Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur
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Struktur und Arbeitsablauf zur Integration von bauwerksdiagnostischen Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle
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Martin Schickert
Mathias Artus
Christ Voigt
Manik Mehta
Building Information Modeling (BIM) wird als effizientes Verfahren für die Bauplanung und -ausführung von Gebäuden und Infrastrukturen eingesetzt. Mit der Integration von Ergebnissen von bauwerksdiagnostischen Untersuchungsverfahren (DiaBau) können Planungs- und Zustandsdaten eines Bauwerks während seines gesamten Lebenszyklus‘ vergleichend dargestellt werden, was eine detaillierte, aktuelle Beschreibung des Bauwerkszustands ermöglicht.
In diesem Beitrag wird ein genereller Arbeitsablauf zur Integration von DiaBau-Ergebnissen in BIM-Modelle vorgestellt. Dafür wird eine Strukturierung der DiaBau-Ergebnisse im Hinblick auf Datentypen, Datenschnittstellen und Bewertungsebenen vorgenommen. Der Arbeitsablauf beinhaltet die Transformation der Daten und Metadaten auf die Schnittelle des BIM-Modells, für die das offene IFC-Format (Industry Foundation Classes) genutzt wird. Es werden qualitätssichernde Maßnahmen und Ansätze zu Standardisierung des Prozesses inkl. der Verwendung standardisierter Datenformate vorgeschlagen. Der Arbeitsablauf wird anhand eines modularen Datenstruktur für Ultraschallmessungen illustriert.
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2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 283 Struktur und Arbeitsablauf zur Integration von bauwerksdiagnostischen Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle Dipl.-Ing. Martin Schickert Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar (MFPA Weimar) Mathias Artus Bauhaus-Universität Weimar Chris Voigt, M. Eng. MKP GmbH, Weimar Manik Mehta Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar (MFPA Weimar) Zusammenfassung Building Information Modeling (BIM) wird als effizientes Verfahren für die Bauplanung und -ausführung von Gebäuden und Infrastrukturen eingesetzt. Mit der Integration von Ergebnissen von bauwerksdiagnostischen Untersuchungsverfahren (DiaBau) können Planungs- und Zustandsdaten eines Bauwerks während seines gesamten Lebenszyklus‘ vergleichend dargestellt werden, was eine detaillierte, aktuelle Beschreibung des Bauwerkszustands ermöglicht. In diesem Beitrag wird ein genereller Arbeitsablauf zur Integration von DiaBau-Ergebnissen in BIM-Modelle vorgestellt. Dafür wird eine Strukturierung der DiaBau-Ergebnisse im Hinblick auf Datentypen, Datenschnittstellen und Bewertungsebenen vorgenommen. Der Arbeitsablauf beinhaltet die Transformation der Daten und Metadaten auf die Schnittelle des BIM-Modells, für die das offene IFC-Format (Industry Foundation Classes) genutzt wird. Es werden qualitätssichernde Maßnahmen und Ansätze zu Standardisierung des Prozesses inkl. der Verwendung standardisierter Datenformate vorgeschlagen. Der Arbeitsablauf wird anhand eines modularen Datenstruktur für Ultraschallmessungen illustriert. 1. Einleitung Infrastrukturbauwerke wie Brücken und Tunnel sind komplexe und langlebige technische Konstruktionen. Ihr Zustand wird aus Sicherheitsgründen regelmäßig überprüft. Dabei kommen Untersuchungsverfahren aus dem Bereich der Bauwerksdiagnostik (DiaBau), die zerstörend oder zerstörungsfrei (zerstörungsfreie Prüfung, Zf P) sein können, einzeln oder kombiniert zum Einsatz. Bei einer langen Lebensdauer und vielen Prüfanlässen entsteht eine Fülle von DiaBau-Ergebnissen, die beim derzeitigen Vorgehen an unterschiedlichen Stellen ohne Zusammenhang archiviert werden. Ein Überblick wird dadurch erschwert. Deswegen wurden beispielsweise für Fernstraßenbrücken Datenbanken entwickelt, die Bauwerksdaten und Schäden erfassen, aus denen Zustandsnoten für die Bauwerke berechnet werden [1]. Beide Ansätze - DiaBau-Verfahren und Bauwerksdatenbanken - können im Sinne einer digitalen Transformation zu einem volldigitalen Arbeitsablauf vereinigt werden. Die Aufgabe besteht darin, die verschiedenen Daten eines Bauwerks zu kombinieren und zu integrieren, die Daten zu organisieren, dauerhaft zu speichern und zugänglich zu machen, die Daten zu visualisieren und zu verarbeiten und sie für Anwendungen wie Inspektionsplanung und Lebensdauervorhersage zu nutzen. Digitale Bauwerksmodelle können dabei das zentrale Element sein. Im Rahmen des Building Information Modeling (BIM) [2] können sie neben der 3D-Geometrie sowohl die Planungs als auch die Zustandsdaten der Infrastruktur über den gesamten Lebenszyklus abbilden. In der Nutzungsphase ermöglicht die Integration von Informationen aus der Bauwerksanalyse und -überwachung eine detaillierte, aktuelle Zustandsbeschreibung des Bauwerks, die als digitaler Zwilling genutzt werden kann. Der BIM-Prozess ist für diese Aufgabe gut geeignet, weil er zweckmäßig, strukturiert und etabliert ist. Dieser Beitrag analysiert den Ablauf der Bauwerksprüfung von Bauwerken insbesondere aus Sicht der Zf P. Ausgangspunkt ist das derzeitige Vorgehen, bei dem die Ergebnisse ohne festen Kontextbezug und ohne Verknüpfung mit Bauwerksdaten kommuniziert und abgelegt werden. Es wird ein Arbeitsablauf für die Integration der DiaBau-Ergebnisse in BIM-Modelle entwickelt. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Bewertungsphasen, Datentypen, Datenschnittstellen und die technische und semantische Integration gelegt. Der BIM-Prozess wird kurz vorgestellt. Es werden Anforderungen an die Datenspeicherung von BIM-Modellen aus Sicht der Bauwerksdiagnostik formuliert und die mögliche Nutzung von DiaBau-Ergebnissen angesprochen. Abschlie- 284 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 Struktur und Arbeitsablauf zur Integration vonbauwerksdiagnostischen Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle ßend werden Schritte für weitere Aktivitäten wie Forschung, Entwicklung und Standardisierung beschrieben. 2. Derzeitiges Vorgehen Im Bauwesen werden zerstörungsfreie Untersuchungen derzeit vor allem anlassbezogen durchgeführt; Hauptanwendung ist die Untersuchung von Schäden. Die Prüfung wird meist von einem Auftraggeber im Namen des Eigentümers an einen Auftragnehmer vergeben. Bild-1 zeigt einen typischen Ablauf. Bei vielen Auftraggebern ist kein detailliertes Wissen über Ausschreibung und Einsatz von zerstörungsfreien Prüfungen vorhanden. Zur Vorbereitung benötigte Informationen wie Pläne und Randbedingungen der Messung wie Oberflächenbedingungen müssen dann mündlich erfragt werden, oft sind Vor-Ort-Termine notwendig. Bild 1: Typischer derzeitiger Arbeitsablauf bei der zerstörungsfreien Prüfung von Bauwerken Während der Messungen wird manuell ein Protokoll geführt, in dem wichtige Parameter der Messungen festgehalten werden. Oft werden ergänzend auch Fotos gemacht. Die Positionierung der Messpunkte erfolgt mit Zollstock, Maßband oder Distanzmesser und ist zeitaufwändig. Nach der Messung und Auswertung übergibt der Auftragnehmer seine DiaBau-Ergebnisse in Papierform oder elektronisch als PDF-Datei. Weitere Ergebnisse können als Tabellenkalkulation (CSV-Dateiformat) oder als Bilder (JPG-Dateiformat) hinzugefügt werden. Der Auftraggeber zieht seine eigenen Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen und leitet Folgemaßnahmen ein. Die Archivierung erfolgt unabhängig voneinander an verschiedenen Orten. Dieses Vorgehen hat eine Reihe von Nachteilen: - Messungen werden anlassbezogen und nicht vorausschauend durchgeführt. - Die meisten Schritte im Arbeitsablauf sind manuell, viele analog. - Die Umstände und Parameter der Messungen werden oft nicht berichtet. - Grafiken von DiaBau-Ergebnissen sind nicht in den Kontext des Bauwerks eingebettet. - Die Ergebnisse können nur von Menschen interpretiert werden, Informationen über die Hintergründe einer Interpretation können verloren gehen. - Die Speicherung und Archivierung erfolgt verteilt durch die einzelnen Akteure, ein langfristiger Zugriff ist nicht gewährleistet. - Es gibt keinen Überblick über bisherige Untersuchungen am Bauwerk und deren Ergebnisse. Eine Verbesserung ist die regelmäßige Prüfung von Bauwerken wie Brücken und Tunneln nach DIN 1076 [3], deren Ergebnisse in der SIB-Bauwerke-Datenbank [1] gespeichert sind. Ergebnis einer Bewertung ist die Zustandsnote des Bauwerks. Einige Firmen bieten cloudbasierte Arbeitsumgebungen zur Auswertung, Berichterstellung sowie Verwaltung und Archivierung von Messdaten und Berichten an. Diese Lösungen sind allerdings geschlossene Systeme: Sie unterstützen nur die Geräte des jeweiligen Herstellers und sind nicht interoperabel, zudem gibt es keine Schnittstellen für die Integration der Ergebnisse in digitale Bauwerksmodelle. Langfristig stellt sich die Frage nach dem Support der Daten, insbesondere wenn es um abonnementbasierte Software oder Gerätewechsel geht. 3. Building Information Modeling (BIM) Building Information Modeling (BIM) ist ein strukturierter Prozess, der Methoden und Werkzeuge für eine effiziente digitale Zusammenarbeit im Bausektor beschreibt. Er wird von der internationalen Organisation buildingS- MART im Sinne eines offenen Standards kontinuierlich weiterentwickelt (openBIM, [4]). Der Bausektor verwendet die BIM-Methodik für die modellbasierte Kommunikation bei der Bauplanung und Bauausführung und perspektivisch über den gesamten 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 285 Struktur und Arbeitsablauf zur Integration vonbauwerksdiagnostischen Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle Lebenszyklus eines Bauwerks. Sie ist beispielsweise in Deutschland für große öffentliche Brücken- und Tunnelbauprojekte vorgeschrieben. Zentrales Element ist das BIM-Modell, eine dreidimensionale geometrische Darstellung des Bauwerks. Hinzu kommen semantische Informationen zu Prozessen, Materialen, Mengen, usw. Derzeit wird der BIM-Prozess vor allem während der Planungs- und Bauphase verwendet, um Entscheidungen über Varianten, Kostenschätzungen, Ausschreibungen und Logistik zu treffen. Alle Informationen sind objektorientiert organisiert, d. h. jedes Bauteil ist als Objekt Teil des Objektes Bauwerk. Das Bauteilobjekt wiederum wird durch semantische Attribute wie Name, Beschreibung, Identifikationsnummer, Material, Geometrie und ggf. Prozesse beschrieben. Zur arbeitsteiligen Bearbeitung wird das BIM-Gesamtmodell häufig in Fachmodelle unterteilt. Für den Datenaustausch zwischen verschiedenen BIM-Programmen wurden die Industry Foundation Classes (IFC) als ISO-Standard definiert [5]. Bild 2: Überblick über den BIM-Arbeitsablauf von der Messung über das BIM-Modell bis zur Datennutzung Im BIM-Prozess sind für alle beteiligten Akteure Rollen und damit verbundene Gestaltungs- und Zugriffsmöglichkeiten definiert. Die Zusammenarbeit erfolgt am besten in einer gemeinsamen Datenumgebung (Common Data Environment, CDE), einem digitalen Projektraum, der alle notwendigen Daten mit unterschiedlichen Zugriffsbereichen enthält [4]. Gerade für einen automatisierten Datenaustausch ist es notwendig, die zu verwendenden Begriffe klar festzulegen. Zu diesem Zweck werden Terminologien mit Hilfe des buildingSMART Data Dictionary (bsDD) definiert [6]. Das bsDD vereinheitlicht die Begriffe ähnlich wie ein Thesaurus. Die Definitionen können hierarchisch angelegt werden und zusätzliche Bedingungen oder Parameter enthalten. Sollen DiaBau-Ergebnisse in BIM-Modelle integriert werden, ist die Interaktion der Akteure durch Prozesse und Datenanforderungen in einer Prozesskarte zu definieren. Auf Basis der Prozesskarte werden Anforderungen an die Schnittstellen für den Datenaustausch festgelegt, wie Art der Daten, Detailgenauigkeit und Zeitpunkt des Datenaustauschs. Diese Anforderungen hängen von Parametern ab, wie zum Beispiel dem Bauwerk, dem Untersuchungsziel, dem Untersuchungsgegenstand und der Untersuchungsmethode. Da diese Parameter projektspezifisch sind, werden sie im Rahmen des Projektes ausgehandelt und vertraglich zwischen den Projektpartnern in Form einer Auftraggeber-Informations-Anforderung (AIA) festgehalten (oder Information Delivery Manual (IDM) [7]). Auf Basis der AIA wird ein BIM-Abwicklungs-Plan (BAP) erstellt, der genaue Informationen über zu verwendende Softwareprogramme, -dienste und Schnittstellen enthält [2]. 4. BIM-Prozess für DiaBau-Ergebnisse Der BIM-Prozess kann auf die Verarbeitung von Dia- Bau-Ergebnissen angewendet werden. Bild-2 zeigt einen Überblick über den gesamten Prozess. Er beginnt mit den Messungen und deren Auswertungen zur Generierung der DiaBau-Ergebnisse, die in das BIM-Modell integriert werden. Die Daten im BIM-Modell können dann visualisiert und für weitere Anwendungen genutzt werden. Umgekehrt kann das BIM-Modell auch die Planung von Dia- Bau-Messungen unterstützen, und die generierten Daten aus den Anwendungen können wieder in das BIM-Modell eingespeist werden. Mit der Integration von DiaBau-Ergebnissen in die BIM- Methodik eröffnen sich neue Möglichkeiten der Kooperation, Datennutzung, Datenverwendung und Archivierung. Untersuchungsergebnisse können einem Objekt semantisch und geometrisch eindeutig zugeordnet werden und auch nach Jahren nachvollzogen werden. Der BIM-Prozess erfordert die Definition von Akteuren, um Prozesse und Daten auf deren jeweilige Bedürfnisse zuzuschneiden. Akteure in diesem Sinne sind z. B. der Prüfingenieur, der Brückeninspektor, der Bauingenieur, der Eigentümervertreter, der Bauleiter, das Wartungspersonal und der Datenbankadministrator. 286 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 Struktur und Arbeitsablauf zur Integration vonbauwerksdiagnostischen Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle 5. Konzept eines Arbeitsablaufs zur Integration von DiaBau-Ergebnissen in BIM-Modelle 5.1 Anforderungen an die Integration von DiaBau- Ergebnissen Ausgangspunkt des Arbeitsablaufs sind die Ergebnisse der Bauwerksdiagnose, wie sie nach der Messung und Auswertung vorliegen. Über das derzeitige Verfahren hinaus haben zwei wesentliche Aspekte Einfluss auf den Arbeitsablauf: - Die DiaBau-Ergebnisse werden in digitalen Datenbanken strukturiert gespeichert, und die Datenübertragung sollte vorzugsweise automatisch erfolgen. - Die Nutzung der Daten kann verschiedenartig und derzeit nicht absehbar sein, dabei werden sich spätere Nutzer auf die Gültigkeit der Daten verlassen müssen, um sie nutzen zu können. Die Ergebnisse müssen deshalb auf nachvollziehbare Weise erstellt worden sein, vollständig und in sich abgeschlossen sein. Das bedeutet, dass die Daten alle Signale, Werte, Ergebnisse, Parameter und Dokumentationen enthalten müssen, die andere benötigen, um sie zu verstehen und mit ihnen zu arbeiten (Datenvollständigkeit). Die Qualität der Prüf- und Auswerteverfahren sollte durch den Einsatz anerkannter, validierter und dokumentierter Verfahren sichergestellt werden. Es sollte ein Maß für die Qualität der DiaBau-Ergebnisse angegeben werden, z. B. die Messgenauigkeit (Qualitätssicherung). Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass die Originaldaten gegenüber ihrem ursprünglichen Zustand unverändert sind (Datenintegrität) und dass alle Ergänzungen und Änderungen der Originaldaten gekennzeichnet sind und zu den jeweiligen Autoren zurückverfolgt werden können (Rückverfolgbarkeit). Diese Schritte, die durch technische Maßnahmen unterstützt werden können, stellen sicher, dass die Ergebnisse der Bauwerksdiagnose ein eindeutiges Ergebnis liefern, das zu jedem späteren Zeitpunkt im Sinne des Prüfziels interpretiert werden kann. Ein weiterer Punkt ist der Auf bau einer durchgängigen digitalen Prozesskette im Arbeitsablauf. Während die meisten Mess- und Auswerteparameter von der Mess- Software zusammen mit den Signalen und Werten digital gespeichert werden, müssen die Protokollnotizen in ein geeignetes digitales Datenformat umgewandelt werden. Die Position der Messsensoren wird in der Regel manuell gemessen und in analoger Form dokumentiert. Hier wird die Entwicklung einer eindeutigen und genauen digitalen Protokollierung relativ zu Referenzpunkten im BIM-Modell notwendig werden. 5.2 Abstraktionsebenen von DiaBau-Ergebnissen Damit DiaBau-Ergebnisse unabhängig von Prüfern in unterschiedlichen Abstraktionsebenen genutzt werden können, sind über die Messung hinaus weitere Prozessschritte notwendig. Der folgende Vorschlag für die prinzipiellen Schritte im Arbeitsablauf (Bild-3) soll sicherstellen, dass die Ergebnisse der Bauwerksdiagnose sinnvoll in ein BIM-Modell übertragen werden können: - Messung: Durchführung nach anerkannten Verfahren mit vollständiger Dokumentation. - Auswertung: Durchführung zusätzlicher Verarbeitungsschritte wie Transformationen oder Bildgebung, um gültige Dia- Bau-Ergebnisse zu erhalten; inkl. Dokumentation. - Interpretation und Bewertung: Interpretation der DiaBau-Ergebnisse, um Schlussfolgerungen im Hinblick auf das Prüfziel zu ziehen; Benennung und Bewertung der Ergebnisse, möglicherweise unter Verwendung zusätzlicher Informationen (z. B. Interpretation einer Ultraschallanzeige als Spanngliedkanal unter Verwendung der erwarteten Tiefe, Lokalisierung eines Bewehrungsstabs und Entscheidung, dass er zu nahe an der Oberfläche liegt); inkl. Dokumentation. - Abstraktion: Erstellung unabhängiger Objekte aus den interpretierten Ergebnissen, ggf. unter Verwendung zusätzlicher Informationen. Diese Objekte werden in das BIM-Modell integriert und stellen die Ergebnisse der Bauwerksdiagnose als geometrische und semantische Teile des Bauwerks dar (z. B. Generierung von CAD-Modellen von lokalisierten Spanngliedern, externe Information ist der geplante Durchmesser); inkl. Dokumentation. Jeder dieser Arbeitsschritte muss den erwähnten Qualitätsanforderungen wie Dokumentation und Vollständigkeit entsprechen. Bild-3: 2D-Abbildungsergebnis, dessen Interpretation und Abstraktion 5.3 Datentypen und Dateiformate von DiaBau-Ergebnissen Damit die DiaBau-Ergebnisse in BIM-Modelle integriert werden können, muss eine Übersicht über die Datentypen und Datenformate erstellt werden, da für jeden Datentyp und jedes Format Integrationsmechanismen erforderlich sind. An jedem Punkt des Arbeitsablaufs führen die Dia- Bau-Techniken zu Daten und Metadaten, die klassifiziert werden können als - Werte: Numerische Messwerte, z. B. Zeitsignale, Bewehrungsdeckung, Potentialwerte, rekonstruierte Bildamplituden. 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 287 Struktur und Arbeitsablauf zur Integration vonbauwerksdiagnostischen Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle - Grafiken: Grafiken zur Veranschaulichung der Ergebnisse, z. B. Messpunkte, Markierungen, Dickenkarten, Konturlinien, Bildgebungsergebnisse, Rissverläufe, Fotos. - Parameter: Parameter, die die Messung, das Ergebnis und die Randbedingungen beschreiben, z. B. Messeinstellungen, Namen, Daten, Bezeichnungen. - Notizen: Erläuternde Hinweise mit Verweis auf referenzierte Objekte. Werte und Grafiken können verschiedene Dimensionen haben: Punkte und Skalare (0D), Vektoren, Signale und Linien (1D), Tabellen, Grafiken und Fotos (2D) oder Volumendaten (3D). Parameter und Notizen können als numerische Werte, Zeichenketten oder Fließtext vorliegen. Die Daten können in einer Reihe von Dateiformaten gespeichert werden. Die ursprünglichen Messdaten (Rohdaten), wie sie von den Geräten gespeichert werden, liegen bisher meist in einem herstellerspezifischen Daten- und Dateiformat vor, das nicht offengelegt wird. Letztlich müssen alle Daten in digitaler Form verfügbar sein und mit standardisierten Namen versehen werden, damit sie eindeutig zugeordnet werden können. Eine Möglichkeit, die Kompatibilität von Daten und Dateiformaten zu erreichen, ist die Verwendung standardisierter Datenformate. Z. B. ist DICONDE (Digital Imaging and Communication in Non-Destructive Evaluation) [8] ein DiaBau-Datenformat, das auf dem medizinischen Datenformat DICOM basiert. Es kann DiaBau-Daten und Metadaten in einer systematischen, hierarchischen Struktur speichern. Unterschiedliche Messungen und Messverfahren können in in einer Datei enthalten sein. Das Datenformat ist erweiterbar und umfasst Maßnahmen zur Datensicherheit und -integrität. DICONDE wird bereits von einzelnen Zf P-Geräteherstellern eingesetzt. Bild 4: Transformation von DiaBau-Ergebnissen und Integration in ein BIM-Modell inkl. der Datenschnittstellen 288 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 Struktur und Arbeitsablauf zur Integration vonbauwerksdiagnostischen Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle 5.4 Technische und semantische Integration von DiaBau-Ergebnissen in BIM-Modelle Zur technischen Integration von DiaBau-Ergebnissen in BIM-Modelle wird die standardisierte IFC-Schnittstelle mit noch zu definierenden, unterstützen Datenformaten verwendet. Werden keine standardisierten Dateiformate verwendet, müssen die Daten und Parameter in bekannte Formate konvertiert werden. Derzeit bietet der IFC- Standard allerdings keine Mechanismen für die Integration von DiaBau-Ergebnissen. Da eine Erweiterung des IFC-Standards zwar möglich, aber zeitaufwändig ist, bietet sich die Verwendung bereits definierter IFC-Enti täten wie IfcPropertySet an. Größere Datensätze können über Dateiverknüpfungen eingebunden werden. Im zweiten Schritt geht es darum, die Semantik der Dia- Bau-Daten in das BIM-Modell zu integrieren. Da sowohl Daten als auch Parameter von DiaBau-Ergebnissen und BIM-Modellen formale Systeme darstellen, nennen wir diesen Prozess eine Transformation (Bild-4). Die Umwandlung erfolgt in zwei Phasen: - Daten-Transformation: Konvertierung von Daten, wenn erforderlich, z. B. Konvertierung von Messkoordinatensystemen in Koordinatensysteme der BIM-Modelle, Konvertierung von Einheiten, Datenstrukturen und Dateiformaten. Die Konvertierungsregeln werden als bekannt vorausgesetzt oder in beigefügten Parametern definiert. - Metadaten-Transformation: Umwandlung der Bedeutung von DiaBau-Parametern und -Ergebnissen in die semantische Struktur des BIM-Modells, z. B. Übersetzung von Parameternamen und Umwandlung von Parametersätzen in eine hierarchische BIM-Struktur. Die DiaBau-Parameter werden wie im bsDD definiert auf BIM-Parameter abgebildet. Zu diesem Zweck muss ein IDM für DiaBau-Aspekte entwickelt werden, um Prozesse, Datenaustausch und benötigte Daten zu definieren. Darüber hinaus muss eine Domäne in der bsDD geschaffen werden, die Namenskonventionen und das verwendete Vokabular umfasst. Diese bsDD-Domäne wird eine Art Wörterbuch sein, das das Wissen über die verwendeten DiaBau-Begriffe enthält. Sie kann zu einer Ontologie erweitert werden [9]. Diese Definitionen brauchen nur einmal entwickelt zu werden und können schrittweise erweitert werden. Mit Hilfe der bsDD-Domäne können die DiaBau-Daten und -Metadaten der Parameterstruktur des BIM-Modells richtig zugeordnet werden. Zusätzlich können auf dieser Basis Verifikationsregeln implementiert werden, um die Transformation neuer DiaBau-Ergebnisse automatisiert auf Vollständigkeit und Konsistenz zu prüfen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Daten und Metadaten alle Signale, Werte, Ergebnisse, Parameter und Dokumentationen enthalten, so dass ein Benutzer des BIM-Modells, der auch eine Software sein kann, sie verstehen und damit arbeiten kann. 5.5 Datenstruktur am Beispiel Ultraschall Zur konkreten Implementierung der Integration in BIM- Modelle müssen alle Ergebnisdaten aus der Bauwerksdiagnose - für zerstörende und zerstörungsfreie Prüfverfahren - systematisch erfasst und strukturiert werden. Dazu wird eine modulare Struktur mit teilweise hierarchischem Auf bau vorgeschlagen. Je Verfahren wird eine Teilmenge der Module verwendet. Es gibt gemeinsame, obligatorische und optionale Module. In diesen Modulen sind die dazugehörigen Daten, also Werte, Parameter, Grafiken und Notizen, zusammengefasst. Auch hier sind notwendige, optionale und zusätzliche Daten vorsehen. Zusätzliche Daten werden vom Anwender frei hinzugefügt und in der weiteren Verarbeitung mitgeführt. Bild-5 zeigt als Beispiel die Modulstruktur für das Ultraschallverfahren mit einigen typischen in den Modulen enthaltenen Daten. Bild-5: -Modulare Datenstruktur für das Ultraschallverfahren mit typischen Daten 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 289 Struktur und Arbeitsablauf zur Integration vonbauwerksdiagnostischen Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle Je nach Verfahren werden einige der Daten automatisiert z. B. aus Messgeräten und Auswerteprogrammen übernommen werden können, anderen müssen derzeit manuell z. B. über Eingabemasken eingegeben werden. In jedem Arbeitsschritt Messung, Auswertung und Interpretation ist eine Qualitätssicherung vorgesehen. Die Daten dazu stammen bei der Messung durch Vorgaben (Qualifizierung Prüfer, dokumentierte und validierte Prüfvorschriften) und Vorwissen (Messungenauigkeit), bei den weiteren Arbeitsschritten durch direkte Angaben der Bearbeiter. Dieselbe Datenstruktur wird zur Eingabe der Daten bei Messung und Auswertung sowie zum Datenabruf bei Nutzung der Daten verwendet. Zur Nutzung wird sie als Datenbank implementiert. 5.6 Datenspeicherung von BIM-Modellen Die Daten eines BIM-Modells werden in einer Datenbank gespeichert. Eigentum und Speicherort solcher Datenbanken sind festzulegen, sie können z. B. beim Bauwerkseigentümer oder einem beauftragten Dienstleister angesiedelt sein. Die IFC- und weitere Schnittstellen und Datenformate sollten standardisiert und gut dokumentiert sein. Weitere wichtige Anforderungen sind Zugang, Verfügbarkeit, Datenhoheit, Datensicherheit und Skalierbarkeit. In einer gemeinsamen Datenumgebung (Common Data Environment, CDE) werden Bauwerksinformationen und DiaBau-Daten kombiniert und verschiedenen Nutzergruppen auf spezifische Weise bereitgestellt. 5.7 Nutzung von DiaBau-Daten aus BIM-Modellen Während der Nutzungsphase eines Bauwerks besteht die wesentliche Aufgabe des BIM-Modells darin, eine Zustandsbewertung des Bauwerks aufzunehmen und bereitzustellen. Einige mögliche Anwendungen sind: - Virtual bzw. Augmented-Reality-Visualisierung [10] von BIM-Modell und Modelldaten - Überlagerung mehrerer DiaBau-Ergebnisse in realer 3D-Geometrie ([11], [12]) - Abrufen, Bearbeiten, Aktualisieren und Hinzufügen von Daten vor Ort - Zustandsbewertung, die zu Zustandsnoten des Bauwerks oder seiner Bauteile führt - Vorwarnung bei hoher Belastung oder Versagen - Planung und Unterstützung von Instandhaltung und zerstörungsfreien Prüfungen - Fehlererkennung, Überwachung von zeitlichen Veränderungen - Belastungssimulation, statische Neuberechnung - Vorhersage der Restlebensdauer Angereicherte Ergebnisse können wieder in das BIM- Modell eingespeist werden, um die Daten zu verbessern. Ähnlich wie bei der Integration von DiaBau-Ergebnissen in Bild 4 müssen auch bei deren Extraktion die Ausgabe und Dateiformate berücksichtigt werden. Der Weg aus dem BIM-Modell heraus ist einfacher, da das BIM- Datenmodell konsistent und gut dokumentiert ist. Dadurch wird auch eine semantische Interoperabilität zur automatisierten Interpretation der Daten ermöglicht. 6. Zusammenfassung und Ausblick Der BIM-Prozess hat das Potenzial, Zustandsdaten von Infrastrukturbauwerken über ihren gesamten Lebenszyklus abzubilden. Im Beitrag wurde eine strukturierte Sicht auf die Integration von DiaBau-Ergebnissen in digitale BIM-Modelle entwickelt, wobei der Schwerpunkt auf Bewertungsebenen, Datentypen, Datenschnittstellen und der technischen und semantischen Integration lag. Darauf basierend wurde ein Arbeitsablauf für die Integration von DiaBau-Ergebnissen in BIM-Modelle abgeleitet. Eine wichtige Anforderung dabei ist, die Ergebnisse der Bauwerksdiagnose so aufzubereiten, dass sie jederzeit eindeutig im Sinne des Prüfziels interpretiert werden können. Für die Umsetzung der Integration sind die folgenden Aktivitäten, Forschungs- und Entwicklungsschritte notwendig: - Konsequente Anwendung von validierten DiaBau-Verfahren und Bewertungsmethoden, Entwicklung von Prüfanweisungen. - Digitalisierung der Positionserfassung der Messsensoren. - Etablierung eines anerkannten Arbeitsablaufs für die Integration von DiaBau-Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle inkl. Qualitätssicherung. - Harmonisierung und Standardisierung von DiaBau- Daten und -Parametern sowie Datenschnittstellen, Verwendung von standardisierten Datenformaten, wo möglich. - Entwicklung einer bsDD, die die Umwandlung der DiaBau-Metadaten in BIM-Modelle unterstützt und validiert. - Ausbildung und Schulung zu den DiaBau-Verfahren. Zf P-Fachgesellschaften und -Ausschüsse können und sollten zur Harmonisierung und Standardisierung der genannten Schritte beitragen. Das Ziel ist eine automatisierte digitale Transformation des gesamten DiaBau-Arbeitsablaufes. Unter Verwendung aller Diagnosemethoden - klassische Strukturbewertung, zerstörungsfreie Prüfung sowie Monitoring - kann das Ziel erreicht werden, digitale Zwillinge für Infrastrukturbauwerke zu erstellen, die alle notwendigen Informationen liefern, um den Zustand des Bauwerks jederzeit beurteilen zu können. Danksagung Teile der Arbeiten für diesen Beitrag wurden vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) durch das Projekt „Integration und Bereitstellung von SI-Daten zur Bestandsbewertung von Infrastrukturbauwerken im BIM-Prozess (openSIM)“ im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND (Förderlinie 2) unterstützt (FKZ 19F2217D). 290 2. Fachkongress Digitale Transformation der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2023 Struktur und Arbeitsablauf zur Integration vonbauwerksdiagnostischen Ergebnissen in digitale Bauwerksmodelle Literatur [1] SIB Bauwerke 1.9: https: / / sib-bauwerke.de, letzter Zugriff am 13.04.2023. [2] Borrmann, A.; König, M.; Koch, C.; Beetz, J. (Eds.): Building Information Modeling: Technology Foundations and Industry Practice. Cham: Springer, 2 nd ed, 2018. [3] DIN 1076: 1999-11: Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen - Überwachung und Prüfung. [4] openBIM: https: / / www.buildingsmart.org/ about/ openbim, letzter Zugriff am 17.04.2023. [5] ISO 16739-1: 2018: Industry Foundation Classes (IFC) for Data Sharing in the Construction and Facility Management Industries - Part 1: Data Schema. [6] buildingSMART Data Dictionary: https: / / www.buildingsmart.org/ users/ services/ buildingsmart-data-dictionary, letzter Zugriff am 13.04.2023. [7] BuildingSMART International Ltd.: Information Delivery Manual (IDM). https: / / technical.buildingsmart.org/ standards/ information-delivery-manual, letzter Zugriff am 13.04.2023. [8] ASTM E3169: 2018: Standard Guide for Digital Imaging and Communication in Nondestructive Evaluation (DICONDE). [9] ISO/ IEC 21838-2: 2021: Information technology - Top-level ontologies (TLO) - Part 2: Basic Formal Ontology (BFO). [10] Schickert, M; Lai, J.; Artus, M.; Kremp, F.: Integration und Visualisierung von Zustands-daten in digitalen Bauwerksmodellen - Konzepte und Realisierungen. In: Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur, Esslingen, 29.-30.06.2021, S. 381-389. [11] Tan, C.S.: Digitale Erfassung von Parkbauten und die Nutzungsmöglichkeiten. IFSB GmbH, Firmenpublikation, 2022. [12] Ullerich, C.; Wenner, M.; Herbrand, M.: smart- BRIDGE Hamburg - prototypische Pilotierung eines digitalen Zwillings. In: Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur, Esslingen, 29.-30.06.2021, S. 237-245.