eJournals Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur 1/1

Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur
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Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien

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Iris Hindersmann
Im Rahmen einer Abfrage des BMVI bei den Straßenbauverwaltungen der Länder zum Einsatz von Monitoring im Bereich der Bundesfernstraßen wurde gezeigt, dass der Einsatz selten und auf bekannte Defizite beschränkt ist, obwohl der Nutzen in vielen Fällen belegt ist und Monitoring eine Möglichkeit sein kann, die Restlebensdauer von Brücken zu verlängern. Hemmnisse für den breiteren Einsatz von Monitoring sind oftmals fehlendes technologisches Wissen, fehlende Verfahren zur Bewertung des Nutzens, fehlende Regelwerke und Standardisierung und fehlende finanzielle Mittel. Für die weitere Verbreitung von Monitoring im Bereich der Bundesfernstraßen ist die Berücksichtigung von optimierten Strategien des Erhaltungsmanagements eine Möglichkeit den Einsatz zu stärken. Hierbei können Strategien zur Unterstützung der Bauwerksprüfung und der Einsatz von Monitoring im Rahmen eines Lebenszyklusmanagements auf Objekt- und Netzebene unterschieden werden.
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1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 137 Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien Iris Hindersmann Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, Germany Zusammenfassung Im Rahmen einer Abfrage des BMVI bei den Straßenbauverwaltungen der Länder zum Einsatz von Monitoring im Bereich der Bundesfernstraßen wurde gezeigt, dass der Einsatz selten und auf bekannte Defizite beschränkt ist, obwohl der Nutzen in vielen Fällen belegt ist und Monitoring eine Möglichkeit sein kann, die Restlebensdauer von Brücken zu verlängern. Hemmnisse für den breiteren Einsatz von Monitoring sind oftmals fehlendes technologisches Wissen, fehlende Verfahren zur Bewertung des Nutzens, fehlende Regelwerke und Standardisierung und fehlende finanzielle Mittel. Für die weitere Verbreitung von Monitoring im Bereich der Bundesfernstraßen ist die Berücksichtigung von optimierten Strategien des Erhaltungsmanagements eine Möglichkeit den Einsatz zu stärken. Hierbei können Strategien zur Unterstützung der Bauwerksprüfung und der Einsatz von Monitoring im Rahmen eines Lebenszyklusmanagements auf Objekt- und Netzebene unterschieden werden. 1. Einleitung Im Netz der Bundesfernstraßen befinden sich etwa 40.000 Brücken (BASt 2020). Ein bedeutender Teil dieser Brücken muss dringend instandgesetzt, ertüchtigt oder erneuert werden. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Der Verkehr auf Bundesfernstraßen ist in den letzten Jahren stark angestiegen und der Güterverkehr hat dabei überproportional an Menge und Gesamtgewicht zugelegt. Die Tragreserven der Brücken sind dadurch teilweise aufgebraucht, da faktisch eine Nutzungsänderung für die Brücken stattgefunden hat. Der Großteil der Brückenbauwerke in Westdeutschland wurde in den 1960er bis 1980er Jahren gebaut. Bedingt durch hohe Materialpreise und geringe Lohnkosten wurde der Materialeinsatz optimiert. Dadurch gibt es heute beispielsweise Probleme mit zu geringer Schubbewehrung bei relevanten Hauptbauteilen von Massivbrücken. Als zusätzliche Herausforderung kommt die Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Brücken hinzu, die auf einen Rückstau der Erhaltungsmaßnahmen schließen lässt (BMVI 2015; Marzahn 2016). Da eine Ertüchtigung und/ oder Ersatz aller betroffenen Bauwerke kurzfristig nicht möglich ist, ist es notwendig, Konzepte und Verfahren zu entwickeln, um die vorhandenen Brücken bis zur Sanierung oder dem Neubau sicher weiter nutzen zu können. Monitoring kann zur Sicherstellung der Verfügbarkeit nutzbringend eingesetzt werden, in dem Sicherheitsreserven erkannt, Prognosen des zukünftigen Verhaltens ermöglicht und so das Erhaltungsmanagement optimiert werden kann. Bislang wird Monitoring an Brücken nicht regelmäßig eingesetzt, dieses konnte im Rahmen einer Abfrage bei den Straßenbauverwaltungen der Bundesländer gezeigt werden. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und sollen im Rahmen dieses Artikels beschrieben werden. Die Einbindung digitaler Technologien bei der Überwachung von Ingenieurbauwerken kann einen Nutzen zur Erhöhung der Sicherheit, Verfügbarkeit und Nutzungsdauer bringen. Um den Einsatz von Monitoring an Ingenieurbauwerken der Bundesfernstraßen zu erhöhen, ist es u.a. erforderlich Strategien zur regelmäßigen und selbstverständlichen Einbindung von Monitoring aufzuzeigen. Dieses kann im Rahmen der Einbindung in die Bauwerksprüfung oder im Rahmen des Lebenszyklusmanagement von Brücken erfolgen. 2. Monitoring Eine einheitliche Definition der Begriffe „Überwachung“ und „Monitoring“ liegt bei den Betreibern der Straßeninfrastrukturen nicht vor, in diesem Artikel wird den Definitionen des Merkblatts „Monitoring: Planung, Vergabe und Betrieb“ des Deutschen Beton- und Bautechnik Vereins gefolgt (DBV 2018). Überwachung beschreibt zielgerichtet durchgeführte Beobachtungen, die beispielsweise auf Messungen basieren. Die erfassten Daten werden nach einer eventuell möglichen Umrechnung mit Erwartungs- oder Grenzwerten verglichen. Monitoring beschreibt den Gesamtprozess zur Erfassung, Analyse und Bewertung von Bauwerksreaktionen und/ oder der einwirkenden Größen mittels eines Messsystems über 138 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien einen repräsentativen Zeitraum (zeitliche Entwicklung der Messgröße; kontinuierliche, periodische oder ereignisbasierte Messung, global lokal). Zu unterscheiden sind hierbei Kurzzeitmonitoring (Datenerfassung über Minuten bis Tage, z.B. während einer Probebelastung), Langzeitmonitoring (Datenerfassung über Wochen bis Jahre, z.B. zur Schadensüberwachung) und Dauermonitoring (permanente Datenerfassung ohne geplantes Ende, z.B. für kathodischen Korrosionsschutz). Der Nutzen von Monitoring konnte im Rahmen des Projekts „Wirtschaftlichkeit von Monitoringmaßnahmen“ belegt werden (Schubert et al. 2020). Das Konzept erlaubt es, den Nutzen von Monitoringmaßnahmen bereits vor der Installierung zu bestimmen. Das Konzept basiert auf der „Value of Information“- Analyse, die ihrerseits auf der Bayes’schen prä-posteriori Entscheidungsanalyse aufbaut. Die Beispiele konnten den wirtschaftlichen Nutzen der Monitoringmaßnahme darlegen. Bei der Analyse wurden die folgenden Aspekte berücksichtigt: Instandhaltungsmaßnahme, Kosten für Installation und Betrieb des Monitorings sowie Betriebskosten, Reisezeiten, Verkehrssicherheit, Lärm, Luftverschmutzung, Klimaschutz und Erreichbarkeit. Anwendungsfälle für Monitoring werden im DBV Merkblatt Monitoring (2018) genannt. Die Anwendung ist in allen Phasen des Lebenszyklus eines Bauwerks von der Planung bis zum Rückbau möglich. • In der Planungsphase ist Monitoring ein Instrument zum Informationsgewinn und zur Risikominimierung, beispielsweise bei der Durchführung von Vorversuchen. • Während der Herstellung können Spannungszustände überwacht werden, bei der Herstellung von Nebenbauwerken können Erschütterung und Risse am Bauwerk überwacht werden und bei der Inbetriebnahme einer Brücke kann eine Schwingungsmessung im Nullzustand erfolgen. • Auch in der Lebenszyklusphase „Betrieb“ kann Monitoring beispielsweise im Rahmen der Nachrechnung zur Bestimmung von Tragreserven, tatsächlicher Schwingbreiten oder Verkehrsbeanspruchung oder zur Überwachung vorhandener Schäden (OSA) eingesetzt werden. Der Einsatz im Rahmen der Einwirkungsüberwachung (Schwingungen), als zusätzliches Instrument der Bauwerksprüfung (Rissbewegung oder Spanngliedkraftmessung), bei Verstärkungs- und Instandsetzungsmaßnahmen (Erschütterung während des Baus) oder Belastungsversuche zur Abschätzung der Tragreserven sind weitere Beispiele. • Während des Rückbaus ist beispielsweise die Messung der Erschütterung möglich. 3. Anwendung in der Praxis 3.1 Länderabfrage Das BMVI hat auf Grundlagen der Arbeiten der UAG „Strategie des Monitorings in der Bauwerkserhaltung“ eine Abfrage zu den Erfahrungen beim Einsatz von Monitoring in den Straßenbauverwaltungen der Länder übermittelt. Ziel war es, einen Überblick über den Einsatz von Monitoring an Brücken des Bundesfernstraßennetzes zu erhalten. Hierbei sollen Nutzen, Möglichkeiten zur Entlastung bei der Bauwerksprüfung und Anwendungsgrenzen abgefragt werden. Grundlage der Abfrage war ein durch die UAG erstellter Fragebogen. Hierin wurden die Aspekte: Allgemeines zum Bauwerk (z.B. Baustoff, Bauweise, Baujahr), Grund/ Anlass des Monitorings (z. B. OSA, Erfassung der Einwirkungen), Dauer der Datenerfassung, Messtechnik (z.B. Art der Sensorik), Datenerfassung und Datenübertragung, Ausführung einzelner Arbeitsschritte und Kosten abgefragt. Dieser Fragebogen bildet die Grundlage zur Erstellung einer Erfahrungssammlung nach dem Vorbild vorhandener Dokumentationen. Die Erfahrungssammlung soll allgemeine Informationen zum Thema Monitoring (Definitionen, Anwendungsgebiete, mögliche strategische Ausrichtung, Planung und Bewertung, Hinweise zur Ausschreibung und Vergabe und Hinweise zur Qualitätssicherung) und eine Beispielsammlung von durchgeführten Monitoringanwendungen enthalten. Weiterhin werden die Ergebnisse der Abfrage zu Erörterung von strategischen Fragestellungen innerhalb der UAG Monitoring genutzt. 3.2 Ergebnisse der Länderabfrage Im Rahmen der Abfrage konnten 100 Beispiele zum Einsatz von Monitoring bei Straßenbauverwaltungen mit den erforderlichen Detailinformationen zusammengetragen werden. Eine Zusammenfassung der Auswertung der Meldungen wird im Folgenden beschrieben. Die in der Abfrage am häufigsten genannten betroffenen Bauarten sind Plattenbalken- und Hohlkastenbrücken. Der am häufigsten genannte Baustoff der Brücken, an denen Monitoringmaßnahmen durchgeführt wurden ist Spannbeton, mit großen Abstand folgt der Baustoff Stahl, die Baustoffe Stahlbeton und Stahlverbund spielen eine eher untergeordnete Rolle (Abbildung 1). 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 139 Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien Abbildung 1: Anzahl der gemeldeten Monitoring-Anwendungen nach Bauweise Die Verteilung der Bauweisen den gemeldeten Brücken entspricht dem Anteil der Bauweisen an der Gesamtzahl der Brücken der Bundesfernstraßen. Brückenbauwerke der Jahrgänge 1960 bis 1980 sind weitaus am häufigsten mit Monitoringsystemen ausgestattet worden (Abbildung 2). Abbildung 2: Baujahre der mit Monitoring ausgestatteten Brücken Die am häufigsten betroffene Brückenklasse ist BK60. Mit großem Abstand folgen nach LM1 bemessene Brücken sowie die Brückenklassen BK45 und BK60/ 30, welche nahezu gleichhäufig vertreten sind. Abbildung 3: Anlass für das Bauwerksmonitoring Bei der Erfassung des Anlasses für das Bauwerksmonitoring war eine Mehrfachnennung möglich (Abbildung 3). Die am häufigsten genannten Anlässe sind erforderliche Kompensationsmaßnahmen gefolgt von den Anlässen Einzellfallschadensüberwachung und Überstützung der Nachrechnung. Weniger häufig werden eine notwendige Überwachung von Auswirkungen der Spannungsrisskorrosion, die Unterstützung der Erhaltungsplanung, erforderliche Sonderprüfung und objektbezogene Schadensanalysen (OSA) genannt. Dabei erfolgt die Erfassung der Bauwerksreaktionen deutlich häufiger als die Erfassung der Einwirkungen auf das Bauwerk. Bei der Art der Sensoren haben Verformungs- und Temperatursensoren die größte Bedeutung (Abbildung 4). Weitere wichtige Sensoren mit jedoch deutlich selteneren Anwendungen sind Beschleunigungssensoren, der Einsatz des geodätischen Monitorings und der Einsatz von Kameras und Mikrophonen. Die Erfassung von Schallemissionen sowie der Einsatz von Neigungssensoren und Dauerhaftigkeitssensoren (z. B. Feuchtigkeit- und Korrosionssensorik) spielen eine untergeordnete Rolle. Abbildung 4: Art der eingesetzten Sensoren In der Regel werden nur wenige Sensoren eingesetzt. Bei einem Großteil der Monitoringanwendungen liegt die Anzahl der eingesetzten Sensoren unter 20 Stück. Es gibt nur sehr wenige Projekte, in denen deutlich mehr als 100 Sensoren eingesetzt werden. 140 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien Ein Großteil der Monitoringanwendungen war innerhalb von einem Zeitraum von zwei Jahren abgeschlossen, nur wenige Monitoringanwendungen weisen deutlich längere Laufzeiten aus. Folglich liegen die Kosten für das Monitoring bei den meisten Anwendungen unter 100.000 €. Nur eine geringe Anzahl an Monitoringanwendungen hat ein Kostenvolumen von über 200.000 €. Über 80 % der Maßnahmen wurde als erfolgreich eingestuft. Bei einem geringen Anteil der Projekte konnte kein klarer Erfolg erreicht werden, das heißt, vorhandene Fragestellungen konnte durch den Einsatz von Monitoring nicht vollständig beantwortet werden. Die einzelnen Arbeitsschritte zur Durchführung eines Monitorings können grundsätzlich von unterschiedlichen Beteiligten ausgeführt werden, dieses sind der Auftraggeber, Spezialdienstleister für Bauwerksmessungen (Experte für das Thema Messtechnik und Datenbereitstellung), Fachplaner Monitoring (Experten für den gesamten Bereich von Planung, Konstruktion, Monitoring und Datenauswertung) oder sonstige Beteiligte (DBV 2018). Die in Tabelle 1 aufgeführte Aufteilung der Antworten zeigt, dass der Auftraggeber bei der „Definition der Fragestellung“ den größten Anteil hat. Bei den Arbeitsschritten „Erstellung des Monitoringkonzepts“, „Ausführungsplanung für das Messsystem“, „Installation, Betrieb und Datenerhebung“, „Datenaufbereitung und Auswertung der Messergebnisse“ und „Bewertung der Messergebnisse“ hat der Fachplaner Monitoring den größten Anteil. Der Spezialdienstleister für Bauwerksmessungen hat bei den Arbeitsschritten „Ausführungsplanung für das Messsystem“, „Installation, Betrieb und Datenerhebung“ und „Datenaufbereitung und Auswertung der Messergebnisse“ eine Bedeutung nur in ca. 20% der Fälle. Das bedeutet, dass der Auftraggeber in der Regel die Monitoringmaßnahmen allein mit einem Fachplaner abwickelt. Arbeitsschritt Auftraggeber Spezialdienstleister Fachplaner Sonstige Definition der Fragestellung 71 22 7 0 Erstellung Monitoringkonzept 22 8 63 7 Ausführungsplanung Messsystem 4 19 71 5 Installation, Betrieb, Datenerhebung 3 25 67 5 Datenaufbereitung & Aus-wertung der Messergebnisse 4 17 72 7 Bewertung der Messergebnisse 26 5 58 11 Tabelle 1: Aufteilung der Arbeitsschritte auf unterschiedliche Personenkreise Die Abfrage zeigt, das Monitoring bei den Straßenbauverwaltungen nicht regelmäßig eingesetzt. Der Einsatz ist vornehmlich einzelfallbezogen, vom Umfang her begrenzt und die Anwendung findet vornehmlich bei älteren Bestandsbauwerken statt. Eine Unterstützung durch externe Fachplaner ist in fast alle Fällen erforderlich. Der Einsatz von Monitoring in Bezug auf Baustoff, Bauart und Alter der Bauwerke entspricht dem in Deutschland vorhandenen Bauwerken. Die Beispielsammlung ist hinreichend groß für die Erstellung der angestrebten „Erfahrungssammlung“. 3.3 Hemmnisse für den breiten Monitoringeinsatz Für den bislang relativ wenig verbreiteten Einsatz von Monitoring an Brücken der Bundesfernstraßen gibt es verschiedene Ursachen. Die Zusammenstellung der Ursachen und Lösungsmöglichkeiten stammen aus einem Workshop der UAG „Strategie des Monitorings in der Bauwerkserhaltung“, Interviews mit Straßenbauver-waltungen der Länder aus dem Jahr 2020 und aus dem Artikel „Innovative Monitoringstrategie für Bestandsbauwerke“ von Bergmeister aus dem Jahr 2015. Häufig ist fehlendes Wissen in Bezug auf das Thema Monitoring ein Grund für den wenig verbreiteten Einsatz. Hier sind fehlende Fachkenntnisse in Bezug auf den Ein- 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 141 Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien satz und Nutzen von Monitoring, fehlende Kenntnisse im Umgang mit dem Thema der Datenhaltung (z.B. Metadaten, Speicherort) und die hohen Komplexität des Themas zu nennen. Die vielfältigen Aufgaben zur Erstellung einer objektbezogene Konzeption für das Monitoring und komplexe Genehmigungsverfahren sind ebenfalls bedeutsame Hemmnisse. Abhilfe kann die geplante Erfahrungssammlung zu Einsatz von Monitoring und eine beabsichtigte webbasierte Datenbank mit entsprechenden Suchmöglichkeiten zu Problemstellungen und Monitoringanwendungen leisten. Eine verbesserte Schulung und Weiterbildungen ist ebenfalls nutzbringend. Für die Anwender ist der Nutzen einer Monitoringmaßnahme in der Regel unbekannt, daher gibt es Vorbehalte zum Einsatz dieser neuen Technologien. Auch fehlende konkrete Zielsetzung und Konzepte für den Einsatz an Neubauwerken stellen ein Hemmnis dar. Das Aufzeigen von Vorteilen, Best-Practice-Anwendungen und die Entwicklung von Strategien zum Einsatz von Monitoring kann Abhilfe schaffen. Fehlende Regelwerke und Standardisierungen in Bezug auf die Aspekte Monitoringverfahren, Ausschreibung und Qualitätssicherung stellen weitere Hemmnisse dar. Das DBV Merkblatt „Monitoring: Planung, Vergabe und Betrieb“ und die geplante Erstellung weiterer Merkblätter und Richtlinien, wie beispielsweise der DGZfP- Richtlinie B9 „Automatisierte Dauerüberwachung im Ingenieurbau“ können Abhilfe schaffen. Diese Richtlinien sollen eine Unterstützung u.a. in den Bereichen Planung, Ausschreibung und Bewertung der Ergebnisse liefern. Auch die Analyse der Vorgehensweise anderer Disziplinen, wie Beispielsweise im Bereich der Windenergie, wo Monitoring bereits standardisiert eingesetzt wird, kann eine Unterstützung liefern (Kühne et al. 2021). Auch aktuelle Forschungsprojekte können Hinweise zum Umgang liefern, hierzu wird auf vielfältige Veröffentlichungen der BASt und anderer Institutionen verwiesen. Die nicht unerheblichen Kosten von Monitoring-Anwendungen stellen ein Hemmnis dar, da der Nutzen von Monitoring finanziell nur schwer in einer umfassenden Form abgeschätzt werden kann. Die Abschätzung der Wirtschaftlichkeit über das in Schubert et al. (2020) entwickelte vereinfachte Verfahren kann hierbei gute Ergebnisse liefern. Hemmnisse in finanzieller Hinsicht sind fehlendes Budget für die Maßnahmen und das zusätzliche Personal, welches sich um die Planung, Ausschreibung und Auswertung von Monitoring kümmern muss. Ein flexibles Budget, aus dem auch neben Monitoringmaßnahmen der Einsatz von erforderlichem Personal und ggf. notwendige Weiterbildungsmaßnahmen finanziert werden können, kann zielführend sein. 4. Zukünftige Strategien Für die Optimierung von Effizienz und Effektivität im Erhaltungsmanagement von Brückenbauwerken können insbesondere zwei zukünftige Strategien mit Bezug zu Monitoringmaßnahmen unterschieden werden. Der Einsatz von Monitoring zur Unterstützung der Bauwerksprüfung ist eine Anwendungsfeld, das bereits heute in Einzelfällen umgesetzt wird. Hier ist ein verstärkt strukturierter Ausbau des Einsatzes möglich. Der Einsatz von Monitoring zur Realisierung eines Lebenszyklusmanagements ist aktuell noch Gegenstand der Forschung, mit zunehmender Digitalisierung kann aber dieses Vorgehen deutlich an Bedeutung gewinnen. 4.1 Monitoring zur Unterstützung der Bauwerksprüfung Im Rahmen der Bauwerksprüfung nach DIN 1076: 1999 kann Monitoring zur Unterstützung der Bauwerksprüfung eingesetzt werden, ein Ersatz der Bauwerksprüfung ist jedoch nicht vorgesehen. Der Einsatz von Monitoring ist an verschiedenen Stellen der Bauwerksprüfung möglich, diese Aspekte werden im Folgenden beschrieben. Der Einsatz von instrumentierten Bauteilen, beispielsweise instrumentierte Lager oder Fahrbahnübergänge kann bewirken, dass diese Bauteile nicht nach zuvor festgelegten Zyklen ausgetauscht werden müssen, sondern in Abhängigkeit von der tatsächlichen Belastung. Instrumentierte Bauteile ermöglichen Aussagen zu vorhandenen Schäden an den entsprechenden Bauteilen und ggf. die Prognose zukünftiger Entwicklungen. So überwacht das instrumentierte Lager die tatsächlichen Wege des Lagers, dieses ermöglicht unter Berücksichtigung der jeweiligen Zulassung eine Prognose der tatsächlichen Nutzungsdauer. Für den instrumentierten Fahrbahnübergang ist beispielsweise die Erfassung der Überrollzyklen relevant, diese ermöglichen die Abschätzung der Restlebensdauer, da Fahrbahnübergänge für eine bestimmte Menge an Überrollzyklen konzipiert werden (Haardt et al. 2017). Ein relevanter Aspekt zum Einsatz von instrumentierten Bauteilen ist, dass die Lebensdauer der integrierten Sensoren zur Nutzungsdauer des Bauteils passen muss (Lager, Fahrbahn, Kappe) oder ein schneller und einfacher Austausch muss möglich sein. Der Einsatz von RFID Sensorik zur Überwachung von Feuchte und Korrosion ermöglicht es relevante Informationen zu den wichtigen dauerhaftigkeitsrelevanten Parametern zu bekommen, bevor diese Auswirkungen auf das Bauwerk haben und sich in Form von Abplatzungen oder Rissen im Beton zeigen. Das Auslesen der Sensorik ist beispielsweise jährlich und während der Bauwerksprüfung mit speziellen Lesegeräten möglich. Der Einsatz von passiven RFID Sensoren, also Sensoren ohne Batterien wurde im Rahmen von Untersuchungen an der „intelligenten Brücke duraBASt“ erprobt. Die Sensoren zur Überwachung der Feuchtigkeit wurden in der Fahrbahn, an den Abläufen und dem Fahrbahnübergang in Bohrlöcher eingebaut und diese mit Mörtel abgedichtet. Die Feuchtigkeit wird bei dieser Art von Sensorik über die elektrische Leitfähigkeit gemessen. Für die 142 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien Abläufe der Fahrbahn zeigt Abbildung 5 den abnehmenden Verlauf der Feuchtigkeit nach Einbau der Sensoren. Die Feuchtegehalte haben sich mittlerweile für alle 3 Sensoren auf ein Niveau von konstant ca. 2 Masseprozent Feuchte eingependelt. Abbildung 5: Feuchtgehalte der Sensoren an den Fahrbahnabläufen Die Ergebnisse der Sensoren am Fahrbahnübergang können der Abbildung 6 entnommen werden. Auch hier zeigt sich eine Abnahme der Feuchtegehalte auf ein Niveau von ca. 2,5 bis 2 Masseprozent Feuchte. Abbildung 6: Feuchtegehalte der Sensoren an den Fahrbahnübergängen Falls eine deutliche Abweichung der Feuchtegehalte festgestellt wird, sollte eine Überprüfung der Dichtigkeit der Abdichtungselemente vorgenommen werden, da ansonsten mit Schäden in diesem Bereich gerechnet werden muss. Die Erstellung eines Geburtszertifikats nach der Fertigstellung der Brücke ist eine weitere Strategie. Dieses Geburtszertifikat ist gekennzeichnet durch eine Referenz- oder Nullmessung, welche nach der Fertigstellung durchgeführt wird. Durch spätere Vergleichsmessungen, z.B. alle 6 Jahre bei Hauptprüfung, können Abweichungen zum Zustand des Bauwerks abgeschätzt werden (Kühne et al. 2021). Dieses Vorgehen wird in der Schweiz bereits praktiziert (Bundesamt für Straßen 2005). Nach der Fertigstellung des Bauwerks erfolgt eine dynamische Nullmessung über den Einsatz von Beschleunigungssensoren zur Feststellung von Parameter wie Eigenfrequenz oder Eigenschwingungsform. Weiterhin wird eine statische Nullmessung zur Dokumentation der globalen Geometrie und entsprechender Kennwerte durchgeführt. Eine Aufnahme dieser Parameter ist beispielsweise durch eine Befliegung möglich. Die Ergebnisse werden den Bauwerksunterlagen beigefügt. Weiterhin werden Informationen zu eventuell eingebauter Sensorik mit Art, Einbauort und Messgrößen und notwendige zukünftige Nachmessungen beigefügt. Bei einem zukünftigen Einsatz dieses Vorgehens sollte die Dokumentation digital an einem Bauwerksmodell erfolgen, welches auch die Ergebnisse der Messungen enthält. Dieses vereinfacht zukünftige Nachmessungen und die Auswertung der Ergebnisse. Der Einsatz von Drohnen, ausgestattet mit einer Kamera ermöglicht es, ein genaues Bild der Oberfläche der Bauwerke zu erzeugen. Dieses Bildmaterial kann genutzt werden, um diejenigen Stellen am Bauwerk zu identifizieren, die im Rahmen der Bauwerksprüfung genauer untersucht werden sollten. An der Hochmoselbrücke (BStr 50) wurde als Ergänzung zur ersten Hauptprüfung eine Drohnenbefliegung mit hoch auflösender Kamera durchgeführt. Die bildgestützte dreidimensionale Rekonstruktion und eine Rissaufnahme dient als Grundlage für zukünftige Bauwerksprüfungen (Kühne et al. 2021; Morgenthal et al. 2019). Das Bildmaterial kann auch genutzt werden um eine KIgestützte Auswertung der Bilder zu übernehmen. Eine automatisierte Erkennung von Rissen und Abplatzungen oder Veränderungen und eine anschließende Bewertung können für die Bauwerksprüfung eine gute Unterstützung darstellen (Kühne et al. 2021; Morgenthal et al. 2019). Mit dem Einsatz von VR und AR entsteht die Möglichkeit, dass Bauwerksmodelle inklusive verorteter Sensorik und Messdaten im Büro und vor Ort analysiert werden können. Die Einbeziehung von Monitoringergebnissen in die Bauwerksprüfung wird somit deutlich erleichtert. 4.2 Monitoring im Lebenszyklusmanagement Bei der Erhaltung von Bauwerken können unterschiedliche Strategien verfolgt werden, wie die Abbildung 7 zeigt. Eine Entwicklung vom reaktiven zum prädiktiven/ vorausschauenden Erhaltungsmanagement geht einher mit dem Zuwachs an Wissen, einem verbesserten Umgang mit Unsicherheiten und einem vermehrten Einsatz von technologischen Entwicklungen. 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 143 Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien Abbildung 7: Digitale Transformation in der Erhaltung (Strauss et al. 2009) Der Einsatz von Monitoring im Lebenszyklusmanagement von Bauwerken hat das Ziel die Schäden von Bauwerken rechtzeitig zu erkennen und Prognosen zum Schadensverlauf zu machen. Monitoring spielt im prädiktiven Erhaltungsmanagement eine bedeutende Rolle, denn das Wissen zum tatsächlichen Zustand des Ingenieurbauwerks und der zukünftigen Entwicklung ist nur mit der Überwachung der Brücke möglich. Der umfängliche Einsatz von Sensorik zur Bestimmung des aktuellen Zustands von Bauwerken und die Ableitung des zukünftigen Verhaltens ist Teil der Forschung. Strategien für den zukünftigen Einsatz auf Objekt- und Netzebene können in abgeleitet werden. 4.2.1 Objektebene Auf der Objektebene wird das Ingenieurbauwerk selbst betrachtet. Der Einsatz von Monitoring bei bekannten Schädigungen bietet eine gute Möglichkeit zur Überwachung des Schädigungsfortschritts. Dieses Vorgehen dient der Verlängerungen der Restnutzungsdauer und Erhöhung der Sicherheit. Es gibt eine Reihe von Beispielen aus der Praxis für dieses Vorgehen. An der Rheinbrücke Leverkusen im Zuge der A1 wird z. B. die Verkehrslast erfasst und über eine Schwellwert-Überwachung der reduzierten Fahrzeuggewichte die Einwirkung auf die Brücke kontrolliert und damit eine Verlängerung der Restnutzungsdauer erreicht. Ein weiteres Beispiel ist die Koppelfugenüberwachung, welches an der Autobahnbrücke, die über die L287 (Friedrich-Ebert-Straße) in Duisburg Beeck führt, eingesetzt wurde. Mit der Überwachung konnte eine weitere sichere Nutzung der Brücke erreicht und eine vorzeitiger Ersatzneubau abgewendet werden (Hortmanns et al.; Schubert et al. 2020). Neben der Strategie Monitoring bei bekannten Schäden einzusetzen, kann auch der Einsatz von „Intelligenten Brücken“ zum vermehrten Einsatz von Monitoring beitragen. Die Intelligente Brücke ist ein modulares System zur kontinuierlichen Erfassung und Analyse maßgeblicher Messgrößen hinsichtlich Einwirkungen und Bauwerksreaktionen sowie deren Bewertung und Visualisierung der Ergebnisse. Über die gesamte Nutzungsdauer liefert sie kontinuierlich Informationen hinsichtlich des Zustands, der Zuverlässigkeit und Restnutzungsdauer des Bauwerks und seiner Bauteile (Haardt et al. 2017). Auf der Bauteilebene wird das Ziel verfolgt, Schäden zu detektieren und im weiteren Prognosen zur zukünftigen Entwicklung abzugeben. Ein Beispiel sind die unter 4.1. genannten instrumentierten Lager und Fahrbahnübergänge, die im Zusammenhang mit der Intelligenten Brücke entwickelt wurden. Aus den ermittelten Daten über die Bauteile können gemeinsam mit den Informationen zu den Einwirkungen beispielsweise Prognosen zur zukünftigen Entwicklung und der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen aufgezeigt werden (Haardt et al. 2017; Dabringhaus et al. 2020b). Über die Nachverfolgung der Eindringtiefe und -geschwindigkeit von Schadstoffen, wie beispielsweise dem Chloridgehalt oder einer tiefengestaffelten Ermittlung der Korrosion kann eine Prognose der Schädigung der Stahlbewehrung vorgenommen werden. Hiermit ist ebenfalls eine Aussage zur Restnutzungsdauer vor einer notwendigen Instandsetzung möglich. Auf Bauwerksebene können mit dem Einsatz von Monitoring übergeordnete Aussagen zum Gesamtbauwerk vorgenommen werden. An der intelligenten Brücke im Digitalen Testfeld Autobahn werden die drei folgenden Aspekte analysiert (Haardt et al. 2017; Dabringhaus et al. 2020b; Freundt et al. 2020): • Die statische Beanspruchung des Bauwerks kann über das Verhältnis von statischen Beanspruchungswerten aus der Verkehrsbelastung zu den Werten der Tragwerksbemessung (hier Lastmodells LM 1) ermittelt werden. Ab einer Überschreitung von 80% der theoretischen Traglast erfolgt eine Warnmeldung. • Der Kennwert „Bauwerkssteifigkeit“ lässt sich aus den Messungen der Eigenfrequenz aus Beschleunigungssensoren ermitteln. Die Überwachung der Eigenfrequenz ist qualitativ, auf Grundlage der Messungen wurden Mittelwerte berechnet, eine Abweichung von diesen Werten deuten auf Steifigkeitsveränderungen hin. • Eine weitere Möglichkeit ist die Bestimmung des Zuverlässigkeitsindex. Relevanten Grenzzustände eines Bauwerks werden dafür messtechnisch überwacht, 144 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien die Auswertung der Messergebnisse erfolgt auf probabilistischer Ebene. Eine weitere Möglichkeit, die auf der Objektebene verfolgt werden kann, ist die Erstellung eines digitalen Zwillings. Dieser ist ein digitales Abbild des realen Bauwerks und spiegelt sämtliche Eigenschaften und sein Verhalten über dessen gesamten Lebenszyklus hinweg anhand verschiedener Modelle. Der digitale Zwilling beinhaltet eine Ausstattung des Bauwerks mit Sensorik, dieses dient u.a. dazu szenariobasierte Untersuchungen und Prognosen hinsichtlich des Bauwerkszustandes erstellen zu können und Erhaltungsmaßnahmen zu prognostizieren (Dabringhaus et al. 2020a). 4.2.2 Netzebene Monitoring kann auf der Netzebene z. B. genutzt werden, um Performance Indikatoren (PI) und Key Performance Indikatoren (KPI) zu ermitteln. Ein Performance Indikator ist ein Begriff für eine messbare Eigenschaft bzw. Kennzahl, anhand derer ein Fortschritt bzw. der Erfüllungsgrad einer Zielsetzung gemessen werden kann (Speer 2019; Strauss et al. 2018). Key Performance Indikatoren sind aggregierte dimensionslose Kennzahlen, welche ebenfalls als Kriterium für die Erreichung von Zielen genutzt werden. Die Auswahl der KPIs kann je nach Stakeholder unterschiedlich sein. Während für den Nutzer der Infrastruktur die Verfügbarkeit und Sicherheit eine relevante Rolle spielt, stehen für den Betreiber Kostenaspekte im Vordergrund. Im Bundesverkehrswegeplan gibt es beispielsweise das Ziel „Verbesserung Verkehrsfluss/ Engpassbeseitigung (inkl. Verkehrsmanagement)“ (Dahl et al. 2015). Um den Erfüllungsgrad dieses Ziels zu ermitteln, kann beispielsweise eine Überwachung der Verkehrsdichte auf Brücken über den Einsatz von Monitoring erfolgen. Mit dem Einsatz von Bridge Weigh-in-Motion-Systemen (B-WIM) oder Dehnung- oder Beschleunigungssensoren in Kombination mit Belastungsversuchen kann die Bestimmung der Verkehrslast erfolgen. Der Einsatz von KPIs ist im Bereich der Bundesfernstraßen noch nicht verbreitet. Für die Straßeninfrastruktur in Bayern wurden erste KPIs ermittelt, hier sind zum Beispiel für den Aspekt Erhaltung die KPIs Entwicklung von Fahrbahn und Bauwerkszustand, Wertezustand der Anlagen und die Realisierung strategischer Erhaltungsziele definiert worden (Degelmann 2016). Teilweise wird der Bau und der Betrieb von Teilstrecken der Bundesfernstraßen an private Betreiber übergeben, hier werden KPIs vorgegeben, an deren Erreichung Vergütungen gebunden sind. Im Verfügbarkeitsmodell dient die Qualität und der Umfang der Verfügbarkeit der Strecke als Indikator (BMVI 2021b). Ein verbreiteter Einsatz von Monitoring auf der Netzebene im Rahmen der Ermittlung von KPIs liegt aktuell nicht vor. Im Rahmen des Projekts „BrAssMan“ wird der Ansatz verfolgt mit Hilfe von KPIs Brücken zu vergleichen. Im ersten Schritt werden Bauwerkscluster gebildet, für die aufgrund ihrer konstruktiven Voraussetzungen vergleichbare Zustandsparameter bestimmt werden können. Mit der Entwicklung von standardisierten Messprogrammen und Modellen für das Brückencluster kann eine standardisierte messtechnische Ausstattung von Brücken durchgeführt werden. Die KPIs werden über alle Brückencluster aggregiert um im Anschluss einen Vergleich zu ermöglichen. Das Projekt soll helfen das Erhaltungsmanagement von Brücken in Abhängigkeit des tatsächlichen Zustands und Prognose aufzustellen (BMVI 2021a). 5. Fazit Monitoring im Bereich der Bundesfernstraßen ist derzeit im Wesentlichen auf den Einsatz bei bekannten Schäden beschränkt, obwohl der Nutzen von Monitoring bereits klar belegt werden kann. Eine Abfrage bei den Straßenbauverwaltungen hat dieses bestätigt. Hemmnisse für den Einsatz sind neben wenig verbreitetem Wissen zum Thema Monitoring, das Fehlen von Personal, Finanzierungsmöglichkeiten und Standardisierungen. Im Rahmen des Artikels wurden Wege zum Abbau der Hemmnisse aufgezeigt. Um den Einsatz von Monitoring im Bereich der Bundesfernstraßen zu fördern sind zwei Strategien denkbar. Zum einen kann der Einsatz von Monitoring im Rahmen der Bauwerksprüfung gestärkt werden, hier sind u.a. der Einsatz von instrumentierten Bauteilen, die Möglichkeiten eines Geburtszertifikats und der Einsatz von bildgebenden Verfahren in Kombination mit einer automatischen Schadensauswertung zu nennen. Einen weiteren Aspekt stellt der Einsatz von Monitoring im Rahmen des Lebenszyklusmanagements von Brücken dar. Der Weg von einem reaktiven und schadensbasierten Vorgehen hin zu einem vorausschauenden, prädiktiven Vorgehen in der Erhaltung ist nur mit einer verbesserten Zustandserfassung und -bewertung in Verbindung mit Prognosetools möglich. Monitoring stellt eine Möglichkeit dar, weitergehende Informationen zum Zustand eine Bauwerks bereitzustellen. Mit dem zukünftigen Einsatz von neuen Technologien, z.B. KI, wird es zunehmend möglich sein, aus den verbesserten Zustandsinformationen szenariobezogene Prognosen zu verschiedenen relevanten Aspekten, wie der Restlebensdauer zu treffen. Für den Einsatz von Monitoring im Rahmen eines Lebenszyklusmanagement auf der Netzebene spielt der Einsatz von (Key) Performance Indikatoren eine Rolle, diese ermöglichen Aussagen zu Verkehrsnetzen und unterstützen damit die Erstellung von übergeordneten Strategien. Zukünftig sollten verstärkt die vorhanden Erkenntnisse und Informationen aus der Forschung und neue Entwicklungen der Industrie in Konzepte und Idee umgesetzt werden, damit diese von den verschiedenen Verkehrsträgern in der Praxis genutzt werden. Mit einem verbesserten Lebenszyklusmanagement und einem daraus resultierenden verbesserten Zustand der Verkehrsinfrastruktur können für die Ingenieurbauwerke in den Bereich Ver- 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 145 Anwendung von Monitoring bei Brücken der Bundesfernstraßen und zukünftige Monitoringstrategien fügbarkeit, Sicherheit und Umweltverträglichkeit deutliche Fortschritte erzielt werden. Literatur [1] BASt (2020): Brückenstatistik 2020. Online verfügbar unter https: / / www.bast.de/ BASt_2017/ DE/ In g e ni e urb a u / F a c h t h e m e n / bru e ck e n s t a ti s tik / b r u e c k e n _ h i d d e n _ n o d e . h t m l; j s e s s i o nid=5B433DB2E30E52EAC951347516663896. live21304. [2] Bergmeister, Konrad (2015): Innovative Monitoringstrategien für Bestandsbauwerke. In: Bergmeister, Konrad Fingerloos, Frank und Johann-Dietrich Wörner (Hg.): Beton-Kalender 2015 Schwerpunkte. Bauen im Bestand Brücken. 5th ed. Hoboken: Wiley (Beton-Kalender (VCH) *). [3] BMVI (2015): Stand der Ertüchtigung von Straßenbrücken der Bundesfernstraßen. Hg. v. BMVI. 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