eJournals Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau 1/1

Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau
fki
expert verlag Tübingen
051
2022
11

Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale

051
2022
Christina Eisenbarth
Walter Haase
Lucio Blandini
Werner Sobek
Inhalt der Forschungsarbeit ist die Konzeption und Realisierung von mehrlagig aufgebauten, pneumatisch stabilisierten Ethylen-Tetrafluorethylen-Fassaden mit erweiterten funktionalen und gestalterischen Eigenschaften. Die Integration textil- und folienbasierter Zwischenlagen in ETFE-Kissen-Fassaden via eines speziell konzipierten, modularen Profileinsatzes eröffnet sowohl im Neubau als auch im Bestand nahezu unbegrenzte Möglichkeiten zur Individualisierung und Funktionalisierung der Gebäudehülle. Entwickelt werden zum einen mehrlagige ETFE-Pneu-Kissenkonstruktionen mit passiven, transparenten, transluzenten und opaken Zwischenlagen zur Optimierung der akustischen sowie wärmetechnischen Eigenschaften der Fassade. Zum anderen wird die Einbindung aktiver, textilbasierter Gestaltungselemente wie dreidimensionaler, perforierter Öffnungselemente aus Membranwerkstoffen sowie textilgebundener Leuchtdiodensysteme in Matrixanordnung zur Schaffung medialer Gestaltungs- und Kommunikationsflächen in der Fassade untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt der Forschung ist die Implementierung adaptiver, textiler Sonnen- und Blendschutzelemente auf Origami-Faltbasis, welche eine selektive wie auch vollflächige Anpassungsfähigkeit der Licht- und Energie-Transmissionseigenschaften der Fassade ermöglichen. In Zusammenarbeit mit Industriepartnern werden Prototypen der entwickelten ETFE-Fassadensysteme im Maßstab 1:1 realisiert und am Demonstrator-Hochhaus D1244 des Sonderforschungsbereiches 1244 unter realen Witterungsbedingungen validiert sowie messtechnisch evaluiert.
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1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 97 Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale Christina Eisenbarth, M. Sc. Universität Stuttgart Dr.-Ing. Walter Haase Universität Stuttgart Prof. Dr.-Ing. M. Arch. Lucio Blandini Universität Stuttgart, Werner Sobek AG Stuttgart Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Dr. h. c. Werner Sobek Werner Sobek AG Stuttgart Zusammenfassung Inhalt der Forschungsarbeit ist die Konzeption und Realisierung von mehrlagig aufgebauten, pneumatisch stabilisierten Ethylen-Tetrafluorethylen-Fassaden mit erweiterten funktionalen und gestalterischen Eigenschaften. Die Integration textil- und folienbasierter Zwischenlagen in ETFE-Kissen-Fassaden via eines speziell konzipierten, modularen Profileinsatzes eröffnet sowohl im Neubau als auch im Bestand nahezu unbegrenzte Möglichkeiten zur Individualisierung und Funktionalisierung der Gebäudehülle. Entwickelt werden zum einen mehrlagige ETFE-Pneu-Kissenkonstruktionen mit passiven, transparenten, transluzenten und opaken Zwischenlagen zur Optimierung der akustischen sowie wärmetechnischen Eigenschaften der Fassade. Zum anderen wird die Einbindung aktiver, textilbasierter Gestaltungselemente wie dreidimensionaler, perforierter Öffnungselemente aus Membranwerkstoffen sowie textilgebundener Leuchtdiodensysteme in Matrixanordnung zur Schaffung medialer Gestaltungs- und Kommunikationsflächen in der Fassade untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt der Forschung ist die Implementierung adaptiver, textiler Sonnen- und Blendschutzelemente auf Origami-Faltbasis, welche eine selektive wie auch vollflächige Anpassungsfähigkeit der Licht- und Energie-Transmissionseigenschaften der Fassade ermöglichen. In Zusammenarbeit mit Industriepartnern werden Prototypen der entwickelten ETFE-Fassadensysteme im Maßstab 1: 1 realisiert und am Demonstrator-Hochhaus D1244 des Sonderforschungsbereiches 1244 unter realen Witterungsbedingungen validiert sowie messtechnisch evaluiert. 1. Einführung Unsere Gesellschaft steht vor zahlreichen Herausforderungen: Der Anstieg der Weltbevölkerung, die zunehmende Urbanisierung und der Klimawandel zeigen ihre Auswirkungen insbesondere im Bereich des Bauwesens. Einer Studie der Vereinten Nationen zufolge, erwarten wir bei einer mittleren Geburtenrate bis zum Jahr 2050 eine Gesamterdbevölkerung von ca. 9,74 Milliarden [1], von denen voraussichtlich 70 % in urbanen Gebieten leben werden [2]. Unter Annahme eines vergleichsweise hohen Wohnflächenbedarfs von 47 m² pro Kopf nach deutschem Baustandard (Stand 2019) würde die in den nächsten 19 Jahren hinzukommende Nettosumme von etwa 1,84 Milliarden Menschen bis 2050 zu einem Bedarf von schätzungsweise 86,5 Mrd. m² zusätzlicher Wohnfläche führen ein Bedarf, der aufgrund der begrenzten Freiflächenkapazität innerstädtischer Gebiete unweigerlich zu einer maximalen Verdichtung mittels Aufstockungen und Hochhausbauten führen wird [3]. Folgende Rechnung gibt cum grano salis eine Vorstellung der uns bevorstehenden Bauaufgabe und zeigt unter Berücksichtigung der künftig erforderlichen Baustoffmengen und -ströme die Relevanz einer material- und ressourceneffizienten Bauweise auf: Die durchschnittliche einem deutschen Bundesbürger zugeordnete Baustoffmenge beträgt ca. 490 t. Diese setzt sich in etwa hälftig zusammen aus ca. 250 t an Infrastrukturbauwerken und ca. 240 t an Hochbauten [4]. Würden wir den in den nächsten 19 Jahren zu erwartenden 1,84 Milliarden Neubürgern einen deutschen Baustandard bereitstellen, so erfordere dies den immensen Bedarf von summa summarum ca. 900 Mrd. t Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale 98 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Baustoff - eine Bauaktivität von unvorstellbaren Ausmaßen, die wir im Hinblick auf die Begrenztheit unserer natürlichen Ressourcen mit den konventionellen Baumaterialien nicht bewältigen könnten ohne unserem Planeten irreparable Schäden zuzufügen [5]-[7]. Das Bauschaffen besitzt die größte Hebelwirkung wie auch die größte Verantwortung bei der Lösung der globalen Umweltprobleme. Schätzungsweise ist die Bauindustrie für 50 - 60 % des globalen Ressourcenverbrauchs, 50 % des Massenmüllaufkommens, 35 % des Energieverbrauchs sowie neuesten Erkenntnissen von Professor Werner Sobek zufolge für mehr als 50 % der Emissionen weltweit verantwortlich. [8] Den städtischen Gebieten werden sogar 60 - 80 % des globalen Stoffverbrauchs und 75 % der globalen CO 2 -Emissionen zugeschrieben. Die konstruktive Umsetzung der genannten Bauaufgabe bedarf insbesondere im Fassadenbereich der Etablierung leichter Baumaterialien, welche eine signifikante Gewichtsreduktion des gesamten Bauwerks sowohl im Bestand als auch im Neubau ermöglichen. Insbesondere im Hochhausbau können durch die Verwendung leichter Hüllsysteme erhebliche, indirekte Einsparungen in Fundamenten und Tragwerk erzielt werden. Der Entwurf von Aufstockungen im Bestand unterliegt zusätzlich der Restriktion, die durch den Aufbau entstehenden additiven Lasten auf ein Minimum zu reduzieren, da diese bei der ursprünglichen Bemessung des Bestandes nicht berücksichtigt wurden. Dieser konstruktive Zwang kann durch die Verwendung von Leichtbauhüllen im beschriebenen Sinne mit großem gestalterischem Spielraum gelöst werden. Textil- und folienbasierte Werkstoffe eröffnen aufgrund ihres minimalen Flächengewichts und ihrer hohen mechanischen Beanspruchbarkeit ein bislang nicht ausgeschöpftes ökologisches, ökonomisches und gestalterisches Potenzial für die Anwendung in der Architektur. Insbesondere der Werkstoff Ethylen-Tetrafluor-ethylen (ETFE) ist leichtgewichtig, langlebig und hochtransparent. Trotz des signifikanten Potenzials zur Reduktion der im Bauteil gebundenen Masse, CO2 und grauen Energie hat sich der Einsatz von luftgestützten Pneu-Kissen-Fassaden unter Verwendung von ETFE-Folien in der Architektur bisweilen nur begrenzt etabliert. Eine besonders vielversprechende Möglichkeit der Anwendung textil- und folienbasierter Gebäudehüllen liegt in der Kombination von funktionalen und gestalterischen Qualitäten unter Einbindung aktiver Komponenten. Durch die Implementierung adaptiver Komponenten kann eine präzise Anpassbarkeit an stark schwankende Anforderungen und Umweltbedingungen erzielt und damit sowohl der Nutzerkomfort signifikant gesteigert als auch der Energiebedarf zur Raumkonditionierung reduziert werden. Während textile Bauten zunächst überwiegend als einlagige Membrankonstruktionen beispielsweise zur Verschattung großer Flächen ausgeführt wurden, konnte durch stete Weiterentwicklung hin zu mehrlagigen Systemen inzwischen ihre bauphysikalische Eignung auch für den Fassadeneinsatz nachgewiesen werden. Mehrlagige textile Gebäudehüllen sind in einem Profilsystem gefasste Konstruktionen aus flexiblen Hochleistungsmaterialien, wie Geweben, Gewirken und Folien, die den äußeren, thermischen Gebäudeabschluss unter Einhaltung aller Anforderungen an eine Hülle erfüllen. [9], [10] Das Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart beschäftigt sich seit Jahren federführend mit der Entwicklung von leichten Fassadensystemen auf Textil- und Folienbasis, welche sowohl für den Neubau als auch für das Bauen im Bestand ein signifikantes EinsparPotenzial darstellen. Das im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereiches 1244 entstandene Demonstrator-Hochhaus D1244 stellt ein geeignetes Gebäude zur erstmaligen Realisierung modularer, mehrlagig aufgebauter, adaptiver ETFE-Hüllsysteme mit textil- und folienbasierten Zwischenlagen dar. 2. Kontext 2.1 Sonderforschungsbereich 1244: „Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen“ Vor dem Hintergrund einer begrenzten Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen und einer stetig steigenden Weltbevölkerungszahl widmet sich der Sonderforschungsbereich 1244 unter dem Titel „Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen“ der Frage wie mit weniger Material, Abfall, Energie und Emissionen mehr Bau- und Lebensraum für mehr Menschen geschaffen werden kann. Auf interdisziplinäre Weise erforscht der SFB 1244 das Potenzial und die Anwendbarkeit von adaptiven Gebäudehüllen und Strukturen im Bauwesen. Als vielversprechender Ansatz wird die Implementierung von Aktoren und Sensoren in Tragstrukturen und Hüllelemente gesehen, welche eine signifikante Reduktion von Masse, CO 2 und im Bauteil gebundener grauer Energie ermöglichen bei gleichzeitiger Steigerung des Nutzerkomforts. Der Begriff Adaptivität beschreibt in diesem Zusammenhang das Zusammenspiel von Sensorik und Aktorik in Kombination mit einer automatisierten Steuereinheit zur gezielten Manipulation der physikalischen Eigenschaften des Tragwerks oder der Gebäudehülle, um das Lastabtragungsverhalten oder den Nutzerkomfort unter invarianten Einflüssen gezielt zu verbessern. Die Forschung umfasst sowohl die Entwicklung einzelner (Bau-)Komponenten als auch deren Einbindung in ein Gesamtsystem. Ziel ist die Etablierung einer ressourceneffizienten sowie vollständig rezyklierbaren Bauweise, die das Eigengewicht tragender und nichttragender Bauteile minimiert, um die im Bauteil gebundene graue Energie zu reduzieren [11]. Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 99 2.2 D1244 Demonstrator-Hochhaus Im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 1244 wurde im April 2021 das erste adaptive Hochhaus weltweit auf dem Universitätscampus der Universität Vaihingen errichtet. Das Demonstrator-Hochhaus ermöglicht Wissenschaftlern, den Einfluss einer aktiven Anpassung von Tragstruktur und Gebäudehülle an wechselnde Lasten und sich ändernde Umweltbedingungen erstmals unter realen Bedingungen im Maßstab 1: 1 zu untersuchen. Das Hochhaus verfügt über 12 Geschossen und erreicht damit eine Höhe von ca. 36,5 m bei einer quadratischen Grundfläche von ca. 5,1 Kantenlänge (Tragwerksaußenkante). Die Tragstruktur ist als Stahl-Rahmenkonstruktion mit diagonalen Auskreuzungen ausgeführt. Ein separat angrenzender Treppenturm beinhaltet sämtliche Versorgungsleitungen und ermöglicht die vertikale Erschließung des aktiv beweglichen Hochhauses über Stege. Zur gezielten Beeinflussung des Lastabtragungsverhaltens sind Aktoren und Sensoren in die Stützen und Auskreuzungen des Hochhauses integriert, welche mit einer automatisierten Steuereinheit verbunden sind. Durch deren Aktivierung können aktiv lastinduzierte Schwingungen in der Tragstruktur kompensiert werden ohne materiellen Mehraufwand durch größere Konstruktionsquerschnitte. Auf diese Weise können beispielsweise durch Windkräfte auftretende Schwingungen im Gebäude ausgeglichen werden. Sensoren erfassen die auftretenden Verformungen der Tragstruktur, während die integrierten Hydraulikaktoren die Schwingungen und Beanspruchungen gezielt durch Gegenkräfte dämpfen. Derzeit ist das Gebäude mit einer temporären Membranfassade aus PVC-beschichtetem Polyestergewebe verkleidet. Diese dient als primärer Witterungsschutz und wird im Verlaufe der Forschungsarbeiten durch die neu entwickelten Fassadenlösungen ersetzt (Abbildung 1). Das Gebäude ist mit einer umfangreichen Messinfrastruktur ausgestattet und dient als Plattform für die Untersuchung innovativer Gebäudehüllen mit der Intention deren Eignung unter realen Wetterbedingungen zu verifizieren. Sein Erscheinungsbild unterliegt demzufolge einem steten Wandel. Abbildung 1: D1244 Demonstrator-Hochhaus mit temporärer Fassade (links) und Visualisierung des D1244 mit innovativen, adaptiven Fassadenkonzepten (rechts), Quelle: ILEK. Den Rahmen für die Erforschung mehrlagiger, pneumatisch stabilisierter ETFE-Fassadensysteme bietet die 11. Etage des D1244 Hochhauses. Hier werden erstmalig die Potenziale textilbzw. folienbasierter Werkstoffe als Funktions- und Gestaltungselemente der architektonischen Gebäudehülle an einem realen Versuchsgebäude im Maßstab 1: 1untersucht. Das 11. Obergeschoss des Hochhauses wird dazu mit einer elementierten Stahl- Pfosten-Riegel-Fassade der Firma RAICO Bautechnik GmbH ausstattet. Vorgesehen ist eine Einbindung von jeweils drei ETFE-Kissen pro Fassadeseite des Hochhauses, in welche unterschiedliche Zwischenlagen eingesetzt werden. Realisiert werden transparente, transluzente und opake Fassaden wie auch adaptive Hüllkonzepte die sich durch die Implementierung aktiver Komponenten aus Sensorik und Aktorik an variierende Anforderungen und Umweltbedingungen auf bauphysikalischer sowie gestalterischer Ebene anpassen können. Mittels eines speziell entwickelten, modularen Profileinsatzes wird das RAI- CO Standardprofil ETFE_THERM + zur Fassung dieser Zwischenlagen erweitert. Im Folgenden wird die konstruktive Ausbildung des Rahmenprofilsystems sowie das Potenzial zur Einbindung funktionaler und gestalteischer Zwischenlagen vorgestellt. 3. Entwicklung eines modularen Profilsystems für mehrlagige ETFE-Fassadensysteme 3.1 Stand der Technik: ETFE_THERM + Während ETFE-Fassaden bislang aufwändige Sonderprofillösungen erforderten, bietet die RAICO Bautechnik GmbH mit dem ETFE_THERM + ein vorgefertigtes, modulares ETFE-Fassadenprofil an, welches mit der konventionellen THERM + -Produktpalette für Fassadenausfachungen aus Glas, Blech und anderen üblichen Materialien kompatibel ist (Abbildung 2). Abbildung 2: Standardprofilsystem ETFE_THERM+ von RAICO, Quelle: RAICO Bautechnik GmbH. Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale 100 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Bauphysikalische Anforderungen wie Luft- und Wasserdichtigkeit der Fassade, Entwässerung von Kondensat (Falzentwässerung) werden durch das Pfosten-Riegel- System gewährleistet. Um die Kompatibilität mit anderen Belegungselemente (Glas, Blech, etc.) zu gewährleisten ist der Querschnitt des Rahmens auf das Pfosten-Riegel- System angepasst - selbst die Kombination von ETFE_ THERM + Elementen und Standardverglasungen ist ohne weiteres möglich. Die thermische Trennung erfolgt über Beabstandung via Kunststoffstege im Rahmenprofil. Die Luftversorgung ist nach außen unsichtbar im Pfosten- Riegel-System integriert. [12] 3.2 Modularer Profileinsatz zur Fassung von Zwischenlagen im ETFE_THERM+ System Der von der Firma RAICO Bautechnik GmbH vorgestellte Ansatz wurde durch die Entwicklung eines Profileinsatzes in Form einer Keder-Lösung zur Fassung textil- und folienbasierter Funktions-Zwischenlagen konsequent weiterentwickelt. Das Klemmprofil zur Fassung der ETFE-Außenlagen wurde um einen Keder-Einsatz erweitert. Die mittels Kunststoff-Stege verbundenen Keder-Profile können individuell an den Lagenaufbau angepasst werden. Abbildung 3 und Abbildung 4 zeigen die exemplarische Einbindung unterschiedlicher funktionaler und gestalterischer Zwischenlagen. Abbildung 3: Dreifacher Keder-Profileinsatz für ETFE_ THERM + Profil mit Zwischenlagen Luftpolsterfolien (links) und in Folie eingepacktes und Aerogel-gefülltes Abstandsgewirke (rechts) Abbildung 4: Doppelter Keder-Profileinsatz für ETFE_ THERM + Profil mit Zwischenlagen PAOSS (links) und in ETFE-Folie gefasstes Glasfasergespinst (rechts) 4. Funktionale und gestalterische Hüllkonzepte für mehrlagige ETFE-Fassadensysteme 4.1 Passive Zwischenlagen Durch ihre haptischen Materialqualitäten, ihre Transluzenz und ihre strukturierten Oberflächen besitzen textile Werkstoffe eine einzigartige ästhetische Wirkung, die sie von konventionellen in der Gebäudehülle Anwendung findenden Materialien unterscheidet. Als passive Isolationslagen bieten Textilgewirke und -gespinste sowohl funktionale als auch gestalterische Potenziale bei deren Einbindung als Zwischenlage in transparenten ETFE-Kissenfassaden. Abbildung 5 zeigt eine Auswahl textil- und folienbasierter Zwischenlagen zur wärme- und schallschutztechnischen Optimierung von ETFE-Fassadensystemen. Abbildung 5: Transluzentes Glasfasergespinst (oben links), transparente Acrylglas-PMMA-Kapillarrohrmatte (oben rechts), monofilamentes PES-Abstandsgewirke (unten links), Aerogel-Schüttware (unten rechts), Quelle: raumprobe OHG. Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 101 Transluzente Glasfasergespinste werden mit einem lichtstabilen Kunstharz-Binder versehen und zu einem sehr leichten und lichtdurchlässigen Glasgespinst verarbeitet. Glasfasergespinste weisen aufgrund der eingeschlossenen, stehenden Luft eine vergleichsweise geringe Wärmeleitfähigkeit von ca. 0,1 bis 0,08 W/ mK auf. Sie zeichnen sich durch eine Lichtdurchlässigkeit von ca. 36 bis 48 % bei hoher Lichtstreuung aus. Dies führt zu einer schlagschattenfreien und blendfreien Raumausleuchtung des einfallenden Lichtes. Im Sommer wird durch niedrigen g-Wert der Wärmeeintrag reduziert und damit ein Sonnenschutz ermöglicht. [13] Kapillarsysteme mit transparenten Kapillarplatten auf Acryl-PMMA-Basis zeichnen sich durch eine hohe Lichttransmission mit partieller Durchsicht aus. Die Anpassung der Kapillarachsen sowie des Solareinfallswinkels erlaubt eine Anpassung der Energie- und Lichttransmissionswerte der Fassade an die jeweilige Nutzungssituation. Entlang der Kapillarachse ist partielle Durchsicht mit charakteristischen optischen Effekten gegeben, besonders bei größerer Entfernung des Betrachters vom Element. Polyester (PES)-Abstandsgewirke sind zweischichtig aufgebaute 3D-Textilien, deren beide kettgewirkte Stoffflächen durch abstandshaltende Verbindungsfäden (Polfäden) auf Distanz gehalten werden. Die filigranen, textilen Gewirke eigenen sich als Füllstruktur beispielsweise für Aerogel-Schüttgut. Die Einbindung der Zwischenlagen in das entwickelte, modulare Aluminium-Keder-Profil erfolgt durch deren Einbettung in Folienwerkstoffe gemäß Abbildung 6. Hierbei ist die Rückführbzw. Systemtrennbarkeit der Werkstoffe, die im Folienverbund eingebettet werden, zu beachten. Abbildung 6: Prinzip-Skizze zur Einbindung von Zwischenlagen in den modularen Keder-Profileinsatz für das ETFE_THERM + Profilsystem, Quelle: ILEK. 4.2 Adaptive Zwischenlagen Textilien weisen eine besondere Leichtigkeit und Flexibilität bei klarer Formensprache auf, die sie für den Einsatz in beweglichen Fassadensystemen prädestiniert. Im Folgenden werden drei Konzepte für adaptive Zwischenlagen vorgestellt, welche mittels der entwickelten Profileinsätze für das ETFE_THERM + System von RAICO modular in ETFE-Kissenkonstruktionen eingesetzt werden können. Perforiertes, textiles 3D-Gestaltungselement Öffnungen sind ein zentrales architektonisches Funktions- und Gestaltungselement zur Regulierung des Tageslichteintrags, der Belüftung sowie Akustik im Innenraum. Basierend auf den materialimmanenten Eigenschaften textiler Werkstoffe wurde ein Konzept zur Generierung innovativer Öffnungsgeometrien und -typologien auf Fassaden-Mikroebene entwickelt, welches Struktur und Material zu einer untrennbaren Einheit verbindet Abbildung 7). Abbildung 7: Perforierte Membran unter Zugbelastung zur adaptiven Gestaltung der Fassaden-Mikroebene, Quelle: ILEK. Durch Einbringen einer Zugkraft in einen perforierten Membranwerkstoff wird dieser in einen inneren Spannungszustand versetzt, woraus ein fein strukturiertes, dreidimensionales Öffnungsbild resultiert. Unter Nachlassen der Zugbelastung kehrt der Werkstoff in seinen ursprünglichen, geschlossenen Zustand zurück. Die Veränderung der haptischen und visuellen Materialeigenschaften erzeugt eine dynamische Oberflächenqualität, deren räumliche Wirkung durch die Verwendung lichtreflektierender Membranwerkstoffe maximiert werden kann. Mittels parametrischer Designstudien wurden verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten mit variierenden Schnittmustern, -größen und Schnittlinienkrümmungen analysiert sowie deren Anordnung in Bezug auf die geforderten Lichtverhältnisse, die Kraftrichtung, Spannungsverteilung und eventuelle Adjazenzen innerhalb der Membranfläche untersucht. Die Generierung der Öffnung erfordert eine Ausrichtung der Schnittlinien orthogonal zur Kraftrichtung. [14] Zwischen der Öffnungsgröße und der Materialsteifigkeit des Membranwerkstoffs besteht ein direkter Zu- Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale 102 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 sammenhang: mit zunehmender Öffnungsgröße müssen Materialdicke bzw. -steifigkeit zunehmen, um die mit der Verformung zusammenhängende Spannung aufnehmen zu können. Als geeignete Werkstoffe identifiziert wurden orthotrope Werkstoffe wie PVC- oder PET-beschichtete Polyestergewebe und PTFE-beschichtete Glasfasergewebe wie auch isotrope Folienwerkstoffe wie ETFE, PVC, Aluminiumfolie etc. Gegenstand zukünftiger Untersuchungen wird der Vergleich isotroper und orthotroper Materialien sowie deren Optimierung darstellen. Textilgebundenes Leuchtdiodensystem Die Integration von Leuchtdiodenstreifen in paralleler Anordnung via Abstandstextilien eröffnet eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten der Gebäudehülle im Innenwie auch im Außenraum (Abbildung 8). Mittels individuell ansteuerbarer RGB-Leuchtdioden in Matrixanordnung können Lichteffekte, Text-, Bildsowie Videodaten auf der Fassade abgebildet werden. Die äußere Hülle des Gebäudes kann demzufolge sowohl als Medien- und Kommunikationsfläche im Außenraum fungieren wie auch eine aktive Interaktionsfläche mit der Umgebung und den Nutzern darstellen. Im Innenraum können Konzepte zur Raumbeleuchtung integriert werden, welche auf die jeweilige Nutzungssituation reagieren. Abbildung 8: Gestaltungsbeispiel eines LED-Textils, Quelle: ILEK. Verwendet wurden LED-Streifen vom Typ Ws2812b. Diese unterscheiden sich von konventionellen Leuchtdiodensystemen durch ihren integrierten Schaltkreis, der eine direkte Ansteuerung einzelner LEDs ermöglicht. RGB-LEDs vereinen drei einzelne LED-Chips in den Farben Rot, Grün und Blau in einem Gehäuse. RGBW- LED können zusätzlich weißes Licht darstellen. Verbreitet ist die quadratische Bauform 5050 mit 5 mm Kantenlänge, welche auf LED-Streifen mit mehreren Metern Länge und unterschiedlich vielen RGBW-LEDs pro Meter aufgelötet sind. Die LED-Streifen werden in Matrix- Anordnung in ein Textilelement eingebunden. Abbildung 9: Systemaufbau eines textilgebundenen Leuchtdiodensystems zur Anwendung in ETFE-Pneukissenfassaden, Quelle: ILEK. Abbildung 9 stellt den Aufbau des dreischichtigen Textilelements dar: Grundlage bildet ein dünnes Polyestergewebe, welches mit einem darüber liegenden Abstandsgewirke zur Einbettung der LED-Matrix vernäht wird. Das Abstandsgewirke verfügt über vertikale Einbuchtungen welchen einen Höhenausgleich zu den eingelegten LED- Streifen ermöglichen. Den äußeren Abschluss bildet ein weiteres Abstandsgewirke, welches als lichtdiffuse Schicht eine Lichtstreuung und damit Homogenisierung bei gleichzeitig maximaler Leuchtkraft der LED-Fläche ermöglicht. Durch das Vernähen der Stoffe wird eine Systemtrenn- und Austauschbarkeit sämtlicher Komponenten bei Reparaturbedarf oder Rückbaubedarf gewährleistet. Zur Darstellung von Videos wird das Programm „Processing (Movie2serial)“ eingesetzt, welches Videodaten einliest und in Rohdaten mit weniger Pixeln umwandelt. Diese können durch den Microcontroller „Teensy“ an die einzelnen Pixel gesendet werden. Die Auflösung ist von der Anzahl der LEDs und der Fassadengröße abhängig. PAOSS - Pneumatisch aktuierbares Origami Sonnen- Schutzelement Abbildung 10: Selektiv, individuell angesteuerte PAOSS Elemente zur gezielten Blendungsvermeidung, Quelle: ILEK. Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 103 Abbildung 11: Gradiert geöffnete PAOSS Elemente zur Optimierung der Tageslichtführung im Innenraum, Quelle: ILEK. Abbildung 12: Vollflächige Öffnung der PAOSS Elemente zur Reflektion der Solarstrahlung und kompletten Verschattung des Innenraumes, Quelle: ILEK. Die steigende Transparenz im Fassadenbereich verlangt nach neuartigen Sonnen- und Blendschutzkonzepten, die den Energiebedarf zur Innenraumkonditionierung auf ein Minimum reduzieren. Die Möglichkeit eine gegebene Fläche auf eine minimale, kompakte Form zu reduzieren macht textile Faltelemente vor dem Hintergrund einer adaptiven und selektiven Regulierung der Lichttransmissions- und Reflektionseigenschaften der Fassade zur Steigerung von Nutzerbzw. Tageslichtkomfort und architektonischer Gestaltung der Gebäudehülle besonders interessant. Die entwickelten pneumatisch aktuierbaren Origami- Sonnenschutzelemente - abgekürzt „PAOSS“ - verbinden die ästhetischen und materialimmanenten Qualitäten textiler Materialien mit den funktionalen Aspekten einer kontrollierten, adaptiven Lichttransmissionsregelung mittels integrierter, pneumatischer Komponenten. Durch die Implementierung aktiver Komponenten kann eine gezielte, teil- oder vollflächige Regulierung der Licht- und Strahlungstransmission sowie der Rückstrahleigenschaften der Fassade erreicht werden. Am Tag reflektieren die geöffneten Origami-Faltstrukturen die eingestrahlte Sonnenenergie und verhindern eine Überhitzung des Innenraumes. Individuell, einzeln angesteuerte PAOSS-Elemente ermöglichen einen selektiven Blendschutz bei ausreichender Tageslichtversorgung des Innenraums. Im Falle einer sternenklaren Nacht reduzieren die entfalteten Elemente die Wärmeabstrahlung an den kalten Nachthimmel und damit das ungewollte Auskühlen des Gebäudes (Abbildung 10, Abbildung 11Abbildung 12). Abbildung 13: Faltzustände der PAOSS von geschlossener (links) zu vollständig geöffneter Faltgeometrie (rechts), Quelle: ILEK. Basisgeometrie der PAOSS bildet die für astrophysikalische Zwecke der amerikanischen Raumfahrtbehörde (NASA) entwickelte Origami-Faltgeometrie namens „Starshade“, die sich durch eine besonders hohe Differenz zwischen geschlossenem und geöffnetem Zustand auszeichnet. Die „Starshade“-Faltgeometrie wurde zur Erforschung von Exoplaneten im Weltall konzipiert, wo diese eine Blendung der NASA-Beobachtungseinheit durch hell scheinendes Sternenlicht vermeiden sollte. Der Raumtransport erforderte dabei eine maximale Kompaktheit und Leichtigkeit der Struktur im zusammengefalteten Zustand. [15], [16] Die Basisgeometrie wurde für den Einsatz im Fassadenzwischenraum vor dem Hintergrund einer reduzierten Bauteiltiefe, einer minimalen Komplexität sowie einer maximalen Flächendifferenz zwischen geöffnetem und geschlossenem Zustand optimiert (Abbildung 13). Während die Öffnung konventioneller Faltsysteme über externe Zugkräfte erfolgt, welche eine Anordnung zusätzlicher, an der Fassade sichtbarer Seilkonstruktionen erfordern, wurde im Rahmen der PAOSS erstmalig die Integration einer radialen, pneumatischen Aktuierung untersucht. Analog zu der Funktionsweise einer Luftpfeife entfaltet sich das System durch Luftdruck während eine integrierte Spiralfeder die Rückstellwirkung bzw. das Zusammenfalten des Systems bewirkt. Eingesetzt werden mittels Jacquard-Technologie hergestellte, an einem Stück gewebte und luftdicht laminierte Taschengewebe, welche Kavitäten zur pneumatischen Aktuie- Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale 104 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 rung wie auch zur Einführung der Spiralfedern aufweisen. Die Luftversorgung erfolgt über das Zentrum der Faltstrukturen. Die Pneumatikaktoren können additiv an den Faltstrukturen fixiert wie auch als Doppelgewebe in die textile Faltstruktur integriert werden. [17] Die automatisierte Steuerung der PAOSS wird über die Erfassung von Beleuchtungsstärke und Blendung in dem zu beschattenden Raum erfolgen. Steigt oder fällt die Beleuchtungsstärke auf ein definiertes Niveau, gibt die Steuereinheit diese Information weiter, um die Luftzufuhr der einzelnen Antriebe über einstellbare Ventile selektiv zu öffnen oder zu schließen und somit eine ausreichende Tageslichtversorgung und einen Blendschutz durch die individuelle Einstellung einzelner PAOSS zu gewährleisten. Für eine individuelle Anpassung der Behaglichkeitsanforderungen wird eine manuelle Steuerung des Systems durch den Gebäudenutzer angeboten. Abbildung 14: Formgedächtnis-Effekt durch Nähen oder Schweißen der Faltkanten, Quelle: ILEK. Basierend auf spektralen Untersuchungen der Lichttransmissions-, -absorptions-, und -reflektionswerte textiler Werkstoffe im solaren und sichtbaren Wellenlängenbereich im Photospektrometer wurden Polyurethan-beschichtete Polyestergewebe, die bei geringer Materialdicke und geringem Flächengewicht eine ausreichende UVsowie Brandbeständigkeit von B1 aufweisen, als geeignet identifiziert. In Abhängigkeit von den materialimmanenten Eigenschaften, insbesondere der Materialsteifigkeit, wurden geeignete digitale und industrielle Fertigungsverfahren zur gezielten, spezifischen Funktionalisierung sowie zur Generierung des Gelenkeffekts der textilen Faltstrukturen untersucht. Thermische und mechanische Verfahren sind für die Erzeugung der Scharnierwirkung geeignet, da sie den Berg- und Talfalten im Vergleich zu subtraktiven (Perforation der Faltscharniere) oder additiven (3D- Druck der Flanschebenen) Fertigungsverfahren ein zusätzliches orientierendes Formgedächtnis verleihen, wie in Abbildung 14 ersichtlich. [18] Abbildung 15: Befestigungselement der PAOSS an einem Edelstahlseilnetzsystem, Quelle: ILEK. Die Fixierung und Positionierung der einzelnen Elemente in der Fassade kann an einem filigranen, vorgespannten Edelstahlseilnetzsystem erfolgen. Zur Fixierung der Faltelemente an der Unterkonstruktion wurden die in Abbildung 15 dargestellten, 3D-gedruckten Verbindungselemente entwickelt, welche eine Führung der Pneumatikleitungen beinhalten. 5. Fazit und Ausblick Der vorliegende Beitrag eruiert die funktionalen und gestalterischen Potenziale, welche durch die Integration textil- und folienbasierter Zwischenlagen in überdruckstabilisierten ETFE-Fassadensystemen resultieren. In diesem Kontext wird die Entwicklung eines modularen Keder-Profileinsatzes für ein konventionell erhältliches Standard-ETFE-Rahmensystem vorgestellt. Dieses bildet die konstruktive Basis zum Entwurf mehrlagiger ETFE-Fassadensysteme, welche durch passive wie auch aktiv steuerbare, adaptive, Zwischenlagen eine präzise Anpassung an die klimatischen Randbedingungen und Nutzungsanforderungen erlauben. Es wird eine Varianz geeigneter passiver Zwischenlagen zur Steigerung der wärme- und schallschutztechnischen Eigenschaften der Gebäudehülle aufgezeigt; darunter in Folie eingefasste Glasfasergespinste, Aerogel-gefüllte Abstandsgewirke und Acrylglas-PMMA-Kapillarrohrmatten. Weiterer Themenschwerpunkt stellt die Entwicklung adaptiver Zwischenlagen mit dem Ziel der Veränderung des gestalterischen Erscheinungsbildes wie auch der gezielten Regulierung der Licht- und Energie-Transmissionseigenschaften der Fassade dar. Vorgestellt werden textile Konzepte in den Bereichen adaptive Farb- und Lichtgestaltung, materialimmanente Öffnungen sowie selektiver Sonnen- und Blendschutz. Die messtechnische Evaluierung und Quantifizierung der bauphysikalischen Potenziale der vorgestellten Entwicklungen obliegt der weiteren Forschungsarbeit in diesem Themenfeld. Mehrlagige, pneumatisch stabilisierte ETFE-Fassadensysteme: funktionale und gestalterische Potenziale 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 105 6. Danksagung Die in diesem Beitrag vorgestellten Untersuchungen wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 279064222 - SFB 1244 gefördert. Die im Rahmen des Forschungsprojektes „Adaptive Membranfassaden“ gefördert von der Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) sowie des Projektes „FoilTex“ gefördert aus dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) generierten Inhalte haben die Entwicklung mehrlagiger, pneumatisch stabilisierter ETFE-Fassadensysteme wesentlich vorangetrieben. Für die großzügige Unterstützung bedanken sich die Autoren herzlich bei den Fördermittelgebern sowie den folgenden Kooperationspartnern aus Industrie und Wirtschaft: Carl Stahl Süd GmbH, Cobra Bandstahl GmbH, Dr. Zwissler Holding AG, Eschler Textil GmbH, Essedea GmbH & Co. KG, Global Safety Textiles GmbH, Raico Bautechnik GmbH, Versaidag Indutex GmbH Literatur [1] United Nations, „World Population Prospects: The 2018 Revision“, Department of Economic and Social Affairs, Population Division, 2018. [2] United Nations, „World Urbanization Prospects: The 2018 Revision“, Department of Economic and Social Affairs, Population Division, 2018. [3] „Statistisches Bundesamt 2020, Wohnungsbestand im Zeitvergleich“. Dez. 02, 2020. [4] F. Krausmann u. a., „Global socioeconomic material stocks rise 23-fold over the 20th century and require half of annual resource use“, Proceedings of the National Academy of Sciences, Bd. 114, 2017. [5] W. Sobek, „Die elektrische Stadt“, Bauingenieur - VDI-Bautechnik Jahresausgabe, Bd. 7, S. 7-12, 2015. [6] W. Sobek, „Über die Gestaltung der Bauteilinnenräume“, in Festschrift zu Ehren von Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach, S. Scheerer und U. van Stipriaan, Hrsg. Dresden: Institut für Massivbau, 2016, S. 62-76. [7] W. 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Arya u. a., „Starshade mechanical design for the Habitable Exoplanet imaging mission (HabEx)“, 2017, S. 45. doi: 10.1117/ 12.2275086. [16] D. Sigel, B. P. Trease, M. W. Thomson, D. R. Webb, P. Willis, und P. D. Lisman, „Application of Origami in Starshade Spacecraft Blanket Design“, New York, 2014. [17] C. Eisenbarth, W. Haase, und W. Sobek, „Adaptive membrane façades“, 2019. [18] C. Eisenbarth, W. Haase, Y. Klett, L. Blandini, und W. Sobek, „PAOSS : Pneumatically Actuated Origami Sun Shading“, JFDE, Bd. 9, Nr. 1, S. 147- 162, Apr. 2021.