Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau
fki
expert verlag Tübingen
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2022
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Vorbohren für Vollgewindeschrauben mittels Laserstrahlung
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2022
Denis Grizmann
Andrija Pranjic
Martin Trautz
Die genaue Positionierung von selbstbohrenden Vollgewindeschrauben erweist sich oft als schwierig, da die Schrauben beim Einbringen dazu neigen durch die Unstetigkeiten des Holzes abgelenkt zu werden und zu verlaufen. Zur Herstellung von geradlinigen Führungslöchern wird der Einsatz von Laserstrahlung untersucht. Es werden zunächst die Ursachen für das Verlaufen von Schrauben während des Einbauprozesses aufgezeigt. Neben lokalen Unstetigkeiten wie Asteinschlüssen hat der Faserwinkel und die Steifigkeit der Schraube einen Einfluss auf das Verlaufen der Schrauben beim Eindrehen. Weiterhin beinhaltet die Arbeit eine Beschreibung des Bohrprozesses unter Verwendung verschiedener Laserstrahlquellen, wobei die resultierenden Bohrlochgeometrien eines gepulsten Faserlasers sowie eines ultrakurz gepulsten Lasers zufriedenstellende Ergebnisse zeigen. Die Bewertung des Tragverhaltens von Vollgewindeschrauben in pyrolytisch vorgebohrten Führungslöchern zeigt, dass das Verfahren ohne Einbüßen der Tragfähigkeit eine exakte Positionierung ermöglicht und somit das Potenzial besitzt die Anwendung von Vollgewindeschrauben im Ingenieurholzbau zu erweitern.
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1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 275 Vorbohren für Vollgewindeschrauben mittels Laserstrahlung Denis Grizmann, M. Sc. Lehrstuhl für Tragkonstruktionen, RWTH Aachen Andrija Pranjic, M. Eng. Lehrstuhl für Tragkonstruktionen, RWTH Aachen Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Trautz Lehrstuhl für Tragkonstruktionen, RWTH Aachen Zusammenfassung Die genaue Positionierung von selbstbohrenden Vollgewindeschrauben erweist sich oft als schwierig, da die Schrauben beim Einbringen dazu neigen durch die Unstetigkeiten des Holzes abgelenkt zu werden und zu verlaufen. Zur Herstellung von geradlinigen Führungslöchern wird der Einsatz von Laserstrahlung untersucht. Es werden zunächst die Ursachen für das Verlaufen von Schrauben während des Einbauprozesses aufgezeigt. Neben lokalen Unstetigkeiten wie Asteinschlüssen hat der Faserwinkel und die Steifigkeit der Schraube einen Einfluss auf das Verlaufen der Schrauben beim Eindrehen. Weiterhin beinhaltet die Arbeit eine Beschreibung des Bohrprozesses unter Verwendung verschiedener Laserstrahlquellen, wobei die resultierenden Bohrlochgeometrien eines gepulsten Faserlasers sowie eines ultrakurz gepulsten Lasers zufriedenstellende Ergebnisse zeigen. Die Bewertung des Tragverhaltens von Vollgewindeschrauben in pyrolytisch vorgebohrten Führungslöchern zeigt, dass das Verfahren ohne Einbüßen der Tragfähigkeit eine exakte Positionierung ermöglicht und somit das Potenzial besitzt die Anwendung von Vollgewindeschrauben im Ingenieurholzbau zu erweitern. 1. Einleitung Selbstbohrende Vollgewindeschrauben sind weit verbreitete Verbindungselemente des modernen Ingenieurholzbaus. Diese werden zum Fügen und Verstärken von Bauteilen verwendet. Weiterhin werden neue innovative Anwendungsszenarien entwickelt wie z.B. das systematische Bewehren von Bauteilen oder die Ausbildung biegesteifer Eckverbindungen [1][2][3]. Bei diesen Anwendungen stellt die exakte Positionierung eine große Herausforderung dar, da die Schrauben beim Eindrehen durch die strukturelle Beschaffenheit der Holzmatrix und insbesondere durch Unstetigkeiten wie Asteinschlüsse abgelenkt werden und verlaufen. Das konventionelle, mechanische Vorbohren eignet sich nicht zur Gewährleistung einer genauen Positionierung, da auch die Bohrer selbst aus den gleichen Gründen ähnlich verlaufen. Das pyrolytische Vorbohren mittels Laserstrahlung hingegen stellt eine vielversprechende innovative Methode zur Herstellung langer Führungs-löcher in Holz dar. Dieses wurde in Pilotversuchen gezeigt [4], und wird aktuell in einem laufenden Projekt in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Lasertechnik (LLT) und dem Institut für Bauforschung (ibac) entwickelt. Die Arbeit zeigt den aktuellen Stand dieser Entwicklung und beinhaltet neben der Beschreibung des Bohrprozesses die Untersuchung des Verbundverhaltens von vorgebohrten Vollgewindeschrauben im Vergleich zu nicht vorgebohrten und mechanisch vorgebohrten Verbindungen. 2. Vorbohren für Vollgewindeschrauben Seitens des Eurocodes werden für das Vorbohren von selbstbohrenden Vollgewindeschrauben Angaben zum Vorbohrdurchmesser getroffen, die abhängig vom Holz entweder dem Schaftdurchmesser der Schraube oder maximal 70 % des Schraubendurchmessers entsprechen [5]. Schrauben mit einem Durchmesser kleiner 6mm bedürfen laut Eurocode keiner Vorbohrung. Die Hersteller der Schrauben machen ebenfalls Angaben zum Vorbohren der Schrauben in Abhängigkeit des vorliegenden Holzes [6]. Für Nadelhölzer entspricht der Vorbohrdurchmesser dem Schaftdurchmesser der Schraube; für Laubhölzer liegt dieser höher. Das Verlaufen von Schrauben findet keine Erwähnung. Es finden sich keine Angaben zu einer erforderlichen Vorbohrlänge zur Gewährleistung einer genauen Positionierung von Schrauben. In Bezug auf klassische Holzschrauben finden sich zahlreiche Untersuchungen zum Vorbohren die sich jedoch ausschließlich auf die Auswirkungen des Vorbohrens auf das Verbundverhalten, d.h. den Ausziehwiderstand der Schrauben beziehen. 276 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Vorbohren für Vollgewindeschrauben mittels Laserstrahlung So wird in den umfangreichen Untersuchungen von Fairchild [7] (1926) mit über 10000 Ausziehversuchen an unterschiedlichen Holzsorten, der Vorbohrdurchmesser als wichtiger Einflussparameter für den Ausziehwiderstand von Holzschrauben identifiziert. Dieser sollte nach Fairchild ca. 70 % des Gewindekerndurchmessers für Weichhölzer und 90 % des Gewindekerndurchmessers für Harthölzer betragen. Zu ähnlichen Erkenntnissen gelangen Newlin und Gahagan 1938 [8], die abhängig von der vorliegenden Holzsorte Werte von 40 % - 85 % des Schraubendurchmessers als den optimalen Vorbohrdurchmesser zur Maximierung des Ausziehwiderstandes nennen. Der Rechenansatz von Eckelman [9] für die Ermittlung des Ausziehwiderstands für Holzschrauben in MDF- Platten sieht bei Vorliegen des optimalen Vorbohrdurchmessers eine Erhöhung des Wiederstandes um 13 % vor. Dabei entspricht der optimale Durchmesser dem Schaftdurchmesser der Schraube. Weiterhin finden sich zahlreiche Untersuchungen in Bezug auf die Korrelation des Ausziehwiderstands mit der Holzfeuchte, der Rohdichte, der Temperatur oder des Einschraubwinkels. Aussagen über die Auswirkungen des Vorbohrens auf das Verlaufen der Schrauben sowie Empfehlungen, um dieses zu vermeiden oder zu reduzieren werden nicht genannt. 3. Verlaufen von Vollgewindeschrauben Aufgrund der natürlichen strukturellen Beschaffenheit von Holz mit Dichteunterschieden des Früh- und Spätholzes oder Asteinschlüssen werden Vollgewindeschrauben beim Einbringen von ihrer vorgesehenen Position abgelenkt und verlaufen. Dieses ist insbesondere dann problematisch, wenn Vollgewindeschrauben mit langen Einbindetiefen und geringen Abständen angewendet werden, wie z.B. beim Fügen von Bauteilen. Abbildung 1 zeigt die Schraubenanordnung einer biegesteifen Eckverbindung, die im Rahmen eines vorangegangen Forschungsprojekts ausgeführt und auf ihre Tragfähigkeit geprüft wurde [3]. Wie an den Austrittspositionen der Schrauben (Abbildung 1, rechts) zu sehen, konnte trotz der Verwendung von Führungsschienen die vorgesehene Positionierung nicht genau gewährleistet werden. Abbildung 1: links: Schraubenanordnung einer mit Vollgewindeschrauben gefügten biegesteifen Eckverbindung; rechts: Austrittspositionen der schräg eingesetzten Schrauben Zur Bestimmung der Einflussfaktoren, die zum Verlaufen von selbstbohrenden Vollgewindeschrauben führen, werden im Rahmen des Projektes systematische Untersuchungen durchgeführt. Der Prozess des Einschraubens von Vollgewindeschrauben ins Holz unterliegt unterschiedlichen Parametern, die einen Einfluss auf das Verlaufen der Schraube aufweisen. Diese resultieren zum einen aus den Eigenschaften des Holzes, insbesondere seiner Inhomogenitäten wie Asteinschlüsse, Risse, Harzgallen. Weiterhin haben die Eigenschaften der Schraube einen Einfluss. Hierzu zählen die Geometrie und Beschaffenheit der Schraubenspitze, der Durchmesser und damit die Biegesteifigkeit der Schraube sowie eventuell vorhandene Imperfektionen. Auch hat die Einschraubgeometrie, d.h. der Einschraubwinkel (α) einen großen Einfluss. Zuletzt spielt das Handling eine wichtige Rolle und konnte neben dem Verlaufen durch eingeschlossene Äste als eines der entscheidenden Faktoren identifiziert werden. Auch bei Verwendung von marktüblichen Führungssystemen kann eine initiale Schiefstellung der Schraube in den ersten Zentimetern des Einschraubvorgangs oft nicht vermieden werden, woraus unabhängig von den genannten Effekten des Abdriftens der Schraubenspitze eine Schiefstellung der Schraube resultiert. 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 277 Vorbohren für Vollgewindeschrauben mittels Laserstrahlung Abbildung 2: links: Verlaufen einer Vollgewindeschraube infolge von Asteinschlüssen Abbildung 2 zeigt einen aufgeschnittenen Probekörper mit einer Einbindetiefe von 20 cm. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Schraube infolge der eingeschlossenen Äste verläuft. Die gemessene Ausmitte beträgt in diesem Fall 1,1 cm. Mit zunehmender Einbindetiefe steigen die gemessenen Werte. Die endgültige Position der Schraube im Holz ergibt sich aus dem Zusammenspiel der genannten Einflussfaktoren. Durch weitere systematische experimentelle Untersuchungen, gestützt mit mechanischen Modellen wird eine Abgrenzung dieser Parameter verfolgt, um den Einschraubprozess genauer beschreiben und Vorgaben für das Vorbohren, wie z.B. eine erforderliche Vorbohrtiefe, definieren zu können. 4. Pyrolytisches Vorbohren für Vollgewindeschrauben Bezogen auf das Material Holz ist der industrielle Einsatz von Laserstrahlung bereits seit langem etabliert, begrenzt sich allerdings lediglich auf das Scheiden von dünnen Holzwerkstoffen. Einsatzgebiete sind hierbei die Möbel- und Verpackungsindustrie, die Feinwerktechnik sowie der Bereich des Modellbaus [10]. Im Vergleich zu diesen Anwendungen ergeben sich beim Bearbeiten in die Tiefe größere Komplikationen, wodurch die Laserstrahlung beim Bohren von Holz bisher keinen Einsatz fand. Zum einen führt die typische Kaustik des Laserstrahls zu einer deutlichen Abnahme der Energiedichte entlang der Bohrungstiefe, sodass bei tiefen Bohrungen ein Nachfokussieren des Laserstrahl notwendig wird, um einen konstanten Durchmesser zu gewährleisten [11]. Eine weitere Problematik sind die beim Abtrag entstehenden Dämpfe und Gase, deren Entweichung mit zunehmender Bohrtiefe erschwert wird, was zu einem lokalen Aufbrennen des Bohrlochs führt [13]. Abbildung 3: Schematischer Aufbau der Bohrprozesse [13] Im Rahmen des Projektes wurden angepasste Prozesse für das Bohren von tiefen, dünnen Löchern entwickelt. Dabei wurden drei Laserstrahlquellen untersucht, die sich in Ihrer Wellenlänge, der Pulsdauer sowie der Leistung unterscheiden. Eine Übersicht dieser Parameter ist in Tabelle 1 zusammengefasst. Table 1: Eigenschaften der untersuchten Laserstrahlquellen Strahlquelle QCW Faserlaser CO 2 Laser Ultrakurzpuls (UKP)- Laser Wellenlänge 1070 nm 10600 nm 1030 nm Pulsdauer 0.1 -10 ms/ cw 5 -400 µs 2 - 20 ps Pulsenergie < 200 J < 200 mJ < 800 µJ Repetitionsrate < 2 kHz 1 -50 kHz < 400 kHz Leistung 2 kW 200 W 320 W Für den QCW-Faserlaser wurde ein Perkussionsbohrprozess mit einem durch eine Optik gebündeltem Laserstrahl verwendet. Aufgrund der kleineren Pulsenergien der anderen beiden Laserstrahlquellen (CO 2 und UKP) muss der Laserstrahl stärker gebündelt werden wodurch sich eine viel kleinere Spotgröße ergibt. Aus diesem Grund wird die Strahlung bei dem Bohrverfahren in einer spiralförmigen Bewegung über den Querschnitt des Bohrlochs geführt (Abbildung 3, rechts). 278 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Vorbohren für Vollgewindeschrauben mittels Laserstrahlung Abbildung 4: Bohrlochgeometrien unterschiedlicher Laserstrahlquellen Die resultierenden Bohrlochgeometrien der verschiedenen Laserstrahlquellen für Bohrungen orthogonal zur Faserrichtung sind in Abbildung 3 gezeigt. Während der Bohrprozess mit dem CO 2 Laser eine Limitierung bei eine Tiefe von ca. 6 cm aufwies, konnten, mit den anderen beiden Laserstrahlquellen Bohrungen von bis zu 300mm Tiefe mit gleichbleibendem Durchmesser erstellt werden. Die Bohrlochgeometrien dieser beiden Laserstrahlquellen unterscheiden sich minimal, wobei bei dem QCW-Faserlaser aufgrund einer stärkeren thermischen Belastung eine tendenziell dickere karbonisierte Schicht oder Aufbrennen der Bohrung beobachtet werden kann. Dieses ist insbesondere an dem unterschiedlichen Aufbrennverhalten des Früh- und Spätholzes, und der damit charakteristischen wellenartigen Bohrlochgeometrie zu erkennen. Mit zunehmender Bohrtiefe wird bei beiden Bohrprozessen eine stärkere Neigung zur Aufweitung der Bohrung durch Aufbrennen beobachtet. Eine Erklärung dafür könnte eine verstärkte Wechselwirkung der Laserstrahlung mit den Abtragprodukten im Bohrloch sein, da diese eine mit zunehmender Tiefe höhere Verweildauer in der Bohrung aufweisen. Im Anschluss an die Entwicklung der Prozesse bei einem Faserwinkel von 90° erfolge eine Anpassung an weitere Faserwinkel (0°, 30° und 60°). Während die schrägen Winkel ein ähnliches Abtragverhalten aufwiesen kam es beim faserparallelen Bohren, insbesondere mit dem QCW Prozess, vermehrt zu einem Stopp des Abtragprozesses und einem Stillstand des Bohrfortschrittes. Dies ist auf die erhöhte Projektionsfläche und den Reflexionsgrad zurückzuführen, die durch den spitzen Einfallswinkel der Laserstrahlung auf Spätholzschichten entstehen. Mit den entwickelten Prozessen für beide Laserstrahlquellen können tiefe Bohrungen realisiert werden, die auch bei eingeschlossenen Störstellen wie z.B. Ästen geradlinig verlaufen. Durch eine weitere Entwicklung der Prozesse und insbesondere einer effizienteren Absaugung der Abtragprodukte im Bohrloch ist eine Erhöhung der Bohrtiefe möglich. 5. Verbundverhalten vorgebohrter Schraubenverbindungen Das Verbundverhalten von pyrolytisch vorgebohrten Vollgewindeschrauben wurde anhand von Pull-Out Versuchen untersucht und mit nicht vorgebohrten und mechanisch vorgebohrten Verbindungen verglichen. Dabei wurden unterschiedliche Parameter wie die vier Faserwinkel α (0°, 30°, 60°, 90°) sowie zwei Schraubendurchmesser d = 8mm, d = 10mm und zwei Einbindelängen leff = 15d, leff = 20d berücksichtigt. Die Probekörper aus Brettschichtholz haben Abmessungen von 20cm x 20cm und eine variierende Höhe, abhängig von der Einbindelänge. Je Konfiguration wurden drei Probekörper getestet. Die Versuche wurden weggesteuert mit einer Ausziehgeschwindigkeit von 1,5 mm/ min durchgeführt. Die Aufzeichnung der Verschiebungen der Schraube wurde mit induktiven Wegaufnehmern von beiden Seiten der Probe aus vorgenommen. Abbildung 5 zeigt den Aufbau der Pull-Out Versuche. Abbildung 5: Aufbau der Pull-Out Versuche. Die Ergebnisse der Pull-Out Versuche für die Einbindelänge von 15d in Abbildung 5 zeigen, dass sich das charakteristische Last-Verformungsverhalten unabhängig von der Vorbohrung in drei Phasen einteilt: 1. Formschluss: charakterisiert durch einen linear elastischen Anstieg der Kurve bis zum Erreichen der maximalen Tragfähigkeit. 2. Matrixversagen: im Umfeld der maximalen Kraft sowie 3. Degressiver Bereich, bei dem die Schraube herausgezogen wird und die Tragfähigkeit sich lediglich aus der Reibung zwischen Schraube und Holzmatrix ergibt (siehe auch [14])). In Bezug auf die Anfangssteifigkeit zeigt das Vorbohren keinen signifikanten Einfluss. Die gemittelten Last-Verformungskurven der getesteten Verbindungen (Abbildung 6) haben eine nahezu identische Anfangssteifigkeit. Im degressiven Bereich nach Überschreitung der Tragfähigkeit unterscheiden sich die Verbindungen geringfügig, wobei die 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 279 Vorbohren für Vollgewindeschrauben mittels Laserstrahlung pyrolytisch vorgebohrten Verbindungen einen flacheren Verlauf im Vergleich zu den mechanisch vorgebohrten Verbindungen aufweisen. Dies ist auf eine Veränderung der Reibung beim Herausziehen der Schraube zurückzuführen. Abbildung 6: Kraft-Verformungskurven der Pull-Out Versuche Abbildung 6 zeigt zusammenfassend die Mittelwerte sowie die Standardabweichungen der Ausziehtragfähigkeiten. Für die schrägen Faserwinkel (α =30°, 60°), sowie für den orthogonalen Fall (α = 90°) liegen die Werte nah beieinander und, unter Berücksichtigung der Streuung, kann durch das Vorbohren keine Auswirkungen auf die Werte festgestellt werden. Nur bei den faserparallelen Bohrungen konnte eine deutliche Reduzierung um bis zu 30 % beobachtet werden. Weiterhin ist zu erkennen, dass die Tragfähigkeit der Verbindungen nah an der Zugfestigkeit der Schrauben liegen. Die Ergebnisse mit der höheren Einbindelänge (leff = 20d) lieferten unabhängig von der Art der Vorbohrung einen ausreichend starken Verbund, sodass das Versagen durch das Reißen der Schraube (Stahlversagen) auftrat. Abbildung 7: Vergleich der maximalen Tragfähigkeiten 6. Zusammenfassung und Ausblick In der Arbeit wird das Potenzial des pyrolytischen Vorbohrens für Vollgewindeschrauben aufgezeigt, welches im Vergleich zum mechanischen Vorbohren eine geradlinige Führung und somit eine exakte Positionierung für Vollgewindeschrauben ermöglicht. Mit den speziell für das tiefe entwickelten Bohrprozessen von zwei unterschiedlichen Laserstrahlquellen können aktuell Führungslöcher mit einer Tiefe von bis zu 300mm realisiert werden. Durch eine weitere Entwicklung des Bohrprozesses scheint eine weitere Erhöhung der Bohrtiefe möglich. Zur Untersuchung des Verbundverhaltens und der Beurteilung der Auswirkung des Vorbohrens auf den Ausziehwiederstand der Schrauben wurden Pull-Out Versuche unter Berücksichtigung von vier unterschiedlichen Einschraubwinkel, zwei verschiedenen Schraubendurchmesser und unterschiedlichen Einbindelängen durchgeführt. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass das pyrolytische Vorbohren, unter Berücksichtigung der Streuung, keinen signifikanten Einfluss auf die Ausziehtragfähigkeit der Schrauben aufweist. Die gezeigten Ergebnisse liegen weit über den Erwartungen beruhend auf den ersten Pilotversuchen, bei denen eine Verminderung der Tragfähigkeit von bis zu 30 % prognostiziert wurde [3]. Die bisher durchgeführten Untersuchungen sahen eine Vorbohrung entsprechend dem Durchmesser des Schraubenschaftes vor. Aufgrund des unterschiedlichen Abtrags von Früh- und Spätholz kann der Vorbohrdurchmesser bisher nur annähernd eingestellt werden. Die Untersuchung des Einflusses des Bohrlochdurchmessers auf das Verbundverhalten stellt dennoch eine interessante Fragestellung dar und soll neben der Entwicklung tieferer Bohrungen im weiteren Verlauf verfolgt werden. Neben der Positionstreue hat das Vorbohren auch einen positiven Einfluss auf das Spaltverhalten von Holz wodurch eine engere Anordnung von Schrauben sowohl untereinander als auch zu den Randbereichen ermöglicht wird. Gemeinsam mit einer Erweiterung und Optimierung des Laserbohrverfahren kann so der Einsatzbereich von Vollgewindeschrauben im Ingenieurholzbau erweitert werden. 7. Danksagung Das Forschungsvorhaben auf denen die in diesem Beitrag gezeigten Ergebnisse basieren wird in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Lasertechnik (LLT) sowie dem Institut für Bauforschung (ibac), der RWTH Aachen durchgeführt. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG gefördert. 280 1. Fachkongress Konstruktiver Ingenieurbau - Mai 2022 Vorbohren für Vollgewindeschrauben mittels Laserstrahlung Literatur [1] Trautz M., Koj C.: Mit Schrauben Bewehren. Bautechnik 85 (2008): 190-196, 2008 [2] Ayoubi M., Koj C., Trautz M.: Mit Vollgewindeschrauben zur biegesteifen Rahmenecke, Bautechnik 02 (2013): 32-37, 2013. [3] Trautz M., Koj C.: Self-tapping screws as reinforcement for timber structures. In A. Domingo, C. Lazaro, editors, Proceedings of the IASS Symposium 2009, Valencia, 2009. [4] Trautz M., Koj C., Uchtmann, H.: Load bearing behaviour of self-tapping screws in laser-drilled guideholes. In: WCTE, World Conference on timber Engineering, August 22-25, 2016, Vienna, Austria. [5] DIN EN 1995-1-1: Eurocode 5: Design of timber structures - Part 1-1: General - Common rules and rules for buildings. [6] ETA-12/ 0114. Spax self-tapping screws - Screws for use in timber constructions. 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