber im Lebenszyklusmanagement Wie bereits ausgeführt sind Brücken individuelle Bauwerke mit einer großen Vielfalt an statischen Systemen, Baustoffen und unterschiedlichen Schadensarten, sodass vollständig standardisierte Monitoringsysteme nicht zielführend sind. Allerdings wiederholen sich kritische Bauteile und -gruppen oder es treten spezifische Versagenszustände bei bestimmter Bauart auf, sodass eine einheitliche Modellierbarkeit und standardisierte Teil-Monitoringkonzepte vielversprechend scheinen. Dafür ist es zunächst notwendig, Kriterien und Attribute zu identifizieren und festzulegen, wonach eine Clusterung möglich und sinnvoll ist. Um diesen Prozess zu unterstützen wurde zunächst eine digitale Plattform entwickelt, in der entsprechende Kriterien und Attribute gewählt und logisch miteinander verknüpft werden können, wonach der Brückenbestand selektiert werden kann [12]. Dies kann beispielsweise Baujahr, -art, Materialklasse oder Dimension sein. Für das Projekt war eine maßgebliche Nebenbedingung die von den assoziierten Partnern zur Verfügung gestellten Bauwerke, welche im weiteren Projektverlauf auch mit Monitoringsystemen ausgerüstet werden sollen. Innerhalb des Projektes ist vorgesehen, exemplarisch drei Cluster zu definieren und damit das generelle Konzept zu demonstrieren. Für das Cluster 1 wurde die Koppelfuge bei Spannbetonbrücken älteren Baujahres als kritische und oft defizitäre Komponente identifiziert (vgl. Abbildung 3). Abbildung 3: Konstruktionsprinzip einer Koppelfuge Im Cluster finden sich insbesondere mehrfeldrige Hohlkastenbrücken mit Durchlaufwirkung, welche vor 1980 hergestellt wurden mit einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsbelastung des Schwerverkehrs von DTV-SC > 8.000 Fahrzeugen. Typische Schadensbilder sind hier Risse senkrecht zur Fuge im anbetonierten Abschnitt, Schrägrisse in den Stegen und Risse in der Koppelfüge selbst (senkrecht zur Brückenachse). Für das Cluster 2 wurde die orthotrope Fahrbahnplatte als Teilkomponente festgelegt (Abbildung 4). Abbildung 4: Konstruktionsprinzip einer orthotropen Fahrbahnplatte [13] Dieses häufig bei Stahlbrückenkonstruktionen zu findende Element wird aus einzelnen Blechen und Trägern zusammengeschweißt. Aufgrund hoher dynamischer Beanspruchung kommt es hier zur Rissbildung in den Schweißnähten durch Ermüdung. Als drittes Cluster wurden Hänge- und Schrägseilbrücken herangezogen. Konkret geht es um die Anschlusspunkte von Seilen und Hänger (Abbildung 5). Abbildung 5: Konstruktionsprinzip für Stab- und Seilhänger [14] Auch hier führen hohe dynamische Beanspruchungen zu Materialermüdung und schlußendlich zur Rissbildung und Korrosion, insbesondere an den Anschlußpunkten. Weitere Einzelheiten und Details zu den konkreten Bauwerken, den Grundlagen zur Modellbildung, Ähnlichkeitsmerkmalen, Möglichkeiten zur Parametrisierung der Schadensbilder und daraus abzuleitenden Zustandsindikatoren und Messsystemen werden im nachfolgenden Vortrag dargestellt [15]. 5. Fazit Die Altersstruktur, langen Nutzungsdauern und der hohe Grad an Individualität von Brückenbauwerken stellen Eigentümer und Betreiber vor große Herausforderungen für das Lebenszyklusmanagement ihrer Infrastrukturen. Eine hohe Verfügbarkeit sowie eine nachhaltige und ef- 74 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Brücken Asset Management - Standardisierung als Treiber im Lebenszyklusmanagement fiziente Bewirtschaftung verlangen nach neuen und innovativen Methoden. Innerhalb des Forschungsprojektes BrAssMan sollen für Brückentypen verwandter Bauart und ähnlichen Alters mit entsprechend vergleichbaren Schadensbildern standardisierte Messkonzepte und Auswerteprozesse entwickelt werden. Durch Vergleich der KPI verschiedener Brücken eines Typs sollen Unterschiede in der Performanz und im Tragverhalten offengelegt und bewertet werden. Eine Standardisierung der Monitoringkonzepte bildet zudem die Grundlage für einen Vergleich der Messdaten überwachter Anlagen von verschiedenen Anbietern untereinander. 6. Danksagung Wir bedanken uns bei den Projektträgern TÜV Rheinland und VDI/ VDE sowie dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVi) für die Förderung des Projektes „BrAssMan - Brücken Asset Management“ mit dem Förderkennzeichen (FKZ) 19F2111 im Rahmen der Forschungsinitiative mFUND (Modernitätsfonds). Literatur [1] Krause J.; Entstehung der Normen und Entwicklung der Standardisierungsprozesse. In: Regulierung von Investitionsprojekten in Russland; Springer, Wiesbaden (2016) [2] DIN 1076: 1999-11; Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen - Überwachung und Prüfung; Berlin, Beuth (1999) [3] https: / / www.bast.de/ BASt_2017/ DE/ Statistik/ Bruecken/ Zustandsnoten-excel.html? nn=3029068 [4] https: / / www.bmvi.de/ SharedDocs/ DE/ Artikel/ DG/ mfund-projekte/ online-sicherheits-managementsystem-bruecken-osimab.html [5] https: / / www.bmvi.de/ SharedDocs/ DE/ Artikel/ DG/ mfund-projekte/ dimarb.html [6] https: / / www.bmvi.de/ SharedDocs/ DE/ Artikel/ StB/ bruecken-zahlen-daten-fakten.html [7] Kaschner et al.; Auswirkungen des Schwerlastverkehrs auf die Brücken der Bundesfernstraßen; BASt-Bericht B 68, (2009) [8] Richtlinie 804.9040; Standardisierte Rahmenbauwerke [9] Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH); Standard Konstruktion, Mindestanforderungen an die konstruktive Ausführung von Offshore-Bauwerken in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ); Hamburg (2015) [10] Kühne, J. et al.; Die Digitalisierung der Zustandsüberwachung von Windenergieanlagen und Brücken im Vergleich; Stahlbau 90 (2021) [11] Nuber et al.; Offshore foundation monitoring - from R&D to an industrial application; Hannover (2017) [12] Kühne et al.; Brücken Asset Management - Angewandte Digitalisierung für die Mobilität von morgen; 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur (2021) [13] Ming Li et al.; Experimental Study on Fatigue Resistance of Rib-to-Deck Joint in Orthotropic Steel Bridge Deck; Journal of Bridge Engineering, Vol. 23, Issue 2 (2018) [14] Schmidmeier, M.; Zur Ermüdungssicherheit vollverschlossener Seile unter Biegung; Dissertation TU München (2016) [15] Jergas et al.; Brücken Asset Management - Bauwerkscluster: Herausforderungen, Ziele, Auswahl, Modellierung; 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur (2021)