Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau
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expert verlag Tübingen
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Einfach Holzbau
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Jan Mittelstädt
Boris Peter
Der Pilotmarkt REWE 20xx ist ein Supermarktkonzept der Zukunft – eine Architektur, die unsere menschliche Verbindung zu lokal erzeugten Lebensmitteln wiederherstellt und zugleich die Dimensionen nachhaltigen Bauens sichtbar macht. Ein Holztragwerk überspannt die Verkaufsräume, in denen lokal angebaute und zubereitete Produkte durch eine neuartige Architektur offen zur Schau gestellt werden. Die Herstellungsprozesse von Lebensmitteln werden für den Nutzer sichtbar gemacht und zelebriert. Eine Aquaponikfarm wird in die Marktfunktionen integriert. Die Fischanzucht befindet sich auf einem Mezzanin-Geschoss, der Anbau von Basilikum erfolgt in einem Gewächshaus auf der Dachfläche des Marktes. Der Markt gilt als Prototyp, mit dessen flexiblem und modularen Bauprinzip die Grundlage für die Übertragung auf weitere Standortorttypologien geschaffen wurde. Ein räumliches Holztragwerk aus gestapelten Brettschichtholzbalken dient dem Abtrag der Lasten und wird zugleich prägendes Element der Raumgestaltung und Marktidentität.
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1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 267 Einfach Holzbau REWE20xx - ein Supermarkt für die Zukunft Dr. Jan Mittelstädt knippershelbig GmbH, Berlin, Deutschland Boris Peter knippershelbig GmbH, Stuttgart, Deutschland Zusammenfassung Der Pilotmarkt REWE 20xx ist ein Supermarktkonzept der Zukunft - eine Architektur, die unsere menschliche Verbindung zu lokal erzeugten Lebensmitteln wiederherstellt und zugleich die Dimensionen nachhaltigen Bauens sichtbar macht. Ein Holztragwerk überspannt die Verkaufsräume, in denen lokal angebaute und zubereitete Produkte durch eine neuartige Architektur offen zur Schau gestellt werden. Die Herstellungsprozesse von Lebensmitteln werden für den Nutzer sichtbar gemacht und zelebriert. Eine Aquaponikfarm wird in die Marktfunktionen integriert. Die Fischanzucht befindet sich auf einem Mezzanin-Geschoss, der Anbau von Basilikum erfolgt in einem Gewächshaus auf der Dachfläche des Marktes. Der Markt gilt als Prototyp, mit dessen flexiblem und modularen Bauprinzip die Grundlage für die Übertragung auf weitere Standortorttypologien geschaffen wurde. Ein räumliches Holztragwerk aus gestapelten Brettschichtholzbalken dient dem Abtrag der Lasten und wird zugleich prägendes Element der Raumgestaltung und Marktidentität. 1. REWE20xx Der Wiesbadener Supermarkt REWE20xx ist ein Prototyp für ein neues, anpassungsfähiges und nachhaltiges Marktkonzept (Bild 1), das sich an jede Standorttypologie anpassen lässt - konzeptionell und konstruktiv. Eine sichtbar einfache, zugleich ikonografisch anmutende Holzkonstruktion bildet das Hauptelement der neuen architektonischen Identität der zukünftigen Rewe Märkte. In Abkehr von den bisherigen, stützenfrei gestalteten Supermarkthallen lagert das Dach auf einer Reihe von Stützen und schafft so ein neues Einkaufserlebnis, es gliedert den Großraum in einen menschlichen Maßstab. Die Struktur des Marktes ist so konzipiert, dass sie modular hergestellt, einfach zu bauen und damit flexibel auf Marktgrößen, -standorte und -konfigurationen reagieren kann. Sie besteht aus standardisierten Brettschichtholzbalken, die mittels selbstbohrenden Gewindeschrauben gefügt wurden. Die geometrisch einfachen und handelsüblichen Brettschichtholzelemente können bei Abriss des Bauwerks wieder auseinandergeschraubt und als Dachbalken, Türsturz oder Stütze wiederverwendet werden. Das Bauwerk des Marktes wird bildlich zu einem Materialspeicher umfunktioniert, mit dem Ziel der Wiederverwendung der Bauteile am Ende ihres Lebenszyklus. Dies erscheint vor dem Hintergrund zunehmender Materialknappheit in Zukunft von größerer Bedeutung. Während das Holzdach das verbindende Element des Marktes ist, sind die Räume unter dem Dach so gestaltet, dass sie das Gebäude in seiner Umgebung verwurzeln. Jeder Markt kann so auf seine Umgebung auch in der Wahl der Materialien reagieren. In Wiesbaden Erbenheim wird die Markthalle von zwei Gebäuderiegeln flankiert, die mit einem gemusterten Zementputz verkleidet sind und so einen Teil des Erbes der Dyckerhoff & Widmann Zementwerke bewahren, die 100 Jahre lang an dieser Stelle standen. 268 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Einfach HolzbauREWE20xx - ein Supermarkt für die Zukunft Bild 1: Marktorganigramm (©acme) Bild 2: Marktansichten (©Jürgen Arlt) Alternative Wandbekleidungen können die örtliche Identität aufnehmen und sind Teil des Bausystems. Durch die Gruppierung von Fischzucht, Servicebereichen, der Bäckerei und des Flaschenrecyclings in zwei kompakten Gebäuderiegeln, den sogenannten Serviceboxen, kann sich der Rest des Marktes nach außen öffnen. Große Glasfassaden auf der Vorder- und Rückseite verbinden den Raum mit der Landschaft, ermöglichen Durchblicke und lassen natürliches Licht ins Innere fallen. Ein offenes Einkaufserlebnis wird kreiert. Die Holzstruktur reicht über die Fassade hinaus und schafft einen geschützten Außenbereich. Hier werden lokale Produkte an Marktständen angeboten. Ein zentrales Atrium, das in die Dachstruktur des Holzdaches eingeschnitten ist, lenkt 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 269 Einfach HolzbauREWE20xx - ein Supermarkt für die Zukunft die Blicke aus dem Markt nach oben und ermöglicht eine direkte Sichtverbindung zu den Gewächshäusern (Bild 2). Ein Bezug zur lokalen Frische der Produkte entsteht. Über eine Spindeltreppe im Café wird der Öffentlichkeit Zugang zum Gewächshaus ermöglicht. Von hier aus kann der Besucher einen Einblick in die Arbeitsprozesse der aquaponischen Farm gewinnen und dem frischen Basilikum beim Wachsen zuschauen. Nachfolgend formulierte Grundsätze fassen das Zukunftskonzept des Marktes zusammen: RETHINK. Die etablierten Konzepte für den Bau und den Betrieb der Rewe-Märkte wurde grundlegend hinterfragt und erneuert, ein neuer Standard für den Bau nachhaltiger Supermärkte wurde geschaffen REFUSE. Kunden konnte Spielraum für nachhaltigere Kaufentscheidungen gegeben werden. REDUCE & RECYCLE CO 2 Reduktion und Energieeffizienz. Durch den Einsatz von ökologischen und recyclebaren Baumaterialien wie zum Beispiel Holz konnte eine CO 2 -Speicherung von etwa 700 Tonnen erzielt werden. REUSE & REPAIR. Die Wieder- und Weiterverwendung von natürlichen Ressourcen ermöglicht eine längere Lebens- und Nutzungsdauer der Märkte. Der Markt wird zum Materiallager. 2. Integrale Planung Die Planung des Marktes erfolgte für die Fachplanungen Architektur, TGA und Tragwerksplanung mittels digitalen Gebäudemodellen (BIM). Durch die frühzeitige dreidimensionale Planung konnten die Schnittstellen zwischen der Konstruktion, Architektur und den technischen Komponenten, wie den Installationsführungen der TGA frühzeitig im Planungsprozess integral Bild 3: Variantenstudien der Raster (oben) und Geometrie (unten) für die Stützenköpfe (©acme) bewertet werden. Bereits im Entwurfsprozess konnten ganzheitlich optimierende statische und wirtschaftliche Variantenuntersuchungen durchgeführt werden. Die Rastermaße der Stützenpositionen, die Anordnung im Gebäudegrundriss, bezogen auf die Holzkonstruktion die Abstände und Materialien der Balkenlagen, die Art der Knotenverbindungen und deren Steifigkeit wurden dabei parametrisch in die Gebäude und Berechnungsmodelle integriert und die Ergebnisse vergleichend bewertet (Bild 3). Die Koppelung der geometrischen Datensätze mit Bauteilinformationen und -katalogen in den digitalen Gebäudemodellen erlaubte dabei eine durchgehende Planungsgrundlage vom Entwurf bis zur Ausführungsplanung und der späteren Fertigung. Die Berechnung der Stützenköpfe erfolgte anhand von 3D-FE-Modellen. Die Balken wurden hierzu jeweils an den Kreuzungspunkten, der Anbindung an die Dachscheibe und an die Stütze über Federelemente Verbunden. Die Konstruktion der Stützenköpfe ist im ganzen Gebäude einheitlich, jedoch ergeben sich infolge der geometrischen Randbedingungen (Rand, Mitte, Ecke, Atrium) sowie der unterschiedlichen Lastniveaus aus den Nutzungsbereichen auf dem Dach und den z.T. variierenden Spannweiten, eine Vielzahl an numerischen Modellen, deren auszuwertende Datenmenge nur mittels eines parametrischen Planungsprozesses zu bewältigen war. 3. Konstruktion Die Konstruktion des Marktes besteht aus einem hybriden Baukastensystem in Holz- und Stahlbetonbauweise (Bild 4). Für das Dachtragwerk wurde von dem Ingenieurbüro knippershelbig eine Holzkonstruktion entworfen, welche die zentrale Idee der gewölbeartigen Dachstruktur durch eine Stapelung von einfachen, handelsüblichen Holzquerschnitten umsetzt. Angelehnt an die traditionellen Dougong-Strukturen chinesischer Architektur oder den Werken des Japanischen Architekten Kengo Kuma wird die Konstruktion und Bauweise dabei sowohl gestalterischer Ausdruck als auch Symbol für nachhaltiges Bauen mit Holz im 21. Jahrhundert. Mithilfe eines parametrischen Planungsprozesses erfolgten Variantenstudien zu den gestalterischen Möglichkeiten des einfachen Konstruktionsprinzips der Stapelung von Hölzern. Sowohl die gestalterischen als auch die wirtschaftlich maßgebenden Einflussparameter, wie das Holzvolumen und der Anzahl an Kreuzungspunkten, konnten hiermit ganzheitlich im Entwurfsprozess bewertet werden. Das materialgerechte Konstruktionsprinzip (Bild 5) ist einfach nachvollziehbar: blockverleimte Holzstützen (48/ 48cm) aus Brettschichtholz (Innen Fichte, Lärche im Außenraum) stehen in einem regelmäßigen Raster von 8m und tragen eine Deckenkonstruktion aus gestapelten Holzbalken und einer massiven Holzplatte. Über die Stapelung von 12 Kreuzlagen aus Brettschichtholzträgern (12/ 20cm), untereinander an den 270 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Einfach HolzbauREWE20xx - ein Supermarkt für die Zukunft Bild 4: Tragwerksexplosion und Montageablauf (©knippershelbig) Kreuzungspunkten rotationssteif-, sowie seitlich an den Holzstützen verschraubt, entsteht das Primärtragwerk des Stützenkopfes. Eine weitere 13. Lage verbindet die Stützenköpfe des Dachtragwerkes miteinander; die beiden obersten, sich orthogonal kreuzenden Brettschichtholzlagen (14. und 15. Lage) bilden zusammen mit der massiven Brettsperrholzplatte (10cm) die Konstruktion des Holzdaches. Die gewölbeartige Geometrie der Stützenköpfe ist wesentlicher Teil des architektonischen Leitgedankens der Markthalle und vereint die Aspekte der Gestaltung, der Funktion und der Tragstruktur als zentralen Konstruktionsansatz. Die Stützenkopfgeometrie verkürzt die Spannweite der Dachkonstruktion. Hierdurch lassen sich die Verformungen der Dachkonstruktion reduzieren und dessen Schwingungsverhalten (>4,5Hz) wirksam auf die vorgesehene Nutzung der Dachfarm abstimmen. Die Dachlasten variieren im Dachgrundriss infolge der Nutzungsbereiche der Dachfarm zwischen 3kN/ m² und 15kN/ m². Hohe Lagerlasten konnten im Randbereich der Serviceboxen verortet werden, dort wo die Spannweiten der Holzkonstruktion geringer gewählt wurden. Die Konstruktion aller Stützenköpfe im Markt folgt einem einheitlichen Prinzip, bei dem das Zusammenspiel aus Beanspruchung, Geometrie, Konstruktion und einfacher Bauweise berücksichtigt wurde. Die Lastweiterleitung aus dem Dach erfolgt über die Kontaktpressung in den Kreuzlagen. Die rotationssteife Verbindung sorgt zudem für eine steifigkeitsbedingte Umverteilung der Beanspruchungen innerhalb des Stützenkopfes. Bild 5: Detailkonstruktion der Stützenköpfe (©knippershelbig) Über die Steifigkeitsverhältnisse der entwickelten Geometrie der Stützenköpfe (Form, Balkenabstand) sowie den Knotenverbindungen (Steifigkeit) konnte eine gleichmäßige Verteilung der Schubkräfte über die Verbindungshöhe zwischen den Balken und Stützen sichergestellt werden. Die Balken werden maßgebend auf Biegung, Torsion sowie Druck- und Zug beansprucht. Ein Interaktionsnachweis wurde jeweils für jeden Balken und jeden Knotenpunkt geführt. Für den Brandfall wurde eine feuerhemmende Bauweise (F30) vorgesehen. Die Querschnittsnachweise erfolgten unter Berücksichtigung einer entsprechende Abbrandrate. Die horizontale Aussteifung des Marktes zur Aufnahme der Windlasten wird durch die konstruktive Anbindung der Dachkonstruktion an die Wandscheiben der zweigeschossigen Serviceboxen realisiert. Die Lastweiterleitung erfolgt über die Scheibenwirkung der Brettsperrholdecke. 4. Ausführung Die Holzkonstruktion wurde in teilweise vorgefertigten Elementen geplant und realisiert. Werksseitig erfolgte eine Teilvorfertigung der Stützenköpfe, die vor Ort final zusammengefügt wurden. Die Vorfertigung der Stützen wurde transportbedingt zunächst bis zur achten Balkenlage (Bild 5) beschränkt. Die weiteren Kreuzlagen wurden dann vor Ort bis zur 12. Balkenlage verschraubt, die Stütze in Position gehoben und die restlichen Balkenla- 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 271 Einfach HolzbauREWE20xx - ein Supermarkt für die Zukunft gen und Deckenplatten ergänzt (Bild 6). Die Verbindung der sich kreuzenden Holzstapel aus Brettschichtholzträgern wurde dabei durch zwei über die Höhe jeweils versetzte, selbstbohrende Gewindeschrauben umgesetzt. Bild 6: Vorfertigung, Montage, Stützeneinhub, Verschraubung der Balkenlagen (von oben nach unten) (©Holzbau Amann) Bild 7: Montagezustand (©Holzbau Amann) Die horizontale Verbindung der Kreuzlagen mit der Stütze erfolgt über Stabdübel. Nach der Montage der einzelnen Stützen und der weiteren Lagenanordnung zur Verbindung wurde die Brettsperrholzdecke mit der 15. Lage verschraubt und über Stahllaschen mit dem Rohbau verbunden (Bild 7). Der Übergang der Dachkonstruktion zwischen dem Innen- und Außenbereich erfolgt fließend, mit einer räumlichen Trennung durch die raumhohen Fassaden. Der Fassadenanschluss und die bauphysikalisch zu berücksichtigende atmosphärische Trennung erfolgte durch einen ‚Kammträger‘ (Bild 8). Aus statischer Sicht ist die Durchlaufwirkung der Trägerlagen über die Schnittstelle zur Fassade hinaus erforderlich. Der Raumabschluss lässt sich demnach nur durch das Schließen der Zwischenräume in den Kreuzlagen herstellen. Einen Formschluss der Kammelemente mit den durchlaufenden Trägerlagen konnte durch die millimetergenaue CNC-Fertigung der Firma Holzbau Amann hergestellt werden. Zudem wurden beidseitig an den Stirnseiten der Verbindungen sogenannte Verpressgassen in den Abbund integriert, welche nach der Montage Bild 8: Anschluss der Fassade an den Fassadenträger (©knippershelbig) 272 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Einfach HolzbauREWE20xx - ein Supermarkt für die Zukunft Bild 9: Fertigung/ Montage des Fassadenbalkens und Rückansicht des Marktes (von oben nach unten) (©Holzbau Amann) der Trägerlagen mit einem dauerelastischen Fugenmaterial verschlossen wurden. Hiermit konnte die Luftdichtigkeit des Fassadenüberganges zur Dachkonstruktion, bei statisch wirksamer Durchlaufwirkung der Konstruktion, sichergestellt werden (Bild 9). 5. Nachhaltigkeit Die Materialwahl Holz spielt eine entscheidende Rolle im Konzept des Marktes. Mehr (Holz) bedeutet Weniger (CO 2 )! Ein Kubikmeter verbautes Holz entlastet die Atmosphäre um ca. eine Tonne CO 2 . Die CO 2 -Speicherfunktion (Sequestrierung) von Holz hält auch noch an, wenn dieses verarbeitet bzw. verbaut wird. Der Werkstoff Holz hat damit grundsätzlich eine Bild 10: LCA-Analyse (Datengundlage: Öko-baudat) (©knippershelbig) negative CO 2 -Bilanz, wirkt somit der Erderwärmung entgegen und kann im Bauwesen einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten! Berücksichtigt man die Sequestrierungsfähigkeit von Holz beim Entwerfen von nachhaltigen Tragwerken, so führt dies zu völlig neuen Entwurfsansätzen. Die Verwendung gerader und handelsüblicher Brettschichtholzträger in Kombination mit selbstbohrenden Gewindeschrauben ermöglicht die vollständige Wiederverwendung der Materialien zum Zeitpunkt des Rückbaus des Gebäudes („end of life“-Phase). Bild 10 zeigt die Ergebnisse einer Lebenszyklusanalyse (LCA) für die wesentlichen Tragwerkselemente. Bedingt durch die Baugrundverhältnisse wurde eine Tiefgründung auf Bohrpfählen (Teilverdrängungspfähle) mit einer elastisch gebetteten Bodenplatte ausgeführt. Zusammen mit den Serviceboxen ergibt sich damit ein Massenverhältnis des verbauten Stahlbetons von ca. 64% an der Gesamtkonstruktion. Betrachtet man die Phasen A bis D des Lebenszyklus der verbauten Materialien, so zeigt sich ein hoher Anteil der energetisch und chemisch bedingten CO 2 Emissionen des Stahlbetons an der Gesamtbilanz, insbesondere bezogen auf die Herstellungsphase A1-A5 (Rohstoff, Herstellung, Transport). Der im Holz gespeicherte, biogene CO 2 Anteil wirkt sich bei der Ökobilanzierung jedoch positiv aus, so ergibt sich für die Phasen A1-A5 eine CO 2 neutral Bilanz pro m² Gebäudenutzfläche. Unter Beachtung der möglichen stofflichen Wiederverwendung der Holzbauteile resultiert für die 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 273 Einfach HolzbauREWE20xx - ein Supermarkt für die Zukunft Phasen A bis D eine positive CO 2 Bilanz. Mit über 1000 Kubikmetern verbautem bzw. gespeichertem Holzwerkstoff wird damit die Grundlage des innovativen Markt- und Konstruktionsprinzips REWE 20xx für den Supermarkt der Zukunft gelegt. 6. Fazit Das Projekt geht auf einen gemeinsamen Wettbewerbsgewinn der Architekten acme und den Ingenieuren von knippershelbig zurück. Das architektonische Entwurfskonzept geht einher mit der konstruktiven Idee des erlebbaren Holzbaus. Die Einfachheit der Konstruktion zeichnet sich durch einfache Fügetechniken und ein sich wiederholendes geometrisches Bauprinzip aus. Das entwickelte Bauprinzip dient als Baukastensystem für weiteren Anwendungen und kann flexibel auf geometrische Änderungen reagieren. Trotz oder besser wegen der vermeintlichen Einfachheit der Konstruktion inspiriert es den Betrachter dazu, sich auf eine Beschäftigung mit dem Tragprinzip, der praktischen Umsetzung und den Nachhaltigkeitsaspekten des Holzbaus einzulassen. So gelangen Material, Konstruktion und Nachhaltigkeit, die Kernthemen des Ingenieurs, wieder verstärkt in die (alltägliche) öffentliche Wahrnehmung.