Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau
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expert verlag Tübingen
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2022
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Die weiterentwickelte Zonenmethode: ein baupraktisches Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen
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2022
David Krybus
Marcus Achenbach
Livia Prifti
Der Nachweis der Feuerwiderstandsdauer von Stahlbetonstützen kann gemäß Norm mit drei unterschiedlichen Methoden geführt werden: tabellierte Werte, vereinfachte und allgemeine Verfahren. Die zu den vereinfachten Verfahren zählende Zonenmethode repräsentiert eine gut nachvollziehbare Alternative zu dem komplexen allgemeinen Verfahren. Die ursprünglich auf der Plastizitätstheorie basierende Zonenmethode wurde weiterentwickelt um als nichtlineares Verfahren für Stützenberechnung bei erhöhten Temperaturen eingesetzt zu werden. Die statistische Auswertung der Nachrechnung einer großen Reihe von Experimenten belegt, dass das Verfahren sicher und wirtschaftlich ist. Der Anwendungsbereich der Zonenmethode kann auf Kreisquerschnitte ausgedehnt werden. Zuletzt werden die Ergebnisse der weiterentwickelten Zonenmethode aus dem Programm BEST an ausgewählten Beispielen im Vergleich zu den tabellierten Werten und dem allgemeinen Verfahren diskutiert.
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1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 199 Die weiterentwickelte Zonenmethode: ein baupraktisches Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen David Krybus RIB Engineering GmbH, Stuttgart, Deutschland Marcus Achenbach LGA KdöR, Nürnberg, Deutschland Livia Prifti RIB Engineering GmbH, Stuttgart, Deutschland Zusammenfassung Der Nachweis der Feuerwiderstandsdauer von Stahlbetonstützen kann gemäß Norm mit drei unterschiedlichen Methoden geführt werden: tabellierte Werte, vereinfachte und allgemeine Verfahren. Die zu den vereinfachten Verfahren zählende Zonenmethode repräsentiert eine gut nachvollziehbare Alternative zu dem komplexen allgemeinen Verfahren. Die ursprünglich auf der Plastizitätstheorie basierende Zonenmethode wurde weiterentwickelt um als nichtlineares Verfahren für Stützenberechnung bei erhöhten Temperaturen eingesetzt zu werden. Die statistische Auswertung der Nachrechnung einer großen Reihe von Experimenten belegt, dass das Verfahren sicher und wirtschaftlich ist. Der Anwendungsbereich der Zonenmethode kann auf Kreisquerschnitte ausgedehnt werden. Zuletzt werden die Ergebnisse der weiterentwickelten Zonenmethode aus dem Programm BEST an ausgewählten Beispielen im Vergleich zu den tabellierten Werten und dem allgemeinen Verfahren diskutiert. 1. Brandschutznachweis von Stützen Die Norm Eurocode 2: Teil 1-2: Tragwerksbemessung für den Brandfall [1] lässt 3 Arten von Bemessungsverfahren zu, um die geforderte Feuerwiderstandsdauer nachzuweisen: 1. Die Konstruktion kann gemäß anerkannter Versuchsergebnissen ausgeführt werden, die in Form von tabellierten Daten der Mindestabmessungen erfasst sind. 2. Einzelne Bauteile können mit vereinfachten Rechenverfahren nachgewiesen werden. 3. Das Brandverhalten von Bauteilen bis zu gesamten Tragwerken kann mit allgemeinen Rechenverfahren simuliert werden. Der Unterschied besteht nicht nur in der Komplexität der Verfahren, sondern auch in ihrer Anwendbarkeit. Die tabellierten Daten eignen sich zur schnellen Beurteilung der Bauteile, die vereinfachten Verfahren können zur Handrechnung der Grenztragfähigkeit eines brandbeanspruchten Querschnitts verwendet werden und schließlich gibt es die allgemeinen Verfahren für anspruchsvolle Bemessungsaufgaben, die sich nur mithilfe numerischer Methoden lösen lassen. Zusätzliche Anforderungen sind durch den deutschen Nationalen Anhang definiert [2]. Somit werden für die Bemessung der Stahlbetonstützen einige Tabellen von der Anwendung ausgeschlossen, von den vereinfachten Verfahren verbleibt lediglich die Zonenmethode, die aber nur mit zusätzlichen Annahmen bei Stützen angewendet werden kann. 2. Weiterentwickelte Zonenmethode 2.1 Stand Die Zonenmethode wurde von Hertz [3] als Handrechenverfahren zur Heißbemessung brandbeanspruchter Stahlbetonstützen entwickelt. Nachdem bei brandbeanspruchten Betonquerschnitten sowohl die temperaturabhängigen Materialeigenschaften als auch die thermischen Dehnungen nichtlinear über den Querschnitt verteilt sind, geht Hertz von verschiedenen Annahmen aus, um daraus eine vereinfachte Methode abzuleiten. Hertz nimmt an, dass die thermischen Dehnungen vernachlässigt werden können und jede Querschnittsfaser die nötige Stauchung zur Erreichung der vollen Druckfestigkeit erreicht. Es wird plastisches Materialverhalten des Betons voraus- 200 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Die weiterentwickelte Zonenmethode: ein baupraktisches Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen gesetzt. Unter diesen Annahmen kann die Querschnittstragfähigkeit durch die temperaturabhängige Festigkeit und die Biegesteifigkeit durch den temperaturabhängigen Elastizitätsmodul beschrieben werden. Der genaue Verlauf der Spannungs-Dehnungsbeziehung wird bei der Herleitung der Zonenmethode nicht benötigt. Die Gültigkeit dieser Annahmen wurde von Achenbach [4] untersucht und kann unter Berücksichtigung verschiedener Stoffgesetze bestätigt werden. Hertz betrachtet bei seinen Herleitungen einen Schnitt durch einen rechteckigen Querschnitt, wie in Abbildung 1 dargestellt. Er nimmt an, dass die Isothermen parallel zum Rand verlaufen. In diesem Fall ergibt sich die Druckfestigkeit des Betonquerschnitts für einen Schnitt parallel zu b durch den Mittelpunkt M: (1) mit dem temperaturabhängigen Reduktionsfaktor und dem „mittleren“ Abminderungsfaktor (2) Die „mittlere“ Tragfähigkeit wird durch einen verkleinerten Querschnitt mit den Stoffeigenschaften im Punkt M ausgedrückt: (3) Der Querschnitt wird um das Maß (4) verkleinert, um den „mittleren“ Abfall der Festigkeit zu berücksichtigen. Hertz leitet zur Modellierung der Verringerung der Biegesteifigkeit die empirische Gleichung (5) aus Vergleichsrechnungen ab, deren Gültigkeit durch Achenbach in [4] untersucht wird. Abbildung 1: links: Bezeichnungen des Querschnitts der weiterentwickelten Zonenmethode, rechts: Verteilung der temperaturabhängigen Betondruckspannungen (▬), der mittleren Festigkeit (-) sowie des Spannungsblocks (…) für z = 0 Die Zonenmethode nach Hertz ist als vereinfachtes Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonquerschnitten Teil der Norm DIN EN 1992-1-2 [1]. Allerdings ist die Beschreibung in der Norm unvollständig bzw. missverständlich. Um die Zonenmethode anwenden zu können, wird daher im deutschen Nationalen Anhang [2] auf die Arbeiten von Zilch, Müller und Reitmayer [5] als auch von Cyllok und Achenbach [6] verwiesen, die Ergänzungen zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen mit der Zonenmethode vorschlagen. Zilch, Müller und Reitmayer [5] berücksichtigen die thermischen Dehnungen durch ein Verschieben der Spannungs-Dehnungsbeziehung um das Maß der thermischen Dehnung und weichen damit wesentlich von den Annahmen der Zonenmethode nach Hertz ab. Cyllok und Achenbach [6] berücksichtigen die behinderten thermischen Dehnungen der druckbeanspruchten Bewehrung, indem sie eine pauschale Abminderung der Betonstahlfestigkeit einführen, ohne jedoch eine genaue wissenschaftliche Begründung dafür zu geben. Achenbach [4] setzt auf diesen Vorarbeiten [5, 6] auf und setzt die Entwicklung der Zonenmethode von einem Handrechenverfahren zu einem nichtlinearen Verfahren fort. Dazu werden die Annahmen der Zonenmethode überprüft und eine vereinfachte Methode zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen, die weiterentwickelte Zonenmethode, erarbeitet. Dabei wird von folgenden Annahmen ausgegangen: 1. Die thermischen Dehnungen von Beton und Betonstahl werden vernachlässigt. 2. Die beflammten Ränder werden, wie in Abbildung 1 dargestellt, um das Maß verkleinert. 3. Bei der Modellierung des Betons werden die Arbeitslinien des allgemeinen Verfahrens nach Norm [1] verwendet. Es wird von konstanten Stoffeigenschaften im Restquerschnitt ausgegangen, die auf die Temperatur im Mittelpunkt M bezogen werden. 4. Es wird eine Scheitelstauchung 3,5 ‰ angesetzt. 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 201 Die weiterentwickelte Zonenmethode: ein baupraktisches Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen 5. Die Bewehrung wird mit den Spannungs-Dehnungsbeziehungen des allgemeinen Verfahrens nach Norm [1] modelliert. 6. Die Fläche der druckbeanspruchten Bewehrung wird verkleinert. Der Abminderungsbeiwert beträgt 1,0 bis 100 °C und 0,5 ab 400 °C. Zwischenwerte werden linear interpoliert. Die weiterentwickelte Zonenmethode nach Achenbach wird durch die Nachrechnung von Laborversuchen erfolgreich validiert und das Sicherheitsniveau im Vergleich zum allgemeinen Verfahren durch eine vollprobabilistische Methode bestimmt [4]. Es kann gezeigt werden, dass die weiterentwickelte Zonenmethode bezüglich der Genauigkeit als auch der Sicherheit der erzielten Ergebnisse mit dem allgemeinen Verfahren vergleichbar ist [4, 7]. 2.2 Validierung Die weiterentwickelte Zonenmethode nach Achenbach [4] wurde in das Programm zur Bemessung von Hochbaustützen BEST [8] implementiert. Dabei handelt es sich um ein Stützenprogramm, das auf einer geometrisch und materiell nicht-linearen Analyse mit der Finiten Element Methode basiert. Zur Validierung der in BEST implementierten Zonenmethode werden Versuche an rechteckigen Stahlbetonstützen, welche an der TU Braunschweig [9] und den Universitäten Liège und Gent [10] durchgeführt wurden, nachgerechnet. Die Nachrechnungen der Laborversuche werden mit den gemessenen Parametern fc und fy sowie den temperaturabhängigen Spannungs-Dehnungsbeziehungen nach DIN EN 1992-1-2 [1] durchgeführt. Bei der thermischen Analyse wird von einer Beflammung entsprechend der Einheits-Temperaturzeitkurve und einem Feuchtigkeitsgehalt von 3% ausgegangen. Die thermische Leitfähigkeit wird mit dem unteren Grenzwert modelliert, für die Dichte wird ein Wert von 2400 kg/ m3 angesetzt. Die Randbedingungen zur Wärmeübertragung werden mit dem Emissionswert und dem Wärmeübergangskoeffizient angesetzt. Anschließend werden die Ergebnisse statistisch ausgewertet. Dafür wird das Verhältnis η = t cal / t exp von der berechneten zu der gemessenen Versagenszeiten bestimmt. Nach statistischer Auswertung [11] der Nachrechnungen für n = 56 Laborversuche ergibt sich ein Mittelwert η − = 1,22 bei einer Standardabweichung von s = 0,73. Die Stichprobe wird durch den Ausreißertest nach Grubbs (a = 0,1) untersucht. Nach der Entfernung von sieben Ausreißern aus den Ergebnissen entsteht der Mittelwert η − = 0,98 und die Standardabweichung s = 0,22. Dichte- und Verteilungsfunktion sind in Abbildung 2 dargestellt. Abbildung 2: oben: Dichtefunktion ϕ(η = t cal / t exp ), unten: Verteilungsfunktion φ(η = t cal / t exp ) für die Nachrechnung von Laborversuchen mit der Zonenmethode (ohne Ausreißer) 2.3 Erweiterung für Kreisstützen Die Grundidee der Zonenmethode nach Hertz, die in der Modellierung des brandbeanspruchten Querschnitts mit verkleinerten Abmessungen und konstanten Stoffeigenschaften besteht, ist auch auf andere Querschnittsformen erweiterbar. Die Erweiterung auf Kreisquerschnitte wurde von Krybus, Achenbach und Prifti untersucht [12]. Dabei wird ein Schnitt durch den Mittelpunkt des Querschnitts betrachtet. Bei der Beflammung des ganzen Umfangs kann der Verlauf der Isothermen parallel zum Rand angenommen werden. Die Zusammenhänge bezüglich der Festigkeitsverteilung eines brandbeanspruchtes Kreisquerschnitts zeigt die Abbildung 3. 202 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Die weiterentwickelte Zonenmethode: ein baupraktisches Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen Abbildung 3: links: Bezeichnungen des Kreisquerschnitts der weiterentwickelten Zonenmethode, rechts: Verteilung der temperaturabhängigen Betondruckspannungen (▬), der mittleren Festigkeit (-) sowie des Spannungsblocks (…) für den Schnitt durch den Mittelpunkt Die Tragfähigkeit des vollen Kreisquerschnitt berechnet sich mit (6) Wird der „mittlere“ Reduktionsfaktor eingeführt: (7) ergibt sich die Tragfähigkeit zu (8) Der volle Querschnitt mit einer temperaturabhängig verteilten Festigkeit kann durch den reduzierten Restquerschnitt mit der Festigkeit im Mittelpunkt ersetzt werden, dessen Tragfähigkeit gleichwertig ist: (9) Aus den Gleichungen (8) und (9) kann die Breite der „geschädigten“ Zone für die zentrische Tragfähigkeit abgeleitet werden: (10) Entsprechend der Empfehlung von Hertz [3], kann die Breite der geschädigten Zone zur Modellierung des Abfalls der Biegesteifigkeit durch (11) bestimmt werden [12]. Verglichen mit Rechteckstützen ist die Anzahl der durchgeführten Brandversuche von Kreisstützen sehr gering und kaum für eine statistische Auswertung ausreichend. Die Nachrechnung der vier Experimente von Franssen und Dotreppe [13] zeigt jedoch, dass die weiterentwickelte Zonenmethode für die untersuchten Stützen eine auf der sicheren Seite liegende Branddauer ergibt, da die Ergebnisse, verglichen mit dem allgemeinen Verfahren, konservativer ausfallen [12]. 3. Vergleichsrechnungen In diesem Abschnitt werden bekannte Beispiele aus der Literatur behandelt, die mit unterschiedlichen Methoden der Heißbemessung untersucht werden. Damit sollen die Möglichkeiten für den Brandschutznachweis von Krag- und Pendelstützen dargestellt und gewisse Besonderheiten der Heißbemessung hervorgehoben werden. Für die Berechnung nach dem allgemeinen Verfahren (AV) wird das Programm InfoCAD [14] verwendet, wobei der Nachweis mit der weiterentwickelten Zonenmethode (WZM) mit dem Programm BEST [8] erfolgt. 3.1 Pendelstützen Bei den Pendelstützen ist auch der Einsatz von tabellarischen Verfahren unter Beachtung der Randbedingungen möglich. Beide Stützen sind im Betonkalender 2018 [15] enthalten und werden dort bezüglich der Heißbemessung ausführlich behandelt. Die wesentlichen Parameter der thermischen und mechanischen Analyse sind in der Tabelle 1 zusammengefasst. Tabelle 1: Parameter für die thermische und die mechanische Analyse Betonstahl: Herstellung warmgewalzt Betonzuschlag quarzhaltig Thermische Leitfähigkeit obere Grenzfunktion Betonfeuchte 3% Betonrohdichte 2300 kg/ m 3 Im Beispiel 1, wie in Abbildung 4 gezeigt, handelt es sich um eine Innenstütze im Zwischengeschoss mit quadratischem Querschnitt, die als eine Pendelstütze mit der Länge von 4,2 m modelliert wird. Die Stütze aus Beton der Klasse C30/ 37 wird mit 4 Bewehrungsstäben Ø20 B500B mit Achsabstand a = 40 mm bewehrt. Sie ist allseitig beflammt und soll für die Feuerwiderstandsklasse R60 nachgewiesen werden. Der Bemessungswert der Normalkraft beträgt bei Normaltemperatur N Ed = -724 kN und im Brandfall N Ed, fi = -408 kN. 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 203 Die weiterentwickelte Zonenmethode: ein baupraktisches Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen Abbildung 4: Beispiel 1 - Pendelstütze im Zwischengeschoss Da die Anforderungen für den Nachweis nach Methode A im Abschnitt 5.3.2 von DIN EN 1992-1-2 [1] mit Nationalem Anhang [2] erfüllt sind, können die Mindestabmessungen nach Tabelle 5.2a der Norm geprüft oder die Feuerwiderstandsdauer mithilfe der Gleichung 5.7 direkt berechnet werden. Durch präzise Berechnung des Bauteilwiederstands und der Ausnutzung kann die Stütze in die Klasse R60 eingestuft werden. Gleichung 5.7 liefert die Feuerwiderstandsdauer von 77 Minuten, womit die Einstufung in die geforderte Feuerwiderstandsklasse bestätigt wird. Bei der Berechnung mit numerischen Methoden wird im Brandfall eine rotationsbehinderte Lagerung an Kopf und Fuß angenommen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Dabei zeigt sich, dass die größte Feuerwiderstandsdauer durch die empirische Gleichung 5.7 ermittelt wird. Die weiterentwickelte Zonenmethode unterschätzt als vereinfachtes Verfahren die erforderliche Feuerwiderstandsdauer um 8 min. Tabelle 2: Feuerwiderstandsdauer der Pendelstütze im Zwischengeschoss (Beispiel 1) Lösung Verfahren R fi [min] Referenz [15] Gleichung 5.7 77 Referenz [15] AV 69 InfoCAD AV 67 BEST WZM 52 Als Beispiel 2 wird die Stahlbeton-Rundstütze im Dachgeschoss aus [15] betrachtet. Diese ist in Abbildung 5 dargestellt. Für die Stütze mit Durchmesser von 35 cm, die mit 15 Ø20 mit Achsabstand von 40 mm bewehrt ist, wird die Feuerwiderstandsklasse R120 verlangt. Die Stützenlänge beträgt 3,45 m und als Material werden C45/ 55 und B500 angenommen. Die Bemessungslast P d beträgt in der ständigen Situation 3750 kN, wobei im Brandfall mit 1497 kN gerechnet wird. In Tabelle 3 sind die Ergebnisse der betrachteten Methoden angegeben. Abbildung 5: Beispiel 2 - Pendelstütze im Dachgeschoss. Obwohl der zulässige Bewehrungsgehalt für die Methode A mit A s = 0,049 A c > 0,04 A c überschritten wird [1], kann die Stütze anhand der Tabelle als R120 eingestuft werden. Dies bestätigt die nach Gl. 5.7 ermittelte Feuerwiderstandsdauer von 149 Minuten, die auch mit dem allgemeinen Verfahren ermittelt wird. Mit der weiterentwickelten Zonenmethode wird die erwartete Feuerwiderstandsklasse R120 um eine Minute verfehlt. Tabelle 3: Feuerwiderstandsdauer der Pendelstütze im Dachgeschoss (Beispiel 2) Lösung Verfahren R fi [min] Referenz [15] Gleichung 5.7 149 InfoCAD AV 149 BEST WZM 119 Im Vergleich mit dem allgemeinen Verfahren und der empirischen Gleichung 5.7, ergeben sich mit der weiterentwickelte Zonenmethode konservative Ergebnisse, d. h. die Ergebnisse sind sicher. Interessant ist die Tatsa- 204 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Die weiterentwickelte Zonenmethode: ein baupraktisches Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen che, dass die tabellarischen Daten bzw. Gleichung 5.7 zu den längsten Brandwiderstandsdauern führen. Das Prinzip „einfaches Verfahren = konservatives Ergebnis“ bzw. „aufwendiges numerisches Verfahren = genaueres Ergebnis“ ist für diese konkreten Beispiele verletzt. Methode A basiert als empirische Methode auf der Auswertung von 82 Brandversuchen [16]. Es kann vermutet werden, dass durch die Anpassung der Methode direkt an experimentellen Ergebnissen die „Wirtschaftlichkeit“ der Methode begründet ist. Dies zeigt sich auch durch vergleichende Untersuchungen mit dem allgemeinen Verfahren [16]. 3.2 Kragstützen Das Beispiel 3 ist eine rechteckige Stahlbetonstütze aus Betonkalender 2018 [15]. Die Stütze aus Beton der Klasse C30/ 37 wird mit 4 Ø28 und 4 Ø25 mit Achsabstand a = 45 mm bewehrt. Die Stütze wird am Kopf durch eine exzentrische Längskraft von 218 kN (e 0 = 28,3 cm) sowie Windlasten von 27 kN und -14,6 kN in wechselnden Richtungen (Druck/ Sog) belastet. Die Kragstütze soll für die Feuerwiderstandsklasse R90 bemessen werden. Der Nachweis mit dem Verfahren nach Norm [2], Anhang AA zeigt, dass die Anforderungen für R 90 von der Stütze nicht erfüllt werden. Daher wird eine Umverteilung oder Vergrößerung der Bewehrungsmenge sowie eine Erhöhung der Betonfestigkeit oder Vergrößerung der Querschnittsfläche vorgeschlagen [15]. Bei der Berechnung mit numerischen Methoden wird auch eine niedrigere Feuerwiderstandsdauer nachgewiesen: die Stütze kann nicht in die Feuerwiderstandsklasse R90 eingeordnet werden. Die Ergebnisse der ermittelten Feuerwiderstandsdauern sind in Tabelle 4 dargestellt. In diesem Beispiel ist die mit der weiterentwickelten Zonenmethode bestimmte Feuerwiderstandsdauer größer als die des allgemeinen Verfahrens, führt aber nicht zu einer Klassifizierung in die geforderte Feuerwiderstandsklasse R90, d. h., die Ergebnisse sind sicher. Abbildung 6: Beispiel 3 - Kragstütze aus [15] Tabelle 4: Feuerwiderstandsdauer der Kragstütze (Beispiel 3) Lösung Verfahren R fi [min] InfoCAD AV 70 BEST WZM 80 Die zweite Kragstütze (Beispiel 4) wurde dem DIN EN 1991-1-2/ NA [17] entnommen und ist dort als Validierungsbeispiel von Rechenprogrammen für Brandschutznachweise mittels allgemeiner Rechenverfahren aufgeführt. Abweichend von den Parametern, die in Tabelle 1 dargestellt sind, wird die Betonrohdichte im Validierungsbeispiel mit 2400 kg/ m 3 angenommen. Die Stütze besteht aus Beton der Klasse C20/ 25 ist mit 6 Ø20 bewehrt. Im Brandfall wird die Stütze durch eine Längskraft von N Gk = 79 kN mit einer Lastausmitte e 0 = 3,5 cm und eine Streckenlast aus Wind w = 1,74 kN/ m belastet. Abbildung 7: Beispiel 4 - Kragstütze - DIN EN 1991-1- 2/ NA Anhang CC Beispiel 10 Die in der Norm angegebene Feuerwiderstandsdauer für die Stütze nach Abbildung 7 sowie die Ergebnisse der untersuchten numerischen Methoden sind in Tabelle 5 zusammengefasst. Tabelle 5: Feuerwiderstandsdauer der Kragstütze DIN EN 1991-1-2/ NA Anhang CC Beispiel 10 (Beispiel 4) Lösung Verfahren R fi [min] Referenz [16] AV 93 InfoCAD AV 97 BEST WZM 87 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 205 Die weiterentwickelte Zonenmethode: ein baupraktisches Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen Eine Anwendung des tabellarischen Verfahrens oder der empirischen Gleichung nach DIN EN 1992-1-2 [1] ist bei Kragstützen nicht möglich, da beide Methoden auf der Auswertung von Brandversuchen an unverschieblichen Stützen beruhen. Bei beiden untersuchten Kragstützen kann gezeigt werden, dass mit der weiterentwickelten Zonenmethode sichere Ergebnisse bestimmt werden. Aussagen zur Wirtschaftlichkeit können aufgrund der begrenzten Anzahl an Beispielen nicht daraus abgeleitet werden. Die statistischen Kennzahlen nach Abschnitt 2.2, die mit dem BEST und der Implementierung der weiterentwickelten Zonenmethode berechnet wurden, zeigen, dass die experimentell bestimmte Feuerwiderstandsdauer nur geringfügig unterschätzt wird, so dass keine unwirtschaftlichen Ergebnisse erwartet werden. Dies ist ggf. noch durch weitere vergleichende Untersuchungen, z. B. im Rahmen von Ringrechnungen, zu belegen. 4. Zusammenfassung und Ausblick Die weiterentwickelte Zonenmethode ist als ein vereinfachtes Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen bezüglich der Komplexität und der Anwendbarkeit zwischen den tabellarischen Daten und dem allgemeinen Verfahren positioniert. Die ursprünglich als plastisches Verfahren entwickelte Zonenmethode eignet sich nach den vorgenommenen Anpassungen zur nichtlinearen Berechnung und Bemessung von Stützen bei erhöhten Temperaturen. Die in diesem Beitrag vorgestellte Variante der Zonenmethode wurde im Programm BEST [8] implementiert und erfolgreich durch Nachrechnung von Stützenversuchen validiert. Obwohl die Methode für Wandquerschnitte aufgestellt wurde [3], lässt sich die Querschnittsreduktion mittels „geschädigter Zone“ ebenso für Kreisquerschnitte ableiten. Die Nachrechnung von ausgewählten Brandversuchen bestätigt die Anwendbarkeit der weiterentwickelten Zonenmethode für brandbeanspruchte Kreisstützen. An vier typischen Aufgaben der Heißbemessung von Stahlbetonstützen werden die Ergebnisse der weiterentwickelten Zonenmethode, des allgemeinen Verfahrens und für die Pendelstützen auch der tabellarischen Methode A präsentiert. Die weiterentwickelte Zonenmethode liefert im Vergleich mit dem allgemeinen Verfahren im Mittel konservative Ergebnisse und überschreitet bei den untersuchten Beispielen nicht die Ergebnisse der tabellierten Werte bzw. der empirischen Gleichung 5.7. Die berechneten Feuerwiderstandsdauern „pendeln“ um die Ergebnisse des allgemeinen Verfahrens, d. h. es werden sowohl kürzere, als auch längere Feuerwiderstandsdauern ermittelt. Die Zonenmethode wurde als Handrechenverfahren konzipiert, so dass die Berechnung mit bekannten Methoden der Baustatik nachvollzogen werden kann. Darüber hinaus stellt die weiterentwickelte Zonenmethode ein validiertes, theoretisch begründetes Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonbauteilen dar, das zur Prüfung der Ergebnisse des allgemeinen Verfahrens dienen kann. Somit ist das Ziel, eine alternative Methode zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen anbieten zu können, erreicht. Literatur [1] DIN EN 1992-1-2: Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-2: Allgemeine Regeln - Tragwerksbemessung für den Brandfall, 2010 [2] DIN EN 1992-1-2/ NA: Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-2: Allgemeine Regeln - Tragwerksbemessung für den Brandfall, 2010 [3] Hertz, K.: Design of Fire Exposed Concrete Structures (Report Nr. 160). Lyngby: Technical University of Denmark, Institute of Building Design, 1981 [4] Achenbach, M.: Weiterentwicklung der Zonenmethode für den Nachweis der Feuerwiderstandsdauer von rechteckigen Stahlbetondruckgliedern, Bauhaus-Universität Weimar, Diss., 2018 [5] Zilch, K.; Müller, A.; Reitmayer, C.: Erweiterte Zonenmethode zur brandschutztechnischen Bemessung von Stahlbetonstützen. In: Bauingenieur Bd. 85 (2010), S. 282-287 [6] Cyllok, M.; Achenbach, M.: Anwendung der Zonenmethode für brandbeanspruchte Stahlbetonstützen. In: Beton- und Stahlbetonbau Bd. 104 (2009), S. 813-822 [7] Achenbach, M.; Gernay, T.; Morgenthal, G.: Quantification of model uncertainties for reinforced concrete columns subjected to fire. In: Fire Safety Journal Bd. 108 (2019) [8] BEST 21.0, Hochbaustütze, RIB Software SE, Stuttgart, 2021 [9] Haß, R.: Zur praxisgerechten brandschutztechnischen Beurteilung von Stützen aus Stahl und Beton, Technische Universität Braunschweig, Diss., 1986 [10] Dotreppe, J.-C.; Franssen, J.-M.; Bruls, A.; Baus, R.; Vandevelde, P.; Minne, R.; Van Nieuwenburg, D.; Lambotte, H.: Experimental research on the determination of the main parameters affecting the behaviour of reinforced concrete columns under fire conditions. In: Magazine of concrete research 49 (1996), S. 117-127 [11] Rinne, H.: Taschenbuch der Statistik. 4. Auflage. Frankfurt: Harri Deutsch, 2008 [12] Krybus, D.; Achenbach, M.; Prifti, L.: Extension of the zone method for the design of circular concrete columns subjected to a standard fire. In: Proceedings of the International Conference in Ljubljana, 10-11 June 2021 in edition of Applications of Structural Fire Engineering (2021), S. 180-185 206 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Die weiterentwickelte Zonenmethode: ein baupraktisches Verfahren zur Heißbemessung von Stahlbetonstützen [13] Franssen, J.-M.; Dotreppe, J.-C.: Fire tests and calculation methods for circular concrete columns. In: Fire Technology 39 (2003), S. 89-97 [14] InfoCAD 20a, Tragwerksanalyse für den Brandfall, InfoGraph GmbH, Aachen, 2020 [15] Zehfuß, J.; Kampmeier, B.: Konstruktiver baulicher Brandschutz im Betonbau. In: Betonkalender 2018, Teil 2. Berlin: Ernst & Sohn, 2018 [16] Hosser, R.; Richter, E.: Überführung von EN 1992- 1-2 in EN-Norm und Bestimmung der national festzulegenden Parameter (NDP) im Nationalen Anhang zu EN 1992-1-2. Schlussbericht. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz. Braunschweig, 2006. [17] DIN EN 1991-1-2/ NA: Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen - Brandeinwirkungen auf Tragwerke. 2015
