eJournals Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur 1/1

Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur
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BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen

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Alexander Buttgereit
Markus Stöckner
Ute Stöckner
Die kommunalen Verkehrswege stellen für die Baulastträger einen beträchtlichen Vermögenswert dar, der künftig nur mit einem datengestützten Lebenszyklusmanagement effizient erhalten werden kann. Dazu wird seit einigen Jahren in Münster ein nachhaltiges Asset Management entwickelt. Hierfür wurden u.a. die Prozessabläufe aus organisatorischer und ingenieurtechnischer Sicht erarbeitet sowie der zugehörige Datenbedarf einschließlich der Datenübergabepunkte im Lebenszyklus identifiziert und auf die Anwendung der BIM-Methode ausgerichtet. Eine wesentliche Herausforderung ist dabei die digitale Abbildung der Verkehrswegeinfrastruktur wie Verkehrsflächen, Bauwerke, Kanal, Lichtsignalanlagen in einer einheitlichen Ontologie, so dass Fachwendungen darauf zugreifen können. Vorhandene Datenbestände wurden geprüft und bewertet sowie der Ergänzungsbedarf aufgezeigt. Für das Asset Management sollen die Datengrundlagen für entscheidungsrelevante Aussagen aus strategischer, taktischer und operativer Sicht geliefert werden. Allerdings zeigt die aktuelle Situationsbewertung auch, dass die benötigten Daten bzw. Fachmodelle aus verschiedenen Datenbanken und Systemen stammen und weder von der räumlichen Referenzierung noch von der Ontologie und der Semantik vergleichbar sind. Da aus den Vorarbeiten die Anforderungen an Dateninhalte und Datenflüsse im Lebenszyklus bekannt sind, wird nun im Rahmen einer ersten Pilotanwendung anhand einer städtischen Straßenbaumaßnahme getestet, wie die benötigten Fachmodelle aus unterschiedlichen Datenbanken zu einem IFC-kompatiblen Modell zusammengeführt, projektbezogen verwendet werden und dann nach Abschluss der Baumaßnahme wieder in die bestehenden Datenbanken zurückgeführt werden müssen. Im Rahmen der jetzt laufenden Umsetzung sind noch einige Herausforderungen zu lösen.
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1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 293 BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen Dr.-Ing. Alexander Buttgereit Maria Koordt, M.Sc. Stadt Münster, Amt für Mobilität und Tiefbau Prof. Dr.-Ing. Markus Stöckner Dr.-Ing. Ute Stöckner Steinbeis-Transferzentrum Infrastrukturmanagement im Verkehrswesen Steinbeis Transferzentren GmbH an der Hochschule Karlsruhe Zusammenfassung Die kommunalen Verkehrswege stellen für die Baulastträger einen beträchtlichen Vermögenswert dar, der künftig nur mit einem datengestützten Lebenszyklusmanagement effizient erhalten werden kann. Dazu wird seit einigen Jahren in Münster ein nachhaltiges Asset Management entwickelt. Hierfür wurden u.a. die Prozessabläufe aus organisatorischer und ingenieurtechnischer Sicht erarbeitet sowie der zugehörige Datenbedarf einschließlich der Datenübergabepunkte im Lebenszyklus identifiziert und auf die Anwendung der BIM-Methode ausgerichtet. Eine wesentliche Herausforderung ist dabei die digitale Abbildung der Verkehrswegeinfrastruktur wie Verkehrsflächen, Bauwerke, Kanal, Lichtsignalanlagen in einer einheitlichen Ontologie, so dass Fachwendungen darauf zugreifen können. Vorhandene Datenbestände wurden geprüft und bewertet sowie der Ergänzungsbedarf aufgezeigt. Für das Asset Management sollen die Datengrundlagen für entscheidungsrelevante Aussagen aus strategischer, taktischer und operativer Sicht geliefert werden. Allerdings zeigt die aktuelle Situationsbewertung auch, dass die benötigten Daten bzw. Fachmodelle aus verschiedenen Datenbanken und Systemen stammen und weder von der räumlichen Referenzierung noch von der Ontologie und der Semantik vergleichbar sind. Da aus den Vorarbeiten die Anforderungen an Dateninhalte und Datenflüsse im Lebenszyklus bekannt sind, wird nun im Rahmen einer ersten Pilotanwendung anhand einer städtischen Straßenbaumaßnahme getestet, wie die benötigten Fachmodelle aus unterschiedlichen Datenbanken zu einem IFC-kompatiblen Modell zusammengeführt, projektbezogen verwendet werden und dann nach Abschluss der Baumaßnahme wieder in die bestehenden Datenbanken zurückgeführt werden müssen. Im Rahmen der jetzt laufenden Umsetzung sind noch einige Herausforderungen zu lösen. 1. Einleitung Die Stadt Münster entwickelt für die vorhandene Infrastruktur ein Tiefbau Infrastrukturmanagement Münster (TIMM) über den gesamten Lebenszyklus als Bestandteile eines Asset-Management Systems u. Übergeordnetes Ziel ist dabei, die notwendigen Aktionen im Lebenszyklus der betroffenen Anlagenteile effizient und effektiv zu steuern. Dabei werden technische Aspekte, wie z.B. der Anlagenzustand, umweltbezogene Aspekte wie auch Risiko- oder Vermögenswertbetrachtungen miteinander kombiniert. Aktuelle Teilarbeiten konzentrieren sich auf die Behandlung der Verkehrsflächen, unterstützend soll die BIM-Methode angewendet werden. Die Umsetzung des Projektes TIMM für Verkehrsflächen erfordert eine sachgerechte Verbindung von ingenieurtechnischer Planung, wirtschaftlicher Bewertung und politischen Zielsetzungen [Stöckner et al, 2020]. Damit werden verschiedene Entscheidungsebenen angesprochen. Die politische Entscheidungsebene entscheidet über rahmensetzende Pläne, die Vorgaben für das Handeln der Straßenbauverwaltungen vorgeben. Die Fachebenen entscheiden über Priorisierungen und Maßnahmenpläne aufgrund ingenieurtechnischer und wirtschaftlicher Erwägungen, die operative Ebene setzt diese dann im Straßennetz unter Berücksichtigung von Ausführungsfragen und verkehrlichen Erwägungen um. Gemeinsam ist allen Ebenen, dass solche Entscheidungen und Abwägungen nur auf der Basis einer aussagekräftigen und transparenten Datengrundlage in Kombination mit einem Auskunftssystem, Auswertetools und einem differenzierten Kennzahlensystem getroffen werden können. Zur Lösung dieser komplexen Aufgabenstellung wendet das Amt für Mobilität und Tiefbau der Stadt Münster zunehmend Verfahren des Asset Managements an. Grundlage dazu stellt die ISO Normenreihe 55000 ff. dar, in der auf der Basis einer BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen 294 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 allgemeinen Beschreibung die Anforderungen für ein Asset Management physischer Anlagen umrissen werden [DIN ISO 55000, 2017]. Die Normenreihe fordert dazu eine sachgerechte Datengrundlage. Problem sind dabei oftmals unterschiedliche vorhandene Datenquellen, DIN ISO 55000: 2017-05. S. 22 verweist wie folgt darauf: „Einige Asset-Daten kommen von Planungs- und Steuerungssystemen, die häufig nicht mit anderen Informationssystemen verbunden sind. Die Integration dieser Informationssysteme durch das AM-Managementsystem kann neue Asset-Informationen bereitstellen, die zu einer verbesserten Entscheidungsfindung der Organisation führen.“ Auch wenn diese Anforderung auf der Hand liegt, bleibt festzustellen, dass derzeit viele Datenbestände vorhanden sind, diese jedoch aufgrund jeweils unterschiedlicher Taxonomie, Ontologie und Semantik einen hohen Aufwand erfordern, aufgabenbezogen die notwendigen Datengrundlagen zur Verfügung zu stellen. Generell können dazu folgende Entwicklungen erkannt werden: • Das Management der Life Cycle Prozesse der Verkehrsinfrastruktur wird zunehmend verbessert und damit auch komplexer. • Die am Lebenszyklus beteiligten Partner werden künftig vermehrt digitale Formen der Zusammenarbeit nutzen. • Die veränderte IT-Technologie wird die Prozesse der Planung, der Ausführung und der Erhaltung/ Betrieb maßgeblich effizienter und effektiver gestalten. • Digitale Zwillinge werden künftig den Datenaustausch über den gesamten Lebenszyklus barrierefrei unterstützen. 1.1 Problemstellung Bisher wurden in Münster weitreichende Anstrengungen unternommen, das Projekt TIMM umzusetzen. Die Arbeiten beziehen sich auf organisatorische, auf ingenieurtechnische und damit verbunden auch auf datentechnische Abläufe. In Vorarbeiten wurden für den Bereich der Verkehrsflächen die notwendigen Prozessabläufe samt Prozessbeteiligte und damit einhergehend die jeweils benötigten Daten und Datenübergabepunkte strukturiert beschrieben. Damit sind der Datenbedarf und der notwendige Datenfluss grundsätzlich bekannt. Die vorhandene Datenlage ist für kommunale Verhältnisse vergleichsweise günstig. So liegen eine Netzkodierung, eine umfangreiche Bestandsdatenbank sowie Zustandsdaten über verschiedene Jahre vor. Zur Lösung dieser Aufgabenstellung eignet sich grundsätzlich die BIM-Methode (Building Information Modelling). BIM als Methode berücksichtigt zum einen organisatorische Abläufe, zum anderen die datentechnische Modellierung des Bestandes. Die datentechnische Modellierung basiert auf einem digitalen dreidimensionalen Bauwerksmodell, das vordefinierte Objekte besitzt und eine geometrische Referenzierung darstellt. Diesem Geometriemodell werden relevante Informationen zugeordnet, für Verkehrsflächen beispielsweise eingebaute Materialien und Materialqualitäten. Die Informationen werden über den kompletten Lebenszyklus erfasst und weitergegeben. Im Idealfall entsteht eine einheitliche Datengrundlage über alle Phasen des Lebenszyklus. Damit ergeben sich die in Abbildung 1 gezeigten Zusammenhänge. BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 295 Abbildung 1: Zusammenhang der TIMM-Ebenen mit Aufgaben und Datenbasis Eine flächendeckende Einführung von BIM für Verkehrsflächen steht noch aus. Der Methode liegt der IFC-Datenstandard zugrunde, der einen barrierefreien, d.h. herstellerneutralen Datenaustausch sicherstellen soll. Dies ist für kommunale Verkehrsflächen mit dem aktuellen Standard IFC 4.3 zu erwarten, wenn dieser verbindlich verabschiedet wird. Ergänzend dazu ist zu klären, welche Daten im Rahmen eines Lebenszyklus benötigt sowie in folgende Abschnitte des Lebenszyklus übergeben werden sollten. Relevant ist zudem, welche Aufgaben auf Auftraggeber und Auftragnehmer im Einzelnen zukommen und wie dies in den Lebenszyklus einer Verkehrsanlage sinnvoll integriert werden kann. Dem Grunde nach ist die Umsetzung der BIM-Methode alternativlos, weil damit ein Problem der Verfügbarkeit von Daten im Lebenszyklus einer Straße besser als bisher gelöst werden könnte [Stöckner/ Niever, 2018]. Dies erfordert das Aufsetzen geeigneter Prozesse und Datenflussmodelle. Denn durch die neue Art der digitalen Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten müssen die Arbeitsprozesse vor Beginn klar definiert sein. So gibt es auf der Ebene der überörtlichen Straßenbauverwaltung eine Reihe von Forschungsprojekten, die sich mit der Umsetzung der BIM- Methode für das Erhaltungsmaßnahmen bzw. des Asset Management von Straßennetzen beschäftigen. [König et al., 2019]; [Hajdin et al: 2020], [Stöckner et al., 2019]. Dabei werden die grundsätzlichen Musterprozesse und die relevanten Datenübergabepunkte einschließlich des notwendigen Informationsgehaltes aufgezeigt. Für Deutschland werden bestehende Datenstandards, wie die Anweisung Straßendatenbank, verbunden mit dem OKS- TRA, berücksichtigt und in Abhängigkeit der jeweiligen Auswertesysteme definiert, welche Dateninhalte für ein Lebenszyklus Management relevant sind. Für den kommunalen Bereich sind derzeit allerdings nur einzelne Pilotprojekte sichtbar, die projektbezogen durchgeführt werden und nicht mit dem Lebenszyklusansatz gekoppelt sind. Die Arbeiten aus dem Außerortsbereich sind für den kommunalen Bereich wertvoll, reichen jedoch für die Komplexität der kommunalen Verkehrsflächen nicht aus: Beispielhaft seien unterschiedliche Nutzeranforderungen sowie unterschiedliche Infrastrukturmedien im Zusammenhang der Verkehrsflächen genannt. Mit dem Projekt TIMM stehen umfangreiche Vorarbeiten zur Verfügung, sodass die Anwendung und Umsetzung der BIM-Methode in Form von Pilotprojekten gut erfolgen kann. So liegt die komplette Prozessmodellierung einschließlich des zugehörigen Datenbedarfs für den Lebenszyklus als Eingangsgrundlage bereits vor. Von Vorteil ist, dass diese Prozessgrundlagen bereits vollständig auf die Aufgaben des Asset-Managements der Stadt Münster abgestimmt sind. 1.2 Zielsetzung Im Rahmen des hier vorgestellten ersten BIM-Pilotprojektes werden zwei primäre Zielsetzungen verfolgt: 1. Die BIM Methode soll für die Straßenerhaltung, also für das Bauen im Bestand etabliert werden. Das BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen 296 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Pilotprojekt behandelt eine Erhaltungsmaßnahme unter Verwendung einer einheitlichen und softwareunabhängigen Datengrundlage. Startpunkt ist die Entwicklung eines Bestandsmodells, das aus dem vorhandenen Asset Modell entwickelt wird. Weiter müssen die Kommunikationswege und Datenschnittstellen im Projekt eindeutig definiert sein. 2. Übergabe der Daten für den weiteren Lebenszyklus- Prozess: Mit Abschluss der Maßnahme entsteht das sogenannte As-Built-Modell, das den tatsächlich gebauten Zustand widerspiegelt. Hier muss sichergestellt sein, dass alle Daten enthalten sind, die für das Funktionieren aller im TIMM festgelegten Prozesse bzw. für die dazu erforderlichen Auswertungen notwendig sind. 2. Vorbereitung des BIM-Pilotprojektes 2.1 Lösungsweg Wesentlicher Aspekt ist ein strukturiertes Verständnis des Informationsmodells, wie es durch die DIN EN ISO 19650-1 definiert wird (vgl. Abbildung 2). Die Informationsanforderungen des Baulastträgers auf strategischer Ebene ergeben sich aus den Forderungen des Asset Management Systems Münster. Die Informationsanforderungen zum Projekt TIMM für Verkehrsflächen sind ebenfalls definiert und führen zu einem gewünschten Informationsmodell Bestand. Die notwendigen Daten sind dem Grunde nach vorhanden, liegen allerdings in der bereits beschriebenen verteilten Form vor, sodass derzeit dieses Bestandmodell in der angestrebten Form noch nicht vorliegt. Die Austauschanforderungen an ein konkretes Projekt sind ebenfalls bekannt, hängen aber naturgemäß auch von projektspezifischen Anforderungen mit ab. Daraus soll ein Informationsmodell Projekt abgeleitet werden, dessen Daten dann später in ein Informationsmodell Bestand überführt werden. Der Ansatz der Aufgabenstellung des derzeit laufenden Pilotprojektes ist, ausgehend von den vorhandenen Datenbeständen, an einem zunächst einfachen Projekt aufzuzeigen, wie das Informationsmodell Bestand künftig im Abgleich mit dem Informationsmodell Projekt ausgestaltet werden kann. Zur Lösung dieser Aufgabenstellung wurden die vorhandenen Prozessbeschreibungen zu einem Referenz- Prozess für Projekte weiterentwickelt. Darauf basierend wurden Muster-Auftraggeber-Informations-anforderungen (AIA) und ein Muster-BIM-Abwicklungsplan (BAP) als allgemeine Vorlage für entsprechende BIM-Projekte und die Anwendung in Münster entwickelt. Ausgehend von den für Erhaltungsmaßnahmen maßgebenden BIM- Anwendungsfällen wurde geprüft, wie die notwendigen digitalen Modelle aus den bestehenden Abbildung 2: Informationsmodell in Anlehnung an DIN EN ISO 19650-1 und König [2019] BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 297 Datenbanken zusammengeführt und in einer gemeinsamen Datenumgebung (CDE) erstellt werden können. Dieser Schritt ist derzeit in Bearbeitung und stellt mit der Modellbildung die eigentliche Herausforderung dar. Die weiteren Schritte werden sich mit der Planung, Ausschreibung und Vergabe, der Projektbegleitung, der Abnahme der Maßnahme einschließlich des zu übergebenden digitalen Modells sowie der Übernahme der Daten in die bestehenden Datenbanken beschäftigen. 2.2 Prozessanalyse Der allgemeine Lebenszyklus ist bereits durch das Asset Management vorgegeben. Die wesentlichen Schritte sind Bedarfsermittlung, Planung, Ausschreibung und Vergabe, Maßnahmendurchführung, Erhaltung-Betriebsphase sowie Rückbau oder Erneuerung. Dabei wird davon ausgegangen, dass für die Planung die Fachmodelle als LOD 200 vorliegen und diese bis zum erforderlichen Ausarbeitungsgrad, i.d.R. LOD 500, dem „wie-gebaut Modell“ weiterentwickelt werden. Daraus wird ein sogenanntes Betriebsmodell abgeleitet, dass alle Aspekte und Informationen aus dem Betrieb von Verkehrsflächen abdecken sollen. Im Wesentlichen umfasst dies die Bestandsinformationen, die für die organisatorische Aufgabenerfüllung wie Reinigung, Winterdienst, Grünpflege oder bauliche Unterhaltung notwendig sind. In Ergänzung dazu sind in einem Bestandsmodell all diejenigen Informationen enthalten, die für die Erhaltungsplanung von Bedeutung sind. Kurz zusammengefasst sind dies all diejenigen Eigenschaften, die beispielsweise Auskunft zum aktuellen Zustand und zur zu erwartenden Restlebensdauer geben können. Die notwendigen Merkmalsgruppen lassen sich in materialtechnische Daten, in planungsrelevante Daten wie Verkehr und Klima und in Zustandsdaten zur Oberfläche und Substanz der Verkehrsflächenbefestigungen unterscheiden. Somit ist genau ein Ansatzpunkt des vorliegenden Projektes, die einzelnen Merkmalsgruppen und Merkmale detailliert zu definieren und in dem zu erstellenden Modell so abzubilden, dass diese für den Lebenszyklus verwendet werden können. Um dies sicherzustellen, wurden zwei detaillierte Prozessbetrachtungen vorgenommen. Zum einen wurde der gesamte Erhaltungsprozess analysiert und darin aufgezeigt, an welcher Stelle es notwendig ist, erfasste Daten in die allgemeinen Datenbanken der Stadt Münster zurückzuspielen. Zum anderen wurde der Prozess zur Durchführung von Planung, Ausschreibung und Vergabe sowie Baudurchführung detailliert beschrieben, der im Prinzip einen spezifizierten Unterprozess des gesamten Erhaltungsmanagements darstellt. Mit dieser Betrachtungsweise ist sichtbar, wie der BIM- Prozess einer einzelnen Maßnahme in den gesamten Asset Management Prozess eingebunden werden kann (vgl. Abbildung 3). Abbildung 3: Allgemeiner Life Cycle Prozess als Ausgangsgrundlage Als zentrales Element für die Ablage der Straßen-Bestandsdaten und der Straßen-Zustandsdaten wird in Münster das Produkt LOGO verwendet. Die Datenbank LOGO erhält eine Fortschreibung an insgesamt drei Stellen: dies sind die Übernahme aktueller Zustandsdaten nach einer neuen Zustandserfassung und -bewertung, die Darstellung einer aktuellen Erhaltungsplanung und die Aktualisierung der Bestandsdaten nach einer durchgeführten Erhaltungsmaßnahme. Die für ein Projekt notwendigen Daten werden aus dem Asset Modell ausgelesen und in eine projektbezogene gemeinsame Datenumgebung übergeben. Dazu werden detaillierte Austauschinformationsanforderungen definiert. Der Detailprozess für die Pilotmaßnahme wurde gemäß der BPMN-Methode beschrieben und enthält Projektbeteiligte, Aufgaben und Darstellung der Daten übergaben im jeweiligen Format. Daraus wurden die wesentlichen Elemente des Informationshandbuchs abgeleitet. BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen 298 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Abbildung 4: Informationsmodell BIM-Pilotprojekt Münster 3. Anwendungsfälle und Fachmodelle Für das Pilotprojekt wurden die Anwendungsfälle in Anlehnung an [BIM4INFRA 2020] spezifiziert. Für eine erste Pilotmaßnahme wurde der Umfang bewusst mit einer Erhaltungsmaßnahme recht einfach gehalten: Bedarfsanalyse, Planung und Ausführungsvorgaben liegen fest, sodass man sich auf die Anwendungsfälle der Maßnahmenausführung konzentrieren kann und hier sowohl die Vorgehensweise bei der Erstellung des Modells zur Ausführung und dann eben zur Übernahme des Modells in die Nutzung für Betrieb und Erhaltung detailliert betrachten kann. Damit wird auch der wesentliche Anspruch des Projektes, die Daten aus der Bauphase heraus in einem Erhaltungs- und Betriebsmodell für den TIMM-Ansatz darzustellen, umgesetzt. Die kommunale Besonderheit besteht hierbei zu definieren, welche Fachmodelle für ein Ausführungsmodell kommunaler Verkehrsflächen erforderlich sind. Durch unterschiedliche Nutzungsansprüche kommunaler Verkehrsflächen ergibt sich hieraus eine höhere Komplexität als beispielsweise im Außerortsbereich. Die langfristige Vorstellung geht in Richtung eines digitalen Zwillings für die gesamte kommunale Infrastruktur (Straße, Wasser bzw. Abwasser, Strom und Telekommunikation, Gas und Fernwärme). Dies umfasst zunächst Geometrie und Aufbau der Verkehrsflächen. Für die reine Ausführung einer Baumaßnahme sind dort alle ingenieurtechnischen Informationen enthalten. Für großräumige Modelle bedarf es als Grundlage dafür der Definition des IFC Alignment sowie auch kleinräumig des Standards IFC Road. Für Planung und Ausführung besteht dann eine Reihe von Wechselwirkungen zu weiteren Modellen. Dies sind naturgemäß ein Infrastrukturmodell, indem alle Elemente der Ver- und Entsorgung im Straßenraum enthalten sind, erforderlichenfalls auch ein Bodenmodell, ein Geländemodell und ein Modell der angrenzenden Bebauung. Es liegt auf der Hand, dass dies derzeit -schon aus Gründen der Datenverfügbarkeitso noch nicht leistbar ist. Für eine komplexe Planung im kommunalen Raum wäre es jedoch wünschenswert, diese Modelle auch softwareunabhängig zur Verfügung zu haben. Im vorliegenden Projekt wird jedoch der Fokus auf das Bestandsmodell der Verkehrsflächen gelegt, weil primär die Aufgabe besteht, die für den Lebenszyklus relevanten Informationen für die einzelnen Objekte in Merkmalsgruppen und Merkmalen abzubilden. BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 299 Abbildung 5: BIM-Modelle für kommunale Verkehrsflächen Für die Bearbeitung der Aufgaben im Lebenszyklus Management der Verkehrsflächen sind daher vor allem die Merkmalsgruppen von Bedeutung, die für die operative und strategische Erhaltung sowie für Straßenunterhaltung und -betrieb erforderlich sind. Diese Merkmalsgruppen können aufgrund der bekannten Auswerte- und Planungsmethoden vergleichsweise gut beschrieben und definiert werden Für die Modellbildung wird wie bereits bekannt ein Geometriemodell erstellt. dem dann die notwendigen Eigenschaften zugeordnet werden. Zur Identifikation der benötigten Daten wurden folgende Aufgabenbe-reiche definiert: 1. EMS-Modell: Das Modell für das Erhaltungsmanagement umfasst alle Merkmalsgruppen, die für eine netzweite Analyse des Erhaltungsbedarfs notwendig sind. Die damit verbundenen Aufgaben sind zum einen die Berechnung einer mittelfristigen Finanzbedarfsprognose sowie einer Priorisierung der anstehenden Erhaltungsmaßnahmen. Die notwendigen Merkmalsgruppen sind die Zustandsdaten des Oberflächenzustands und zum strukturellen Zustand, eine Altersverteilung, Verkehrsbelastung und Funktion, Aufbaudaten mit Materialeigenschaften und weiter noch zu definierende Kennwerte für eine Priorisierung. 2. Betriebsmodell: Notwendige Informationen für ein Betriebsmodell sind auf Flächen bezogene Anforderungen an Reinigung, Winterdienst und Grünpflege, womit dann Geräte- und Personaleinsatz geplant werden können. 3. Planungsmodell Erhaltung: Das Planungsmodell zur Erhaltung liefert objektbezogen die notwendigen Grundlagen für die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen. Im Gegensatz zum EMS-Modell sind hier detailliertere Angaben zum vorhandenen Aufbau, zu den Materialeigenschaften und gegebenenfalls auch zu den Untergrundeigenschaften notwendig. Diese Merkmalsgruppen lassen sich im Grundsatz relativ schnell definieren. Allerdings muss speziell für Verkehrsflächen berücksichtigt werden, dass sowohl im Bereich der Zustandserfassung als auch bei der Methodik der Ermittlung der Restlebensdauer neue Entwicklungen im Gang sind, die zum Teil auch in Münster bereits zur Anwendung kommen. Beispielhaft seien die Ermittlung der Tragfähigkeit mit dem Falling Weight Deflectometer (FWD), die Ermittlung und Kontrolle vorhandener Aufbauten mit dem Georadar (GPR) und die Nutzung sogenannter Performance-Eigenschaften für die eingesetzten Asphaltgemische genannt. Außerdem startet gerade ein Projekt zur ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft kommunaler Infrastruktur, zudem auch die Verkehrsflächen zählen. Ziel hierbei ist eine möglichst nachhaltige Wiederverwertung der bei Erhaltungsmaßnahmen anfallenden Ausbaustoffe. Insofern ist ein weiterer Anspruch des beschriebenen Projektes, die Merkmalsgruppen möglichst umfassend zu beschreiben, um die über bekannte Anwendungen hinausgehenden Anforderungen des TIMM-Projektes möglichst weitgehend abzubilden. Daher liegt der Schwerpunkt darauf, an einer vergleichsweise einfachen Maßnahme die strategische Handlungsweise für die Umsetzung der BIM-Methode exemplarisch aufzuzeigen und dann eine Übertragung auf komplexere Projekte anzugehen. BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen 300 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Abbildung 6: Aufgaben im TIMM und Datenbedarf Abbildung 7: Beispiel zur Strukturierung des Datenbedarfs BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 301 4. Projektunterlagen Wie oben angeführt, wurden ausgehend von den bisherigen Überlegungen Musterunterlagen für die Auftraggeber Informationsanforderungen (AIA) sowie für den BIM-Abwicklungsplan entwickelt. Die Grundstruktur der Unterlagen richtet sich im Wesentlichen nach bekannten Vorlagen, wie sie beispielsweise von [BIM4IN- FRA 2020] oder der [DEGES 2021] veröffentlicht sind. Die AIA enthalten Informationen zum Projekt, zur Organisation sowie zu benötigten Daten und Informationen. Die Anpassung auf das Asset Management Münster liegt in einer anforderungsgerechten Beschreibung der benötigten Dateninformation und deren relevante Ausarbeitungsgrade. Die derzeitigen Arbeiten konzentrieren sich auf die Formulierung der Informationsanforderungen in Form des IDM. Ein weiterer Punkt ist die Beschreibung der anzuwendenden Datenumgebung sowie die Möglichkeiten der Einbindung der erforderlichen Autorensoftware. An der Stelle muss festgestellt werden, dass bei einigen speziellen Software-Anwendungen im Asset Management eine barrierefreie Datenübergabe noch nicht funktioniert. Dies liegt zum einen an dem noch in Entwicklung befindlichen IFC Standard, zum anderen aber auch an den einzelnen Softwareprodukten selbst. Es wird davon ausgegangen, dass dieser Punkt mit den zukünftigen Entwicklungen ohnehin bereinigt wird. Ausgehend davon wurde ein Muster BAP entwickelt. Die Aufstellung des BAP wird oftmals auch an die Auftragnehmerseite übertragen, hier sind verschiedene Modelle möglich. Im vorliegenden Fall der Behandlung einer in der Regel staatlichen Infrastruktur können solche Unterlagen weitgehend standardisiert werden und damit die notwendige Vergleichbarkeit in der Projektabwicklung für ein Asset Management eines komplexen Verkehrswegenetzes erreicht werden. Im Gegensatz zu BIM-Anwendungen im Hochbau besteht hier eine weitgehende Vergleichbarkeit. 5. Zusammenfassung und Ausblick In Münster wurde in der Vergangenheit ein Asset Management für die Infrastruktur entwickelt. Ein Teilbereich davon beschäftigt sich mit der Verkehrsinfrastruktur als Bestandteil des Tiefbau-Infrastruktur-Managements. Ein Asset Management erfordert eine ausreichende Datengrundlage, die für verschiedene Anwendungen barrierefrei zur Verfügung stehen muss. Bezogen auf die Verkehrsflächen kann dies am besten mit der Anwendung der BIM-Methode erreicht werden. Im vorliegenden Fall Münster stehen dazu umfassende Vorarbeiten gerade im Bereich der Prozessbeschreibung zur Verfügung. Diese dienten als Einstieg in ein erstes BIM Pilotprojekt, dessen Ziel nicht die Abwicklung einer einzelnen möglicherweise komplexen Baumaßnahme ist, vielmehr ist beabsichtigt, den Einsatz der BIM Methode für das Asset Management der kommunalen Verkehrsflächen in Münster exemplarisch aufzuzeigen und damit ein skalierbares System zur Modellbildung hinsichtlich des Informationsbedarfs aufzuzeigen. Im Fall einer Verkehrsinfrastruktur kann dies weitestgehend formalisiert werden, da ein komplexes Regelwerk zu Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung sowie Rückbau umfangreiche Vorgaben macht, die sich in den einzelnen Projekten mit wenigen Anpassungen wiederholen. Davon ausgehend wurden die Prozesse des Erhaltungsmanagements sowie der Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen weiter differenziert und darauf aufbauend Informationsanforderungen für das Asset Management abgeleitet. Ergänzend dazu wurden Musterunterlagen für die AIA und den BAP in Übereinstimmung den Anforderungen des TIMM-Projektes aufgestellt. Die Anwendbarkeit der Projektergebnisse soll nun in einem klar umrissenen Erhaltungsprojekt getestet werden. Dabei müssen noch Problempunkte bei der Formulierung der Ausschreibung, beim Aufsetzen einer gemeinsamen Datenumgebung sowie in der Anbindung der spezifischen Autorensoftware für das Erhaltungsmanagement berücksichtigt werden, wobei davon ausgegangen wird, dass sich nicht alle Punkte im Rahmen dieses Pilotprojektes lösen lassen. Übergeordnetes Ziel ist es, die Einführung der BIM Methode in Münster voranzutreiben und eine umsetzbare Handlungsweise aufzuzeigen. Literatur [1] [BIM4INFRA 2020]: Umsetzung des Stufenplans „Digitales Planen und Bauen. www.bim4infra.de. [2] [DEGES 2021]: Building Information Modeling (BIM). www.deges.de/ building-information-modeling-bim/ . [3] [DIN ISO 55000, 2017]: DIN ISO 55000: 2017-05 Asset Management - Übersicht, Leitlinien und Begriffe (ISO 55000: 2014); Beuth Verlag, 2017. [4] [DIN EN ISO 19650-1] Organisation und Digitalisierung von Informationen zu Bauwerken und Ingenieurleistungen, einschließlich Bauwerksinformationsmodellierung (BIM) - Informationsmanagement mit BIM - Teil 1: Begriffe und Grundsätze (ISO 19650-1: 2018); Deutsche Fassung EN ISO 19650-1: 2018; Beuth-Verlag, 2018. [5] [Hajdin et. al., 2020] BIM-Erweiterung durch Implementierung der Nutzung baustofftechnischer Daten von Straßen und Brücken im AMS; BI- M4AMS; D-A-CH Call 2019 (laufend) [6] [König et.al., 2019] BIM4ROAD - Building Information Modeling (BIM) im Straßenbau unter besonderer Berücksichtigung der Erhaltungsplanung, Forschungsbericht, unveröffentlicht, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Bergisch Gladbach. [7] [Stöckner/ Niever, 2018] Stöckner, M.; Niever, M: Building Information Modeling: BIM im Life Cycle Management (Teil 2). In: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) (Hrsg.): BIM für kommunale Verkehrsflächen-Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen 302 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Deutscher Straßen- und Verkehrskongress. Deutscher Straßen- und Verkehrskongress 2018 (Erfurt, 12.-14.09.2018), Köln: FGSV-Verlag 2018, S. 329- 340.- ISBN 978-3-86446-225-2 [8] [Stöckner et al; 2019] AMSFree - Exchange and exploitation of data from Asset Management Systems using vendor free format, CEDRcall 2018. (laufend) [9] [Stöckner et al. 2020] Stöcker, M.; Stöckner, U., Niever, M.: Tiefbau - Infrastruktur - Management Münster (TIMM); Konzeption und Aufbau; Im Auftrag der Stadt Münster, Abschlussbericht 2020, unveröffentlicht.