eJournals Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur 2/1

Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur
dtv
2748-9213
2748-9221
expert verlag Tübingen
61
2023
21

BIM und Künstliche Intelligenz für den kommunalen Straßen- und Ingenieurbau

61
2023
Winona Grimsehl-Schmitz
Eva-Maria Stieglitz-Broll
Die Stadt Herne gehört zu den wenigen Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die bereits ein Building Information Modeling (BIM)-Pilotprojekt im kommunalen Straßen- und Ingenieurbau ausgeschrieben und vergeben haben. Die Ausschreibung des Projekts „Bielefelder Straße“ hat bereits im Rahmen des Forschungsprojektes „Netzwerk BIM Mittleres Ruhrgebiet (BIM.Ruhr)“ regionalen BIM-Interessierten Mut gemacht, sich ebenfalls auf den Weg zu begeben. Das BIM-Ruhr-Projekt wurde im 21. eGovernment-Wettbewerb 2022 in der Kategorie „Bestes Kooperationsprojekt“ ausgezeichnet. Mit dem Projekt Künstliche Intelligenz in der Straßenzustandserfassung und Erhaltungsplanung ist die Stadt Herne selbst an der Entwicklung von Innovationen beteiligt. In Zukunft sollen Prognosen über den Straßenzustand unter Berücksichtigung externer Einflüsse getätigt und das bestehende digitale Straßenmanagementsystem fortschrittlich ergänzt werden. Die vorgestellten Projekte greifen ineinander und tragen zusammen zur Vision eines modellbasierten Planens, digitalgestützten Bauens und lebenszyklusorientierten Betreibens mit intelligent erzeugten und vernetzten Daten bei.
dtv210159
2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 159 BIM und Künstliche Intelligenz für den kommunalen Straßen- und Ingenieurbau Forschung und Praxiserfahrungen aus dem Ruhrgebiet Winona Grimsehl-Schmitz Stadt Herne, Fachbereich Tiefbau und Verkehr Eva-Maria Stieglitz-Broll Stadt Herne, Fachbereich Tiefbau und Verkehr Zusammenfassung Die Stadt Herne gehört zu den wenigen Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die bereits ein Building Information Modeling (BIM)-Pilotprojekt im kommunalen Straßen- und Ingenieurbau ausgeschrieben und vergeben haben. Die Ausschreibung des Projekts „Bielefelder Straße“ hat bereits im Rahmen des Forschungsprojektes „Netzwerk BIM Mittleres Ruhrgebiet (BIM.Ruhr)“ regionalen BIM-Interessierten Mut gemacht, sich ebenfalls auf den Weg zu begeben. Das BIM- Ruhr-Projekt wurde im 21. eGovernment-Wettbewerb 2022 in der Kategorie „Bestes Kooperationsprojekt“ ausgezeichnet. Mit dem Projekt Künstliche Intelligenz in der Straßenzustandserfassung und Erhaltungsplanung ist die Stadt Herne selbst an der Entwicklung von Innovationen beteiligt. In Zukunft sollen Prognosen über den Straßenzustand unter Berücksichtigung externer Einflüsse getätigt und das bestehende digitale Straßenmanagementsystem fortschrittlich ergänzt werden. Die vorgestellten Projekte greifen ineinander und tragen zusammen zur Vision eines modellbasierten Planens, digitalgestützten Bauens und lebenszyklusorientierten Betreibens mit intelligent erzeugten und vernetzten Daten bei. Abb. 1: Aufnahme der Punktwolke des Bestandsbauwerks und der Umgebung 160 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 BIM und Künstliche Intelligenz für den kommunalen Straßen- und Ingenieurbau 1. Einführung Die Erhaltung der Infrastruktur in technischer und wirtschaftlicher Sicht im Sinne eines kommunalen Asset Managements ist für Kommunen hinsichtlich des monetären und personellen Aufwands von großer Bedeutung. Auf Grund zahlreicher und komplexer Zukunftsaufgaben wie der Mobilitätswende, des Klimawandels und der Ressourcenverknappung, ist die effiziente und zukunftsgerichtete Unterhaltung von Straßen, Brücken, Tunneln, Kanälen und weiteren Bauwerken nicht nur aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten wichtig. Der Beitrag beschreibt anhand des Pilotprojekts „Bielefelder Straße“ (BIM.Ruhr) und der Innovationspartnerschaft „Forschung und Entwicklung eines innovativen Verfahrens zur Simulation von Handlungsempfehlungen auf Basis der Straßensubstanz“ unter Berücksichtigung externer Parameter wie innovative Projektansätze für kommunale Auftraggeber neben dem Tagesgeschäft umgesetzt werden können. 2. Auftraggeber als Innovationsakteure Viele Veränderungen und Neuerungen im Bauwesen sind in anderen Ländern bereits Realität statt Innovation [1]. Während Finnland schon 2007 die Verwendung von Open-BIM-Ansätzen für neue Gebäude festgeschrieben hat, ist in Deutschland erst 10 Jahre später der BIM Stufenplan veröffentlicht worden. In einer 2022 veröffentlichten Studie werden die deutschen Auftraggeber als Akteure für die Förderung der Verbreitung der BIM-Methode nur selten genannt [2]. Die Unternehmenslandschaft in Deutschland ist innovativ und zukunftsorientiert - auch in der Bauindustrie [3]. Um auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in die digitale Epoche des Planens und Bauen mitzunehmen, sind die kommunalen Auftraggeber gefragt, auch bei im Vergleich zu Infrastrukturprojekten des Bundes kleinen Projekten auf innovative Ansätze hinzuweisen und diese in den Leistungsbeschreibungen zu verlangen. So tragen Kommunen zum Erhalt der Diversität im Baugewerbe bei. [4] 2.1 Immanentes Interesse Während der Planung und des Baus sorgfältig und sinnhaft erzeugte Daten bilden die Grundlage für die Betriebsphase, die 50 bis 80 oder mehr Jahre betragen kann. Deshalb haben Auftraggeber neben dem Fördern und Fordern von Innovation ein immanentes Interesse an der Methode Building Information Modeling (BIM) und der Verwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) für städtische Daten. Neben dem wachsenden Aufgabenportfolio müssen Kommunen und Kreise mit dem Fachkräftemangel umgehen. Durch das hohe Durchschnittsalter in den Verwaltungen wird eine Verschärfung dieser Herausforderung erwartet [5]. Für die öffentlichen Auftraggeber zählt die Zeit, in denen erfahrene Mitarbeiter: innen ihr Wissen mit neuen Kolleg: innen teilen. Zielgerichtete Digitalisierung kann unterstützend Raum für den Wissenstransfer geben, indem Aufgaben automatisiert und effizienter werden. Auch für die Nachwuchsgewinnung spielen innovative und zeitgemäße Ansätze im Planen und Bauen eine wichtige Rolle. Die öffentlichen Arbeitgeber stehen-- insbesondere im dicht besiedelten Ruhrgebiet - in einer Konkurrenz um gute Arbeitskräfte. Zukunftsfähige und innovative Projekte können potentielle Arbeitnehmer: innen anziehen und langfristig binden. Denn mittlerweile bietet die Mehrheit der Hochschulen und Universitäten Fächer im Bereich Baudigitalisierung und BIM an. 2.2 Daten und Digitalisierung Innovative Datenverarbeitung im Rahmen von BIM oder KI ermöglicht nicht nur Effizienzgewinne in der Planung und im Baugewerbe. Auch die Daten selbst sind eine begehrte Ware geworden. Kommunen, Kreise und Verbände produzieren viele Daten, die für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt werden können. Die Basis dieser Daten ist vielfältig und speist sich aus unterschiedlichen Fachbereichen und Disziplinen. Diese Datensilos aufzubrechen und zu verknüpfen lohnt sich für die kommunalen Prozesse und kann den Bürger: innen wertvolle Dienstleistungen digital zur Verfügung stellen. In Herne sind auf Basis der Daten des Straßenmanagementsystems und der Innovations-partnerschaft KI in der Straßenerhaltung in Zukunft Angebote wie ein Baustellenmonitor und ein interaktives Straßen- und Wegekonzept vorgesehen. Die Digitalisierungsstrategie des Fachbereich Digitalisierung Stadt Herne legt die Open Data policy der Stadt fest und fördert einen Metadatenkatalog mit Informationen über die in der Kommune und angegliederten Funktionseinheiten vorhandenen Daten. 3. Fördern und Fordern Die einfachste Möglichkeit als Auftraggeber Innovation zu fördern, ist es z. B. Nebenangebote in den Ausschreibungsbedingungen zuzulassen. Innovative Lösungen, die der Auftraggeber vorher nicht kannte oder bevor er ein konkretes Angebot vorliegen hatte nicht für wirtschaftlich hielt, haben so die Chance auf Beachtung und Umsetzung. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat im Rahmen des Kompetenzzentrums innovative Beschaffung (KOINNO) eine Toolbox herausgegeben, indem Werkzeuge für innovative Beschaffung beschrieben sind [6]. Zu den Vorschlägen der Sammlung gehören unterschiedliche Ansätze beginnend bei der Analyse der Kultur innerhalb der Beschaffungsstelle, elektronische Vergabetechnologien bis hin zur Aufforderung zur Angebotsabgabe innovativer Produkte bzw. explizite Nennung des Innovationsziels in der Ausschreibung und dem Vergabeverfahren der Innovationspartnerschaft. Mit letzteren beiden Instrumenten wurden in Herne bereits Erfahrungen gesammelt, bei der Ausschreibung der Planung des BIM-Pilotprojekts und der Ausschreibung der Innovationspartnerschaft in der Straßenzustandserfassung und Erhaltungsplanung. 3.1 (Über)regionale Netzwerke Anregungen für innovative Projekte und Vergabeverfahren sind häufig im beruflichen Netzwerk zu finden. Der 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 161 BIM und Künstliche Intelligenz für den kommunalen Straßen- und Ingenieurbau Fachbereich Tief bau und Verkehr der Stadt Herne war von 2020 bis 2023 im Konsortium des Netzwerkprojekts BIM.Ruhr. Ziel war es, modellhaft die Durchführung der BIM-Methode zu erforschen. Dazu wurden in Bochum, Herne sowie innerhalb des Kreisgebiets Recklinghausen BIM-Pilotprojekte aus dem Hoch-, Tief- und Ingenieurbau ins Leben gerufen. Parallel dazu wurde ein Innovationsnetzwerk, bestehend aus Akteuren der Bauwirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung, aufgebaut. Durch die Corona-Pandemie fanden die Netzwerkveranstaltungen weitgehend online statt, mit dem positiven Effekt, dass Interessierte auch überregional zum Projekt fanden. Der Austausch über die gesammelten Erfahrungen sowie Forschungsergebnisse der Pilotprojekte hat für konkrete Lösungsansätze für die Herausforderungen bei der Einführung der BIM-Methode gesorgt. Netzwerkteilnehmer hat der Dialog Mut gemacht, auch selbst ein Projekt mit BIM zu starten. 3.2 Beteiligung an Forschungsprojekten BIM.Ruhr war nicht nur als Netzwerkprojekt gedacht, sondern ist in erster Linie ein Forschungsprojekt. Aus dem beständigen Austausch zwischen den beteiligten Fakultäten der Fachhochschule Bochum und der Universität Duisburg-Essen und den öffentlichen Verwaltungen wurde ein praxisnaher BIM-Leitfaden entwickelt. [7]. Für dieses Vorgehen wurde das BIM.Ruhr-Projekt im 21. eGovernment-Wettbewerb 2022 in der Kategorie „Bestes Kooperationsprojekt“ mit dem dritten Platz ausgezeichnet. Auch für eine mögliche Personalgewinnung ist der enge Kontakt mit Universitäten und Studierenden interessant. Moderne Projekte können junges Personal anziehen und halten. Im Rahmen von BIM.Ruhr wurden durch die Städte deshalb auch Abschlussarbeiten unterstützt. Seit rund einem Jahr ist Herne zudem European Innovation Hub (iHub) der Fiware Foundation. [8]. Damit gehört Herne neben den Städten Wolfsburg und Köln zu den drei deutschen Städten, die an der Entwicklung intelligenter Smart City Anwendungen basierend auf dem Open- Source-Prinzip arbeiten. Im Zuge dieses Projekts wurde ein LoRaWan-Netzwerk implementiert, das die Voraussetzung schafft, Sensoren für die verschiedenen Bedarfe der Fachbereiche zu installieren. Mit Echtzeitdaten ist auch hier der digitale Zwilling der Stadt ein Stück nähergekommen. 4. Innovationsprojekte in Herne Das BIM-Pilotprojekt wurde seit 2020 vorbereitet, 2023 konnte die Planung beauftragt werden. Die Vorbereitungen der Innovationspartnerschaft KI in der Straßenzustandserfassung und Erhaltungsplanung starteten bereits 2019 mit einer Marktrecherche. Ebenfalls 2023 konnte der Auftrag erteilt werden. Mit der wachsenden Erfahrung ist es möglich, dass sich die langen Hinführungsphasen in Zukunft verkürzen - sie zeigen allerdings auch wie wichtig die frühzeitige Weichenstellung für Innovation innerhalb einer Institution ist. 4.1 BIM-Pilotprojekt Bielefelder Straße Durch die Mitarbeit im Projekt BIM.Ruhr ist für den Herner Tief- und Infrastrukturbau der Startschuss für den Einstieg in die BIM-Methode gefallen. Da im Projekt an drei Pilotprojekten geforscht werden sollte, stand zunächst die Suche nach einem geeigneten Einstiegsprojekt im Fokus. Im Hinblick auf die Projektlaufzeit von BIM.Ruhr wurde ein Projekt gewählt, wo Abriss und Ersatzneubau bereits vorgesehen waren. Das Pilotprojekt beinhaltet den Abriss einer über einhundert Jahre alten Straßenbrücke aus Walzträger in Beton (WiB)-Bauweise, die über ein Eisenbahngleis einer Privatbahn führt. Hinzu kommt der Ersatzneubau, der auf die gegenwärtigen und zukünftigen Verkehrsbelastungen angepasst sein soll, die Neugestaltung eines hochbelasteten Knotenpunktes sowie der Vollausbau von ca. 1km innerörtlicher Straße. Zentraler Aspekt der BIM-Methode ist die Anforderung an den Auftraggeber, die mit dem Projekt verknüpften Ziele genau zu formulieren und in den Auftraggeberinformationsanforderungen (AIA) zu verschriftlichen. Hier konnte die Stadt Herne auf die Erfahrungen der BIM. Ruhr-Netzwerkteilnehmer zurückgreifen bzw. sich an den Vorlagen des BIM4Infra-Leitfadens orientieren [9]. Um den Prozess zu beschleunigen, wurde ein rund vierstündiger Workshop mit externen BIM-Beratern durchgeführt, um die spezifischen Projektanforderungen zu ermitteln. Die Mischung aus Selbststudium und Eigenleistung, Nutzung der Netzwerke und Einkauf externen Know-Hows waren ebenfalls die Grundlage für die Erstellung des Leistungsverzeichnisses des Projekts, in dem die BIM-Leistungen unter den besonderen Leistungen berücksichtigt wurden. Die Vertragsbedingungen wurden durch Besondere Vertragsbedingungen BIM ergänzt (BIM-BVB). Der Auftraggeber ist nicht nur in der Pflicht seine Bedarfe konkret zu formulieren, sondern auch die Übersicht über die Bestandsdaten sind Teil der AIA. Der Fachbereich Vermessung und Kataster der Stadt Herne hat eine hochauflösende Punktwolke mit einem Laserscanner erzeugt, die dem Planer übergeben wurde. Abb. 2: Aufnahme der Punktwolke des Bestandsbauwerks und der Umgebung 162 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 BIM und Künstliche Intelligenz für den kommunalen Straßen- und Ingenieurbau Da die Betriebsphase die längste Lebenszyklusphase eines jeden Bauwerks ist, wurden die Anforderungen an die digitalen Bauwerksinformationen ausgehend von der Betriebs- und Erhaltungsseite gedacht. Bereits in der (Vor-)Planungsphase ermöglicht BIM die verbesserte Kommunikation mit Bürger: innen und Politik über geplante Projekte. 4.2 Innovationspartnerschaft KI in der Straßenzustanderfassung und Erhaltungsplanung Da die gesellschaftliche Anerkennung für den Wert funktionsfähiger Verkehrswege in den letzten Jahren gestiegen ist und der höchste Nachholbedarf nach wie vor im kommunalen Straßennetz besteht, konnte das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW von der Förderwürdigkeit des Projekt „Forschung und Entwicklung eines innovativen Verfahrens zur Simulation von Handlungsempfehlungen auf Basis der Straßensubstanz unter Berücksichtigung externer Parameter“ überzeugt werden. Für politische Entscheidungen zur Investition in Verkehrswege ist es von besonderem Interesse, objektive Investitionsempfehlungen und allgemein verständliche Informationen zum Ergebnis dieser Entscheidungen, d. h. zur Verbesserung des Straßenzustandes zu erhalten. Die Datenlage der Straßen in Herne (und anderen Kommunen) ist auf Grund der Erschließung der anliegenden Grundstücke komplexer als bei den Straßen und Autobahnen von Land und Bund und die Einflüsse auf die kommunalen Straßen sind vielfältig. Eine systematisierte und koordinierte Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung der gesamten Verkehrsinfrastruktur ist nachhaltig und ermöglicht erhebliche wirtschaftliche Vorteile. Es ist notwendig, den Zustand von Fahrbahnen und Nebenflächen mit einem hohen Qualitätsanspruch automatisiert zu erfassen und zeitgleich den Personalaufwand nicht weiter zu belasten. Dieser enorme Kraftakt stellt eine große finanzielle und personelle Belastung für einzelne Gemeinden dar, der aus Sicht der Stadt Herne und weiteren Gemeinden deutlich effizienter gestaltet werden kann. Die Verbindung unterschiedlicher Datensätze wie Verkehrsflächenzustände mit Klima- und Temperaturdaten, Daten der Versorgungsträger oder der Verkehrsbelastung, bedeutet, dass Abhängigkeiten ermittelt werden können. In Zukunft soll so die geeignetste Erhaltungsmaßnahme ausgewählt werden, und zum idealen Erhaltungszeitpunkt erfolgen. Die Analyse der angebotenen Marktlösungen hat ergeben, dass kein Produkt existierte, das die Anforderungen an eine umfassende Erhaltungsplanung unter Einbezug unterschiedlicher Daten erfüllt. Es wurde der Entschluss gefasst eine solche Lösung im Rahmen einer Innovationspartnerschaft auszuschreiben. Die Innovationspartnerschaft ist nach Definition des Deutschen Ausschreibungsblatts ein spezielles Vergabeverfahren zur Entwicklung innovativer, noch nicht am Markt verfügbarer Liefer-/ Dienstleistungen. Informationen zum Vergabeverfahren [10] Es ist die Chance gemeinsam mit einem kompetenten Partner aus der Wirtschaft eine Lösung zu entwickeln, die im besonderen Maße den kommunalen Anforderungen entspricht. Abb. 3: Ablaufschema Innovationspartnerschaft 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 163 BIM und Künstliche Intelligenz für den kommunalen Straßen- und Ingenieurbau Innovationspartnerschaften wurde bislang nur selten ausgeschrieben. Für das komplexe Verfahren wurde die Stadt Herne durch eine auf Vergaberecht spezialisierte Rechtsberatung begleitet. In dem Verfahren wurden Kolleg: innen aus der IT, Vermessung, Digitalisierung und Straßenunterhaltung einbezogen. Das Vorgehen war aufwendig, doch die lange Verfahrensdauer ermöglichte auch die möglichen Partner für die Zusammenarbeit gut kennenzulernen. Die gemeinsame Projektvision war von besonderer Bedeutung, da für einen Zeitraum von drei Jahren eng zusammengearbeitet wird. Das Projekt ist nun in der Konzeptphase, wo ein gemeinsamer Rahmen für die Projektideen gefunden wird. Daran schließt die Entwicklungsphase an, die die Hard- und Softwarelösung mittels des SCRUM-Verfahrens umsetzen soll. Im Anschluss an die Entwicklungsphase können die entwickelten Produkte gekauft werden und das Projekt kann dann in die Betriebsphase gehen. Kommunen müssen sich innovativen Projekten nicht allein stellen. Projektbegleitend wird das Herner Vorhaben von einem Expert: innenkreis aus Vertretern bezugsberechtigter Kommunen begleitet. Die bezugsberechtigten Kommunen wurden bereits in der Ausschreibungsphase berücksichtigt und können die Soft- und Hardware-Lösung im Anschluss an die Entwicklungsphase daher ohne eigene Ausschreibung erwerben. Die Innovationspartnerschaft ermöglicht so eine optimale Synergie aus unternehmerischem und kumuliertem städtischem Know-How. Der Start des Projekts hat bereits neue Ideen für weitere innovative Datennutzungen angestoßen. So könnten im Projekt die erfassten Rohdaten durch den Entsorgunsgbetrieb für das Projekt „Saubere Stadt“ mit Hilfe bereits entwickelter KI-gestützer Komponenten ausgewertet und verwendet werden. Digitalisierung erzeugt verfügbare Daten und Daten neue Ideen. 5. Ausblick Die beschriebenen Innovationsprojekte zeigen, dass durch neue und bekannte (Ausschreibungs-)Formate Innovation generiert werden kann. Kommunen können sich mit anderen Stakeholdern der Bauwirtschaft zu Netzwerken, Innovationspartnerschaften und Arbeitskreisen zusammenschließen, um Forschung und Entwicklung zukunftsträchtiger Technologien voran zu bringen. Je mehr sich Kommunen und Kreise einbringen, desto mehr entsprechen die entwickelten Lösungen den tatsächlichen Bedarfen der kommunalen Bauverwaltungen. Die weiteren Projektschritte des BIM-Pilotprojektes und die Neuerungen durch KI in der Straßenerhaltung werden somit in Herne mit Spannung erwartet. Die Datengrundlage wird sich durch beide Projekte deutlich verändern und erweitern. Gut, dass bereits das nächste Innovationsprojekt in den Startlöchern steht: BeOpenAI [11]. Ziel ist es, sogenannte hochwertige Datensätze, wie zum Beispiel Geo-, Wetter-, Umwelt-, Statistik- und Mobilitätsdaten durch Auf bereitung und Unterstützung von KI gezielter in eine spezifische Datenplattform zu integrieren. Das Projekt trägt dazu bei, dass es zu einer Verbesserung der Interoperabilität bei der Nutzung von Daten kommt. Literatur [1] https: / / medium.com/ specter-automation-insights/ bim-adoption-across-the-world-a-global-outlook- 1b3879f23bc6 [2] https: / / www.pressebox.de/ pressemitteilung/ bauinfoconsult-gmbh/ Studie-Wer-sind-die-Multiplikatoren-von-BIM-in-Deutschland/ boxid/ 1145502 [3] https: / / www.bauindustrie.de/ fileadmin/ bauindustrie.de/ Media/ Veroeffentlichungen/ BAUINDUS- TRIE-InnoProjekt-Broschuere_final.pdf [4] https: / / www.nevaris.com/ blog/ digitalisierung-derbaubranche-fuer-kleinunternehmen/ [5] https: / / www.demografie-portal.de/ DE/ Service/ Blog/ 200316-Fachkraeftemangel-Herausforderung-fuer-Unternehmen-und-den-oeffentlichen- Dienst.html [6] Toolbox (koinno-bmwi.de). [7] BIM.Ruhr - Willkommen bei unserem Innovationsnetzwerk: BIM Ruhr (bim-ruhr.net). [8] https: / / www.fiware.org/ news/ city-of-herne-and-fiware-opened-innovation-hub-in-herne/ [9] Handreichungen - BIM4INFRA2020. [10] Glossar (deutsches-ausschreibungsblatt.de). [11] Stadt Herne - Stadt Herne wird EU-Projektpartner und mit über 300.000 Euro gefördert.