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Fremdsprachen Lehren und Lernen
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2003
321 Gnutzmann Küster Schramm
FLuL 32. Jahrgang (20()3) FrellJ.dsprachen Lehren und Lernen Herausgegeben Von Gen Henrici, Frank G. Königs 111Jd Ekkehard 2öfgen hwerpunkt: F emdsprache Themensc d ktion in der r d Sabine Beyer M „ndliche Pro u OlafBärerülingerun U Karin Aguado, koordiniert von -'! tlY Gunter Narr Verlag Tübingen Fremdsprachen Lehren und Lernen (FLuL) Zur Theorie und Praxis des Sprachunterrichts an Hochschulen Herausgeber: Gert Henrici (Bielefeld) • Frank G . Königs (Marburg) • Ekkehard Zöfgen (Bielefeld ) Manuskripte und Zuschriften erbeten an: Redaktion FLuL, Prof. Dr. Ekkehard Zöfgen, Universität Bielefeld, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft, Postfach l 0 0 l 31, 33501 Bielefe ld E-mail: Ekkehard.Zoefgen@Uni-Bielefeld.de Re zensionsexemplare erbeten an: Prof. Dr. Frank G. Königs, Philipps-Universität Marburg, Informationszentrum für Fremdsprachenforschung, Hans-Meerwein-Straße, 35032 Marburg/ Lahn E-mail: Koenigs@mailer.Uni-Marburg.de Beratende Mitarbeit: Jens Bahns (Kiel) • Hans Barkowski (Jena) • Rupprecht S. Baur (Esse n) • Wolfgang Börner (Hamburg) · Claus Gnutzmann (Braunschweig) · Franz Josef Hausmann (Erlangen) • Manfred Raupach (Kassel) · Claudia Riemer (Bielefeld) Fremdsprachen Lehren und Lernen erscheint einmal jährlich mit einem Umfang von ca . 240 Seiten. Das Jahresabonnement kostet 42,- (zuzügl. Postgebühren). Vorzugspreis für private Leser 34 ,- (zuzügl. Postgebühren/ Lieferung und Rechnung an Privatadresse), sofern sie dem Verlag schriftlich mitteilen, daß sie die Zeitschrift ausschließlich für den persönlichen Gebrauch beziehen. Erfolgt keine Abbestellung bis zum 15. November, so verlängert sich das Abonnement automatisch um ein Jahr. ©2003 · Gunter Narr Verlag · Tübin ge n Die in der Zei tsc hrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich gesc hützt. Al le Rechte , insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen , vorbehalten. Ke in Te il dieser Zeitschrift darf ohne sc hri ft li che Gene hmi g un g des Verlages in irgendeiner Form durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren reproduziert oder in eine von Ma sc hin en, insbe sondere von Datenverarbeitungsanlagen, verwendbare Sprache übertrage n werden. Auch die Rechte der Wiedergabe durch Vortrag , Funk- und Fernsehsendung , in Magnettonverfahren oder auf ähnli chem We ge bleiben vorbeha lten . Fotokopien für den persönlichen und sonstigen eigenen Ge brauch dürfen nur von e in zelnen Beiträgen oder Teilen darau s als Einze lkopien hergestellt werden. Jede im Bereich eines gewerb li chen Unternehmens hergeste llte oder benutzte Kopie dient gewerb li chen Zwecken gern. § 54 (2) UrhG und verpflichtet zur Gebührenzahlun g an die VG WORT, Abte ilun g Wis se nschaft, Goethestraße 49, 80336 München , von der die einzelnen Zahlungsmodalitäten zu erfragen si nd. Gedruckt mit Unterstützung der Faku ltät für Lin guistik und Literaturwissen schaft der Un iversität Bielefeld und des Informationszentrums für Fremdsprachenforschung der Philipps-Universität Marburg. Druck : Laupp & Göbe l, Nehren Bindung: Nädele , Nehren Printed in Germany ISSN 0932-6936 ISBN 3-8233 -5953-3 Gunter Narr Verlag• Postfach 25 67 · D-72015 Tübingen Gert Henrici, OlafBärenfänger, Karin Aguado, Sabine Beyer Zur Einführung in den Themenschwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Karin Aguado Kognitive Konstituenten der mündlichen Produktion in der Fremdsprache: Aufmerksamkeit, Monitoring und Automatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Jan Stevener Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 27 OlafBärenfänger Mündliche Produktion in der Fremdsprache: Ein Experiment . . . . . . . . . . . . . . 50 Sabine Beyer Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb. Eine exemplarische Analyse longitudinal erhobener Interviewdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Kees de Bot Bilingual speech: from concepts to articulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Ulrich Schade Monitoring-Prozesse und ihre Rolle für die fremdsprachliche Produktion .... 104 Judit Kormos Attention and monitoring in a second language. A qualitative analysis ....... 116 Ulrike Gut Prosody in second language speech production: the role of the native language 133 Manfred Raupach Variabilität psychölinguistischer Variablen. Zur Interpretation mündlicher L2-Produktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (Fortsetzung umseitig) Horst M. Müller Neurobiologische Aspekte des Fremdsprachenlernens .................... 167 Ulrich Dausendschön-Gay Sprachproduktion in sozialer Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Willis J. Edmondson Output als autonomes Lernen: Spracherwerb und Sprachproduktion aus kognitiver Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Johannes Eckerth Lerner-Lerner-Interaktion im Fremdsprachenunterricht: Fehlerquelle oder Lerngelegenheit? .................................. 214 Jürgen MERTENS: Die sogenannten faux amis in schriftlichen Textproduktionen von Lernern des Französischen der Sekundarstufe/ . Sprachwissenschaftliche und didaktisch-methodische Überlegungen. Frankfurt [etc.]: Lang 2001 (Ekkehard ZöFGEN) .... 230 Oxford Collocations Dictionary for students of English. Oxford: Oxford University Press 2002 (Jens BAHNS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Barbara SCHMENK: Geschlechtsspezifisches Fremdsprachenlernen? [... ] Tübingen: Stauffenburg 2002 (Grit MEHLHORN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Bassem Edern ANTIA: Terminology and Language Planning. An Alternative Framework of Practice and Discourse. Amsterdam: Benjamins 2000 (Bernd STEFANINK) ... 241 Eingegangene Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 lFfa1L 32 (2003) Mündliche Produktion in der Fremdsprache Gert Henrici, Olaf Bärenfänger, Karin Aguado, Sabine Beyer Zur Einführung in den Themenschwerpunkt Seit etwa 20 bis 30 Jahren hat sich die Zweitsprachenerwerbsforschung international zu einer eigenständigen Disziplin mit spezifischen Erkenntnisinteressen und Gegenständen entwickelt. Die zentralen Fragen lauten: "Wie wird eine fremde Sprache erworben, welche Faktoren begünstigen bzw. behindern diesen Prozeß? " Belege für diese Entwicklung sind neben einer Vielzahl von Einzelaktivitäten die Bildung von Forschungszentren u.a. in den USA, Kanada, Australien oder den Niederlanden, die Zunahme einschlägiger Kongresse und Tagungen, nicht zuletzt das schnelle Anwachsen von Publikationen, empirischen Studien, Handbüchern, Einführungen und Zeitschriften (vgl. den Überblick in HENRICI! RIEMER 2003). Schwierig für die Entwicklung einer noch relativ jungen Disziplin ist die Abgrenzung zu bereits etablierten Disziplinen, die für sich in Anspruch nehmen, schon immer auch ähnliche Fragestellungen behandelt zu haben. Für die „allumfassende" (Angewandte) Linguistik mit ihren unterschiedlichen Ausrichtungen z.B. ist jedoch festzustellen, daß bei einer quantitativen Betrachtung ihrer Arbeiten Fragen und empirische Studien zum Fokus Zweitsprachenerwerb eher eine untergeordnete Rolle gespielt, sie bestenfalls Teilaspekte behandelt haben. Der Eigenständigkeitsanspruch der Zweitsprachenerwerbsforschung steht jedoch nicht im Widerspruch zu der interdisziplinären Ausrichtung der Disziplin und den sich daraus ergebenden Beziehungen zu relevanten Referenzwissenschaften (Kognitionswissenschaften, Psychologie, Biologie, Soziologie). Auch in Deutschland ist seit den siebziger Jahren ein zunehmendes Interesse an Fragen vorwiegend des natürlichen Zweit-/ Fremdsprachenerwerbs zu beobachten. Kennzeichnend für diese Entwicklung sind umfassende empirische Projekte. Beispielhaft seien genannt: das Kieler Projekt zum Zweitsprachenerwerb von Kindern (WODE 1974), das Heidelberger Forschungsprojekt Pidgin-Deutsch (HEIDELBERGER FORSCHUNGS- PROJEKT „PIDGIN-DEUTSCH" (HPD) 1975), das Wuppertaler ZISA-Projekt zum Zweitsprachenerwerb von Arbeitsmigranten (CLAHSENIMEISELIPIENEMANN 1983) sowie das Projekt P-Moll zur Modalität von Lernervarietäten (DITTMAR! REICH 1993). Heftige Richtungskämpfe mit der neu etablierten 'Sprachlehrforschung' zu Theorie, Methodologie und Empirie prägten die achtziger Jahre (BAUSCH/ KÖNIGS 1986). Aktuell läßt sich feststellen, daß die Zahl zweit-/ fremdsprachenerwerbsspezifischer empirischer Studien weiter zunimmt, häufig in Form von Qualifikationsarbeiten, z.B. im Rahmen von Graduierten-Kollegs und Forschungsprojekten wie dem in diesem Band dargestellten Bielefelder DFG-Projekt. Forschungszentren wie die in den genannten Ländern haben sich bisher nicht gebildet. Gebündelte Einzelaktivitäten lassen sich jedoch an einigen FLm.. 32 (2003) 4 Gert Henrici, Olaf Bärenfänger, Karin Aguado, Sabine Beyer Standorten erkennen. Mit Ausnahme der Sprachlehrforschung in Bochum und Hamburg ist die Zweitsprachenerwerbsforschung institutionell in Deutschland nicht verankert. Bilanziert man die bisherigen Erträge der Zweit-/ Fremdsprachenerwerbsforschung nicht nur für Deutschland hinsichtlich Theorie-, Methodologie- und Empirieentwicklung, kommt man wohl zu einer positiven Einschätzung. Ihre hochgesteckten Ziele, ungesteuerte und gesteuerte Fremdsprachenerwerbsprozesse theoretisch-empirisch umfassend zu erklären, sind jedoch noch lange nicht erreicht. Ob sie jemals erreicht werden? Bisher gibt es Mosaiksteine, viele und immer neue Hypothesen, relativ wenig empirisch geprüfte Theorien. Über den langzeitigen Erwerb ist bisher wenig gesichertes Wissen vorhanden. Große Lücken gibt es in den Bereichen „Wirkungsforschung" und empirisch ausreichend kontrollierter „Aktions-/ Handlungsforschung". Folgende von der 'Arbeitsgruppe Fremdsprachenerwerb Bielefeld' immer wieder diskutierten und für jede Art von empirischer Forschung relevanten Fragen bedürfen wohl begründeter stimmiger Antworten, die vielfach auch in impliziter Form nicht erkennbar sind, z.B.: • In welchem Verhältnis sollten qualitative und quantitative Forschungsansätze stehen? Mit welchen Zielsetzungen und Funktionen? Wie ist z.B. im Rahmen eines qualitativinterpretativen Ansatzes mit Quantifizierungen zu verfahren? Wann ergänzen sie sich, wann schließen sie sich aus? • Welche Gütekriterien muß ein qualitativer Ansatz erfüllen, wenn er auch hypothesenübergreifend arbeiten will? Kann er sich mit Kriterien wie 'Gegenstandsadäquatheit', 'Nachvollziehbarkeit', 'interne Validität', 'Wiederholbarkeit durch Strukturenvergleich', 'Ganzheitlichkeit', 'Kontextgebundenheit', 'Prozeßorientiertheit', 'Verallgemeinerbarkeit durch Mehrfallanalytik' zufriedengeben? • Ist eine modulare Untersuchung einzelner sprachlicher Ebenen (wie in der klassischen Lernersprachenforschung) angemessener als eine „holistisch-vernetzende" Herangehensweise? • Wie ist die Beziehung zwischen sog. Primär- und Sekundärdaten und der Umgang mit ihnen im Rahmen eines Mehrmethoden-Analyseansatzes zu bestimmen? Es geht dabei um die Wertigkeit von Daten, d.h. u.a. um deren angemessene Erhebung, möglichst detailgenaue Darstellung (Verschriftlichung) und Auswertung (Analyse, Interpretation). • Welche Unterschiede gibt es im Erklärungswert von Untersuchungsergebnissen, die auf der Basis von sogenannten natürlichen bzw. experimentell gewonnenen Daten beruhen? Dies betrifft die fundamentalen Fragen nach Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Akzeptabilität von Forschung. • Welche Relationen bestehen genau zwischen den einzelnen Faktoren, die den Erwerb fördern bzw. behindern können? Dies betrifft u.a. auch die Relation von internen und externen Faktoren, generell von Kontextualisierungserfordernissen. • Wie ist das Verhältnis von Kognition, Affektion und Interaktion forschungsmethodologisch-methodisch und forschungspraktisch zu gewichten? Ist die in vielen Modellierungen zu findende Dominanz kognitiver Erklärungen des Fremdsprachenerwerbs zu rechtfertigen? Welche Rolle spielt die sozialkommunikative Perspektive? ]F[,llll, 32 (2003) Zur Einführung in den Themenschwerpunkt 5 • Wie ist das Verhältnis von Verstehens- und Produktionsprozessen beim Fremdsprachenerwerb sowohl in kognitiver als auch in interaktiver Hinsicht methodologischmethodisch zu erfassen und zu bewerten? • Ist es sinnvoll und stichhaltig begründbar, Spracherwerb entweder prozeß- oder produktorientiert zu untersuchen? • Welche Probleme ergeben sich bei der Vergleichbarkeit von Forschungen, die sich unterschiedlichen methodologisch-untersuchungsmethodischen Ansätzen verpflichtet fühlen? • Wie läßt sich der Begriff der „Selbstreferentialität" von Forschung weiter präzisieren? (vgl. ausführlich zu diesen Problemen u.a. ARBEITSGRUPPEFREMDSPRACHENERWERB BIELEFELD 1996, AGUADO 2000, AGUADO/ RJEMER 2001). Bei einer auch international geltenden Einschätzung der Zweitsprachenerwerbsforschungslandschaft sehen wir immer noch Dominanzen von ausschließlich quantitativ ausgerichteten Studien oder, auf Deutschland bezogen, vorwiegend Studien mit qualitativer Ausrichtung. Mehrperspektivisch methodologisch-methodische Vorgehensweisen, d.h. Verknüpfungen von quantitativer und qualitativer Methodologie, sind relativ selten repräsentiert. Besonders auffällig ist die geringe Zahl von Studien, bei denen der Faktor Interaktion im Fokus des Erkenntnisinteresses steht. Bei einer differenzierten Betrachtung überwiegen Input-Nerstehensstudien, Produktstudien und Querschnittuntersuchungen unterschiedlicher Ausrichtung {entweder qualitative Fallstudien oder Quasi-Experimente und- Experimente). Entsprechend weniger vertreten sind Prozeß- und Diskursstudien sowie empirische Untersuchungen zur schriftlichen und besonders zur mündlichen fremdsprachlichen Produktion; insgesamt eine bescheidene Anzahl von Längsschnittuntersuchungen. Immer noch werden Verstehensprozesse getrennt von Produktionsprozessen untersucht. Für Deutschland gilt, daß in der sich auf dem Wege befindenden Zweitsprachen-/ Fremdsprachenerwerbsforschung seit den Kasseler Studien aus den achtziger Jahren (vgl. z.B. DECHERTIMÖHLE/ RAUPACH 1984) ein gewisser Stillstand in der empirischen Produktionsforschung festzustellen ist, sieht man ab von fremdsprachendidaktischen Arbeiten zum Sprechen und Schreiben, die kaum bzw. unzureichend empirisch fundiert sind. Hierfür könnte eine ganze Reihe von Gründen verantwortlich sein, denn bei der Untersuchung der mündlichen Produktion von Fremdsprachenlernern sehen sich Forscher mit einer Vielzahl von Schwierigkeiten konfrontiert. So handelt es sich bei der mündlichen L2-Produktion aus wissenschaftstheoretischer Sicht um ein äußerst komplexes Phänomen, an dessen Entstehung bekanntlich zahlreiche individuelle Faktoren (z.B. Alter, Geschlecht, tageszeitabhängiges Leistungsvermögen, Affekte, Sprachstand, zuvor gelernte Fremdsprachen, Intelligenz, Übung, Grad der Anpassung an die Zielkultur, Persönlichkeit, Kommunikationspräferenzen), soziale Faktoren (z.B. Nationalität, Religionszugehörigkeit, Rollenverhalten, sozialer Status, Mentalität) und pragmatische Faktoren (z.B. Art des Interaktionspartners, Gesprächsgegenstand, Intentionen) beteiligt sind. Angesichts der beträchtlichen Menge an potentiell wirksamen Variablen erweist es sich als schwierig, einzelne Wirkungsmomente hinsichtlich der Größe ihres Einflusses auf die L2-Produktion zu bestimmen. Auch lassen sich die vielen ]F[,1ll! L 32 (2003) 6 Gert Henrici, Olaf Bärenfänger, Karin Aguado, Sabine Beyer Variablen nur schwer gleichzeitig im Rahmen von Experimenten kontrollieren. Erkenntnisse wie diese haben in Zusammenhang mit dem L2-Erwerb zur Formulierung der "Einzelgängerhypothese" (RIEMER 1999) geführt, die sicherlich auch im Bereich von L2- Produktionsprozessen Gültigkeit beanspruchen kann. Jede Sprachproduktion stellt demnach einen hochgradig individuellen Akt dar, der auf Grund der unterschiedlichen außersprachlichen Voraussetzungen nie mit dem eines anderen Sprechers identisch ist. Dessen ungeachtet ist es natürlich auch geboten, von individuellen Faktoren zu abstrahieren und nach allgemeinen kognitiven Gesetzmäßigkeiten zu suchen, auf die die unterschiedlichen Produktionen zurückgehen. Eher praktische Probleme resultieren aus dem flüchtigen Charakter mündlicher Äußerungen. Um gesprochene Sprache angemessen untersuchen zu können, müssen die auf Audio- oder Videobändern konservierten Originaläußerungen transkribiert werden ein mühseliger sowie zeit- und personalaufwendiger Vorgang. Als unmittelbare Folge davon lassen sich nur strikt begrenzte Mengen mündlicher Äußerungen zum Gegenstand diesbezüglicher Untersuchungen machen. Erschwerend kommt hinzu, daß Transkriptionen zwangsläufig eine (gelegentlich auch fehlerhafte) Interpretation und damit immer zugleich eine Reduktion des ursprünglich Gesagten darstellen (vgl. HENRICI 2001: 37). Entsprechend kann man Transkriptionen nicht den Vorwurf ersparen, sie ermangelten der für wissenschaftliche Untersuchungen unabdinglichen Objektivität. Zur Kompensation dieser Schwäche müssen die Transkripte von mehreren anderen Transkribenten überarbeitet werden, was wiederum den zu betreibenden Aufwand erheblich erhöht. Für die Untersuchung mündlicher Äußerungen typische Schwierigkeiten ergeben sich schließlich auch bei der Analyse der Transkripte. Da für die gesprochene Sprache anders als für die Schriftsprache keine normative Grammatik vorliegt, erscheint es nur begrenzt sinnvoll, Äußerungen gemäß ihrer Korrektheit zu beurteilen (eine Ausnahme bildet hier die Morphosyntax, für die es auch in der gesprochenen Sprache relativ verbindliche Regeln gibt). Analog dazu stellt sich hinsichtlich der Kategorien Flüssigkeit (jluency), Komplexität oder pragmatische Angemessenheit die Frage nach den Kriterien: Auf welcher Grundlage fällt die Entscheidung, ob eine Äußerung flüssig, komplex resp. angemessen ist? Ist Komplexität überhaupt eine Eigenschaft, die bei der mündlichen Produktion angestrebt wird? Und decken sich die Kriterien für Flüssigkeit, Komplexität und Angemessenheit mit dem Sprachgefühl linguistisch ungeschulter Muttersprachler? Bei der großen Zahl an Problemen und offenen Fragen verwundert es nicht, daß sich vergleichsweise wenige Arbeiten empirisch mit Aspekten der mündlichen L2-Produktion beschäftigen (siehe dazu den Forschungsüberblick von STEVENER in diesem Band [27-49] und CROOKES 1991). Dabei wäre dies in jedem Falle wünschenswert, denn erst ein in die Tiefe reichendes Verständnis erlaubt eine gegenstandsangemessene Beurteilung der mündlichen Performanz von Fremdsprachenlernern. Auf dieser Grundlage könnte z.B. geklärt werden, welche Rolle der eigene Output beim Fremdsprachenerwerb spielt, oder mit anderen Worten: inwieweit die Performanz auf die sich entfaltende Kompetenz zurückwirkt (SWAIN 1985; siehe auch AGUADO in diesem Band [11-26]). In der Praxis könnte eine umfassende empirisch abgesicherte Theorie der mündlichen L2-Produktion als Grundlage für die Entwicklung von Mitteln zur Einschätzung von mündlichen Lei- FLl.llL 32 (2003) Zur Einführung in den Themenschwerpunkt 7 stungen und Lernfortschritten dienen sowie ggf. zur Diagnose von Kompetenzdefiziten. Dies würde schließlich auch die maßgeschneiderte Entwicklung von fremdsprachenerwerbsspezifischen Steuerungs- und Interventionstechniken erlauben. Das Bielefelder Forschungsprojekt zur „Mündlichen Produktion in der Fremdsprache Deutsch"; das in diesem Band zusammen mit den Ergebnissen eines zum Projekt veranstalteten international-interdisziplinär besetzten Expertenkolloquiums umfassend dargestellt wird, ist bestrebt, die mündliche fremdsprachen(erwerbs)spezifische Produktionsforschung ein Stück voranzubringen, auch wenn am Ende festzustellen ist, daß empirische Forschung nur mühsam und in kleinen Schritten vorankommt. Aber auch das ist lohnenswert, zumal wenn mit empirischer Forschung immer theoretischer und methodologisch-methodischer Erkenntriisfortschritt verbunden ist. Dieser betrifft beispielsweise die Kombinatorik von (quasi-) natürlichen und experimentell gewonnenen Daten, von Produkt- und Prozeßstudien, von qualitativen und quantitativen Daten und Meßinstrumenten sowie von Querschnitt- und Längsschnittverfahren. Zum Einstieg liefert Karin AGUAD0 (Bielefeld) einen allgemeinen Überblick über den aktuellen Forschungsstand bezüglich der kognitiven Konstituenten der mündlichen L2- Produktion, i.e. Aufmerksamkeit, Monitoring und Automatisierung. Nach einer ausführlichen Darstellung der verschiedenen sprachlichen, interaktiven und psychologischen Funktionen, die der mündlichen Sprachproduktion zukommen und die ihren zentralen Stellenwert für den Fremdsprachenerwerb belegen, werden die wichtigsten Erkenntnisse aus.kognitiortspsychologischer und spracherwerbsspezifischer Sicht dargestellt und im Hinblick auf den Erwerbsprozess diskutiert. Der Beitrag von Jan STEVENER (Khon Kaen) fokussiert methodisch•methodologische Aspekte der empirischen Untersuchung der kognitiven Prozesse Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring als zentrale Variablen des L2-Produktionsprozesses. Dabei geht es um Fragen der Gegenstandsdefinition, des Forschungsdesigns, der Operationalisierung und der Auswertung. Die angemessene Berücksichtung dieser Aspekte ist insbesondere im Hinblick auf die Einschätzung und die Vergleichbarkeit empirischer Studien unverzichtbar. Abschließend plädiert Stevener daher für die Schaffung eines theoretischen Rahmens, der überprüfbare Annahmen über die Wechselwirkungen der untersuchten kognitiven Prozesse und ihre Rolle im L2-Erwerb gestattet. Ziel des Beitrags von Olaf BÄRENFÄNGER (Hagen) ist die detaillierte Beschreibung des im Rahmen des DFG-Projekts „Mündliche L2-Produktion" entwickelten psycholinguistischen Experiments, mittels dessen die Auswirkungen von Aufmerksamkeitsprozessen auf die mündliche Produktion in der Fremdsprache untersucht wurden, wobei Monitoringprozesse sowie der Gebrauch sprachlicher Automatismen von besonderer Relevanz sind. Es erfolgt eine ausführliche Darstellung der Datenerhebung (Versuchspersonen, Apparatur, Material, Design und Ablauf, Gegenstand, Operationalisierung, Maße, Gütekriterien,·Durchführbarkeit) sowie der Datenaufbereitung (Archivieren, Segmentierung der Audiodateien, Transkription, Übertragung in Excel). Sabine BEYER (Bielefeld) stellt den longitudinalen Aspekt des vom Projekt entwickelten Untersuchungsdesigns vor. Das von ihr beschriebene Interview zur Elizitierung Mündlicher Sprachdaten (/ EMS) wurde im Laufe des Untersuchungszeitraums dreimal lFLllL 32 (2003) 8 Gert Henrici, OlafBärenfä,nger, Karin Aguado, Sabine Beyer durchgeführt. Der Beitrag zeigt anhand einer Fallstudie auf, wie die so gewonnenen Sprachdaten hinsichtlich der Fragestellungen des Projekts ausgewertet werden können. Im Zentrum der Analyse stehen dabei temporale Variablen und Selbstreparaturen. Erste Ergebnisse legen nahe, daß die Entwicklung von Sprechkompetenz ein höchst individueller Prozess ist, der unter anderem vom Aufmerksamkeitsfokus der Lernenden abhängt. Der Beitrag von Kees DE BOT (Groningen) erweitert das Sprachproduktionsmodell von LEVELT (1989) um die für multilinguale Sprachproduktion kennzeichnenden Aspekte. Dabei erörtert de Bot besonders den Einfluß von Mehrsprachigkeit auf die Planung von Äußerungen sowie die Rolle des Monitors bei der Sprachwahl. Innerhalb des multilingual processing models prüft ein sogenannter language node den Output hinsichtlich der gewählten Sprache und bereitet die Produktion durch die Selektion der entsprechenden Sprache vor. Schließlich erörtert de Bot die Frage, ob ein sprachspezifischer Zugriff auf das Lexikon besteht. Jüngste Erkenntnisse über die Verankerung sprachspezifischer Informationen auf der Ebene der Konzeptualisierung werfen ein neues Licht auf bisherige Modelle des bilingualen Lexikons. Die Rolle des Monitors für den Spracherwerb wird von Ulrich SCHADE (Wachtberg) genauer beleuchtet. Über das Modell von Levelt hinaus, in dem das Monitoring den Sprachrezeptionskomponenten zugeordnet ist, beschreibt Schade einen produktionsinternen Monitor, der weitgehend automatisiert abläuft und darum schnell in die laufende Produktion eingreifen kann. Eine Analyse des Fehlers findet dabei nicht statt. Schade nimmt an, daß diese Art des Monitorings hemmend auf die zweitsprachliche Produktion wirken kann, während der Rezeptionsmonitor durch die Analyse des Fehlers im Sinne eines Lernens durch Handeln zum Spracherwerb beiträgt. Eine solche Funktion kann der Produktionsmönitor nur ausüben, wenn durch die Aufwendung von Aufmerksamkeit die Rezeptionskomponenten hinzugezogen werden. Das Selbstreparaturverhalten von Fremdsprachenlernern und die damit verbundenen Aufmerksamkeitsprozesse erläutert Judit KORMOS (Budapest) am Beispiel der qualitativen Analyse der in einem Rollenspiel erhobenen Sprachproduktionsdaten zweier ungarischer Lerner des Englischen und der daraufbezogenen Retrospektionen. Die Analyse der Daten zeigt erhebliche Unterschiede im Reparaturverhalten der beiden Sprecher, die Kormos dem unterschiedlichen Automatisiertheitsgrad auf den verschiedenen Stufen des Spracherwerbs zuschreibt. Je weniger Aufmerksamkeit für die Planung und Kontrolle grammatischer Strukturen benötigt wird, desto mehr Aufmerksamkeit kann auf komplexere Aspekte der Sprachproduktion wie lexikalische oder pragmatische Angemessenheit gerichtet werden. In ihrer Studie vergleicht Ulrike GUT (Bielefeld) die Sprachproduktion von Lernern des Deutschen als Fremdsprache mit der von deutschen Muttersprachlern hinsichtlich prosodischer Merkmale. Unterschiede in der temporalen und metrischen Organisation von Silben führt sie auf den·Einfluß der Muttersprache zurück. Dieser Effekt zeichnet sich allerdings bei weniger fortgeschrittenen Lernern am deutlichsten ab. Abschließend diskutiert Gut, was die Ergebnisse für ein bilinguales Sprachproduktionsmodell bedeuten. Anhand einiger Daten aus dem Bielefelder Korpus erörtert Manfred RAUPACH (Kassel) die Relevanz psycholinguistischer Variablen für die Untersuchung mündlicher L2- Jl1LlllL 32 (2003) Zur Einführung in den Themenschwerpunkt 9 Produktion. Neben temporalen und sprachlichen Variablen nennt er auch eine Reihe anderer Faktoren, die auf die Sprachproduktion von Fremdsprachenlernern einwirken und deren Auswirkungen nur schwer einzuschätzen sind. Raupachs beispielhafte Analyse ausgewählter Daten zweier Sprecher macht denn auch deutlich, daß es einer sorgfältigen qualitativen Analyse der Daten bedarf, um das Zusammenspiel dieser Variablen angemessen interpretieren zu können. Die Ausführungen zeigen jedoch auch, daß gerade ein solches Vorgehen lohnende Erkenntnisse im Hinblick auf die Entwicklung eines Sprachproduktions- und -erwerbsmodells mit multilingualer Ausrichtung bringen kann. Horst MÜLLER (Bielefeld) befaßt sich in seinem Beitrag mit den neurobiologischen Aspekten der Sprachverarbeitung und des Spracherwerbs. Neben neuesten Technologien und Verfahren zur Untersuchung der Sprachverarbeitung im Gehirn werden aktuelle empirische Ergebnisse der Kognitiven Neurowissenschaft und der Experimentellen Neurolinguistik hinsichtlich der Untersuchung neurophysiologischer Vorgänge beim Spracherwerb dargestellt. Jüngste neurobiologische Befunde bestätigen langjährige Erfahrungen mit Sprachlernern (z.B. in bezug auf den Erwerb von Konkreta vs. Abstrakta) und liefern empirisch fundierte Anregungen für die didaktische Praxis. Auch die insbesondere für die Sprachlehr- und -lernforschung wichtige Frage nach einer hirnphysiologisch begründeten „kritischen Phase" für den Spracherwerb wird intensiv untersucht. Aufgrund der sich abzeichnenden vielversprechenden Perspektiven plädiert Müller für eine verstärkte Kooperation zwischen den Kognitiven Neurowissenschaften und der Angewandten Linguistik. Aus einer konversationsanalytischen Perspektive stellt Ulrich DAUSENDSCHÖN-GAY (Bielefeld) Interaktion als die Bedingung für das Vorkommen jeder Art von Sprachproduktion dar. Sprachproduktion wird nicht als isolierter Äußerungsakt eines einzelnen Sprechers aufgefaßt, sondern als ein Herstellungsprozeß in dem höchst komplexen Handlungszusammenhang einer sozialen Interaktion. Dabei setzt die Produktion nicht nur eine hohe Verstehenskompetenz für vorangegangene Kommunikationsereignisse voraus, sie erfordert auch die Orientierung am Partner. Erforderlich ist in diesem Zusammenhang eine Interaktionsgrammatik, die die Beschreibung von Verfahren der interaktiven, dynamischen Anpassung an lokale und situative Gegebenheiten enthält und die Komponenten Formulierungsarbeit, Strukturierungsaktivitäten, Image und soziale Beziehung umfaßt. Zusammenfassend fordert Dausendschön-Gay die Verbindung von wesentlichen Grundannahmen der ethnomethodologischen Konversationsanalyse und von sozio-kognitiven Ansätzen zu situierter Kognition mit dem Ziel, ein angemessenes theoretisches Konzept für die Modellierung von Lernprozessen in sozialer Interaktion zu entwickeln. Willis J. EDMONDSON (Hamburg) thematisiert das Verhältnis von Sprachproduktion und Spracherwerb. Von besonderem Interesse ist für ihn dabei die Frage, wie sprachliches Wissen in den verschiedenen Phasen des Erwerbs gespeichert wird. Nach einer kritischen Betrachtung der Funktionen, die dem Output in der einschlägigen Literatur zugeschrieben werden, erfolgt die Skizzierung einer kognitiven Theorie des Zweitsprachenerwerbs. Der Diskussion der Rolle von chunks folgt die Erörterung der Frage nach der Rolle der Wahmehmung des eigenen Outputs für den Spracherwerb und die Frage nach der erwerbsfördernden Funktion der produktiven Verwendung der L2. IFLwL 32 (2003) 10 Gert Henrici, Olaf Bärenfänger, Karin Aguado, Sabine Beyer Literatur AGUADO, Karin (Hrsg.): Zur Methodologie in der empirischen Fremdsprachenforschung. Baltmannsweiler: Schneider. AGUADO, Karin/ RIEMER, Claudia (Hrsg.) (2001): Wege und Ziele. Zur Theorie, Empirie und Praxis des Deutschen als Fremdsprache (und anderer Fremdsprachen). Festschrift für Gert Henrici zum 60. Geburtstag. Baltmannsweiler: Schneider. AGUADO, Karin/ RIEMER, Claudia (2001): "Triangulation: Chancen und Grenzen mehrmethodischer empirischer Forschung". In: AGUADOIRIEMER (Hrsg.) (2001), 245-257. ARBEITSGRUPPE FREMDSPRACHENERWERB BIELEFELD (1996): "Fremdsprachenerwerbsspezifische Forschung. Aber wie? Theoretische und methodologische Überlegungen". In: Deutsch als Fremdsprache 33.3-4, 144-155 und 200-210. 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The aim of the present paper is to provide a general survey of the central constituents of L2 speech production, i.e. attention, monitoring, and automatisation. First of all, some major findings regarding the various linguistic, interactive, and psychological functions of speech production will be presented. Thus, the central role of speaking for the L2 acquisition process becomes evident. Then the most important insights from both cognitive psychology and L2 acquisition research regarding attention i.e. the activation of cognitive resources -, monitoring i.e. the evaluation and control of one's own speech production -, and automatisation i.e. the result of repeated action will be summarized and discussed with respect to the research project presented in the volume in hand. 0. Einleitung Ziel des vorliegenden Beitrags ist es aufzuzeigen, in welchem Verhältnis die kognitiven Prozesse Aufmerksamkeit, Monitoring und Automatisierung zueinander stehen und welche Rolle sie bei der mündlichen Produktion in der Fremdsprache (im folgenden durch L2-Produktion abgekürzt) spielen. Rein verstehensbasierte Ansätze gehen von einer einseitigen Abhängigkeitsbeziehung zwischen Umwelt und Lernenden aus und betrachten letztere als in ihrem Erwerb von der Quantität und der Qualität des ihnen angebotenen zumeist prämodifizierten - Inputs abhängig, wobei sie unberücksichtigt lassen, daß sich Lernende in ihrer Interlanguage- Entwicklung noch oder schon auf einer anderen als der dem Input entsprechenden Entwicklungsstufe befinden können. Produktionsbasierte Ansätze hingegen sehen in der Produktion von fremdsprachlichem Output eine wichtige Möglichkeit für Lernende, Einfluß auf die Beschaffenheit des Inputs zu nehmen sei es durch die eigene Produktion, sei es durch interaktive Aushandlungsprozesse - und damit die Kontrolle über den Verlauf ihrer sprachlichen Entwicklung zu übernehmen. Daß der mündlichen Performanz eine wesentliche Funktion für den Spracherwerb und die Entwicklung der sprachlichen Kompetenz zukollllllt, wird daher insbesondere von Vertretern der Output-Hypothese (wie z.B. SWAIN 1985, 1993, 1995), aber auch im Rahmen der Interaktions-Hypothese Korrespondenzadresse: HD Dr. Karin AGUADO, Universität Bielefeld, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft. Lehrbereich: Deutsch als Fremdsprache, Postfach 10 01 31, 33501 BIELEFELD. E-mail: karin.aguado@uni-bielefeld.de Arbeitsbereiche: Kognitive Aspekte des Fremd-/ Zweitsprachenerwerbs, Forschungsmethodologie. f'JL! ilL 32 (2003) 12 Karin Aguado (vgl. GASS 1997, GASSN AR0NIS 1994, GASSIMACKEYIPICA 1998, HATCH 1978, L0NG 1983 oder 1996 und PlcA [et al.] 1996) postuliert. Verschiedene in bezug auf den LI-Erwerb u.a. von ELBERS (1995, 1997), ELBERS/ WIJNEN (1992) und in bezug auf den L2-Erwerb von SWAIN/ LAPKIN (El95) durchgeführte Studien zeigen die vielfältigen Funktionen und Wirkungen auf, die dem Sprechen im bzw. für den Erwerbsprozeß zukommen. Diese Funktionen sind einerseits eng miteinander verknüpft, andererseits. jedoch auf verschiedenen Ebenen angesiedelt nämlich einer sprachlichen, einer interaktiven und einer psychologischen. Zunächst zur Rolle der Produktion auf der sprachlichen Ebene: Eine zentrale Schwierigkeit für L2-Lernende ist der Erwerb syntaktischen Wissens und dessen aktive Anwendung. Während es bei der Rezeption von sprachlichen Äußerungen ausreichen kann, sich auf die lexikalisch-semantische und die pragmatische Ebene zu konzentrieren und dabei die Morphologie und die Syntax größtenteils zu vernachlässigen, ist dies bei der Produktion nicht möglich. 1 Während es also für ein globales Verstehen genügen kann, den Fokus auf die Wortebene zu richten und sich dabei auf Autosemantika bzw. Inhaltswörter zu konzentrieren, erfordert die eigene Produktion den Schritt von der Wortauf die Satzebene, also die aktive Berücksichtigung der Syntax. In Abhängigkeit vom Sprachtyp der jeweiligen Zielsprache werden die syntaktischen Beziehungen unterschiedlich ausgedrückt sei es durch morphologische Mittel, sei es mittels Stellungsregularitäten oder mit Hilfe von Funktionswörtern. Entscheidend ist, daß diesen Relationen bei der Produktion Rechnung getragen werden muß, während sie bei der Rezeption vernachlässigt werden können. Vertreter produktionsorientierter Erwerbshypothesen wie beispielsweise Merrill SWAIN (1993) gehen entsprechend davon aus, daß •sich lernerseitige Produktionen positiv auf den Syntaxerwerb auswirken und L2-Lerner deshalb möglichst häufig dazu veranlaßt werden sollten, selbst Output zu produzieren. Es wird u.a. postuliert, daß ein gewisser "Zwang" zur Produktion ("pushed output") positive Auswirkungen hinsichtlich der lernerseitigen Aufmerksamkeit auf syntaktische Strukturen und Regularitäten im Output des Interaktionspartners hat was eine wesentliche Voraussetzung für den Erwerbsprozeß darstellt. Auf einer interaktiven Ebene spielt die Sprachproduktion ebenfalls eine wichtige Rolle für den Erwerb. Im Unterschied zuin rezeptiven Hypothesen-Testen besteht beim aktiven Testen durch Sprechen der Vorteil darin, daß eine unmittelbare Rückmeldung hinsichtlich der Korrektheit und/ oder Angemessenheit der jeweils zugrunde liegenden Hypothese möglich ist: Nichtverstehen oder Mißverstehen seitens des Interaktionspartners erkennbar an Nachfragen, Korrekturen oder Non~erbalia weisen den Lernenden darauf hin, daß Modifizierungen hirisichtlich der von ihm aufgestellten Hypothese oder gar Restrukturierungen seiner Interlanguage erforderlich sind. Lerner können also durch die aktive Überprüfung ihrer Hypothesen Feedback bezüglich noch nicht gesicherter Wissensbestände einholen. Zentral ist hierbei die lernerseitige Aufmerksamkeit auf das Feedback, die Wahrnehmung von Unterschieden zwischen den Äußerungen des ziel- Einschränkend muß hier hinzugefügt werden, daß dies nur unter der Voraussetzung gilt, daß der L2- Sprecher an sich selbst den Anspruch stellt, zielsprachlich korrekt und angemessen sprechen zu wollen. FLllL 32 (2003) Kognitive Konstituenten der mündlichen Produktion in der Fremdsprache ... 13 sprachlichen Interaktionspartners und eigenen Äußerungen und somit das Erkennen eigener Defizite (vgl. dazu SCHMIDTIFR0TA 1986). Das Bild, das L2-Sprecher durch ihre mündlichen Produktionen ihrem Interaktionspartner hinsichtlich ihres Sprachstandes vermitteln, kann nicht nur als Auslöser für die Bereitstellung von „besserem", i.e. angepaßtem Input fungieren, sondern auch zu interaktiven Aushandlungen führen. Insbesondere letzteren werden lernförderliche Wirkungen zugeschrieben (vgl. z.B. PICA 1994), und zwar u.a. deshalb, weil die Lernenden aktiv in den Interaktionsprozeß involviert sind. Ebenfalls auf der interaktiven Ebene liegt der durch aktive Teilnahme in Form von sprachlichen Produktionen ermöglichte Erwerb von Diskursfähigkeiten (wie z.B. die Organisation des Sprecherwechsels), die für erfolgreiche Interaktionen in der Fremdsprache unentbehrlich sind. Somit ist davon auszugehen, daß sich Spracherwerb nicht lediglich in Interaktionen manifestiert, sondern vielmehr durch sie stattfindet (vgl. dazu bereits HATCH 1978): Spracherwerb und Interaktion stehen somit in einem interdependenten Wechselspiel. Eine weitere zentrale Funktion der Produktion liegt auf einer nicht-sprachlichen, psychologischen Ebene. So findet durch die eigene Produktion eine tiefere Verarbeitung (vgl. CRAIKIL0CKHART 1972) statt als durch die Rezeption fremden Inputs was sich gedächtnispsychologisch betrachtet günstig auf die Behaltens- und Abrufleistung auswirkt. Relevant in bezug auf die Verarbeitungstiefe ist hier, daß das Sprechen eine komplexe kognitive Aktivität istder Sprecher muß planen, formulieren und artikulieren - und daß mehrere Wahrnehmungskanäle involviert sind. So wird ein Sprecher durch die Produktion gleichzeitig auch zum Hörer seiner eigenen Äußerungen. Ferner wirkt sich die selbsttätige Schaffung von Input durch Produktion (i.e. "Auto-Input") insbesondere dann positiv auf die L2-Kompetenz aus, wenn die Aufmerksamkeit des Lerners auf die eigene Produktion gerichtet ist und es zur Analyse dieser Äußerungen durch den Sprecher selbst kommt. Auch kann die Anwendung bereits vorhandenen Wissens zu dessen Verstärkung und Konsolidierung führen und damit das Sicherheitsgefühl des L2-Lerners erhöhen. Dies ist v.a. deshalb von zentraler Bedeutung für den Erwerbsprozeß, weil sicher beherrschtes Wissen dem Prozeß der Automatisierung leichter zugänglich ist. 2 Ebenfalls psychologische Funktion kommt der Tatsache zu, daß bei der Produktion im Unterschied zur Rezeption das Tempo der Verarbeitung vom L2-Lerner selbst bestimmt werden kann und er somit die Kontrolle über die Sprechsituation und damit auch über seinen Erwerbsprozeß hat. Ferner hat das aktive Praktizieren des Sprechens eine wichtige, für eine kompetente und automatische Sprachproduktion unverzichtbare Übungsfunktion, und zwar auf sämtlichen Ebenen des Produktionsprozesses: von der Konzeptualisierung über die Formulierung bis hin zur Artikulation. Am ehesten wird der Übungseffekt auf der artikulatorisch-motorischen Ebene deutlich: Je mehr Gelegenheiten 2 Hier gilt, daß die subjektive Einschätzung des L2-Lemers hinsichtlich der Korrektheit oder Angemessenheit seines Wissens ausschlaggebend ist und nicht die objektive Korrektheit der betreffenden Äußerung. So kann subjektiv als korrekt und somit als sicher eingeschätztes, objektiv betrachtet jedoch fehlerhaftes Lemerwissen ungeachtet dieser Fehlerhaftigkeit dem „Automatisierungsmechanismus" zugeführt werden (und unter ungünstigen Bedingungen zu Fossilisierungen führen). lFLlllL 32 (2003) 14 Karin Aguado zum Sprechen bestehen, desto eher ist der Artikulationsapparat „fähig", neue oder ungewohnte Laute und Lautfolgen zu produzieren und diese zu automatisieren. Hinsichtlich der formulativen Ebene ist zu sagen: Je häufiger bestimmte sprachliche Äußerungen verwendet werden, desto ineffizienter wird es, sie bei jedem Gebrauch erneut regelhaft zu bilden. Daher werden insbesondere hochfrequente sprachliche Ausdrücke ganzheitlich memorisiert und ebenso abgerufen was sich nicht zuletzt in einer höheren Produktionsgeschwindigkeit niederschlägt (vgl. dazu AGUADO 2002a und 2002b). Ähnliches läßt sich auch im Hinblick auf die konzeptuelle Ebene postulieren: Was in einer Sprache gesagt werden kann, unterliegt weitaus weniger häufig der Kreativität und der Freiheit des einzelnen Sprechers als vielfach angenommen und ist zu einem nicht unerheblichen Teil von der jeweiligen Sprache bzw. der betreffenden Sprachgemeinschaft vorgegeben (vgl. dazu v.a. SINCLAIR 1991). Im Hinblick auf eine. flüssige Sprachproduktion spielen Automatismen im weitesten Sinne also auf allen Ebenen eine Rolle. Im folgenden sollen nun die drei bisher lediglich indirekt angesprochenen, im Zusammenhang mit der L2-Produktionjedoch zentralen kognitiven Prozesse näher beleuchtet werden: Aufmerksamkeit die Voraussetzung jeglichen Lernens; Monitoring die Evaluation und Kontrolle der eigenen Sprachproduktion zum Zweck ihrer Optimierung; Automatisierung eine quasi „zwingende" Folge wiederholter Ausführung. 1. Aufmerksamkeit Generell besteht in der kognitiv orientierten Fremdsprachenerwerbsforschung Einigkeit darüber, daß Aufmerksamkeit i.e. die Aktivierung kognitiver Ressourcen unentbehrlich für die Überführung von Informationen aus dem Kurzzeitbzw. Arbeitsgedächtnis in das Langzeitgedächtnis ist (vgl. u.a. BIALYSTOK 1994, N. ELLIS 1994 und 1996; R. ELLIS 1996, GASS 1988, ROBINSON 1995, SCHMIDT 1990 und 1995, 2001, SKEHAN 1998, SWAIN 1993 und 1995). Der in bezug auf den Fremdsprachenerwerb aufgestellten noticing-Hypothese von Richard SCHMIDT (1990) zufolge stellt die Aufmerksamkeit eine notwendige Voraussetzung für erfolgreiches L2-Lernen dar (vgl. auch N. ELLIS 1996). Konkret besagt die Hypothese, daß nur, was bewußt wahrgenommen wird also der Aufmerksamkeit zugänglich ist -, zu Intake wird und damit erworben werden kann. SCHMIDT (2001) geht sogar so weit zu behaupten, daß die Berücksichtigung des Konzepts der Aufmerksamkeit für eine angemessene Behandlung praktisch jeden Aspekts des Fremdsprachenerwerbs erforderlich sei und in jegliche Betrachtung fremdsprachenerwerblicher Prozesse einbezogen werden müsse. 1.1 Kognitionspsychologische Grundlagen In der psychologischen Forschung herrscht Konsens darüber, daß es sich bei der Aufmerksamkeit um ein komplexes Phänomen handelt, das eine Reihe verschiedener Mechanismen umfaßt (vgl. NEISSER 1976: 80 oder NEUMANN 1996). Als ein zentrales Merkmal der 'Aufmerksamkeit' gilt ihre Begrenztheit. Eine Möglichkeit des VerarbeitungslFlLlllL 32 (2003) Kognitive Konstituenten der mündlichen Produktion in der Fremdsprache ... 15 systems, diese Begrenztheit zu überwinden, besteht in der Selektivität: Da es nur einen limitierten Vorrat an Aufmerksamkeit gibt und gleichzeitig auszuführende aufmerksamkeitsbeanspruchende Aktivitäten miteinander darum konkurrieren, muß die Aufmerksamkeit strategisch und möglichst effizient eingesetzt werden. Die Selektivität gilt nach wie vor als eine fundamentale, konstitutive Eigenschaft der Aufmerksamkeit, wird inzwischen jedoch nicht länger nur als ein Mittel zur Kompensation mangelnder Verarbeitungskapazität aufgefaßt (vgl. dazu BR0ADBENT 1958 oder KAHNEMAN 1973), sondern im Gegenteil als funktional und nützlich bezeichnet, z.B. zum Zweck der Unterscheidung zwischen relevanter und irrelevanter Information. Ebenfalls zentral ist die Annahme, daß die Aufmerksamkeit der gezielten Kontrolle des Individuums unterliegt und entsprechend gerichtet werden kann. Bezüglich fremdsprachlicher Produktionsprozesse spielt dieses Merkmal insofern eine Rolle, als der Aufmerksamkeitsfokus beispielsweise in Abhängigkeit von individuellen Präferenzen oder äußeren Bedingungen und Faktoren auf verschiedene Aspekte der fremdsprachlichen Äußerung gerichtet werden kann, sei es auf die sprachliche Form, den Inhalt oder eine flüssige Produktion. N0RMAN/ SHALLICE (1986) stellen fünf Kategorien von Aufgaben bzw. Tätigkeiten auf, die Aufmerksamkeitsressourcen beanspruchen. Dazu zählen a) solche, die Planungs- und Entscheidungsprozesse involvieren, b) solche, die Problemlösungen involvieren, c) solche, die entweder schlecht gelernt worden sind oder neue Handlungssequenzen enthalten, d) solche, die als gefährlich oder technisch schwierig eingeschätzt werden, e) solche, die die Überwindung von starken Gewohnheiten involvieren. All diese Aktivitäten sind auch bei der erwerbsspezifischen mündlichen L2-Sprachproduktion von größter Relevanz. 1.2 Aufmerksamkeit und L2-Erwerb Die auf der Basis psychologischer Wahrnehmungstheorien von T0MLINNILLA (1994) aufgestellte Aufmerksamkeitstheorie ist der derzeit in der L2-erwerbsspezifischen Forschungsliteratur am stärksten rezipierte Ansatz. T0MLINNILLA (1994) lehnen für die Fremdsprachenerwerbsforschung die bisher vertretenen allgemeinen Konzeptionen der Aufmerksamkeit wie z.B. die Dichotomie von 'kontrollierter vs. automatischer' Verarbeitung ab. Sie unterscheiden statt dessen zwischen drei Teilkomponenten der Aufmerksamkeit, nämlich alertness, orientation und detection. Mit alertness meinen sie eine allgemeine Reaktionsbereitschaft hinsichtlich der Verarbeitung von Informationen; hier spielt die Motivation und das Interesse des Lernenden in bezug auf den Gegenstand d.h. die L2 eine Rolle. Mit orientation bezeichnen sie eine spezifische Ausrichtung der Aufmerksamkeit, mit der die Verarbeitung von Stimuli innerhalb dieser Orientierung erleichtert und von Stimuli außerhalb dieser Orientierung gehemmt wird. Den größten Verbrauch an Aufmerksamkeitsressourcen beansprucht die detection i.e. die gezielte Wahrnehmung von Input, die Auswahl von spezifischen Informationen und der Zugriff IFLlllL 32 (2003) 16 Karin Aguado darauf als Voraussetzung für die kognitive Weiterverarbeitung. Detection von Informationen kann Interferenzen mit der Verarbeitung anderer Informationen verursachen. Alertness und orientation werden als nicht unbedingt notwendig für detection erachtet, können diese aber erleichtern. Somit erklären T0MLINNILLA detection allein als notwendig und hinreichend. Im Unterschied zu Schmidts noticing also der bewußten Wahrnehmung als notwendige Voraussetzung für die Speicherung von Wissen im Langzeitgedächtnis (vgl. SCHMIDT 1995) sind orientation und detection auch ohne Bewußtheit möglich. Nach einer längeren Phase der uneingeschränkten Zustimmung mehren sich in jüngster Zeit allerdings die kritischen Stimmen an der von TOMLINNILLA vertretenen Aufmerksamkeitstheorie. So nehmen SIMARD/ W0NG (2001) sowohl die Theorie als auch deren empirische Überprüfung durch LE0W (1998) genauer unter die Lupe. Ihre Kritik richtet sich zunächst einmal gegen die ihrer Ansicht nach ungerechtfertigt strikte Unterteilung in alertness, orientation, detection. Zwar trifft es zu, daß P0SNER (1992, 1994 und 1995) und seine Kollegen (P0SNER! PETERSEN/ F0: x/ RAICHLE 1988, P0SNERI PETERSEN 1990, POSNER! ROTHBART 1992), auf deren Arbeiten °die Theorie von Tomlin und Villa aufbaut, diese Dreiteilung vorgeschlagen haben. Allerdings gehen sie dennoch von einem engen - und nicht zuletzt auch anatomischen - Zusammenhang zwischen den genannten Subfunktionen der Aufmerksamkeit aus. So nehmen sie an, daß orientation und detection an derselben Stelle im Gehirn anzusiedeln sind bzw. stattfinden, weshalb eine getrennte Untersuchung dieser beiden Prozesse mit den heute zur Verfügung stehenden Methoden (noch) nicht möglich ist. SIMARDIW0NG kritisieren daher die vorgenommene Unterteilung in die genannten Aufmerksamkeitsfunktionen als verfrüht: "In a personal communication (November 11 & 12, 1998), M.I. Posner stated that all three attentional networks are usually activated at once to carry out detection and pointed out that it would be extremely tricky to design tasks to study their separate properties" (SIMARD/ W0NG 2001: 110). Insbesondere auf höheren kognitiven Ebenen - und die Sprachverarbeitung gehört zweifellos dazu sind i.d.R. alle drei Aufmerksamkeitsfunktionen involviert. So kann die Behauptung, daß alertness und orientation nur eventuell hilfreich, aber nicht erforderlich wären, nicht aufrecht erhalten werden. 3 Einschränkend muß ferner festgestellt werden, daß das Zusammenwirken der verschiedenen Aufmerksamkeitsfunktionen letztlich auch von der jeweils zu lösenden Aufgabe und den damit verbundenen mentalen Aktivitäten abhängig ist. So sind auf der Basis der von P0SNER [et al.] gewonnenen Erkenntnisse zwar bereits einige Untersuchungen zur Rolle der Aufmerksamkeit bei der LI-Rezeption durchgeführt worden. Ob daraus allerdings Schlüsse hinsichtlich der Rolle der Aufmerksamkeit in bezug auf die L2-Rezeption, die L2-Produktion und den L2-Erwerb gezogen werden können, sind bislang offene Fragen, die es empirisch zu untersuchen gilt. Grundsätzlich ist in bezug auf die L2- Ergänzend sei an dieser Stelle angemerkt, daß die Aufmerksamkeitsforschung nach wie vor mit einem nicht zu vernachlässigenden methodischen Problem zu kämpfen hat, nämlich damit, daß die Abwesenheit von Aufmerksamkeit empirisch nicht nachgewiesen bzw. nicht kontrolliert werden kann (vgl. dazu z.B. TRUSCOTT 1998). JFJLUJL 32 (2003) Kognitive Konstituenten der mündlichen Produktion in der Fremdsprache ... 17 Erwerbsforschung zu sagen, daß sich nicht nur die Aufmerksamkeitskonzepte von TOM- LINNILLA (1994), ROBINSON (1995) oder VANPATTEN (1990), sondern auch Schmidts noticing- Hypothese vornehmlich auf die Wahrnehmung und Verarbeitung von fremdem Input beziehen. Erst in jüngster Zeit sind in der einschlägigen Forschung eine Reihe von Studien entstanden, die sich auch mit der lernerseitig auf den eigenen Output gerichteten Aufmerksamkeit befassen (vgl. z.B. FOSTER! SKEHAN 1996, KORMOS 2000, BYGATE 2001, SKEHAN/ FOSTER 2001, SWAIN/ LAPKIN 2001). Ob und inwiefern sich eine output bezogene Aufmerksamkeitstheorie von einer input bezogenen unterscheidet, stellt somit eine noch zu bearbeitende Forschungsfrage dar. 2. Monitoring Monitoring ist ein Aufmerksamkeitsprozeß, der bei jeglicher sprachlicher Performanz sei sie muttersprachlich oder fremdsprachlich stattfindet. Bei der Produktion von Output also beim Prozeß der Konzeptualisierung, der Formulierung und der Artikulation werden die aus dem vorhandenen Wissen selegierten Strukturen auf ihre formale, inhaltliche und pragmatische Korrektheit bzw. Angemessenheit hin überprüft. Damit Sprecher in ihrer mündlichen Sprachproduktion Fehler überhaupt feststellen und anschließend reparieren können, muß es einen spezifischen Kontrollmechanismus geben. Erfolgreiches Monitoring bezieht sich auf eine optimale Performanz als Resultat der Abstimmung von Intention und Wissen. Selbstinitiierte Selbstreparaturen sind die Konsequenz eines Evaluationsprozesses, der sich auf verschiedene sprachliche Dimensionen (z.B. Form, Inhalt, Situation) beziehen kann. Während bei der muttersprachlichen Produktion insgesamt weniger Aufmerksamkeit auf die formalen Ebenen (i.e. Phonetik, Morphologie, Syntax) und mehr Aufmerksamkeit auf die propositionalen Ebenen (i.e. Semantik, Pragmatik) gerichtet wird, ist bei der fremdsprachlichen Produktion in Abhängigkeit vom jeweiligen Sprachstand~ auch auf den niedrigen Ebenen eine erhöhte Aufmerksamkeit erforderlich. Da im vorliegenden Kontext davon ausgegangen wird, daß sich Kompetenz durch Performanz entwickelt, dienen die Analysen von Performanzdaten auch der Beschreibung und Erklärung von Erwerbsprozessen. 2.1 Monitoring und L2-Erwerb Mit Bezug aufMORRISON/ Low (1983: 232) ist davon auszugehen, daß der fremdsprachliche Produktionsprozeß nur dann angemessen beschrieben und erklärt werden kann, wenn im Detail beobachtet wird, wie der Äußerungskonstruktionsprozeß in 'Echtzeit' vonstatten geht. Eine Untersuchung der Häufigkeit und Verteilung beispielsweise von Selbstreparaturen ermöglicht Aufschlüsse über Monitor-Prozesse, insbesondere über die Sensibilität des Monitors gegenüber Fehlern auf den verschiedenen Ebenen (vgl. dazu KoRMOS in diesem Band [116-132]). Allerdings sind nicht nur Reparaturen, sondern auch Verzögerungsphänomene, gefüllte und ungefüllte Pausen, Selbstwiederholungen, Dehnungen, Abbrüche und Fehlstarts Indikatoren dafür, daß Kontroll-, Planungs- und lFLwL 32 (2003) 18 Karin Aguado Evaluationsvorgänge am Werk sind. Voraussetzung für eine angemessene und systematische Analyse ist daher zunächst einmal die eindeutige Identifizierung der genannten Monitor-Phänomene. Die Analyse dieser Phänomene ermöglicht zum einen Erkenntnisse über Produktionseinheiten; zum anderen bietet sie Hinweise auf zugrunde liegendes Wissen und liefert damit Aufschlüsse über den Stand des Erwerbs. Die Untersuchung von Monitoring-Prozessen bei der mündlichen Produktion in der Fremdsprache stellt somit eine Möglichkeit der Beschreibung dar, wie Lernende von ihrem lernersprachlichen Wissen Gebrauch machen und welchen Status dieses Wissen bei ihnen einnimmt. Das Nicht-Auftreten von Selbstreparaturprozessen könnte beispielsweise ein Hinweis darauf sein, daß sich Lernende ihrer Produktion und des dabei angewendeten sprachlichen Wissens sicher sind und daß die Anwendung dieses Wissens bereits zu einem gewissen Grad automatisiert und damit der eigenen Aufmerksamkeit nur noch begrenzt zugänglich ist. Es gibt Evidenz dafür, daß den meisten LI-Sprechern der Inhalt ihrer Äußerungen wichtiger ist als deren Form. Erklärt wird dies damit, daß es ihnen mehr darauf ankommt, ihre Mitteilung flüssig und verständlich zu produzieren, als um jeden Preis grammatisch korrekt zu sprechen (vgl. dazu insbesondere auch LEVELT 1989: 497). Da ihrer Ansicht nach die grammatische Korrektheit für das Gelingen der Interaktion nicht entscheidend ist, korrigieren Muttersprachler nicht sämtliche der ihnen unterlaufenen grammatischen Fehler (BARDOVI-HARLIG/ DÖRNYEI 1998). Mögliche Gründe dafür, daß Sprecher Fehler nicht korrigieren - und zwar, obwohl sie sie bemerkt haben sind also a) der Wunsch nach flüssiger, reibungsloser Produktion, b) die Annahme, daß die betreffende Äußerung trotz ihrer Fehlerhaftigkeit verständlich ist, oder insbesondere im Falle von L2-Sprechern c) die Unfähigkeit zu reparieren. Relevant ist im Rahmen erwerbsspezifischer Untersuchungen allerdings nicht nur, was objektiv korrekturbedürftig ist, sondern vor allem, was subjektiv für überprüfungs- und korrekturbedürftig gehalten wird. Auch können Äußerungen, die während des Planungsstadiums und beim präartikulatorischen Monitoring als korrekt eingestuft werden, im Verlauf der Artikulation als falsch oder unangemessen beurteilt und entsprechend unmittelbar anschließend modifiziert werden. Eine Möglichkeit, den Gründen für das Produktionsverhalten von L2-Sprechern auf die Spur zu kommen, besteht in der Anwendung introbzw. retrospektiver Verfahren, bei denen die Lernenden selbst Auskunft über die von ihnen während der Produktion wahrgenommenen Vorgänge geben (vgl. dazu AGUADO, in Vorbereitung). Es ist festzuhalten, daß Monitoring teilweise ein bewußter Prozeß ist, der Aufmerksamkeit und Kontrolle erfordert. Je weniger automatisiert die Sprachbeherrschung ist, desto mehr bewußte Kontrolle ist erforderlich. Die Menge der für das Monitoring zur Verfügung stehenden Aufmerksamkeit beeinflußt den Verlauf und die Effizienz dieses Prozesses maßgeblich. Wenn zwei (oder mehr) Prozesse Aufmerksamkeit benötigen und um diese konkurrieren, so hat dies Auswirkungen auf die Performanz. Sprachproduktion und Monitoring greifen auf dieselben Aufmerksamkeitsressourcen zu, müssen sie also miteinander teilen. Insbesondere bei L2-Sprechern, deren sprachliche Enkodiermechanismen und Produktionsprozesse (noch) nicht automatisiert sind, spielt die AufmerksamlFILlllL 32 (2003) Kognitive Konstituenten der mündlichen Produktion in der Fremdsprache ... 19 keit deshalb eine wichtige Rolle. Durch einen höheren Automatisierungsgrad auf den einzelnen sprachlichen Ebenen wird mehr Aufmerksamkeitskapazität für andere Bereiche der Sprachproduktion freigesetzt, wie beispielsweise die Konzeptualisierung, die diskursstrategische Planung und Strukturierung oder das Monitoring. Im Hinblick auf die Funktion des Monitors im L2-Erwerb stellt sich die Frage nach der Veränderung des Monitoring-Verhaltens im Laufe der Zeit. Es gibt Evidenz dafür, daß sich dieses Verhalten mit zunehmender L2-Kompetenz verändert und zwar dergestalt, daß fortgeschrittene Lerner ähnlich wie L1 -Sprecher ihre Aufmerksamkeit stärker auf die inhaltliche Dimension, genauer: auf die richtige lexikalische Wahl (KORMOS 2000) und auf die Diskursebene richten und zunehmend weniger auf die sogenannten niedrigen sprachlichen Ebenen (vgl. VANHEST 1996). Hinsichtlich der Faktoren, die neben dem jeweiligen Aufmerksamkeitsfokus einen Einfluß auf das Monitoring ausüben können und die es deshalb in empirischen Untersuchungen zu berücksichtigen gilt, sind u.a. zu nennen: eigene Prioritäten, individueller Lernertyp, Erwerbstyp, Lern- und Unterrichtserfahrung, Aufgabentyp und Aufgabenstellung, Kompetenzniveau, Interaktionspartner (vgl. BEYER in diesem Band [69-91)). 3. Automatisierung Automatisierung ist ein Teilprozeß des Lernens. Automatisierte Fähigkeiten sind gekennzeichnet durch einen hohen Grad an Sicherheit, ein hohes Maß an Verfügbarkeit und einen relativ niedrigen Grad an Veränderlichkeit. Die folgenden Charakterisierungen werden als Merkmale automatisierter Handlungen genannt. 4 Automatisierte Tätigkeiten entwickeln sich mit umfassender Übung können mühelos und effizient ausgeführt werden sind gegenüber Veränderungen resistent sind durch andere Tätigkeiten unbeeinflußt interferieren nicht mit anderen Tätigkeiten werden nicht mit Absicht initiiert werden nicht bewußt gesteuert benötigen keine mentale Anstrengung (vgl. UNDERWOOD/ EVERATT 1996: 268). Gleichzeitig ausgeführte automatisierte Tätigkeiten bzw. Vorgänge also solche, die keine oder nur geringe Aufmerksamkeit erfordern stören einander nicht. Für NEUMANN (1996: 624) ist die Automatisierung entsprechend ein Mittel zur Bewältigung bzw. Verhinderung von Interferenzen. Eine wichtige Funktion der Automatisierung ist also die Freisetzung von Kapazität für die gleichzeitige Ausführung von aufmerksarnkeitsintensiveren Aktivitäten. In diesem Zusammenhang und mit Bezug auf L2-sprachliche Fertigkeiten illustrativ ist die folgende Feststellung von Johnson (1996: 137): "The skill of 4 Die terminologische Unterscheidung zwischen Automatisierung auf der einen Seite und Automatizität (bzw. Automatisiertheit) auf der anderen zielt darauf ab, zwischen dem eher langwierigen, u.U. mühevollen Prozeß und dem mit Leichtigkeit und Schnelligkeit zu produzierenden Resultat zu differenzieren. lFILIUIL 32 (2003) 20 Karin Aguado automization [sie! ] is the ability to get things right when no attention is available for getting them right." Daneben wird aber auch die Ansicht vertreten, daß nicht einmal hochgradig automatisierte Prozesse völlig ohne Aufmerksamkeit ablaufen, sondern daß sie statt dessen mit extrem schnellen Aufmerksamkeitswechseln verbunden sind, die dem Individuum entweder überhaupt nicht bewußt werden oder die es schnell wieder vergißt. Wenn also eine Handlung automatisch und mühelos erscheint, so muß dies nicht zwangsläufig bedeuten, daß sie gänzlich aufmerksamkeitsfrei ist. Es scheint vielmehr so zu sein, daß die Aufmerksamkeit effizient dort eingesetzt wird, wo sie während des Verarbeitungsprozesses am stärksten erforderlich ist (vgl. dazu TEMPLE 1992: 31). In neueren Forschungen wird daher ein Kontinuum der Automatisierung angenommen. Es handelt sich hier also nicht um ein 'Alles-oder-nichts'-, sondern eher um ein 'Mehr-oder-weniger'-Phänomen. Komplexe Fertigkeiten sind nicht ausschließlich entweder durch den einen automatischen - oder den anderen nicht-automatischen - Verarbeitungsmodus .gekennzeichnet. Das heißt, daß automatische Prozesse „auch dann noch Wirkungen aufmerksamkeitsbezogener Faktoren aufweisen, wenn sie als automatisiert gelten können" (UNDERWOOD/ EVERATI 1996: 269). Da es keine 'rein automatischen' oder 'rein kontrollierten' Prozesse gibt, ist entsprechend keine völlige Isolierung dieser beiden Modi möglich. So kann es also lediglich darum gehen, den Grad der Automatisierung zu erfassen. Das Problem hinsichtlich der Annahme eines solchen Kontinuums ist allerdings seine Eindimensionalität. Im Fokus steht der quantitative Aspekt und nicht so sehr die mögliche qualitative Veränderung der Gesamttätigkeit durch die zunehmende Automatisierung der einzelnen Teiltätigkeiten. Bei der Automatisierung handelt es sich aber nicht nur um eine verbesserte „Genauigkeit und Geschwindigkeit sowie eine zunehmende Reibungslosigkeit der Ausführung" (UNDERWOOD/ EVERATI 1996: 270), mit der etwas rezeptiv und produktiv verarbeitet werden kann. Mindestens ebenso wichtig ist die qualitative Veränderung des Verarbeitungsprozesses und die zunehmende Kontrolle über diesen Prozeß, die einen vereinfachten Zugang zu dem erforderlichen 'Wissen' ermöglicht. Neben der wichtigen Rolle, die der Wiederholung bzw. der Übung für die Automatisierung zukommt, ist ebenso zu berücksichtigen, daß individuell unterschiedliche Geschwindigkeiten hinsichtlich dieses Prozesses zu beobachten sind, die einerseits mit der Menge und der Art des Wissens zusammenhängen und die andererseits von der Relevanz abhängen; die das lernende Individuum dem jeweiligen Wissen zuschreibt. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang die Feststellung von Logan [et al.], nämlich: "[that] extensive training is not necessary to produce the qualitative changes associated with automatization" (LOGAN! TAYLORIETHERTON 1996: 623). In eine ähnliche Richtung geht auch die Annahme von SHARWOOD SMITH (1996): "A highly emotive situation could replace hours of exposure and practice by making some word or structure 'meaningful' for the normally fairly resistant learning mechanism." Es besteht allerdings kein Grund dafür, die von Sharwood Smith genannte 'Bedeutsamkeit' ausschließlich auf fremden Input zu beschränken. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, daß sich L2-Lernende 'bedeutsame' Strukturen bei der Produktion fremdsprachlichen Outputs auch selbst schaffen und ihren L2-Erwerbsprozeß somit positiv beeinflussen können. lFLllL 32 (2003) Kognitive Konstituenten der mündlichen Produktion in der Fremdsprache ... 21 3.1 Automatisierung und L2-Erwerb Ein zentrales Charakteristikum automatisierter Prozesse ist ihr vergleichsweise schneller und stets gleicher Ablauf, was zur Freisetzung kognitiver Ressourcen führt, die wiederum für andere, aufmerksamkeitsintensivere Tätigkeiten oder Aufgaben genutzt werden können. In bezug auf Sprache ist zu beobachten, daß in erster Linie sehr frequente Sequenzen automatisiert werden, bezüglich deren Korrektheit bei den Sprechern eine relativ hohe Sicherheit besteht. Der hohe Automatisiertheitsgrad muttersprachlicher Sprachproduktion zeigt sich besonders deutlich an sprachlichen Routinen, Sprechakten wie Begrüßungen, Glückwünschen, Beileidsbezeugungen sowie an Redewendungen oder idiomatischen Ausdrücken. Mit Hilfe solcher formelhaften und lexikalisierten Sequenzen gelingt es Sprechern, über weite Strecken korrekt und flüssig zu sprechen wobei auf allen sprachlichen Ebenen eine Fülle von sprachbezogenen Regeln zu beachten ist. Nicht nur Kinder, die ihre Erstsprache erwerben, überraschen ihre Interaktionspartner zuweilen durch Äußerungen, die sich durch einen Grad an Komplexität, Korrektheit und Flüssigkeit auszeichnen, der deutlich über ihrem „eigentlichen" Kompetenzniveau liegt. Kinder erwerben offensichtlich mittels Imitation hochgradig komplexe Äußerungen, die sie kreativ nicht bilden könnten. Auch in den Produktionen von L2-Sprechern sind zahlreiche Sequenzen beobachtbar, die hinsichtlich ihrer Komplexität und/ oder ihrer Korrektheit und Flüssigkeit auf einem Niveau produziert werden, das deutlich über den übrigen regelgeleitet gebildeten - Äußerungen des jeweiligen Lerners liegt. Eine plausible Erklärung, die sowohl für die LI als auch die L2-Produktion angeführt werden kann, ist die Annahme, daß Sprecher auf ein großes Repertoire teilweise oder gänzlich vorgefertigter, memorisierter Sequenzen zurückgreifen (vgl. dazu auch AGUADO 2002a). Eine auf automatisierten, lexikalisierten Sequenzen basierende Sprachproduktion ermöglicht nicht nur eine größere Komplexität sowie eine höhere Korrektheit, sondern auch eine höhere Produktionsgeschwindigkeit. In bezug auf den Sprachgebrauch von L2-Sprechern lassen sich mindestens zwei zentrale Funktionen automatisierter Sprache unterscheiden: 1. Automatisierte Sequenzen bieten Sprechern die Möglichkeit, mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an kommunikativer Wirkung zu erzielen: Auch ohne vorhandene Regelkenntnisse ist angemessenes kommunikatives Handeln möglich, und insofern haben diese Sequenzen eine wichtige kommunikationsstrategische Funktion. 2. Wenn der Gebrauch komplexer automatischer Sequenzen einer längerfristig angelegten Analyse und damit der Generierung sprachlichen Wissens im weitesten Sinne dient und zu dessen anschließendem kreativen Gebrauch führt, handelt es sich um eine erwerbsbzw. lernstrategische Funktion. Sowohl kindliche als auch erwachsene L2-Lerner verwenden formelhafte, automatisierte Ausdrücke aus erwerbs- und kommunikationsstrategischen Gründen; darüber hinaus ist bei Erwachsenen noch eine weitere strategische Funktion festzustellen, die bei jüngeren Lernern möglicherweise aufgrund ihres weniger ausgeprägten diskursbezogenen Wissens kaum von Bedeutung zu sein scheint: der Gebrauch von automatischen Sequenzen als Produktionsstrategie. Konkret heißt dies, daß mittels automatischer lFLlllllL 32 (2003) 22 Karin Aguado Sequenzen bewußt oder unbewußt - Zeit für die Planung kreativer bzw. regelbezogener Sprache gewonnen wird (Beispiel: also, ich sag mal, wie sagt man doch gleich oder na, sag schon etc.; vgl. zu den strategischen Funktionen formelhafter Sprache AGUADO 2002a). Es ist zu beobachten, daß erwachsene Lerner, die über eine für ihre persönlichen Zwecke ausreichende fremdsprachliche Kommunikationsfähigkeit verfügen, häufig ohne allzu weitreichende Grammatikbzw. Regelkenntnisse auf ein Repertoire formelhafter Ausdrücke zurückgreifen und da sie kommunikativ erfolgreich sind offenbar keine Notwendigkeit sehen, ihre sprachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten weiter auszubauen. Aus diesem Grund ist der Gebrauch formelhafter Sprache erwachsener L2-Sprecher häufig mit negativen Konnotationen versehen und wird nicht selten in einem Atemzug mit Fossilisierungen genannt. Eine solche normorientierte Betrachtungsweise mündlicher L2-Produktion vernachlässigt allerdings die zuvor genannten Funktionen, die dem Gebrauch komplexer, ganzheitlich zur Verfügung stehender Sprache im fremdsprachlichen Produktions- und Erwerbsprozeß zukommen. 4. Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzuhalten, daß Aufmerksamkeit eine zentrale Konstituente der mündlichen Sprachproduktion in der Fremdsprache darstellt. So ist ein relativ hohes Maß an Aufmerksamkeit erforderlich, wenn Äußerungen erstmalig und kreativ produziert und auf Angemessenheit oder Korrektheit hin überprüft werden (müssen). Insbesondere zu Beginn des Erwerbsprozesses, wenn mit eher begrenzten Ressourcen vergleichsweise hohe kognitive Anforderungen bewältigt werden müssen, spielt die sprecherseitige Aufmerksamkeit eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ausgehend von der Annahme, daß sich Kompetenz zu einem bedeutenden Anteil durch Performanz entwickelt, muß der auf den eigenen Output gerichteten Aufmerksamkeit eine zentrale Funktion zugeschrieben werden, denn wie und worauf L2-Lerner ihre Aufmerksamkeit im einzelnen richten, hat Auswirkungen auf die Qualität ihrer Sprachproduktion. Aus der Prämisse, daß die Aufmerksamkeit grundsätzlich gerichtet werden kann, ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten der experimentellen Manipulation. Einerseits können Instruktionen L2- Sprecher dazu veranlassen, ihre Aufmerksamkeit bei der Bewältigung sprachlicher Aufgaben schwerpunktmäßig auf ausgewählte Aspekte der Sprachproduktion zu richten (z.B. auf sprachliche Korrektheit oder inhaltliche Vollständigkeit). Andererseits kann die Aufmerksamkeit indirekt dadurch gelenkt werden, daß die Lernenden unterschiedlichen Interaktionssituationen ausgesetzt werden (z.B. Interaktionen mit Partnern unterschiedlichen sozialen Ranges). Trotz der Tatsache, daß der psychische Prozeß des Monitoring bei jeglicher Sprachproduktion als gegeben vorausgesetzt werden kann, werden Monitortheorien in produktionsspezifischen Studien nur selten einer empirischen Überprüfung unterzogen. Um diesbezüglich die theoriegeleitete Forschung voranzutreiben, wird im Rahmen des hier vorgestellten Forschungsprojekts ein konstitutiver Aspekt des Monitoring nämlich lFILll! lL 32 (2003) Kognitive Konstituenten der mündlichen Produktion in der Fremdsprache ... 23 seine Abhängigkeit von Aufmerksamkeitsprozessen herausgearbeitet. Auf der Basis des bisherigen Forschungsstandes werden Hypothesen über das durch Monitor-Prozesse induzierte Selbstreparaturverhalten von L2-Lemem unter unterschiedlichen Aufmerksamkeitsbedingungen überprüft. Empirisch abgesicherte Erkenntnisse über die Manipulationsmöglichkeiten des Monitors versprechen neue Perspektiven für die Praxis des fremdsprachlichen Unterrichts. In bezug auf die Erforschung der kognitiven Konstituente Automatisierung ist zusammenfassend folgendes festzustellen: Während sich in der Kognitiven Psychologie eine Reihe empirischer Arbeiten mit Automatisierungen und Automatismen befassen, sind sie im Rahmen der Empirischen Fremdsprachenerwerbsforschung bisher nur wenig untersucht worden. Auch fehlt eine L2-spezifische Theorie der Automatisierung, die zweifellos eine elementare Komponente von Sprachproduktions- und Spracherwerbsprozessen darstellt. Zur Erfüllung dieses Forschungsdesiderats wurden im Rahmen des im vorliegenden Themenband präsentierten Projekts aus allgemeinen Charakteristika von Automatisiertheit im Bereich der Kognitiven Psychologie spezielle Vorhersagen über Automatismen in der mündlichen L2-Produktion abgeleitet. Die zuvor dargestellten Überlegungen zur Operationalisierung von Aufmerksamkeit wurden in ein mehrmethodisches Forschungsdesign überführt und im Rahmen einer kombinierten Quer- und Längsschnittuntersuchung erforscht, wobei Monitoring und Automatisierung als abhängige Variablen betrachtet und analysiert werden. Wie die .Aufmerksamkeit unter den eigens dafür geschaffenen experimentellen Bedingungen manipuliert wird und welchen Einfluß der jeweilige Fokus der Aufmerksamkeit auf die Verwendung automatischer bzw. kreativer Sprache hat, wird in dem Beitrag von BÄREN- FÄNGER (in diesem Band [50-68]) dargestellt. Es wurden in der psychologischen Forschung eine Reihe voh Theorien und Modellvorstellungen entwickelt, die in der fremdsprachenerwerbsspezifischen Forschungsliteratur häufig zur Erklärung von L2-bezogenen Automatisierungsprozessen herangezogen werden und die das Ziel verfolgen, die Entwicklung und Automatisierung von Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten zu erklären. Trotz der Anerkennung der Tatsache, daß diese Theorien generell dazu beitragen können, die zunehmende Automatisierung von (v.a. motorischen) Fähigkeiten zu erklären, bleiben Zweifel, ob die in der Experimentellen Psychologie durchgeführten, hochgradig künstlichen bzw. extrem kontrollierten Laboruntersuchungen bei denen es. in der Regel nicht um sprachliche und noch viel weniger um fremdsprachliche Fähigkeiten geht der L2- Produktion überhaupt gerecht werden können und Rückschlüsse auf die für den Erwerb relevanten Prozesse erlauben. Ein allzu schneller und unkritischer Transfer von Konzepten und Erkenntnissen der Psychologie auf die Fremdsprachenerwerbsforschung ist daher nicht unproblematisch. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Spezifik fremdsprachenerwerblicher Prozesse in den meisten bisher aufgestellten Modellierungen von Automatisierungsprozessen nicht ausreichend berücksichtigt wird (vgl. dazu insbesondere TRUSCOTT 1998)ein Defizit, dem das im Rahmen des vorliegenden Publikation vorgestellte und diskutierte Forschungsprojekt entgegen zu wirken sucht. lFLuL 32 (2003) 24 Karin Aguado Literatur AGUADO, Karin (2002a): "Formelhafte Sequenzen und ihre Funktionen für den L2-Erwerb". In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik (ZJAL) 37, 27-49. AGUADO, Karin (2002b): Imitation als Erwerbsstrategie. Interaktive und kognitive Dimensionen des Fremdsprachenerwerbs. Universität Bielefeld (Habilitationsschrift). AGUADO, Karin (in Vorbereitung): "Introspektive Verfahren als Zugangsmöglichkeit zu Emotion und Kognition". BARDOVI-HARLIG, Kathryn/ DÖRNYEI, Zoltan (1998): "Do language learners recognize pragmatic violations? 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In recent years there has been an increasing number of studies concerning these topics. Y et it seems difficult to state results and findings strongly. This is due to the interdependence of those cognitive processes. This survey therefore aims at raising consciousness for methodological problems by comparing recent research using the following criteria: firstly, the,exact definition of the subject of research is a prerequisite in order to see how it compares to the subject of any research question. Secondly, research designs and operations are reviewed, as they define how characteristics of the research subject can be observed. Thirdly, measures are reviewed, as they should be in line with the operations. The survey will show that on the one hand the interdependence between Awareness, Automatization and Monitoring is not taken into account properly; and on the other hand that operations and designs are hardly comparable. Moreover, different studies utilize a multitude of different measures. The author argues for a theoretical framework or model, which would allow testable hypotheses conceming the above processes and for more comparable operations and designs. 1. Einleitung Der folgende Beitrag soll unter besonderer Berücksichtigung forschungsmethodischer Aspekte einen Überblick über empirische Erhebungen geben, die sich mehr oder weniger explizit mit den kognitiven Prozessen Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring befassen. Die Erörterung forschungsmethodischer Aspekte erscheint zwingend notwendig, da methodische Mängel die Aussagekraft empirischer Arbeiten erheblich beeinträchtigen können. Voraussetzung einer fundierten Kritik sind jedoch umfangreiche Kenntnisse des Rezipienten über die Konzeptualisierung des Untersuchungsgegenstandes, der vorgenommenen Operationalisierungen, der eingesetzten Instrumente und Auswertungsverfahren. Oft jedoch kann das Kriterium der Transparenz des Forschungsprozesses auf Grund pragmatischer Zwänge nicht hinreichend erfüllt werden (AGUADO 2000). Im folgenden soll versucht werden, verschiedene methodische Ansätze zur empirischen Erforschung fremdsprachlicher Sprachproduktion vergleichend vorzustellen. Die Vielzahl empirischer Erhebungen läßt jedoch eine Reduktion sinnvoll erscheinen. Einerseits ist festzustellen, daß seit CROOKES (1991) kein umfassender methodisch ausgerich- Korrespondenzadresse: Jan STEVENER, M.A., Khon Kaen University, German Section, Faculty of Humanities and Social Sciences, KHoN KAEN 40002, Thailand. E-mail: janstevener@yahoo.de Arbeitsbereiche: Fremdsprachenerwerbsforschung, Fremdsprachenvermittlung, Sprachproduktionsmodelle. lFILillllL 32 (2003) 28 Jan Stevener teter Überblick zur L2-Erwerbsforschung erschienen ist; so werden vor allem neuere Arbeiten seit 1991 berücksichtigt. Andererseits wird eine Reduktion des Phänomenbereichs vorgenommen. Die kognitiven Prozesse Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring sind zentrale Variablen im L2-Sprachproduktionsprozeß (für eine ausführliche Darstellung siehe den Beitrag von AGUADO in diesem Band, 12-27). Obwohl in diesem Forschungsbereich zu konstatieren ist, daß CROOKEs Forderung "it is necessary to conduct studies of the same topic using different techniques in order tobe in a position to state findings strongly" (1991: 123) Rechnung getragen wird, so zeigt doch eine genauere Betrachtung, daß hier unterschiedliche Operationalisierungen und Maße sowie Unklarheiten bezüglich des Untersuchungsgegenstandes die Vergleichbarkeit gewonnener Ergebnisse erschweren. Die Aufgabe des hier vorliegenden Artikels besteht darin, mit Hilfe zentraler inhaltlicher Kriterien die unterschiedlichen methodischen Ansätze kritisch darzustellen. Als zentrale inhaltliche Kriterien gelten die exakte Benennung des Untersuchungsgegenstandes, die Operationalisierung der Forschungsfrage und die verwendeten Maße (BÄRENFÄNGERISTEVENER 2001). Während die Benennung des Untersuchungsgegenstandes eine Einschätzung erlaubt, inwieweit der Gegenstand eines Verfahrens mit dem Gegenstand einer konkreten Fragestellung übereinstimmt, gibt die Operationalisierung an, welche beobachtbaren Sachverhalte den Merkmalen zuzuordnen sind; aus diesen leiten sich dann die verwendeten Maße ab. Obwohl auch die technische Seite eines Verfahrens (z.B. Auswertungssoftware, Apparatur, Datenformat etc.) für die Einschätzung der Effektivität empirischer Forschung relevant ist, muß aus Platzgründen auf eine Erörterung verzichtet werden. Mit der so systematisierten Darstellung empirischer Erhebungen ist zu hoffen, daß einerseits die Interdependenzen zwischen den Phänomenbereichen Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring zu Tage treten; andererseits soll so der Weg für die Schaffung eines theoretischen Rahmens, dessen Fehlen bereits von CROOKES (1991) angemahnt und noch 1999 von KORMOS bestätigt wurde, geebnet werden. Ein solcher Rahmen sollte, ähnlich wie das Sprachproduktionsmodell von LEVELT (1989) für die Ll- Sprachproduktionsforschung, die Möglichkeit bieten, stärker hypothesentestend zu arbeiten und unterschiedliche empirische Befunde integrieren zu können. 2. Aufmerksamkeit 2.1 Gegenstand Neuere Arbeiten zur Bedeutung der Aufmerksamkeit gehen einerseits davon aus, daß Aufmerksamkeit und Noticing von zentraler Bedeutung für den Fremdsprachenerwerbsprozeß sind (SCHMIDT 1990, 1994). Diese Auffassung richtet sich gegen frühere Annahmen, nach denen bewußtes Lernen zwar dem Monitor explizites Regelwissen zuführen kann, der Erwerbsprozeß jedoch unbewußt abläuft (vgl. KRASHEN 1981). SCHMIDTS Konzept von Aufmerksamkeit erfuhr eine feinere Gliederung durch TOMLINNILLA (1994), die verschiedene Grade gerichteter Aufmerksamkeit (Alertness, Orientation, Detection) unterscheiden, sowie durch ROBINSON (1995), der neben "Detection" die lFLd 32 (2003) Aufinerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 29 Aufnahme des Inputs in das Kurzzeitgedächtnis zur Bedingung des Erwerbs macht. Andererseits wird angenommen, daß die hierfür notwendigen Ressourcen begrenzt sind (VANPATTEN 1990) und deshalb Aufmerksamkeit selektiv auf bestimmte Aspekte der Sprachproduktion gerichtet wird (LEVELT 1989). Die verschiedenen für die Sprachproduktion und -rezeption relevanten kognitiven Komponenten stehen in einem Konkurrenzverhältnis um diese begrenzten Ressourcen (u.a. FOSTERISKEHAN 1999). Die Entscheidung, Aufmerksamkeit auf einen bestimmten sprachlichen Aspekt zu richten, kann sich sehr wohl nachteilig auf andere sprachliche Aspekte auswirken. Die meisten in diesem Bereich durchgeführten Studien gehen seit VANPATTEN (1990) davon aus, daß Lerner ihre Aufmerksamkeit entweder auf die sprachliche Form einer Äußerung oder auf deren Inhalt richten. V ANPATTEN (1996) zufolge wird den inhaltlichen Aspekten einer Äußerung Priorität eingeräumt. Neuere Studien (FOSTERISKEHAN 1996, 1999; SKEHAN/ POSTER 1996, 1997), die im Zusammenhang mit der Erforschung des Einflusses von unterschiedlichen Planungszeiten innerhalb bestimmter Aufgabentypen durchgeführt worden sind, konnten Wechselwirkungen bei der Verteilung von Aufmerksamkeitsressourcen weiter belegen. FOSTERISKEHAN (1996, 1999) sehen einerseits unterschiedlich lange Planungszeiten als eine Methode, Aufmerksamkeitsprozesse zu beeinflussen, andererseits untersuchen sie drei Bereiche, auf die Aufmerksamkeit gerichtet werden kann: Flüssigkeit, Korrektheit und Komplexität. Flüssigkeit wird als Indiz dafür gesehen, daß der Sprecher vor allem Bedeutung vermitteln will und deshalb seine Aufmerksamkeit auf die inhaltlichen Aspekte einer Äußerung richtet. Korrektheit spiegelt dementsprechend das Maß der Aufmerksamkeit wider, welches auf die formalen Aspekte der Sprachproduktion gerichtet wird; SKEHANIFOSTER (1999: 221) sehen hier vor allem das Bedürfnis von Lernern nach Kontrolle durch konservativen Sprachgebrauch reflektiert. Komplexität wird im Zusammenhang mit höheren kognitiven Prozessen als die Bereitschaft interpretiert, Risiken einzugehen und Sprache innovativ zu gebrauchen. So kann Komplexität aus fremdsprachenerwerbsspezifischer Perspektive als Variable zur Beschreibung von Sprachproduktion dienen. Darüber hinaus scheint Komplexität jedoch eine Beschreibungskategorie für Aufmerksamkeitsprozesse bereitzustellen, welche wertvolle Zusatzinformationen über die Qualität von Sprachproduktionen liefert, die mit den herkömmlichen Kategorien Flüssigkeit und Korrektheit nicht erfaßt werden können. Obwohl deutlich ist, daß Komplexität sowohl inhaltliche als auch formale Aspekte der Sprachproduktion reflektiert, besteht kein Konsens darüber, wie Komplexität in gesprochener Sprache zu beschreiben ist (FOSTERITONKYNIWIGGLESWORTH 2000). Auch legen bisherige Studien (FOSTER/ SKEHAN 1996, 1999; SKEHANIFOSTER 1996, 1997) die Vermutung nahe, daß zwischen Komplexität und Korrektheit ebenfalls Konkurrenz bezüglich erforderlicher Aufmerksamkeitsressourcen besteht. Insbesondere für empirische Forschung ist auch zu beachten, daß unterschiedliche Aufgabenstellungen die zu erzielenden Resultate beeinflussen. So scheinen Aufgaben, bei denen vorherige Planungsphasen vom Forscher gelenkt werden, zu komplexerer Sprachproduktion zu führen, während ungelenkte Planungsphasen eher zu korrekteren Ergebnissen führen (FOSTERISKEHAN 1999). IFJLllllL 32 (2003) 30 Jan Stevener Des weiteren kann der von den jeweiligen Aufgaben geforderte Diskurstyp unterschiedliche kognitive Ressourcen erfordern. GROSJEAN (1980) geht davon aus, daß Bildbeschreibungen kognitiv aufwendiger sind als Interviews. Auch SKEHAN/ FOSTER (1997) sowie BYGATE (1999) untersuchen den Einfluß verschiedener Aufgabentypen und des damit geforderten Diskurstyps (narrative, personal, decision making bzw. argument und narrative) auf die Sprachproduktion. BYGATE (1996) untersucht zusätzlich den Einfluß von Aufgabenwiederholungen auf Aufmerksamkeitsverteilungen. Studien, die den Effekt verschiedener Aufgabentypen auf die Verteilung von Aufmerksamkeitsressourcen thematisieren, verbinden dies mit der Frage nach dem Nutzen, den bestimmte Aufgabentypen für den Fremdsprachenerwerb haben, denn aus den empirischen Befunden lassen sich Entscheidungen über die Curriculum-Planung ableiten. Weiterführend wird hier ein Anknüpfungspunkt an die "focus-on-form"-Diskussion (siehe u.a. LONG/ ROBINSON 1998) geliefert, in der die Verteilung der Ressourcen zwischen Form (focus-on-formS) und Inhalt (focus-on-meaning) im Rahmen von Instruktionsmaßnahmen evaluiert wird. Kritisch ist anzumerken, daß es bislang keine Studien gibt, die den Zusammenhang von Aufmerksamkeitsprozessen und Fremdsprachenerwerb longitudinal untersuchen. Einige empirische Studien verorten den Untersuchungsgegenstand Aufmerksamkeit in Modellen, die den theoretischen Bezugsrahmen bilden. Neben dem bereits genannten Sprachproduktionsmodell von LEVELT (1989) bietet auch das ACT-Modell (Adaptive Control of Thought) von ANDERSON (1983) einen theoretischen Bezugsrahmen für Aufmerksamkeitsprozesse. Andersons Modell beschreibt den Prozeß der Umwandlung aufmerksamkeitsintensiver kognitiver Operationen in automatisierte Vorgänge. Der Nutzen dieses Modells für die Fremdsprachenerwerbsforschung wird seit Anfang der 90er Jahre theoretisch diskutiert (COOK 1991, 1993; CROOKES 1991) und empirisch zu überprüfen versucht (TOWELLIHAWKINS/ BAZERGUI 1996). Im Rahmen dieser theoretischen Grundannahmen ist eine Trennung des Untersuchungsgegenstandes Aufmerksamkeit von Monitoring-Prozessen und Automatisierung problematisch, da sich Fremdsprachenerwerb und Interlanguage-Entwicklung auf einem Kontinuum zwischen kontrollierten, d.h. aufmerksamkeitsintensiven, und automatisierten, d.h. aufmerksamkeitsarmen, Prozessen vollziehen. Auch scheinen Konzepte, die Monitoring als Operation auf der artikulatorischen Stufe und Planung als Operation auf der formulativen Stufe bezeichnen (CROOKES 1991), zu kurz zu greifen (für eine ausführlichere Darstellung siehe den Beitrag von BEYER in diesem Band [69-91]). 2.2 Operationalisierung und Design Der theoretischen Eigenschaft von Aufmerksamkeit, auf unterschiedliche Bereiche der Sprachproduktion gerichtet werden zu können, lassen sich verschiedene beobachtbare Sachverhalte zuordnen. Wird die Aufmerksamkeit auf inhaltliche Aspekte gerichtet, so ist eine flüssige Sprachproduktion zu erwarten; wird sie auf die sprachliche Form gerichtet, so sollte eine korrektere Sprachproduktion zu erwarten sein. Komplexität hingegen kann als ein Anzeichen dafür gesehen werden, daß erhöhte Aufmerksamkeit auf konzeptuelle Aspekte der Sprachproduktion gerichtet wird (FOSTERISKEHAN 1999: 221}. lFILl.lllL 32 (2003) Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 31 F0STERISKEHAN (1999) trennen hier weiter zwischen dem Fokus der Aufmerksamkeit bzw. Planung und ihrer „Quelle" und untersuchen Planungsprozesse auch hinsichtlich der Frage, wie Aufmerksarnk: eitsverteilungen initiiert werden (selbstinitiiert, lehrerinitiiert, gruppenbasiert). Darüber hinaus kann auch die Menge der zur Verfügung stehenden Aufmerksamkeit manipuliert werden. Da Aufmerksamkeit ein Prozeß ist, der in realer Zeit abläuft, kann sie experimentell über die Zeit, die für Planungsprozesse bereitgestellt wird, beeinflußt werden. Dies geschieht insbesondere in den Studien, die den Zusarnrnenhang von Planungsprozeß und Aufmerksamkeitsfokus herauszuarbeiten versuchen (CR00KES 1989; ELLIS 1987; FOSTERISKEHAN 1996, 1999; MEHNERT 1998; SKEHAN/ F0STER 1996, 1997). Die in diesem Zusarnrnenhang durchgeführten Erhebungen sind ausschließlich experimenteller Natur. Dies erscheint deswegen sinnvoll, weil rnit experimentellen Designs relativ eng gefaßte Fragestellungen bearbeitet werden können. Der daraus entstehenden Gefahr einer hohen Künstlichkeit der Erhebungssituation wird unterschiedlich Rechnung getragen. Während z.B. CR00KES (1989) seine Erhebung in einem Sprachlabor durchführt, argumentieren SKEHANIF0STER für eine möglichst natürliche Erhebungssituation: "Because of the unknown effects on language performance that may be caused by an unfamiliar setting and unusual procedures (as one would be likely to get in a straightforwardly experimental context), it was considered important to maintain a normal classroom setting as far as possible throughout the study" (SKEHANIFOSTER 1997: 193 f). Die genannten Erhebungen von SKEHAN und POSTER (F0STERISKEHAN 1996, 1999; SKEHAN/ F0STER 1996, 1997) wurden deshalb im gewohnten Klassenzirnrner der Probanden durchgeführt. MEHNERT (1998) führt ihre Erhebung zwar in einem Sprachlabor durch, konzipiert aber die Aufgabenstellung so, daß sie in der spezifischen Erhebungssituation natürlich wirkt: Die Probanden sollen in der Fremdsprache eine Nachricht auf einem Anrufbeantworter hinterlassen. Obwohl so mögliche methodische Einwände berücksichtigt werden, bleibt die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse doch fraglich. Eine frühe Studie zum Einfluß von Planung auf Sprachproduktion ist die von ELLIS (1987). Ellis' Operationalisierung von Planung erfolgt über den zu produzierenden Diskurs. In seiner Studie sollten Probanden in der L2 einen schriftlichen Text, eine mündliche Nacherzählung dieses Textes und eine neue Erzählung produzieren. Ellis argumentiert, daß so fortschreitend weniger geplanter Diskurs zu erwarten ist. CR00KES (1989) hingegen gab seiner Experimentalgruppe 10 Minuten Planungszeit für die Bearbeitung eines Lückentextes. Die Kontrollgruppe erhielt keine Planungszeit. Beide Studien erzielten unterschiedliche Ergebnisse: Bei ELLIS nahm die Korrektheit rnit geringerer Planung ab, während bei CR00KES die Korrektheit nicht signifikant verändert wurde, andererseits aber ein signifikanter Einfluß auf Komplexität und Flüssigkeit zu verzeichnen war. Weiterführende Studien in diesem Bereich versuchen, das Verhältnis von gefordertem Diskurstyp und Planungszeit zu klären. FosTERISKEHAN (1996) verwenden ein 3x3- Design, bei dem zum einen die Planungszeit (10 Minuten geleitete Planung, 10 Minuten IFlLILllL 32 (2003) 32 Jan Stevener ungeleitete Planungszeit, keine Planungszeit) und zum anderen der Aufgabentyp (narrative, personal, decision-making) variiert wird. In SKEHAN/ FOSTER (1997) wird ein 2x2- Design verwendet, bei dem Planungszeit (10 Minuten, keine Planungszeit) und Aufgabentyp (mit und ohne post-task-activity) variiert werden. WIGGLESWORTH (1997) untersucht Planungszeiten (keine Planungszeit versus 1 Minute) und unterschiedliche Sprachniveaus im Kontext mündlicher Sprachtests. MEHNERT (1998) schließlich verwendet ein 4x2-Design, das feinere Zeiteinteilungen (keine Planungszeit versus 1, 5, 10 Minuten Planungszeit) mit 2 unterschiedlichen Aufgabentypen (instruction versus exposition) verbindet. Aus der Vielfalt der verwendeten Operationalisierungen wird deutlich, daß eine systematische Vergleichbarkeit der Studien untereinander nicht unproblematisch ist. Obwohl einige Studien beispielsweise 10 Minuten Planungszeiten verwenden, sind deren Ergebnisse untereinander kaum vergleichbar, da einerseits Planungszeit und Resultat keiner linearen Entwicklung zu folgen scheinen (MEHNERT 1998) und andererseits der Einfluß der zweiten unabhängigen Variablen die Vergleichbarkeit erschwert. Präzise Aussagen zum Einfluß von Aufmerksamkeit und Planung auf die Sprachproduktion sind deshalb nicht möglich. Ein dringendes Desiderat ist hier die Durchführung von Erhebungen, die vergleichbare Operationalisierungen aufweisen. Eine weitere Forschungsrichtung, die den Einfluß von Aufmerksamkeitsverteilungen auf Sprachproduktion untersucht, sind die Studien, die vorrangig den Effekt impliziter und expliziter Instruktionsmaßnahmen auf die Korrektheit des lernersprachlichen Outputs untersuchen. Explizite Instruktion wird in diesen Studien als das Lenken der lernerseitigen Aufmerksamkeit auf die formalen Charakteristika grammatischer Phänomene verstanden (CADIERNO 1995; DEGRAAFF 1997; DEKEYSER 1995; SPADAILIGHTBOWN 1993; ROBINSON 1996; TATEYAMAIKASPERIMUiffAYITHANANART 1997; VANPATTEN/ CA- DIERNO 1993a, 1993b; WmTEISPADAILIGHTBOWN! RANTA 1991; ZHOU 1991). In den genannten Studien wurden Daten ausschließlich in Laborsituationen erhoben, teilweise sogar mit künstlichen Sprachen (DE GRAAFF 1997, DEKEYSER 1995). Obwohl die Spezifik der zu untersuchenden Fragestellungen ein stark kontrolliertes Design rechtfertigt, in welchem die Reihenfolge, Quantität und Qualität des Inputs exakt bestimmt werden können, räumt einzig DEKEYSER (1995) ein, daß möglicherweise hier nur die Fähigkeit der Probanden getestet werde, kognitive Puzzles zusammenzusetzen. Andererseits wird in allen Studien das Lenken der Aufmerksamkeit über den Input operationalisiert: Der Grad der Expliziertheit grammatischer Regeln entscheidet darüber, inwieweit der Proband seine Aufmerksamkeit auf grammatische Phänomene richtet. In diesem Kontext setzen u.a. WmTEISPADAILIGHTBOWNIRANTA (1991) auch "enhanced input" (SHARWOOD~SMITH 1991) ein, welcher in unterschiedlicher Form Markierungen der zu vermittelnden Zielstruktur aufweist. Bei dieser Operationaliserung von Aufmerksamkeit bleibt jedoch fraglich, ob die Probanden wirklich ihre Aufmerksamkeit auf die explizierten Zielstrukturen gelenkt haben. So erzielte die AG FREMDSPRACHENERWERB BIELEFELD (2000) in einer Erhebung zur Effektivität verschiedener Instruktionsmaßnahmen sehr heterogene Ergebnisse, die z.T. darauf zurückzuführen waren, daß die Form des Stimulusmaterials allein nicht lFLuL 32 (2003) Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 33 ausreicht, um die Aufmerksamkeit der Probanden zu lenken. ROBINSON (1996) und das DFG-Projekt „Mündliche L2-Produktion" (BÄRENFÄNGERIBEYER 2001) versuchen deshalb, durch explizite Anweisung die Aufmerksamkeit der Probanden auf bestimmte Phänomene zu lenken. Um zu klären, welche mentalen Prozesse tatsächlich im Probanden ablaufen, bietet sich der Einsatz von Retrospektionen an. Obwohl sich mit diesem Verfahren nur ausschnitthaft bewußte mentale Prozesse erheben lassen und ROBINSON (1995) daraufhinweist, daß Aufmerksamkeit ein flüchtiges und schwer zu verbalisierendes Erlebnis sei, hat sich ihr Einsatz z.B. im Kontext des Monitoreinsatzes bei Selbstreparaturen bewährt (KORMOS 2000a, 2000b). Weiterführend ergibt sich aus den beschriebenen Wechselwirkungen zwischen den Bereichen Korrektheit, Flüssigkeit und Komplexität zwangsläufig die Frage, wie die genannten Bereiche in der Operationalisierung getrennt werden können, um klare Aussagen zu erhalten. Da Probanden ihre Aufmerksamkeit auf mehr als einen Bereich richten können (SKEHAN/ FOSTER 1997: 207), scheint es sinnvoll zu sein, ihnen in experimentellen Designs wenig Alternativen anzubieten und sie so zu einer klaren Entscheidung zu zwingen. Da in der bisherigen Literatur von starker Konkurrenz zwischen Form und Inhalt ausgegangen und Komplexität zur weiterführenden Qualitätsbeschreibung herangezogen wird, bietet es sich an, die erstgenannten Faktoren im Design zu operationalisieren und Komplexität erst bei der Auswertung und Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. 2.3 Maße Da Aufmerksamkeit auf verschiedene Bereiche gerichtet werden kann, müssen Forscher explizieren, mit welchen Maßen die empirisch beobachtbaren Eigenschaften erhoben werden können. Alle genannten Studien untersuchen so entweder die Korrektheit (im Rahmen der Erhebungen zu Instruktionsmaßnahmen) oder darüber hinaus auch die Flüssigkeit und Komplexität der Sprachproduktion (im Rahmen der Erhebungen zu Planungsprozessen). Da die verwendeten Maße nicht nur über die Angemessenheit eines Verfahrens entscheiden, sondern auch den Ausgangspunkt für eine spätere Triangulation von Daten unterschiedlicher Erhebungen bilden können (AGUADO! RIEMER 2001), soll kritisch dargelegt werden, welche Maße in den genannten Studien verwendet werden. Für den Untersuchungsbereich Flüssigkeit werden temporale Variablen gemessen. Die hier genannten Studien verwenden diejenigen Maße, die seit den achtziger Jahren für die Zweitsprachenerwerbsforschung u.a. von DECHERT/ RAUPACH (1980, 1987), FATHMAN (1980), WIESE (1984), MÖHLE/ RAUPACH (1987) RAUPACH (1987) und SAJAVAARA (1987) etabliert wurden. Im einzelnen handelt es sich hier um folgende Maße: Die Sprechrate (SR) erhält man, indem man die Gesamtzahl der produzierten Silben in einem gegebenen "Sample" durch die Gesamtdauer des Samples inklusive Pausen (gerechnet in Sekunden) teilt. Das Ergebnis wird sodann mit 60 multipliziert: Das Ergebnis gibt somit die Anzahl der produzierten Silben pro Minute an. Ein Wert für phonation/ time ratio (PTR) gibt an, in welchem Verhältnis die Zeit, in der gesprochen wird, zur Gesamtzeit steht. Mit der PTR erhält man so einen prozentualen Wert des Verhältnisses lFL1UiL 32 (2003) 34 Jan Stevener von phonierten zu nicht-phonierten Sequenzen. Die Artikulationsrate bestimmt sich durch die Sprechgeschwindigkeit, aus der die Zeit für Pausen herausgerechnet wurde. Die mean length of runs (MLR) ist der Mittelwert produzierter Silben innerhalb eines runs. Einrun wird definiert als eine phonierte Sequenz, die zwischen 2 Pausen liegt. Ergänzend verwenden einige Studien (z.B. TOWELL/ HAWKINSIBAZERGUI 1996) als weiteres Maß die durchschnittliche Pausenlänge ALP (average length of pause), um Veränderungen der Flüssigkeit festzustellen. Für die präzise Errechnung obengenannter Werte sind Pausen von zentraler Bedeutung: Erhöhte Flüssigkeit sollte sich anhand weniger und kürzerer Pausen beobachten lassen (MEHNERT 1998). Uneinigkeit besteht jedoch hinsichtlich der exakten Länge einer Pause. Einerseits kann ein zu niedriger Wert möglicherweise normale Phänomene wie die Artikulation von geminierten Plosiven als Pausen erfassen. Andererseits besteht die Gefahr, durch einen zu hohen Wert Pausen zu übersehen. Während GOLDMAN-EISLER (1968) 0,25 Sekunden als Mindestdauer für Pausen ansetzt, ebenso wie später TOWELL (1987) und RAUPACH (1987), verwenden andere Studien sehr uneinheitliche Festschreibungen dessen, was als Pause definiert wird: RAUPACH (1980) setzt 0,3 Sekunden an, GRIFFITHS (1991) setzt mindestens 0,1 und maximal 0,3 Sekunden an, RrGGENBACH (1991) unterscheidet zwischen Mikropausen (0,2 Sek.), Verzögerungen (0,3-0,4 Sek.) und ungefüllten Pausen (0,5-3 Sek.); Pausen, die länger als 3 Sekunden sind, werden bei ihr eliminiert. TOWELL/ HAWKINSIBAZERGUI (1996) schließlich verwenden ebenso wie das DFG-Projekt „Mündliche L2-Produktion" (BÄRENFÄNGERIBEYER 2001) 0,28 Sekunden als Pausenmaß. Auch wenn hier ein empirisch begründeter Konsens problematisch ist, sollte zumindest ein formaler Konsens angestrebt werden, um die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Studien untereinander zu erhöhen. Bei der exakten Bestimmung von Pausen weichen die zu Planungsprozessen durchgeführten Studien stark von obengenannten Studien ab: MEHNERT (1998) berücksichtigt nur Pausen von einer Sekunde und länger. FoSTERISKEHAN (1996, 1999) und SKEHAN/ POSTER (1997) setzen Pausen ebenfalls erst ab einer Sekunde an. In diesen Studien differiert das Pausenmaß von den seit den achtziger Jahren etablierten Maßen und verbietet einen direkten Vergleich mit anderen Studien. Auch verlangen temporale Variablen bei der technischen Erhebung präziseste Erhebungsinstrumente: Ein Messen mit der Stoppuhr oder analoge Aufnahmen sollten durch geeignetere Erhebungsinstrumente, wie z.B. digitale Aufnahmegeräte und computergestütze Auswertungen temporaler Phänomene (siehe auch BÄRENFÄNGERISTEVENER 2001), ersetzt werden. Darüber hinaus variiert die Auswahl der für Flüssigkeit verwendeten Maße: SKEHAN/ POSTER (1997) verwenden als einziges Maß die Gesamtzahl der Pausen, während FOSTERISKEHAN (1996 und 1999) zwischen "breakdown fluency", die Maße zu nichtphonierten Sequenzen enthält (Pausenanzahl und-länge), und "repair fluency", die Maße zu phonierten Sequenzen enthält (z.B. Wiederholungen, Neustarts etc.), trennen. MEH- NERT (1998) verwendet die Gesamtanzahl von Pausen, ihre Gesamtlänge sowie die MLR und Sprechrate. Durch die unterschiedliche Wahl von Maßen wird eine Vergleichbarkeit empirischer Befunde weiter verkompliziert. lFLl.llL 32 (2003) Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 35 Auch ist zu beachten, daß Maße sich einerseits untereinander beeinflussen können (beispielsweise kann eine höhere MLR sich in einer höheren SR niederschlagen), andererseits aber auch die einzelnen Maße unterschiedliche Entwicklungen zeigen können (z.B. bei MEHNERT 1998). Um hier eine solide Interpretation vornehmen zu können, empfiehlt es sich, die genannten temporalen Variablen in den theoretischen Rahmen eines Produktions- oder Erwerbsmodells zu integrieren, wie dies von GROSJEAN (1980: 51) gefordert wurde. Ein solcher Ansatz wird zur Zeit vom DFG-Projekt „Mündliche L2- Produktion" verfolgt. Eine hohe Korrektheit zeigt als beobachtbarer Sachverhalt, daß der Proband Aufmerksamkeit auf die sprachliche Form einer Äußerung richtet; diese "reflection of a focus on form" (FOSTER/ SKEHAN 1996: 304) kann mit relativ einfachen und kontrollierten Sätzen erreicht werden. Die eingesetzten Maße unterscheiden sich zunächst darin, daß manche Studien spezifische Maße zur Feststellung von Korrektheit benutzen, während andere Studien allgemeine Maße favorisieren. ELLIS (1987) untersucht Veränderungen der Interlanguage hinsichtlich des Gebrauchs von verschiedenen Vergangenheitsmorphemen im Englischen. CR0OKES (1989) beschränkt sich auf Artikelverwendung und 3. Person Singular (-s). FOSTER/ SKEHAN (1996, 1999) und SKEHANIFOSTER (1997) hingegen setzen als Maß für die Korrektheit die Anzahl fehlerfreier clauses ein. Hier scheint es nur dann angebracht zu sein, spezifische Maße für Korrektheit einzusetzen, wenn diese von zentraler Bedeutung für die Lösung der eingesetzten Aufgaben sind oder bestimmte Zielstrukturen für die Operationalisierung der Forschungsfrage unerläßlich sind (z.B. bei Studien zur Effektivität von Instruktionsmaßnahmen). Es ist jedoch zu beachten, daß den jeweiligen Zielstrukturen unterschiedliche Regeln zugrunde liegen, die z.B. je nach Komplexität, salience oder Verläßlichkeit das Ergebnis unterschiedlich beeinflussen können (für eine Diskussion siehe AG FREMDSPRACHENERWERB BIELEFELD 2000). Weiterführend könnte eine Gewichtung von Fehlern bezüglich ihrer Verbindung zur interessierenden Zielstruktur vorgenommen werden. Werden jedoch Aufgaben eingesetzt, die keine spezifischen Zielstrukturen erfordern (z.B. Aufgaben mit unterschiedlichen Diskursanforderungen), so bieten allgemeine Maße eine höhere Sensibilität für lernerseitige Veränderungen, da diese eine hohe Varianz aufweisen können (FOSTER/ SKEHAN 1996). Jedoch auch das von Poster und Skehan verwendete allgemeine Maß number of error free clauses erscheint nicht unproblematisch. Einerseits ist es oft nicht eindeutig bestimmbar, wie "clauses" in gesprochener Sprache segmentiert werden können (für eine ausführliche Diskussion siehe FOSTERITONKYN/ WIGGLESWORTH 2000), andererseits wird so nicht unterschieden, ob pro "clause" ein oder mehrere Fehler vorliegen. MEH- NERT (1998) schließlich verwendet zusätzlich das Maß errors per 100 words. Ihre Auswertungen unterstützen die Annahme, daß dieses Maß sensibler ist als "number of error free clauses", da nur bei der Anwendung des ersten Maßes ihre Ergebnisse statistische Signifikanz erreichten. Für eine feinere Aufschlüsselung der Fehler können diese dann der Forschungsfrage entsprechend weiter klassifiziert werden. Die Komplexität solch allgemeiner Maße gebietet hier die Absicherung der Auswertungen durch eine möglichst hohe Interrater-Reliabilität. lFLllllL 32 (2003) 36 Jan Stevener Als Maße für Komplexität werden seit Anfang der 90er Jahre zunehmend spezifischere Maße eingesetzt. CROOKES (1989) setzt words per utterance als Maß für Komplexität ein. Weder ist klar, wie eine Äußerung in gesprochener Sprache exakt bestimmt werden kann, noch kann so die Qualität von Sprachproduktion erfaßt werden. Vielmehr scheint es der MLR ähnlich, die zur Erfassung von Flüssigkeit eingesetzt wird. Weitaus validere Maße hingegen sind solche, die Subordinationen erfassen. Zu diesem Zweck wird die zu analysierende Sprachproduktion in verschiedene hierarchisch organisierte Einheiten aufgeschlüsselt. FOSTERISKEHAN (1999) unterscheiden z.B. zwischen clauses und c-units. Der Wert der Subordination wird schließlich errechnet, indem die Anzahl der clauses durch die Anzahl der c-units dividiert wird. BYGATE (1999) verwendet als Maße die Länge der t-unit, den Typ der Subordination, die Anzahl von Verb-Argument-Strukturen und die Frequenz von Verbformen und Verbgruppen. Ohne an dieser Stelle in eine ausführliche Diskussion einsteigen zu können, sei darauf hingewiesen, daß all die genannten Einheiten in gesprochener Sprache ungleich schwieriger zu bestimmen sind als in schriftlichen Texten: Eine t-unit beispielsweise wird definiert als Hauptsatz plus alle von ihm abhängigen Nebensätze. Unklar ist jedoch, inwieweit fragmentarische Sätze als t-units gewertet werden können (siehe FOSTERITOMKYN/ WIGGLESWORTH 2000). Auch verschwimmen die Grenzen zu anderen Einheiten wie z.B. sentence, idea unit, proposition, c-unit, clause und s-node. Eine einheitliche Festlegung von Einheiten mündlicher L2-Sprachproduktion ist jedoch Voraussetzung für die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Studien. Da in den meisten Publikationen oft aus Platzgründen auf eine detaillierte Diskussion der Segmentierungsprobleme verzichtet werden muß, sind die für Komplexität verwendeten Maße oft nicht hinreichend nachvollziehbar. Im folgenden Abschnitt sollen nun kritisch-methodische Ansätze zur Erfassung des Phänomenbereichs „Automatisierung" diskutiert werden. 3. Automatisierung 3.1 Gegenstand „Automatisierung" beschreibt einen Prozeß sukzessiver Prozeduralisierung deklarativen Wissens. Es wird unterschieden zwischen dem Prozeß selbst, der Automatisierung, und seinem Ergebnis, den „Automatismen". Während bis in die 80er Jahre von einer klaren Dichotomie zwischen kontrollierten und automatisierten Prozessen ausgegangen wurde, wird in neueren Arbeiten ein Kontinuum zwischen beiden Polen angenommen (vgl. UNDERWOODIEVERATT 1996). Während theoretisch weitgehend Einigkeit über die Merkmale von Automatisierung herrscht, ergibt sich für Automatismen das Problem, daß diese Ausdruck unterschiedlich fortgeschrittener Automatisierung sein können. Automatisierungen wurden bislang hauptsächlich im Rahmen der Kognitionspsychologie untersucht, deren Befunde für die Zweitsprachenerwerbsforschung einen wichtigen Bezugspunkt stellen. Bärenfänger (im Druck) beschreibt als Eigenschaften von Automatisierung das power-law of practice und Spezifität. Das power-law of practice besagt, daß bestimmte Aufgaben mit zunehmender Übung schneller und mit weniger Fehlern ausgelFLwL 32 (2003) Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 37 führt werden. Typisch für den Verlauf von Automatisierungen ist die Plateaubildung: Während anfangs eine lineare Abhängigkeit zwischen aufgewendeter Zeit und Fertigkeitszunahme besteht, hat weitere Übung in der letzten Phase der Automatisierung kaum noch einen Effekt. Darüber hinaus weisen Automatisierungen eine hohe Spezifität auf. Automatisierte Fertigkeiten, z.B. die Bedienung einer amerikanischen Computertastatur, lassen sich deshalb nicht ohne weiteres auf andere Aufgaben, z.B. die Bedienung einer deutschen Computertastatur, übertragen. Automatismen können unterschiedliche Grade von Automatisierung aufweisen. Dementsprechend können die ihnen aus der Kognitionspsychologie zugeschriebenen Eigenschaften bezüglich ihrer Maße unterschiedliche Ausprägungen annehmen. Zu diesen Eigenschaften zählen die Schnelligkeit und Mühelosigkeit der Ausführung, ihre geringe Varianz, die Nutzung geringer kognitiver Ressourcen und die Schwierigkeit ihrer Kontrolle. Für die Zweitsprachenerwerbsforschung ist festzustellen, daß bislang kaum einschlägige empirische Arbeiten zum Thema Automatisierung vorliegen. Gleichwohl gibt es empirische Studien, die im Rahmen bestimmter Fragestellungen auch Automatisierungen und Automatismen erheben. Einerseits sind dies solche Arbeiten, die sprachliche Automatismen als Ausdruck formelhafter und nicht-kreativer Sprachverwendung erheben. Solche Automatismen (z.B. konventionelle Grüße, Pausenfüller, stereotype Syntagmen und feststehende Idiome) werden begrifflich unterschiedlich gefaßt: als "prefabricated pattems" (HAKUTA 1974), als "routines" und "language pattems" (KRASHEN 1981), als "lexicalized phrases" (NATTINGERIDE CARRICO 1992) oder als Makrolexeme (MÜLLER 2000). Andererseits tragen auch Studien zur Sprechflüssigkeit zu einem Erkenntnisgewinn über die Rolle der Automatisierung im Fremdsprachenerwerbsprozeß bei. So sehen sowohl RAUPACH (1987) als auch TOWELLIHAWKINSIBAZERGUI (1996) eine erhöhte Sprechflüssigkeit als Indikator fortschreitender Automatisierung. TOWELLIHAWKINS/ BAZERGUI (1996) versuchen darüber hinaus, ihre Daten in den theoretischen Rahmen des ACT-Modells von ANDERSON (1983) zu integrieren, welches den Erwerb von Fertigkeiten als stufenweise Prozeduralisierung deklarativen Wissens beschreibt. Im folgenden wird dargestellt, welche beobachtbaren Sachverhalte Automatisierung und Automatismen zugeschrieben werden: 3.2 Operationalisierung und Design CROOKES (1991) kritisiert, daß einschlägige Forschungen weitgehend deskriptiv angelegt sind und eines theoretischen Rahmens entbehren. Die meisten Studien sind entweder Fallstudien oder Beispielanalysen (für den Zweitsprachenerwerb bei Kindern u.a. HATCH 1972, HAKUTA 1974, WONG-FILLMORE 1974, MÜLLER 2000 und für den Zweitsprachenerwerb erwachsener Lerner RAUPACH 1984 und 1987, REHBEIN 1987, SCHMIDT 1983), und ihre Verallgemeinerbarkeit muß deshalb als problematisch eingestuft werden. Obwohl TOWELLIHAWKINSIBAZERGUI (1996) die Sprechflüssigkeit einer Gruppe von 12 Probanden in einem longitudinalen Pretest/ Posttest-Design untersuchen, beschränken auch sie sich auf deskriptive Auswertungen. lFLIIJllL 32 (2003) 38 Jan Stevener Dennoch lassen sich eine Reihe beobachtbarer Sachverhalte dem Forschungsgegenstand zuschreiben. Da Automatisierung in der Literatur als Gegenpol zu Aufmerksamkeit beschrieben wird, ließe sich die Verwendung von Automatismen über die Variable - Aufmerksamkeit beeinflussen. Zu erwarten ist hier, daß der Einsatz hoher Aufmerksamkeitsressourcen in einem Bereich zur Verwendung von Automatismen, die ja als geringe kognitive Ressourcen beanspruchend gelten, in einem anderen Bereich führt. Dieser Ansatz wird zur Zeit im DFG-Projekt "Mündliche L2-Produktion" verfolgt. In einem experimentellen 2x3-Design wird einerseits die Interaktionsdimension durch den sozialen Status des Interaktionspartners (höhergestellter Muttersprachler, gleichrangiger Muttersprachler, gleichrangiger Lerner) manipuliert und andererseits die Aufmerksamkeit der Lerner auf bestimmte Aspekte ihrer Sprachproduktion (Inhalt und Korrektheit) gelenkt. Die Auswertung einer solchen kontrollierten Erhebung verspricht wertvolle Erkenntnisse, zumal eine Triangulation des Querschnittsexperiments mit verschiedenen longitudinalen Erhebungen erfolgen wird. Dennoch wird deutlich, daß es derzeit in der Praxis zu wenig Untersuchungen zur Rolle von Automatisierung im L2 Erwerb erwachsener Lerner gibt, in der die verschiedenen Lernfaktoren systematisch kontrolliert werden. Die Schnelligkeit der Ausführung läßt sich durch temporale Variablen erfassen. Geringe Varianz sollte sich in Gestalt gleicher syntaktischer oder lexikalischer Form der Automatismen identifizieren lassen. Hier ist auch anzunehmen, daß automatisierte Lexeme häufiger im mündlichen Output auftreten als nicht-automatisierte Lexeme (RICHARDS 1987). Problematisch hingegen erscheint die Feststellung der Mühelosigkeit von Automatismen. BÄRENFÄNGER (2001: 15) weist daraufhin, daß Automatismen sich der bewußten Kontrolle entziehen und so die naheliegende Erhebung mittels iritrospektiver Verfahren nicht möglich ist. Da Sprecher in stereotypen Situationen jedoch aus Gründen kognitiver Ökonomie bevorzugt automatisierte Routinen einsetzen sollten, könnte hier die Rekurrenz sprachlicher "Items" in spezifischen Situationen erhoben werden. Die Schwierigkeit der Kontrolle sollte sich als Invarianz und Korrekturresistenz widerspiegeln. Zusammenfassend ist jedoch festzustellen, daß derzeit noch zu wenige einschlägige Erhebungen zu Automatismen vorliegen. Im folgenden Abschnitt wird auf die in den bisherigen Erhebungen verwendeten Maße eingegangen. 3.3 Maße Für die Bestimmung von Sprechflüssigkeit verwenden TOWELLIHAWKINS/ BAZERGUI (1996) die bereits erläuterten temporalen Variablen Sprechrate, Artikulationsrate, phonation/ time ratio und mean lenght ofruns. Bei den genannten Maßen ist die Definition von Pausenlängen als ein Basismaß anzusehen; insofern greifen hier die bereits vorgebrachten Einwände zur Verwendung unterschiedlicher Pausenlängen. Obwohl mit der Sprechrate und der Artikulationsrate geeignete Maße für die Feststellung kreativer und automatisierter Sequenzen vorliegen, erscheint eine Anwendung auf größere Produktionssequenzen, bei denen automatisierte Sequenzen neben kreativen Sequenzen vorliegen können, problematisch. Ein hoher Wert bei der phonation/ time ratio kann darauf hindeuten, daß JFLUIL 32 (2003) Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 39 wenig Planungspausen stattgefunden haben und Automatismen eingesetzt wurden. Während TOWELUHAWKINSIBAZERGUI (1996: 93) erhöhte Werte bei der mean length of runs als Ausdruck zunehmender Prozeduralisierung formulativer Prozesse (d.h. von Automatisierung) sehen, identifiziert RAUPACH (1984) mit der MLR vorgefertigte, formelhafte sprachliche Einheiten (d.h. Automatismen). BÄRENFÄNGER (2002) schlägt des weiteren Verschleifungen als ein Maß vor, das Produktionsgeschwindigkeiten erfassen kann. Zur Zeit liegen noch keine longitudinalen Erhebungen zu Automatismen vor, die das power 0 law of practice für den Zweitsprachenerwerb empirisch bestätigen könnten. Voraussetzung ist die Erhebung longitudinaler Daten zu mehr als zwei Zeitpunkten. TOWELLIHAWKINS/ BAZERGUI (1996) führen jedoch nur einen Vergleich zweier Zeitpunkte durch. Das DFG-Projekt „Mündliche L2-Produktion" erhebt Daten zu drei verschiedenen Zeitpunkten; erste Auswertungen scheinen das power-law of practice zu bestätigen (BÄRENFÄNGER 2001). DieSpezifität von Automatisierungen hingegen sollte sich durch unterschiedliche Automatisierungsgrade in den verschiedenen Teilkompetenzen (Lexik, Syntax etc.) analytisch ermitteln lassen. Für die Erfassung von Automatismen können Formeln, stereotype Syntagmen, Kollokationen, lemertypische Idiome und ähnliche temporale Werte sowie ähnliche phonetische und prosodische Merkmale als Maß „geringer Varianz" gelten. Die Mühelosigkeit beim Einsatz von Automatismen kann einerseits durch die Rekurrenz sprachlicher Items erfaßt werden, andererseits auch durch die genannten temporalen Variablen. Die Nutzung geringer kognitiver Ressourcen bei der Verwendung von Automatismen legt nahe, daß kognitive Ressourcen gleichzeitig für andere planungsintensive Prozesse eingesetzt werden. So sollten auf Automatismen kreative Sprachsequenzen folgen ..Für die Identifizierung sollten z.B. gefüllte und ungefüllte Pausen,fillers, modifiers und organizers (RAUPACH 1984) als Anhaltspunkte gel- .ten. Die Schwierigkeit der Kontrolle automatisierter Prozesse äußert sich in der Invarianz des Ablaufs; auch entziehen sich automatisierte Prozesse der bewußten Kontrolle. Entsprechend sollten in automatisierten Sequenzen keine Abbrüche oder Selbstkorrekturen zu erwarten sein; da sich Sprecher möglicher Fehler nicht bewußt sein dürften. FOSTERI SKEHAN (1996) setzen so folgerichtig auch Neustarts, Ersetzungen, Fehlstarts und Wiederholungen als relevante Maße ein. Problematisch hingegen erscheinen Maße, welche die Korrektheit einer Sequenz erfassen sollen. MÜLLER (2000) schreibt automatisierten Sequenzen größere Korrektheit als kreativen Sequenzen zu. Obwohl dies beispielsweise im Falle von so genannten islands of reliability (DECHERT 1983) berechtigt erscheint, kann Korrektheit doch nicht als Indiz für Automatismen angesehen werden, da auch fehlerhafte Sequenzen automatisiert werden (Fossilisierungen). 4. Monitoring 4.1 Gegenstand Die Tatsache, daß Sprecher fehlerhafte Äußerungen selbstinitiiert abbrechen und reparieren können, belegt die Existenz eines Monitors, der den sprachlichen Output überwacht. Dieser Monitor kann selektiv verschiedene Teilbereiche der Sprachproduktion, z.B. FLuL 32 (2003) 40 Jan Stevener Form, Inhalt oder pragmatische Angemessenheit, überwachen und Reparaturen einleiten. Dementsprechend finden sich Modellierungen einer Monitorkomponente in den wichtigsten Theorien zur Sprachproduktion (z.B. LAVER 1980; LEVELT 1983, 1989; MACKAY 1987, SCHADE 1999). Während BERG (1986: 134) den Monitor als "mental eye" beschreibt, welches Planungs- und Verarbeitungsprozesse beobachtet und damit impliziert, daß der Monitor nicht aktiv in diese Prozesse eingreift, schreiben andere Theorien dem Monitor eine weitaus aktivere Rolle zu. So gehen „Editor-Theorien" des Monitors von einem Zusammenspiel von Filtern, welche die Verwendung bestimmter Elemente verhindern, und Editoren, welche die fehlerhaften Elemente ersetzen, aus. Fehlerhafte Äußerungen entstehen entweder auf Grund fehlerhafter Regeln im Monitor (GARNSEYIDELL 1984) oder weil diese Regeln variieren (MOTLEY [et al.] 1982). Auch bleibt unklar, ob eine Monitorkomponente den gesamten Produktionsprozeß überwacht oder ob es auf jeder Verarbeitungsebene einen Monitor gibt (siehe POSTMAIKOLK 1992). Spreadingactivation-Theorien des Monitors hingegen gehen von keiner gesonderten Monitorkomponente aus, sondern sehen Monitorprozesse als Nebenprodukt von Aktivationsverteilungen in einem Netzwerk. LEVELT (1992) kritisiert hier, daß eine solche Modellierung überhaupt keine Fehler zulasse. LEVELT (1989) postuliert im Rahmen der perceptual loop theory of monitoring, daß der Monitor den Output verschiedener Verarbeitungsebenen überprüfen kann. Hierfür nutzt der Monitor diejenigen Verarbeitungswege, die auch für die Sprachrezeption genutzt werden. Ein Problem dieser Theorie ist jedoch die Frage, warum einige Fehler unbemerkt oder unrepariert bleiben, obwohl die jeweiligen Ll- oder L2-Sprecher über das notwendige Regelwissen verfügen. Da der Monitor auf kontrollierte Prozesse zurückgreift (LEVELT 1989) und die dafür notwendigen Aufmerksamkeitsressourcen begrenzt sind (u.a. ROBIN- SON 1995), wird angenommen, daß diese Begrenzungen die Anzahl und Art entdeckter Fehler beeinflussen (KORMOS 1999). Darüber hinaus ist L2-Sprachproduktion nicht nur weit weniger automatisiert als Ll-Sprachproduktion; auch scheinen Monitorprozesse auf unterschiedlichen Verarbeitungsebenen (z.B. bei der syntaktischen oder phonologischen Enkodierung) nicht gleich stark automatisiert zu sein (KORMOS 2000b). L2-Monitorprozesse sind so in besonderem Maße von Aufmerksamkeitsverteilungen abhängig. Aus dieser Argumentationsfolge werden die wechselseitigen Interdependenzen zwischen Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring deutlich. Im folgenden Abschnitt wird so kritisch hinterfragt werden müssen, wie empirische Erhebungen diesen Wechselwirkungen Rechnung tragen. 4.2 Operationalisierung und Design Die Operationalisierung des Forschungsgegenstandes sollte in einer Angabe bestehen, wie Eigenschaften von Monitoring empirisch zu beobachten sind. Sowohl in der L 1als auch in der L2-Forschung werden selbstinitiierte Reparaturen als direkter Ausdruck von Monitortätigkeit interpretiert. Unklarheit besteht jedoch über die genaue Verortung des Monitors im Sprachproduktionsprozeß. So ist anzunehmen, daß sehr früh im Produktionsprozeß Monitortätigkeiten ablaufen und fehlerhafte Äußerungen noch vor ihrer IFJLlllL 32 (2003) Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 41 Artikulation repariert werden können. Diese Reparaturen werden als covert repairs bezeichnet. Problematisch ist hier, daß Uneinigkeit bezüglich beobachtbarer Eigenschaften besteht. POSTMA/ KOLK (1993) nennen hesitations und Pausen als Indizien für verborgene Reparaturen. Hinsichtlich ihrer Reliabilität muß diese Annahme jedoch als unbefriedigend eingeschätzt werden. KORMOS (2000a: 366) bemerkt zu Recht: "The unambiguous identification of a phenomenon is a precondition for any systematic analysis" und schließt deshalb die Erhebung von covert repairs aus ihren Daten aus. Darüber hinaus ist zu beachten, daß der Monitor zwar einen Fehler entdecken kann, der Sprecher sich aber aus pragmatischen Gründen gegen eine Reparatur entscheiden kann (beispielsweise wenn er die Äußerung trotzdem als verständlich einschätzt oder der Flüssigkeit Priorität einräumt). Demgegenüber gibt es overt repairs: offen artikulierte Abbrüche und Selbstreparaturen, die unproblematisch beobachtbare Sachverhalte darstellen. Obwohl offene Selbstreparaturen als einzigartige Manifestationen von Monitortätigkeiten gelten, werden sie auch aus anderen Perspektiven untersucht, u.a. im Rahmen von konversationellen Interaktionsstrukturen (SCHW ARTZ 1980, WHITE 1997) und Unterrichtsdiskursen (KASPER 1985) sowie von Bedeutungsaushandlungen (Überblick bei PICA 1994). Im Rahmen dieses Überblicks soll nicht erschöpfend auf die im Rahmen der LI- Forschung durchgeführten Erhebungen eingegangen werden (für einen Überblick empfiehlt sich V AN HEST! POULISSE/ BONGAERTS 1997). Methodisch übernimmt die L2- Forschung jedoch die von LEVELT (1983) für die L1 entwickelte Klassifikation von Selbstkorrekturen, die Rückschlüsse darüber erlaubt, welche Aspekte der Sprachproduktion (z.B. Inhalt, Angemessenheit oder Form) vom Monitor überwacht werden (eine Darstellung erfolgt unter „Maße"). Dieser "monitor bias" (LEVELT 1989) gilt als weiterer Beweis für die selektive Aufmerksamkeit des Monitors. Auch wurde bereits durch in der LI-Forschung erhobene Daten deutlich, daß unterschiedliche Aufgaben differierende Ergebnisse erzielen können. LEVELT (1983) erhob Daten in Laborstudien mittels einer einfachen Musterbeschreibungsaufgabe, bei der die Probanden angewiesen wurden, so deutlich, wie es ihnen möglich wäre, diese zu beschreiben; aufgrund einer solchen Anweisung könnte der Monitor vor allem auf die Eindeutigkeit und Kohärenz der Sprachproduktion gerichtet worden sein. BREDART (1991) hingegen nutzte Daten aus Fernsehprogrammen und alltäglichen Konversationen und ermittelte unterschiedliche Werte bei den Häufigkeiten und Verteilungen von Selbstkorrekturen. V AN HEST (1996) konnte in einer Erhebung mittels dreier unterschiedlicher Aufgabentypen weiter den Einfluß des Aufgabentyps auf Korrekturhäufigkeiten und -verteilungen belegen. Die Vergleichbarkeit von Studien, die so unterschiedliche Aufgaben wie Bildbeschreibungen (V AN HEST 1996), Musterbeschreibungen (LEVELT 1983, VERHOEVEN 1989), strukturierte und offene Interviews (FATHMAN 1980; KORMOS 2000a, 2000b, VANHEST 1996), Rollenspiele (KORMOS 2000a, 2000b) und Nacherzählungen (FATHMAN 1980, LENNON 1990, VAN HEST 1996, VERHOEVEN 1989) verwenden, scheint so ausgesprochen fragwürdig. Eine Möglichkeit, die Reliabilität dieser Erhebungen zu erhöhen, besteht darin, unmittelbar im Anschluß an die Aufgaben Retrospektionen durchzuführen. KORMOS (2000a) bat so ihre Probanden, eine Audioaufzeichnung ihrer Performanz bezüglich Selbstreparaturen und Abbrüche zu kommentieren. Obwohl sich auf diesem Wege wertvolle IFbllL 32 (2003) 42 Jan Stevener Informationen zu bewußten Monitortätigkeiten erheben lassen (z.B. warum Sprecher sich gegen eine Reparatur entscheiden), sind automatisierte Monitorprozesse diesem Verfahren möglicherweise nicht zugänglich. Weitere Aufschlüsse über den Automatisierungsgrad von Monitorprozessen könnten durch die Analyse temporaler Phänomene gewonnen werden. So sind Studien zu kritisieren, die aufgrund ihres Datenformats diese Möglichkeit nicht gestatten: NOOTEBOOM (1980) beispielsweise verwendet ebenso wie BERG (1986) einen schriftlichenDatenkorpus (die Versprechersammlung von MERINGER 1908). Querschnittstudien, die temporale Phänomene erhoben, konnten zeigen, daß L2-Sprecher deutlich mehr Verzögerungen und Selbstreparaturen produzieren als LI-Sprecher (TEMPLE 1992; WIESE 1982, 1984). KORMOS (2000b) konnte an Hand temporaler Analysen weiter zeigen, daß sich Ll- und L2-Sprecher hinsichtlich der Zeit unterscheiden, die vom Abbruch bis zur Reparatur ( cutoff-to-repair time) benötigt wird, nicht jedoch hinsichtlich der Zeit, die vom Fehler bis zum Abbruch (error-to-cut-off time) erforderlich ist. Weitere Klärung zur Rolle des Monitors im L2- Erwerbsprozeß versprechen jene Studien, die das Kompetenzniveau als Variable operationalisieren. LENNON (1990, 1994) konnte nachweisen, daß im Laufe des L2-Erwerbs zwar die Flüssigkeit zunimmt, die Anzahl von Selbstkorrekturen jedoch weitgehend stabil bleibt. KORMOS (2000a) konnte in einer Querschnittstudie mit Probanden unterschiedlicher Niveaus weiter belegen, daß mit zunehmender L2-Kompetenz zunehmend diskursspezifische Aspekte der Sprachproduktion vom Monitor überwacht werden. SELIGER (1980) hingegen stellte individuelle Unterschiede bezüglich des Selbstreparaturverhaltens seiner Probanden fest. Dies spricht aus methodischer Sicht für die Erhebung longitudinaler Daten der gleichen Sprecher. Das DFG-Projekt „Mündliche L2-Produktion" kombiniert eine Querschnittstudie mit einer Longitudinalstudie. Über die Erhebung von Sekundärdaten ermöglicht das hier verwendete Design die Berücksichtigung individueller Unterschiede. Die durch Interviews elizitierte Sprachproduktion der longitudinalen Erhebung verspricht weitere Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen L2-Kompetenz und Monitortätigkeit. Darüber hinaus wurden die Probanden in einer experimentellen Bedingung gebeten, besonders auf die Form ihrer Äußerungen zu achten. KORMOS (2000a: 335) sieht dies als ein probates Mittel, den Probanden dazu zu bewegen, nicht auf Reparaturen zu verzichten. Die Entscheidung, nicht zu korrigieren, gilt jedoch als Störvariable, die vor allem die Validität einer jeden Erhebung beeinflußt. Die vom oben genannten DFG-Projekt angestrebte Triangulation dieser Daten mit longitudinal gewonnenen Daten setzt jedoch Klarheit der verwendeten Maße voraus. Im folgenden sollen die bisher in diesem Kontext verwendeten Maße vorgestellt werden. 4.3 Maße Einerseits erlaubt die Klassifikation von Selbstreparaturen Aufschlüsse über Verteilungen und Häufigkeiten derselben und damit über die Sensibilität des Monitors für bestimmte Bereiche; andererseits lassen sich durch temporale Variablen Aufschlüsse über sich automatisierende Monitorprozesse gewinnen. lFLIIL 32 (2003) Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 43 Bei der Klassifikation sind vier Hauptkategorien nach LEVELT (1989) und BREDART (1991) zu unterscheiden (für eine ausführliche Diskussion dieser Kategorien siehe KORMOS 1998 und 1999): Eine D-Reparatur (difference-repair) wird durchgeführt, wenn der Sprecher sich entscheidet, andere Informationen zu enkodieren als jene, die er gerade enkodiert; diese Reparatur betrifft semantische Aspekte. Eine A-Reparatur (appropriacyrepair) beruht auf der Entscheidung, Informationen in einer modifizierten Weise auszudrücken (z.B. präziser, kohärenter oder pragmatisch angemessener). E-Reparaturen (error-repairs) werden durchgeführt, wenn zufällige Verarbeitungsfehler der Enkodierung korrigiert werden (z.B. Versprecher). R-Reparaturen (rephrasing-repairs) schließlich sind L2-spezifische Fehlerreparaturen, die nicht auf einem zufälligen Fehler beruhen, sondern auf dem Versuch, fehlende L2-Kompetenz durch eine Reformulierung auszugleichen. Je nach Fragestellung werden darüber hinaus weitere Feineinteilungen vorgenommen. So unterscheidet O'CONNOR (1988) zwischen antizipatorischen und korrektiven Reparaturen, während E-Reparaturen nach phonologischen, morphologischen, lexikalischen oder syntaktischen Reparaturen aufgeschlüsselt werden können (KORMOS 2000a; LENNON 1990, 1994; POULISSE 1993; POULISSE/ BONGAERTS 1994; TEMPLE 1992; VAN HEST 1996; WIESE 1982, 1984). Zu beachten ist jedoch, daß die Kategorien R-Reparatur und lexikalische E-Reparatur deckungsgleich sein können (KORMOS 2000a: 366). Obwohl die in diesem Bereich durchgeführten Studien zeigen, daß der Monitor besonders sensibel für lexikalische Fehler zu sein scheint (KORMOS 2000a), so muß doch ein weiteres Maß zur Feststellung von Häufigkeiten ergänzend hinzugezogen werden: die Korrekturrate von Fehlern. Diese errechnet sich aus der Anzahl von Fehlerkorrekturen pro 100 Wörter und gilt als globales Maß für die Sensibilität des Monitors. Insbesondere durch dieses Maß, welches auch separat für bestillllllte Fehler errechnet werden kann, lassen sich Veränderungen im L2-Erwerbsprozeß aufzeigen. Da sich die Korrekturrate auf kürzere Sequenzen bezieht, gilt sie als präziserer Indikator für Monitorprozesse als die Häufigkeit von Fehlern oder die Reparaturrate (die sich aus der Anzahl von Reparaturen dividiert durch die Anzahl gemachter Fehler errechnet). Einschränkend muß jedoch hinzugefügt werden, daß die Korrekturrate nur ein sehr indirektes Maß für Monitorprozesse ist und weder Aufschluß über covert repairs noch über bewußt nicht korrigierte Sequenzen geben kann. Po~TMA! KOLK (1992, 1993) nennen lange Pausen und Verzögerungsphänomene (also z.B. gefüllte Pausen, Dehnungen und Wiederholungen) als Indizien für covert repairs. Die Reliabilität dieser Maße ist aber als so gering einzustufen, daß z.B. KoRMOS (2000a) auf die Erhebung dieser Reparaturen verzichtet. Für die Erfassung temporaler Variablen finden sich unterschiedliche Maße. So berücksichtigen KORMOS (2000b), LENNON (1990) und TEMPLE (1992) die Sprechrate als Maß der Automatisierung. Eine fortgeschrittene Automatisierung scheint hier zusätzliche kognitive Ressourcen für Monitorprozesse freizugeben. Präzisere Maße für den zeitlichen Verlauf von Monitorprozessen wurden von VAN HEST (1996) und KORMOS (2000b) eingesetzt. V AN HEST (1996) untersuchte neben Verteilungen und Häufigkeiten auch das Intervall zwischen Fehler und Abbruch (error-to-cut-off time), das als Maß für die Geschwindigkeit des Fehlerentdeckens (error detection) durch den Monitor gilt, wie auch das Intervall vom Abbruch bis zur Reparatur (cut-off-to-repair time), das als Maß für die IFLwL 32 (2003) 44 Jan Stevener Geschwindigkeit der Neuplanung gilt. Eine hohe Geschwindigkeit dieser Werte gilt ihr als Maß für die Länge der jeweiligen Verarbeitungswege; ihre Ergebnisse bestätigen Levelts perceptual loop theory of monitoring. KORMOS (2000b) hingegen setzte diese Maße in Bezug zum L2-Niveau ihrer Probanden und_ konnte belegen, daß nur das Intervall zwischen Abbruch und Reparatur als Indikator für den Automatisierungsgrad von Enkodierungsprozessen, und damit als Indikator des L2-Erwerbs, gelten kann. Für eine präzise Beschreibung von Monitorprozessen im Rahmen des L2-Erwerbs scheint so eine Kombination solcher Maße vielversprechend, die Verteilungen, Häufigkeiten und temporale Variablen erfassen. 5. Fazit Im Rahmen des hier vorgestellten methodisch orientierten Überblicks zeigt sich, daß empirische Erhebungen zu den kognitiven Prozessen Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring den Interdependenzen zwischen diesen Prozessen nur ungenügend Rechnung tragen. Am deutlichsten zeigt sich dies bei den Eigenschaften, die den jeweiligen Untersuchungsgegenständen zugesprochen werden. So gilt Korrektheit einerseits als Eigenschaft der Automatisierung (MÜLLER 2000), andererseits auch als Indiz für auf die sprachliche Form gerichtete Aufmerksamkeit. SKEHANIFOSTER (1996) sehen wenige Selbstkorrekturen als Indiz für Flüssigkeit, während empirisch ein Zusammenhang zwischen steigender Flüssigkeit in der L2 und geringerer Korrekturrate nicht bestätigt werden konnte (LENNON 1990, 1994). Darüber hinaus scheint die Beschreibung des zeitlichen Verlaufs von Monitorprozessen über das Maß cut-off-to-repair time einen Indikator für die Automatisierung von Sprachproduktionsprozessen bereitzustellen (KORMOS 2000b: 159). Monitorprozesse sind andererseits von Aufmerksamkeitsressourcen abhängig, die über die Art und Anzahl entdeckter Fehler entscheiden. Obwohl LEVELT (1989) Monitorprozesse als kontrolliert bezeichnet, legen die empirischen Befunde von KORMOS (2000b) zumindest eine Automatisierung bestimmter Monitortätigkeiten (z.B. bei phonologischen Fehlern) nahe. Ebenso ist ungeklärt, inwieweit covert repairs kontrollierte oder automatisierte Prozesse darstellen. Wenn VAN HEST/ POULISSE/ BONGAERTS (1997: 86) an empirischen Erhebungen zu Selbstkorrekturen in der L2 bemängeln, diese entbehrten einer zugrunde liegenden Theorie, so spricht dies ein Manko auch der zu Aufmerksamkeitsverteilungen und Automatisierung in der L2-Erwerbsforschung durchgeführten Erhebungen an. Ein dringendes Desiderat ist darum die Schaffung eines theoretischen Rahmens, der überprüfbare bzw. falsifizierbare Annahmen über die Wechselwirkungen der kognitiven Prozesse Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring im L2-Erwerb gestattet. Auf dieser Grundlage könnte Einigkeit über die den Untersuchungsgegenständen zugesprochenen Eigenschaften und Maße erzielt werden. Ein zweites Desiderat ist die Schaffung vergleichbarer Operationalisierungen. Zum einen ist deutlich geworden, daß der Einfluß des Aufgabentyps insbesondere auf Aufmerksamkeitsverteilungen und Monitorprozesse die Vergleichbarkeit unterschiedlicher lFL1! 1L 32 (2003) Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring. Zur Forschungsmethodik 45 empirischer Studien erschwert. Zum anderen bestehen Diskrepanzen in der Festlegung der anzusetzenden Maße: Dies gilt vor allem für die Bestimmung von Pausen und die Segmentierung mündlicher Sprachproduktion. Dies erschwert zusätzlich die Vergleichbarkeit von Resultaten. Darüber hinaus verspricht der Einsatz von Retrospektionen weitere Aufschlüsse über die Rolle der Aufmerksamkeit und kontrollierter Monitorprozesse in der L2-Sprachproduktion. Die von KORMOS (2000a, 2000b) durchgeführten Erhebungen zeigen, daß Retrospektionen wertvolle Hinweise für die Interpretation von Ergebnissen liefern können. Um weitere Erkenntnisse zur Rolle von Aufmerksamkeit, Automatisierung und Monitoring im L2-Erwerbsprozeß zu gewinnen, empfehlen sich Longitudinalstudien, die im Vergleich mit Querschnittstudien stärker individuelle Erwerbsverläufe berücksichtigen. Auch scheinen Erwerbsprozesse sich anhand temporaler Variablen nachzeichnen zu lassen. Ein weiteres Desiderat ist deshalb die longitudinale Erhebung temporaler Variablen mittels präzisester Instrumente. Erst wenn empirische Erhebungen eine genaue Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes, seiner Eigenschaften sowie eine genaue Überprüfung der Angemessenheit von Datenerhebungsmethoden vorweisen können, genügen sie dem Ideal einer kritischen Wissenschaftlichkeit; in diesem Sinne ist die derzeitige empirische Forschungslage sowohl qualitativ als auch quantitativ als noch unbefriedigend einzuschätzen. Literatur AG FREMDSPRACHENERWERB BIELEFELD (2000): "Zur Effektivität verschiedener Instruktionstypen für die Vermittlung einer komplexen zielsprachlichen Struktur". In: Fremdsprachen Lehren und Lernen 29, 191-218. AGUADO, Karin (2000): "Empirische Fremdsprachenerwerbsforschung. Ein Plädoyer für mehr Transparenz". In: Id. (Hrsg.): Zur Methodologie in der empirischen Fremdsprachenerwerbsforschung. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren, 119-131. AGUADO, Karin/ RIEMER, Claudia (2001): "Triangulation: Chancen und Grenzen mehrmethodischer empirischer Forschung". In: ID. 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IFJLwL 32 (2003) Olaf Bärenfänger * Mündliche Produktion in der Fremdsprache: Ein Experiment Abstract. There is general agreement that attention processes play a crucial role in oral speech production. For instance, if a speaker combines words creatively to ! arger units, or if he is monitoring his output regarding its syntactical correctness or pragmatic appropriateness, attention resources arr needed. As of yet, an attention based theory of oral L2 production is still a research desideratum. This paper therefore attempts to clarify the impact of attenticin on the oral production of L2 learners, especially in terms of monitoring and automaticity. A psycholinguistic experiment is proposed which manipulates the learners' attention in a 2x3 design by varying the focus of attention and the interactional setting. The resulting data may help to establish a better understanding of how pragmatic factors influence the performance of L2 learners. 1. Einleitung Der vorliegende Beitrag zielt darauf, die nicht sehr zahlreichen empirischen Studien zur mündlichen Produktion in der Fremdsprache (im folgenden als mündliche L2-Produktion bezeichnet) um die ausführliche Beschreibung eines psycholinguistischen Experiments zu ergänzen. Dieses soll vor allem die Auswirkungen von Aufmerksamkeitsprozessen auf die mündliche Produktion von L2-Lemem**, und zwar speziell im Hinblick auf Automatisierungs- und Monitoringprozesse aufzeigen (zu den theoretischen Zusammenhängen siehe den Beitrag von AGUADO, i diesem Band [11-26]). Trotz der vielfältigen denkbaren Einflußfaktoren wird hier also der Versuch unternommen, die mündliche fremdsprachliche Produktion in erster Linie als Resultat einer zentralen Variable, der Aufmerksamkeit, zu konzeptualisieren. Der zunehmende Konsens in der Literatur über die grundlegende Rolle von Aufmerksamkeitsprozessen beimL2-Erwerb (vgl. z.B. die noticing-Hypothese von SCHMIDT 1990, 1993, 1994; siehe auch TOMLINNILLA 1994; ROBINSON 1995) und bei der L2-Produktion (vgl. z.B. TARONE 1983; TARONEIPARRISH 1988; DE BOT 1992; FOSTERISKEHAN 1996; BYGATE 1996; KORMOS 2000a) bestätigt die Berechtigung dieses Vorgehens. WONG (2001: 346) geht sogar so weit zu behaupten "that attention is a necessary construct for understanding virtually every aspect of SLA [ = second language acquisition; O.B.]". Korrespondenzadresse: Dr. Olaf BÄRENFÄNGER, FernUniversität Hagen, TestDaF-Institut, Elberfelder Str. 103, 58084 HAGEN. E-mail: olaf.baerenfaenger@testdaf.de Arbeitsbereiche: Testmethodik, Psycholinguistik des Fremdsprachenerwerbs, Discourse Studies. ** Bezeichnungen wie „Lerner", .,Lehrer", .,Forscher" usw. werden im vorliegenden Beitrag durchweg im generischen Sinne verwendet. Sie schließen das weibliche Äquivalent prinzipiell mit ein. lFLulL 32 (2003) Mündliche Produktion in der Fremdsprache: Ein Experiment 51 Die durch das Experiment gewonnenen und aufbereiteten Daten bilden einen wesentlichen Bestandteil des Bielefelder Korpus mündlicher Sprachdaten, das im Zuge der Arbeiten im DFG-Projekt „Zur Funktion der mündlichen L2-Produktion und zu den damit verbundenen kognitiven Prozessen für den Erwerb der fremdsprachlichen Sprechfertigkeit" aufgebaut wurde (Details über das Forschungsprojekt finden sich in der Darstellung von BÄRENFÄNGERIBEYER 2001 sowie auf der Homepage unter der Adresse http: / / www.uni-bielefeld.de/ lili/ projekte/ L2-pro). Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Transparenz erfolgt die Darstellung im nächsten Kapitel anhand eines Kriterienkatalogs, den BÄRENFÄNGER/ STEVENER (2001) für die Evaluation von Datenerhebungsverfahren in der Empirischen Fremdsprachenerwerbsforschung vorgeschlagen haben. Das darauffolgende Kapitel thematisiert die Datenaufbereitung. 2. Die Datenerhebung 2.1 Kurzbeschreibung Mit Hilfe eines zweifaktoriellen experimentellen Designs soll bei der mündlichen L2- Produktion der Zusammenhang zwischen der unabhängigen Variable Aufmerksamkeit und den abhängigen Variablen Monitoring sowie Gebrauch sprachlicher Automatismen erhellt werden. Der erste der beiden experimentellen Faktoren richtet den Aufmerksamkeitsfokus der Probanden entweder auf die Korrektheit einer L2-Produktion oder auf ihren Inhalt. Durch den zweiten Faktor wird die Aufmerksamkeit im Hinblick auf die Interaktionspartner manipuliert. In jeder der sechs experimentellen Bedingungen gaben die Versuchspersonen zuerst einen Text wieder und beschrieben dann einen Cartoon. Im Anschluß an jede der Aufgaben fand eine kurze Retrospektion statt. Nach der Datenerhebung wurden die gewonnenen Audiodaten auf CD-ROM archiviert und mit Hilfe der Software Transcriber segmentiert und orthographisch transkribiert. 2.2 Versuchspersonen Das Experiment ist auf fortgeschrittene L2-Lemer mit der Zielsprache Deutsch zugeschnitten, die bereits populärwissenschaftliche Texte verstehen können; solche werden bei der Textreproduktion als Stimulusmaterial dargeboten. Als weitere Voraussetzung müssen die Versuchspersonen über hinreichende produktive Fähigkeiten in der Zielsprache verfügen. Konkret setzte sich die Probandengruppe aus 16 ausländischen Studienbewerbern zusammen, die von Herbst 2000 bis Sommer 2001 an der Universität Bielefeld den Sprachkurs zur Vorbereitung auf die Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH) besuchten. Diese Probandenzahl erscheint angesichts des within-subject-Designs hinreichend groß, um auch statistisch aussagekräftige Ergebnisse erzielen zu können. Eine noch umfangreichere Probandengruppe wäre wegen des großen Organisationsaufwands und der zeitaufwendigen Transkriptionsarbeiten mit den vorhandenen Ressourcen nicht realisierbar gewesen. Das Durchschnittsalter der VersuchslFLlllL 32 (2003) 52 Olaf Bärenfänger personen lag bei ca. 25 Jahren (Standardabweichung 4.0), fünf von ihnen waren männlich und 11 weiblich. Hinsichtlich der Muttersprachen und der Nationalitätszugehörigkeit war die Probandengruppe vergleichsweise heterogen. Herkunftsländer sind die USA, Polen, Mazedonien, Ghana, Kroatien, die VR China, Malaysia, Marokko, Griechenland, Korea und Japan. 2.3 Apparatur Für die Aufnahme der von den Probanden produzierten Äußerungen wurde der DAT- Recorder „Sony TCD-D 100" eingesetzt. Das digitale Aufnahmeformat erlaubt durch seine hohe Qualität neben konventionellen Diskursanalysen insbesondere präzise phonetische und prosodische Analysen. Außerdem lassen sich die digitalen Daten bequem und preiswert mit PCs aufbereiten, auf CDs archivieren und über das World Wide Web austauschen. Um einem Datenverlust in der Folge von technischen Fehlern vorzubeugen, erfolgte eine zusätzliche analoge Aufzeichnung mit dem Kassettenrecorder „Tandberg TCR 712". Darüber hinaus wurden die Sitzungen mit Hilfe einer VHS-Videokamera "Panasonic NV-M 50 EG" mitgeschnitten. Durch diese Maßnahme besteht die Option, für die Auswertung der Audiodaten auch Nonverbalia heranzuziehen (zur Bedeutung solcher interaktionaler Signale für die Kommunikation vgl. den Beitrag von DAUSEND- SCHÖN-GAY, in diesem Band [178-195]). 2.4 Material Als Stimulusmaterial für die Textreproduktion erhielten die Versuchspersonen in jeder experimentellen Bedingung einen ihrem sprachlichen Niveau entsprechenden expositorischen Fachtext. Die Titel lauten im einzelnen: "Gehirn-Jogging", "Jugend heute", "Städte im Wandel", "Die Sonne", "Chronobiologie: Die innere Uhr des Menschen", "Wie lernt und arbeitet man richtig? ", "Bildungsprobleme in der Dritten Welt" sowie „Die Sprache und der Sprachlerner". Um ein Mindestmaß an Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurde ausschließlich auf Texte aus früheren DSH-Prüfungen zurückgegriffen. Überdies gehört jeder Text demselben Genre an, weist einen vergleichbaren Schwierigkeitsgrad auf, ist ca. 300 Wörter lang und in sechs Abschnitte unterteilt. Den Probanden möglicherweise unbekannte Vokabeln wie „Verkalkung" sind in Fußnoten erläutert (siehe das Textbeispiel im Anhang, S. 67). Die für die Bildbeschreibungen eingesetzten Cartoons stammen sämtlich von dem amerikanischen Zeichner Gary LARSON (1988). Jede Zeichnung stellt mit schwarzem Humor eine Szene dar, die jeweils durch eine Bildunterschrift von einem Satz Länge ergänzt wird. Auf Grund der Kulturspezifik von Humor ist kaum damit zu rechnen, daß alle Versuchspersonen die Pointen der Cartoons erfassen. In Anbetracht dessen lautete die Anweisung nicht, den Witz wiederzugeben, sondern lediglich, die abgebildete Situation zu beschreiben. Ein Beispieltext und -cartoon sind im Anhang (S. 68) wiedergegeben. lFLd 32 (2003) Mündliche Produktion in der Fremdsprache: Ein Experiment 53 Als Redeanlässe wurden sowohl ein Text als auch ein Cartoon gewählt, um für jede experimentelle Bedingung L2-Produktionen mit einem sprachlichen Input und solche ohne sprachlichen Input zu erhalten. Bei dem Einsatz von Cartoons ist eine unbewußte kognitive Voraktivierung des relevanten Wortschatzes (lexikalisches Priming) und der Grammatik (syntaktisches Priming) ausgeschlossen. Infolgedessen kann die Performanz der Probanden hier eindeutiger als bei den Textwiedergaben auf die produktiven Fähigkeiten eines Probanden zurückgeführt werden. Dem Verfahren kommt somit eine höhere interne Validität zu. 2.5 Design und Ablauf Es handelt sich um ein 2x3 Design, bei dem der erste Faktor den Aufmerksamkeitsfokus bei der Sprachproduktion betrifft und der zweite Faktor den Interaktionspartner. Der Aufmerksamkeitsfokus der Probanden wurde durch Instruktionen entweder auf die sprachliche Korrektheit ihrer mündlichen Produktionen gerichtet "Form") oder auf deren inhaltliche Vollständigkeit "Inhalt"). Die Instruktion durch den Versuchsleiter lautete im ersten Fall: "Achten Sie besonders darauf, [bei der Textreproduktion resp. der Cartoonbeschreibung] möglichst keine sprachlichen Fehler zu machen"; und im zweiten Fall: „Achten Sie besonders darauf, den Text möglichst ausführlich wiederzugeben / das Bild möglichst ausführlich zu beschreiben". Der zweite Faktor Interaktionspartner konnte drei Ausprägungen annehmen. Die Versuchspersonen wurden entweder einer Interaktion mit einem hochrangigen Muttersprachler ausgesetzt, einer Dozentin des Fachs Deutsch als Fremdsprache, einer Interaktion mit einem gleichrangigen Muttersprachler, einer muttersprachlichen Studentin des Fachs Deutsch als Fremdsprache; und schließlich einer Interaktion mit einem gleichrangigen Nicht-Muttersprachler, einem Kommilitonen aus ihrem Sprachkurs. Somit ergeben sich die folgenden sechs experimentellen Bedingungen mit jeweils charakteristischen Anforderungen an die Aufmerksamkeit der L2-Lerner: ~ Sozial höherrangiger Sozial gleichrangiger Gleichrangiger r Muttersprachler Muttersprachler Nicht-Muttersprachl. s (Dozentin) (Studentin) (Kommilitone) Form 1. Sitzung 2. Sitzung 3. Sitzung Inhalt 4. Sitzung 5. Sitzung 6. Sitzung Abb. 1: Experimentelle Bedingungen und Reihenfolge ihrer Durchführung Wie Abbildung 1 veranschaulicht, durchliefen alle Probanden alle experimentellen Bedingungen (within-subject-Design), und zwar in derselben Reihenfolge. In jeder Bedingung wurde dasselbe Stimulusmaterial präsentiert (nur in der 3. und 6. Sitzung gab es je zwei Texte und zwei Cartoons, damit die Versuchspersonen nicht denselben Text resp. JFJLIIL 32 (2003) 54 Olaf Bärenfänger denselben Cartoon verwenden mußten). Vor der eigentlichen Durchführung fanden drei Probesitzungen statt, in denen die Probanden mit den Aufgabenstellungen, den jeweiligen lnteraktionspartnem, den Aufnahmegeräten und der Untersuchungssituation im allgemeinen vertraut gemacht werden sollten. Durch die drei Probeläufe ist es nahezu auszuschließen, daß Unterschiede zwischen den experimentellen Bedingungen auf Lern- oder Trainingseffekte zurückzuführen sind. Einmalig erhielten die Versuchspersonen recht allgemein gehaltene Informationen über Art, Ziele und Ablauf der Untersuchung; auch ein strikt vertraulicher Umgang mit persönlichen Daten wurde ihnen zugesichert. In bezug auf ihren Ablaufwaren alle Sitzungen gleich strukturiert. Zu Beginn stand ein kurzes warming up, in dem die Probanden ihre zu erwartende Befangenheitspeziell im Umgang mit dem hochrangigen Muttersprachler verlieren sollten. Andererseits sollten jedoch auch die sozialen Rangverhältnisse klargestellt werden, etwa indem der Versuchsleiter den hochrangigen lnteraktionspartner (im Gegensatz zu den beiden anderen Interaktanten) mit akademischem Titel anredete. In der eigentlichen Experimentalphase erhielten die Probanden 15 Minuten Zeit, den ihnen vom Versuchsleiter vorgelegten Text zu lesen und sich stichwortartige Notizen zu machen; diese durften sie als Gedächtnisstütze auch während der Textreproduktion verwenden. Um Vorformulierungen zu vermeiden, wurden die Versuchspersonen allerdings gebeten, sich keine ganzen Sätze aufzuschreiben. Nach Ablauf der Vorbereitungszeit schaltete der Versuchsleiter die Aufnahmegeräte ein und forderte die Probanden auf, ihrem jeweiligen Interaktionspartner den Text wiederzugeben. Dabei wurde der Aufmerksamkeitsfokus per geeigneten Instruktionen entweder auf die Korrektheit oder die Ausführlichkeit der Produktion gelenkt. Der Interaktionspartner war angewiesen, sich mit Kommentaren, Fragen oder Hilfestellungen soweit als möglich zurückzuhalten. Für die Textreproduktion stand den Probanden beliebig viel Zeit zur Verfügung. Während deren Dauer verließ der Versuchsleiter den Raum, um nicht die Sprachproduktion durch seine Anwesenheit zu beeinflussen. Nach Beendigung initiierte der Interaktionspartner ein kurzes retrospektives Gespräch über den Text und über spezifische Probleme beim Lösen der Aufgabe. Waren die Interaktionspartner gleichrangige Nicht-Muttersprachler (in der 3. und 6. Sitzung), vergaßen sie allerdings gelegentlich, die Retrospektion durchzuführen. In einer zweiten Aufgabe bekamen die Versuchspersonen einen Cartoon präsentiert, den sie ihrem jeweiligen Interaktionspartner beschreiben sollten. Sie wurden darauf hingewiesen, daß der lnteraktionspartner die Zeichnung nicht kenne. Auch bei dieser Aufgabe wurde ihre Aufmerksamkeit in der bereits genannten Weise gelenkt. Wiederum hatten die Probanden für die Aufgabe nach Belieben Zeit. Der Cartoonbeschreibung folgte eine zweite kurze Retrospektion, In der abschließenden Phase erhielten die Versuchsteilnehmer eine Aufwandsentschädigung, und es wurde ein Termin für die nächste Experimentalsitzung vereinbart. Pro Einzelsitzung ist eine Dauer von ca. einer Stunde zu veranschlagen. Zur Erfassung von Moderatorvariablen, die bei der Auswertung und Interpretation der erhobenen Daten von großem Nutzen sein können, füllten die Probanden vor Beginn des Experiments einen Lemerfragebogen aus. Dieser zielt in 28 Punkten auf demographische Variablen, die individuelle Lemerbiographie, motivationale Aspekte des Fremdspra- FLi.liL 32 (2003) Mündliche Produktion in der Fremdsprache: Ein Experiment 55 chenerwerbs sowie auf Selbsteinschätzungen bezüglich bereits erworbener Teilkompetenzen in der Fremdsprache (vgl. BÄRENFÄNGER 2002b). Fernerhin sind die Daten aus den beiden Retrospektionen in erster Linie zur internen Validierung der Experimentaldaten vorgesehen. 2.6 Gegenstand des Experiments Gegenstand des Experiments sind die Zusammenhänge zwischen Aufmerksamkeitsprozessen, wie sie bei der mündlichen L2-Produktion wirksam sind, und dem Monitoring des Outputs durch die Sprecher sowie ihr Gebrauch von sprachlichen Automatismen (theoretische Details hierzu sind dem Beitrag von AGUADO, in diesem Band [11-26], zu entnehmen). Im übrigen lassen sich die mit dem entwickelten Design erhobenen Daten auch in Zusammenhang mit anderen Fragestellungen bringen, beispielsweise ob sich die morphosyntaktische Korrektheit des mündlichen Outputs in Abhängigkeit der sechs experimentellen Bedingungen verändert oder, analog dazu, ob die Sprecher jeweils andersartige pragmatische Strategien verfolgen. 2.7 Operationalisierung Aufmerksamkeit: Hinsichtlich der unabhängigen Variable Aufmerksamkeit ergeben sich über die Manipulation der Interaktionssituation vor allem unterschiedliche Anforderungen an die Menge der für die L2-Produktion notwendigen Aufmerksamkeit. Beim hochrangigen, deutschsprachigen Muttersprachler muß ein Proband sowohl durch die pragmatische Angemessenheit seiner Äußerungen dem höheren Rang seines Interaktionspartners Rechnung tragen als auch berücksichtigen, daß dieser als Muttersprachler für Fehler vergleichsweise sensibel ist. Dieser Umstand ist zwar auch beim gleichrangigen Muttersprachler (Student) gegeben, allerdings beansprucht derselbe soziale Rang keine größeren Aufmerksamkeitsressourcen. Am wenigsten Aufmerksamkeit sollte schließlich die Interaktion mit einem anderen L2-Lerner (Kommilitone aus dem Sprachkurs) erfordern, der in bezug auf seinen sozialen Rang nicht exponiert ist und auch Fehler nicht in demselben Maße bemerken dürfte wie die beiden anderen Interaktionspartner. Insofern eine bewußte, d.h. aufmerksamkeitsintensive Sprachproduktion zu „kreativer" Sprache führt, dem Gegenpol von automatisierter Sprache (DEKEYSER 2001), sind in der ersten Interaktionssituation nur wenige sprachliche Automatismen zu erwarten, in der zweiten schon mehr und in der dritten am meisten. Dagegen sollte, bedingt durch sozial induzierte abnehmende Aufmerksamkeitsanforderungen, eine abfallende Monitortätigkeit auftreten. Durch die Richtung des Aufmerksamkeitsfokus werden den Versuchspersonen zwei Dimensionen ihrer Sprachproduktion bewußtgemacht, alternativ deren Korrektheit oder deren Inhalt. Diese Dichotomie folgt der Beobachtung von V ANPATTEN (1990, 1994, 1996), daß Sprachlerner am Anfang des Erwerbsprozesses bei der Verarbeitung von Input ihre Aufmerksamkeit entweder auf dessen Form oder dessen Inhalt lenken. Als Hypothese ergibt sich bei einer Übertragung dieses Befunds auf die Gegebenheiten der lFJLllllL 32 (2003) 56 Olaf Bärenfänger mündlichen L2-Produktion, daß die Probanden qua Monitoring die Einhaltung der jeweiligen Vorgaben überprüfen sollten. Mit anderen Worten: Sie sollten verifizieren, ob sie tatsächlich so wenig sprachliche Fehler wie möglich gemacht resp. ob sie den Inhalt des Textes oder Cartoons vollständig wiedergegeben haben. Es ist beispielsweise zu erwarten, daß intensives Monitoring im Bereich der (Morpho-) Syntax auftritt, wenn der Aufmerksamkeitsfokus auf Korrektheit gerichtet ist. Da die Aufmerksamkeitsressourcen eines Sprechers generell begrenzt sind (SCHMIDT 1990, 1993, 1994), sollten zur Kompensation für die intensive Aufmerksamkeit in einem Bereich der Sprachproduktion in anderen Bereichen Automatismen eingesetzt werden, beispielsweise gefüllte Pausen als pragmatische Automatismen zur Gewinnung von Planungszeit im Falle einer Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die Korrektheit. Automatismen: Die abhängige Variable Gebrauch von Automatismen wird in der Psychologie allgemein beschrieben als schnelle und invariante Ausführung einer Reihe zusammenhängender Aufgaben (tasks), so daß zur gleichen Zeit kognitive Ressourcen für weitere Aufgaben zur Verfügung stehen. Demzufolge weisen automatisierte Prozesse eine hohe Ausführungsgeschwindigkeit sowie eine geringe Fehlerrate auf; sie werden relativ mühelos ausgeführt; es werden nur in geringem Maße kognitive Ressourcen (Aufmerksamkeit) verbraucht; der automatisierte Prozeß entzieht sich weitgehend der bewußten Kontrolle; und es lassen sich unterschiedliche Grade der Automatisiertheit ausmachen (vgl. z.B. SCHMIDT 1992; DEKEYSER 2001). Diesen allgemeinen Eigenschaften müßten im speziellen Fall der automatisierten L2-Produktion unter anderem eine hohe Sprech- und Artikulationsgeschwindigkeit, wenige Pausen (d.h. eine hohe phonation / time-ratio), längere zusammenhängende sprachliche Einheiten (d.h. eine hohe mean length of runs), die Abwesenheit von Dehnungen, zahlreiche Verschleifungen und schnelle Anschlüsse sowie die häufige Rekurrenz bestimmter sprachlicher ltems entsprechen (BÄRENFÄNGER 2002a). Monitoring. Als Monitoring wird derjenige kognitive Prozeß bezeichnet, der auf den einzelnen Ebenen der Sprachproduktion (etwa in der Terminologie von LEVELT 1989: conceptualizer, formulator und articulator) die jeweiligen (Zwischen-) Produkte auf Inadäquatheiten hin überprüft. Der Monitor ist imstande, sowohl phonetische, morphosyntaktische, syntaktische, lexikalische oder pragmatische Fehler zu identifizieren. Anders als sprachliche Automatismen kann das Wirken von Monitoringprozessen nur beobachtet werden, sofern der Monitor einen echten oder vermeintlichen Fehler korrigiert. Die sonstige Monitortätigkeit manifestiert sich nicht im sprachlichen Output. Demgemäß sind vor allem Selbstreparaturen, aber auch Pausen, Abbrüche, Fehlstarts und Verzögerungsphänomene Indikatoren für Monitoring (vgl. z.B. KORMOS 1999: 303). KoRMOS (2000b: 146) weist ergänzend auf die besondere Bedeutung zeitlicher Charakteristika für ein vertieftes Verständnis von Korrekturphänomenen hin. 2.8 Maße Die in Abschnitt 2.7 vorgeschlagenen Indikatoren für Monitoring und sprachliche Automatismen können unter anderem die in Tabelle 1 aufgeführten Ausprägungen lFLlllL 32 (2003) Mündliche Produktion in der Fremdsprache: Ein Experiment 57 annehmen. Es handelt sich freilich sowohl bei den Indikatoren als auch bei den Maßen um ergänzungsfähige Vorschläge. Weiterführende Details zu den Indikatoren und Maßen sind dem Beitrag von STEVENER (in diesem Band [27-49) zu entnehmen. Automatisierung Monitoring Sprechgeschwindigkeit [ = speech rate] Silben pro Minute Artikulationsgeschwindigkeit [= articulation rate] phonation/ time-ratio mean length of runs Rekurrenz linguistischer Items Verschleifungen schnelle Anschlüsse Abwesenheit von Dehnungen Selbstreparaturen Pausen Abbrüche Fehlstarts Silben pro Minute Prozentwert durchschnittliche Silbenzahl der sprachlichen Einheiten zwischen zwei Pausen > 280 ms Häufigkeit, Qualität und Zeitpunkt Häufigkeit und Qualität Häufigkeit und Qualität Häufigkeit und Qualität Häufigkeit, Qualität und Zeitpunkt Häufigkeit, Qualität, Zeitpunkt und Dauer Häufigkeit, Qualität und Zeitpunkt Häufigkeit, Qualität und Zeitpunkt Tab. 1: Indikatoren für die abhängigen Variablen und ihre Maße 2.9 Gütekriterien Um Aussagen über die Leistungsfähigkeit und das Erkenntnispotential des vorgestellten Verfahrens treffen zu können, scheinen die aus der klassischen Testtheorie überlieferten Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität gut geeignet (BÄRENFÄNGER, im Druck). Da das Experiment in der beschriebenen Form bislang erst einmal durchgeführt wurde, ist dies derzeit jedoch nicht auf empirischer Vergleichsbasis möglich. Die folgenden Überlegungen sind daher überwiegend theoretischer oder verfahrenstechnischer Natur. Objektivität. Ein hinreichendes Maß an Durchführungsobjektivität ist dann gegeben, wenn die erzielten Ergebnisse unabhängig vom Untersuchenden sind (vgl. z.B. LIENERT/ RAATZ 1994: 7). Aus zweierlei Gründen ist mit höchstens geringen Versuchsleitereffekten zu rechnen. Erstens kam es ohnehin kaum zu Interaktionen zwischen den Versuchsleitern und den Probanden. Im Detail beschränkten sie sich auf eine kurze Begrüßung, ein briefing über Art und Zielsetzungen der Untersuchung, die Ausgabe des Stimulusmatelf1Lw.. 32 (2003) 58 Olaf Bärenfänger rials und die diesbezügliche Instruktion, die Danksagung am Ende der Sitzung sowie die Vereinbarung eines neuen Termins. Zweitens waren die jeweiligen Interaktionen in den meisten Fällen stark standardisiert. Folglich ist die Durchführungsobjektivität des Experiments kaum als problematisch einzuschätzen. Reliabilität: Das Gütekriterium der Reliabilität oder Zuverlässigkeit „bezieht sich auf die Genauigkeit, mit der Testergebnisse eine Eigenschaft erfassen, unabhängig davon, ob der Test wirklich die Eigenschaft mißt, die gemessen werden sollte" (GROTJAHN 2000: 310). Demgemäß muß, um eine Vorstellung über die Reliabilität des vorgestellten Experiments zu erhalten, nach möglichen Fehlerquellen gefahndet werden. Durch die Gleichartigkeit des Stimulusmaterials und der Instruktionen, gleiche Vorbereitungszeiten für das Lesen der Texte, den uniformen Ablauf, den insgesamt hohen Grad an experimenteller Kontrolle und den Einsatz präziser Geräte sollte ein Großteil denkbarer Störfaktoren von vornherein auf ein Mindestmaß reduziert werden. Eine weitere Fehlerquelle stellen potentiell aus dem Design resultierende Reihenfolgeeffekte dar. Eine Ausbalancierung der experimentellen Bedingungen und des Materials über sechs Probandengruppen hätte indessen einen nicht mehr handhabbaren Organisationsaufwand bedeutet; außerdem wären die Experimentalgruppen sehr klein gewesen (zwei bis drei Probanden). Ferner können nicht kontrollierbare materialbedingte Effekte die Reliabilität der Untersuchung beeinträchtigen, z.B. weil sich ein Proband besonders gut mit einem Thema auskennt oder weil er Teile des Textes nicht versteht. Alles in allem scheint sich jedoch die Gesamtreliabilität auf einem auch für Experimente akzeptablen Niveau zu bewegen. Validität: Bei dem Gütekriterium der Validität werden in der einschlägigen Literatur unterschiedliche Facetten geltend gemacht. Unter interner Validität läßt sich mit SCHNELL! HILLIESSER (1995: 144) das Ausmaß verstehen, "in dem ein Untersuchungsverfahren tatsächlich dasjenige mißt, was es zu messen vorgibt" (siehe auch BORTZ 1999: 9). Die interne Validität ist umso höher, je mehr Alternativerklärungen für einen beobachteten Meßwert ausgeschlossen werden können. Hierfür kommen im Rahmen des dargestellten Experiments zum einen Meßfehler jedweder Art in Betracht. Da es sich jedoch um ein recht zuverlässiges Verfahren handelt, sollte die interne Validität kaum davon beeinträchtigt sein. Zum anderen drängen sich als weitere Alternativerklärungen grundsätzlich alle in der Einleitung genannten Variablen der L2-Produktion auf, die nicht mit der unabhängigen Variable oder den abhängigen Variablen identisch sind. Durch die heterogene Probandengruppe sollten sich diesbezügliche Effekte im Mittel jedoch weitgehend aufheben. Des weiteren können Performanzunterschiede durch die systematische und umfängliche Erhebung von Moderatorvariablen mit dem Lernerfragebogen und darauf aufbauende statistische Prozeduren auf einzelne solcher Faktoren zurückgeführt werden. Kulturell bedingte Störgrößen manifestierten sich vor allem in Zusammenhang mit der Beschreibung der Cartoons, die mehrere Probanden nicht humorvoll fanden oder sogar überhaupt nicht verstanden. Da aber die Instruktion darin bestand, lediglich die bildlich dargestellte Situation zu beschreiben und nicht etwa die Pointe wiederzugeben, sollten so geartete Einflüsse keine allzu große Rolle spielen. Auch der kulturspezifische Umgang mit sozialen Hierarchien kann für eine bestimmte mündliche L2-Performanz verantwortlich sein. Motivationsschwankungen der Versuchspersonen zwischen den einzelnen IFLIIL 32 (2003) Mündliche Produktion in der Fremdsprache: Ein Experiment 59 Sitzungen sollten durch ein Honorar aufgefangen werden sowie durch den öfter angebrachten Hinweis, die Teilnahme am Experiment helfe bei der Vorbereitung auf die DSH (die als Stimulusmaterial verwendeten Texte stammten aus früheren Prüfungen). Der Aspekt der externen Validität bezieht sich auf die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse (BORTZ 1999: 9). Trotz der Durchführung des Experiments im Labor wurde angestrebt, eine Balance zwischen experimenteller Kontrolle und einer nicht allzu großen Künstlichkeit zu halten. Dieser Umstand sowie vor allem die Heterogenität der Probandengruppe deuten auf eine Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse hin. Freilich wäre es zu wünschen, wenn die gewonnenen Ergebnisse durch weitere Untersuchungen zusätzlich validiert würden (Übereinstimmungsvalidität rnit anderen Erhebungen). Um die Konstruktvalidität des vorliegenden Experiments beurteilen zu können, muß in erster Linie Rechenschaft darüber abgelegt werden, "inwieweit die beobachteten Testergebnisse gültige Indikatoren von zugrunde liegenden theoretischen Konstrukten sind" (GROTJAHN 2000: 315). Anders gesagt: Es stellt sich vor allem die Frage nach der angemessenen Operationalisierung der Forschungsfrage. Für das beschriebene Experiment ist in Abschnitt 2. 7 ausgeführt worden, welche Indikatoren für die theoretischen Gegenstände Monitoring und Automatismen Einsatz finden. Ebenso wurde das Verhältnis dieser beiden Faktoren zu Aufmerksarnkeitsprozessen bestimmt und erklärt, in welcher Weise letztere manipuliert wurden. Sollten die basalen Aufmerksamkeits-, Automatisierungs- und Monitortheorien unzutreffend sein, so wäre die Konstruktvalidität des Experiments nur als gering zu bewerten. Da also nach Kräften Störfaktoren ausgeschaltet wurden und sich die Operationalisierung der Forschungsfrage auf umfängliche theoretische und empirische Vorarbeiten aus der Kognitionspsychologie und der Fremdsprachenerwerbsforschung stützen kann (vgl. den Forschungsüberblick von AGUADO in diesem Band [11-26], sollten keine zu großen Zweifel an der Gesamtvalidität des Experiments aufkommen. 2.10 Durchführbarkeit Das vorgestellte Experiment ist nur rnit vergleichsweise hohem personellen, finanziellen und apparativen Aufwand zu realisieren. Für die Durchführung jeder experimentellen Sitzung muß ca. 1 Stunde veranschlagt werden, wobei je ein Versuchsleiter und der jeweilige Interaktionspartner anwesend sein müssen. Bei sechs experimentellen Bedingungen und drei Probeläufen errechnet sich bei 16 Versuchspersonen ein Gesamtaufwand von 144 Stunden. Für die Aufnahme wird ein DAT-Recorder benötigt; außerdem empfiehlt sich der Einsatz einer Videokamera und eines analogen Aufnahmegerätes. Den Probanden wurde eine finanzielle Aufwandsentschädigung in Höhe von DM 10,00 pro Stunde gezahlt, insgesamt also DM 1440,00. Für das Ausfüllen des Lemerfragebogens erhielten sie zusätzlich je DM 5,00, insgesamt also weitere DM 80,00. IFJL1JJL 32 (2003) 60 Olaf Bärenfänger 3. Datenaufbereitung 3.1 Schneiden und Archivieren der Daten Als erster Schritt der Datenaufbereitung wurden die digitalen Audio-Aufnahmen über eine leistungsfähige Soundkarte mit optischem Eingang in den PC eingelesen und im WAVE-Format abgespeichert. Mit diesem Datentyp sind die Audiodateien mit einer großen Zahl unterschiedlicher Auswertungssysteme kompatibel (GIBBONIMOORE/ WINSKI 1997: 171). Da das Einlesen in Echtzeit erfolgt, handelt es sich dabei um einen zeitaufwendigen Arbeitsschritt. Illllllerhin liegen (zusallllllen mit den Daten der drei Probeläufe) ca. 20 Stunden Audiomaterial vor. In einem zweiten Schritt wurden die Audiodateien, die jede die Daten einer experimentellen Sitzung enthalten, mit Hilfe der Software Soundforge in kleinere Dateien geschnitten, und zwar so, daß für jeden Probanden und jede relevante Teilaufgabe eine eigene Tondatei vorliegt. Diese Daten wurden in einem dritten Arbeitsgang auf CD-ROM archiviert. Weil die Vorarbeiten mit der Hilfe von PCs und Standardsoftware geleistet wurden, sind hier keine gravierenden Objektivitäts- oder Reliabilitätsprobleme zu erwarten. 3.2 Segmentierung der Audiodateien Die erkenntnisleitende Fragestellung des Experiments sieht unter anderem die Berechnung temporaler Variablen vor, für die eine Abgrenzung von phonierten und nichtphonierten Einheiten unerläßlich ist (für einen Überblick über die gängigen temporalen Variablen vgl. z.B. RAUPACH 1980). Entsprechend müssen die im vorangegangenen Arbeitsschritt geschnittenen Audiodateien manuell segmentiert werden. Der wesentliche Vorteil dieses Vorgehens besteht darin, daß sich die Segmentierung als einzigem Kriterium an einem objektiv vorhandenen Merkmal ausrichtet und also verg~ichsweise transparent ist. Auf diese Weise kann die Fehlerwahrscheinlichkeit verringert und somit eine hohe Auswertungsreliabilität sichergestellt werden. Allerdings ist in dieser Hinsicht zu bemerken, daß trotz der klaren Sequenzierungsregeln gelegentliche Unschärfen auftreten. Insbesondere bei Daten mit starken Hintergrundgeräuschen oder schlechter Aufnahmeaussteuerung kann die präzise Segmentierung schwierig sein. Auch ist es etwa bei Hauchlauten im Anlaut oder Affrikaten im Auslaut schwer zu entscheiden, wann eine Äußerung beginnt oder endet. BARRY/ FOURCIN (1992) weisen darauf hin, daß diesbezüglich selbst bei Experten nicht mehr als 90% Übereinstillllllung zu erwarten ist. Da die Aufnahmen jedoch allgemein in hoher Qualität vorliegen und die geschilderten phonetischen Besonderheiten auch nicht besonders häufig auftreten, sind die entsprechenden Reliabilitätsprobleme eher zu vernachlässigen. Interrater-reliability wird durch die Überprüfung der einmal vorgenollllllenen Segmentierungen durch zwei weitere Transkribenten angestrebt. Bei der Segmentierung gilt eine sprachliche Einheit, ein sogenannter run, illllller dann als phoniert, wenn sie sich zwischen zwei Pausen von mehr als 280 Millisekunden Dauer befindet. Der Grund für die Wahl dieses Pausenwerts liegt darin, daß er länger ist als die IFLi.llL 32 (2003) Mündliche Produktion in der Fremdsprache: Ein Experiment 61 Stopphase bei der Artikulation geminierter Plosive innerhalb desselben run. Die Pausenzeit wurde in Anlehnung an TOWELL/ HAWKINS/ BAZERGUI (1996) gewählt und liegt ungefähr im Mittelfeld anderer Studien, die jeweils aus guten Gründen mit Werten von 200 Millisekunden (z.B. BUTTERWORTH 1980) über 250 Millisekunden (z.B. GOLDMAN-EISLER 1968) bis 300 Millisekunden (z.B. RAUPACH 1980) arbeiten. Im Zuge der Segmentierung wurden die erzeugten Segmente entweder der Versuchsperson oder ihrem jeweiligen Interaktionspartner zugeordnet. War die Zuordnung nicht eindeutig zu treffen, wurde die Kategorie "no speaker" angegeben; solche Segmente fallen später bei den Auswertungen heraus. Typische Fälle für die no-speaker-Einteilung sind beispielsweise turn-taking-Pausen, die sich mit Fug und Recht beiden Sprechern zuordnen lassen; manchmal ergibt sich auch aus akustischen Gründen (Hintergrundgeräusche, geringe Lautstärke etc.) die Notwendigkeit einer solchen Klassifizierung. Bei überlappenden Äußerungen wurde für die Segmentierung der Beitrag des Probanden zugrunde gelegt; in solchen Fällen enthielt allerdings ein Kommentar Informationen dazu, wann der Interaktionspartner zu sprechen anfing resp. zu sprechen aufhörte. Obschon diese Praxis die Lesbarkeit der Transkripte sicherlich erschwert, wurde sie gewählt, um einerseits die eigentlich interessierenden Äußerungen der Versuchspersonen in voller Länge vorliegen zu haben, andererseits aber auch die interaktive Dimension der L2-Produktion abbilden zu können. (Die verwendete Software erlaubt keine Partiturschreibweise und· folglich auch keine Segmentierung der Äußerungen beider Interaktanten in separaten layers.) Wie die vorangegangenen Ausführungen implizieren, erhalten gefüllte Pausen (z.B. ähm, äh usw.) durch die binäre Unterscheidung in „phoniert" vs. "nicht-phoniert" denselben Status wie gewöhnliche phonierte Sprechereignisse. Dieser Weg wurde beschritten, um nicht schon in der Datenaufbereitungsphase theorielastige Entscheidungen darüber treffen zu müssen, wie gefüllte Pausen zu definieren sind. Außerdem bleiben die Segmentierer so weitgehend von Abgrenzungsproblemen verschont. Später können die gefüllten Pausen immer noch ermittelt und gegebenenfalls von den Auswertungen ausgeschlossen werden. Sowohl die soeben beschriebene Segmentierung als auch die anschließende Transkription der Audiodaten erfolgte mit Hilfe der Software Transcriber (das Programm ist im World Wide Web kostenlos über die Seite "Linguistic Annotation" unter der Adresse http: / / morph.ldc.upenn.edu/ annotation erhältlich). Da Transcriber das Audiosignal im Oszillogramm darstellt, lassen sich der Zeitpunkt und die Dauer eines Sprechereignisses wesentlich exakter ermitteln als mit den sonst in der Konversationsanalyse gängigen Programmen. Besonders für die Bestimmung temporaler Variablen stellen Messungen mit niedriger Fehlertoleranz im Millisekundenbereich eine notwendige Voraussetzung dar. Die mit Transcriber angefertigten Transkripte liegen im XML-Format vor und können über das World Wide Web veröffentlicht werden. Außerdem läßt das Datenformat auch Auswertungen mit anderen Programmen zu, etwa mit der phonetischen Analysesoftware Praat oder der Statistiksoftware SPSS. Schließlich lassen sich die erzeugten Transkripte auch bequem in Tabellenkalkulationsprogramme wie Excel einlesen. IFJLl.lL 32 (2003) 62 Olaf Bärenfänger 3.3 Orthographische Transkription Insoweit Transkriptionen immer schon Interpretationen der originalen Äußerungen darstellen, sind sie zwangsläufig mit einem hohen Maß an Subjektivität verbunden und bilden daher vermutlich den fehleranfälligsten Teil der Auswertungen. Um gleichwohl möglichst objektive und reliable Transkripte bei gleichzeitig vertretbarem Arbeitsaufwand zu gewährleisten, überprüfen und korrigieren zwei weitere Projektmitarbeiter die Ersttranskripte (interrater-reliability). Bei der Erstellung des Ersttranskripts erfordert eine Minute Audio-Daten (einschließlich der Segmentierung) eine Bearbeitungszeit von ca. 90 Minuten. Die beiden Kontrollgänge benötigen je ca. 30 Minuten. Da sich die in der Konversationsanalyse üblichen Verfahren insbesondere zur Erfassung temporaler Phänomene als nicht ausreichend erwiesen, wurde auf der Basis vorhandener Konventionen (GÜLICH 1986, DAUSENDSCHÖN-GAY [et al.] 1986 und DAUSEND- SCHÖN-GAY 1987, ARBEITSGRUPPE FREMDSPRACHENERWERB BIELEFELD 1989, YU 1993, APFELBAUM 1995) ein modifiziertes Verfahren entwickelt. Die angewendeten Transkriptionskonventionen sollten möglichst einfach, intuitiv nachvollziehbar und leicht lesbar sein. Für die von der erkenntnisleitenden Fragestellung vorgegebenen Auswertungen erschien eine orthographische Transkription unter Berücksichtigung einiger prosodischer Phänomene hinreichend (siehe hierzu EHLICH/ REHBEIN 1976). Für die Transkription der Lerner-Äußerungen finden grundsätzlich nur Kleinbuchstaben des deutschen Standardalphabets Verwendung. Metasprachliche Kommentare der Transkribenten werden in eckigen Klammern notiert. Im Detail wurden die folgenden Phänomene erfaßt: Nicht klar identifizierbare (? ... ? ) Alle uneindeutigen Passagen werden so notiert Passagen Ungefüllte Pausen Wiederholungen Wiederholungen mit leichten Abwandlungen Schnelle Anschlüsse Verschleifungen Dehnungen [pause] Phasen ohne Artikulation [W] Identische Wiederholungen von Wortteilen, Wörtern oder ganzer Syntagmen innerhalb eines run und des davorliegenden run [W'] Teilidentische Wiederholungen von Wortteilen, Wörtern oder ganzer Syntagmen innerhalb eines run und des davorliegenden run & Auffällig schnelle Artikulation des zweiten Wortes nach dem ersten, wobei der Bestand an Phonemen unberührt bleibt, z.B. ,und&ehm' Elidierung mindestens eines Phonems innerhalb eines Wortes (z.B. ,geh=n') oder zwischen zwei Wörtern (z.B. ,sag= ich') infolge schneller Artikulation Auffällig lang andauernde Artikulation eines Phonems, z.B. ,u: nd' lFILl.llL 32 (2003) Mündliche Produktion in der Fremdsprache: Ein Experiment 63 Abbrüche Betonungen Ein Wort oder Syntagma innerhalb eines run wird nicht zu Ende artikuliert, z.B. ,ich gehe/ ich will heute ins Kino gehen' Auffällige Betonungen, z.B. ,sagte er' Tab. 2: Charakteristika mündlicher Sprachproduktionen und ihre Notation in den Transkriptionen Wie Tabelle 2 zu entnehmen ist, werden vorrangig solche sprachlichen Phänomene transkribiert, die für die Beantwortung der Forschungsfrage relevant sind. Dies sind im Falle der abhängigen Variable Monitoring Pausen, Dehnungen, Abbrüche und Selbstreparaturen (Wiederholungen mit Variation) und im Falle der abhängigen Variable Automatismen schnelle Anschlüsse und Verschleifungen. Temporale Variablen wie Sprech-und Artikulationsgeschwindigkeit,phonation/ time ratio und mean length of runs werden mit Hilfe der Pausenzeiten und der Dauer der Segmente berechnet. Tonhöhenverläufe finden keine Berücksichtigung. Grund hierfür ist die Beobachtung, daß bei einer Verwendung von Transcriber zu viele Fehler auftreten, da den Transkribenten Informationen wie die PO-Kurve oder ein Spektrogramm fehlen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, Tonhöhenverläufe zuverlässig durch eine zusätzliche Analyse mit Spezialsoftware wie beispielsweise Praat zu erstellen. 3.4 Übertragung der Transkripte in Excel Die mit Hilfe von Transcriber erzeugten Transkripte sind für die vorgesehenen Auswertungen nur beschränkt geeignet, denn sie werden am Bildschirm wie auf einer endlosen Papierrolle angezeigt dies führt zu großer Unübersichtlichkeit. Außerdem ist die Berechnung temporaler Variablen nicht möglich. Diese schwerwiegenden Nachteile lassen sich durch ein Einlesen der Transkripte in ein Tabellenkalkulationsprogramm wie Excel leicht und elegant kompensieren. Excel erlaubt einerseits die übersichtliche Darstellung der Transkripte in Tabellenform, andererseits aber auch eine variable Kategorisierung der Daten nach beliebig vielen Kriterien. Überdies ist es mit der Sortierfunktion möglich, die Daten anders als nach ihrer chronologischen Reihenfolge zu ordnen, etwa gemäß der Länge produzierter Äußerungen oder der Artikulationsgeschwindigkeit der Äußerungen. Weitere Vorteile von Excel bestehen in der automatischen Berechnung temporaler Variablen und der Option, die Ergebnisse in Form von Tabellen und Grafiken darzustellen. Anhang I am Ende des vorliegenden Bandes enthält zur Illustration zwei Beispieltranskripte derselben Versuchsperson aus der Cartoonbeschreibung in den experimentellen Bedingungen 1 und 3. JF[,11.ltlL 32 (2003) 64 Olaf Bärenfänger 4. Ausblick Im vorliegenden Beitrag wurden eingehend die Charakteristika, die Durchführung und die Datenaufbereitung eines an der Universität Bielefeld durchgeführten psycholinguistischen Experiments beschrieben. Mit diesem sollte es in erster Linie möglich sein, die Auswirkungen der zentralen Variable Aufmerksamkeit auf die mündliche L2-Produktion zu ergründen, und zwar speziell in bezug auf Monitoringprozesse und den Gebrauch sprachlicher Automatismen. Die gewonnenen Ergebnisse bilden die empirische Grundlage für die angestrebte Entwicklung einer aufmerksamkeitsbasierten Theorie der mündlichen L2-Produktion, die zugleich erhebliche Fortschritte für ein tieferes Verständnis von Fremdsprachenerwerbsprozessen verspricht. Eine aufmerksarnkeitsbasierte Theorie der mündlichen L2-Produktion kann auf eine umfangreiche Menge an Primärdaten, wie sie aus der Textreproduktion und der Cartoonbeschreibung hervorgegangen sind, aber auch auf Sekundärdaten aus den Retrospektionen und dem Lernerfragebogen zurückgreifen. Auf Grund der großen und vielfältigen Datenmenge, der experimentellen Kontrolle der Untersuchungssituation, der heterogenen Probandengruppe und der sorgfältigen Datenaufbereitung bilden die vorhandenen Primär- und Sekundärdaten eine sichere Basis für Erkenntnisse über die mündliche Produktion von Fremdsprachenlernen. Über die eigentliche, im Sinne des experimentellen Paradigmas eng gefaßte Fragestellung der Untersuchung hinausgehend lassen sich die gewonnenen Daten beispielsweise auch im Hinblick daraufhin auswerten, wie sich die unterschiedlichen Aufmerksamkeitsbedingungen auf Parameter wie Flüssigkeit, Korrektheit und Komplexität des mündlichen Outputs oder pragmatische Strategien auswirken. Die vielseitigen Analyseoptionen stellen sicherlich ebenso einen Vorteil des Experiments dar wie das Datenformat, das Auswertungen auch mit sehr unterschiedlichen Analysesystemen erlaubt. Zudem können die Daten leicht über das World Wide Web ausgetauscht werden. Angesichts des erheblichen Aufwands zur Gewinnung von Daten wie den vorgestellten bleibt zu hoffen, daß in Zukunft viele an Fragen des Fremdsprachenerwerbs Interessierte regen Gebrauch von dem Bielefelder Korpus mündlicher Sprachdaten machen. Literatur APFELBAUM, Birgit (1995): "Formes de reflexion linguistique dans ! es tandems franco-allemands: le cas des sequences declenchees par le partenaire natif'. In: VERONIQUE, Daniel/ VION, Robert (eds.): Des savoirjaire communicationnels. Aix-en-Provence: Publications de l'Universite de Provence, 165-179. ARBEITSGRUPPE FREMDSPRACHENERWERB BIELEFELD (1989): "Aneinandervorbeireden im Fremdsprachenunterricht". In: Fremdsprachen Lehren und Lernen 18, 159-176. BÄRENFÄNGER, Olaf (2002a): "Automatisierung der mündlichen L2-Produktion: Methodische Überlegungen". In: BÖRNER, Wolfgang/ VOGEL, Klaus (Hrsg.): Grammatik und Fremdsprachenunterricht. Kognitive, psycholinguistische und erwerbstheoretische Perspektiven. Tübingen: Narr, 119-140. 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Beispieltext (Experimentelle Bedingung 1) Bitte lesen Sie den folgenden Text sorgfältig, aber zügig durch. Sie haben dafür 15 Minuten Zeit. Geben Sie anschließend Ihrem Partner den Text wieder. Gehirn-Jogging Den Körper trainieren viele Menschen. Aber wer trainiert auch sein Gehirn? "Das Gehirn muss genauso trainiert werden wie der Körper", sagt Professor Siegfried Lehrl von der Universität Erlangen-Nürnberg. Denn wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass wir die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns um 10 bis 15% steigern können, wenn wir einige Wochen lang täglich zehn Minuten unser Gehirn trainieren. Besonders wichtig ist dieses Gehirn-Jogging für Menschen, die sich im Alltag geistig nur wenig anstrengen. Ein Beispiel sind Krankenhauspatienten: Bereits nach wenigen Tagen beginnt ihr Intelligenzquotient zu sinken. Nach drei Wochen Krankenhausaufenthalt kann er bereits 20% niedriger als gewöhnlich sein. Auch im Alter lässt die Intelligenz oft nach. Dies geschieht nicht nur aus körperlichen Gründen, wie z.B. durch zunehmende Verkalkung1, sondern auch deshalb, weil das Gehirn zu wenig beansprucht oder geübt wird. Deshalb hat Professor Lehr! zusammen mit Bernd Fischer, dem Leiter einer Rehabilitationsklinik, ein Programm für Gehirn-Jogging entwickelt. Seit einigen Jahren nun bieten Krankenhäuser und Altenheime auf der Basis dieses Programms Übungen zum Training des Gehirns an mit großem Erfolg: So erreichte eine siebzigjährige Testperson mit Gehirn-Training das höchste geistige Niveau ihres gesamten Lebens. Inzwischen hat sich auch gezeigt, dass dieses Programm für alle Menschen nützlich ist. Professor Lehr! selbst absolviert 2 Übungen aus diesem Programm, wenn er sich geistig müde fühlt oder wenn er einen schwierigen Text schreiben muss. Denn das Lösen der Aufgaben bringt das Gehirn in Bewegung; es wird dadurch zugleich besser durchblutet und mit Sauerstoff versorgt. Die Aufgaben des Programms zielen vor allem darauf ab, die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung und die sogenannte Gegenwartsdauer zu erhöhen. Mit „Gegenwartsdauer" bezeichnet man den Zeitraum, in dem neue Informationen im sogenannten Kurzzeitgedächtnis präsent3 sind. Er umfasst normalerweise bis zu fünf Sekunden. Wenn nun durch Gehirn-Jogging dieser Zeitraum erreicht oder sogar noch ausgeweitet wird, können wir mehr Informationen länger behalten und schneller verarbeiten. Verkalkung: Alterungsprozeß des Gehirns Übungen absolvieren: Übungen ausführen präsent sein: vorhanden sein lFILUJL 32 (2003) 68 Olaf Bärenfänger B. Beispielcartoon (Experimentelle Bedingung 1) "Dein Bruder wollte ja auch noch kommen vielleicht lieber noch einmal rütteln". lFlLl.! L 32 (2003) Sabine Beyer * Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb Eine exemplarische Analyse longitudinal erhobener lnterviewdaten ** Abstract. This paper describes an oral interview procedure (/ EMS) that was developed to collect L2learners' speech over a longer period of time. Parts of the resulting data are analysed in a preliminary case study. Results show that the development of L2-competence is a highly individual process, which depends, among other variables on the leamers' attention focus. In the case of a female Japanese GFLlearner, fluency of L2 speech production is increasingly neglected in favour of correctness. The object of this study is to encourage further research, which should mainly concentrate on the following issues: On which factors do L2 learners' attention preferences depend and which role do the different foci of attention play in L2 acquisition. 1. Einleitung Die Entwicklung der mündlichen Produktion von Fremdsprachenlernern unterliegt Veränderungen, die von den unterschiedlichsten Faktoren abhängen, wie etwa individuellem Sprachstand, Aufmerksamkeit, Situation und Diskursart. Es liegt auf der Hand, daß diese Veränderungen am einträglichsten über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet werden können. Da die mündliche L2-Produktion ein äußerst komplexer Gegenstand ist (siehe den Beitrag von AGUADO in diesem Band), empfiehlt sich zu dessen Erforschung außerdem ein mehrmethodischer Ansatz, der longitudinale und Querschnittsverfahren verknüpft und so möglichst vielfältige Daten erlangt. Dieser Beitrag soll zunächst einen Überblick über longitudinale Verfahren zur Erforschung mündlicher L2-Produktion geben. Das im Bielefelder Projekt „Mündliche L2-Produktion" eingesetzte Interview zur Elizitierung mündlicher Sprachdaten (! EMS) wird dabei ausführlich beschrieben. Die Analyse einiger mit Hilfe dieses Instruments erhobener Sprachdaten soll in Abschnitt 5 einen Ausblick darauf geben, in welcher Weise Longitudinaldaten im Hinblick auf spracherwerbsspezifische Fragestellungen ausgewertet und interpretiert werden können. Korrespondenzadresse: Sabine ßEYER, M.A., Universität Bielefeld, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft, Fachbereich: Deutsch als Fremdsprache, Postfach 100131, 33501 BIELEFELD. E-mail: Sabine.Beyer@Uni-Bielefeld.de Arbeitsbereiche: Deutsch als Fremdsprache, Fremd-/ Zweitsprachenerwerbsforschung, Mehrsprachigkeit. ** Für die zahlreichen Hinweise und Anregungen bezüglich einer vorherigen Fassung dieses Aufsatzes möchte ich mich besonders bei Karin AGUADO und Olaf BÄRENFÄNGER bedanken. lFILl.lL 32 (2003) 70 Sabine Beyer 2. Longitudinalverfahren zur Untersuchung mündlicher 12-Produktion Longitudinalverfahren finden sich in der L2-Produktionsforschung zum Beispiel dort, wo Veränderungen im Spracherwerb an bestimmten Ereignissen wie Auslandsaufenthalten festgemacht werden können (MöHLEIRAUPACH 1983, TOWELLIHAWKINS/ BAZERGUI 1996). Sie bedienen sich prinzipiell derselben Methoden wie Querschnittsuntersuchungen mit dem Unterschied, daß sie nicht nur zu einem einzigen Zeitpunkt den Status quo feststellen, sondern durch die Erhebung zu unterschiedlichen Zeitpunkten innerhalb eines möglichst großen Zeitraums das Nachzeichnen von Entwicklungen erlauben. Es können sowohl Verfahren zur Elizitierung spontaner Sprachdaten (FATHMAN 1980, DECHERT 1980, 1984, MÖHLE 1984, WIESE 1984, LENNON 1984, 1994, VANHEST 1996, KORMOS 2000a, 2000b) als auch solche, die natürliche oder quasi-natürliche Sprachdaten erheben (MöHLEIRAUPACH 1983) eingesetzt werden. Auch experimentelle Verfahren (wie bei HULSTIJN 1982, HULSTIJN/ HULSTIJN 1984, TOWELLIHAWKINSIBAZERGUI 1996, FOSTERISKEHAN 1999, BÄRENFÄNGER in diesem Band) können bei ausreichend vorhandenen zeitlichen und personellen Mitteln durchaus mehrmals zum Einsatz kommen. 1 hn Bielefelder Projekt wurden neben dem im Beitrag von BÄRENFÄNGER beschriebenen experimentellen Design, das wegen seiner aufwendigen Durchführung nur im Querschnitt durchgeführt werden konnte, diverse andere Verfahren mehrmalig eingesetzt. In erster Linie muß hier das Interview zur Elizitierung mündlicher Sprachdaten (/ EMS) genannt werden, auf das weiter unten eingegangen wird. Neben den eigentlichen Sprachdaten können aber auch weitere Daten als Sekundärdaten herangezogen werden. Diese erlauben zum einen die Erhebung von Moderatorvariablen für die Gruppierung der Primärdaten, zum anderen stellen sie eine Hilfe bei deren Interpretation dar. Ein Fragebogen (ausführlich beschrieben in BÄRENFÄNGER 2002b) erfaßte zu drei Zeitpunkten des Untersuchungszeitraums demographische Daten der Lerner, Angaben zu ihrer Sprachlerngeschichte und zu ihren Motivationen. Die Lernenden gaben darin außerdem Einschätzungen zu ihren Stärken und Schwächen, Vorlieben und Gewohnheiten beim Deutschlernen. Ein Abschlußfragebogen erbat von den Probanden ein Resümee über Veränderungen von Teilkompetenzen über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg und eine Beurteilung ihrer Beteiligung an der Untersuchung. Auf diese Weise wurde eine Einschätzung ihrer Motivationen und Emotionen während der Teilnahme an der Untersuchung möglich. Ein dreimalig durchgeführter Test diente der Erhebung sprachlichen Wissens (SW- Test, ausführlich dargestellt in BEYER 2002). In drei Teilen wurde unterschiedliches Wissen der Lerner in den Bereichen Syntax, Morphologie und Lexik/ Semantik abgefragt. Der Test kombiniert herkömmliche Methoden wie Lückentests und Satzbildungsübungen mit introspektiven Methoden wie dem Lauten Denken. Die Ergebnisse sollen sowohl Aufschlüsse über den Einsatz sprachlichen Wissens in konkreten Aufgabenstellungen als Für einen methodologischen Forschungsüberblick siehe STEVENER in diesem Band (27-49). lFLllL 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 71 auch über die an der Bearbeitung beteiligten kognitiven Prozesse geben. Sie können darum zur Interpretation der Ergebnisse aus den Primärdaten herangezogen werden. So können etwa syntaktische oder morpho-syntaktische Fehler und deren Korrekturen bzw. Nicht-Korrekturen besser interpretiert werden, wenn bekannt ist, ob die zugrunde liegenden Strukturen beherrscht werden. Das Nachzeichnen der Kognitionen während des Lauten Denkens kann hilfreich für die Identifizierung von Strategien bei der Sprachproduktion sein. Zwar ist es nicht möglich, von den bei der Ausführung einer Aufgabe bzw. eines Tests beschriebenen Kognitionen auf diejenigen zu schließen, die bei der Sprachproduktion in natürlichen Kontexten ablaufen; sie können jedoch grundsätzliche Tendenzen bezüglich des kognitiven Stils eines Lerners aufzeigen (vgl. z.B. GROTJAHN 1998). 3. Das Interview als Instrument zur Erhebung mündlicher Sprachproduktionsdaten Das Interview ist das in der Sozialforschung am weitesten verbreitete Forschungsinstrument (vgl. HRON 1994: 119). In der Regel wird es zu dem Zweck eingesetzt, Meinungen, Einstellungen oder Tatsachen aus der Perspektive der befragten Person zu erfassen. Die Forschenden kommen auf diese Weise an Informationen, die nicht direkt beobachtbar oder meßbar sind. In der Fremdsprachenforschung dient das Interview auf Grund seiner sprachlichen Form außerdem der Erhebung mündlicher Sprachdaten. Das Mittel ist hier der Zweck. So werden Interviews wie im Fall des OPI (Oral Proficiency Interview, vgl. TSCHIRNER 2000, 2001) oder des im TestDaF eingesetzten SOPI (Simulated Oral Proficiency Interview, vgl. GROTJAHN/ KLEPPIN 2001) systematisch als Grundlage für die Beurteilung des Sprachstands von Fremdsprachenlernern herangezogen. In der Sprachproduktionsforschung können Interviews ein lohnendes Mittel zur Gewinnung spontaner Sprachproduktionen sein. Zu diesem Zweck wurden sie beispielsweise von FATHMAN (1980) bei bilingualen Kindern eingesetzt. Der nächstliegende Weg, an Sprachproduktionsdaten zu kommen, ist eben, die Lerner sprechen zu lassen. Die so gewonnenen Daten stellen eine sinnvolle Ergänzung zu solchen dar, die mit Hilfe von Sprachaufgaben elizitiert wurden, da beide Datentypen jeweils andere Aspekte der Lernersprache widerspiegeln (vgl. TARONE 1982). Die Analyse unterschiedlicher Diskurstypen verhindert, daß die Ergebnisse allein auf aufgabenbedingte Effekte zurückgeführt werden können. Der Vorteil von Interviews gegenüber anderen Erhebungsinstrumenten wie Bildbeschreibungen, Rollenspielen und Nacherzählungen von Texten, Filmen oder Bildergeschichten besteht darüber hinaus in der durch die dialogische Form bedingten Ähnlichkeit mit natürlichen Kommunikationssituationen. Dennoch ist die Frage berechtigt, ob Interviews wirklich geeignet sind, natürliche Kommunikation abzubilden (V AN LIER 1989). Der Vorschlag von RrGGENBACH (1998), sich natürlicher und unstrukturierter Lernergespräche als Datenquelle zu bedienen, scheint aus diesem Grund zwar einleuchtend, geht aber auf Kosten der Vergleichbarkeit. Im Spannungsfeld zwischen Validität und Reliabilität stellt das halbstrukturierte Interview darum einen optimalen Schnittpunkt dar. Die Strukturiertheit des Interviews garantiert die Vergleichbarkeit innerhalb der lFLllllL 32 (2003) 72 Sabine Beyer Probandengruppe und bei einer Erhebung zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Um eine annähernde Natürlichkeit der Daten zu gewährleisten, sollte der Interviewer sich jedoch nicht zu starr an die Struktur „klammern", sondern Offenheit im Gesprächsverlauf zulassen, indem er auf die Antworten des Gesprächspartners und die von ihm eingebrachten Themen eingeht. Im Folgenden wird das im Bielefelder DFG-Projekt eingesetzte Interviewverfahren mit Hilfe des von BÄRENFÄNGERISTEVENER (2001) entwickelten Beschreibungs- und Evaluationsrasters für L2-spezifische Datenerhebungsverfahren ausführlich beschrieben. 4. Das Interview zur Elizitierung mündlicher Sprachdaten (IEMS) 4.1 Kurzbeschreibung Das ! EMS ist ein Interviewverfahren, das der Erhebung möglichst natürlicher Sprachdaten dient. Mittels einer weitgehend standardisierten Interviewtechnik werden den Interviewpartnern in Anlehnung an die Technik des OPI Fragen mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad gestellt. Je nach Sprachstand der Probanden nimmt so der Schwierigkeitsgrad der von ihnen geforderten Sprachhandlungen und -mittel kontinuierlich zu. Im Unterschied zum OPI soll auf diese Weise jedoch nicht der Sprachstand ermittelt werden. Ziel des IEMS ist es, eine möglichst große Menge quasi-natürlicher Sprachdaten zu erheben, anhand derer individuelle Merkmale gesprochener Sprache und Veränderungen der Sprachproduktion über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet werden können. Die mit dem ! EMS gewonnenen Sprachdaten sind besonders gut für die Analyse von Veränderungen der Sprachprodukion hinsichtlich der im Zentrum des Forschungsinteresses stehenden Faktoren Aufmerksamkeit, Monitoring und Automatisierung geeignet. Anhand der Interviewdaten soll nachvollzogen werden, wie sich Aufmerksamkeitsprozesse in der natürlichen Sprachproduktion im Laufe des Erwerbs verändern. Ebenso können damit individuelle Sprecherstile und Sprachproduktionsstrategien erfaßt werden. Die Strukturierung der Interviews macht eine weitgehende Vergleichbarkeit sowohl innerhalb einer Probandengruppe als auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten innerhalb eines Erhebungszeitraums möglich. Durch die Offenheit der Interviews gehen die so entstandenen Gespräche dennoch über eine reine Frage-Antwort-Kommunikation hinaus. 4.2 Probanden Die Interviews können mit allen Fremdsprachenlernenden durchgeführt werden, die eine ausreichende Kommunikationsfähigkeit in der Fremdsprache besitzen. Die Komplexität der Themenbereiche und die sprachlichen Anforderungen werden an das jeweilige Niveau der Lernenden angepaßt. Das ! EMS kann darum mit den unterschiedlichsten Probanden durchgeführt werden (die Zusammensetzung der Probandengruppe in der vom Bielefelder DFG-Projekt durchgeführten Untersuchung beschreibt BÄRENFÄNGER in diesem Band [50--68]). lFL1.lllL 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 73 4.3 Apparatur Um die Sprachproduktionsdaten nach temporalen Kriterien auswerten zu können, wurden sie mit Hilfe eines digitalen Aufnahmegerätes (Sony-DAT-Walkman TCD-D 100 mit externem digitalen Mikrofon Sony ECM MS 907) aufgezeichnet. Für die bessere Nachvollziehbarkeit der Interaktion sowie die Auswertung nonverbaler Merkmale empfiehlt sich außerdem eine Videoaufnahme (im Bielefelder Projekt wurde eine Panasonic-NV- M-50-Videokamera eingesetzt). Die Kamera sollte so positioniert werden, daß sie keine allzu große Prominenz erhält. Es ist ratsam, die Probanden zu fragen, welche Erfahrungen sie bisher mit den eingesetzten Medien gemacht haben, um besser einschätzen zu können, inwieweit die Aufnahmegeräte Einfluß auf das Verhalten der Probanden haben. Für die Überspielung der Daten von den DAT-Bändem in den Computer muß dieser mit einer entsprechenden Soundkarte ausgestattet sein. Für die Konservierung der so entstehenden Audiofiles auf CD-ROM muß der Computer über einen CD-Brenner und die Software für das Schneiden der Audiofiles (etwa Soundforge) verfügen. Die Transkriptionssoftware (Transcriber) ist als Shareware kostenlos erhältlich (http: / / www.ldc.upenn. edu/ mirror/ Transcriber). 4.4 Material Das ! EMS arbeitet oline Stimulusmaterial. Dem Interviewer liegt ein zuvor zu erarbeitender Fragenkatalog(__. Tab. 1, S. 74) vor, der das Interview grob strukturiert. 4.5 Design und Ablauf Das IEMS wurde insgesamt dreimal durchgeführt, zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Untersuchungszeitraums. Aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit wurden die Gespräche jedesmal von demselben Interviewer geführt. Jedes Interview hatte je nach Sprachstand eine Gesamtdauer von 20 bis 45 Minuten. Abbildung 1 zeigt den zeitlichen Ablauf eines Interviews. Abb. 1: Zeitlicher Ablauf der Interviews lFLwL 32 (2003) 74 Sabine Beyer In der Aufwärmphase soll der Proband sich an die Situation und an den Interviewer gewöhnen und rnit dem Sprechen in der Fremdsprache warm werden. Der Interviewer stellt daher sehr einfache Fragen nach biographischen und alltäglichen Sachverhalten. Mögliche Fragen sind hier z.B.: "Wohnen Sie im Studentenwohnheim? ", "Treiben Sie Sport? " etc. In der eigentlichen Interviewphase wird das Gespräch auf unterschiedliche Gesprächsinhalte bezogen. Eine Auswahl an Themenbereichen und der dabei geforderten Sprachhandlungen gibt die folgende Tabelle. Alltagssituationen: Wohnsituation, Essen etc. Informelle Situationen: Studienalltag, Umgang mit Kommilitonen Wo wohnen Sie? Waren Sie vorher schon mal in Deutschland? Essen Sie gerne in der Mensa? Was möchten Sie studieren? Wie gefällt Ihnen der Sprachkurs? Mit wem wohnen Sie zusammen? Elementare Auskünfte Beschreibungen Autobiographische Themen: Erzählen Sie mir mehr von Ihren Mitbe- Berichte, Vergleiche Lernerfahrungen im Heimatwohnern... Wie haben Sie in Ihrem Heiland, Hobbys, Wohnsituation matland gewohnt? Wie haben Sie Formelle Situationen: Gang zur Ausländerbehörde, technische Fragestellungen Aktuelle Themen: Nachrichtenmeldungen, wirtschaftliche und politische Themen, Berufssituation Abstrakte Themen: Fragen zur Kunst, Vegetarismus, Situationen hypothetischer Natur Deutsch gelernt? Erzählen Sie mir von Ihren Hobbys ... Welche Formalitäten müssen für eine Visumsverlängerung erledigt werden? Wie funktioniert die Mensakarte? Erläuterungen Würden Sie gerne in Deutschland wählen Meinungsbegründungen können? Wie sollte man BSE bekämpfen? Sollten mehr Menschen Vegetarier wer- Erörterungen, Hypotheden? Kann man auf Kunst verzichten? sen Was wäre, wenn Ihr angestrebter Studiengang abgeschafft würde? Tab. 1: Beispiele für Themenbereiche aus dem ! EMS Die Aktivität des Interviewers beschränkt ·sich auf kurzes Nachfragen. Er bemüht sich jedoch, gleichbleibendes Interesse zu signalisieren und auf Inhalte der Gesprächspartner einzugehen. Durch bewußtes Aushalten von Pausen soll die Sprachproduktion der Lerner forciert werden. Dabei ist darauf zu achten, daß die Gesprächsatmosphäre in dieser quasinatürlichen Kommunikation nicht zu künstlich wird. Bricht die Kommunikation zusammen, wird auf einfachere Inhalte zurückgegriffen. JFJLU! L 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 75 In der praktischen Durchführung nimmt jedes Interview bedingt durch die Individualität der einzelnen Sprecher und die Dynamik der Interaktion natürlich einen unterschiedlichen Verlauf. Neben Faktoren wie unterschiedliche Interessensgebiete, Motivation, interkulturelle Kompetenz und allgemeine Kommunikationsfähigkeit ist die Sprachkompetenz ausschlaggebend für den Verlauf der Gespräche. Bei geringer fremdsprachlicher Kompetenz bleiben die Gespräche auf der Ebene einfacher Sprachhandlungen wie Erzählungen und Beschreibungen. Kompetentere Lerner sind hingegen in der Lage, politische oder gesellschaftliche Probleme zu erörtern und Hypothesen zu formulieren. In der Schlußphase kehrt der Interviewer zu Fragen niedriger Niveaus zurück, um das Interview für die Probanden mit einem positiven Eindruck zu beenden. Eine kurze Retrospektion, in der persönliche Beurteilungen, Schwierigkeiten oder Besonderheiten erfragt werden, schließt die Sitzung ab. 4.6 Gegenstand des Verfahrens Gegenstand des ! EMS ist die mündliche Sprachproduktion von Fremdsprachenlernern. Durch die wiederholte Durchführung sollen Veränderungen des mündlichen Output hinsichtlich der an der Sprachproduktion beteiligten kognitiven Prozesse 2 der Analyse zugänglich gemacht werden. Ein weiterer Gegenstand ist die Untersuchung der bei der Sprachproduktion eingesetzten Strategien und ihr Zusammenhang mit Aufmerksamkeitsprozessen. Weiterhin erlauben gerade die quasi-natürlichen Sprachdaten die Analyse individueller Sprechereigenschaften und ihrer Auswirkungen auf die Sprachproduktion (vgl. etwa SELIGER 1980). 4.7 Operationalisierung Die im Bielefelder Projekt untersuchten kognitiven Prozesse hängen eng zusammen und werden aus diesem Grund in Abhängigkeit voneinander untersucht. Die verbindende Größe ist dabei die Aufmerksamkeit. Menschliche Aufmerksamkeitsressourcen gelten gemeinhin als begrenzt (SCHMIDT 2001: 12). Diese Tatsache bedeutet für die Sprachproduktion, daß ein Sprecher seine Aufmerksamkeit während des Planens und Sprechens selektiv auf ausgewählte Aspekte (etwa Form gegenüber Bedeutung) richtet (LEVELT 1989, V ANPATTEN 1990). Um dennoch den verschiedenen Anforderungen an den Output (Korrektheit, Flüssigkeit, Inhaltsfülle) gleichzeitig gerecht zu werden, müssen einige Fertigkeiten automatisch ausgeführt werden. Diese beanspruchen dann keine spezielle Aufmerksamkeit. Die Aufmerksamkeit kann also gebündelt auf die in der jeweiligen, Situation besonders geforderten Aspekte gerichtet werden. Die Sprachproduktion von erwachsenen LI-Sprechern läuft in der Regel weitgehend automatisiert ab. Nichtsdesto- 2 Zum Zusammenhang der im Bielefelder Projekt vorrangig interessierenden Prozesse Aufmerksamkeit, Monitoring und Automatisierung vgl. den Beitrag von AGUADO in diesem Band (11-26). fLd 32 (2003) 76 Sabine Beyer trotz wirken sich unterschiedliche kognitive Anforderungen verschiedener Diskurstypen auch bei ihnen unterschiedlich auf die Sprachproduktion aus (KOWALIWIESE/ O'C0N- NELL 1983, MÖHLEIRAUPACH 1983: 34). So stellt GROSJEAN (1980: 43) fest, daß sich die größeren kognitiven Anforderungen von Bildbeschreibungen gegenüber Interviews in einer signifikant höheren Sprechgeschwindigkeit und erheblich kürzeren runs ( = artikulierte Sprache zwischen zwei Pausen)3, d. h. mehr Pausen, niederschlagen. Beginnende L2-Sprecher (und Kinder beim Erwerb der Ll) stehen hingegen vor dem Problem, daß noch so gut wie keine Fertigkeiten automatisiert sind. Aus diesem Grund vollzieht sich die Sprachproduktion von Fremdsprachenlernern in hohem Maße kontrolliert. Gerade beginnende Lerner benötigen einen großen Anteil ihrer Aufmerksamkeitsressourcen für die Form der Fremdsprache (vgl. z.B. TARONE 1982, HULSTIJN/ HULSTIJN 1984). Die Richtung des Aufmerksamkeitsfokus auf formale Aspekte der Sprachproduktion spiegelt sich in einem verstärkten Monitoreinsatz wider. 4 Dieser führt zu mehr Verzögerungen und Selbstreparaturen (WIESE 1984, TEMPLE 1992). Mit Sicherheit identifiziert werden können dabei nur die tatsächlich ausgeführten Selbstreparaturen (overt repairs). Dies sind Korrekturen von Fehlern, die der Sprecher selbst während der Sprachproduktion entdeckt. Sie haben in der Regel Änderungen der vorherigen Struktur in Form von Reformulierungen (Wiederholung mit morphologischen oder syntaktischen Änderungen), Ersetzungen (lexikalischer Items) oder Neustarts (der ursprüngliche Plan wird verworfen und es wird neu geplant) zur Folge und werden häufig von so genannten editing terms (sorry, ne, anders) begleitet (vgl. VAN REST 1996). Indikatoren für Selbstreparaturen sind Abbrüche während oder nach der zu reparierenden Einheit (Reparandum). Die Häufigkeit von Selbstreparaturen sagt noch nichts über das Verhältnis der Reparaturen zu den tatsächlich auftretenden Fehlern aus (P0STMAIK0LK 1992). Präartikulatorisches Monitoring kann ja bereits verhindert haben, daß Fehler gemacht werden, und dann besteht erst gar kein Bedarf an offenen Reparaturen. Die Verteilung der overt repairs auf die Typen der ihnen zugrunde liegenden Fehler5 gibt Aufschlüsse darüber, auf welche sprachlichen Bereiche die Aufmerksamkeit während der Sprachproduktion gerichtet wird. Die Zeit, die zwischen dem Entdecken eines Fehlers und dem Abbruch der Sprachproduktion (error-to-cut-ojf) bzw. dem Abbruch und der Reparatur (cut-off-to-repair) vergeht, kann Hinweise auf das Funktionieren des Monitors geben (KORM0S 2000b, v AN REST 1996). So kann z.B. untersucht werden, ob die Reparatur von Fehlern mit zunehmendem Spracherwerb schneller vonstatten geht. In der Umgebung von Selbstreparaturen tauchen häufig Wiederholungen auf, während derer der Sprecher sich die „falsche" Äußerung bewußt macht oder aber die Korrektur bestätigt. 3 Die Segmentierung der Sprachproduktionen in runs garantiert eine größtmögliche Reliabilität in der Aufbereitung der Daten (vgl. die Erläuterungen bei BÄRENFÄNGER in diesem Band). 4 ZumMonitorkonzept vgl. SCHADE und DE BOT in diesem Band (104-115 und 92-103). 5 Die Zuordnung der Fehler orientiert sich hier an der leicht modifizierten Klassifizierung von LEVELT (1983) bei VANHEST (1996). Siehe Abschnitt 5.3.1. lFJLlllL 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 77 Hauptindikatoren für präartikulatorisches Monitoring sind Verzögerungsphänomene, die dem Sprecher Zeit geben, die Reparatur zu planen. Im einzelnen müssen gefüllte und ungefüllte Pausen und Wiederholungen 6 untersucht werden. Die Anzahl und Länge der Pausen bestimmt die Phonation/ I'ime-Ratio. (PTR), also den Anteil der artikulierten Zeit an der gesamten Sprechzeit. Je geringer dieser ist, desto mehr Planungs- und Monitoringprozesse laufen vermutlich ab. Dehnungen müssen intuitiv beim Transkribieren erfaßt werden. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht sehr zuverlässig, da es von der Wahrnehmung des Transkribenten abhängt. Oft ist es schwierig, Dehnungen exakt zu identifizieren, da sie relativ zu den individuellen Sprechereigenschaften gesehen werden müssen. In unserer Untersuchung werden deswegen nur besonders auffällige Dehnungen berücksichtigt. Durch die mehrmalige Überarbeitung der Transkripte durch unterschiedliche Transkribenten wird dabei versucht, eine möglichst große Interrater-Reliabilität zu erreichen. Da sich der gehäufte Einsatz von Dehnungen auch auf die Artikulationsgeschwindigkeit niederschlagen muß, sollten die Ergebnisse dieser beiden Variablen korrelieren. Auch Besonderheiten der Intonation können auf Monitoring und Planung während der Sprachproduktion hinweis.en. Die Reparatur unterscheidet sich von dem Reparandum häufig durch eine besondere Betonung oder durch eine von diesem in Lautstärke oder Tonhöhe abweichende Aussprache. Diese Merkmale können mittels der im Bielefelder Projekt eingesetzten Transkriptions- und Auswertungsverfahren nur begrenzt erfaßt werden. Sollte sich die exakte Messung dieser Variablen als notwendig herausstellen, ist eine spätere Bearbeitung und Auswertung mit entsprechender Software (TASX, PRAAT) möglich. Eine geringere Fehlerzahl kann außerdem ein Indiz dafür sein, daß ein Sprecher verstärkt auf die Form der Fremdsprache achtet. Die Schwierigkeit besteht allerdings in der Feststellung von Fehlern in gesprochener Sprache. Es können dazu keine schriftsprachlichen Normen herangezogen werden. Ihre Aufdeckung hängt von der Beurteilung der Akzeptabilität durch Muttersprachler ab. LENNON (1994: 89) definiert darum in seiner Untersuchung Fehler als "a linguistic form, combination of forms, or utterance which, in the same context and under similar conditions of production, would, in likelihood, not be produced by the subjects' native counterparts [... ]". Das Vorkommen von Verzögerungsphänomenen läßt darauf schließen, an welchen Stellen der Sprachproduktion kognitive Prozesse wie Monitoring und Planung stattfinden (vgl. etwa FATHMAN 1980, SELIGER 1980, KOWALIO'C0NNELL 1980). Die genannten Phänomene können außerdem auch kommunikativen, rhetorischen oder strategischen Zwecken dienen. So werden z.B. Pausen zwischen zwei Äußerungen zwar häufig für die Planung der nächsten Äußerung benutzt (CHAFE 1980), sie dienen aber auch dazu, dem Zuhörer das Verstehen zu erleichtern (vgl. Butterworth 1980) oder turn-taking anzuzei- 6 Unverändertes Wiederauftauchen eines Wortes, Wortteils oder Syntagmas innerhalb zwei benachbarter runs; Wiederholungen werden bei der Auswertung nur dann als Verzögerungsphänomene behandelt, wenn sie keine syntaktische, semantische oder emphatische/ rhetorische Funktion haben (vgl. WIESE 1984: 19 und POSTER/ TONKYN/ WIGGLESW0RTH 2000: 386), sondern dazu dienen, die Korrektheit einer Äußerung zu überprüfen (FATHMAN 1980) bzw. Zeit für Planungs- und Monitorprozesse zu gewinnen. lFlLulL 32 (2003) 78 Sabine Beyer gen. 7 Aus diesem Grund kommen vor allem den Pausen innerhalb von Äußerungen Bedeutung in Bezug auf Störungen im Planungsprozess zu (MöHLEIRAUPACH 1983). Weiterhin können Dehnungen oder Wiederholungen als Strategien eingesetzt werden, mit denen der Sprecher sich Planungszeit verschafft, ohne auffällig viel Pausenzeit aufkommen zu lassen. Laut VAN PATTEN (1990, 1996) besteht in der menschlichen Kommunikation eine Priorität für inhaltliche Aspekte. Darum ist anzunehmen, daß mit zunehmender L2-Kompetenz versucht wird, die Aufmerksamkeit bei der Sprachproduktion immer weniger auf die Form und mehr auf den Inhalt zu richten. DasJernersprachliche System verändert sich dahingehend, daß immer mehr zielsprachliche Strukturen beherrscht und in der Sprachproduktion automatisiert werden (SCHIFFRIN/ SCHNEIDER 1977). Dies führt zu einem zunehmend flüssigeren Output (vgl. z.B. KOWALIO'CONNELL 1980, RAUPACH 1984, SCHMIDT 1992). Automatisierte Sprache zeichnet sich vor allem durch eine erhöhte Sprechgeschwindigkeit (speech rate) und eine geringe Anzahl von Verzögerungspbänomenen (gefüllte und ungefüllte Pausen, Dehnungen, Wiederholungen) aus (vgl. BÄRENFÄNGER 2002b). Unterschiedliche Artikulationsgeschwindigkeiten einzelner runs (phonierte Einheiten zwischen zwei Pausen von 280 Millisekunden oder mehr) deuten auf unterschiedliche Automatisiertheitsgrade der jeweiligen sprachlichen Einheiten hin. Insbesondere die Abwesenheit gefüllter Pausen und Wiederholungen vermittelt einen flüssigen Eindruck. Automatisiertheit scheint zwar einen direkten Effekt auf die Flüssigkeit des Output zu haben, es handelt sich dabei jedoch nicht um ein proportionales Verhältnis. So können z.B. auch nicht-zielsprachengerechte Strukturen oder Pausenfüller automatisiert werden, die den Output für einen Muttersprachler wenig flüssig erscheinen lassen. Weiterhin sollte, wie SAJAVAARAILEHTONEN (1980) deutlich machen, bei der Beurteilung von fluency bedacht werden, daß diese stark von subjektiven Einschätzungen abhängt und der zielsprachengerechte Einsatz von Verzögerungsphänomenen gerade den Eindruck von Flüssigkeit vermitteln kann: "To be fluent in the right way, the speaker has to know how to hesitate, how to be silent, how to self-correct, how to interrupt, and how to complete his expressions. According to this definition of fluency, speech must meet the expectations of the speech community and represent normal, acceptable and relaxed language behaviour. Testing of such a quality of speech is not possible by means of any instrumental method" (S. 71). Da mit zunehmender Kompetenz immer weniger Aufmerksamkeit auf die Form gerichtet werden muß, werden Ressourcen für andere sprachliche Bereiche (Inhalt, Pragmatik etc.) frei. Ein Vergleich. der Häufigkeit, Art und Verteilung von Selbstreparaturen und Verzögerungsphänomenen soll aufzeigen, ob innerhalb des Untersuchungszeitraums ein Wechsel des Aufmerksamkeitsfokus von einfachen zu komplexeren Ebenen stattgefunden hat (vgl. VERHOEVEN 1989, LENNON 1984, 1994, KORMOS 2000b). 7 Dies bedeutet, daß auch interaktive und non-verbale Merkmale zu einer detaillierten Auswertung hinzugezogen werden müssen. lFLIIL 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 79 Auf der Basis dieser Vorüberlegungen werden die in den Interviews gewonnenen Sprachdaten hinsichtlich ihres Anteils an automatisierten vs. kontrollierten Elementen ausgewertet. Dieses Verhältnis wird allerdings nicht als eine Entweder-oder-Beziehung betrachtet, sondern als ein Kontinuum von mehr oder weniger automatisiert bzw. kontrolliert (vgl. auch TAR0NE 1982). Für eine spätere Auswertung hinsichtlich von Veränderungen des Output in Folge einer verstärkten Richtung des Aufmerksarnkeitsfokus auf inhaltliche Aspekte müssen weitere Analysen vorgenornrnen werden. Hier interessiert vor allem das Verhältnis des Informationsgehalts der gesamten Aufnahmesequenz (Propositionen) zu ihrer Länge und die lexikalische Diversität (Rekurrenz lexikalischer Einheiten) des Output. Wie oben gezeigt wurde, scheinen sich Veränderungen kognitiver Prozesse im Laufe des Spracherwerbs auf die Flüssigkeit der Sprachproduktion auszuwirken. Flüssigkeit ist jedoch ein sehr subjektives Kriterium, dessen Beurteilung im Ermessen des jeweiligen Zuhörers liegt. Weiterhin stellt die Beurteilung von Flüssigkeit implizit schon eine Bewertung der Sprachproduktion von Lernern dar, die hier nicht angestrebt wird. Gerade im Kontext des Spracherwerbs bedeutet flüssig eben nicht unbedingt besser. Die gemeinhin auch für die Bestirnrnung von Flüssigkeit herangezogenen Indikatoren sollen aus diesem Grund im nächsten Abschnitt den kognitiven Prozessen Monitoring und Automatisierung zugeordnet und ihre Maße expliziert werden. 4.8 Maße Wie in 4.7 aufgezeigt wurde, können temporale Variablen wie Pausen und Verzögerungsphänomene als Indikatoren für Sprachproduktionsprozesse angesehen werden (z.B. FATHMAN 1980, WIESE 1984). Im Folgenden werden Maße für diese Indikatoren tabellarisch aufgelistet. Eine detaillierte Beschreibung der Indikatoren für psycholinguistische Variablen und deren Maße gibt der Beitrag von STEVENER (in diesem Band [27-49]). Monitoring IFLILllL 32 (2003) Selbstreparaturen ( overt repairs) Abbrüche Fehlstarts Häufigkeit, Verteilung, Zeit zwischen Reparandum, Abbruch und Reparatum Häufigkeit, Art und Verteilung Häufigkeit, Verteilung ungefüllte Pausen ab 280 Millisekunden Häufigkeit, Verteilung, Länge Länge Gefüllte Pausen (eh, em, ah, uh etc.) Häufigkeit, Art, Länge und Verteilung Wiederholungen Häufigkeit, Art und Verteilung Phonation/ Iime-Ratio (PTR) in Prozent Mean length of runs durchschnittliche Silbenzahl der runs 80 Sabine Beyer Sprechgeschwindigkeit Silben pro Minute Artikulationsgeschwindigkeit Silben pro Minute Automatisierung >---------------+----------------------< Phonation/ Time-Ratio (PTR) in Prozent Mittlere Silbenzahl (mean length ofruns) durchschnittliche Silbenzahl der runs Abwesenheit von Verzögerungsphäno- Häufigkeit, Verteilung menen Tab. 2: Psycholinguistische Prozesse und ihre Maße 4.9 Testgütekriterien Da die Durchführungsobjektivität bei Interviews von der Person und dem Verhalten des Interviewers beeinträchtigt werden kann, empfiehlt es sich, innerhalb der Forschergruppe vorab gemeinsame Richtlinien für die Durchführung der Interviews auszuarbeiten und festzulegen. Weiterhin sollte, um die Subjektivität möglichst einzuschränken, immer der gleiche Interviewer eingesetzt werden (experimenter bias). Die Auswertungsobjektivität ist dadurch gegeben, daß die Transkripte nach streng festgelegten Richtlinien erstellt werden und von mindestens zwei Mitarbeitern/ -innen überarbeitet werden. Die Auswertung der temporalen Variablen kann als sehr objektiv eingestuft werden. Der Gefahr der Subjektivität, die durch die Interpretation von Verzögerungsphänomenen entsteht, muß durch eine Beteiligung mehrerer Forscher entgegengewirkt werden. Bedingt durch die eingeschränkte Kontrollierbarkeit von Interviews, ist die Gewährleistung des Kriteriums der Reliabilität nicht optimal möglich. Gerade das Ziel, aus dem ! EMS möglichst natürliche Sprachdaten zu erhalten, steht im Widerspruch zu diesem klassischen Gütekriterium, da menschliche Kommunikation eine eigene Dynamik besitzt. Die Standardisierung der Interviews erlaubt dennoch eine zumindest grobe strukturelle Vergleichbarkeit der einzelnen Gespräche. Weitgehend zuverlässig sind hingegen die an die Sprachproduktion angelegten Maße. Die bei der Aufnahme und Aufbereitung der Daten eingesetzten technischen Geräte erlauben eine ausreichend genaue Messung einzelner Phänomene. Die Offenheit der Interviews, die Vertrautheit mit dem Interviewer und die von den Teilnehmern überwiegend als entspannt empfundene Atmosphäre versprechen einen sehr hohen Grad an externer Validität. Für BACHMANN/ PALMER (1996) stellt Authentizität gar ein eigenständiges Kriterium für die Güte eines Tests dar. Die Wahrscheinlichkeit, daß mit den Interviews Sprachproduktionen erhoben werden, die für die Probanden (in Interaktion mit einem deutschen Muttersprachler) repräsentativ sind, ist relativ hoch. Allerdings ist dabei nicht unerheblich, wie authentisch die Situation von den einzelnen Probanden selbst empfunden wird (vgl. LEWKOWICZ 2000). Hauptstörfaktoren, welche die Authentizität beeinträchtigen können, sind z.B. individuell oder kulturell bedingte Hemmungen gegenüber dem Interviewpartner oder der Situation. Die interne Validität des ! EMS ist auf Grund seiner geringen Kontrollmöglichkeiten problematisch. Angesichts der lFLIIIL 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 81 Tatsache, daß das Interview nur eines von mehreren Verfahren innerhalb des Forschungsdesigns ist, sind diese Beeinträchtigungen der Güte jedoch zu rechtfertigen (vgl. HENRICI 2001). 4.10 Durchführbarkeit Zur Durchführung des IBMS müssen die in 4.3 aufgelisteten Aufnahmegeräte und die entsprechenden Bild- und Tonträger zur Verfügung stehen. Je nach Verlauf der Gespräche kann ein einzelner Interviewtermin bis zu einer Stunde Zeit in Anspruch nehmen. Bei breit angelegten Studien sollte darum bedacht werden, daß ein Mitarbeiter für einen erheblichen Zeitraum in die Durchführung der Interviews eingebunden ist. Der Vorteil der verwendeten Transkriptionssoftware (Transcriber) liegt in der einfachen Handhabe, die kein besonderes Spezialwissen erfordert. Die erhebliche Transkriptions- und Überarbeitungszeit8, die bei einer so großen Datenmenge anfällt (im Fall des Bielefelder Projekts ca. 24 Stunden Aufnahmezeit), kann so mühelos auf mehrere Personen aufgeteilt werden. Im Abschnitt 4 wurde das im Bielefelder Projekt eingesetzte Interviewverfahren sowohl unter theoretischen als auch praktischen Gesichtspunkten eingehend beschrieben. Im nächsten Abschnitt soll nun eine exemplarische Analyse vorgenommen werden, anhand derer aufgezeigt werden soll, in welcher Weise die vorliegenden Daten den Zielen des Projekts gemäß ausgewertet werden können. 5. Auswertung der Interviewdaten 5.1 Methode Aus den insgesamt ca. 24 Stunden Sprachmaterial wurden jeweils 5 Minuten Produktion aus jedem der drei Interviews mit einer japanischen Probandin ausgewählt. Die Analyse trägt darum den Charakter einer vorläufigen Fallstudie. Kriterium für die Auswahl der Passagen im Interview war in erster Linie die Vergleichbarkeit der darin geforderten sprachlichen und kommunikativen Anforderungen. Einschließlich der Retrospektion konnten die Interviews in jeweils sieben bis acht Phasen gegliedert werden. Die Ausschnitte spielen sich alle um die fünfte Phase herum ab. Die Teilnehmerin mußte in allen drei Interviewausschnitten sowohl Sachverhalte schildern und erläutern als auch Vergleiche anstellen und Meinungen begründen. Thematisch umfaßten die Gespräche sowohl persönliche Erfahrungen als auch abstrakte Inhalte. Die Daten wurden mit Hilfe der in dem Beitrag von BÄRENFÄNGER ausführlich beschriebenen Methoden aufbereitet und transkribiert. Im Folgenden sollen die Ergebnisse aus der vergleichenden Analyse dargestellt werden. Veranschlagt wird bei der Ersttranskription ein Verhältnis von 90 Minuten Transkriptionszeit pro Minute Audiomaterial, bei den Überarbeitungen jeweils ca. 30 Minuten. lFLi.nlL 32 (2003) 82 Sabine Beyer 5.2 Temporale Variablen Sprechgeschwindigkeit (Silben/ min) 184,10 165,68 130,88 Artikulationsgeschwindigkeit (Silben/ min) 231,91 226,64 215,85 Phonation/ Time-Ratio (PTR) in% 79,38 73,1 60,64 mittlere Pausenlänge in Millisekunden 582 749 1036 Anzahl der Pausen pro 100 Silben 11 12,73 17,24 Gesamtsilbenzahl 592 542 557 Mean length of runs (mittlere Silbenzahl pro run) 4,81 5,16 4,35 Tab. 3: Temporale Variablen im Vergleich Das auffälligste Ergebnis der Analyse ist die Entwicklung der Sprechgeschwindigkeit. Anders als erwartet sinkt die Sprechgeschwindigkeit kontinuierlich (um 10,98% zwischen IEMS 1 und 2 und sogar um 26,59% zwischen IEMS 2 und 3). Die Abnahme der Sprechgeschwindigkeit über den gesamten Zeitraum beläuft sich auf rund 40%. Die Begründung dafür findet man in der Gesamtpausenzeit, die rasant zunimmt. Infolgedessen nimmt der Anteil der Pausen an der Gesamtsprechzeit insgesamt um 18,74% zu. Er steigt von 20,62% im ersten Interview auf 26,9% im zweiten Interview bis hin zu 39 ,36% im letzten Interview. Die Gesamtpausenzeit wird bei dieser Probandin vor allem durch die Länge der einzelnen Pausen bestimmt. Die mittlere Pausenlänge steigt von 0,583 Sekunden im ersten auf 0,75 Sekunden im zweiten Interview. Im dritten Interview hat sie sogar eine Länge von 1,036 Sekunden. Dies ist eine Gesamtzunahme von 77,85%. Auch die Anzahl der Pausen nimmt von Interview 1 bis 3 um 56,72% zu. Trotz Zunahme der Pausenzahl nimmt die durchschnittliche Silbenzahl der runs (mean length of runs) nicht linear ab. Sie steigt erst von Interview 1 mit 4,81 Silben leicht auf 5,16 Silben in Interview 2 (Zunahme von 7,28%) und fällt dann in Interview 3 unter den ersten Wert auf 4,35 Silben (Abnahme um 18,62% zwischen Zeitpunkt 2 und 3). Auffällig ist vor allem der zweite Wert, da mit einer Zunahme der Pausen mehr und dafür kürzere runs zu erwarten sind. Dies ist hier nicht der Fall. Dies könnte zum einen bedeuten, daß mehr automatisierte Elemente eingesetzt werden bzw. daß mehr syntaktisches Wissen erworben und prozeduralisiert wurde (vgl. TOWELL/ HAWKINSIBAZERGUI 1996) und so die pausenfreie Produktion längerer Einheiten möglich ist. Es besteht zum anderen aber die Möglichkeit, daß auch verstärkt andere Verzögerungsphänomene wie etwa gefüllte Pausen eingesetzt werden, die bei der hier verwendeten Segmentierweise als artikulierte Sprache zu den runs gezählt werden. Für die erste Erklärung liefert die Gesamtartikulationsgeschwindigkeit keine klare Tendenz. Für eine diesbezügliche Aussage müssen die einzelnen runs analysiert werden. Die zweite Erklärung muß in der qualitativen Analyse geprüft werden. lFlLl.lL 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 83 Die Daten lassen insgesamt vermuten, dass die Pausen für Planungen genutzt werden. Dies ermöglicht der Sprecherin in IBMS 2, längere runs zu produzieren. In IBMS 3 sind die Pausen jedoch so häufig, daß sie sich auf die Länge der runs auswirken. Eine qualitative Analyse der Pausen soll darum untersuchen, an welchen Stellen in der Sprachproduktion die Pausen auftreten (Abschnitt 5.3). Gemäß den Überlegungen in Abschnitt 4 kann.vermutet werden, daß in Interview 2 mehr Pausen an Übergängen zwischen zwei Äußerungen auftreten, in IBMS 3 dagegen mehr Pausen innerhalb von Äußerungen. Insgesamt lassen die Ergebnisse der temporalen Analyse darauf schließen, daß sich bei dieser Probandin im Laufe des Untersuchungszeitraums die Sprachproduktion immer kontrollierter vollzieht. Diese Erklärung deckt sich mit den Angaben der Probandin in den Fragebögen. Dort gibt sie zum ersten Zeitpunkt noch an, daß sie sowohl auf grammatische Korrektheit als auch auf Flüssigkeit achte, im zweiten Fragebogen liegt eine Priorität gegenüber der Korrektheit vor, obwohl sie noch angibt, auf beides zu achten, und zum dritten Zeitpunkt nennt sie nur noch die Korrektheit. Mit Hilfe der Analyse des Reparaturverhaltens wird im Abschnitt 5.4 nach einer Erklärung für die oben aufgeführten Befunde gesucht. Eine verstärkte Richtung der Aufmerksamkeit auf Korrektheit müßte zu einer korrekteren (d. h. in Bezug auf formale Aspekte der Sprache für Muttersprachler akzeptableren) Sprachproduktion und absolut weniger Fehlerkorrekturen führen. Andernfalls müßte nach Alternativerklärungen gesucht werden. So wäre es denkbar, daß unterschiedliche Bedingungen (Motivation, Tageszeit etc.) in den einzelnen Interviews sich auf die Sprachproduktion ausgewirkt haben. 5.3 Verteilung der P~sen Um Aussagen über die oben vermuteten Planungsprozesse zu erhalten, soll die Häufigkeit der Pausen innerhalb von Äußerungen mit der von Pausen zwischen zwei Äußerungen verglichen werden. Da es sich um gesprochene Sprache handelt, wird hier von Äußerungen gesprochen, da nicht unbedingt grammatisch vollständige Sätze vorliegen müssen. Die Pausen wurden wie in dem folgenden Beispiel als i-Pausen (innerhalb von Äußerungen) oder a-Pausen (zwischen zwei Äußerungen) klassifiziert. Interviewer: und ist das dann gesund wenn man nich schlafen geht und sich sof6rt auf die japanische zeit einstellt Probandin: ja: [a-pause] aber&zum beispiel e: vorletztes mal&ne e: als ich nach japan/ [i-pause] a&ne injapan war [i-pause; atmen] e: [i-pause] bi=ich zuhort [ipause] eingeschlafen [i-pause] e: [i-pause] als&ich zuhause ankam [a-pause] aber seitdem [i-pause] hatt=ich i: mma e [i-pause] jetlag [a-pause] m: m Die Auszählung der beiden Pausentypen ergibt für die drei Interviews folgendes Bild: lFLIIL 32 (2003) 84 80 70 60 gso 140 <30 20 10 0 ~--~--~~-~---~--~--- 1 2 Zeitpunkt ■ a-Pausen [ZJ i-Pausen 3 Abb. 2: Anzahl der a-Pausen und i-Pausen Sabine Beyer Auffällig mag zunächst die insgesamt geringe Zahl von a-Pausen scheinen. Erklärbar wird sie durch die Praxis, nur Pausen zu berücksichtigen, die der Sprecherin eindeutig zugeordnet werden können. Tum-taking-Pausen, die häufig gerade nach einer Äußerung entstehen, wurden nicht gezählt, da nicht eindeutig bestimmt werden kann, ob sie produktionsbedingt sind oder eine Folge des Interviewer-Verhaltens. Da bei allen drei Interviews so verfahren wurde, kann davon ausgegangen werden, daß die Werte vergleichbar sind. Die Vermutungen aus Abschnitt 5.1 können anhand dieser Werte nur teilweise bestätigt werden. Wie angenommen, finden sich in Interview 3 wesentlich mehr Pausen innerhalb von Äußerungen. Diese Pausen sind zum großen Teil verantwortlich für die niedrige Sprechgeschwindigkeit und die kurzen runs. 1 2 Zeitpunkt • Längea IZJ Länge i 3 Abb. 3: Länge der a-Pausen und i-Pausen FLIIL 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 85 Im Vergleich der a-Pausen zwischen Zeitpunkt 1 und 2 gibt es nur einen geringen Unterschied. Die Häufigkeit der unterschiedlichen Pausen kann also nicht als Erklärung für die Länge der runs dienen. Allerdings ist die durchschnittliche Länge der Pausen im Interview 2 bei den a-Pausen erheblich höher. Wie eine genauere Betrachtung zeigt, führt eine längere Pausenzeit allerdings nicht zwangsläufig zu längeren runs. Von 22 a-Pausen aus Transkript 2 sind 10 Pausen länger als der Durchschnitt von 824 Millisekunden, die mittlere Silbenzahl der nachfolgenden runs liegt mit 4; 6 jedoch unter dem Gesamtdurchschnitt von 5,16. Wie in Beispiel (1) zu sehen ist, können Pausen zwischen zwei Äußerungen zwar zur Planung längerer Äußerungen genutzt werden, (1) [pause, 1.035] aber m am anfang war ein bisschen schwer andere Beispiele zeigen aber, daß lange Pausen zwischen zwei Äußerungen gerade Ausdruck von Problemen bei der Planung sein können: (2) andere situatiol st/ e: oder e: mit andere auch so meinst du [Interviewer bestätigt mit „m: m"] [pause, 1.437] ho: ja [pause, 2.360] e: [pause, 1.335] einfach konnte ich nicht: [pause, 586] e: [pause, 1.323] he: über nachdenken was&ich [pause 1.332] sagen möchte [pause, 361] Nach der Aushandlung mit dem Interviewer über die Bedeutung der Frage legt die Probandin eine Pause von 1.437 Milliekunden ein. Die nachfolgende Produktion ist äußerst unflüssig sowohl in bezug auf ungefüllte als auch auf gefüllte Pausen und Dehnungen. Die Probandin ist entweder sehr mit der inhaltlichen Beantwortung der Frage beschäftigt oder sie verfügt nicht über die sprachlichen Mittel, das Intendierte auszudrücken. Die Beispiele zeigen, daß eine isolierte Auszählung von Pausen noch nicht eindeutig auf zugrundeliegende Prozesse schließen läßt. Zum einen können Pausen mehr Funktionen haben als nur sprachliche Planung, zum anderen kann auch während der Sprachproduktion geplant werden. Es sind also noch die anderen möglichen Erklärungen für die längeren runs in Interview 2 zu prüfen. 1. Möglichkeit: Die Länge der runs erhöht sich durch den Einsatz von gefüllten Pausen. Dies ist nicht der Fall. In den 46 runs aus Transkript 2, die aus 5 oder mehr Silben bestehen (die mittlere Silbenlängewar 5,16) finden sich 25 gefüllte Pausen (e: , e: m, m: , a: ). Das sind 6,14 Pausenfüller pro 100 Silben und somit weniger als der Durchschnitt von 7 ,93 gefüllten Pausen pro 100 Silben. 2. Möglichkeit: Trotz langsamer Gesamtsprechgeschwindigkeit, die von einer allgemein geringeren Automatisierung der Sprachproduktion zeugt, benutzt die Sprecherin in einzelnen runs Automatismen oder Routinen, die es ihr erlauben, längere ununterbrochene Sequenzen zu produzieren. Von 46 runs, die mindestens 5 Silben lang sind, haben 29, also 63,04% eine Artikulationszeit, die über der mean articulation rate von 226,64 liegt. Dies könnte ein Hinweis auf den besonderen Einsatz von automatisierten Einheiten in längeren runs sein. Für eine aussagekräftige Überprüfung dieser Hypo- JFLwL 32 (2003) 86 Sabine Beyer these muß mehr Datenmaterial dieser Probandin untersucht werden. Bestätigt sich die Annahme, muß darüber hinaus untersucht werden, ob es sich dabei um eine individuelle Strategie dieser Probandin handelt oder ob das Phänomen auch bei anderen Sprecherinnen und Sprechern der Probandengruppe zu finden ist. 5.4 Selbstreparaturen Im nächsten Schritt werden die in den drei Ausschnitten identifizierten selbstinitiierten Selbstreparaturen der Probandin klassifiziert und miteinander verglichen. In Bezug auf die Befunde in Abschnitt 5.1 können dabei zwei Annahmen formuliert werden: 1. Wenn aufgrund der abnehmenden Sprechgeschwindigkeit angenommen wird, daß die Probandin im Laufe des Untersuchungszeitraums immer mehr Augenmerk auf die Korrektheit ihres Output legt, ist zu erwarten, daß die Probandin von Interview zu Interview versucht, weniger Fehler zu produzieren. Von den Fehlern, die gemacht werden, werden vermutlich jedes Mal mehr Fehler repariert. 2. Wenn die Probandin vorwiegend mit der Korrektheit ihrer Sprachproduktion beschäftigt ist, kann sie weniger Aufmerksamkeit auf inhaltliche oder pragmatische Aspekte richten. Aus diesem Grund werden insgesamt mehr Reparaturen bezüglich der Korrektheit zu finden sein als Angemessenheitsreparaturen. 5.4.1 Die Fehlerklassifizierung Nach VAN REST (1996: 38) wird zunächst unterschieden zwischen 1. E-repairs (error-repairs), also der Reparatur sprachlich inkorrekter Elemente. In den Transkripten wurden z.B. folgende Beispiele für E-repairs gefunden: (3) a&aber au/ ausser t6kio o/ ausserhalb tokio (4) aber&zum beispiel e: vorletztes mal&ne e: als ich nachjapan [pause] a&ne in japan war (5) was [pause] die männer m: für die frau: en [pause] machen können um diefrau: en glück: lich [pause] zu: sein [pause] e&ne glücklich sein zu lassen (6) em: h: / folt er wieder/ [pause] ne [pause] wiederholt er (7) außer einen zimmer/ einem zimmer kann ich alle zimmer [pause J benutzen (8) erste eta/ ne&ne erdgeschoss e: wohnen meine verwandte (9) da wohne ich ne deswegen [pause]ja wohnte ich n: E-repairs können weiter unterteilt werden, je nachdem ob lexikalische (3, 4), syntaktische (5), phonetische, morphologische (6, 7), konzeptuelle (8) oder Tempus oder Aspekt betreffende (9) Reparaturen vorgenommen werden. In den vorliegenden Ausschnitten aus den Interviews macht eine solche Differenzierung jedoch keinen Sinn, da bei einer Länge von 5 Minuten Sprechzeit die Zahl der einzelnen Reparaturen so gering ist, daß keine Aussagen über die Verteilung getroffen werden können. IFL1lllL 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 87 2. A-repairs (appropriateness-repairs) oder Angemessenheitsreparaturen, in denen Elemente repariert werden, die der Sprecher für nichtangemessen hält. (11) ich konnte nicht schlafen ich [pause] duifte nicht schlafen sonst 9 (12) ja: deswegen/ [pause] ne dadurch streiten wir auch (13) aber vorher/ e&weil vorher [pause J in diesem zimmer a&meine sch: westersfamilie gewohnth/ ha: t ... (14) a&nur einmal hat&er [pause] an einem kurs/ e&japanischkurs [pause] teilgenommen (15) i=habt eigentlich nich&so viele [pause]freunde [pause] so maenner [pause] männliche freunde Auch hier kann nach lexikalischen (11, 12); syntaktischen (13) und Tempus oder Aspekt , betreffenden Reparaturen unterschieden werden sowie nach so genannten Ergängzungsreparaturen (Al-repairs), in denen das Reparandum wiederholt und ergänzt wird (14, 15). 3. Schließlich gibt es noch D-repairs (different information), in denen der Sprecher die ursprüngliche Absicht ändert, z.B.: (16) dann/ das heißt [pause] e: nl nur mit mir hab&ich ihn gefragt 5.4.2 Ergebnisse Fehler 31 21 17 Fehler pro 100 Silben 5,24 3,87 3,05 Selbstreparaturen gesamt 10 6 10 E-repairs 7 4 ·5 A-repairs 3 2 3 D-repairs 0 0 2 Reparaturen pro 100 Silben 1,69 1,11 1,80 Reparaturen pro Fehler 0,32 0,29 0,59 Tab. 4: Ergebnisse der repair-Analyse Wie Tabelle 4 zu entnehmen ist, bestätigt sich die Annahme, daß von Interview zu Interview weniger Fehler gemacht werden. Dabei ist der Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Interview größer als der zwischen dem zweiten und dritten. Neben dem 9 Sämtliche Beispiele sind den hier untersuchten Transkripten entnommen. JFLIIL 32 (2003) 88 Sabine Beyer Aufmerksamkeitsfokus kann hier der Kompetenzzuwachs in der ersten Kurshälfte eine Rolle spielen. Tatsächlich zeigen die Ergebnisse aus dem Lückentest, daß die Probandin zum ersten Zeitpunkt mit 10 morpho-syntaktischen Fehlern noch über dem Durchschnitt von 8 Fehlern liegt. In den beiden folgenden vom Schwierigkeitsgrad vergleichbaren Tests macht sie dagegen jeweils nur noch 3 Fehler und liegt damit weit unter dem Durchschnitt von 4,53 resp. 5,4 Fehlern. Die zweite Annahme, daß im gleichen Maße die Reparaturen dieser Fehler zunehmen, kann nur zum Teil bestätigt werden. Insgesamt gibt es einen Anstieg der Reparaturen pro Fehler von 0,32 in IBMS 1 auf 0,59 in IBMS 3. Das zweite Interview zeigt allerdings, wie in Abbildung 5 zu sehen ist, erneut Abweichungen von dieser Tendenz. Es werden zwar weniger Fehler gemacht als in Interview 1, auf jeden Fehler kommen aber nur 0,29 Korrekturen. Auch die Anzahl der Reparaturen pro 100 Silben liegt im zweiten Interview niedriger als in den anderen beiden. Dieses Ergebnis deckt sich nicht mit den Annahmen. Die Ursache kann eine methodische, die Auswahl der lnterviewausschnitte betreffende sein. Zur Überprüfung der zweiten Annahme wurden die Fehler wie oben angegeben klassifiziert. Dabei zeigt sich, daß die Anzahl der E-repairs in Interview 1 (N=7) und 2 (N=4) überwiegt. Auch im dritten Interview gibt es mehr E-repairs als A-repairs, wenn man jedoch die zwei D-repairs berücksichtigt, die ebenfalls. auf einer höheren Planungsebene stattfinden, finden sich genauso viele E-repairs wie andere. 6. Fazit Die Daten können einerseits darauf l: : iindeuten, daß sich die Entwicklung von Flüssigkeit im Laufe des Spracherwerbs nicht stetig an die von LI-Sprechern anpaßt (vgl. auch WIESE 1984: 21). Es können sich durchaus Phasen, in denen der Einsatz automatisierter Sequenzen für einen relativ flüssigen Output sorgt, abwechseln mit solchen, in denen eine kreative Konstruktion von Sprache für einen zwar zögerlichen Sprachfluss sorgt, dafür aber komplexere oder korrektere Produktionen erzeugt. Monitoring und der Einsatz von Automatismen bei der mündlichen L2-Produktion könnten somit als Strategien angesehen werden, die der L2-Sprecher einsetzt, um den unterschiedlichsten Anforderungen gerecht zu werden (vgl. auch DECHERT 1984). Die in diesem Beitrag durchgeführten Analysen haben gezeigt, daß für die Analyse unterschiedlicher Selbstreparaturen eine größere Datenmenge als die hier verwendete analysiert werden muß. Um die Reliabilität der Auswertung noch zu erhöhen, wäre es sinnvoll, zwei oder mehrere Ausschnitte aus jedem Interview zu analysieren. Ein Vergleich der unterschiedlichen lnterviewphasen wäre auch im Hinblick auf die Untersuchung der Auswirkungen von unterschiedlichen Aufgabenanforderungen (Themenbereiche, geforderte Sprachhandlungen) auf die Sprachproduktion interessant. Die Analyse hat weiterhin gezeigt, daß der Vergleich von Daten, die zu mehr als zwei Zeitpunkten erhoben wurden, zwar unliebsame Abweichungen zu Tage fördern kann; ein Vergleich zwischen zwei Zeitpunkten allein birgt jedoch die Gefahr, daß Ergebnisse zu lFLllllL 32 (2003) Mündliche Produktion und Fremdsprachenerwerb ... 89 schnell verallgemeinert werden und Tendenzen angezeigt werden, die in Wirklichkeit nicht so eindeutig sind. Die Vielfalt der Herkunftssprachen der Probandengruppe bietet interessante Analysemöglichkeiten in Bezug auf Transferstrategien aus der Muttersprache bzw. aus vor Deutsch erlernten Zweit- oder Fremdsprachen (vgl. auch den Beitrag von RAUPACH in diesem Band [153-166]). Die hier exemplarisch untersuchten Produktionen weisen z.B. den Gebrauch typisch japanischer Pausenfüller wie eto auf (vgl. auch Y0SHIDA-M0RISE 1998). Es bliebe zu untersuchen, ob der häufige Gebrauch von Pausenfüllern aus der Muttersprache in die fremdsprachliche Interaktion übertragen wird oder ob die gefüllten Pausen tatsächlich Merkmale einer verzögerten Produktion sind. Dies setzt u.a. gute Kenntnisse der entsprechenden Sprachen voraus. Insgesamt zeigen die Überlegungen zur Auswertung der Interviewdaten, daß man bei der Analyse von Sprachproduktionsdaten nicht um die Betrachtung von Einzelphänomenen herumkommt. Die Merkmale gesprochener Sprache sind nur begrenzt quantifizierbar und sie sind höchst individuell (vgl. auch RAUPACH 1980). Eine Vielzahl von Persönlichkeitsmerkmalen hat Einfluß auf Aufmerksamkeitsprozesse bei der Sprachproduktion. Deshalb hat sich die Verwendung von Sekundärdaten, die solche Merkmale erfassen, als sinnvoll erwiesen. Um trotz allem über eine reine Beschreibung von Einzelfällen hinauszugehen, muß in einem nächsten Schritt untersucht werden, ob Lerner, die eher formfokussiert sind, ein anderes Monitorverhalten aufweisen als solche, denen Flüssigkeit am wichtigsten ist. Im Sinne einer Datentriangulation (vgl. AGUAD0IRIEMER 2001) können diese Ergebnisse dann in die Interpretation der experimentellen Daten einfließen. Literatur AGUADO, Karin/ RIEMER, Claudia (2001): "Triangulation: Chancen und Grenzen mehrmethodischer empirischer Forschung". In: ID. (Hrsg.): Wege und Ziele. Zur Theorie, Empirie und Praxis des Deutschen als Fremdsprache (und anderer Fremdsprachen) Festschrift für Gert Henrici zum 60. Geburtstag. Baltmannsweiler: Schneider, 245-257. BACHMANN, Lyle / PALMER, Adrian S. ( 1996). Language Testing in Practice. Oxford: Oxford University Press. BÄRENFÄNGER, Olaf (2002a): "Automatisierung der mündlichen L2-Produktion: Methodische Überlegungen". 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Introduction As has been argued over and over again in the last decade, a monolingual focus on language production retlects a biased perspective on the world, since the vast majority of speakers are .in fact bilingual and often multilingual, even in countries which view themselves as fundamentally monolingual. This also holds for traditionally monolingual countries like Germany and the USA, in which speaking the national language is the official norm, while in fact in both countries there are large sections of the population that either have a migrant background, or have learned one or more foreign languages in education, or are speakers of both the standard language and a dialect. Few people in small villages in Bavaria would call themselves bilingual and might even be offended by this label, but from a sociolinguistic and psycholinguistic perspective their command and use of their standard language and local dialect are prime examples of bilingualism: there are two codes th_at each have their function and pattem of usage, that are different in many respects, and that may sometimes be used in a mixed form but sometimes need to be kept strictly apart. How this processing of multiple languages in the brain takes place, is the focus of the present article and indeed of the project on "Mündliche Produktion in der Fremdsprache" reported on by various authors in this issue of FLuL. Language production rarely takes place in a situation without interaction. Speech is typically interactive in nature. Any model that claims to present a ·valid picture of the language production process should take that into account. As DAUSENDSCHÖN-GAY (in this volume [178-195]) argues, the interactive nature of the production process is of crucial importance and should be part of the models. In the model presented here, LE- Korrespondenzadresse: Prof. Kees DE BOT, chair of Applied Linguistics, _Univetsity of Groningen, Department of Language and Communication, Oude Kijk in 't Jatstraat 26, 9712 EK GRONINGEN. E-mail: c.l.j.de.bot@let.rug.nl Areas ofwork: Multilinguism, Psycholinguistics. lFLllL 32 (2003) Bilingual speech: from concepts to articulation 93 VELT's 'Speaking' model, this interactive basis is fully represented. LEVELT makes this point very clearly in the opening section ofhis monumental 1989 book: "lt is [... ] not enough to study the functions of speaking the kinds of intentional acts a language user can perform through speech, such as referring, requesting, and explaining. Nor is it enough to study the pattems of spoken interaction between interlocutors the way they engage in conversation, take tums, signal misunderstanding, and so forth [...] (... ). But they do not suffice. Developing a theory of any complex cognitive skills requires a reasoned dissection of the system into subsystems, or processing components. lt also requires a characterization of the representations that are computed by these processors and of the manner in which they are computed, as well as specification ofhow these components cooperate in generating their joint end product" (LEVELT 1989: 1). In other words, researchers who focus on lexical access do not deny the importance of interaction as the basis for production, but they limit their attention to one of the subprocesses. How interaction has an impact on word choice need not be their prime concern, since the selection criteria for lexical access are defined in a part of the system these researchers are not working on. Of course there is a risk of such a narrow view. An overwhelming part of the research on bilingual processing has focused on rather minute parts of access, without considering lexical access as a part of the larger system. This has led to a stream of publications in which e.g. the processing of pseudo-homophones (like 'coin' in French and English) has emerged as a complete subfield with its own research questions and paradigms, but increasingly little connection to larger models or theories of multilingual processing. Here the aim is to present the larget picture without losing sight of some of the more fine-grained processes that are crucial in multilingual processing. The structure of the article is as follows: first the Levelt model will be presented briefly, then some issues that are specific to multilingual processing in such a model will be discussed. Three issues will be focused on: the impact of multiple languages on utterance planning, the role of the language node, and the issue of language specific/ non-language specific access. 2. The Levelt Model Although the model has developed over time, the basis structure as described in LEVELT (1989, 1993) is still intact. The following processing components can be distinguished: A conceptualizer, in which communicative intentions are translated into messages that can function as input for the speech production system. Levelt distinguishes 'macroplanning', which involves the planning of a speech act, the selection of information to be expressed and the linearization of that information, from 'microplanning' which involves the propositionalization of the event to be expressed, the perspective taken and certain language-specific decisions that have an effect on the form of the message tobe conveyed. When a language (such as English) has a tense system, it is obligatory to specify the relevant temporal relations, even if they don't contribute to conveying the speaker's intention. lFLlllL 32 (2003) 94 Kees de Bot The output of the conceptualizer is a preverbal message, which consists of all the information needed by the next component, the formulator, to actually turn the communicative intention into speech. Crucial aspects of the model are that there is no external unit controlling the components, that there is no feedback from the formulator to the conceptualizer, and that there is no feedforward from the conceptualizer to other components of the model. This means that all information that is relevant for the 'lower' components has tobe included in the preverbal message. - Aformulator where the preverbal message is converted into a speech plan (phonetic plan) by selecting lexical items and applying grammatical and phonological rules. Lexical items consist of two parts, the lemma and the phonological form or lexeme. In the lemma the lexical entry's meaning and syntax are represented, while morphological and phonological properties are represented in the lexeme. In production, lexical items are activated by matching the meaning part of the lemma with the semantic information in the preverbal message. Accordingly, the information from the lexicon becomes available in two phases: semantic activation precedes form activation. Tue lemma information of a lexical item concerns both conceptual specifications of its use, such as pragmatic and stylistic conditions, and (morpho-)syntactic information, including the lemma's syntactic category and its grammatical functions, as well as information that is needed for its syntactic encoding (in particular: number, tense, aspect, mood, case and pitch accent). Activation of the lemma immediately provides the relevant syntactic information which in turn activates syntactic procedures. The selection of the lemmas and the relevant syntactic information leads to the formation of the surface structure. While the surface structure is being formed, the morpho-phonological information in the lexeme is activated and encoded. The phonological encoding provides the input for the articulator in the form of a phonetic plan. This phonetic plan can be scanned internally by the speaker via the speech-comprehension system, which provides the first possibility for feedback. An articulator which converts the speech plan into actual speech. The output from the formulator is processed and temporarily stored in such a way that the phonetic plan can be fed back to the speech-comprehension system and the speech can be produced at normal speed. - A speech-comprehension system connected with an auditory system which plays a role in the two ways in which feedback takes place within the model: the phonetic plan as well as the overt speech are guided to the speech-comprehension system to find any mistakes that may have crept in. In comparison to the original (1989) version of the model, the 1993 version gives more information about speech understanding, but that will not be discussed here. Suffices to say that the speech understanding is modeled as an mirror image of language production, and that the lexicon is shared. - A monitoring system that compares the intended meanings with the meanings as conveyed in speech. The solution chosen for the monitoring system is straightforward: the speaker' s own speech is perceived by the perceptual system and translated back into meaning parts that can be interpreted by the conceptual system. A crucial aspect IF[,uJL 32 (2003) Bilingual speech: from concepts to articulation 95 of this solution is that there is no in-betw.ren monitoring of subprocesses: only the resulting speech is evaluated. Language production as it is modeled here, is typically viewed as a form of skilled behaviour in terms of e.g. SHIFFRIN/ SCHNEIDER (1977) and ANDERSON (1983). This means that there is a hierarchy of sk: ills, with higher level sk: ills being subserved by lower level skills, and that lower level skills/ components will be fully automatic. Word retrieval, syntactic proceduralization, the formation of an articulatory plan and the articulatory mechanisms will take place without conscious control. In language production almost all the attentional resources go to the conceptual level, with some attention left for errorcontrol through the feedback mechanisms. Over the last decade the Levelt model has undergone a few changes. Following proposals by ROELOFS (1992) the feature based structure of concepts, i.e. concepts viewed as bundles of conceptual features, was replaced by what was called 'lexical concepts'. These are non-decomposable concepts that match with lemmas in the lexicon. As will be discussed later on, this position has recently been challenged by LAHEIJ (2003). A second change has been the introduction of the syllabary, a storage and retrieval system for syllable-sized units that contain articulatory programs for parts of words (LEVELT/ ROELOFS/ MEYER 1999). This replaces or rather complements a system in which for each lexical item individual sounds had to be assembled time and time again. The model is based in various types of data: experimental data mainly, but also spontaneous speech data and analyses of speech errors and self-corrections. More recently, data using neuro-imaging techniques have been used to validate the model. INDEFREY/ LEVELT (2000) show that there are neural correlates for the various subcomponents proposed, lending further support for the validity of the model. 3. Speech production in bilingual speakers The Levelt model was developed as a monolingual model, and if we want to apply it for the processing of multiple languages, we need to clarify to what extent the present model is capable of handling bilingual speech. PARADIS (1977, 1999) has claimed that there is nothing specific to the bilingual speaker that would call for additional components or mechanisms. With respect to code-switching, one of the aspects supposed to be unique for bilingual speech, he claims that "There is no need to postulate an anatomical localization or even a specific functional organization, other than that which every speaker already possesses and which allows him, among other things, to switch registers within the same language" (1977: 91). In their discussion of learners of a foreign language as bilingual speakers, POULISSE/ BONGAERTS (1994) mention the following factors that have tobe taken into account in a bilingual model: 1. The L2-knowledge of learners is not as complete as that of the native speaker: they know fewer words and rules, which leads to the use of compensatory strategies, and to avoidance of 'uncertain' words and structures. lFJLwL 32 (2003) 96 Kees de Bot 2. The speech is more hesitant, and contains more errors and slips, depending on level of proficiency. 3. The performance shows traces ofthe Ll, sometimes deliberately, sometimes unintentionally. According to POULISSE/ BONGAERTS (1994) the L 1-traces are very similar to substitutions and slips in monolingual speech. They also show that the incomplete knowledge base and the lack of automaticity of L2 speakers can be handled adequately by existing monolingual models. This is not the case for cross-linguistic influence (CLI) phenomena in their view. On the other hand, PARADIS (1977) claims that there is also interference in monolinguals e.g. when using words from another style in an incorrect way (informal words in formal speech). In terms of processing, CLI-phenomena cannot be distinguished clearly from code-switching-phenomena: both result from the working of the production system in an individual speaker, and the fact that CLI may sometimes be undesirable in terms of an external model of the target language is not relevant here. In the remainder of this article we will focus on three specific aspects of multilingual processing that have consequences for the model in its present form. The first is the impact of different languages on the formation of the preverbal message. The second concerns the role of the language node as a monitoring device, and the third is the way in which lexical items are selected and accessed. 4. The role of multiple languages in the conceptualizer As mentioned earlier, a distinction is made at the level of the conceptualizer between macroplanning ("the selection of information whose expression may realize the communicative goals") (LEVELT 1989: 5), and microplanning ("[...] the selection and molding of information in such a way that its expression will be an appropriate means for conveying the intention" (ibid.). In an earlier version ofthe bilingual version ofthe Levelt model (DE BOT 1992) it was proposed that the conceptualizer functions largely language-independent. Recent work on utterance planning makes it clear that that is probably not correct. VON STUTTERHEIM (1999, 2002) reports on a number of empirical studies that aim to elucidate the processes of utterance construction form both a cross-linguistic and a multilingual perspective. V ON STUTTERHEIM (2002) mentions the following steps in utterance planning: selection of information about the external world in which the utterance will be used, the segmentation of the complex knowledge structure to be conveyed, the selection of information components for verbalization, the taking of a perspective relevant for the construction of relevant discourse (selection ofreferential frames and topic domains), the linearization and interconnection of the informational units. The data that have been gathered suggest that these steps may be different for speakers of different languages. V ON STUTTERHEIM (2002) presents various types of data (film retellings, verbalization of single events, voice onset data and eye tracking data) from both native speakers of English, German and Spanish, and learners of those languages with lFLllliL 32 (2003) Bilingual speech: from concepts to articulation 97 different Ll backgrounds. Here we will discuss only one aspect from those complex and intriguing experiments, the effect of the perspective taken on reported events. For this, there appear to be clear differences between native speakers of German and English: 'While German speakers present events holistically, which means including some kind of end point of an action or motion event, English speakers tend to segment or decompose events into different phases, preferring a temporal perspective point which views an event as ongoing' (VON STUTTERHEIM 2002: 3). In other words, speakers of German tend to include the endpoint in their description while speakers of English describe the event as ongoing, without such an endpoint. This reflects differences between the grammars from these two languages: the ongoingness is expressed by verbal aspect, in particular the progressive from. So this aspectual distinction is gralillilatised in English while is it expressed with lexical expressions in German. For the description of events this means that German speakers have to wait for the endpoint of the event, while English speakers can start describing it right away. These differences come out nicely in the descriptions of the events and the Voice Onset Times (VOTs): native speakers of German systematically report more endpoints and show langer VOTs because they have to wait for the endpoint in order to describe the event. Building on this, von Stutterheim and her colleagues tested groups of very advanced learners with German Ll/ English L2 and English Ll/ German L2. The outcomes show that even those advanced learners tend to apply their Ll-based principles of information organization when speaking their L2, though there is some influence of the L2. What these researchers did not look into, is to what extend speakers who use the L2 very frequently, show signs of L2 interference in their Ll on this level. Whether the strong impact of the Ll-based principles is an effect of a deeply ingrained link between utterance structure and information structure in Ll development, or results from the more frequent use of Ll needs to be studied by looking at individuals who switch from their original Ll to another language as their dominant language. The research presented shows that also at the conceptual level multilingualism has an impact. This research has so far been restricted to bilinguals, and it will be interesting to see how speakers who have an colilliland of three or more languages deal with such potentially conflicting principles or routines. 1 5. Monitoring and control: the role of the language node As mentioned earlier, the monitor in the Levelt model had as its most important function to check whether the intended meaning was actually expressed. In multilinguals, checking for the use of the right language should also be done by the monitor. lt could be argued however, that the role of the monitor is not just to give feedback, but also to provide feedforward. In other words, the monitor could play a role in preparing the language production system for the use of one or more specific languages. In DE BOT (2003) we Additional support for the impact of L1 on conceptualization in L2 is provided by several of the papers in STARRENIDIMROTH (forthcoming). lFLIJllL 32 (2003) 98 Kees de Bot present a multilingual processing model in which a language node is included that serves both to control the output with respect to the language or languages used and to inform the production system about the language to be used. A schematic overview of the model is given in Fig. 1: Communicative Intentions + language Lexical concepts Lemmas Lexemes Syllables / sounds / gestures Syntactic procedures Fig. 1: The multilingual processing model JFLIIIL 32 (2003) Bilingual speech: from concepts to articulation 99 The basic assumption behind the model is that there are three stores with information: conceptual features, syntactic procedures and form elements (sounds, syllables or gestures).2 Within each of these stores, there are language-specific subsets. These subsets show overlap reflecting the cognateness of the languages involved. The language node controls the various processing components with respect to the language to be used. The intention to use a specific language originates from the conceptual/ communicative intention level and is relayed to both the system generating lexical concepts and the language node. For the subsequent components information on the language to be used now comes from two sources: through the lexical concepts and directly from the language node. An extemal language node system can more locally control language choice. When a particular language is called for, the language node will inform all relevant components, that is those components in which syntactic or form information needs to be selected, about the subset to be activated. This higher activation will lead to the selection of elements from the right language. Crucially, information about the activation of subsets (either through the lexical concepts or through the language mode) will be exchanged between subsets of the various languages. In other words, when the subset of syntactic procedures of language A is activated, this information will be relayed to both the language node (which will then forward that information again to the rest of the system), and t,o the subset of form-related elements from language A. So activation of a part of a language will activate elements from that same language at other levels. At the same time, because subsets overlap, elements that are shared by more than one language, may also activate the other subset (or subsets) they are part of. The language node conveys information about language selection both from the conceptual level to lower level components and between components at these lower levels. lt accumulates information of the state of activation of various languages and acts in that sense as a monitoring device which compares the intended language with the language actually used. To what extent the language node as described above and the monitor as it functions in the Levelt model overlap is unclear. DE BOT/ JESSNER (2003) argue for a more expanded role for the monitor in language use and language acquisition. They argue that the monitor is also the device that notices gaps in knowledge, e.g. the inability to express a given meaning in L2 that can be expressed in L 1, suggesting a lack of linguistic means in the L2. In that way the monitor can become part of the language learning system. A further elaboration of this role of the monitor is beyond the scope of the present article (but see SCHADE's contribution in this issue, page 104-115). 2 Following the line of argumentation presented with respect to the structure of utterances and their planning at the conceptual level, it could be argued that there are also language-specific mechanisms at the conceptual level that are controlled by the language node. lFLl.lL 32 (2003) 100 Kees de Bot 6. Lexical access in language production The above description of the language production system is more or less in line with the literature on monolingual processing, but there are trends in the literature that seem to call for a review of current positions. LAHEIJ (2003) presents an overview of more recent developments in language production models and its relevance for bilingual processing. He argues for what is named a 'complex access, simple selection' model in which all relevant information for the selection oflexical items is included in the preverbal message in such a way that only the right word will be selected, so circumventing the old 'convergence' problem in theories on language production. The preverbal message needs to contain all sorts of information about the communicative setting, addressee, topic of conversation, style and so on. In line with earlier proposals (DE BOT/ SCHREDDER 1993, PODLISSE/ BONGAERTS 1994) 'Language' is seen as a cue that has tobe included as well. In this model, concepts are featurebased, which contrasts with proposals by ROELOFS (1992) and LEVELT [et al.] (1999), who defend an non-decompositional view of concepts. LAHEIJ mak: es a distinction between message selection ('what conceptual information has tobe selected for production') and response selection ('which lexical items must be accessed'). He concludes that "lexical selection is based on a complex preverbal message that contains all relevant information to arrive at the correct word. Response selection can then be a simple process that selects one word from the set of activated words on the basis of the activation levels only" (24). This conclusion leads him to reject models of bilingual production like the ones proposed by de BOT/ SCHREDDER (1993) and GREEN (1993) which are based on mechanisms for selective attention and inhibition of language sets. In his view, there is no need for such mechanisms, because the detailed information in the preverbal message, which includes language information as a cue, will automatically select the right word in the right language. While LAHEIJ' s proposals are attractive because of their simplicity and because they meet the constraint that such models should have as few control mechanisms as possible, there are quite some problems with it. Interestingly, one is of particular relevance for the study of language attrition. This concems the problem that the conceptualizer has no information about what words are stored in the lexicon. In other words, the specifications in the preverbal message may not match with any lexical item. This is clearly the strength of postulating the existence of lexical concepts as Levelt et al. do, because these concepts are based on existing lexical items. In language attrition the decline in availability of lexical items of the attriting language is one of the most prominent features. There are many examples in both foreign language leamers (PODLISSE 1997) and rnigrants (e.g. BACKDS 1992) who appear to select a word from the other language because they cannot find the word they were looking for in the attriting language. Another problem is that research in code-switching has shown that languages are activated and inhibited as sets. MEDTER/ ALLPORT (1999) present convincing experimental evidence for this effect, and JACKSON [et al.] (2001) provide supporting neuroimaging data for this. A final problem is that LAHEIJ' s model would predict sirnilar effects for within and between language prirning, while there is sufficient evidence to show that lFlLlllllL 32 (2003) Bilingual speech: from concepts to articulation 101 in most bilinguals within language priming effects are larger than between priming effects (HERMANS [et al.] 1998). The likelihood of a mechanism that impacts on levels of activation of languages is also supported by data from spontaneous speech in migrants. CLYNE (1987) analysed speech data from Dutch and German migrants in Australia and mentions many cases of the use of English during the interviews: despite their conscious efforts to keep the other language (English) away, this slipped through frequently. This cannot be reduced to a individual item effect of frequency, because quite often the intended word in Dutch was used in the same conversation. This means that the interference and switching is not the result of the frequency effects of individual items, but from the inability to suppress elements from that other language as a set. Finally, recent analyses of data on triggering, the tendency of code-switchers to switch to the other language when they encounter a word that is highly similar in the two languages can be interpreted as evidence against Laheij 's views. BR0ERSMAIDE BOT (in prep.) looked at two corpora of code-switching data to test CLYNE's original trigger hypothesis and concluded that the word following a triggerword is likely to be switched more often as compared to non-triggerwords. The mechanisms they propose are based on feedback at the phonological level and the role of a language node that informs the language production system of the language subsets to be activated at various levels. The central question most of the research on bilingual processing is concerned with is language-specific versus non-specific access. In other words, when we are confronted with a word, e.g. in a lexical decision task, do we first access the lexicon from one language and then the next, or is there a parallel search through all languages, words not being organized primarily through language, but e.g. through frequency. In the past the language selective position was favored (GERARD/ SCARB0R0UGH 1989, MACNAMARAI KUSHNIR 1971), but in the last two decades research has accumulated to support the nonselective view. A number of experimental paradigms have been used to study this question, including the use of neighborhood effects (V AN HEUVEN/ DIJKSTRAIGRAINGER 1998), the processing of interlingual homographs (DDKSTRAIGRAINGER/ V AN HEUVEN 1999) , withinand between-language semantic priming and repetition tasks (WOUTER- SEN 1997) and eye-tracking studies (MARIAN/ SPIVEYIHIRSCH 2002). With respect to language production, much less is done. In a series of experiments by Hermans (HERMANS [et al.] 1998) using a complicated picture word interference task in which the task is to name a picture while at different SAOs (Stimulus Onset Asynchrony, the time lapse between the presentation of the prime word and the the target word or picture), words with similar meaning of similar form characteristics are presented on the screen, he showed that also for production non-selective access is the better solution, although CosTAICARAMAZZA (1999) present data which they interpret as support for a more selective access procedure. Overall, the evidence in support of the non-selective access hypothesis is substantial, and much stronger than for the selective access hypothesis. The LAHED (2003) proposal even takes this a step further by assuming that there is no language-based organization of the multilingual lexicon and therefore language does not have a special pre-selecting function as a cue in access. JFILIJIL 32 (2003) 102 Kees de Bot 7. Conclusion In this article a model for multilingual processing is presented based on the monolingual model developed by LEVELT and his colleagues. lt is argued that there is no need to make substantial changes in the monolingual model to make it work for multiple languages too. The use of more than one language appears to have an impact on processing on all levels, including the conceptual level, which in earlier proposals was taken to function languageindependently. A special role is played by the language node, a monitoring device that not only seems to check errors in output, but is also likely to play a role in activating language-specific information on different levels of the process. Finally, discussions on lexical access now seem to favor language non-specific access, and there are even proposals that state that there is no need to postulate a prestructuring of the lexicon according to language, because the information in the preverbal message is detailed enough to select the one candidate aimed at. The model described here is clearly a steady state model and not an acquisition model. For the future, we need to develop such models further and include an acquisitional device in it. References ANDERSON, John R. (1983): The architecture of cognition. Cambridge, MA: Harvard University Press. BACKDS, Ad (1992): Patterns of language mixing: a study of Turkish-Dutch bilingualism. Wiesbaden: Harrassowitz. BROERSMA, Mirjam/ DE BOT, Kees (in prep.): An Alternative for the triggering hypothesis. CLYNE, Michael (1987): "Constraints on code switching: how universal are they? " In: Linguistics 25, 739-764. 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This article discusses the different components of the monitoring device and their respective capabilities, the outerloop reception-based component, the inner-loop reception-based component, and the production-based component. In contrast to the two reception-based components, the production-based one operates in an automatic way, i.e. errors are not processed consciously. In order to learn from L2 errors detected by this component, additional attention is needed in order to start conscious error processing. Attention, however, will bind production resources and the production output will therefore be less elaborated. 1. Einleitung Im Beitrag von Kees DE BOT (in diesem Band [92-104]) wird ein Sprachverarbeitungsmodell vorgestellt, das auf dem Sprachproduktionsmodell von LEVELT (1989; vgl. auch LEVELTIROELOFSIMEYER 1999) aufbaut und das über mehrere Sprachen verfügt, um Intendiertes sprachlich auszudrücken bzw. um sprachliche Äußerungen (in jeder dieser Sprachen) zu verstehen. Dabei wurde davon ausgegangen, daß eine dieser Sprachen als Erst- oder Muttersprache dient. Im vorliegenden Beitrag sollen die Monitorkomponenten vorgestellt werden, die für dieses postulierte Sprachverarbeitungsmodell angenommen werden können, um dann deren Auswirkungen auf eine mündliche Produktion in der Zweitsprache zu diskutieren. LEVELT (1983, 1989; LEVELT [et al.] 1999) geht davon aus, daß das Monitoring mit den Komponenten durchgeführt wird, die auch für die Sprachrezeption verantwortlich sind und mit denen Fehlleistungen anderer Sprecher bemerkt werden. Bei diesem „Rezeptionsmonitor" kann zwischen einer „inneren" und einer „äußeren" Schleife unterschieden werden. Die äußere Schleife nutzt die über das Ohr wahrgenommene eigene Artikulation als Eingabe; die innere Schleife arbeitet mit der so genannten „inneren Sprache" ("inner speech"), der präartikulatorischen Repräsentation des zu Äußernden. Im Gegensatz zu den von Levelt selbst vertretenen Annahmen zum Monitoring wird hier Korrespondenzadresse: PD Dr. Ulrich SCHADE, wiss. Mitarbeiter, Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften e.V., Neuenahrer Straße 20, 53343 W ACHTBERG-WERTHHOVEN. E-mail: schade@fgan.de Arbeitsbereiche: Sprachproduktion, Lokal-konnektionistische Modelle, Ontologien . .. Für wertvolle Hinweise und Kommentare zu vorhergehenden Fassungen dieses Beitrags danke ich Thomas BERG, Sabine BEYER, Kees DE BOT, Judit KORMOS und lmke RUST. lFLl.llL 32 (2003) Monitoring-Prozesse und ihre Rolle für die fremdsprachliche Produktion 105 innerhalb der an LEVELT (1989) orientierten Architektur eines Sprachverarbeitungsmodells mit Zweitsprachkompetenz (DE BOT 1992) zusätzlich die Existenz eines Produktionsmonitors angenommen, der unabhängig von Rezeptionsprozessen arbeitet. Ein solcher Monitor wird postuliert etwa von SCHLENCKIHUBERIWILLMES (1987), von MACKAY (1992), von SCHADE/ LAUBENSTEIN (1993) sowie von NICKELS/ HOWARD (1995), wobei aber die Arbeitsanteile, die die einzelnen Autoren den jeweiligen Monitorkomponenten zuschreiben, voneinander abweichen. In dem vorliegenden Beitrag soll bei der Darstellung dieser Arbeitsteilung weitgehend auf PoSTMA (2000) verwiesen werden, der eine umfassende Übersicht über die derzeit diskutierten Monitorfunktionen und -komponenten bietet und diese ebenfalls in das LEVELT'sche Verarbeitungsmodell einordnet (ibd., Abb. 1). Auf der Basis seiner Analyse von Monitorkomponenten hält Postma ebenfalls ein Zusammenspiel von zwei Rezeptionskomponenten und einer Produktionskomponente beim Monitoring für wahrscheinlich. Es sei der Vollständigkeit halber noch erwähnt, daß die Verortung der Monitorkomponenten in dem Bezugmodell von Levelt eine repräsentationale Trennung der Produktionsvon den Rezeptionsprozessen bedingt, die nicht von allen Autoren (etwa nicht von MACKAY 1987, 1992) geteilt wird. Im folgenden wird zunächst der produktionsinterne Monitor behandelt. Danach werden die Komponenten erläutert, die die Produktion unter Zuhilfenahme von Teilprozessen der Sprachrezeption überwachen. Bei der Diskussion der unterschiedlichen Komponenten ist stets zu beachten, ob ein durch die jeweilige Komponente erkannter Fehler analysiert wird, ob also das „Korrekte" dem Fehler zum Vergleich gegenübergestellt und mit ihm verglichen wird, oder ob lediglich ein Verdacht auf einen Fehler konstatiert wird, ohne daß eine Analyse stattfindet. In jenem Fall arbeitet der Monitor als Editor und "conscious" (POSTMA 2000: 114), in diesem Fall als einfacher Monitor ("automatic, reflex-like" [ibd.]). "Monitor" wird in diesem Kapitel also als Oberbegriff aufgefaßt, der sowohl Editoren, die den Fehler analysieren, als auch die automatisch arbeitenden Komponenten umfaßt, die ohne eine Fehleranalyse operieren. Der Unterschied bezüglich der Fehleranalyse beeinflußt den Effekt, den ein Monitoralarm auf die nachfolgende Form der sprachlichen Äußerung hat, was sich insbesondere bei einem Reparaturversuch zeigt. Der Zusammenhang zwischen den Monitorprozessen und den Reparaturversuchen ist besonders prägnant bei fremdsprachlichen Produktionen. Entsprechend wird auf diese Effekte im Anschluß an die Darstellung der unterschiedlichen Monitorkomponenten ausführlich eingegangen. 2. Die produktionsinterne Monitorkomponente Es ist anzunehmen, daß der kognitive Prozeß der Sprachproduktion über eine Komponente verfügt, die Monitorfunktionen ausübt, ohne daß Leistungen der Rezeption beansprucht werden. Ein wichtiges Indiz zugunsten dieser Annahme ergibt sich aus Patientendaten, mit denen SCHLENCK [et al.] ( 1987) sowie NICKELS/ HOWARD (1995) belegen, daß bei einer Aphasie Fähigkeiten der Sprachrezeption und Monitorfähigkeiten unabhängig lFlLl\lL 32 (2003) 106 Ulrich Schade voneinander gestört sein können "doppelte Dissoziation", SHALLICE 1988: 234 ff). POSTMA (2000) postuliert, daß ein solcher „Produktionsmonitor" automatisiert abläuft und damit sehr schnell auf mögliche Fehler reagieren kann. Die Arbeitsweise eines solchen automatisierten Monitors kann man sich wie folgt vorstellen: Bei jeder Selektion im Produktionsprozeß überprüft der Monitor, ob das selektierte Element zur intendierten Produktion passen könnte. MACKAY (1992) geht im Rahmen seiner "Node Structure Theory" (MACKAY 1987) davon aus, daß der Monitor über positives Feedback erkennen kann, wenn selektierte Einheiten eine ungewöhnliche und neuartige Sequenz bilden. Dies kann als Indiz dafür angesehen werden, daß eine der Selektionen fehlerhaft war. In einer "spreading activation"-Modellierung des Produktionsprozesses nach McCLELLAND/ RUMELHART (1981), wie sie den Ansätzen von DELL (1986) und STEMBERGER (1985), aber auch WEAVER++ (ROELOFS 1997) zugrunde liegt, kann kontrolliert werden, ob der Knoten, der das ausgewählte Element repräsentiert, mit dem Knoten verbunden ist, der das zur Produktion anstehende Element aus der nächst höheren Ebene repräsentiert (SCHADE/ LAUBENSTEIN 1993). Bei einer Phonemselektion wird also beispielsweise überprüft, ob das selektierte Phonem ein Phonem des zu produzierenden Wortes ist. Dieses Prinzip eines produktionsintemen Monitors wird tatsächlich auch in der von LEVELTIROELOFS/ MEYER (1999) vorgestellten Weiterentwicklung des Levelt-Modells (LEVELT 1989) genutzt allerdings nicht unter dem Label „Monitoring": Bei jeder Selektion erfolgt ein so genanntes "binding by checking" (ibd.: 6 f), welches die Korrektheit der aktuellen Selektion gewährleistet. Der entscheidende Punkt beim produktionsinternen Monitoring ist, daß im „Fehlerfall", also im Fall einer Abweichung von der Norm, die der Sprecher selbst auch als solche einschätzen würde, keine Analyse des Fehlers erfolgt. Dieser Monitor ist kein Editor. Schlägt der Produktionsmonitor Alarm, so erfolgt automatisch ein Abbruch der Produktion, die dann ohne Fehleranalyse an einem früheren Punkt wieder einsetzt. Dieser Punkt ergibt sich aus den Sequentialisierungsmechanismen, die dem Produktionsprozeß zugrunde liegen. Die während einer Produktion genutzten linguistischen Repräsentationen werden in immer kleinere Einheiten gebrochen, die dann in der korrekten Reihenfolge zu realisieren sind. Bei der Realisierung einer Phrase, mit der ein Satzglied verbalisiert wird, müssen etwa Wörter in der korrekten Reihenfolge produziert werden; bei der Wortproduktion sind Phoneme zu realisieren, die natürlich auch in der richtigen Reihenfolge auszuwählen sind. Der Wiedereinsatz der Produktion nach dem Abbruch durch den Produktionsmonitor erfolgt am Beginn der jeweils zu realisierenden Einheit. Wird also etwa während einer Phonemselektion beispielsweise aufgrund der dabei vorliegenden Aktivierungsverteilung die Möglichkeit einer Fehlselektion konstatiert, so wird die Unstimmigkeit als Phonemfehler behandelt. Die Produktion beginnt erneut am Anfang des aktuellen Wortes. Ergibt sich dagegen der Abbruch aufgrund einer Unstimmigkeit bei der Wortauswahl, erfolgt der Neueinsatz mit dem Beginn der aktuell zu realisierenden Phrase (MACKAY 1992, SCHADE/ LAUBENSTEIN 1993); die Unstimmigkeit wird also als Wortfehler behandelt. Auf diese Weise entstehen Reparaturmuster, die der Levelt'schen Wohlgeformtheitsbedingung für Reparaturen (LEVELT 1983, 1989) entsprechen (Beispiel: "Auf Sizilien haben wir den Vesuvähh Quatsch den Ätna besichtigt"), lFLILIIL 32 (2003) Monitoring-Prozesse und ihre Rolle für die fremdsprachliche Produktion 107 ohne daß eine Analyse des Fehlers durchgeführt wird. Die Reparatur gelingt einem Normalsprecher in aller Regel trotzdem, weil Normalsprecher nur selten Fehler machen (GARNHAMISHILLOCKIBROWN/ MILL/ CUTLER 1981). Die Wahrscheinlichkeit ist also gering, daß nach einem „Re-Start" erneut ein Fehler produziert wird (KOLK 1995: 299 f). Aus dieser Überlegung ergibt sich eine weitere Evidenz für die Existenz eines automatisierten produktionsinternen Monitors: Ist der Produktionsprozeß etwa durch das Vorliegen aphasischer Schädigungen beeinträchtigt, so daß Fehler sehr viel häufiger als bei Sprachgesunden auftreten, so sollten die hier skizzierten Arbeitsmechanismen des Produktionsmonitors zu einer Sequenz von Fehlern führen, weil dann die Wahrscheinlichkeit, nach einem Re-Start erneut einen Fehler zu produzieren, ungleich höher ist als bei unbeeinträchtigten Produktionsmodulen. Tatsächlich sind solche Sequenzen insbesondere bei Patienten rnit Broca-Aphasie (HUBERIPOECKIWENIGER 1997) zu beobachten (JOANETTE/ KELLER/ ROCH LECOURS 1980, KOLK 1995), denn Broca-Aphasiker leiden einerseits unter einer gestörten Produktion, verfügen aber andererseits über ein gutes Fehlerbewußtsein (erhaltene Monitorfunktionen). Eine weitere Evidenz liefert die Untersuchung so genannter "blends", auch „Überblendungen" bzw. "Kontaminationen" genannt. Unter diesen Bezeichnungen werden Versprecher klassifiziert, bei denen zwei sprachliche Einheiten, die beide das zu Formulierende adäquat ausdrücken, zu einer Mischform verschmolzen werden. Beispiele hierfür sind: ( 1) beinahe / fast ---> bast (2) Gegensatz/ Widerspruch ---> Gegenspruch (3) Das ist des Pudels Kern/ Das ist der langen Rede kurzer Sinn ---> Das ist des langen Pudels kurzer Kern. Überblendungen werden signifikant seltener repariert als andere Versprecher (BERG 1992, MACKAY 1992). Nimmt man einen produktionsinternen Monitor an, kann dies dadurch erklärt werden, daß dieser Monitorkomponente das Erkennen von Überblendungen besondere Probleme bereitet: Bei jeder Selektion paßt die ausgewählte Einheit zu einem der beiden übergeordneten Elemente. Sind beispielsweise die beiden Wortformen zu „fast" und „beinahe" aktiv und wird „hast" produziert, so paßt das ausgewählte / b/ zu dem aktivierten „beinahe" und die danach ausgewählten Phoneme zu dem ebenfalls aktivierten „fast". Insgesamt können damit die Selektionen von dem automatisch ablaufenden Produktionsmonitor als adäquat eingeschätzt werden, und die Monitorkomponente bemerkt keinen Fehler, initiiert keinen Abbruch und leitet keinen Reparaturversuch ein. Interessanterweise berichtet SHATTUCK-HUFNAGEL (1979: 33) von einem Überblendungsbeispiel, "pack" / "batch" wird zu "back", bei dem der Sprecher zwar den Fehler bemerkt und einen Reparaturversuch einleitet, dabei aber eine Fehlersequenz der oben diskutierten Art erzeugt, indem er als Reparatur die alternative Überblendung "patch" produziert. IFLllllL 32 (2003) 108 Ulrich Schade 3. Rezeptionsmonitore Wie bereits ausgeführt wurde, ist die Annahme einer Monitorkomponente, die lediglich auf Informationen zugreift, die dem Produktionsprozeß selbst zur Verfügung stehen, umstritten. Weitgehend unstrittig ist jedoch, daß wenigstens zwei Monitorkomponenten existieren eine, .die die bereits geäußerte Sprache ("overt speech") mit den Mitteln des Sprachverstehens überprüft, und eine, die sprachliche Repräsentationen analysiert, bevor diese artikulatorisch verarbeitet werden ("inner speech"). HARTSUIKERIKOLK (2001: 144 f) verdeutlichen die Notwendigkeit, einen internen Monitor anzunehmen, an Beispiel (4), der englischen Übersetzung einer von LEVELT (1983) vorgestellten Fehlerreparatur. (4) "take the v/ horizontal line" Die Analyse dieser Reparatur legt nahe, daß der Sprecher ursprünglich (und fälschlicherweise) hatte "vertical" sagen wollen. Der dann folgende Abbruch kann aufgrund der geringen Zeit, die vergeht und die lediglich zur Realisierung von / v/ ausreicht (HARTSUI- KERIKOLK gehen von 70ms aus), nicht einem äußeren Monitoring zugeschrieben werden, was zwingend zur Annahme einer zusätzlichen inneren Monitorkomponente führt. Die bereits diskutierte Komponente eines Produktionsmonitors stellt einen inneren Monitor dar. Allerdings gehen einige Autoren davon aus, daß auch ein inneres Monitoring auf Funktionen der Rezeption zurückgreift, wie dies LEVELT (1989) vorgeschlagen hat. Zu den wesentlichen Charakteristika dieser Levelt'schen Rezeptionsmonitorkomponenten gehört, daß sie die Produktionsresultate über die gesamte Sprachwahrnehmungsroute analysieren und sie erst im Konzeptualisator auswerten und mit der intendierten Produktion abgleichen. Auch diese Komponenten laufen wie die schon angesprochene produktionsinterne Komponente bei der Produktion stets mit, sie operieren aber nicht reflexhaft, sondern unter der „bewußten" Kontrolle der zentralen Exekutive. Diese Monitore sind also Editoren und erlauben eine Analyse des Fehlers; dadurch sind sie vergleichsweise langsam (vgl. POSTMA 2000: Tabelle 3). Geht man von zwei Rezeptionskomponenten des Monitorings aus, stellt sich die Frage der Arbeitsteilung zwischen diesen Komponenten; eine Frage, die noch wichtiger wird, wenn man annimmt, daß neben der „äußeren" und der „inneren" Rezeptionskomponente auch ein Produktionsmonitor existiert. HARTSUIKER [et al.] (im Druck) diskutieren die Frage der Arbeitsteilung, wobei sie lediglich von den beiden Rezeptionsmonitoren ausgehen. Ihre Ergebnisse sind aber auch unter der Annahme eines zusätzlichen Produktionsmonitors relevant. Die Autoren nutzen für ihre Diskussion Ergebnisse aus Untersuchungen, bei denen die äußere Rezeptionskomponente keinen Beitrag zum Monitoring leisten konnte, weil die Versuchspersonen ihre Produktionsresultate nicht hören konnten, da diese beispielsweise durch äußeren Lärm überdeckt waren (POSTMA! NOORDANUS 1996). Entsprechend lassen sich Fehlererkennungsraten unter beiden Bedingungen (mit und ohne Mitwirkung der äußeren Rezeptionskomponente beim Monitoring) vergleichen und auswerten. HARTSUIKER [et al.] (im Druck) kommen so zu dem Ergebnis, daß die innere und die äußere Monitor- IFILlllL 32 (2003) Monitoring-Prozesse und ihre Rolle für die fremdsprachliche Produktion 109 komponente nicht mit gleicher Effizienz arbeiten. Dies wäre eine naheliegende Annahme, wenn man davon ausgeht, daß das innere Monitoring ausschließlich über die Rezeptionskomponente abgewickelt wird, da dann der äußere und der innere Monitor mit denselben Ressourcen operierten. Geht man aber davon aus, daß das innere Monitoring sowohl eine Produktionsals auch eine Rezeptionskomponente hat, sollte das innere Monitoring dem äußeren, welches notwendigerweise lediglich über die Rezeption arbeitet, überlegen sein. Das Ergebnis von HARTSUIKER [et al.] (im Druck) ist allerdings differenzierter: Wortfehler werden nahezu immer von einer inneren Monitorkomponente angezeigt, wohingegen Phonemfehler nur wenig häufiger von dem inneren Monitoring als von dem äußeren angezeigt werden. Insgesamt arbeitet also das innere Monitoring effizienter als das äußere Monitoring; es gibt aber eine zusätzliche Abhängigkeit von der Größe des zu entdeckenden Fehlers. Im folgenden sollen die angenommen Monitorkomponenten unter dem Gesichtspunkt ihrer Rolle für Produktionen in der Zweitsprache diskutiert werden. 4. Monitoring während der zweitsprachlichen Produktion In bezug auf die hier zu diskutierende Produktion in einer Zweitsprache soll im folgenden ausgeführt werden, daß die rezeptionsbasierten Monitorkomponenten für die Verbesserung der für die zweitsprachliche Produktion notwendigen Fähigkeiten eine wichtige Rolle spielen, wohingegen der produktionsinteme Monitor häufig lediglich produktionshemmend wirkt. Aus einer allgemeinen Sicht heraus, bei der nicht zwischen den Komponenten unterschieden wird, ist feststellbar, daß bei Produktionen in einer Zweitsprache mehr Abbrüche und Reparaturversuche durchgeführt werden als bei Produktionen in der Erstsprache, wobei die Anzahl der Abbrüche und der Reparaturversuche mit zunehmender Kompetenz in der Zweitsprache wieder abnimmt (VAN REST 1996). Dies ist keineswegs eine triviale Aussage. Monitorkomponenten, die als Editoren arbeiten und Fehler analysieren, können nur dann Fehler anzeigen, wenn diese als von der Norm abweichend erkannt werden, was wiederum Kompetenz voraussetzt. Insofern kann für Editoren nicht gelten, daß sie lediglich aufgrund der Tatsache, daß ein weniger kompetenter Sprecher objektiv mehr Fehler macht, auch mehr Fehler entdecken und entsprechend mehr Abbrüche und Reparaturversuche initiieren. Die höhere Anzahl der Abbrüche und Reparaturversuche bei geringerer Kompetenz kann jedoch der Arbeit der produktionsintemen Monitorkomponente zugeschrieben werden. 5. Die Arbeit des Produktionsmonitors bei Produktionen in der Zweitsprache Der Produktionsmonitor läuft bei jeglicher sprachlicher Produktion automatisch mit und greift reflexhaft in die Produktion ein. Bei der Produktion in einer Zweitsprache ergeben sich dabei einige Besonderheiten. Insbesondere bei geringer Zweitsprachkompetenz lFILlllL 32 (2003) 110 Ulrich Schade werden die Lemmata der Zweitsprache weniger eindeutig aktiviert (Unsicherheit über das angemessene Lemma). Darüber hinaus „strahlt" die Erstsprache in die Zweitsprache „hinein": Das angemessene Lemma der Erstsprache ist nach dem hier angenommenen Modell ein weiterer Konkurrent bei der Lemmaselektion (HERMANSIBONGAERTS/ DE BOT/ SCHREUDER 1998; vgl. auch VANHEUVEN/ DDKSTRA/ GRAINGER 1998 für die entsprechenden Annahmen in bezug auf die Sprachrezeption). Das passende Erstsprachlemma verringert und verzögert die Aktivierung des gesuchten Zweitsprachlemmas. Ein automatisch arbeitender produktionsinterner Monitor, der bei der Selektion des Lemmas lediglich Aktivierungsverteilungen auswertet (aber keine Fehleranalyse betreibt), initiiert entsprechend bei verringerter oder bei verzögerter Aktivierung einen Abbruch und einen Reparaturversuch, obwohl die Lemmaselektion durchaus adäquat war. Die Überlegungen zu der Überprüfung von Lemmaselektionen gelten im Prinzip auch für andere Bereiche, bei denen der Formulator Einheiten für die Produktion auswählt, also für die Selektion von syntaktischen und morpho-phonologischen Einheiten. Dabei ist allerdings das Verhältnis der Zweitsprache zu der Erstsprache zu beachten. Ist etwa in der Zweitsprache ein Wort zu äußern, wobei die phonologische Enkodierung des Wortes auf Phoneme und prosodische Merkmale zurückgreift, wie sie auch in der Erstsprache angewendet würden, so arbeitet der produktionsinterne Monitor „normal". Es ergeben sich keine vermehrten Abbrüche und Reparaturversuche. Greift dagegen die Produktion in der Zweitsprache auf in der Erstsprache nicht vorhandene Repräsentationen oder gar auf Mittel zurück, .deren Nutzung den Prinzipien der Erstsprache widersprechen, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für das Eingreifen des Monitors und damit für Abbrüche und resultierende Reparaturversuche. Ein besonderer Problemfall bei der Zweitsprache „Deutsch" ist die korrekte Verwendung von Artikeln durch Personen, deren Erstsprache keine Artikel kennt. Für diese'Personen ergibt sich nicht nur die Frage, ob an einer spezifischen Stelle ein Artikel einzufügen ist, sondern insbesondere auch die Frage nach der Form des jeweiligen Artikels, da dieser in Kasus, Numerus und Genus mit seinem zugehörigen Nomen übereinstimmen muß. Beispiel (5) zeigt eine Reparatur im Lemmabereich, wobei der zunächst gewählte lexikalische Eintrag (Leute) durch den in dem gegebenen Kontext nahezu synonymen Eintrag (Menschen) ersetzt wird. Beispiel (6) ist eine Reparatursequenz, die die Problematik des Artikelgebrauchs illustriert. Problematisch ist die Wahl der korrekten Form des Artikels (in Bezug auf Kasus und Genus). Beide Beispiele stammen aus den von BÄREN~ FÄNGER (in diesem Band [50--68]) vorgestellten Daten. Die Sprecherin (VP 379) beherrscht als Erstsprache das Chinesische. In beiden Fällen ergibt sich der Monitoreingriff und damit der Abbruch der Produktion aus der Konkurrenzsituation, in (5) zwischen den synonymen Lemmata und in (6) zwischen den Formen des definiten Artikels. Beispiel (7) zeigt zum Vergleich die Äußerung einer Broca-Aphasikerin. Auch diese Äußerung ist durch Probleme bei der Auswahl der Artikelform (in Bezug auf Genus) geprägt. (5) "oder mehr leu/ menschen" (379, 104) (6) "fragte die an/ der andere/ den andere äh Bär" (379, 121) (7) "das die der Opa trinkt gerade Tasse Tee" (SCHADE/ HIELSCHER 1998: 104) lFLlllL 32 (2003) Monitoring-Prozesse und ihre Rolle für die fremdsprachliche Produktion 111 Der Vergleich mit dem Reparaturverhalten bei Broca-Aphasie ist deshalb bedeutsam, weil er auf die besondere Problematik des automatischen Produktionsmonitoring beim Produzieren in der Zweitsprache hinweist. Ebenso wie im Fall einer Broca-Aphasie ist bei einem Abbruch, den der Produktionsmonitor bei einer Produktion in der Zweitsprache initiiert, die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß bei dem anschließenden Reparaturversuch der Monitor erneut ein Problem konstatiert. Ebenso wie im Fall einer Broca- Aphasie kann es also bei Produktionen in der Zweitsprache zu Sequenzen von Reparaturen kommen, die letztlich der kommunikativen Absicht der Sprecherin entgegenwirken. Auch für diese Reparatursequenzen kann (6) als Beispiel herangezogen werden. Aufgrund der inhärenten Automatizität führt die Arbeit des Produktionsmonitors bei der Produktion in einer Zweitsprache häufig zu unnötigen und der Kommunikationsintention widersprechenden Abbrüchen und Reparaturversuchen. Eine Analyse des Produktionsresultats, die in einer Verbesserung der Zweitsprachkompetenz resultieren kann, erfolgt über die Rezeptionsmonitore. Im folgenden wird erläutert, wie und unter welchen Bedingungen diese Kompetenzzunahme erfolgen kann. Unter der Aufwendung von Aufmerksamkeit kann dabei auch eine Kopplung der Monitorkomponenten erfolgen. Die Analysefunktion des Rezeptionsmonitorings kann bei einer solchen Kopplung auch durch den Alarm des Produktionsmonitors angestoßen werden, und in diesem Fall kann die Arbeit der Produktionsmonitorkomponente auch zu einem „produktiven" Effekt führen. 6. Die Arbeit der Rezeptionsmonitore bei Produktionen in der Zweitsprache Das Charakteristische an Rezeptionsmonitoren ist die Fähigkeit, Fehler zu analysieren. Diese Analyse erfolgt im Gegensatz zu den reflexhaften Reaktionen, die der Produktionsmonitor hervorruft, bewußt. Obwohl es in vielen Fällen von Reparaturen unklar bleibt, welche Monitorkomponente den Fehler entdeckt, die Äußerung unterbrochen und den Reparaturversuch initiiert hat, gibt es Fälle, in denen die Sprecherin das Gesagte sprachlich kommentiert. In diesen Fällen kann eine bewußte Beschäftigung mit dem Problem konstatiert werden. Diese Fälle zeigen somit die Arbeit der Rezeptionsmonitore. Eine entsprechende Äußerung der schon bekannten Sprecherin „379" (vgl. die Beispiele (5) und (6)) ist Beispiel (8). (8) S: "und&eh eh: " [Pause] "an oder auf: " [Pause: lacht] "ich weiß nicht" H: "hm" S: "eh auf dem Baum" (379, 43-47) In Beispiel (8) bemerkt die Sprecherin, bevor das Problem sprachlich manifest wird, daß sie nicht weiß, ob sie die Präposition „an" oder die Präposition „auf' zu wählen hat. Dieses Problem ist ihr bewußt, was sie auch kommentiert "ich weiß nicht"). Entsprechend kann das Problem weder vom Produktionsmonitor noch vom äußeren Rezeptionsmonitor bemerkt worden sein. lFLwL 32 (2003) 112 Ulri'th Schade Die Verbalisierung der beiden Lösungsmöglichkeiten "an oder auf') sowie der Kommentar der Sprecherin "ich weiß nicht") können zusamnien als eine Aufforderung an die Hörerin verstanden werden, das Problem zu lösen. Eventuell wird von der Sprecherin das „hm" der Hörerin als Hinweis darauf verstanden, daß die zweite der Möglichkeiten die korrekte ist. Dadurch sieht sich die Sprecherin in der Lage, die Reparatur "eh auf dem Baum") selbst durchzuführen. Insgesamt ist durch die Reaktion der Hörerin der Fall einer selbst eingeleiteten Fremdreparatur (SCHEGL0FF/ JEFFERS0N/ SACKS 1977) eingetreten, wobei die Sprecherin aber die eigentliche Reparatur selbst sprachlich „ausarbeitet". Die Situation von Beispiel (8) beinhaltet alle Aspekte, die in ihrer Gesamtheit ein „Lernen durch Handeln" auch bei Fehlern ermöglichen. Im Gegensatz zu korrektem Handeln, in diesem Fall in Form von Sprechen, bei dem automatisch eine Bestärkung erfolgt, muß bei fehlerhaften Produktionen das Problem dem Sprechenden selbst bewußt sein. Es ist notwendig, daß das Problem auch subjektiv vorliegt (OHLSS0N 1996). Anderenfalls würde die Produktion als korrekt eingeschätzt und damit zu einer automatischen Verstärkung des Falschen führen. In (8) ist der Sprecherin bewußt, daß es ein Problem gibt "ich weiß nicht"); das Problem ist subjektiv vorhanden. Zwar fehlt der Sprecherin das spezifische Wissen, auf welche Weise das Problem gelöst werden sollte; doch dieses Wissen stellt die Hörerin zur Verfügung. Die Reparatur wird so möglich, und die Durchführung der Reparatur transformiert das von der Hörerin zur Verfügung gestellte deklarative Wissen in dessen praktische Ausführung. Das Anfordern des spezifischen Wissens über die jeweils korrekte Form von einem kompetenten Gesprächspartner im Fall von subjektiv erkannten Problemen ist ein häufig gewähltes Verfahren, mit dem die Chance verbessert wird, aus bemerkten Problemfällen zu lernen. Die Beispiele (9) und (10) von einem Sprecher mit den Muttersprachen Arabisch und Berberisch (vgl. BÄRENFÄNGER in diesem Band [50-68] [VP 302]) sollen dieses Prinzip nochmals illustrieren. (9) S: "auf dem Baum e: &e" [W] [Pause: Hintergrundgeräusche] "sitzen sich&e: drei: / " [Pause] "sitzen drei&e männer" [Pause: Hintergrundgeräusch] H: "hmhm" (302, 18-24) (10) S: "und&e: " [Pause] "wie heißt" [Pause: lacht] "diese" [Pause] "lanz" [Pause: Hintergrundgeräusche] "e&diese waffe" [Pause] H: "hmhm" S: "primitive&wa/ eine primitv" [Pause: atmet ein] "waffe" H: "ja: " (302, 47-61) In (9) korrigiert sich der Sprecher "sitzen sich drei [Männer]"__. "sitzen drei Männer"), und die Hörerin bestätigt die Richtigkeit der Korrektur, so daß die korrigierte Form verstärkt wird. In (10) verbalisiert der Sprecher sein Problem und fordert damit die Hörerin auf, eine Fremdreparatur vorzunehmen "wie heißt diese Lanz[e]"). Die Hörerin führt jedoch keine Fremdreparatur aus, bestätigt aber wiederum beide Selbstreparaturversuche "Waffe" bzw. "primitive Waffe"). Die bewußte Analyse eines durch das Rezeptionsmonitoring entdeckten Fehlers sowie die korrekte Ausführung in einem Reparaturversuch, wenn möglich lizensiert durch einen lFLlllL 32 (2003) Monitoring-Prozesse und ihre Rolle fü,r die fremdsprachliche Produktion 113 als kooperativ und als kompetenter eingeschätzten Hörer, ermöglicht ein Lernen durch Handeln auch bei Fehlleistungen und somit einen Kompetenzzuwachs. Erfolgt die Fehlererkennung durch den Produktionsmonitor, kann dieses Lernen nur dann erreicht werden, wenn die Fehlerbehandlung „abgegeben" wird und so erfolgt, als sei der Fehler durch einen der Rezeptionsmonitore festgestellt worden. Anderenfalls erfolgt die schon angesprochene reflexhafte Fehlerbearbeitung, die aus einem Abbruch und einem Neustart besteht und die bei Zweitsprachproduktionen eine Sequenz von vergeblichen Reparaturversuchen nach sich ziehen kann. Die Abgabe der Fehlerbehandlung bedarf einer Kopplung der Komponenten. Diese erfordert den Einsatz von Aufmerksamkeit ("attention"). LEVELT (1989, Kap. 12) betont, daß letztlich alle präartikulatorischen Teilprozesse mit Aufmerksamkeit begleitet werden können, auch wenn sie im Normalfall automatisch ablaufen. Entsprechendes betonen HERRMANN/ GRAB0WSKI (1994), indem sie ausführen, daß die „zentrale Exekutive" in die Arbeit der untergeordneten Module eingreifen kann. Unterliegen die Produktionsprozesse dieser Aufmerksamkeit, kann auch bei einer Fehlererkennung durch die produktionsinterne Monitorkomponente die analytische Fehlerbehandlung aktiviert werden. Der Fehler wird damit bewußt (subjektiviert), und ein Lernprozeß kann einsetzen. Die Bereitstellung der Aufmerksamkeit für die im Normalfall reflexhaft ablaufenden Prozesse hat allerdings auch ihren Preis. Die aufgewendete Aufmerksamkeit steht nicht mehr den Konzeptualisierungsprozessen zur Verfügung, die damit in ihrem Leistungsvermögen eingeschränkt sind (vgl. hierzu KoRM0S 1999). K0RM0S (in diesem Band [116-132]) illustriert den Abzug der Aufmerksamkeit von der Behandlung pragmatischer Probleme (während der Konzeptualisierung) zur Behandlung grammatischer Probleme (während der syntaktischen Enkodierung) durch eine Fallstudie. 7. Fazit Die Bedeutung des Monitorings für die Zweitsprachproduktion besteht in erster Linie darin, daß objektiv auftretende Produktionsfehler bewußt erkannt und damit auch subjektiv als Fehler eingeschätzt werden. Nur unter dieser Vorbedingung ist ein Lernen durch (sprachliches) Handeln auch bei fehlerhaftem Handeln möglich (OHLSSON 1996). Das Erkennen der Fehlleistung ist auch nach SWAIN (1985) Grundvoraussetzung für das sprachliche Lernen, wobei dieser aber weniger auf die Fehler aufzeigende Funktion des Monitors setzt als auf sprachliches Lernen in sinnvollen Kontexten: Der Fehler zeigt sich dabei für den Lernenden durch das Scheitern der Sprechintention. Die Funktion des Monitorings wird bei der Sprachproduktion durch unterschiedliche Komponenten wahrgenollllllen, die sich in ihren Funktionen ergänzen. POSTMA (2000) folgend wurde hier eine reflexhaft arbeitende produktionsinterne Komponente angenommen, die die analytisch arbeitenden Komponenten ergänzt. Letztere arbeiten unter Rückgriff auf die Repräsentationen und die Verarbeitungsstrategien der Sprachrezeption. Sie unterscheiden sich dadurch, daß die „innere Schleife" die präartikulatorische und die "äußere Schleife" die ausgesprochene Sprache analysiert. Die analytischen Rezeptionskomponenten ermöglichen die gewünschte Subjektivierung der Fehler und damit das IFLl.llL 32 (2003) 114 Ulrich Schade Lernen und den Kompetenzzugewinn durch das Handeln, also das Sprechen in der Zweitsprache. Die Produktionskomponente dagegen leitet aufgrund ihrer reflexhaften Arbeitsweise lediglich Abbrüche und Reparaturversuche ein, was zu längeren Reparatursequenzen führen kann, die die Kommunikation eher stören und die nicht zur Subjektivierung der Fehler und damit zum Lernen aus Fehlern beitragen. Erst eine Kopplung der Monitorkomponenten unter Aufwendung von Aufmerksamkeit ermöglicht die Übernahme der Behandlung von Fehlern, die die produktionsinterne Komponente angezeigt hat, durch die analytisch arbeitenden Rezeptionskomponenten. Erst unter dem Einsatz von Aufmerksamkeit kann so die Arbeit des Produktionsmonitors auch im Sinne des Zweitspracherwerbs nutzbar gemacht werden. Literatur BERG, Thomas (1992): "Productive and perceptual constraints on speech error correction". In: Psychological Research 54, 133-144. DE BOT, Kees (1992): "A bilingual production model: Levelt's speaking model adapted". In: Applied Linguistics 13, 1-24. 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The results show that the distribution of attention at these two levels of proficiency differs to a considerable extent. The preintermediate learner was found to pay special attention to the application of grammatical mies, whereas the upper-intermediate student's attention was directed at the lexical level. lt is argued that the difference between the learners' self-repair behaviours is due to the differing degree of automaticity of the participants' speech. 1. Introduction lt is almost a common place in applied linguistics that attention plays an essential role in L2 learning. In a recent study, SCHMIDT (2001: 15) claims that "the concept of attention is necessary in order to understand virtually every aspect of second language acquisition". In his overview, he convincingly argues that attention plays a central role in language development, variability, fluency, individual differences andin the effectiveness of instruction. Research evidence shows that conscious attention to input is necessary for learning to take place (SCHMIDT 1990, 1993, 1994). ROBINSON (1995) refined the conditions that are essential for acquisition by asserting that input will become intake if the detection of input is followed by rehearsal in short term memory. VANPATTEN (1990, 1994, 1996; V ANPATTEN/ CADIORNO 1993) conducted a number of experiments in which he examined how attention is divided between form and content in input processing. TARONE (1983) and TARONE/ PARRISH (1988) analyzed the accuracy of L2 speakers' performance in tasks that required varying amount of attention to be paid to linguistic form and meaning. The results of these studies indicated that the availability of attention influences the accuracy of leamers' output. The findings of another related research project showed that the discourse salience of a linguistic form also affects how much attention is paid to its correct production (TARONE 1985). Researchers investigating the production mechanisms involved in task based language learning examined how task characteristics (FOSTER! SKEHAN 1996, SKEHAN/ FOSTER 1996), planning conditions (FOSTERISKEHAN 1996, SKEHAN/ FOSTER 1997) and taskrepetition (BYGATE 1996) affect Korrespondenzadresse: Dr. Judit KORMOS, Ph.D., Eötvös Lorand University, Department of English Applied Linguistics, Ajt6si Dürer sor 19-21, 1146 BUDAPEST, Hungary E-mail: dolgos.l@mail.datanet.hu Areas ofwork: Psycholinguistics, Task-based language learning, Language testing. IFLllllL 32 (2003) Attention and monitoring in a second language. A qualitative analysis 117 whether L2 learners devote more attention to form or to the meaning conveyed. Attention is also related to the concept of second language fluency which SCHMIDT (1992: 358) defined as "automatic procedural skill" (based on CARLSON/ SULLIVAN/ SCHNEIDER 1989) that "does not require much attention or effort". As available attention is affected by working memory capacity, individual differences in this respect (HARR! NGTON/ SA WYER 1992) can influence to what extent L2 learners can attend to new input and their own speech. Attention also plays an important role in explicit L2 instruction, since teachers can direct learners' attention to specific features of the target language. The most important characteristics of attention are that attention is limited and is therefore selective (BROADBENT 1958, KAHNEMAN 1973). Attention can be controlled voluntarily (KAHNEMAN 1973, WICKENS 1989). KAHNEMAN (1973) and WICKENS (1989) claim that the allocation of attention is determined by two forces: conscious decisions based on the demands of the task to be performed and enduring pre-dispositions. WICKENS (1989) argued that performance on concurrent tasks deteriorates if both tasks draw on the same pool of attentional resources (for example maintaining two parallel conversations). Upon processing their speech, L2 learners need to rely on the same verbal resource pool, therefore the various phases of speech production need to compete with each other for attentional resources. TOMLINNILLA (1994) pointed out that attention has three functions, and consequently can be understood as alertness; orientation and detection. They defined alertness as "general readiness to deal with incoming stimuli or data" (1994: 190). Based on the expectations concerning the information to be processed, the orienting function of attention takes care of the allocation of resources. Upon detection, attention is focused on specific units of information. TOMLINNILLA claimed that alertness and orientation are not necessary for detection in L2 learning, whereas SIMARD/ WONG (2001) argued that the three functions of attention cannot be separated. Since my paper is mainly concerned with the detection function of attention, this debate will not be pursued here any further. Tue present paper has two main objectives. First, it provides a summary of previous mainly quantitative and theoretical research on the role of attention in monitoring second language speech. Secondly, it aims to refine our understanding of the attentional mechanisms in L2 self-repair behaviour by means of the qualitative analysis of two Hungarian learners' output and the detailed retrospective comments they made on their performance. The paper starts with a brief overview of earlier research findings concerning the role of attention in L2 monitoring, which is followed by a description of the research methods. Next, a detailed discussion of the transcripts is provided from which conclusions concerning the role of attention in monitoring L2 speech are drawn. 2. Review of previous research on the role of attention in monitoring 12 production The role of attention in speech monitoring has become the focus of interest only recently. Many of the previous studies in this field were only concerned with establishing the lFLlllL 32 (2003) 118 Judit Karmas distribution of various types of self-repairs, and did not attribute much importance to the discussion of the allocation of attention (e.g. FATHMAN 1980, LENNON 1984, VAN REST 1996). Another shortcoming of the research in this field has been that with the exception of a few studies (GREEN/ HECHT 1993; KORMOS 2000; POULISSE 1993, 1999) conclusions concerning the monitoring skills of L2 learners were drawn without the examination of the frequency and the correction rate of errors and their relationship to the frequency of self-repairs. Despite these problematic issues of research methodology, most researchers of L2 production claim that L2 learners pay considerably more attention to lexical appropriacy than to grarnmatical accuracy (e.g. FATHMAN 1980, LENNON 1984, POULISSE 1993, POULISSE/ BONGAERTS 1994, VAN REST 1996). KORMOS (2000), however, found that Rungarian L2 learners paid approximately equal attention to the appropriacy and adequacy of the informational content of their utterance as to linguistic accuracy. Nevertheless she added that the similarity of the proportion of corrected lexical and grammatical inaccuracies did not necessarily mean that her participants' attention was equally divided between monitoring for the lexical appropriacy and the grammatical accuracy of their message. She acknowledged that the lack of observable differences between the correction rate of grammatical and lexical errors might have been caused by the fact that in her study covert repairs were not investigated. The retrospective comments suggested that speakers made conscious decisions concerning the implementation of the repair in L2. lt was pointed out that this decision can be influenced by several factors such as the accuracy demand of the situation, the learner' s perception of how seriously the error impedes successful communication, and to what extent the correction decreases the fluency of the utterance. Tue present study aims to investigate this issue in more detail by means of a qualitative analysis of two transcripts. Investigations concerning L2 self-repairs also revealed that the frequency of repairs concerning the information content of the message varies across different types of tasks (POULISSE 1993, VAN REST 1996). To date, two large-scale research projects exarnined the effect of proficiency on the allocation of attention in monitoring. In line with earlier small scale studies (e.g. O'CONNOR 1988), VAN REST (1996) found that with the development of L2 competence, L2 speaker' s monitor becomes more sensitive to discourse level problems than to lower level structural errors. This finding was also replicated in KoR- MOS (2000). These results suggest that owing to the high level of automaticity of the speech encoding mechanisms of advanced learners, these speakers have additional attention available for monitoring which they use for checking the discourse level aspects of their message. On the basis of the quantitative analysis of the correction rate of lexical and grammatical errors, KORMOS (2000) also found that the amount of attention paid to the linguistic accuracy of the message remained constant in the three proficiency groups (intermediate, upper-intermediate and advanced) she investigated. She explained this finding by claiming that formally instructed foreign language speakers in countries where explicit grammar teaching plays a significant role can allocate their attentional resources and make decisions concerning error corrections in a different way from learners in a second lFLl.lL 32 (2003) Attention and monitoring in a second language. A qualitative analysis 119 language environment and from students instructed with a purely communicative method. The qualitative analysis of a pre-intermediate and an upper-intermediate students' behaviours described in this paper, however, provide a more refined picture about the distribution of attention at these two levels of proficiency. 3. Method 3.1 Participants The participants of this study were two Hungarian learners of English. The pre-intermediate learner called Janos had been studying English for 3 years when the study was completed (names were changed to protect participants' anonyrnity). He worked in the Hungarian armed forces and was participating in a preparation course for an intermediate level state exam in Veszprem (a city located approximately 100 kilometers from Budapest). Learning English was essential for his career in the rnilitary. He was 24 years old at the time ofthe study. He scored 21 points out ofthe 63 in the C-test, which placed him among the pre-intermediate learners. The other participant called Margit was a retraining Russian teacher who participated in a three year TEFL (Teaching English as a Foreign Language) course at Eötvös Lorand University, Budapest. She had been learning English for 8 years at the time ofthe study. She was 35 years old, and she was teaching English in an elementary school, and as a part time job she worked as an assistant for a company. She scored 46 points of the 63 in the C-test, which meant that she was an upper-intermediate speaker. I selected these two participants from my database for several reasons. First of all, they represent two very different types of learners in terms of proficiency, gender and education, and can therefore illustrate two different cases. Secondly, both of them provided detailed metalinguistic comments on their performance, thus the retrospective data I gained from them is very rich. 3.2 Procedures First a C-test, which had been validated by DöRNYEIIKATONA (1992) was adrninistered to the participants to measure their level of proficiency. The C-test contained three texts with 21 gaps each. The participants of the study who scored higher than 54 points out of 63 were classified as advanced speakers. Students with scores between 53 and 41 points were considered upper-intermediate speakers, and learners with scores below 40 points pre-intermediate speakers. Following the adrninistration of the C-test, the participants were interviewed one by one. First, they were asked to act out an approximately 5 rninute long information gap type role-play activity adapted from JONES (1991: 218) with me being the interlocutor. The participants had to assume the role of the manager of a restaurant, who was to answer an enquiry concerning a private room in the restaurant. I played the role of the customer. Instructions and the necessary background information were provided in the JFLIIIL 32 (2003) 120 Judit Kormos native language of the participants. The task was designed in a way that it would reflect real-life interaction. Its aim was to ensure genuine exchange of information, and to elicit the maximum possible amount of speech from the students while keeping my input to the minimum. The task could be divided into four distinct phases. First, the participants were requested to provide information on the conditions of hiring a private room. Next, the participant and me had to reach a compromise, as the customer (played by me) wanted to hire the room for a fewer number of people than specified in the conditions of the restaurant. Thirdly, I asked the participant to recommend some dishes from the menu, and finally, to describe the private room. These two questions were unexpected to the students as no information conceming these topics was provided on the information sheet. This task involved unpredictable interaction and considering new information, which seemed to place heavy cognitive load on the participants. Consequently, it was assumed that participants in the research would focus on meaning rather than on form. The retrospective interview was conducted on the basis of the guidelines set up by ERICSSON/ SIMON (1980, 1993) immediately after the task was performed. The interview was partly controlled as participants were asked to comment on specific aspects of their performance only, but the information they could provide was not predetermined. The recall of relevant information was aided by asking students to verbalize their thoughts upon listening to their speech on a tape recorder. The retrospective report was to a certain degree self initiated because the participants were requested to stop the tape when they found instances ofbreakdowns or self-repairs and comment on them. Nevertheless, I also asked questions if the students failed to reflect upon relevant hesitation phenomena or instances of self-correction. Due to the fact that I did not inform the participants that they would need to comment on their performance before carrying out the task, the request to provide retrospective comments was not supposed to influence task performance. The retrospective interview was carried out in Hungarian, which was the native language of both participants. The performance of the task and the subsequent retrospective interview were both video and audio recorded. The transcriptions of the tasks were done by trained transcribers, and I checked the transcriptions and transcribed the retrospective interviews. 3.3 Analysis First, all instances of overt self-repairs and errors were identified and classified. In this study four major groups of overt self-repairs were distinguished: different-information, appropriacy-, errorand rephrasing-repairs. In the case of different-information (D) repair, the speaker decides to encode different information than he/ she is currently formulating (LEVELT 1983). In the speech ofmy participants two types ofD-repairs were found: message-replacement and inappropriate information repairs. Message-replacement takes place if the speaker abandons the originally intended message due to lack of linguistic resources and replaces it with a different one. In the case of inappropriate information repairs, the speaker repairs the message because its information content is faulty (LEVELT 1983). IFLl.! L 32 (2003) Attention and monitoring in a second language. A qualitative analysis 121 Appropriacy- (A-) repairs are employed when the speaker decides to encode the originally intended information but in a more precise way (LEVELT 1983). Speakers resort to Arepairs when they have encoded inaccurate, ambiguous information that needs to be further specified (appropriate level of information repair), or if they have used either incoherent terminology (coherent terminology repair) (LEVELT 1983), ambiguous reference (ambiguous reference repair) (LEVELT 1983), or pragmatically inappropriate language (pragmatic appropriacy repair) (BREDART 1991). In the case of error-repairs, speakers repair an accidental lapse (LEVELT 1983). Such lapses can occur at every stage of speech processing, that is, during accessing words, grammatical and phonological encoding, and articulation (for a detailed review of mechanisms of language processing see LEVELT 1989, LEVELT/ ROELOFSIMEYER 1999). Repairs of lapses occurring at these different stages are called lexical (3 ), grammatical (4), and phonological error-repairs (4) respectively. The fourth main type of repair, rephrasing-repair involves the revision of the form of the speaker' s original message without changing its content. In this case the speaker repeats a slightly modified version of a word or phrase by adding something and/ or using paraphrase because of uncertainty about its correctness, but tries to convey the same original message. Rephrasing-repair is different from error-repair in that error-repairs merely involve the correction of accidental lapses, and, consequently, the issuing of the same pre-verbal plan in an unmodified form, whereas rephrasing-repairs are signs oflack of L2 competence (K0RM0S 2000). Covert repairs, that is, the corrections of inappropriate or erroneous output before articulation, were also identified. Since the reparandum is not articulated, one can infer that a covert repair was made from its indirect manifestations such as word or phrase repetitions, blocking, prolongation, syllabic repetition or silent pauses (P0STMA! K0LK 1993). The retrospective comments made by the participants also provided guidance in identifying these repairs. For the analysis of errors, LENN0N's (1991) definition of errors was used. In this definition an error is "a linguistic form or combination of forms, which in the same context and under similar conditions of production, would in all likelihood, not be produced by the speakers' native speaker counterparts" (1991: 182). On the basis ofthis definition, I identified all the possible instances of errors in the transcripts of the participants. In the English transcripts all the cases where no unambiguous judgments could be made were collected and were shown to two (an American and a British) educated native speaker judges. In an interview, which I conducted separately with the two judges, the native speakers were informed about the task the students had to perform and were shown the errors in their contexts. The judges were asked to decide whether they would produce the specific utterance in the given context. Only the cases that both of the judges considered unacceptable were counted as errors. Phonological errors were not studied, as the systematic differentiation of inaccuracies due to the accent of the speaker and those originating from lack of knowledge concerning the phonological form of lexical entries would have caused serious problems. After the identification of errors, all the instances of erroneous utterances were classilFILlllL 32 (2003) 122 Judit Karmas fied as either grammatical or lexical errors. In the present project, errors of lexis and grammar were studied from a psycholinguistic perspective, which means that errors were not classified on the basis their formal features, but according to where the error occurred in the psycholinguistic process of encoding the message. In order to obtain comparable results with the distribution of self-corrections, erroneous utterances were classified similarly to grammatical and lexical error-repairs. Grammatical errors were defined as inaccuracies that are the results of faulty grammatical encoding processes, whereas lexical errors were assumed tobe caused by inappropriate lexical access (see Appendix 1 on page 129). 4. Results and discussion First I compared the performance of the two participants as regards the frequency of selfrepairs, number of errors and the correction rate of errors (see Table 1 on the following page) as well as some other performance variables. Next I performed a qualitative analysis of the transcript which was aimed to complement the information I gained from the quantitative data (see Appendix 2 for the transcripts on page 130-132). The results of the quantitative and qualitative analyses will be discussed in parallel. Table 1 shows that repairs in general occur twice as frequently in the intermediate learner's speech than in the output of the upper-intermediate student. Error-repairs are even more frequent in Janos' s performance than in that of Margit. Margit repairs 11.76% of her lexical and grammatical errors, while Janos 21.05%. Janos seems to be more conscious ofhis grammatical errors because he repairs 29.63% ofthem, whereas Margit corrects only 18.18% ofherfaulty grammar. Theresults also show thatJanos corrects the information content of his message more frequently than Margit. ]F[,1JL 32 (2003) Attention and monitoring in a second language. A qualitative analysis 123 Rawcount Per 100 words Rawcount Per 100 words Total of repairs 8 1.64 19 3.40 Sum of error-repair 4 0.82 11 3.70 Lexical error-repair 0.21 3 1.01 Grammatical error-repair 2 0.41 8 2.69 Phonological error-repair 0.21 0 0 Sum of appropriacy-repair 0.21 0.34 Appropriate level of inforrnation 0 0 0.34 repair Arnbiguous reference repair 1 0.21 0 0 Sum of different inforrnation 2 0.41 6 2.02 repair Inappropriate inforrnation repair 0.21 4 1.35 Message replacement repair 1 0.21 2 0.67 Rephrasing repair 0.21 1 0.34 Sum of errors 44 7.01 57 19.19 Grammatical error 11 2.27 27 9.09 Lexical error 23 4.74 30 10.10 Grammatical error correction rate 18.18% 29.63% Lexical error correction rate 8.70% 13.33% Total correction rate of errors 11.76% 21.05% Speech rate (syllables/ sec) 1.97 0.98 Table 1: Comparison of the two participants' speech production behaviours On the one hand, some of the results are not unexpected. V AN REST (1996) also found that pre-intermediate learners make more repairs than advanced students. At the first glance, this would mean that Janos pays more attention to monitoring his speech than Margit. If we analyse the transcripts and the retrospective comments in more detail, however; it becomes apparent that a lotof the monitoring activities take place covertly in Margit's speech, whereas Janos makes no covert repairs. The following examples may illustrate this. FL1.IIL 32 (2003) 124 Judit Karmas (1) Margit: do you do you want to er eat together with the other er guests? Retrospective comment: The word guest did not come to my rnind first, then I was not sure whether somebody can be a guest in a restaurant, and all this went through my rnind very quickly. (2) Margit: do you change er your date Retrospective comment: As I was saying this sentence, I noticed that it was incorrect, but I did not want to repeat the whole sentence again. I was told by my teachers that repeating a sentence sounds strange, and it matters more that you produce the sentence fluently than the fact that it contains an error. (3) Margit: you have to er pay it in advance Retrospective comment: The expression in advance came automatically, and it just ran through my rnind whether this was correct, and I realised this was OK. (4) Margit: Er if you are ready to pay a little bit more er than the er ordinary or or ordinary er fee er it is possible of course Retrospective comment: lt did not come to my rnind, how average price is in English. I knew ordinary fee was not correct. I was searching for the right word, but I just could not find it. In addition to these four examples, another two instances of covert monitoring can be found in Margit's speech concem the pragmatic aspects of her message. (5) Margit: So you can you can choose er what you want. Retrospective comment: Immediately as I said this sentence, I realised this was not very polite, I just did not know how to say this more politely. (6) Margit: (Long pause) You're welcome. Retrospective comment: First the expression not at all occurred to me, but then I realised this was not appropriate in this situation. So I saidyou are welcome. lt seems that due to the higher level of automaticity of Margit' s encoding mechanisms, her speech is faster than that of Janos, and some of the processes can also run parallel (see also BÄRENFANGER 2002). This allows Margit to intercept errors before they are actually audibly produced. She is also able to pay attention to monitoring her speech withoufhaving to reduce the speed ofher speech significantly. Janos appears tobe unable to do this as no covert repairs were found in his speech. The high number of covert monitoring activities in Margit's speech therefore suggests that she pays considerable attention to monitoring, but this does not always surface in the form of overt repairs. Margit's attitude to errors is also different from that of Janos as she explicitly states that sometimes fluency is more important for her than accuracy (see Example 2 above). Having leamt English for a number ofyears already, she knows that getting her message across at an acceptable speed even if she makes errors is better than speaking very slowly but without any errors. Margit's attitude was probably formed and reinforced by the communication centred syllabus of the course she attended and by the several native speaker teachers she met at university. Janos, on the other hand, strives for accuracy and seems to correct almost every mistake he notices even if his message was perfectly understandable in its erroneous form. Janos does not have a long language leaming history, and his leaming experience was mainly shaped by the accuracy and grammarcentred teaching methods of typical Hungarian secondary schools (NIKOLOV 1999). The exam for which he was preparing also assesses the linguistic components of communica- IFLUJL 32 (2003) Attention and monitoring in a second language. A qualitative analysis 125 tive competence, and fluency constitutes only one mark out of the five scores given in the oral exam. If we compare Margit's repairs to some of the corrections in Janos's speech, the difference between the monitoring activities of the two learners becomes even more apparent. (7) Janos: we we can er put put it on into the er room some seat chair chairs uhm but er er not not much Retrospective comments: The word on came automatically, but I realised this was not correct; you should say put into. I thought that seats are fixed to the ground, for example, there are seats in cinemas or theatres, so I should use chair instead. I realised that I need to use plural after some. (8) Janos: there is there are some free room er there. Retrospective comment: I know there is plural after some, but I simply cannot say it correctly first. (9) Janos: but within within spitting distance in within er within spitting distance there is a very good hotel Retrospective comment: We learnt this expression not long ago, and I was not sure whether you need the in or not. (10) Margit: you can choose er a light music between light music or or music er by a er cassette player Retrospective comment: I realised that you need between if you have two options to choose from. I also noticed that you do not need the a before music because music is uncountable. Examples 1--4 above indicate that Margit's attention in monitoring is mainly directed at the lexical level. She is concemed with shades of meaning (such as whether someone can be a guest in a restaurant or whether ordinary fee is the same as average price) and the appropriate use of expressions. In her speech the application of most rules of grammar is automatic which is supported by the relatively low number of grammatical errors she makes, and she does not seem to have problems accessing the right words in everyday communication. Thus it can be assumed that a high number of grammatical and lexical encoding processes in her speech are automatised which allows her to pay attention to subtle lexical and grammatical issues. The two grammatical repairs in Example 10 are also related to lexis, since 'between' is the complement of the verb 'choose' and the repair of the article is also lexically driven. On the other hand, Janos is mainly concemed with grammatical errors that are rule based such as singular and plural marking and agreement, as well as with errors in basic level vocabulary. He admits in Example 8 that he knows the rule, but he cannot apply it correctly, andin Example 9 he is not able to retrieve a memorised unit correctly. These examples illustrate the lack of automaticity of Janos's speech encoding mechanisms; he has the declarative knowledge which has not become procedural knowledge yet. The figures in Table 1 would also suggest that Janos pays more attention to the information content of his message than Margit because in bis speech more different information repairs can be found. At a closer look, however, it tums out that out ofthe 6 Drepairs, two are message replacement repairs, which are made because Janos realises he does not have the linguistic means to express the intended message (Example 11), and he does not succeed in reformulating bis message. There is also one message replacement repair in Margit's speech (Example 12), but here the reformulation is necessary because FLllll]L 32 (2003) 126 Judit Kormos one word does not come to her rnind, and she produces a perfectly understandable alternative. In Janos's speech the rest of the D-repairs are false information. repairs (Example 13). lt seems that Janos is cognitively so much overloaded with linguistic problems that he is not able to pay proper attention to the information content of the task. Thus, he often provides incorrect information which he then needs to correct. (11) Janos: The room is free er all day er when arrive er here er the er we er we are uhm time Retrospective comment: I wanted to say that the party can start when you all arrive, but I could not say it in this form. (12) Margit: er if you are satisfied er with er my er with with this opportunity Retrospective comment: I wanted to say something like Jf you are satisfied with what I proposed or with my offer, but I could not say it so I decided to use other words. (13) J anos: And er it look like er uhm opened. Er we uhm ja december van. [it's December] (laughs). Er there is er a heater gas heater. Retrospective comment: I wanted to say that the windows can be opened but I realised that the conversation is taking place in December, so this did not make sense. Janos does not seem to have enough attentional resources to attend carefully to the level and quality of information he provides as in his speech no appropriacy repairs can be found. On the surface, Margit does not pay particular attention to this aspect of her speech either because among the overt repairs, there is only one appropriate level of information repair in her output. Examples 5 and 6 above, which are covert pragmatic repairs, however, indicate that she makes attempts to filter out pragmatic errors, but she seems to lack the appropriate pragmatic competence to do so successfully. 5. Conclusion Thein depth qualitative analysis of the self-repair behaviour of a pre-intermediate and an upper-intermediate learner has shown that the distribution of attention at these two levels of proficiency differs to a considerable extent. The low level of automaticity of the preintermediate participant's encoding mechanisms did not allow the interception of errors at the pre-articulatory level, thus no covert repairs were found in his speech. On the other hand, the upper-intermediate leamer often succeeded in correcting errors before they were articulated and performed a high number of covert monitoring activities. The preintermediate student was concemed with the correct application of grammatical rules, whereas the upper-intermediate participant's attention was mainly directed at lexical problems. Tue low proficiency participant seemed to be cognitively so overloaded by linguistic problems that he often failed to pay enough attention to the accuracy of information he provided. In contrast, the upper-intermediate student had enough attention to spare for some pragmatic problems, as well. The study reported in this paper has some lirnitations. First of all, as every case study, the description of these two leamers' self-repair behaviour is not generalisable. Moreover, as it was stated in the overview of previous research, the quantitative analysis of the same database from which these two cases were selected did not show that pre-intermediate ]F]Ll.l]]L 32 (2003) Attention and monitoring in a second language. A qualitative analysis 127 learners in general paid significantly more attention to grammatical accuracy than to lexical appropriacy (KORMOS 2000). This study, however, was not meant to produce generalisable results, but to provide a thorough analysis of two cases with the aim of understanding them. lt is hoped that the readers might recognise some of their students either in Janos or in Margit, so by understanding their self-repair behaviour, they can develop their students' fluency and accuracy. References BÄRENFÄNGER, Olaf. (2002): "Automatisierung der mündlichen L2-Produktion: Methodische Überlegungen". In: BÖRNER, Wolfgang/ VOGEL, Klaus (Hrsg.), Grammatik im Fremdsprachenerwerb. Kognitive, psycholinguistische und erwerbstheoretische Perspektiven. Tübingen: Narr 119-140. BREDART, Simon (1991): "Word interruption in self-repairing". In: Journal of Psycholinguistic Research 20, 123-137. BROADBENT, Donald. E. (1958): Perception and communication. Oxford: Pergamon. 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Appendixl The classification of errors (KORMOS 2000) Lexical error Inappropriate choice of content words my chef can make *cancer very good Inappropriate choice of prepositions and auxiliaif you need this room you need to tel1 me *before ries with independent conceptual specifications twenty hours Collocational errors we can cook er *to taste The erroneous production of a derivative form you have to write a *confirmament Grammatical errors Inaccurate use of inflectional morphology it *have to be er uhm uhm thirty five people Inappropriate choice of tense, aspect or voice of but I *don't mention er the room is er only on the the verb phrase er eighteen and on the nineteen of December free Faulty encoding of complements and specifiers Wrong word order you have to pay er the uhm twenty five er percent *the uhm the price Minimum er thirty five er people er have to be er then *can I er let it for you Inappropriate choice of prepositions and auxiliawe may make a contract if you er if you *will pay ries accessed by syntactic building procedures more * signals the beginning of the erroneous part of the utterance IFLwL 32 (2003) 130 Appendix2 Transcripts of the two participants' performance (silent pauses are not marked) lffi Margit (M), Researcher (R) Judit Kormos M: Good moming Madam! My name is Mrs X. I' m the owner of this eer er restaurant. And I would like to help you. R: Yes. We want to organise a party with my classmates and I would like to inquire about the possibilities in your restaurant. M: Aha er do you need er a spe a special separate hall er to arrange this meeting or er do you do you want to er eat together with the other er guests? R: Oh well, we would need a special separate room, yes, I agree. M: And er when will you er plan er to arrange this meeting? R: Well, we were thinking of either the 20 th of December or the thel9th of December. M: 20th and 19th? Just a minute, I have to er check my er information. Er I think we have to discuss it, because the separate hall is er free only on the er 18th and 19th of December. Er do you change er your date or? · R: Well, well we don't have to change the the the date, because you've mentioned that the 19 th is good. M: Andaha! R: And our second choice was M: aha, I missed it. Sorry. R: all right, Ok well. That's fine the 19th ofDecember, that's OK. All right. Can you tell me something about the costs and payment? M: Aha. Er this special hall is for about 40 people. Er but you have to pay er rent fee rent fee is the rent fee er for for a 35 people. And er you have to er pay it in advance. And er er if you if you er er if you are satisfied er with er my er with with this opportunity then you have to pay it er within er 24 er hours. And er yes. R: Oh well, OK. well that's fine, there is just one little problem namely that there will be uhm could between 24 and 35 people in our company. What happens if there is only 24 of us? M: Er I think er er we could er uhm we could make a compromise. Er if you are ready to pay a little bit more er than the er ordinary or or ordinary er fee er it is possible of course. R: All right, OK. And what is this ordinary fee? M: Ordinary? Eer er two h... er er two thousand er forints per per person. R: All right, OK. All right, that's fine then. And can you tell me something about the menu? M: Menu? Er we can make er er three course er I don't know what. So er so you can you can choose er er between er three types of meals meals. Er do I have to er encounter or? R: Oh well just tell me what this speciality or... M: Er the first is er er a fish menu the second is er er vegetarian menu and the third one is er er beef and and pork menu. So you can you can choose er what you want. I think, so it it must be satisfying. R: All right, OK. And we need to tell you in advance? M: Yes yes of course, because we have to plan er er things and and we have to arrange and decorate the hall er so as you er er to eajoy it your your meeting. R: All right, OK. Just can you mention decoration? Can you tell me something about the room? What does it look like? M: Er it is a special er er circle room. (coughs) And there is er er a very big er er table so you can you can be together and see each other er very well. Er and er you er can talk to each other of course and er you can choose er a light music between light music or or music er by a er cassette player. And er er the the major colours of the room are white and and blue. Er it can be a little bit cool but there are JF]Ll]]L 32 (2003) Attention and monitoring in a second language. A qualitative analysis 131 a lot of flowers plants. So it is it is very friendly, I think. And there there are a lot of er bulbs so it' s very light and cosy. So I can reco... recommend it. R: That sounds very good. Uhm OK so and what time should we arrive? M: Er I think er it would be better if you arrive er so er two hours before the er dinner. R: So I should arrive two two hours, but the whole group? M: Er I think er all of you should arrive er before er dinner because you can you can talk to each other. You can you can er enjoy the time before the dinner. But er it' s your choice. R: All right, OK. Just one more question. And how how long can we stay? M: How long can you stay? R: Yes. M: Er er the restaurant er closes er at er 4 o'clock er a.m„ So you can stay er until 4 o'clock. R: All right, OK. Well, thank you very much. M: You're welcome. lffi Janos (J), Researcher (R) R: Good morning. J: Er good morning Miss. Er can I help you? R: Yes. We would like to organize a party with my classmates and I wonder if you can help me. J: Yes. Er er you you have er I have we have (laughs) we have er a room er about er forty er er passenger and er er we can er eer er we can givee you er for at least thirsty five passengers er. Er and er you can er you can er pay er u... some money uhm before er the party. R: I see. All right. So would you say that we have to be 35, right? 35 people? J: 35, uhm good. R: Yes, but what happens if there is only 24 people? J: Uhm 24? U: hm er we we can er put put it on into the er room some seat chair chairs uhm but er er not not much. R: I see. All right. OK. And when is the room free? J: (sighs) Er the room is free er er only eeer er eighteen or nineteen of December. R: So it is only free on those two days. I see. J: But eer er then er the room is free er whole day. R: OK, all right, then it is free all day. But the 19th is good for us. J: 19? OK. Er uhm we we can give the room er 6 er hour er in moming next morning. R: Until 6 hour, so 6 o'clock in the moming. J: Until uhum yes. R: All right, OK. Well, I don't think we stay that late but that's OK. All right. Yes? J: (sighs) er we we can eer write a paper anderer fiftyfive percent er deposit er you can pay. R: So we have to pay 55%, did you say? J: No 50 er (laughs) twenty twentyfive percent. R: Aha 25%. OK, all right. And how much does the room cost? J: (sighs) The room is er uhm eer thirsty thirsty thousand er too much. (laughs) Er 10 thousand er forint er forints per day. R: 10 thousand forints for the whole night. J: And eer er you can er order uhm er some eat and beverage. R: And can you tell me something about the menu, what can we eat? J: (sighs) Er the menu is er a la carte or er we can er cook uhm er to taste. R: Uhum, uhum I see. And what do you recommend? What's your speciality? lFILi.nlL 32 (2003) 132 JuditKormos J: Uhm unfortunately er er there isn't er recommand er but er within within spitting distance in within er within spitting distance ther! ! is a very good er hotel and it is cheap and er er there is there are some free room er there. R: Aha. I was asking about the food. What do you recommend... J: Food yeah, aha. (laughs) Sorry. (laughs) Sorry. Er uhm eer there is some there are some specialists food er there are er Chinese food and European food er I recommend (wp) er er game games food. Because er my eer cook is very specialisf er games food in games food. R: Yeah, all right. lt sounds very good. And can you tel1 me something about the room? What is it like? J: (sighs) The room is er uhm very very light er uhm there i... there are er er er windows er very very much. And er it look like er uhm opened. Er we uhm ja december van. (laughs) Er there is er a heater gas heater and er uhm you can er heating you can heat er to taste. R: .Aha. That's good. All right, OK. And what time can we arrive? J: (sighs) Er er there are there is a big parking place er anderer er come er some bus er here. R: Uhum all right. And what time? When can we arrive? When is the room free for us? J: (sighs) The room is free er all day er when arrive er here er the er we er we are uhm time. R: All right. OK. Fine. OK then thank you and 1'11 get back to you with the paper. OK? J: OK. R: All right. See you. J: Thanks. See you? Nna. FLuL 32 (2003) Ulrike Gut* Prosody in second language speech production: the role of the native language ** Abstract. This paper is concemed with prosodic aspects of the speech production of second language learners. In particular, rhythmical properties of L2 speech will be investigated that include temporal and metrical aspects of utterances. In the study, the speech of 14 learners of German with prosodically typologically different native languages will be analysed and compared to that of native speakers of German. Phonetic differences in their temporal and metrical organization of speech can be traced back to native language influence. However, this effect is more pronounced in less advanced learners. Implications for a model of second language speech production are discussed. 1. Prosody in Second Language Speech This study is concemed with the production of prosodic properties in the speech of learners of a second language. lt focusses on the production of temporal and metrical features of second language speech. In connected speech, sequences of words are grouped into prosodically structured units with a particular temporal and metrical shape. The temporal shape of an utterance refers to the relative duration of units such as syllables, the metrical shape is a result of their relative prominence. In German, for example, utterance (1) will be produced as a sequence of syllables with different durations and prominence. (1) Willst Du ein Stück Kuchen? (Would you like a piece of cake) A possible production of (1) is that the syllables willst and Ku are more prominent (printed in bold) than the syllables Du, ein and Stück. Moreover, the syllable Stück is probably more prominent than the syllables Du and ein. Figure 1 (on the following page) illustrates a production ofthis sentence with the pitch contour (in Hertz) and the intensity curve (in dB). The sentence is realized as (1') [v1lsduarnftvkuxan] Korrespondenzadresse: Dr. Ulrike GUT, wiss. Assistentin, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft, Universität Bielefeld, Postfach 100 131, 33501 BIELEFELD. E-mail: gut@spectrum.uni-bielefeld.de Areas ofwork: Prosody, Second and first language acquisition. ** This research is funded by the MSWF (Ministry for Education of North-Rhine Westphalia). I am very grateful to Dafydd Gibbon, Sarah Johanning, Jan-Torsten Milde, Annette Nick, Birte Schaller, Alexandra Thies and Thorsten Trippe! for their help. lFlLlUllL 32 (2003) 134 Ulrike Gut with high intensity on [VIis], [am] and [ku] and high pitch on the syllable [ku].Thus, in this example, relative prominence is correlated with one or more of the acoustic features high pitch and high intensity. vlls dU aln StY ku x@n 0 1.57545 Time (s) 5Üv N ~ ~ ~ ~ ~ ~ .s: : B C: 00 1.57545 Time(s) 77.0 iii' : ! : ! , ~ U) C .l! l -= 41.7 0 1.57545 Time (s) Fig.1: Waveform, pitch and intensity ofthe utterance [vrlsduarnJtvkuxan] lFlLd 32 (2003) Prosody in second language speech production: the role of the native language 135 In German, prominent syllables are usually longer and have higher pitch and loudness than less prominent ones. In non-prominent syllables, only reduced, i.e. shortened and centralized vowels occur. In connected speech, prominent and non-prominent syllables occur in more or less regular alternation, and their distribution together with prosodic phrasing is often referred to as speech rhythm. The rhythmic planning of utterances is part of the phonological encoding in speech production. LEVELT (1989) proposes a Prosody Generator, which forms part ofthe phonological encoding and which has as one of its major tasks the generation of speech rhythm. lt receives various kinds of input: segmental input, i.e. the string of speech sounds specified by the lexicon; attitudinal and emotional information which affect the planning of the "intonational meaning"; surface phrase-structural and pitch accent information, which is required for the planning of prosodic phrases; and metrical information about potential accents on syllables. The last two types of input contribute to the rhythmic properties of the resulting phonetic plan. Tue Prosody Generator produces as output syllable frames with prosodic parametrization, which specifies their duration, loudness and contribution to the pitch contour. Thus, each syllable frame is characterised by its contribution to the rhythmic pattern of the utterance: whether it will be long, loud and high pitched and thus be perceived as prominent or not. One of the central questions in bilingual speech production is that of the representational status of the various components and modules of the speech production process. Does a speaker of two languages have a shared system which stores linguistic information about the two languages or does a bilingual speaker have separate systems for each language? In his adaptation of Levelt's model to a bilingual speaker, DE BOT (1992) suggests that phonological encoding is language-specific, but that all phonetic plans for syllables from both languages of a speaker are stored together. Equally, although he assumes the Prosody Generator to receive linguistic-specific input, he proposes that a bilingual speaker draws prosodic plans from a single system. Articulation, finally, is also thought to proceed from a shared system which stores the possible sounds and prosodic patterns of both languages. The "foreign accent" of second language learners' speech is assumed to reflect the interaction between the shared representations of syllable plans. Many studies have put forward evidence for an interaction of the two phonological systems of a bilingual speaker. CUTLER [et al.] (1992) found that French/ English bilinguals who grew up with both languages partly employ different speech perception strategies than monolinguals. WATSON (1991) studied the production of certain phonemes by French/ English bilingual speakers and found that their articulation may differ from that of monolinguals. Prosodie interaction of two language systems in terms of word stress pattems was found for Spanish learners ofEnglish (MAIRS 1989), English learners of German (KALTENBACHER 1998) and Hungarian, Polish and Chinese learners of English (ARCHIBALD 1994, 1997). The phonetic production of stress by German learners of English shows influences of both languages (GUT 2002), as do the intonational patterns of German-speaking learners of English (GROSSER 1989, JILKA 2002). However, the quality of L2 phonology and the extent to which the two phonological systems of a bilingual speaker influence each other depend on factors such as length and lFJLd 32 (2003) 136 Ulrike Gut quality of exposure to the target language, practice and perceptual abilities. Some studies have shown that mixed systems are more likely in beginning than in advanced language learners. WENK (1985) investigated the reduction of unaccented syllables in the English speech of French learners and found that beginners showed native language influence whereas this was not detectable any more in advanced learners. Another factor that has been suggested to determine the degree of interaction between the two phonological systems of a bilingual speaker is the structural difference between the two languages. For bilingual first language acquisition, TRACY (1996) argues that an initial fused system is more likely when the two languages show many structural similarities. A model of speech learning based on linguistic similarity is formulated by FLEGE (1995), who predicts that the degree of closeness between native and target language sounds determines the ease with which they can be learned. Sounds of an L2 can be categorized as either the same, similar to sounds of the Ll or completely new. Sounds which are the same in both languages do not pose any difficulties and L1 phonetic plans will be employed in L2 speech production. For sounds that are completely new, learners will develop new articulation categories (e.g. BoHNIFLEGE 1997), but newly established categories will not always correspond with native speaker categories. The most difficult sounds are the similar ones which require the creation of a new category. Many learners will use Ll categories in L2 speech production instead of establishing new categories for these sounds. Applied to prosody, this model thus predicts that L2 speakers with a native language closely related to the target language in temporal and metrical patterns will show more interaction between their phonological systems than speakers with a prosodically more remote native language. Learners with native languages that do not provide them with prosodic patterns required for the prosody of the target language will develop a new category whereas learners with a native language that uses similar categories will produce those LI categories. An analysis of the prosodic systems of native language and target language of second language learners may thus help to predict the type of speech processing and the quality of the speech of second language learners. Since this study is concerned with temporal and metrical aspects of speech, typological differences between languages in this area and measurements of their phonetic correlates will be discussed in the following. 2. Temporal and metrical aspects of speech across languages The languages of the world have traditionally been divided into stress-timed and syllabletimed (PIKE 1945, ABERCROMBIE 1967). In stress-timed languages, prominent syllables ("stress beats") are supposed to occur at fairly regular intervals. The prosodic unit stretching from one stress beat up to the next including the intervening unaccented syllables, is called a foot. Utterance (2) consists of four feet, the first foot including the accented syllable ti (printed in hold) and the unaccented syllables ger and and, the second the accented syllable mause and the unaccented syllable are. The third foot comprises the flLIIL 32 (2003) Prosody in second language speech production: the role of the native language 137 accented syllable wal and the unaccented syllables king, in and a, whereas the last foot contains only the accented syllabiefield. (2) Tiger and mouse are walking in a field. [ta1garandmausawokir1mafild] In early conceptions of stress-timed speech rhythm it was assumed that the time interval between two stress beats is isochronous, i.e. roughly equal in time. Since the number of syllables between two stress beats varies, their length is adjusted to fit into the stress interval. This temporal adjustment is reflected in the reduction of vowels. The three unaccented syllables in the third foot of (2) are assumed to be spoken faster than the single unaccented syllable in the second foot of (2). Hence, syllable length is supposed to be very variable in stress-timed languages. English and German are often cited as typical stress-timed languages (ABERCROMBIE 1967). However, many researchers have tried and failed to find an acoustic basis for these claims. The interstress interval in stress-timed Ianguages is notof equallength (CLASSE 1939, O'CONNOR 1965, ULDALL 1971, HILL [et al.] 1979, ROACH 1982, DAUER 1983). In syllable-timed languages, syllables are assumed to be spaced out evenly and have similar length. Prominent syllables occur at irregular intervals. Sentence (3) illustrates this for Italian. (3) Ecco la casa del suo padre. [ekolakazadelsuopad re] All syllables of this utterance are assumed to be roughly identical in length, vowel reduction does not occur. The Romance languages French, Italian and Romanian are often cited as typical syllable-timed languages (ROSSI 1998, DASCALU-JINGA 1998). Again, acoustic evidence for syllable-timing is difficult to obtain: ROACH (1982), in an overall statistical comparison of syllable length in stress-timed and syllable-timed languages, did not find significant differences between the two groups. GUT [et al.] (2002), however, found significant differences between the temporal organization of English and that of the three West African languages Anyi, Ega and Ibibio, all with putative syllable-timed rhythm. They measured the relationship between subsequent syllables in sentences with the Rhythm Ratio (RR). The Rhythm Ratio (GIBBON/ GUT 2001) is based on the following formula: where d stands for the duration of a syllable and m for the total number of syllables. '½=dk and di=dk+J applies if di is smaller than di and di=dk and di=ctk+J if di is not smaller than di. In other words, for each pair of adjacent syllables, the shorter is divided by the longer. The average of all these ratios is calculated and multiplied by 100. Thus, if the RR equals 100, subsequent syllables have exactly the same duration. The lower the degree of JF[,l! ]L 32 (2003) 138 Ulrike Gut similarity the lower the RR value. The RR for the West African languages was significantly higher than that of British English. In recent approaches speech rhythm is measured on the segmental level, i.e. the level of the individual speech sounds. This is based on observations by DAUER (1983), who suggested that "rhythmic differences [... ] between languages [... ] are more a result of phonological, phonetic, lexical, and syntactic facts about that language than any attempt on the part of the speaker to equalize interstress or intersyllable intervals" (p. 55). In Dauer's view, speech rhythm reflects variety of syllable structures, phonological vowel length distinctions, absence/ presence of vowel reduction and lexical stress. Whereas languages classified as stress-timed such as English show a variety of different syllable structures consisting ofa variable number of consonants (C) before and after the vowel (V) (e.g. for English: CV (30% frequency), CVC (34%), VC (15%), V (8%), CVCC (6%)), languages classified as syllable-timed have a majority of CV syllables (58% for Spanish). Differences in rhythm between languages reflect whether a language has vowel reduction or not; those classified as stress-timed usually do. In addition, syllable-timed languages either do not have lexical stress or accent is realized by variations in pitch contour. Conversely, stress-timed languages realize word level stress by a combination of length, pitch, loudness and quality changes, which result in clearly discemible beats. These findings are partly reflected in recent measurements of the acoustic correlates of speech rhythm. RAMUS [et al.] (1999) base their measurement on the segmental organization, i.e. the organization of sequences of speech sounds. They divide speech into vocalic and consonantal parts and compute the proportion of the vocalic intervals of a sentence, the standard deviation of these intervals, and the standard deviation of the consonantal intervals. The vocalic proportion (%V) indicates the percentage of vocalic intervals in the total amount of speech. The standard deviation of consonantal intervals (delta C) reflects the variability of duration in consonantal intervals. In languages where both relatively short and relatively long consonantal intervals occur, delta C is higher than in languages where consonantal intervals are of a similar duration. By comparing carefully selected read sentences by four speakers each of 7 different languages along the axes of the percentage of vowels and the standard deviation of the consonantal intervals RAMUS [et al.] succeed in grouping some languages similarly to the originally suggested groups of stress-timing and syllable-timing (Figure 2). lFJLIJllL 32 (2003) Prosody in second language speech production: the role of the native language 0.06 0.055 Eng Dutch • • Pol • 0.05 ltal Span • • u Cat ll o.045 Freoch • " • " 0.04 Jap 0.035 • 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 %V Fig. 2: Vocalic proportion (% V) and standard deviation of consonantal intervals (delta C) of English, Dutch, Polish, Spanish, Italian, French, Catalan and Japanese classified by Ramus [et aL] (1999) 139 English, Polish and Dutch, all presmned stress-timed languages, group together with a relatively low vocalic proportion and a relatively high standard deviation of consonantal intervals. French, Italian, Spanish and Catalan group together at a higher %V and lower delta C. Japanese, finally, differs from those two groups by having an even higher vocalic proportion and even lower consonantal standard deviation. In a similar study, GRABE/ Low (2002) showed that German groups with the "stress-timed" languages English and Dutch and Romanian with the Romance languages French, Italian, Spanish and Catalan. 2.1 Temporal and metrical features of German German speech rhythm has always been described as stress-timed. Phonetic and phonological correlates of this are durational differences between prominent and non-prominent syllables, phonemic vowel length contrast and vowel reduction. The difference between prominent and non-prominent syllables in German is primarily one of duration (DOGIL 1995, KOHLER 1995). Vowels have phonemic length contrast, i.e. the words Saat (seed) and satt (füll [stomach]) only differ in the length of the vowel / a/ . Vowels in unaccented syllables are reduced, which means that the short central vowels / a/ or / e/ are produced (HAKKARAINEN 1995). Many function words can have weak forms with reduced or deleted vowels, depending on speech rate and register. Example ( 4) illustrates this for the article dem. lFLllllL 32 (2003) 140 Ulrike Gut (4) de: m dem dam dm bm m Increasingly stronger reductions are shown from left to right. First, the long vowel [e: ] is shortened to [e], then reduced to [a], then deleted altogether. In the shortest version ofthe article dem, only a single consonant [m] is produced (KOHLER 1990). Quite frequently, vowels in non-prominent syllables are deleted, e.g. Adel is produced / a: dl/ . Altogether, this means that, in Gerrnan, durational differences between prominent and non-prominent syllables are pronounced. Learners of German with native languages that have the same prosodic characteristics can be expected to exhibit different pattems in their speech production than those with typologically less close native languages. In this study, speakers from three typologically different language backgrounds were chosen: Gerrnan learners with English, a Romance language and Mandarin Chinese as native languages. The prosodic systems of these languages will be described in the following. 2.2 Temporal and metrical aspects of English The temporal and metrical organization of English is very similar to that of German. English has always been cited as a typical stress-timed language with distinct durational differences between prominent and non-prominent syllables. English has phonemic vowel length as illustrated in the word pair beat and bit. Even more frequently than in German, vowels in unaccented syllables are reduced or deleted (DELATTRE 1969, KAL- TENBACHER 1998). Whereas in Gerrnan simple words reduced vowels only occur in final syllables or in inflectional morphemes, in English they can occur in a wide variety of positions. According to FLEGE's model (1995), English temporal organization is therefore similar rather than the same than compared to Gerrnan. As for German native speakers, in the phonetic plans of English native speakers syllables will be marked for duration and a variety of articulatory plans for syllable types, including syllables with reduced and deleted vowels, will be available. An English speaker of L2 Gerrnan, however, might produce these syllable types in inappropriate contexts. KALTENBACHER (1998) showed that English learners of Gerrnan produced too frequent and too extreme vowel reduction in unaccented syllables of isolated words. 2.3 Temporal and metrical aspects of ltalian, French and Romanian The Romance languages have always been classified as syllable-timed (Ross1 1998, DASCALU-JINGA 1998). Neither French, ltalian nor Romanian have phonemic vowel length contrast, nor do reduced vowels occur. The durational difference between accented and unaccented syllables should therefore be less pronounced than in the stress-timed languages. For speakers of a Romance language some features of German prosody involve the establishment of new categories. Syllables in the phonetic plan of Romance language speakers are probably not marked for duration and articulation plans for syllables with ]F]LUJL 32 (2003) Prosody in second language speech production: the role of the native language 141 reduced and deleted vowels do not exist. These articulation plans will have to be established by a second language speaker of German. If the L1 syllable plans are produced in Germ.an, the temporal relationship between accented and unaccented syllables is predicted to be too small. 2.4 Temporal .and metrical aspects of Chinese Temporal and metrical organization of Chinese (this paper investigates Mandarin Chinese) is very different from Germ.an. As a tonelanguage with lexical tone, each syllable in Chinese is specified in terms of pitch height or movement. This prosodic feature is stored in the lexicon and is not generated by the Prosody Generator. The role of prominence in Chinese is not well researched. Fox (2001) and ARCIIlBALD (1997) consider Chinese a non-accentual language. KRATOCHVIL (1998) claims that prominence exists in Beijing Chinese but that it is correlated with greater loudness and more pronounced pitch height or movement rather than increased duration. On the other hand, there is length distinction between vowels in Chinese (ZEE 1999). For Chinese speakers, Germ.an speech involves the creation of some new categories for the metrical and temporal organization of syllables. Syllables are probably not marked for duration and no syllable types with deleted vowels will be available. 3. The study 3.1 Participants This study forms part ofthe LeaP project (http: / / www.spectrum.uni-bielefeld.de/ LeaP/ ), which has collected a corpus of prosodically annotated non-native speech of more than 70 speakers; Of these, 14 learners of German, 5 male and 9 female, and two German native speakers were selected for this study (see Table 1). The non-native speakers' ages range from 19 to 57 (mean = 29,375, sd = 11,25). Their language background was divided into three different language groups: English (four speakers), Romance languages (five speakers, two Italian, two Romanian, one French) and Chinese (four speakers). Their age at the first exposure to German ranges from 4 years to 23. The length of residence in Germany or another German-speaking country varies from 2 months to 34 years. The length of formal instruction they received in German ranges from none to 8 years. lFLIII.L 32 (2003) 142 Ulrike Gut Gl German female 52 B G2 German male 27 B El British English male 57 A 14 34 years 8 E2 New Zealand English male 41 B 13 19 years 2 E3 New Zealand English male 29 A 22 7 years 0 E4 British English female 19 B 6 13 years 5 11 Italian male 30 B 17 2 years 6 12 Italian female 22 B 15 2 months 6 13 Italian female 21 B 15 3 months 6 Fl French female 21 B 12 6 months 5 Rl Romanian female 32 B 20 12 years R2 Romanian female 27 B 4 7 years 3 Cl Chinese female 22 B 17 7 months 6 C2 Chinese female 22 B 17 7 months 6 C3 Chinese female 25 B 23 2 years 2 C4 Chinese male 23 B 17 8 months 6 Tab 1: Participants of this study, their native language, sex, age at the time of recording, the story they re-told, their age at first exposure to German, their length of residence at the time of the recording and the total amount of language instruction they had received in German 3.2 Recordings Recordings consisted ofthree parts. First, a short interview (approximately ten minutes) was conducted with the non-native German speakers, in which various questions about their language learning history such as age at first contact with German and length of formal instruction were asked. Second, the participants were asked to read out a short story. Third, they re-told the story in their own words and without reference to the written text. All recordings were carried out in Bielefeld in either a sound-treated or a quiet room. 3.3 Data Only the re-tellings were analysed for this study. Two participants re-told story A (see appendix [Story A and B], page 152), but since this story proved to result in very short re-tellings all subsequent participants retold story B. They received the story prior to the lFILlJllL 32 (2003) Prosody in second language speech production: the role of the native language 143 recording and were allowed to take as much time as they wanted for familiarizing themselves with it. Participants were encouraged to ask for the meaning or the pronunciation of unknown words. 3.4 Analysis The acoustic analysis was carried out using ESPS/ waves+ (version 5.3.1) and Praat (version 4.0.7). lt consisted of four parts: The measurement of the segmental organization, the analysis of the syllable type, the measurement of temporal syllable organization and some measurements of the proficiency of the speaker. All types of analyses were done by one trained phonetician and four students with extensive training and experience in phonetic analyses. 3.4.1 Segmental organization With the help of a wide-band spectrogram, vocalic and consonantal parts of the speech signal were annotated. In order to ensure comparability, the annotation technique used by RAMUS [et al.] (1999) was adopted. This means that pre-vocalic glides were treated as consonants whereas post-vocalic glides were treated as vowels. Vowels were coded as V and stops, fricatives, liquids, nasals, glides, implosives and approximants were coded as C. The beginning and end of a vocalic interval was determined using standard phonetic criteria (PETERSON/ LEHISTE 1960). The onset of a vowel was taken tobe the onset ofthe stable formant structure. Tue offset of a vowel in a vowel-fricative sequence was determined by the onset of high frequency energy; in a vowel-voiceless stop sequence, the vowel ended with the offset of the first formant. Vocalic intervals can comprise one or more subsequent vowels, sometimes belonging to two syllables. Consonantal intervals stretch from the end of a vocalic interval to the beginning of the next vocalic interval and may contain several consonants, sometimes belonging to two different syllables, i.e. the coda of the previous and the onset of the following syllable. Pauses in the recordings were excluded from analysis. All calculations were carried out in the TASX environment (MILDE/ GUT 2002), which provides an XML-based set of corpus analysis tools. 3.4.2 Syllable type All syllables were transcribed phonetically in SAMPA. Transcription was fairly broad but included processes such as nasalization, unreleased stops and aspiration. Syllabification processes were taken into account insofar as ambisyllabicity of certain consonants was allowed (GIEGERICH 1992). Half of the ambisyllabic consonants was considered to belong to the preceding syllable and half to the subsequent one. Resyllabification of final consonants which were produced as initial consonants of the following syllable (as in [Un] - [da] for "und die") was annotated. Syllables were subsequently classified into three classes: (a) as containing a füll vowel, (b) as reduced (when they contained only a / a/ or / e/ ) or (c) as syllables with a deleted vowel, i.e. without a vowel. lFILllL 32 (2003) 144 Ulrike Gut 3.4.3 Temporal organization of syllables Tue temporal organization of syllables was measured using the Rhythm Ratio (GIBBON/ GUT 2001) described above. Ten sentences consisting of at least five syllables were analysed for each speaker (speaker 12 produced only 9 and speaker 13 only 6 sentences of the required length) and the mean Rhythm Ratio was calculated for all sentences. 3.4.4 Ranking ofproficiency For the ranking of the non-native speakers proficiency, both phonetic measurements of speech components and a native speaker assessment were combined. Three standard measurement of the quality of non-native speech (LENNON 1990, TEMPLE 1997) were carried out: (1) Articulation rate: the mean number of syllables per second For this, the total time of pauses was subtracted from the total length of the recording. The number of syllables was divided by the resulting total time of speech. The highest score was ranked highest. (2) Mean length of runs The mean number of words produced between pauses was calculated and the highest score was ranked highest. (3) Pause percentage The total pause time (filled and unfilled) was calculated as a percentage of the total speaking time. The presence of pauses was determined auditorily and pauses have a minimum length of 100 ms. The lowest value was ranked highest. 17 native speakers of German were asked to rate how fluent the speaker' s German was (the instruction was "Bitte geben Sie an, wie flüssig der Sprecher ist." (Please indicate how fluent the speaker is)) on a scale from 1 (excellent) to 5 (very bad). The raters judged the speakers on the basis of a 20 to 40 second passage (approximately the first half of each re-telling). The highest score was ranked highest. These measurements naturally cannot give a complete assessment of a speaker' s proficiency and should only be seen as indicators of a certain stage of fluency. 4. Results > Segmental organization Figure 3 illustrates the speech rhythm of the 14 non-native and the two native speakers of German measured in the variables %V and delta C as proposed by RAMUS [et al.] (1999). Three of the English native speakers group together at a lower %V and a higher delta C value than the German speakers. The fourth English native speaker lies very close to the German native speakers. This is also true for the two Romanian and one Italian speaker. The other two ltalian and the French speaker show a higher %V and a higher delta C value than the German speakers. The Chinese speakers divide into two groups consisting lFLilllL 32 (2003) Prosody in second language speech production: the role of the native language 145 of two speakers each: one group shows a higher delta C value than the Gennan speakers, the other group is different from the German speakers in showing a higher %V value. u "' ; c: "' -= 0,095 0,09 0,085 0,08 0,075 0,07 0,065 0,0625 EI• E4 • E2• R2 • 35 12 • "., Cl•• Fl • E3 n. • ~. 11 C4 • • n1 1>1 • C3 • 45 55 %V Fig. 3: Vocalic proportion (% V) and standard deviation of consonantal intervals (delta C) values for all non-native speakers (E, I, R, Fand C) and the native speakers of German (G) > Syllable type Table 2 illustrates the percentages of all three syllable types (deleted vowel, with reduced vowel, with füll vowel) as average values for the German speakers and the three groups of non-native speakers. The group of Romance language speakers produces significantly fewer syllables with reduced or deleted vowel compared to the German speakers. deleted vowel 5.4 7.7 1.5 1.8 Reduced vowel 26.7 20.2 17.1 25.4 Sum ofred+del 32.1 27.9 18.6 27.2 t-test n.s. ** (p< 0.01) n.s. Tab 2: Percentage of deleted and reduced syllables produced by each speaker group Although none of the other group differences from the German speakers are significant, it can be seen from Table 2 that the English speakers tend to delete more vowels whereas IFJLlll]]L 32 (2003) 146 Ulrike Gut syllables with deleted vowels are extremely rare in the speech of the Romance language and Chinese speak: ers. Looking at individual speech productions (Table 3), it can be seen that speak: er E4 deletes more than twice as many vowels as the German speak: ers and that speak: er E2 produces only half of the percentage of reduced vowels than the German speak: ers. Speak: er 12 does not produce any syllables without vowel and only very few with reduced vowels. Whereas the German speak: ers produce more than a third of their syllables temporally shortened, this is true for only 11 % of all syllables produced by speak: er 13, and 16% of all syllables produced by speak: ers 12 and E2. "" ,g~ '; ) ~ 5.9 4.8 6.4 6.1 5.6 12.6 3 Q) ., 0 ~ > 0-C: ,~ 0 3 9 1.7 5 8 4 g i 24.7 28.7 16.5 10.4 29.9 21.6 17.8 16.1 8.3 2.2 17.9 20 26.5 21.2 21.4 't: I „ ~ ~ > Total 30.6 33.5 22.9 16.5 35.5 34.2 20.8 16.1 11.3 22.9 19.6 20.5 27.5 22 25.4 Tab 3: Percentages of deleted and reduced vowels for each speaker > Temporal organization of syllables Table 4 gives the average Rhythm Ratio (RR) values for each speak: er group. No significant difference of the temporal organization of subsequent syllables was found between any non-native speak: er group and the native speak: ers of German but the Romance language speak: ers as a group tend to ptoduce syllables of more sirnilar duration than the German speak: ers. Individual speak: ers differing most in their RR value from the German speak: ers are speak: er 12 (RR=76), Rl (RR=70.8), R2 (RR=71.5) and Cl (RR=70.5). AverageRR 62.55 65.55 68.34 67.44 n.s. n.s. n.s. Tab 4: Average RR value for each speaker group > Proficiency Bach non-native speak: er was assigned a rank for each of the three proficiency measurements and the native speak: er assessment listed above. Individual and average rankings are illustrated in Table 5. lFLlllL 32 (2003) Prosody in second language speech production: the role of the native language El E2 E3 E4 11 12 13 Fl Rl R2 Cl C2 C3 C4 1 2 2 6 6 6 3 7 5 2 10 4 12 8 6 9 3 9 9 13 13 14 13 12 14 13 14 11 8 11 12 10 7 10 4 2 1 2 5 11 7 5 3 9 5 8 8 4 4 7 14 10 12 11 Tab 5: Rank for each proficiency measurement, the native speaker assessment and average rank for each non-native speaker 147 1 3 5 9 8 13 13 12 10 1 7 6 4 11 Variation within speakers is very high, except for the top two speakers (El and R2) and the bottom four speakers (12, I3, C4 and R 1). Comparison of proficiency with the measurements of prosodic features will therefore mainly be limited to those speakers. Tue proficiency rankings seem closely related to length of residence: the top ranked speakers had been resident in Germany for a number of years (7 and 34) at the time of recording whereas the bottom ranked speakers bad only been resident for a few months. However, this finding says nothing about a causal relationship between the two variables. No relationship between the segmental organization of second language speech and proficiency ranking can be determined. Both top and bottom ranked speakers are equally far removed from native speaker values. In terms of the production of syllable types, however, low ranked speakers show the greatest difference from the native German speakers. Speakers 12, I3 and Rl produce very few syllables with reduced and deleted vowels. Speakers 12 and Rl furthermore produce a temporal organization of syllables in their German speech with the greatest difference to that of the native speakers. 5. Discussion The object of this study was to determine the influence of the native language on the prosody of second language speech. In speech production models (e.g. DE BOT 1992) it has been suggested that the typological "closeness" oftwo languages affects their potential interaction or interference during the process of phonological and specifically prosolFJLllllL 32 (2003) 148 Ulrike Gut die encoding. Two aspects of speech production can be affected: the generation of prosodic properties, in which syllables are marked according to their temporal and accentual (metrical) features and articulation, where these syllable plans are converted into motor plans. Our first hypothesis was that if the native language does not provide temporal or accentual markers as is probably the case for Romance languages (syllables are not specified for length) and Chinese (syllables are not specified for length and accent), learners of German with these native languages will produce syllables unspecified for these aspects in their second language speech. Second language speakers of German with English as their native language, on the other band, were not expected to produce different temporal pattems since English has similar temporal and metrical marking of syllables as German. A comparison of the temporal organization of subsequent syllables in the speech of the three groups of non-native speakers of German revealed no significant differences from the German native speakers. However, individual speakers such as one Italian speaker, the two Romanian speakers and one Chinese speaker produced strings of syllables with clearly more similar length than the German native speakers. The second line of investigation was concemed with syllable types produced by learners of German. In German, syllables with reduced and deleted vowels occur at specific non-prominent positions. lt was hypothesized that speakers of Romance languages and of Chinese will not have these syllable types available whereas English native speakers might overproduce them in German. Evidence partly supporting this was found in a group comparison of Romance language learners of German and German native speakers. The Romance language speakers produced significantly fewer syllables with deleted or reduced vowels. The Chinese speakers showed a tendency in the same direction but no significant differences were found. Individual speakers showed large differences in their production of syllable types: two Italian speakers and one English speaker produced only half of the amount of reduced and deleted vowels in syllables compared to the German native speakers. The study yielded unexpected results for the English group: vowel reduction in syllables was less frequent rather than more frequent compared to the German native speakers, although vowel deletion was slightly higher. Differences in speech rhythm as measured in the segmental organization confirm these results. The English native speakers tend to produce proportionally fewer vocalic intervals in their speech compared to the German speakers. Most Romance language speakers produce higher vocalic percentages and consonantal standard deviations although some speakers' values are very similar to the German native speakers. The Chinese group is heterogeneous with either higher %V or higher delta C values. Compared to RAMUS [ et al.'s] (1999) classification of languages, the English speakers show native language influence. The Romance language speakers do so too in terms ofhigher %V. Higher delta C values cannot be explained by native language influence. The results suggest that there is indeed an influence of native language prosodic pattems on second language speech. Speakers whose Ll presumably does not mark syllables as reduced or short produce those syllables significantly less in their L2. HowlFLIJllL 32 (2003) Prosody in second language speech production: the role of the native language 149 ever, the prediction made by FLEGE's (1995) model were not confirmed. The similar categories English speakers have for syllable plans do not seem to pose more problems than the new categories Romance language and Chinese speakers have to establish for syllables with reduced and deleted vowels. Apart from the phonological structure of the native language, aspects of proficiency seem to play a role in the production of second language prosody. Even the very rough measurements and rankings carried out in this study showed that low proficiency precludes near-native production of prosodic features. There is plenty of evidence that all non-native speakers, even the very proficient ones, have no separate systems of phonological encoding and articulation. As FLEGE (2002) put it, they produce speech from a "shared phonological space". No independent speech production components can be assumed. However, since complete separation is not possible even for childhood bilinguals who grow up with two languages (PARADIS 2001; GROSJEAN 1982), this is not a state which can be expected (or even wished for) in second language speakers. References ABERCROMBIE, Daniel (1967): Elements ofGeneral Phonetics. Edinburgh: Edinburgh University Press. ARCHIBALD, John (1994): "A formal model of learning L2 prosodic phonology". In: Second Language Research 10, 215-240. ARCHIBALD, John (1997): "The acquisition of English stress by speak: ers of tone languages: lexical storage versus computation". In: Linguistics 35, 167-181. 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" "Hi Linda, hier ist Nick." Ulrike Gut Lindas Herz schlug schneller. Nick war der letzte Mensch auf der Welt, mit dem sie im Moment sprechen wollte. Aber sie schaffte es, mit einer freundlichen Stimme zu sagen: "Ach, hallo Nick. Nett von Dir, mich anzurufen." "Hör zu Linda. Ich möchte, daß Du sofort rüberkommst." "Was? " schrie Linda auf. Sie riß sich sclmell zusammen. "Ich fürchte, ich kann jetzt gerade nicht" sagte sie bestimmt. "Ich denke, daß Du etwas Zeit finden wirst, wenn ich Dir sage, daß es um Tom geht." sagte Nick. Und als Linda nicht antwortete, fügte er hinzu: "Nun? " Linda überlegte sich, ob sie sagen sollte „Ich weiß gar nicht, wovon Du redest." Aber sie wußte, daß sie Nick nichts vormachen konnte. "Ich komme in fünf Minuten" sagte sie und legte auf. Sie rannte nach oben, zog ihre Schuhe an, nahm ihren Mantel und die Schlüssel, als es klingelte. Panik befiel sie. "Was soll ich nur tun? Was soll ich nur tun? " sagte sie zu sich selbst. Als sie die Türe öffnete, saß ein Kind auf den Stufen. Linda konnte ihren Augen nicht trauen. "Du? " staunte sie. Es war Tom. Story B (Der Löwe und die Maus) Ein Löwe und eine Maus gingen spazieren, als sie am Wegrand ein großes Stück Käse liegen sahen. „Bitte Löwe, laß es mich haben! " sagte die Maus, "Du magst doch gar keinen Käse. Sei lieb und such Dir etwas anderes zu fressen." Aber der Löwe legte seine Pfote auf den Käse und sagte: "Er gehört mir! Und wenn Du nicht sofort verschwindest, fresse ich Dich auch! " Die Maus war sehr traurig und ging fort. Der Löwe versuchte, den ganzen Käse auf einmal zu verschlingen, aber er blieb ihm im Hals stecken, und was er auch versuchte, er konnte ilm nicht herunterschlucken. Nach einer Weile kam ein Hund vorbei und der Löwe bat ihn um Hilfe. "Da kann ich nichts machen." sagte der Hund und ging weiter. Dann kam ein Frosch vorbei und der Löwe bat ihn um Hilfe. "Da kann ich nichts machen." sagte der Frosch und hüpfte davon. Schließlich ging der Löwe zur Wohnung der Maus. Sie lag in ihrem Bett in einem Loch, das sie sich gegraben hatte. "Bitte, liebe Maus, hilf mir! " sagte der Löwe. "Der Käse steckt in meinem Hals und ich kann ihn nicht herunterschlucken." „Du bist ein böser Löwe." sagte die Maus. "Du hast mir den Käse nicht gelassen. Aber ich werde Dir trotzdem helfen. Sperr Dein Maul auf und laß mich hinein springen. Ich knabbere an dem Käsestück, bis es klein genug ist, Dir den Hals hinunter zu fallen." Der Löwe öffnete sein Maul. Die Maus sprang herein und begann am Käse zu knabbern. Da dachte der Löwe: "Ich habe wirklich großen Hunger." IFLllllL 32 (2003) Manfred Raupach * Variabilität psycholinguistischer Variablen Zur Interpretation mündlicher L2-Produktionen Abstract. This article focusses on the status psycholinguistic variables may have in oral productions of multilingual leamers of German as a foreign language and discusses the possibility of controlling those variables within an experimental setting. lt takes up some of the hypotheses that have recently been put forward in the framework of the "Bielefeld Research Project on Oral L2-Productions" and according to which there exist interdependences between cognitive processes such as attention, monitoring and automaticity. lt is suggested to differentiate between (a) variables that are meant tobe controlled in the experimental design, which in this case is attention, (b) temporal and linguistic variables which are suited to guide the psycholinguistic analysis of the data, and (c) other factors influencing the leamers' productions, the impact of formerly leamed languages being regarded as a crucial one. 1. Einleitung Das umfangreiche Korpus von Lernerdaten, das im Rahmen des Bielefelder DFG-Projekts Mündliche L2-Produktion I zusammengestellt worden ist, erlaubt aufgrund des experimentellen Designs eine Fülle von Hypothesenbildungen und -überprüfungen zur Fremdsprachenproduktion und zum Fremdsprachenerwerb. In erster Linie sind es zwei Ziele, die die Initiatoren des Projekts nach eigenen Aussagen verfolgen. Zum einen soll es dazu dienen, die Entwicklung theoretischer Grundlagen zu fördern und entsprechende Modellbildungen abzusichern. Dabei werden insbesondere die „kognitiven Prozesse" Monitoring und Automatisierung in ihrer postulierten Abhängigkeit vom jeweiligen Aufmerksamkeitsgrad, den die Lerner ihren Äußerungen widmen, untersucht. Zu diesem Zweck sind die Sprachproduktionen so aufgezeichnet und bislang zumindest in Teilen so ausgewertet worden, daß sie nicht nur zu linguistischen oder speziell diskursanalytischen Interpretationen anregen, sondern auch zur Gewinnung psycholinguistischer Erkenntnisse beitragen können. Dies impliziert, daß die Lernerdaten vor allem solche Phänomene mit erfassen sollen, die als Indikatoren für mentale Prozesse interpretiert werden können. Hierzu zählen im wesentlichen solche Erscheinungen, die in der Tradition bisheriger vergleichbarer Forschung als „temporale Variablen" bezeichnet worden sind. Diese Maße und die mit ihnen Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Manfred RAUPACH, Univ.-Prof., Universität, Fachbereich 8: Anglistik/ Romanistik, Georg-Forster-Str. 3, 34127 KASSEL. E-mail: raupach@uni-Kassel.de Arbeitsbereiche: Psycholinguistik, Sprachlehrforschung. 1 Der ausführliche Titel des Projekts lautet: "Zur Funktion der mündlichen L2-Produktion und zu den damit verbundenen kognitiven Prozessen für den Erwerb der fremdsprachlichen Sprechfertigkeit". ]F[,1.ll, 32 (2003) 154 Manfred Raupach verknüpften Untersuchungsmethoden sollen - und dies ist das zweite wichtige Anliegen des Projekts auf ihre Kombinierbarkeit und letztlich auf ihre Aussagekraft bezüglich der angestrebten Modellbildungen überprüft werden. Angesichts dieser Ausrichtung des Projekts und seiner breiten empirischen Basis kommt der Auswahl der kontrollierten und nichtkontrollierten Variablen sowie ihrem Stellenwert für die Datenanalyse und für die anschließenden Interpretationen entscheidende Bedeutung zu. Im folgenden Beitrag soll deshalb der Status einiger ausgewählter Variablen diskutiert werden und dabei zugleich die Gelegenheit genutzt werden, mit einigen Textbeispielen einen Eindruck von der Art der im laufenden Projekt gewonnenen Daten zu vermitteln. 2 2. Das Untersuchungsdesign: die Daten Die verschiedenen Formen und Etappen der Datenerhebungen im Rahmen des Projekts sind bereits des öfteren beschrieben worden3, so daß hier nur stichwortartig die für die weiteren Überlegungen wichtigen Verfahren und Datensätze genannt zu werden brauchen: Probanden: 16 Teilnehmer(innen) eines studienvorbereitenden Deutschkurses an der Universität Bielefeld mit dem Ziel der DSH-Prüfung. Primärdaten: 1. Experiment (Querschnittstudie) Cartoonbeschreibungen und Textreproduktionen, jeweils mit unterschiedlichen „Interaktanten", d.h. mit: einem sozial gleichgestellten Lerner (Kommilitonen aus dem DaF-Vorbereitungskurs) einem sozial gleichrangigen Muttersprachler (DaF-Studenten) und einem sozial hochrangigen Muttersprachler (DaF-Dozenten). Für einen Teil der Aufgabenstellungen erhielten die Probanden zudem die Instruktion, besonders auf die sprachliche Korrektheit ihrer Äußerungen zu achten, für den anderen Teil die Aufforderung, das Gewicht auf eine inhaltliche Angemessenheit und Vollständigkeit zu legen. · 2. Interview (IBMS = Interview zur Elizitierung Mündlicher Sprachdaten, Longitudinalstudie) Kursbegleitende halbstrukturierte Interviews über Alltagssituationen der Probanden und über Sprachhandlungen. 2 An dieser Stelle gebührt dem Projekt-Team ein herzlicher Dank für die unkomplizierte und keineswegs selbstverständliche Bereitschaft, mit der ein Zugang zu den Daten und zu den bisherigen Auswertungen ermöglicht worden ist. 3 Zum Untersuchungsdesign, zur Definition der postulierten Prozesse und zu Forschungsfragen vgl. die Beiträge der Mitarbeiter des Projekts im vorliegenden Band sowie BÄRENFÄNGERIBEYER (2001). lFLUllL 32 (2003) Variabilität psycholinguistischer Variablen. Zur Interpretation mündlicher L2-Produktionen 155 Sekundärdaten: I. Leme,fragebogen als Instrument der Selbsteinschätzung (vgl. BÄRENFÄNGER 2002b) 2. SW-Test (Sprachliches Wissen) als Instrument der Fremdeinschätzung (vgl. BEYER 2002). 3. Variablen und Einflu: ßfaktoren 3.1 Kontrollierte Variablen Mit dem skizzierten Untersuchungsdesign soll bei der Erhebung der Primärdaten im Experiment primär der Aufmerksamkeitsgrad der L2-Sprecher manipuliert werden, und zwar in zweifacher Weise: durch Änderung der Interaktionssituation (jeweils wechselnde Interaktionspartner mit unterschiedlichem sozialen Status) und durch Variation der Instruktionen (Fokus auf Korrektheit oder auf Inhalt). Mit den beiden „Textsorten" Cartoonbeschreibung und Textproduktion werden zudem die kognitiven Anforderungen verändert. Letzteres wird u.a. auch durch die Steigerung des Schwierigkeitsgrades in den Interviews angestrebt; wichtiger sind in diesem Longitudinalteil der Studie jedoch Aspekte der längerfristigen Veränderungen in den Lernerproduktionen sowie die Auswirkungen, die der dialogischen Gesprächssituation im Vergleich zu den überwiegend monologisch ausgerichteten Szenarien im Querschnittsteil der Studie zugeschrieben werden können. Andererseits wird in den Interviews nicht mehr von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Grade der Aufmerksamkeit durch wechselnde Gesprächspartner zu manipulieren. 3.2 Temporale Variablen Die temporalen Variablen repräsentieren im Projekt diejenige Kategorie von abhängigen Variablen, die am ehesten geeignet ist, quantifizierbare Meßdaten zu liefern. Ihre Analyse gehört seit den 80er Jahren zum geläufigen Inventar psycholinguistischer Verfahren, wenn es um Indikatoren für die Sprachplanung in mündlichen Produktionen geht (DE- CHERT/ RAUPACH 1980). Die mit ihr verknüpften Maße und Methoden bilden die Basis für die Beschreibung von Sprechflüssigkeit (jluency) in L2-Produktionen und damitso eine der Grundannahmen des Projekts auch für die Erfassung kognitiver Prozesse wie Monitoring und Automatisierung. Zentrale Meßeinheiten sind zum einen rein quantitativ zu ermittelnde Phänomene wie Sprech- und Artikulationsgeschwindigkeit, Pausen, Sprecheinheiten (Silbenanzahl zwischen zwei Pausen) usw., zum andern aber auch solche Erscheinungen, die stärker an die sprachliche Realisierung gekoppelt sind, wie Selbstreparaturen, Fehlstarts oder Wiederholungen. Das Konzept der Sprechflüssigkeit in Sprachproduktionen ist im übrigen in jüngerer Zeit freilich außerhalb des hier interessierenden psycholinguistischen Kontextes zu einer wichtigen Größe für den Bereich des Lehrens, Lernens und Beurteilens von Fremdsprachen avanciert. Es gilt als entscheidender Gradmesser bei den Bestimmungen der JF]Lu.i]L 32 (2003) 156 Manfred Raupach Kompetenzniveaus (Al, A2, Bl, B2, Cl, C2), wie sie im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GOETHE-INSTITUT INTERNATIONES 2001) mit allgemeinverbindlichem Anspruch definiert werden. Auf der höchsten Stufe (C2) gelten für mündliche Produktionen Beschreibungen wie „Kann klar, flüssig und gut strukturiert sprechen", auf mittleren Stufen (Bl) Charakterisierungen wie „Kann relativ flüssig eine unkomplizierte, aber zusammenhängende Beschreibung [...] geben"; zu den erwarteten Produktionsstrategien gehören u.a. die Kontrolle und die Reparaturen; z.B. auf dem Niveau B2: "Kann Versprecher oder Fehler normalerweise selbst korrigieren, wenn sie ihm/ ihr bewußt werden", oder auf dem Niveau C2: "Kann bei Ausdrucksschwierigkeiten so reibungslos neu ansetzen und umformulieren, daß die Gesprächspartner kaum etwas davon bemerken". Die im hier diskutierten Projekt gewonnenen Daten bieten vielfach Gelegenheit, die im Referenzrahmen postulierten Kompetenzniveaus auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen und auszuloten, inwieweit sie genügend Trennschärfe besitzen, um Lemerfortschritte abbilden zu können. 3.3 Sprachliche Variablen Als sprachliche Variablen im engeren Sinne sollen hier in Abgrenzung zu Phänomenen wie Selbstreparaturen, Wiederholungen usw., die oben den temporalen Variablen zugerechnet worden sind die jeweils verwendeten Redemittel gelten, die z.B. die Ausdrucksvielfalt und damit das stilistische Niveau einer Produktion ausmachen. Diese als abhängige Variablen zu betrachtenden „Versprachlichungen" lassen sich in aller Regel zwar ebenfalls quantifizieren etwa nach der Gesamthäufigkeit ihres Auftretens oder nach ihrer Kookkurrenz mit anderen sprachlichen oder auch nonverbalen Phänomenen4; zur Interpretation im Rahmen von psycholinguistischen Modellbildungen stehen bei ihnen jedoch qualitative Aspekte im Vordergrund. Mit Blick auf die eingangs genannten zentralen Themen des Projekts sind u.a. Formelhaftigkeit in Syntax und Lexik, Interlanguage-Formeln und Fossilierungen als aufschlußreiche Kategorien genannt worden (BÄRENFÄNGER 2002a: 136). 3.4 Einflußfaktoren Hinweise auf mentale Verarbeitungsprozesse der Sprecher lassen sich offensichtlich nur aus einer Analyse der soeben skizzierten temporalen und anderen Sprachverhaltensvariablen in den einzelnen Sprachproduktionen gewinnen. Diese reflektieren allerdings zugleich auch den Einfluß zusätzlicher Faktoren, denen im Untersuchungsdesign zwar durch die Erhebung der Sekundärdaten Rechnung getragen worden ist, deren Auswir- 4 Auch bei diesem Datenkorpus erweist es sich als sehr nützlich, die über die Video-Aufzeichnungen zugänglichen Daten zur Kinesik, d.h. zu Gestik, Mimik, Blickkontakt oder Körperhaltung, als Korrektiv für ~unächst rein sprachlich fundierte Interpretationen heranziehen zu können (vgl. dazu auch den Beitrag von DAUSENDSCHÖN-GAY in diesem Band [178-195]). lFLlllL 32 (2003) Variabilität psycholinguistischer Variablen. Zur Interpretation mündlicher L2-Produktionen 157 kungen im Einzelfall aber nur schwer abzuschätzen sind. Zu ihnen gehören u.a. das Sprachwissen, der kulturelle Hintergrund und die bisherigen Lern-/ Erwerbserfahrungen der einzelnen Sprecher oder auch der individuelle Lernertyp. Hieran werden die prinzipiellen Schwierigkeiten deutlich, die mit dem Versuch einhergehen, bestimmte Formen des Sprachverhaltens als unmittelbare Reflexe einer reduzierten Anzahl von möglicherweise nur scheinbar kontrollierten Variablen zu interpretieren. 4. Analyse ausgewählter Produktionsdaten Die folgenden Überlegungen nehmen nur bedingt Bezug auf das mögliche Zusammenspiel zwischen Aufmerksamkeit, Monitoring und Automatisierung; sie beschäftigen sich in stärkerem Maße mit dem allgemeinen Status und der Aussagekraft einzelner, für die Interpretation der Sprachdaten wichtiger Variablen. Das zugrunde gelegte Korpus besteht aus den mündlichen L2-Produktionen (= Primärdaten) zweier Probanden aus dem Bielefelder Projekt; die Informationen aus den Sekundärdaten bleiben hier weithin unberücksichtigt: Proband 302 ist Marokkaner und bei Beginn der Datenerhebungen 25 Jahre alt. Seine Muttersprachen sind Arabisch und Berberisch, seine Fremdsprachen in der Reihenfolge des Erwerbs -Französisch (20 Jahre), Spanisch (1 Jahr), Englisch (3 Jahre) und Deutsch (6 Monate im Heimatland gelernt). Probandin 379 ist Chinesin und bei Beginn der Datenerhebungen 22 Jahre alt. Ihre Muttersprache ist Chinesisch, ihre Fremdsprachen sind Englisch (8 Jahre) und Deutsch (1 Jahr im Heimatland gelernt). 4.1 Kontrollierte Variablen Die im Projekt beabsichtigte Manipulation des Aufmerksamkeitsgrades ist an Erwartungen wie die folgenden geknüpft: Der Grad der Aufmerksamkeit, den die Sprecher bei ihren Produktionen aufbringen, nimmt mit steigendem sozialen Prestige des Interaktionspartners zu, oder: Der lernerseitige Einsatz des Monitors variiert in Abhängigkeit vom induzierten Aufmerksamkeitsfokus (sprachliche Korrektheit vs. inhaltliche Ausführlichkeit). Als Indikatoren für entsprechende Veränderungen in den kognitiven Verarbeitungsprozessen werden temporale und sprachliche Variablen in den jeweiligen Sprachproduktionen angesehen. In der Tat legen erste Vergleiche der Verteilung ausgewählter temporaler Variablen wie Sprech- und Artikulationsgeschwindigkeit, Umfang der Sprecheinheiten oder Frequenz der Abbrüche die Annahme nahe, daß die Lerner in Gegenwart gleichrangiger Mitlerner „flüssiger" produzieren als bei anwesenden sozial hochrangigen Muttersprachlern. Die Aussagekraft der erzielten Durchschnittswerte ist allerdings begrenzt. Sie nivellieren nämlich, wenn sie undifferenziert auf ganze Texte bezogen werden, die z.T. durchaus beträchtlichen Unterschiede, die innerhalb einer einzigen Textproduktion bestehen können. Es ist deshalb sinnvoll, von vornherein zu trennen zwischen einer IFlLillL 32 (2003) 158 Manfred Raupach globalen Aufmerksamkeit, die die Lerner der gesamten Pr.oduktion eines Textes widmen, und den verschiedenen variierenden Aufmerksamkeitsgraden, die sie für die Bewältigung einzelner Textsequenzen aufbringen (s. unten einige Beispiele). Die Anweisungen, die die Sprecher zur Manipulation ihres Aufmerksamkeitsfokus für ihre Produktionen im Experiment (Cartoonbeschreibung und Textreproduktionen) erhalten haben, müssen in ihren Auswirkungen ebenfalls differenziert betrachtet werden. Sie lauten: "Achten Sie besonders darauf, möglichst keine sprachlichen Fehler zu machen, also möglichst korrekt zu sprechen" (Fokus auf Korrektheit) vs. "Achten Sie besonders darauf, den Text möglichst ausführlich wiederzugeben, jedes Detail zu beschreiben und keine Nebensächlichkeiten auszulassen" (Fokus auf Inhalt). Auch hier vermitteln einige der Produktionen in der Tat den Eindruck, daß die Sprecher unter der ersten Bedingung größeren Wert auf grammatische Korrektheit legen als unter dem „Inhaltsfokus"; so etwa in der Cartoonbeschreibung von Sprecher 302, bei der der Fokus auf Korrektheit liegen sollte und die Beschreibung zudem in Gegenwart eines „sozial hochrangigen Interviewpartners" erfolgte (Text 302-CK3). 5 Als Nachweis für das große Bemühen um grammatische Korrektheit können hier die zahlreichen Selbstkorrekturen gewertet werden 6 : Auf dem Baum euh sitzen sich euh drei sitzen drei euh Männer/ / Einer von dem zwei Bären euh hat euh hält euh euh euh wie viel drei ja drei andere Männer/ / Ein Bär hat euh sagt [-xt] euh sagt [-gt] zu einer zu den anderen-zu dem anderen/ / Also die sitzen sie sitzen euh oben/ / Damit euh die drei Männer feuh fällen ffallen/ / Und euh fang sie an euh fang sie mhmh fäng sie / / 7 Nun finden sich entsprechende Selbstkorrekturen allerdings auch in solchen Produktionen desselben Sprechers, bei denen der Fokus auf der Ausführlichkeit der Darstellung, und nicht auf der Korrektheit, liegen sollte. Ein interessantes Beispiel liefert die Cartoonbeschreibung Text 302-CI2: 5 Zur Identifizierung der Textproduktionen, aus denen im weiteren Einzelbeispiele zitiert werden, verwende ich folgende Abkürzungen: Für die Experimente: C = Cartoonbeschreibung, T = Textreproduktion; K = Fokus auf Korrektheit, I = Fokus auf Inhalt; 1 = sozial gleichgestellter Lerner, 2 = sozial gleichgestellter Muttersprachler, 3 = sozial hochrangiger Muttersprachler. In Verbindung mit der Kennziffer für den jeweiligen Probanden bedeutet somit die Kennzeichnung „302-CK3": Cartoonbeschreibung von Sprecher Nr. 302 mit Fokus auf Korrektheit und mit einem sozial hochrangigen Muttersprachler als Interaktanten. Für die Interviews bedeutet „379-IEMS2": zweites Interview mit Sprecherin Nr. 379. 6 Die temporalen Variablen werden, um der besseren Lesbarkeit willen, in den zitierten Textproben nur in vereinfachter Weise berücksichtig: "euh" steht für gefüllte Pause"-" für ungefüllte Pause. 7 Natürlich sind die Selbstkorrekturen einschließlich der mißglückten Versuche für sich genommen kein zuverlässiger Gradmesser; sie müssen in Verbindung mit anderen Variablen und insbesondere bei allen damit verbundenen Schwierigkeiten in Relation zu den nicht erfolgten Selbstkorrekturen gesehen werden. lFLiiilL 32 (2003) Variabilität psycholinguistischer Variablen. Zur Interpretation mündlicher L2-Produktionen 159 ...ein Tisch mit enh ein Tisch und über diese auf diese Tisch euh ist ein ein Teller ((Lachen)) ja ausführlich ((Lachen)) und da gibt es einen Sessel einen Sessel enh und enh auf dem Sessel steht euh ein Mann mit Brille - und enh euh neben enh dem Sessel steht euh nee auf dem Sessel ssitzt ein Mann ((Lachen)) enh ein Mann mit Brille - und euh neben dem Sessel steht eine Frau II Zum einen fällt an dieser Textpassage auf, daß die Selbstkorrektur (nee auf dem Sessel ssitzt ein Mann) relativ spät erfolgt, nämlich zu einem Zeitpunkt, zu dem der Sprecher bereits die Formulierung der nächsten Beschreibungseinheit (neben dem Sessel steht eine Frau) "in Bearbeitung hat". Zum andern ist es bezeichnend, daß der Sprecher quasi augenzwinkernd während seiner Produktion selbst noch einmal an die in der Instruktion geforderte Ausführlichkeit in seiner Beschreibung erinnert (ja: ausführlich), um sie damit zu rechtfertigen. Bei diesem Sprecher, der sich spürbar um die Verbesserung seiner Deutschkenntnisse bemüht und sich durchgängig relativ kontrolliert äußert, haben die „Regieanweisungen" somit offenbar Auswirkungen auf sein Produktionsverhalten. In retrospektiven Gesprächen hierüber bestätigt der Sprecher auch dieses Bestreben, räumt aber zugleich ein, daß er einerseits immer auf Korrektheit achtet (302-IEMS2), andererseits aber auch stets auf den Inhalt (Nachgespräch zu 302-CI2), in der Regel also „beides gleichzeitig" versucht (Nachgespräch zu 302-TB). Für die Sprecherin 379 besteht ebenfalls „kein großer Unterschied": Auch beim Fokus auf dem Inhalt hat sie „doch auch ein bißchen auf Grammatik geachtet" (379-Cll). Sie fügt erklärend hinzu, daß sie seit Beginn ihres Fremdsprachenlernens ein besonderes Verhältnis zur Fehlertoleranz gehabt habe. Da die Chinesen prinzipiell schüchtern seien, habe sie es in ihrem Heimatland vermieden, ihre Fremdsprachenkenntnisse mit Ausländern, d.h. mit englischen oder deutschen Muttersprachlern zu erproben, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, Fehler zu machen "müssen immer gut machen"). Diese Einstellung habe sich bei ihr jedoch inzwischen geändert; in Deutschland fände sie es nun besser, möglichst viel zu sprechen und verbessert zu werden, und sie habe auch generell keine Probleme damit, bei schneller Sprachproduktion eigene Fehler unkorrigiert zu lassen, um den Gesprächspartner durch Wiederholungen nicht zu langweilen (Nachgespräch zu den Produktionen 379-TK3 und 379-CK3). Beide Sprecherbeispiele belegen, daß die Instruktionen zum Aufmerksamkeitsfokus bei den Probanden auf z.T. unterschiedliche Voreinstellungen treffen, wobei natürlich die eigene subjektive Wahrnehmung und die jeweilige sprachliche Realisierung nicht zwangsläufig in Einklang miteinander stehen müssen. Eine ebenfalls nicht leicht zu kontrollierende Variable stellt der mit dem Aufmerksamkeitsfokus verknüpfte Schwierigkeitsgrad dar. In den Interviews soll er ausdrücklich manipuliert, d.h. kontinuierlich gesteigert werden, er spielt aber natürlich gleichermaßen bei den Sprachaufgaben im Experiment eine wichtige Rolle möglicherweise jedoch anders, als von den Projektleitern geplant oder erwartet. So scheinen bei den Textreproduktionen im Fall von Sprecher 302 nicht nur die vielleicht textlinguistisch beschreibbaren Schwierigkeiten relevant zu sein. Er nennt u.a. folgende Kriterien, die für ihn das Verständnis und eine Reproduktion schwierig gestalten: "ist ein bißchen schwer zu verstehen: nicht detailliert" (Nachgespräch zu 302-TI2) oder „es gibt nicht so (zu? ) viele lFlLl.lllL 32 (2003) 160 Manfred Raupach Ideen" (Nachgespräch zu 302TK2). Die Sprecherin 379 bezeichnet-vielleicht aus Gründen der Höflichkeitfast alle Textaufgaben als „nicht so schwer", obwohl ihre Textreproduktionen gelegentlich den gegenteiligen Eindruck suggerieren (s.u.). Auch bei der Textsorte Cartoon erweist sich eine differenzierte Betrachtung der Variable „Schwierigkeitsgrad" als lohnend. Sprecher 302 hält die Cartoonbeschreibungen zwar generell für einfacher "die meisten der Bilder sind nicht kompliziert", Vorgespräch zu 302-CB; "nicht schwierig zu beschreiben", Nachgespräch zu 302-CB), dennoch werden sie von beiden Sprechern an vielen Stellen mit deutlich mehr Verzögerungen produziert als die Textaufgaben. Einige der Zeichnungen sind objektiv gesehen ausgesprochen schwer zu verstehen, wie entsprechende Stichproben mit anderen Sprechergruppen bestätigen (insbesondere die Vorlage für 302-CB und 379-CB); insgesamt erfordern aber alle ausgewählten Bilder, die ausnahmslos von Gary Larson stammen (aus dem Band Unter Bären) und in denen häufig die Perspektive Mensch-Tier in z.T. makabrer und absurder Weise ins Gegenteil verkehrt wird, eine spezifische Art von Humorverständnis, das nicht von allen Sprechern, erst recht nicht mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund, geteilt wird. Entsprechend resigniert die Sprecherin 379 im Anschluß an ihre Beschreibung von 379- CK3: "Wie immer habe ich auch nicht das Bild verstanden", und für Sprecher 302 erschließt sich der „Witz" eines beschriebenen Cartoons ebenfalls mehrfach erst im retrospektiven Gespräch. Selbst bei relativ einfach zu beschreibender Bildsituationen kann sich dieser Mangel am Gesamtverständnis, der dem Sprecher durchaus schon zu Beginn seiner Produktion bewußt ist, beeinträchtigend auf die „Flüssigkeit" der gesamten Cartoonbeschreibung auswirken (siehe Sprecher 302 im Nachgespräch zu 302-CB). Insgesamt stellen demnach sowohl der Aufmerksamkeitsfokus als auch der Schwierigkeitsgrad offenbar nur bedingt „kontrollierbare" Variablen dar, auf die zudem lernerspezifisch unterschiedlich reagiert wird. 4.2 Temporale und sprachliche Variablen Es erscheint sinnvoll, beide Typen von Variablen von vornherein in ihrem Zusammenspiel zu analysieren; die Beschränkung auf vorwiegend quantitativ bestimmte temporale Variablen vermag in aller Regel nur Tendenzen aufzudecken, die dann stets am konkreten Sprachmaterial in differenzierter Form überprüft und interpretiert werden müssen. So läßt sich in vielen Fällen beobachten, daß zwischen den einzelnen Textsorten die Verteilung temporaler Variablen in auffälliger Weise variiert. In den Interviews und in den Textreproduktionen sind Anzahl und Umfang der „flüssig" produzierten, d.h. nicht von Verzögerungsphänomenen unterbrochenen Sprecheinheiten, größer als in den Cartoonbeschreibungen, bei denen die einzelnen Bildelemente schrittweise, häufig unter Verwendung kurzer formelhafter Wendungen, verbalisiert werden. Hier wiederholen sich z.B. in stereotyper Weise Verbindungen mit „es gibt", z.B. in 302-Cll 8: Wir verzichten hier auf eine Kennzeichnung der Verzögerungsphänomene. JFLUJ]L 32 (2003) Variabilität psycholinguistischer Variablen. Zur Interpretation mündlicher L2-Produktionen 161 da gibt es einen Sessel/ / [...] neben dem Zimmer gibt es die Küche/ / [...]auf dem Sessel es gab es gibt ein Spiral/ / [ ... ] auf dem Boden gibt es eine Brille da gibt es Brille/ / [...] und es gibt ein Loch da/ / oder auch in 379-Cll: auf dem Fenster gibt es Vorhang/ / [...] auf dem Dach gibt es ein Loch/ / [ ...] auf dem Boden gibt es kaputte Brille/ / [...] auf einem Seite gibt es eine Tür/ / [ ...] nebenbei ich glaube gibt es ein andere Zimmer/ / Diese Präferenz ist für zahlreiche L2-Bildbeschreibungen typisch, und auch die folgende, für die Erfassung von Automatismen wichtige Beobachtung bestätigt nur Bekanntes: Die Cartoonbeschreibungen werden häufig mit ein und derselben formelhaften Wendung eröffnet, wie etwa bei Sprecher 302: 302-CI2 Also da steht eine euh - euh ein Briefkasten/ / 302-CI3 Also auf dem Bild euh steht eine euh eine Brücke/ / 302-CKl Also auf meinem Bild steht euh also euh wie heißt das ein See/ / 302-CK2 Also da auf dem Bild steht euh ein ein Hof/ / 302-CK3 Ja euh auf dem Bild steht zwei eh Bärn / / Die längsten Sprecheinheiten in den rein bildbeschreibenden Textpassagen sind erwartungsgemäß dort anzutreffen, wo die Sprecher die Unterschrift zur Cartoonzeichnung vorlesen. Ansonsten treten längere Sprecheinheiten am ehesten noch in den interpretierenden Textpassagen der Bildbeschreibungen auf und natürlich in den retrospektiven Nachgesprächen, die im Anschluß an die L2-Produktionen mit muttersprachlichen Interaktanten geführt worden sind. Da in diesen Nachgesprächen normalerweise Inhalte thematisiert werden, die schon vorher einmal in der Lernerproduktion versprachlicht worden sind-wenn es z.B. darum geht, den „Witz" des beschriebenen Cartoons zu erklären -, können die Probanden hier in der Regel auf Formulierungen zurückgreifen, die sie bereits zuvor in ihrer Cartoonbeschreibung verwendet haben. Die sich hier abzeichnende Kategorie der Reformulierung findet sich mehrfach, und zwar in unterschiedlichen Formen, in den Datensätzen des Projekts wieder. Als bislang wenig beachtete Variable kann sie Hinweise auf die Variationsbreite in den Ausdrucksmöglichkeiten der Probanden geben und zugleich Aussagen über Lernprozesse gestatten, die sich beim einzelnen Lerner im Verlauf der Produktionen vollziehen. Zur Illustration sollen einige Beispiele aus dem Experiment vorgestellt werden. Sprecher 302 liefert am Ende seiner Cartoonbeschreibungen in der Regel noch einmal eine Art zusammenfassender Interpretation, auf die dann gelegentlich im Nachgespräch wieder eingegangen wird. In der Produktion 302-CI2 ergeben sich bei der Bezeichnung des im Bild erscheinenden Briefträgers folgende Äußerungen: Also ein wie heißt der euh der Verteidiger des Briefs wie heißt der - (Interaktant: nochmal wie? ) - Verteidiger der verteidigt Briefe (Interaktant: der verteidigt Briefe) ja (I: mhm) - mit euh ((Sprecher zeigt auf seinen Kopf, um eine Postmütze anzudeuten)) Postbeamter/ / [...] Die Frau sagt zu den - Briefverteidiger: wir sind euh die Wilson Will euh Wilsons / / IFL1lll]L 32 (2003) 162 Manfred Raupach Im Nachgespräch: Und euh ich glaube der Briefträger der frägt euh: Wo sind die Wilsons / / Die Bezeichnungen, die der Lerner im Laufe seiner Produktion für den Briefträger wählt, zeugen von einer bemerkenswerten Variabilität. Zunächst verfällt er nach Verwendung des im übrigen ohne Hilfe von außen erschlossenen Begriffs Postbeamter wieder in die ursprünglich erfolglose Suche in seinem mentalen Lexikon nach Briefverteiler (hier über die klanglich ähnlichen Formen zum Wortfeld Verteidiger); im Nachgespräch stellt sich dann heraus, daß ihm ohne erkennbare Mühe mit Briefträger ein weiterer passender Begriff zur Verfügung steht, zu dem ihm vorher offenbar der Zugang versperrt geblieben war. Eine Modellierung von Sprachverarbeitungsprozessen in L2-Produktionen, die solchen Varietäten in den Sprachdaten Rechnung tragen will, muß ein breites Spektrum von lexikalischen Suchstrategien vorsehen und im günstigen Fall Erklärungshypothesen für den Einsatz unterschiedlicher Zugriffsmöglichkeiten anbieten. Die Cartoonbeschreibungen liefern vor allem solche Beispiele, in denen die Formulierung, die durch die Bildunterschrift vorgegeben ist, allmählich in die Ausdrucksweise des Lerners überführt wird. So wird in 302-CKI aus Und einer sagt euh zu dem andern: Paß auf du sagst es Billys Mutter und ich suche einen neuen Reifen((= Bildunterschrift)) im Nachgespräch die Paraphrase (nicht mehr in Form der direkten Rede): Der muss euh der soll muss einen neuen Reifen besorgen. In der darauffolgenden Woche, in der derselbe Cartoon noch einmal thematisiert wird, lautet die vergleichbare Stelle im Nachgespräch zu 302-CI3 (im folgenden wird auf die Angabe der Verzögerungsphänomene verzichtet): Ein Kind hat gesagt zu der anderen zu dem andern: ja, du sagst es (? ) zu der Mutter und ich besorge einen anderen Reifen. Eine sehr viel größere Relevanz als in den Cartoonbeschreibungen besitzen die Reformulierungen in den Textreproduktionen. Die Versuchsanordnung sah vor, daß sich die Probanden vor ihrer Produktion eine Viertelstunde lang Notizen zu dem ihnen vorgelegten Text machen sollten, die als Grundlage für ihren anschließenden Vortrag dienten. Schon bei der ersten schriftlichen Transformation können sich aufschlußreiche „Textbearbeitungen" ergeben, die dann bei der Verarbeitung zur mündlichen Produktion weiteren psycholinguistischen Prozessen unterliegen. Nach einem ersten Eindruck schöpfen die Probanden in der Gesamtheit sicherlich individuell und nach jeweiliger Textvorlage unterschiedlich die gesamte Skala an Möglichkeiten der Vorbereitung und Produktion aus; in einigen Fällen haben sie sich ganze Passagen wörtlich aus der Textvorlage abgeschrieben, die dann im Gespräch mehr oder weniger wörtlich abgelesen werden. An der Intonation und an Schreib- oder Lesefehlern, aber auch an den anschlie- JFLJJ][, 32 (2003) Variabilität psycholinguistischer Variablen. Zur Interpretation mündlicher L2-Produktionen 163 ßenden Kommentaren der Probanden stellt sich gelegentlich heraus, daß der Text dabei entweder mißverstanden oder gar nicht verstanden worden ist. 9 Auch hier spielt natürlich der Schwierigkeitsgrad, wie er vom einzelnen Lerner sowohl bei der Rezeption als auch bei der Produktion empfunden wird, eine wichtige Rolle für die gesamte Textbehandlung. Für eine psycholinguistische Analyse sind nun vor allem die vom Originaltext abweichenden Versionen von Interesse. Solche Abweichungen können schon beim Anfertigen der Notizen vorgenommen werden und/ oder sie entstehen durch eine relativ freie, von der eigenen Textvorlage losgelöste Produktion. Die hierbei in aller Regel anzutreffenden Vereinfachungen sind geeignet, Hinweise auf mögliche Fossilierungen in der jeweiligen Lernersprache zu geben. Einschlägige Beispiele für die Transposition ins mündliche Medium, von denen einige zweifellos auch von Muttersprachlern vorgenommen worden wären, sind: 379-TB: folgendermaßen= wie folgt; sobald es dunkel wird= wenn es dunkel ist; einige Menschen = manche Leute; am frühen Morgen = am Morgen früh; aber das sind nur partielle Unterschiede = aber es gibt nur partielle Unterschiede; die Folge davon sind häufig Magenkrankheiten = das hat als Folge Magenkrankheiten; 379-TI2: einen wesentlichen Beitrag nämlich leisten die Methoden[ ...] = und auch ein wichtiger Beitrag ist die Methode. Eindeutig lernersprachlich ist z.B.: 379-TB: Inzwischen hat sich auch gezeigt, daß dieses Programm für alle Menschen nützlich ist= Es hat auch gezeigt diese dieses Programm für alle nutzen alle Menschen nützlich ist. Bei der Sprecherin 379 erscheint eine entsprechend detaillierte Analyse deshalb lohnenswert, weil sie, ganz im Einklang mit dem letztgenannten Beispiel, insgesamt zu Vereinfachungen im Bereich der Artikel, Pronomina, Konjunktionen usw. neigt, ohne daß dabei auf den ersten Blick Regelhaftigkeiten zu erkennen wären. Von den beiden Probanden strebt Sprecher 302 in höherem Maße nach Unabhängigkeit vom Original, wie z.B. in: 302-TK2: Die Ergebnisse dieser Forschungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen [...] = Als Resultat dieser Forschung sind die Kinder und Jugendlichen freier als damals. Damit sind seine Formulierungen aber auch anfälliger: 302-TI2: Die Nichtschwimmer, wenn sie ins Wasser geworfen werden, versuchen sie[ ...]/ / 302-Tll: Aber ein Kind, ist ihm völlig egal ob was sie sagen logisch ist oder[ ... ]/ / Im Extremfall kommt es dabei sogar zu einem völligen Abbruch der Produktion wie in 9 Dies gilt z.B. für 379-TI3; überraschenderweise empfindet die Sprecherin den Text trotzdem als „nicht so schwer". In 379-TI2 erklärt die Sprecherin ihre Unsicherheiten bei der Reproduktion dadurch, daß sie sich zwar Notizen gemacht habe, daß dann aber in der Vorbereitung zu wenig Zeit für die Wiederholung zur Verfügung gestanden habe. IFLlllL 32 (2003) 164 Manfred Raupach 302-TK2: Die Familie ist und bleibt ein wichtiger Rückhalt für die Jugendlichen. [...] Deshalb sind Familienförderung und verstärkter Einsatz von Sozialarbeitern[...] dringend nötig= Auch die Familie spielt eine wichtige Rolle((= offensichtlicher Wortlaut der eigenen Notiz)), aber die Familie soll immer von Sozialarbeitern --- ((Abbruch, minutenlange Unterbrechung, danach Neuaufnahme)) Die Familie spielt eine wichtige Rolle, aber sie soll[...] kontrolliert werden Der in diesem Beitrag gewählte Ansatz, die Analyse von Lernerdaten an eine Diskussion der in Betracht zu ziehenden Variablen anzulehnen, überdeckt weitgehend die Frage, ob und inwieweit die Verwendung bestimmter sprachlicher Formen im Einzelfall einer Systematik und womöglich auch einer Progression folgt. In den Sprachproben deutet sich an, daß es auf dem Niveau der hier diskutierten Lernersprachen vor allem der Sprachgebrauch im Bereich der Morphosyntax einschließlich des traditionell instabilen Gebrauchs der Inversion ist, der für die Konzeption von L2-Erwerbs- und Produktionsmodellen die größte Herausforderung darstellt. Einerseits unterscheiden sich in diesem Bereich die beiden ausgewählten Sprecher in erheblichem Maße voneinander, andererseits variiert bei beiden der Gebrauch so stark, daß die Abhängigkeit von nur einer der oben diskutierten Variablen von vornherein wenig plausibel ist. Hier wie natürlich auch bei Verarbeitungsprozessen im lexikalischen: Bereich erweisen sich die temporalen Variablen als unverzichtbare Indikatoren, allerdings weniger in der Form von quantifizierbaren Messdaten, als vielmehr in Gestalt von Selbstkorrekturen, Reformulierungen, Abbrüchen und Fehlstarts, d.h. von solchen Verzögerungsphänomenen, die einzelne Planungsschritte oder Suchstrategien widerspiegeln. 4.3 Einflußfaktoren Aus der Fülle der Faktoren, die vermutlich Einfluß auf die Gestaltung vorliegender L2- Produktionen genommen haben, sollen an dieser Stelle nur zwei herausgegriffen werden. Da ist zum einen die bisherige Lernerfahrung mit Deutsch als Fremdsprache, von der die Sprecherin 379 berichtet. Danach entsteht als Folge der nicht nur von ihr, sondern in China allgemein praktizierten Lernmethode bei der Suche nach grammatischen Formen in ihrem Kopf ein „Bild" in Gestalt eines Rasters. Bei Bedarf wird das entsprechend lokalisierte Feld aus diesem Schema abgerufen (z.B. bei der Nominalflexion: Dativ + Neutrum): "Dies ist meine Methode, einfach etwas zu finden" (379-CK3). Sie glaubt, mit fortschreitender Kompetenz auf derartige Suchprozesse verzichten zu können "jetzt nicht mehr"); ihre Äußerungen weisen aber gerade im Gebrauch grammatischer Formen viele Nachlässigkeiten mit anschließenden Selbstkorrekturen auf, bei denen zumindest gelegentlich ein Rückgriff auf diese mentale Folie zu vermuten ist. Eine allgemeinere, in jüngerer Zeit verstärkt diskutierte Einflußquelle stellen zum anderen bekanntlich die von den Probanden bereits erworbenen oder gelernten Sprachen dar. Es ist ein Charakteristikum aller an der Bielefelder Untersuchung beteiligten Probanden, daß sie mindestens eine Fremdsprache vor Deutsch gelernt haben und somit trilingual oder multilingual sind. So ist bei Sprecherin 379 im lexikalischen Bereich der englischsprachige Einfluß auf ihre Deutschproduktion nicht zu übersehen; schwieriger JF[,i.llL 32 (2003) Variabilität psycholinguistischer Variablen. Zur Interpretation mündlicher L2-Produktionen 165 gestaltet sich bei ihr dagegen die Identifizierung vergleichbarer Einflüsse auf der morphosyntaktischen Ebene. In den Produktionen von Sprecher 302, der im übrigen beklagt, daß mit dem Lernen der deutschen Sprache seine Englischkenntnisse schlecht geworden seien (302-TK3), scheint das Französische auf allen Ebenen präsent zu sein. Gleichwohl stellt er in 302-IEMSl lakonisch fest: "Frankreich gefällt mir nicht", und deutet hiermit wie auch noch an anderer Stelle eine affektive Distanz zum Französischen an, die sich möglicherweise auch auf seine Einstellung zum französischsprachigen Einfluß auf seine Sprachproduktion auswirkt. Die Mehrsprachigkeit der Probanden lädt dazu ein, ihre Lernerdaten als willkommene Basis für eine Analyse zu nutzen, die Besonderheiten der Produktion und des Erwerbs speziell von Dritt- oder weiteren Sprachen aufzuspüren sucht, und dies in der Annahme, daß Unterschiede zum Bilingualismus nicht nur quantitativer Natur sind, sondern daß die Verarbeitungsprozesse einen höheren Grad an Komplexität aufweisen und daß damit auch weiteren Faktoren eine größere Bedeutung zukommt: "In addition certain social, cultural and above all psychological and personality-related factors may assume disproportionately high significance in influencing trilingual acquisition and use" (HOFF- MANN 2001: 13). Bei der Betonung dieser Aspekte der Mehrsprachigkeit erhalten die Variablen, die im Projektdesign angelegt sind und die bei der Analyse der Daten in den Blick genommen werden sollen, prinzipiell eine neue Dimension. Diese Erweiterung muß in der Konzipierung von Sprachproduktionsmodellen, die sich bislang vorwiegend an LEVELTs Ll- Modellierung (1989) und daran angelehnten L2-spezifischen Modifizierungen orientieren, durchgängig Berücksichtigung finden und könnte in einer längerfristigen Perspektive dazu beitragen, die bisherigen Grundlagen für eine Mehrsprachigkeitsdidaktik weiterzuentwickeln. Literatur BÄRENFÄNGER, Olaf (2002a): "Automatisierung der mündlichen L2-Produktion: Methodische Überlegungen". In: BÖRNER, Wolfgang/ VOGEL, Klaus (Hrsg.): Grammatik im Fremdsprachenerwerb. Tübingen: Narr, 119-140. BÄRENFÄNGER, Olaf (2002b): "Der Fremdsprachenlerner ein unbekanntes Wesen? Ein standardisierter Fragebogen zur Erhebung von Lernerdaten". In: Fremdsprachen und Hochschule 65, 7-29. BÄRENFÄNGER, Olaf/ BEYER, Sabine (2001): "Forschungsprojekt: Zur Funktion der mündlichen L2- Produktion und zu den damit verbundenen kognitiven Prozessen für den Erwerb der fremdsprachlichen Sprechfertigkeit". In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 12.1, 131-137. BEYER, Sabine (2002): "Der SW-Test: Ein mehrmethodischer Test zur Erhebung sprachlichen Wissens von Fremdsprachenlernern". In: Fremdsprachen und Hochschule 65, 30-53. DECHERT, Hans W. / RAUPACH, Manfred (eds.) (1980): Tempora/ Variables in Speech. Studies in Honour of Frieda Goldman-Eisler. The Hague [etc.]: Mouton. GOETHE-INSTITUT INTERNATIONES [et al.] (Hrsg.) (2001): Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Berlin [etc.]: Langenscheidt. JFJLWL 32 (2003) 166 Manfred Raupach HOFFMANN, Charlotte (2001 ): "The Status of Trilingualism in Bilingualism Studies". In: CENOZ, Jasone / HUFEISEN, Britta/ JESSNER, Ulrike (eds): Looking beyond Second Language Acquisition. Studies in Triand Multilingualism. Tübingen: Stauffenburg, 13-25. LEVELT, WilliamJ.M. (1989): Speaking: Fromlntention toArticulation. Cambridge, MA/ London: MIT Press. lFLllllL 32 (2003) Horst M. Müller* Neurobiologische Aspekte des Fremdsprachenlernens Abstract. This article discusses the relation between neurobiological hypotheses and findings on language processing and language acquisition. The correlation between language and communication is shown from a biological point of view and discussed in the light of current findings in cognitive neuroscience and experimental neurolingustics. In particular, the role of EEG coherence analysis, which supports a non-localistic view on parallel subprocesses of certain frequency bands within given cell assemblies and large-scale synchronisation are emphasized. Based on EEG coherence findings on concrete and abstract noun processing, the multimodal embedding of language not only in the traditional so-called "language area" is shown. Furthermore, some findings on neurolinguistic research on Ll and L2 acquisition are presented. The necessity for a stronger cooperation in future research between this field of experimental neurolinguistics and applied linguistics is shown. 1. Einleitung Die unter didaktischen Gesichtspunkten durchgeführte Prozeßanalyse des Erst- und Zweitspracherwerbs sowie die praktische Umsetzung der so gewonnenen Erkenntnisse (z.B. im Rahmen des schulischen Fremdsprachenunterrichts) fällt in den Bereich der Angewandten Linguistik. Diese Anwendungsorientiertheit ist ein wesentlicher Grund für das in diesem Teilgebiet der Linguistik zu beobachtende fächerübergreifende Interesse an entsprechenden Forschungsergebnissen aus anderen Disziplinen der sogenannten Life Sciences, wie z.B. der Psychologie, der Neurologie und der Biologie. Anders als etwa die traditionelle, systemorientierte Sprachwissenschaft strukturalistischer Prägung verfügt die Angewandte Linguistik daher über eine Tradition im Umgang mit entwicklungspsychologischen, neurophysiologischen oder neuropsychologischen Befunden zur Sprachverarbeitung bzw. zum Erst- und zum Zweitspracherwerb. Dies ist ein Grund, warum der neu entstandene Forschungsbereich der experimentellen Neurolinguistik (Übersicht z.B. in MÜLLERIWEISS 2002) in den letzten Jahren von der Angewandten Linguistik ohne Berührungsängste wahrgenommen worden ist, wohingegen die Bedeutung neurolinguistischer Befunde in manchen traditionellen Zweigen der Linguistik mit Skepsis beurteilt wird. Gerade die Integration theoriegeleiteter und erfahrungswissenschaftlicher Forschungsansätze ist jedoch hilfreich für ein umfassendes Verständnis der Sprachprozesse (z.B. BROWN/ HAGOORT 1999, PuLVERMÜLLER 1999, MÜLLERIRICKHEIT 2003). Da wesentliche Untersuchungstechniken der experimentellen Neurolinguistik erst vor Korrespondenzadresse: PD Dr. Dr. Horst M. MÜLLER, Projektleiter der AG Experimentelle Neurolinguistik (SFB 360), Universität Bielefeld, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft, Universitätsstr. 25, 33615 BIELEFELD. E-mail: horst.mueller@uni-bielefeld.de Arbeitsbereiche: Neurolinguistik, Psycholinguistik, Biosemiotik. JFJLIIL 32 (2003) 168 Horst M. Müller wenigen Jahren entwickelt worden sind (z.B. ToGAIMAZZIO'ITA 2002), handelt es sich um einen innovativen und expandierenden Forschungsbereich. Die hier gewonnenen Erkenntnisse bereichern die empirische Basis der linguistischen Theorie- und Modellbildung wesentlich. In diesem Beitrag sollen daher Möglichkeiten der Zusammenarbeit von experimenteller Neurolinguistik und Angewandter Linguistik exemplarisch vorgestellt werden. 2. Experimentelle N eurolinguistik Die Forschungsfragen der experimentellen Neurolinguistik liegen im Überlappungsbereich von Linguistik, Neurobiologie und Kognitionswissenschaft. Bearbeitet werden beispielsweise Fragen zur kognitiven Struktur und zur kortikalen Repräsentation des Lexikons oder zur Abfolge und Beschaffenheit einzelner Sprachverarbeitungsprozesse (MÜLLERIWEISS 2002). Zur Untersuchung der Sprachverarbeitung im Gehirn werden in der Neurolinguistik nicht-invasive elektrophysiologische Techniken sowie bildgebende Verfahren eingesetzt. Konkret handelt es sich um die Analyse ereigniskorrelierter Potentiale (ERP-Analyse, z.B. KUTAS 1997) und um spektralanalytische Verfahren (Kohärenzanalyse, z.B. WEISS [et al.] 2003), die sowohl auf Daten der Elektroenzephalographie (EEG) als auch der Magnetenzephalographie (MEG) angewendet werden. Eine große Bedeutung kommt der funktionellen Kernspintomographie (fMRI) zu (z.B. CHEE [et al.] 1999), wie weiter unten gezeigt wird. Mittlerweile liefern Untersuchungen mit diesen Verfahren wichtige Ergebnisse zur Beantwortung von: Fragen nach der Repräsentation und der Funktionsweise von Sprache im Gehirn. Weiterhin ist für die nächsten 20 Jahre zu erwarten, daß sich das Verständnis von Kognition und Sprachfähigkeit auf Grund von Einsichten in die zugrunde liegenden Gehirnvorgänge ausweiten wird. Neben der großen Bedeutung für die Bearbeitung grundlegender Fragen zum Sprachprozeß sowie des Erst- und Zweitspracherwerbs (z.B. HAHNEIFRIEDERICI 2001) liefern Ergebnisse solcher Forschungen auch wichtige Hinweise zum Verständnis der neurogenen Sprachstörungen (Aphasien). 3. Sprache und Kommunikation aus biologischer Sicht Die Fähigkeit zur Kommunikation bzw. zu kommunikativem Verhalten gehört zu den basalen Ausstattungsmerkmalen von Lebewesen. Kommunikation wird in diesem Zusammenhang als Prozeß der Informationsaufnahme, der Informationsverarbeitung und ggf. auch der aktiven Informationsabgabe verstanden (z.B. MÜLLER 1990). Kommunikatives Verhalten stellt somit keine besondere Einzelleistung dar. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine Sonderform von Verhalten, das in einer besonderen Weise optimiert ist: Es verbindet allgemeine Prozesse der Wahrnehmung und der Kognition innerhalb eines Individuums über eine zeichenbasierte Interaktion mit ähnlichen Prozessen anderer Individuen. Dies ist auch der Grund für die artübergreifende Existenz von kommunikatilFLIIL 32 (2003) Neurobiologische Aspekte des Fremdsprachenlernens 169 vem Verhalten, beispielsweise die zeichenbasierte Kommunikation von Menschen mit Schimpansen oder Hunden. Die prinzipiellen Vorgänge kommunikativen Verhaltens sind stets gleich, unabhängig davon, welcher Kommunikationskanal (z.B. der visuelle, akustische, olfaktorische, elektrische oder taktile Kanal) oder in welcher Weise spezifische Zeichen verwendet werden (z.B. "Schwanzwedeln" mit konträrer Bedeutung bei Hund und Katze). Die Fähigkeit zur Kommunikation ist somit ein wesentliches und zugleich notwendiges Grundprinzip von Lebewesen. Aufgrund dieser prinzipiellen Bedeutung kommunikativen Verhaltens und der langen stammesgeschichtlichen Entwicklung können Kommunikationssignale zumeist nicht nur innerhalb einer Tierart, sondern auch artübergreifend interpretiert werden: beispielsweise eine Drohgeste mittels Körperhaltung oder Zähnefletschen bei vielen Säugetieren. Neben der mehrere Milliarden Jahre umfassenden Entwicklungsgeschichte der organismischen Kommunikation bzw. des zeichenbasierten Verhaltens ist die menschliche Sprachfähigkeit eine junge Errungenschaft, da sie vermutlich nicht älter als 200.000 bis 500.000 Jahre ist (MÜLLER 1990). Die Sprachfähigkeit hat das stammesgeschichtlich weitaus ältere zeichenbasierte Kommunikationsverhalten des Menschen lediglich überlagert, nicht jedoch außer Kraft gesetzt. In einer natürlichen Gesprächssituation geschieht ein wesentlicher Teil der Kommunikation über nichtsprachliche Signale (z.B. Gesichtsmimik). Lange vor der Entstehung der ersten Menschen hatten die Primaten bereits haarlose Gesichter, was eine sehr komplexe Kommunikation über Gesichtsmimik unterstützte. Die Vielzahl der Gesichtsmuskeln erlaubt eine mimische Ausdrucksstärke, die auch für uns Menschen nach wie vor von besonderer Bedeutung ist. Aus biologischer Sicht darf die menschliche Sprache bzw. sprachliches Verhalten daher nicht isoliert betrachtet und aus natürlichen Gesprächssituationen herausgelöst werden. Wie weit Sprache auch hirnphysiologisch in konkrete Situationen und Handlungskontexte eingebunden ist, zeigen neurolinguistische Befunde zur Bedeutungskonstitution auf der Wortebene. Beispielsweise kann die semantische Analyse von Wörtern anhand elektrophysiologischer Daten erfaßt und hinsichtlich zeitlicher, struktureller oder prozeduraler Parameter untersucht werden. Bei der Wahrnehmung von konkreten und abstrakten Nomen läßt sich z.B. zeigen, daß die Verarbeitung von konkreten Nomen mit einer kurzfristig auftretenden, weitverteilten neuronalen Aktivität einhergeht, die für unterschiedliche Modalitäten zuständige Hirnbereiche einbezieht (WEISS/ RAPPELSBER- GER 1996). Abstrakte Nomen hingegen aktivieren eher im engeren Sinne sprachrelevante Hirnbereiche. Erklärt werden kann dieser Befund damit, daß z.B. das Konkretum Kaninchen entsprechende Eindrücke der Lautäußerung, des taktilen Empfindens (z.B. Fellberührung), des Geschmacks (z.B. ein bestimmtes Gericht), der Fortbewegung (z.B. Hoppeln) oder des Aussehens auslöst, während etwa das Abstraktum Friede nicht mit solchen Eindrücken verbunden ist (WEISS 1997). Die geringere neuronale Vernetzung während der Verarbeitung von Abstrakta mag als Grund dafür angesehen werden, daß bei Patienten mit einer neurologischen Beeinträchtigung der Sprache die Gruppe der Abstrakta häufig stärker gestört ist als die der Konkreta (WARRINGTON/ SHALLICE 1984; TYLER/ Moss/ JENNINGS 1995). Auch beim Erlernen von Wortlisten zeigen sich im elektrophysiologischen Experiment deutliche Unterschiede zwischen konkreten und IFJLllllL 32 (2003) 170 Horst M. Müller abstrakten Nomen: Das während der Lernphase aufgezeichnete EEG von erfolgreich eingespeicherten Nomen (nachfolgende Abrufprüfung) zeigt für die Gruppe der Konkreta eine deutlich stärkere Vernetzung (WEISS/ MÜLLERIRAPPELSBERGER 2000; MÜLLER/ WEISS 2001). Unterstützt werden diese Befunde auch durch Befunde computergestützter Simulationen (z.B. EIKMEYER/ SCHADE 1993), die anhand konnektionistischer Netzwerke Erklärungsansätze für die beobachteten Unterschiede liefern (z.B. PLAUT 1997). Die hier erwähnten Ergebnisse basieren auf EEG-Kohärenzanalysen, die die elektrische Aktivität von Neuronengruppen (cell assemblies) anhand von frequenzbandspezifischen Synchronisationen erfassen. Es wird also nicht die neur-onale Aktivität (Amplitudenhöhe) an einem definierten Kortexbereich während einer Aufgabe bestimmt, sondern die nachlassende oder ansteigende neuronale Kooperation zwischen unterschiedlichen Hirnbereichen ermittelt. Dieses Verfahren ermöglicht somit Aussagen, die über die bloße Feststellung von summierter Aktivität in einer Region (lokalistischer Ansatz) hinaus viel stärker das synchrone Zusammenspiel unterschiedlicher Hirnbereiche berücksichtigen. Da Synchronisationen zudem frequenzspezifisch sind, erlauben solche Prozesse eine zeitgleiche (parallele) Informationsverarbeitung in den jeweiligen Frequenzbändern (WEISSIRAPPELSBERGER 1996; WEISS/ MÜLLER 2003). So können unterschiedliche kognitive Prozesse in jeweils spezifischen Frequenzbereichen nebeneinander in einem großen Neuronenverband ablaufen. Gerade die komplexen Vorgänge der kognitiven Prozesse basieren offensichtlich auf solchen oszillatorischen Prozessen von großen, oftmals weit voneinander entfernt liegenden Neuronenverbänden (SINGER [et al.] 1997). Die Vorgänge während der Llbzw. L2-Sprachverarbeitung sollten sich daher sehr gut mit der hier geschilderten spektralanalytischen Methode der EEG-Kohärenzanalyse erfassen lassen. Erste Arbeiten mit dieser Untersuchungsmethode lassen diesen Schluß zu (z.B. PETSCHEIETLINGERIFILZ 1993), umfangreiche Studien stehen jedoch noch aus. Für die Spracherwerbsforschung bedeuten die neurobiologischen Befunde der letzten Jahre eine weitere Bestätigung der bisherigen Erfahrung mit Sprachlernern (z.B. PELTZER-KARPF 2000). Die oben beschriebene Zunahme von modalitätsübergreifender Vernetzung während der Wahrnehmung und Einspeicherung konkreter Inhalte im neurophysiologischen Experiment (WEISS/ MÜLLER! RAPPELSBERGER 2000) legt nahe, im Fremdsprachenunterricht auch abstrakte Inhalte multimodal zu verankern, um vielfältige Verknüpfungswege in den „Netzwerken" der Schüler zu erleichtern. Eine solche Redundanz bei den zu erlernenden Wörtern sollte sich nicht nur auf die Robustheit des Lernvorgangs, sondern bei der nachfolgenden Anwendung des Gelernten auch auf die Abrufgeschwindigkeit positiv auswirken. Eine Möglichkeit, auch abstrakte Inhalte multimedial zu verankern, ist die im praktischen Sprachunterricht seit langem bekannte Einbettung sprachlicher Entitäten in situative Kontexte mit emotionalen Bezügen (z.B. Rollenspiel). Auch aus der Sicht eines beginnenden neurolinguistischen Verstehens solcher Prozesse soHten lexikalische, grammatikalische und sprachliche Fähigkeiten so am leichtesten erworben und im Gedächtnis verankert werden können, da situative Kontexte und reale Handlungen über multimodale Bezüge aufeinander bezogene Hirnaktivitäten auslösen, die sich positiv auf Einspeicherungs-, Gedächtnis- und Abrufprozesse auswirken. lFLlUllL 32 (2003) Neurobiologische Aspekte des Fremdsprachenlernens 171 4. Das Verhältnis von Neurologie, Kognitiver Linguistik und Neurolinguistik Die gegenwärtigen neurolinguistischen Positionen in der Diskussion um die neurobiologischen Grundlagen der Sprache werden etwas verständlicher, berücksichtigt man die Entwicklung in den beteiligten Fächern (Sprachwissenschaft und Medizin/ Biologie). Im Rahmen der klassischen, strukturalistischen Sprachwissenschaft wurde das Phänomen "Sprache" zunächst als isoliertes System angesehen und demzufolge auch systemorientiert analysiert. Die Sprache konnte daher losgelöst von anderen kognitiven Phänomenen betrachtet und erklärt werden. Die strukturalistische Betrachtung der Sprache ermöglichte es sogar, Sprache sowohl vom Sprecher als auch der aktuellen Kommunikationssituation losgelöst zu sehen. Diese Sichtweise, aus der in der theoretischen Linguistik auch die generativistischen Grammatikmodelle entstanden sind, wurde erst in der vor etwa 30 Jahren entstandenen Kognitiven Linguistik "Kognitive Wende") aufgegeben (vgl. RICKHEIT/ STROHNER 1993; JANSSEN/ REDEKER 1999). In der gleichen Zeit waren die gängigen neurowissenschaftlichen Theorien zur Hirnfunktion noch stark lokalistisch geprägt. Bis vor etwa 15 Jahren dominierten in der Neurowissenschaft Erklärungsmodelle der Kognition, die von einer vergleichsweise festen Zuordnung von kognitivem Prozeß und umschriebener Hirnregion ausgegangen sind. Beeinflußt durch die Befunde zur motorischen und sensorischen Hirnrinde, bei der in der Tat eine millimetergenaue Zuordnung von motorischer bzw. sensorischer Funktion und Hirnrindenregion existiert, glaubte man, auch für die kognitiven Funktionen von einer solchen Lokalisation ausgehen zu müssen. Ebenfalls empirisch gut belegt schien die lokalistische Sichtweise zur Erklärung der Sprachfunktion, da neurologische Befunde die Bedeutung des unteren Teils des Gyrus frontalis inferior (Broca-Region) für die Sprachproduktion und des hinteren Teils des Gyrus temporalis superior (Wernicke-Region) der dominanten Hemisphäre für die Sprachrezeption belegten (z.B. PENFIELDIROBERTS 1959). In der Kombination dieser beiden Sichtweisen - "Sprache als isoliertes System" und „kognitive Funktion als Leistung eines Hirnbereichs" erschien die Annahme eines definiten „Sprachzentrums" im Gehirn zunächst naheliegend, da die menschliche Sprachfähigkeit als eine isolierte kognitive Leistung angesehen wurde, die in speziellen, nur der Sprachfunktion dienenden Hirnbereichen angelegt ist. Als Konsequenz dieser Sichtweise wurde folgerichtig die Frage aufgeworfen, ob das postulierte Sprachzentrum angeboren ist bzw. in welchem Alter des Kindes dieses Sprachzentrum angelegt wird und ob es eine parallel zur normalen kindlichen Sprachentwicklung verlaufende sensible Phase für den Spracherwerb gibt. Da weiterhin bekannt war, daß auch der Zweitspracherwerb im Kindesalter sehr viel leichter vollzogen werden kann als im Erwachsenenalter, glaubte man, auch für den menschlichen Erstspracherwerb von einer sensiblen Phase ausgehen zu müssen. Nur wenn der Erstspracherwerb in dieses zeitliche Fenster der kindlichen Entwicklung bzw. Hirnreifung fällt in die sogenannte „kritische Phase"-, sollte eine natürliche Ausbildung der Sprache bzw. eine natürliche anatomisch-funktionelle Anlage der Sprachverarbeitung im Gehirn erreicht werden. Erstmalig formuliert wurde die JF][,1.l]L 32 (2003) 172 Horst M. Müller Existenz dieser „kritischen Phase" von PENFIELD/ ROBERTS (1959), einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich wurde diese Diskussion durch LENNEBERG (1977) bzw. den Fall einer schweren Kindesmißhandlung, bei der ein Kind "Genie") weitgehend isoliert und sprachlos aufgewachsen ist (FROMKIN [et al.] 1974, JONES 1995). Innerhalb der „kritischen Phase" würde es sich demnach um mono- oder bilingualen Erstspracherwerb handeln, nach Abschluß dieser Phase (und natürlich nach Abschluß des Erstspracherwerbs) würde ein Zweitspracherwerb stattfinden. Ebenfalls als Konsequenz der erwähnten lokalistischen Sichtweise der Hirnfunktionen stellte sich eine weitere Frage, und zwar ob die neuronalen Substrate für den Erstbzw. Zweitspracherwerb identisch sind oder ob es sich um zwei voneinander unterscheidbare Prozesse in unterschiedlichen Gehirnregionen handelt. Eine solche anatomisch-physiologische Dissoziation von Erstsprache (innerhalb der „kritischen Phase") und Zweitsprache (nach Abschluß der „kritischen Phase") hätte gut zu der Annahme einer sensiblen Phase der Gehirnentwicklung gepaßt. Unter einer solchen Annahme wäre nur noch zu klären gewesen, wie weit die sensible Phase des Spracherwerbs in die kindliche Entwicklung hineinreichen würde. Eine solche Erkenntnis müßte natürlich auf die Didaktik der Erstsprachausbildung und des Zweitspracherwerbs einen großen Einfluß haben. Neuere Darstellungen dieser Diskussion finden sich z.B. in BIRDSONG (1999) oder GREEN (2001). 5. Neurobiologische Befunde zum Erst- und Zweitspracherwerb Die neurobiologischen Grundlagen der Sprachproduktion und der Sprachrezeption sind bislang nur ansatzweise verstanden (Überblicke bieten z.B. PRICEIINDEFREYffURENNOUT 1999, MÜLLER 2003). Die Untersuchung der neurophysiologischen Vorgänge während des Erst- und Zweitspracherwerbs gehört sicher zu den interessantesten Fragestellungen auch der experimentellen Neurolinguistik. Hinzu kornrnt, daß durch unterschiedliche kulturelle Gegebenheiten, wie z.B. unterschiedliche Schriftsysteme und unterschiedliche Anforderungsprofile hinsichtlich phonetischer oder syntaktischer Realisierungen, die jeweilige Sprache durchaus auch Rückwirkungen auf die zugrunde liegenden neuronalen Strukturen nehmen kann. Um Informationen über die physiologisch-kognitiven Grundlagen zu erhalten, bilden daher vergleichende Untersuchungen an Sprachen unterschiedlicher Sprachfamilien ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld neurophysiologischer Ansätze, das bislang jedoch nur ansatzweise bearbeitet worden ist (z.B. ABUTALEBI [et al.] 2001). Bislang liegen bereits mehrere neurolinguistische Studien zur Spracherwerbsproblematik vor (s.u.), dennoch sind die grundlegenden Fragen, vor allem zur Existenz der „kritischen Phase" noch nicht in wünschenswerter Weise geklärt. Ein Grund dafür sind die Komplexität der Thematik und die vielfältigen Untersuchungsaspekte. Diese Vielfalt drückt sich z.B. in Fragestellungen zu himphysiologischen Unterschieden für die kulturell bedingten unterschiedlichen Anspruchsniveaus von Schriftsystemen (z.B. PAULESU [et al.] 2000), zu Prozessen der Interferenzvermeidung von Bilingualen (z.B. JFLWJ][, 32 (2003) Neurobiologische Aspekte des Fremdsprachenlernens 173 RODRIGUEZ-FORNELLS [et al.] 2002) oder zur „kritischen Phase" beim Erwerb der American Sign Language (ASL) aus (NEWMAN [et al.] 2002). Ein wichtiger Untersuchungsschwerpunkt ist die Frage, ob es im Spracherwerb eine hirnphysiologisch begründete „kritische Phase" gibt, in der der Spracherwerb üblicherweise erfolgt und in der der Spracherwerb durch besondere Umstände erleichtert abläuft (z.B. LENNEBERG 1977, HURFORD 1991). Sollte ein solches „Zeitfenster" der Hirnentwicklung existieren, ist damit gleichzeitig die Frage nach der Dauer dieser „kritischen Phase" aufgeworfen. Ein Verständnis des zeitlichen Verlaufs bzw. der mit dem Ablauf der „kritischen Phase" verbundenen hirnphysiologischen Veränderungen des Spracherwerbs könnte auf die Art und Weise des Sprachlernens große Auswirkungen haben. Der Zweitspracherwerb könnte z.B. bereits in der Grundschule beginnen, um ihn noch in die „kritische Phase" zu verlegen. Weiterhin könnte ein in die „kritische Phase" verschobener Zweitspracherwerb sich hinsichtlich seiner didaktischen Ansprüche stark vom Zweitspracherwerb des Erwachsenen-Gehirns unterscheiden. Mittlerweile existieren eine Reihe von neurophysiologischen Belegen, die die Existenz einer solchen „kritischen Phase" nahelegen (vgl. BIRDSONG 1999; GREEN 2001). Beispielsweise fanden KIM [et al.] (1997) anhand einer Untersuchung mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRI) starke Belege dafür. Abhängig davon, ob die Zweitsprache im frühen Kindesalter oder zu einem späteren Zeitpunkt erworben wurde, zeigten sich Aktivitätsunterschiede in der Broca-Region: Während in der ersten Gruppe (Kindesalter) Ll und L2 zu einer sich überlappenden Aktivität führten, führte die L2 bei der zweiten Gruppe zu einer kortikalen Aktivität in einem anderen Bereich der Broca-Region. Für die beobachtete kortikale Aktivität der Wemicke-Region konnten die Autoren zwischen Ll und L2 keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen feststellen. Zu einem etwas anderen Ergebnis kommen DEHAENE [et al.] (1997), die die Ll/ L2-Verarbeitung ebenfalls mittels fMRI untersucht haben. Getestet wurden französische Muttersprachler, die L2 (Englisch) entweder im frühen Kindesalter (bilingual) oder aber nach dem siebten Lebensjahr erworben haben. DEHAE- NE [et al.] (1997) fanden zwar ein konsistentes linkshemisphärisches Aktivitätsmuster für die Ll-, nicht jedoch für die L2-Verarbeitung. Bei der L2-Verarbeitung zeigten sich unterschiedliche links- und rechtshemisphärische kortikale Aktivitäten, in einigen Fällen sogar ausschließlich rechtshemisphärische. Nach diesen Befunden beanspruchen Erst- und Zweitspracherwerb bereits nach dem siebten Lebensjahr deutlich voneinander verschiedene Hirnregionen. Aufgrund einer Untersuchung mittels Positronenemissionstomographie (PET) kommen PERANI [et al.] (1998) jedoch zu dem Schluß, daß hinsichtlich der festgestellten Verteilung der Hirnaktivität die erreichte L2-Kompetenz einen größeren Einfluß hat als das L2-Erwerbsalter. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen KLEIN [et al.] (1995), und anhand einer elektroenzephalographischen Untersuchung (EEG) können FRIEDERICI [et al.] (2002) zeigen, daß zumindest die Prozesse der syntaktischen Analyse von L1 bzw. L2 an das gleiche neuronale Substrat gekoppelt sind. Mit gleicher Untersuchungsmethode (ERP-Analyse) hatten bereits WEBER-Füx/ NEVILLE (1996) festgestellt, daß sich hirnphysiologische Unterschiede für den Spracherwerb erst zwischen dem 13. und 16. Lebensjahr zeigen. Die gerade erwähnten Arbeiten verdeutlichen, daß gegenwärtig die Techniken vorhan- FbiL 32 (2003) 174 Horst M. Müller den sind, um anhand nicht-invasiver Untersuchungen Einblicke in das Gehirn zu erhalten. Weiterhin liegen erste Studien vor, die unterschiedliche Aspekte der Physiologie des Erst- und Zweitspracherwerbs offenlegen und die prinzipielle Durchführbarkeit solcher Untersuchungen beweisen. Vergleicht man die bisherigen Befunde der neurophysiologischen Untersuchungen zum Ll- und L2-Spracherwerb sowie zur „kritischen Phase", so zeigt sich gegenwärtig noch kein einheitliches Bild. Gründe für die z.T. unterschiedlichen Befunde der genannten Arbeiten gibt es mehrere. Einerseits lassen sie sich auf die unterschiedlichen Methoden zurückführen, da sowohl elektrophysiologische (z.B. ERP- Analyse) als auch auf Stoffwechselaktivität zurückgehende sogenannte bildgebende Verfahren (fMRI und PET) eingesetzt werden. Einen noch größeren Einfluß hat jedoch die Tatsache, daß unterschiedliche Sprachverarbeitungsprozesse untersucht werden: Es werden Wörter oder Sätze gelesen bzw. gehört, es sollen Wörter mit „innerer Sprache" generiert oder tatsächlich artikuliert werden. Weiterhin wird häufig lediglich „Sprache" untersucht, der linguistische Kenntnisstand aber nicht berücksichtigt und z.B. nicht zwischen Prozessen der phonologischen, syntaktischen oder pragmatischen Verarbeitung unterschieden. 6. Ausblick Seit einigen Jahren stehen leistungsstarke Untersuchungsmethoden der Kognitiven Neurowissenschaft zur Untersuchung von Sprachverarbeitungsprozessen zur Verfügung, und es sind bereits erste neurolinguistische Studien zu Fragestellungen aus dem Forschungsbereich „Erstund·zweitspracherwerb" durchgeführt. Da dieser Forschungsbereich jedoch erst seit wenigen Jahren existiert, konnte der große Durchbruch hinsichtlich eines besseren Verständnisses der himphysiologischen Vorgänge und der neurobiologischen Grundlagen des Spracherwerbs noch nicht in wünschenswerter Weise erreicht werden. Beispielsweise ist es nach wie vor unklar, ob es überhaupt so etwas wie eine einzige „kritische Phase" für den Spracherwerb gibt. Es erscheint jedoch absehbar, daß sich parallel zur weiteren Entwicklung der technischen Untersuchungsmethoden der kognitiven Neurowissenschaft große Erkenntnisfortschritte einstellen werden. Vor allem wenn die in diesem Bereich der Angewandten Linguistik tätigen Arbeitsgruppen die entsprechenden Forschungsfragen konkretisieren und sich den neuen Methoden öffnen, sollten die Erfolge dieser Zusammenarbeit die zu erwartenden Schwierigkeiten einer solchen fächerübergreifenden Forschung überragen. Gerade die Erforschung der neurobiologischen Grundlagen der menschlichen Kognition und vor allem der menschlichen Sprachfähigkeit wird während der nächsten zwei Jahrzehnte das zentrale Thema in den Humanwissenschaften sein. lFLlllL 32 (2003) Neurobiologische Aspekte des Fremdsprachenlernens 175 Literatur ABUTALEBI, Jubin / CAPPA, Stefano F. / PERANI, Daniela (2001): "The bilingual brain as revealed by functional neuroimaging". In: Bilingualism: Language and Cognition 4, 179-190. 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In a second time, it tries to line out the main aspects of a conversationalist perspective on speech and discourse production in social face-to-face interaction. Arguments are brought along for systematically integrating all kinds of body movement (traditionally called gestures) and prosody into the , analysis of empirical data. This approach tums out to be a fundamental basis in the development of an interactional grammar. 1. Von Kommunikatoren, handelnden Individuen und Interaktanten 1.1 Kommunikations- und Verstehensmodelle Die Erklärung des Zusammenhangs zwischen sozialer Interaktion und Sprachproduktion ist wie jede wissenschaftliche Beschäftigung mit einem Gegenstand theorieabhängig. Aus meiner gesprächsanalytischen Perspektive, in der Interaktion die Bedingung des Vorkommens für jede Art der Sprachproduktion darstellt, drängt sich die etwas überraschte und andere möglicherweise überraschende Frage auf: Kann man denn überhaupt davon ausgehen, daß ohne Interaktion Sprachproduktion stattfindet? Mit Sicherheit, werden diejenigen Spezialisten dieses Gebietes antworten, die im weitesten Sinne kognitionswissenschaftlichen Forschungsparadigmen verpflichtet sind, und sie werden füy die Plausibilität dieser Antwort Selbstgespräche, vorartikulatorische Produktionsevidenzen ("inner speech"), Laut-Denk-Protokolle, "tip-of-the-tongue"- und Versprecherphänomene und vieles mehr ins Feld führen. So war es für die Entwicklung seines Sprachproduktionsmodells für Willem LEVELT 1 nicht wirklich entscheidend, ob sein Reparaturkorpus aus Situationen von "face-to-face" Interaktionen stammte oder aus nicht-interaktiven experimentellen Laborbedingungen. Korrespondenzadresse: apl. Prof. Dr. Ulrich DAUSENDSCHÖN-GAY, Akad. Oberrat, Universität Bielefeld, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft, Postfach 100131, 33501 BIELEFELD. E-mail: u.daugay@Uni-Bielefeld.de Arbeitsbereiche: Gesprächsanalyse, Spracherwerbsprozesse, Konununikation und Medien. ** Einigen anonymen sachkundigen Lesern/ -innen verdanke ich eine Reihe hilfreicher Anregungen und kritischer Bemerkungen, die in diese Version des Beitrages eingearbeitet sind. Ich hoffe, sie erkennen sich wieder. 1 Neben den vielen Detaillierungen, die das Modell seit 1989 von LEVELT selbst erfahren hat, haben die Arbeiten von Kees DE BOT und Ulrich SCHADE sehr zur Weiterentwicklung beigetragen. Siehe auch ihre Beiträge in diesem Heft (92-103 und 104-115). lFL1llL 32 (2003) Sprachproduktion in sozialer Interaktion 179 Die Beobachtungen zur Plazierung von Selbstreparaturen in der Äußerung und ihre Durchführung in Bezug auf diese Äußerung erlaubten die Erzeugung von Datenmengen, auf deren Grundlage das auch heute noch weitgehend akzeptierte inkrementelle Modell entwickelt werden konnte. Für Äußerungen in sozialer Interaktion sind spezielle Ausführungsbestimmungen, wie etwa der Adressatenzuschnitt, Partnermodelle oder Fremdregulierungen ohne größere Probleme integrierbar; die Grundbedingungen sprachlicher Produktionsprozesse werden davon nicht tangiert. Die Leser/ -innen dieser Zeitschrift werden leicht nachvollziehen können, daß dieses Argumentationsmuster auch in der Spracherwerbsforschung gründlich etabliert ist. Eine theoretische Verschärfung einer solchen sprecherseitigen Fokussierung der Überlegungen zu Sprachproduktion und -verarbeitung ist in gewisser Hinsicht in der in letzter Zeit besonders intensiv geführten konstruktivistischen Debatte um Kommunikationsmodelle und Verstehenstheorien festzustellen. Die dortigen Überlegungen zu kognitiver Autonomie und struktureller Kopplung (System-Umwelt-Beziehung) beschreiben die Aktivitäten in jeder Form von Kommunikation als die Herstellung einer Kommunikatbasis durch einen Kommunikator, der mit Hilfe medialer Vermittlungssysteme (z.B. Sprache) ein Verarbeitungsangebot an potentielle Rezipienten unterbreitet. Das Modell unterstellt nicht mehr die Übermittlung einer Information oder einer Botschaft als zentrale Aufgabe, im Zentrum steht vielmehr die Aufgabe des Kommunikators, sein Angebot mit Orientierungsleistungen zu versehen, die eine seinen Intentionen angemessene Interpretation und Folgehandlung wahrscheinlich machen. Ob sein Angebot von Rezipienten verarbeitet und zu Folgehandlungen genutzt wird, entzieht sich dem Einfluß des Kommunikators; weder Erfolg oder Mißerfolg noch überhaupt die Verarbeitung des Angebots durch Rezipienten sind konstitutive Bestandteile eines Kommunikationsaktes. 2 Unter den identischen Bedingungen kognitiver Autonomie bestehen die Leistungen eines Rezipienten darin, die Kommunikatbasis als intentionalen, gerichteten und orientierenden Kommunikationsakt zu interpretieren und auf diese Weise ein Kommunikat herzustellen. Mit dem Konzept des Verstehens kommt eine interaktive Dimension in das Modell, allerdings auch nur insofern, als der Kommunikator die Ergebnisse der Kommunikatbildung eines Rezipienten mit seinen Orientierungserwartungen abgleicht und im Falle einer weitgehenden Übereinstimmung Verstehen attribuiert, womit auch dies zunächst eine Tätigkeit des kognitiv autonom handelnden Kommunikators bleibt. Erst auf dem 2 „Dieser Begriff von Kommunikation kennt keine Übertragung von Botschaften oder Informationen zwischen Kommunikationspartnern mehr. Die für das informationstheoretische Sender-Empfänger-Modell der Kommunikation konstitutive Komponente der Übertragung entfällt. In der Kommunikation werden mehr oder weniger spezifische Angebote gemacht, werden Kommunikatbasen produziert, die von ihren Produzenten mit spezifischen Kommunikateigenschaften (thematischer, stilistischer, referentieller etc. Art) ausgestattet werden. Ob und in welcher Weise diese Angebote wahrgenommen und prozessiert werden, bleibt in jedem Falle abzuwarten. Kommunikation ist keine Technik der Bedeutungsübertragung, sondern ein Tool zur Orientierung von Interaktionspartnern vermittels der Produktion, Präsentation und Adressierung von Kommunikatbasen." (RUSCH 1999: 169-170 [Hervorhebungen im Original]). Vgl. dazu auch die Grundlegungen in SCHMIDT 1994: 121-163, ferner eine Reformulierung in RUSCH 2002: 112-117). lFlLllllL 32 (2003) 180 Ulrich Dausendschön-Gay Weg über Verhaltensadjustierungen, also den Abgleich zwischen Orientierungserwartungen und Orientierungsinterpretationen (über verschiedene Formen des Feedback und der performativen Kopplung), kommt es zu Prozessen sozialer Interaktion, in denen Verstehen als sozialer Akt konstituiert wird: "Kognitive Leistungen der Interaktionspartner und Interaktionsmodalitäten gehen im Verstehen eine synergetische Beziehung ein, die in kognitiv-soziale Synthesen aufeinander abgestimmter Denk- und Verhaltensweisen, d.h. letztendlich in soziales Handeln, münden" (RUSCH 1999a: 154). Besonders relevant für eine Diskussion über Sprachproduktion scheint mir hieran die Betonung der Bedingungen kognitiv autonomen Handelns, mit denen die Deterrninierung eines Interaktionspartners durch den anderen zurückgewiesen wird, ferner das Konzept der Orientierungsleistungen als zentrale Aufgaben aller Verarbeitungsangebote in Kommunikationsprozessen und schließlich der Verzicht auf die Integration von Erfolgsbedingungen in das Kommunikationsmodell. 1.2 Partnermodelle und soziale Interaktion Der Gesichtspunkt der Orientierung wird auch in dem vor allem von Theo HERRMANN und Joachim GRABOWSKI entwickelten Konzept der situations- und partnerbezogenen Sprachproduktion des Individuums in den Vordergrund gerückt, allerdings im Kontext eines sprachpsycholgisch-interaktionistischen Modells, das die wesentlichen „radikalen" Grundannahmen des eben skizzierten konstruktivistischen Ansatzes nicht unterschreibt. Es geht um eine Lösung des zentralen Dilemmas der Sprachpsychologie zwischen individueller Sprachproduktion und -rezeption und dyadischer Kommunikation. 3 Ausgangspunkt der Überlegungen ist eben nicht der Kommunikator als psychisches System, sondern das handelnde Individuum, das die Kommunikationsbedingungen systematisch und unausweichlich in seine Produktionsprozesse integriert. "Jeder Sprecher/ Hörer repräsentiert also mental die Kommunikationssituation, den Kommunikationspartner und den bisherigen Gesprächsverlauf. Diese kommunikationsbezagenen Informationen sind wesentliche Determinanten des individuellen Sprechens und Verstehens fremder Sprachäußerungen" (HERRMANN 2000: 124 [Kursivdruck im Original]). Unter gänzlich anderen theoretischen Prämissen wird also auch hier die Partnerorientierung zum zentralen Gegenstand des Produktions- und Verarbeitungsmodells. 4 „Es ist jedenfalls ganz offensichtlich, daß die Sprachpsy6hologen bis zum Ende dieses Jahrhunderts durchgehend darauf verzichtet haben, konsistente Forschungsprogramme zu entwickeln, in denen sowohl der individuelle Sprachproduktions- und Rezeptionsprozeß als auch die dyadische, kommunikative Beschaffenheit des Sprechens in voller Balance Berücksichtigung finden" (HERRMANN 2000: 124; vgl. für die Details des Konzepts HERRMANN/ GRABOWSKI 1994). Hier muß auch auf Herbert Clarks Konzept des "common ground" und der "joint action" verwiesen werden, das in gewisser Hinsicht eine interaktionistische Interpretation des LEVELTschen Ansatzes darstellt, der ja sein Produktionsmodell ausdrücklich in den Kontext des "speaker as interlocutor" so der Titel des zweiten Kapitels gestellt hat. Hier kann leider auf CLARK nicht näher eingegangen werden (siehe aber DAUSENDSCHÖN-ÜAY [im Druck]). 4 Ganz ähnlich argumentiert Hans STROHNER (2001) aus systemischer Perspektive in seiner sehr lesenswerten Abhandlung über Kommunikation. JFLl.11][, 32 (2003) Sprachproduktion in sozialer Interaktion 181 Wesentlich „interaktiver", aber immer noch im theoretischen Umfeld kognitionswissenschaftlicher Paradigmen, ist der Ausgangspunkt der Überlegungen BRASSACS, der unter Zuhilfenahme von Konzepten der sogenannten "distributed cognition" darauf verweist, daß jedwede Kommunikationsaktivität nur unter den Bedingungen der Präsenz von Partnern (Personen und/ oder Objekten) möglich ist. 5 Dies ist dann kein Repräsentationsmodell mehr, in dem Partnermodelle für die Sprachproduktion des Individuums berücksichtigt werden, sondern ein Ko-Aktionsmodell, in dem die System-Umweltinteraktion unabdingbare Voraussetzung des Handelns ist. Kognitive Interaktion, Aushandlung, Ko-Konstruktion und allmähliche Stabilisierung von Äußerungsbedeutungen sind die wichtigsten Untersuchungsziele einer solchen Forschungsperspektive. Unmittelbar anschlußfähig an diese zuletzt genannten Überlegungen sind einige Grundpositionen der Konversationsanalyse ethnomethodologischer Prägung, mit denen die forschungslogische Richtung der Modellentwicklung, nämlich vom handelnden Individuum oder dem Kommunikator zur Interaktion, genau umgekehrt wird, vom Kopf auf die Füße sozusagen. Nun wird Interaktion als die primäre und genuine Vorkommensweise sprachlicher Äußerungen angenommen, für die Bedingungen dieses Vorkommens und von ihnen aus müssen Modelle der Äußerungsproduktion entworfen werden; für Selbstgespräche beispielsweise und für andere Laut-Denk-Prozesse können Zusatzbedingungen in das Modell integriert werden. 6 Hiermit ist zwangsläufig auch eine neue Bestimmung des Gegenstandes von Interaktionsanalysen verbunden, denn es geht zunächst einmal um die Beschreibung und Erklärung sprachlichen Handelns unter den Voraussetzungen sozialer Interaktion; statt des Individuums konstituiert nun die Interaktionsdyade den Forschungsgegenstand und statt des kognitiven Systems und seiner Ausstattung für partnerorientiertes Handeln steht das Interaktionssystem mit seinen Ansprüchen und Verfahren gemeinschaftlichen Handelns im Zentrum des Interesses. Insofern impliziert die Beschäftigung mit dem Thema „Sprachproduktion" unter diesen Voraussetzungen ein ganz anderes Forschungsprogramm, als wenn dies aus der Perspektive kognitiver Wissenschaften geschieht. In den folgenden Abschnitten will ich an einigen wenigen Aspekten aufzeigen, welche Konsequenzen eine solche Perspektivenverschiebung für die Untersuchung von Sprechereignissen und von Komponenten sprachlichen Handelns in diesen Ereignissen mit sich "Envisagee comme une effective operation dans et sur le monde, l'intercomprehension n' est par consequent pas dicible en termes d'ajustement de deux cognitions individuelles. Quand deux individus communiquent, ils ne sont pas simplement livreur et receptionnaire d'informations, ils ne re~oivent pas passivement des messages a « entendre », ils ne sont pas « patients communicatifs ». Quand deux individus communiquent, ils accomplissent conjointement un travail de construction : ils elaborent simultanement un lieu d' emergence de cognitions et une modification radicale et continue de ce lieu [...] d' intercommunicabilite. Autrement dit, Ja communication interhumaine, loin de simplement permettre un echange et un ajustement de cognitions individuelles, a pour fonction de creer un ensemble de conditions de possibilites de manipulation des formes langagieres successivement produites" (BRASSAC 1997: 235). 6 Dies deckt sich übrigens genau mit einem der zentralen Argumente der WYGOTSKischen Sprachentwicklungstheorie, mit dem Piagets Vorstellungen über die Reihenfolge kindlicher Sprachentwicklung erst das egozentrische, dann das soziale Sprechen genau umgekehrt wird: Wir können nur alleine, was wir vorher in sozialer Interaktion erlernt haben. JFLIL! ]L 32 (2003) 182 Ulrich Dausendschön-Gay bringt. Nicht zufällig habe ich dafür die Darstellung anderer Zugänge zu diesem Thema an den Anfang gestellt, denn von ihnen gehen mannigfaltige Einflüsse auf die hier darzustellende Konzeptionalisierung aus. Ich werde zunächst den Aspekt der Orientierungsleistungen vertiefen und dann auf Fragestellungen einer Interaktionsgrammatik eingehen. Anhand dieser beiden Bereiche kann die Frage des Zusammenhangs von Interaktion und Sprachproduktion aus konversationsanalytischer Sicht exemplarisch erörtert werden. 2. Multidimensionalität der Orientierungsleistungen 2.1 Mimik, Gestik und nonverbale Kommunikation In Bezug auf die Orientierungsleistungen sprachlicher Äußerungen sind eine Reihe von Arbeiten entstanden, die entweder aus textlinguistischer Perspektive, wie z.B. die „Instruktionsgrammatik" von Harald WEINRICH 7 , oder aus gesprächsanalytischer Sicht unter dem Stichwort des "recipient design" und der sequenziellen Verkettung den Einfluß der Struktur einer Äußerung auf ihre Verarbeitung und Interpretation durch Rezipienten untersuchen. In Erweiterung solcher Ansätze sind in den letzten Jahren einige Untersuchungen entstanden, in denen unter dem Stichwort der "on-line"-Hilfen der Versuch unternommen wird, den Bereich der so genannten nonverbalen Kommunikation in derartige Überlegungen zu integrieren (vgl. KRAFFT 1997; DAUSENDSCHÖN-GAY/ KRAFFT 2000, 2002). Die Grundüberlegung ist dabei sehr einfach: Wenn die Beteiligten einer sozialen Interaktion sich während ihrer Handlungen sehen und hören können, sich also in so genannter "face-to-face"-Interaktion die wechselseitige Wahrnehmung gegenseitig signalisieren, dann werden nach unseren Beobachtungen die anwesenden Körper systematisch für die Organisation der Kommunikation genutzt. Für derartige Überlegungen finden wir drei etablierte Traditionen in der jüngeren Geschichte einer sich sozialwissenschaftlich verstehenden Linguistik. Beiträge zur Rolle des Körpers in der Interaktion gibt es natürlich schon sehr lange, schließlich sind Arbeiten zu Mimik und Gestik Legion 8, aber die Beschäftigung mit Körpergesten unter dem Etikett „Nonverbales" betrifft hauptsächlich die ikonischen Gesten, die auch ohne Text eine kulturell konventionalisierte Bedeutung haben, oder die metaphorischen, die ein sprachlich geäußertes Bedeutungskonzept verdeutlichen oder wie im Falle der Ironie kontrastieren. Schon 1984 hat dagegen Jacques COSNIER in einem Resume seiner bemerkenswerten Arbeiten zur nonverbalen Kommunikation die Notwendigkeit einer synergetischen Sichtweise unterstrichen: 7 Nach einer Vielzahl von Vorarbeiten sind 1993 die Textgrammatik der deutschen Sprache und 1982 die Textgrammatik der französischen Sprache (in überarbeiteter französischer Version 1989) entstanden, in denen die „grammatischen" Regeln z.B. der Wortstellung, des Determinantengebrauchs oder des Tempussystems in der Form von Verarbeitungsinstruktionen des Produzenten an den Rezipienten formuliert werden. 8 Vgl. die Überblicksdarstellungen in KENDON (1983), COSNIER (1987) und MÜLLER (1998, 2002). lFL1\llL 32 (2003) Sprachproduktion in sozialer Interaktion 183 "Chaine verbale et chaine mimo-gestuelle fonctionnent en etroite synergie et se trouvent donc placees sous Ja dependance d'un centre commun. La gestualite ne serait pas un simple ajout mais serait etroitement intriquee a l'activite generative verbale. [...] Si 1a gestualite de l'emetteur est utile au recepteur pour l'amelioration et l'enrichissement de l'enonce et de Ja pragmatique transactionnelle, elle ne l' est pas moins a l' emetteur, et meme on est tente d' avancer qu' elle lui est encore plus indispensable qu'au recepteur" (COSNIER/ BROSSARD 1984: 20-21). Ziemlich zeitgleich, aber ohne in den Bibliographien erkennbare Rezeption dieser Überlegungen entwickelt sich in der Konversationsbzw. Gesprächsanalyse 9 eine Tradition der Beschäftigung mit Mimik und Gestik, die zwar bis heute andauert, sich aber insgesamt gegen die weit stärkere und fast ausschließliche Beschäftigung mit verbalen Daten nicht so recht etablieren kann. Die klassischen Arbeiten von HEATH, GOODWIN und SCHEGLOFF 10 integrieren Beobachtungen zu Blickrichtung, Mimik und Gestik in das Paradigma der ethnomethodologisch inspirierten Untersuchung der Alltagskommunikation. Sie fragen also nach der Funktion dieser „Signalisierungssysteme" bei der Herstellung von Ordnung, z.B. für die Etablierung des Zuhörerstatus, für die Aushandlung des Beteiligungsformats oder für Projektionen im Zusammenhang der Turnkonstruktion und -übergabe. "The connection between speakership and hand gesture recommends the possibility that hand gestures are organized, at least in part, by reference to the talk in the course of which they are produced. Exarnination of video materials of everyday, naturally occurring interaction shows this organization tobe the case" (SCHEGLOFF 1984: 273). 11 In der Konversationsanalyse und der „linguistischen Ethologie" verschiebt sich somit der Fokus des Interesses von den hervorstechenden, unmittelbar bedeutungsvollen Aspekten der Körperbewegung zur Beschäftigung mit allen Bewegungsformen zu jedem Zeitpunkt der Gespräche. Diesen Ansatz vertritt auch Peter AUER in seinem Beitrag über Kontextualisierung, mit dem er gleichzeitig eine methodische Erweiterung vorschlägt. An einer kurzen Aushandlung, in der zwei italienisch-deutsch bilinguale Kinder (Mariella und Giulio) zwischen zwei Witzsequenzen klären, wer als nächster einen Witz erzählen darf, zeigt AUER die verschiedenen Leistungen der Signalisierungssysteme für das Zustandekommen einer Gesamtbedeutung. Die Ebene des sprachlichen Textes zeigt Phänomene von Codeswitch, die offenbar mit dem Typ der anstehenden Aktivität und der jeweiligen Interaktionsrolle zu tun haben (Deutsch für die Rollenaushandlung, Italienisch für die Übernahme der Erzählerrolle). Die Analyse der Prosodie ergibt spezifische 9 Wir benutzen die Termini, so wie DEPPERMANN (1999) sie zu definieren vorschlägt: Gesprächsanalyse ist die Bezeichnung einer Gruppe von Forschungsrichtungen, die sich mit sozialer Interaktion und kommunikativem Austausch beschäftigen. Konversationsanalyse ist eine dieser Forschungsrichtungen. IO Sie sind alle im Sammelband von ATKINS0N/ HERITAGE (1984) veröffentlicht, in dem auch der Beitrag von SCHEGL0FF (1984) abgedruckt ist. 11 Inzwischen liegt eine Reihe von Untersuchungen vor, die auch Spezialaspekte des Phänomens stärker behandeln. Wir verweisen stellvertretend auf die Arbeit von STREECKIHARTGE (1992) und LEBAR0N/ STREECK (2000) zu Problemen der Turnübergabe, von GoüDWIN (2000) zur Bedeutungskonstitution in Gesprächen mit einem Aphasiker und von STREECK/ STREECK (2002) zu Therapiegesprächen. lFLlllL 32 (2003) 184 Ulrich Dausendschön-Gay Betonungsverhältnisse mit einer „flachen Kontur" für die Witzeinleitung durch Mariella und eine kompetitive Konkurrenzprosodie durch Giulio, der damit das Thema der Aushandlung gegen die Fortsetzung der Witzerzählungen etabliert. Beobachtungen zur Blickrichtung ergeben den Befund, daß eine dritte, auf der Textebene nicht präsente Person, der Versuchsleiter, als Adressat des Konfliktes und als potentieller Schiedsrichter in das Geschehen integriert wird. Die Körperhaltungen schließlich verdeutlichen die Herstellung von Interaktionskontexten (Witz oder Aushandlung) durch die beiden Kinder und lassen vor allem die Phasen erkennen, in denen die ausbleibende Koordinierung der Körperausrichtungen einen Hinweis auf divergierende Situationsinterpretationen gibt. Erst als Mariella den Konflikt für sich entscheidet und mit ihrer Witzerzählung beginnt, sind die Körperhaltungen wieder koordiniert. 12 2.2 Das Konzept der "on-Iine"-Hilfen Hier setzen wir mit unserem Konzept der "on-line"-Hilfen an, das als Versuch zu werten ist, solche Zugänge zu Phänomenen der so genannten nonverbalen Kommunikation noch ein wenig stärker zu systematisieren. Wir nehmen den Gedanken der Orientierungsleistungen aus der Konstruktivismusdebatte wieder auf und beschreiben die Entstehung einer Äußerungsbedeutung als das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit einer Interaktionsdyade. Die Bedeutung eines (Medien-)Angebots wird durch Interpretation, "feedback" und weitere Bearbeitung in der Interaktion allmählich so weit stabilisiert, daß die Beteiligten von einem hergestellten "common ground" ausgehen können, der nun als Bezugsgröße für die weitere Kommunikation zur Verfügung steht. Die "on-line"-Hilfen beschreiben zunächst besonders die Orientierungsleistungen, die sich in zwei Bereiche analytisch trennen lassen: den Text, also den sprachlich realisierten Teil der Äußerung, und die Körpergesten, mit denen wir vor allem die hörbaren Aspekte der Artikulation meinen (Stimme, Prosodie), sowie die sichtbaren Phänomene der Körperbewegungen, der Körperhaltung, der Mimik, des Blicks und der konventionalisierten symbolischen Gesten. Bei jeder Äußerung werden Texte und Körpergesten zu Gestalten kombiniert, die wir normalerweise holistisch wahrnehmen und interpretieren, die aber zu analytischen Zwecken getrennt beschrieben werden können. Es genügt, jemandem beim Telephonieren zuzuschauen, um zu verstehen, daß eine „Sprachproduktion" ohne die Hervorbringung solcher Gestalten kaum denkbar ist, denn wir müssen uns schon sehr stark kontrollieren, wenn wir am Telephon nicht beim Sprechen und Hören körperlich aktiv sein wollen. Mimik und Gestik finden immer statt. Die genauere Analyse von Telephongesprächen belegt auch, daß die Blockade eines der von AUER so genannten 12 ADER kommt zu folgendem Resume: "The concept of contextualization has been successful in interactional (interpretive) linguistics, microethnography and similar disciplines because it relates verbal interaction and aspects of verbal and non-verbal behavior such as linguistic variation, prosody, and gesture/ posture to each other. Contextualization research has proven to be an effective way of analysing these often neglected areas of communication not only in structural, but also in functional terms" (AUER 1992: 35). Siehe mit einem ähnlichen Konzept auch die weiteren Beiträge im Sammelband von AUERIDI Luzm (1992). JFLUJL 32 (2003) Sprachproduktion in sozialer Interaktion 185 Signalisierungssysteme zu Mehraufwand in den. anderen führt. Während die Sprecherwechselorganisation in "face-to-face"-Situationen ohne den Einsatz und die Interpretation der Blickrichtung auf Dauer kaum einigermaßen reibungslos geregelt werden kann, funktioniert der Wechsel am Telephon problemlos durch spezielle Maßnahmen in der Prosodie (Pausenlängen, überdeutliche Stimmhöhenveränderungen an Segmentgrenzen, markante Rhythmusveränderungen) und auf der Metaebene des Textes. Wenn wir einmal von Sonderbedingungen mit Sonderregeln absehen, wie sie z.B. bei rein mimisch-gestischer Kommunikation in einer lärmenden Menschenmenge zur Anwendung kommen, können wir feststellen, daß Äußerungsbedeutungen durch das Zusammenspiel von Texten und Körpergesten in Interaktionsprozessen allmählich hergestellt werden. Wenn wir unsere Beobachtungen auf die Orientierungsleistungen der sichtbaren Körpergesten konzentrieren, dann bemerken wir vor allem ihren Beitrag zu zentralen Bereichen des Interaktionsgeschehens, von denen hier einige Erwähnung finden sollen. • Durch die Arbeiten KENDONS (zuletzt im von McNEILL 2000 herausgegeben Sammelband) ist seit langem bekannt, daß der Beteiligungsstatus durch Körperhaltungen und -bewegungen kenntlich gemacht wird. Wir nehmen die Position des aktuellen Sprechers oder der aktuellen Zuhörerin vor allem körperlich ein, geben unsere Mitarbeit zu erkennen und kündigen die Absicht an, das Rederecht übernehmen zu wollen oder aber gerade darauf zu verzichten. Die Abwesenheit dieser ständigen Bewegungen, also z.B. starres Sitzen oder unbeteiligtes Wegschauen führen mit Sicherheit zu Krisen in der Interaktion. • Längere Redebeiträge werden durch rekurrente Körperposituren in Einheiten gegliedert. Bei einzelnen Interaktanten finden wir in der Regel nur einige wenige solcher Posituren, die in ihrer Art individuell sind, von Gespräch zu Gespräch verschieden sind und im allgemeinen keinerlei sozialer Konvention folgen. Durch ihre Rekurrenz und Stabilität sind sie aber für die anderen Interaktanten als Posituren erkennbar und können als Mittel der Einheitenbildung interpretiert werden. Betrachten wir in Interaktionsdyaden beide Interaktanten gemeinsam, so stellen wir, ähnlich wie bei der Darstellung des Beteiligungsstatus, eine starke Koordinierung der Körperaktivitäten fest, sofern die Gesprächsphase nicht konfliktär oder kompetitiv ist dann streiten auch die Körper. lnteraktanten antworten auch mit dem Körper aufeinander, und sie organisieren den imaginären Interaktionsraum gemeinsam. Gerade dieser letzte Aspekt ist stark kulturell geprägt, gruppen- oder regionspezifische Konventionen, z.B. über die räumliche Ausdehnung der Körpergeste, die Distanzen zwischen den Körpern und die Intensität der einzelnen Bewegung spielen eine wichtige Rolle für das Zustandekommen der Koordinierung; daher ist dieser Bereich auch die Quelle für Mißverständnisse und Konflikte, deren Gründe oft von den Interaktanten gar nicht erkannt werden. • Einheiten werden nicht nur durch Posituren, sondern auch durch die ständige Wiederholung gleicher Gesten mit speziellen rhythmischen Mustern gebildet; dabei wirken sichtbare und hörbare Körpergesten besonders intensiv zusammen. Dieses Verfahren wird gleichzeitig zur thematischen Organisation ausgenutzt; so konnten wir an einem Beispiel zeigen (siehe zu den Details DAUSENDSCHÖN-GAY/ KRAFFT 2002), wie der IFLwL 32 (2003) 186 Ulrich Dausendschön-Gay konzessive Teil einer „ja-aber-Struktur" in einer Argumentation von einer speziellen Positur mit weiter, körperferner Armbewegung und aufrechter Körperhaltung begleitet wurde, während der adversative und zentrale Teil durch eine gespannte Körperhaltung mit körpernaher Armbewegung zusätzlich relevant gesetzt wurde. Einheitenbildung, thematische Relevanz und argumentativer Status sind somit die Bereiche, in denen besonders deutlich Text und Körpergeste zu bedeutungsherstellenden Gestalten kombiniert werden. • Die Bedingungen spontaner mündlicher Kommunikation bringen es mit sich, daß wir ständig den Produktionsstatus unserer Äußerungen verdeutlichen müssen, damit eine angemessene Interpretation überhaupt möglich ist. In unserer Alltagssprache sprechen wir vom „Reden ins Unreine" und meinen damit, daß häufig unsere Redebeiträge erst allmählich die Form und den Inhalt erhalten, mit dem wir zufrieden sind. Wir haben in diesem Zusammenhang die Begriffspaare „fertig-unfertig" und „gültig-ungültig" vorgeschlagen und im einzelnen zeigen können, daß z.B. die Desorganisation von Prosodie und Oberflächenstruktur des Textes (phonetische Einheiten, die nicht mit den syntaktisch kryptischen sprachlichen Einheiten übereinstimmen) und die unrhythmischen, inkohärenten Körperbewegungen zusammenspielen, um eine noch unfertige Produktionsphase als solche auszuweisen. • Die nähere Analyse von Komplimenten z.B. kann zeigen, daß neben dem Produktionsstatus auch die globale Äußerungsbedeutung körperlich hergestellt wird. Bewegungen zum Beispiel des Überreichens und zögernden Annehmens oder der Ab- und Zuwendung begleiten nicht nur solche Aktivitäten des bestätigenden Austausches, sondern machen sie überhaupt erst dazu. Die Äußerung über die Qualität eines Redebeitrags bleibt eine bloße Feststellung, solange sie nicht interaktiv zu einem Kompliment gemacht wird. Auch in diesem Bereich ist die kulturelle Prägung der Aktionen und ihrer Formen offenkundig. • Schließlich will ich noch auf einen Bereich hinweisen, der aus dem Gesamtspektrum der Themen zur nonverbalen Kommunikation neben den ikonischen, symbolischen Gesten mit Sicherheit am besten untersucht ist, nämlich den der Konzeptgesten. Sie gehen einem Textsegment voran und kündigen seinen wesentlichen semantischen und/ oder illokutiven Kern an 13 , wie etwa kreisende Handbewegungen, nach oben geöffnete Handflächen, oder die vielen anderen semantisierenden Körperbewegungen. Bei näherer Betrachtung erweist sich, daß solche Bewegungen gleichzeitig der Relevantsetzung dienen. Diese natürlich sehr knappe und verkürzende Darstellung einiger wichtiger Aspekte soll genügen, um zu verdeutlichen, wie Äußerungsbedeutungen durch das Zusammenspiel von Text und Körpergeste in der Interaktion erzeugt werden. Zweifellos spielt die Textbasis für die semantisch-pragmatischen Details der Äußerung eine zentrale Rolle, 13 Es ist eine reizvolle Metapher, diese Körperbewegungen in ihrer Entstehung an die Arbeit des "conceptualizers" in LEVELTs Produktionsmodell zu binden (siehe dazu auch die in der Bibliographie aufgeführten Arbeiten MCNEILLS 1992, 2000). lFlLIIL 32 (2003) Sprachproduktion in sozialer Interaktion 187 aber ebenso zweifellos darf der Beitrag der Körpergesten nicht als akzidentielles Begleitwerk verstanden werden. Unser vorläufiges Fazit für diesen Teil muß also lauten, daß Sprachproduktion in sozialer Interaktion unter den Bedingungen multidimensionaler Signalisierung und Verarbeitung stattfindet. 3. Komponenten einer Interaktionsgrammatik Viele der Beiträge in dem 1996 von OCHS, SCHEGL0FF und TH0MS0N herausgegebenen Band mit dem programmatischen Titel Interaction and grammar beschäftigen sich aus ethnographischer, funktionaler und konversationsanalytischer Perspektive mit den so genannten "tum-constructional units" (TCU). Sie waren schon in der frühen klassischen Arbeit der "simplest systematics" von SACKS, SCHEGL0FF und JEFFERS0N (1974) als zweite Komponente des Systems der Sprecherwechselorganisation erwähnt worden. Für lange Zeit aber haben sich die Untersuchungen in der Konversationsanalyse mehr mit den Methoden der Interaktionsorganisation, der Verkettung von Äußerungen und den Reparaturmechanismen beschäftigt und darüber die vielfältigen Aspekte der Äußerungsproduktion etwas vemachlässigt. 14 Mit dem erwähnten Sammelband ist die Diskussion um die Struktur und Definition von 'tums' (Redezügen) als der gesprächsrelevanten sprachlichen Einheit wieder aufgelebt, und sie wird bis heute fortgesetzt. Dabei geht es neben den Fragen der angemessenen Beschreibung von Oberflächenstrukturen spontaner mündlicher Äußerungen vor allem um die Verfahren der Projektion im Zusammenhang mit dem Turnende, den "transition relevance places" (TRP) und der tatsächlichen Turnübergabe im Rahmen der Rederechtsorganisation. Besonders Margret SELTING hat dem detaillierte Untersuchungen über die Rolle prosodischer Verfahren hinzugefügt. 15 Die Grundlagen einer Interaktionsgrammatik, die eher Verfahren der interaktiven, dynamischen Anpassung an lokale und situative Gegebenheiten beschreibt, erläutert Lorenza M0NDADA in einem ihrer vielen bemerkenswerten Beiträge wie folgt: "La grammaire dans l'interaction devient alors un ensemble extremement dynamique de ressources qui prennent leur sens dans l'interaction et qui, tout en pouvant se sedimenter dans des usages repetes, restent extremement malleables. Dans ce sens, ces ressources ne representent pas un stock de formes figees dans lequel puiser selon les besoins communicatifs, ni un systeme d'unites et de regles que l'usage ne ferait qu'actualiser. Les ressources appartiennent a ce que Hopper (1988) appelle une 'grammaire emergeante', qu'il distingue de son oppose, la 'grammaire a priori': la premiere est construite, deconstruite et reconstruite de fa~ons multiples dans 1a temporalite des enonciations et des conversations, alors que la seconde est un systeme statique, atemporel, homogene, organise autour de categories et regles predefinies et stables" (MONDADA 1998: 123). 14 "Although there is much which differentiates CA from many central features of ethnomethodology along these lines, the local determination of action and understanding has ethnomethodology as its most substantial and proximate source. However, although some would disagree with this assessment, the emphasis in ethnomethodology perhaps as a consequence of the phenomenological idiom in which it was conceivedwas on the uptake, interpretation and understanding of apperceivable elements of the surround, and much less on their production" (0CHS/ SCHEGLOFF/ THOMSON 1996: 15). 15 Dazu besonders SELTING (2000); vgl. auch APFELBAUM (2002) zu dieser Debatte. IFLlllL 32 (2003) 188 Ulrich Dausendschön-Gay Aus dem Gesamtkomplex all der Untersuchungsbereiche, die sich aus einer solchen Konzeptionalisierung einer Interaktionsgrammatik ergeben, und zwar insbesondere unter Berücksichtigung der im vorigen Kapitel entwickelten Überlegungen zur holistischen Bedeutungskonstitution, will ich hier nur drei kurz ansprechen, an denen genauer gezeigt werden kann, wie in einer solchen Perspektive die Bedingungen von Sprachproduktion beschrieben werden können. 3.1 Formulierungsarbeit Mit dem von Elisabeth GüLICH (1994) eingeführten Terminus der Formulierungsarbeit sollen jene Verfahren beschrieben werden, mit denen Interaktanten die anstehenden Probleme der Hervorbringung und Interpretation einer beliebigen Äußerung lösen. Die dabei von allen Interaktanten gemeinsam zu bewältigenden Aufgaben werden üblicherweise unter den folgenden interaktionsgrammatischen Stichworten diskutiert: • Es muß eine angemessene Verbalisierung für ein Mitteilungsangebot (z.B. einen thematischen Beitrag) entwickelt werden, wobei in konkreten Interaktionsprozessen sehr häufig nicht der erste Formulierungsentwurf schon als gelungen eingestuft wird; deshalb kommt es zu allen Arten von Reformulierungen, Korrekturen (also Tilgungen) und allmählichen „Verbesserungen" (siehe dazu GüLICH/ K0TSCHI 1995). Diese Arbeit wird öffentlich durchgeführt, weil erstens die Formulierungsanstrengungen unverzichtbar für die Interpretation der Gesamtäußerung sind und weil zweitens die Beteiligung aller Interaktanten nicht nur erwünscht, sondern unverzichtbar ist. Besonders relevant sind auf dieser Ebene die lexikalischen Wahlen und die Gestaltung der textuellen Oberfläche (Thema-Rhema-Abfolgen, Fokussierungen, Reihenfolgen). 16 • Die Äußerung muß hinsichtlich ihrer Intention (Illokution) interpretierbar sein und ihre Kontextualsierüngshinweise müssen hinreichend deutlich sein. Bei Mißverständnissen oder Interpretationsproblemen leichterer Art beobachten wir spezielle Aktivitäten für diese Ebenen. • Es gehört zu den Standardbemerkungen in konversationsanalytischen Arbeiten, daß jede Äußerung doppelt verkettet ist. Sie wird zunächst als Reaktion auf eine vorangehende Tätigkeit verstanden, und da normalerweise viele Tätigkeiten vorangegangen sind, besteht die Aufgabe darin, den lokalen Bezugspunkt erkennbar zu machen, auf den die Reaktion erfolgt. Sie wird aber auch als möglicher Ausgangspunkt für eine Folgetätigkeit zur Verfügung gestellt, sie muß also Anschließbarkeit ermöglichen und eine Präferenzstruktur für Folgetätigkeiten entwickeln. • Äußerungen werden aber auch global eingebettet, und zwar in den Zusammenhang aktueller Interaktionsepisoden, für deren Gesamtstruktur die Rolle der lokalen Aktivität erkennbar gemacht werden muß. • Daneben besteht eine weitere globale Aufgabe in der Integration von Äußerungen in 16 Einen exemplarischen Beitrag zu diesem Bereich hat kürzlich Heiko HAUSENDORF (2001) vorgelegt, der sich mit dem Problem der Hervorhebung in interaktionsgrammatischer Perspektive auseinandersetzt. IFLllllL 32 (2003) Sprachproduktion in sozialer Interaktion 189 Ereignisse mit größerer Reichweite, nämlich in den strukturellen Zusammenhang kommunikativer Gattungen. Besonders gut untersucht ist diese Frage für konversationelle Erzählungen und für Klatschkommunkation. • Schließlich gehören zu den Aufgaben jene Bereiche, die von der Gesprächsrhetorik beschrieben werden und die vor allem die strategischen Maßnahmen in einer Interaktionsepisode betreffen, mit denen wir uns Vorteile gegenüber Partnern erarbeiten oder den Nachteil wieder zu kompensieren suchen, wenn wir ins Hintertreffen geraten. Die Untersuchung der Art und Weise, in der all diese Aufgaben erledigt werden, zeigt in jedem Falle überdeutlich, daß die Aufgaben im Prinzip von allen Beteiligten erledigt werden können, daß es häufig zu gemeinsamer Arbeit kommt, daß die Wahl der Mittel meist nicht vorhersehbar ist und daß die genutzten Ressourcen nicht in einem System abgerufen und aktualisiert werden, sondern in der Interaktion überhaupt erst hergestellt werden. 17 Dies gilt auch für den nächsten großen Bereich der Interaktionsgrammatik, der hier nur kurz angesprochen werden soll. 3.2 Strukturierungsaktivitäten Zu Beginn dieses Kapitels hatte ich bereits auf die erneute Diskussion um TCUs und TRPs hingewiesen, mit denen in der Konversationsanalyse eine Debatte um den Turn geführt wird, die in der Grammatikdiskussion funktionaler, strukturalistischer, dependentieller oder generativer Provenienz seit jeher in ähnlicher Weise den Satzbegriff problematisiert hat. In beiden Fällen geht es um konstitutive Grundeinheiten sprachlicher Äußerungen, um ihre interne Struktur und die sie konstituierenden Elemente sowie um ihre Einbettung in größere Einheiten. Elisabeth GÜLICH referiert in einem längeren Beitrag die Auseinandersetzungen in beiden Traditionen und kommt zu einem Schluß, der mir aus interaktionsgrammatischer Sicht der einzig angemessene zu sein scheint: "Le tour de parole est d' ailleurs, comme la phrase, un concept sur lequel il est difficile de se mettre d'accord, dont Ja definition et Ja delimitation posent des problemes. Les regulateurs et ! es phenomenes de co-enonciation par exemple sont difficiles il traiter quand on veut delimiter cette unite. Se decider entre ! es criteres syntaxiques et ! es criteres interactionnels n' est pas une alternative raisonnable. Ce point de vue est confirme pas un article recent de SCHEGLOFF (1996) qui presente l'organisation de l'alternance des tours de parole comme un probleme situe a l'intersection entre grammaire et interaction. En effet, Ja question n'est pas de savoir quelle est l'unite adequate pour l'analyse de ! 'oral, mais s'il est adequat de prendre des unites comme point de depart (GÜLICH 1999: 25). Die Antwort auf die letzte Frage lautet bei GÜLICH deutlich „nein", und sie schlägt statt der Debatte um Einheiten die Untersuchung der Verfahren vor, mit denen Einheiten 17 Als Beispiel kann aus den Untersuchungen zur exolingualen Korrnnunikation der Beitrag von Elisabeth Gülich (1986) zur gemeinsamen Hervorbringung dienen, ferner auch die Beschreibung der Behebung einer Phase völligen Unverstehens unter dem Stichwort der "sequence analytique" durch KRAFFT/ DAUSENDSCHÖN- GAY (1993). lFJLlilL 32 (2003) 190 Ulrich Dausendschön-Gay gebildet werden. Die Ergebnisse solcher Arbeiten sind ermutigend, denn wir stellen fest, daß die Struktur dessen, was auf Textebene und auf der Ebene der Körpergesten als Einheit ausgewiesen, also zur weiteren Behandlung durch die beteiligten Interaktanten angeboten wird, kaum je vorhersagbar ist. Einheit ist immer das, was gerade für die Bedürfnisse der aktuellen, lokalen Bedeutungsherstellung gebraucht wird. 18 Eine solche Betrachtungsweise hat natürlich auch Konsequenzen für das Regelwerk der Sprecherwechselorganisation. Das System scheint viel flexibler zu sein, als es die Ausführungen in den klassischen Arbeiten vermuten lassen, insbesondere muß wohl der Vorschlag Margret SELTINGS viel ernsthafter weiterverfolgt werden, die syntaktischen Konstruktionsregeln für TCUs nicht in einen funktionalen Zusammenhang mit der Regelung der Rederechtsübergabe zu bringen. Es gibt vielmehr Plausibilität dafür, daß die Sprecherwechselorganisation auch ohne einen wohldefinierten Turnbegriff sehr gut beschreibbar ist, wenn wir uns mehr mit Rhythmus, Blick und Körperhaltungen in "faceto-face"-Kommunikation beschäftigen. 3.3 Image und soziale Beziehung Erving GOFFMAN hat in vielen seiner Beiträge zur Interaktionssoziologie auf zwei wichtige Aspekte der Organisation sozialen Zusammenlebens hingewiesen: • Soziale Interaktionen sind die Ereignisse, in deren Verlauf die Beziehungen zwischen Personen hergestellt, bestehende Beziehungen bestätigt und gegebenenfalls verändert werden. Sie sind auch die Bedingungen dafür, daß das Image oder "face" einer Person entsteht und bestätigt wird. Beim Image geht es um jenen Teil der Identität von Individuen, mit dem sie ein für die soziale Interaktion gültiges Bild von ihrer öffentlichen Persönlichkeit herstellen. Sämtliche öffentlichen, d.h. von anderen bemerkbare und vor ihnen nicht ausdrücklich verborgene Verhaltensweisen gehen in diese Konstruktion ein: Kleidung, Wohnungseinrichtung, Handlungsgewohnheiten, sprachliche Selbstdarstellungen. Damit man ein Image erwirbt, ist es unerläßlich, daß die erwähnten Verhaltensweisen von anderen als konsistent wahrgenommen werden, so daß Verhalten auch antizipierbar wird. Image ist also das Ergebnis der Konstruktion unserer Mitakteure auf der Grundlage unserer Angebote an konsistentem Verhalten. Wie beim Territorium, also den Domänen, in denen uns exklusive Rechte auf Handlungsfreiheit zugestanden werden, gilt auch hier, daß es Image ohne soziale Interaktion nicht gibt. Aus dem erworbenen Image resultieren Rechte (auf den Respekt des Image durch die anderen) und Pflichten (auf fortlaufende Beiträge zur eigenen Konsistenz und auf Respekt des Image der anderen). Das Fundament des Funktionierens von Image ist die grundlegende Reziprozitätsregel, der zufolge alle dieselben Rechte und 18 Für einige Details verweise ich auf den zweiten Teil des Beitrags von Elisabeth GÜLICH, in dem im Einzelnen die Aspekte der Beschäftigung mit Strukturierungsaktivitäten herausgearbeitet und an Beispielen aus authentischen Korpora diskutiert werden. Ich verweise auch auf die Ausführungen oben im zweiten Kapitel zu den "on-line"-Hilfen, die für diesen Zusammenhang einige zusätzliche Aspekte fokussieren. lFL1.ilL 32 (2003) Sprachproduktion in sozialer Interaktion 191 Pflichten haben und sich gegenseitig unterstellen, in Kenntnis dieser Reziprozität zu handeln. • Jedes Verhalten in einer sozialen Interaktionen kann von den Beteiligten so interpretiert werden, daß es auf das Image und die soziale Beziehung einwirkt. Daher ist die Imagearbeit ("face work") eine permanente Aufgabe in jeder Kommunikationsepisode. Allerdings gehen wir nach dem SCHÜTZ' sehen Prinzip der praktischen Idealisierungen davon aus, daß der Respekt unseres Image und unserer Territorien unterschwellig immer gezollt wird, ohne daß dies jedesmal explizit gemacht zu werden braucht. Bestätigende und korrektive Austauschsequenzen sind demgegenüber explizite Tätigkeiten des Umgangs mit Image. Wenn wir längere Gesprächssequenzen analysieren, stellen wir fest, daß eine Präferenz für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen expliziter und impliziter Imageatbeit zu bestehen scheint. Die vielen Untersuchungen zu Phänomenen des Image und des alltagsweltlichen Konzepts von Höflichkeit, die hier nicht im Einzelnen erwähnt werden sollen 19 , machen deutlich, daß gerade dieser Bereich unter den Bedingungen interkultureller Kommunikation besonders störanfällig ist. Gleichzeitig beobachten wir aber, daß es verhältnismäßig wenige Aushandlungen und Thematisierungen in diesem Bereich gibt. Die Wahrnehmung kultureller Differenz in den Methoden der Imagewahrung führt in der Regel eher zu Vermeidung. Aus der Stereotypen- und Vorurteilsforschung wissen wir, daß dies einer der Gründe für die Stabilisierung und unreflektierte Reproduktion von Fehlurteilen über „Fremde" ist. 20 Sprachliches und nicht-sprachliches Handeln in Kommunikationssituationen mit Sprechern unterschiedlicher Kompetenz in der aktuellen Kommunikationskultur (siehe dazu u.a. DAUSENDSCHÖN-GAY/ KRAFFT 1991) muß diesen sensiblen Bereich ständig mit berücksichtigen, ohne dafür eine genaue Kenntnis der Unterschiedlichkeit der Regelungssysteme zu besitzen. Gerade in den für diesen Bereich besonders relevanten Gesprächseröffnungen und -beendigungen begegnen uns eine Fülle an kleinen Pannen, Mißverständnissen und gelegentlich auch massiven Problemen, für deren Bearbeitung und Beseitigung den Interaktanten oft die notwendigen Methodenkenntnisse fehlen. Unser zweites Zwischenfazit, diesmal aus der Perspektive einer Interaktionsgrammatik, muß am Ende dieser wiederum kurzen Darstellung eines sehr komplexen Feldes lauten, daß Sprachproduktion unter den Bedingungen interaktiven gemeinsamen Handelns stattfindet und seine Beschreibung genau diese Bedingungen zu berücksichtigen hat. 21 19 Zu einer knappen Zusanunenfassung verschiedener Ansätze siehe DAUSENDSCHÖN-GAY (2001b). 20 Siehe dazu z.B. die Beiträge in dem Sanunelband von CZYZEWSKI [et al.J (1995). 21 Für die dabei entstehenden methodischen Probleme siehe z.B. DEPPERMANN (2001) oder die Beiträge in IVANYIIKERTES (2001). IFJLIDIL 32 (2003) 192 Ulrich Dausendschön-Gay 4. Konsequenzen für die Spracherwerbsforschung Die vorangehenden Kapitel haben zu zeigen versucht, daß Sprachproduktion kein isolierter „Äußerungsakt" eines einzelnen Sprechers ist, sondern ein Herstellungsprozeß in dem höchst komplexen Handlungszusammenhang einer sozialen Interaktion. Darin setzt die Hervorbringung einer einzelnen Äußerung neben der Fähigkeit zur Verbalisierung eines thematischen Beitrages eine hohe Verstehenskompetenz für die vorangehenden Kommunikationsereignisse voraus, sie erfordert eine Orientierung am Partner und an den ihm unterstellten Interpretationsmöglichkeiten, und sie bedarf eines Zuschnitts auf die erwünschten und erwarteten nächsten Tätigkeiten der Interaktionspartner. Zweifellos gibt es in diesem Gesamtkomplex Kompetenzen, die nicht für jede Diskursgemeinschaft und jede fremdsprachige Kultur neu erworben werden müssen; mit Sicherheit aber betreffen die zu erwerbenden Kompetenzen noch ganz andere Bereiche als die, auf die sich Spracherwerbsforschung in ihren klassischen Domänen konzentriert. Im Interesse einer methodisch kontrollierten und theoriegeleiteten Erforschung der Prozesse des.Fremdsprachenerwerbs kann selbstverständlich angesichts der Komplexität des Gesamtphänomens „Sprachproduktion in fateraktionskontexten" nicht auf eine Konzentration auf isoliert untersuchbare Teilbereiche verzichtet werden. Die Legitimität solcher Komplexitätsreduktionen sollte sich allerdings an der Begründung für die Isolierung genau dieses Untersuchungsgegenstands erweisen, und es darf nicht darauf verzichtet werden, die Reintegration des erforschten Teilbereiches in den Gesamtzusammenhang vorzubereiten oder, im Idealfall, auch durchzuführen. Dies betrifft auch die Konstruktion experimenteller Designs, mit deren Hilfe kontrollierte Datensets erhoben werden, die zweifellos geeignet sind, eine Untersuchungshypothese bearbeiten zu können, die aber die eben angesprochene Reintegration in die soziale Komplexität des sprachlichen Handelns eher erschweren. 22 Zum Abschluß will ich nicht unerwähnt lassen, daß es in jüngerer Zeit eine Reihe von Untersuchungen gibt, die die von mir angesprochene Komplexität zu berücksichtigen versuchen. An erster Stelle ist das von Gert HENRICI und seiner Forschergruppe entwickelte Konzept der "fremdsprachenerwerbsspezifischen Diskursanalyse" zu nennen, in das .sich auch das Projekt "Mündliche L2-Produktion" im Prinzip integriert. Ferner ist hinzuweisen auf die Arbeiten von Bemard PY in Neuchätel sowie von Marie-Therese 22 Wenn ich die mir vorliegenden Daten aus dem Projekt unter diesem Gesichtspunkt kritisch betrachte, dann fällt zumindest auf, daß das absichtlich nicht-kooperative Verhalten der Interviewpartner eine sehr spezifische Produktionssituation für die Fremdsprachensprecher erzeugt, in der der Gesamtzusammenhang verstehenden und partnerorientierten Sprachhandelns deutlich eingeschränkt ist. Dieses muß als eine der Grundeigenschaften der Daten in den Auswertungen Berücksichtigung finden. Die Aufforderung zu nicht-kooperativem Verhalten hat bekanntlich eine lange Tradition in der Spracherwerbsforschung. Sie ist aus der Annahme entstanden, daß damit bessere Einsichten in die Produktionskompetenz eines Fremdsprachenlerners gewonnen werden können. Ich erinnere aber an die Ausführungen Wygotskis zur Zone der nächsten Entwicklungsstufe: Zu den Kompetenzen eines Lerners gehört unabdingbar auch das, was er mit der Hilfe anderer zu tun in der Lage ist. Vgl. dazu vor allem MATIHEY (1996) und die vor allem von James Wertsch, John Lantolf und Maya Hickmann betriebene Renaissance der Konzepte Wygotskis. lFLlllL 32 (2003) Sprachproduktion in sozialer Interaktion 193 V ASSEUR in Paris/ LeMans (siehe dazu zuletzt PY 2000 und V ASSEUR 2000), die in dem großangelegten longitudinalen Spracherwerbsprojekt der European Science Foundation für den Projektbereich "Ways of achieving understanding" zuständig war (siehe dazu PERDUE 1993). Am konsequentesten interaktionistisch erscheint mir der von Lorenza MONDADA und Simona PEKAREK-DOEHLER unternommene Versuch, die wesentlichen Grundannahmen der ethnomethodologischen Konversationsanalyse und sozio-kognitive Ansätze zu situierter Kognition miteinander zu verbinden und aus ihnen ein angemessenes theoretisches Konzept für die Modellierung von Lernprozessen in sozialer Interaktion zu entwickeln. 23 "Les deux courants que nous venons de developper focalisent tous deux leur approche de la cognition comme etant situee dans les contextes sociaux, culturels, historiques de l'action. Tous deux n' entendent pas remplacer un determinisme mentaliste de l' action par un determinisme inverse, celui du contexte, mais introduisent un argument non plus lineraire et causal mais reflexif, selon lequel les savoirs et les competences emergent en etant configures dans les pratiques pour les configurer a leur tour au fil de leur deploiement" (MONDADA/ PEKAREK-DOEHLER 2000: 168). 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The paper discusses ways in which language production furthers language acquisition, independently of the interactional consequences of talk. An outline of an informational theory of language acquisitional processing is sketched, and inside this framework, the notions of automaticity, chunking and monitoring are analysed. Different functions of output are specified, based on Instancing and Restructuring Theory. 0. Einleitung In diesem Beitrag wird das Verhältnis zwischen Sprachproduktion und Spracherwerb diskutiert, und zwar unter Berücksichtigung der Frage, wie sprachliches Wissen in verschiedenen Phasen des Spracherwerbs gespeichert wird. In Teil 1 dieses Aufsatzes werden die wichtigsten Funktionen von Output aus der Fachliteratur kritisch betrachtet. Um einen Bezugsrahmen für die weitere Diskussion zu schaffen, wird in Teil 2 eine kognitive Theorie des Zweitsprachenerwerbs skizziert. In Teil 3 wird dann kurz die Rolle von „Routinen" oder "chunks" bei der Sprachentwicklung und in der Sprachproduktion thematisiert. Im darauffolgenden Teil 4 wird gefragt, ob die Wahmehmung des eigenen Outputs ein Gewinn für den Spracherwerb sein kann. Im letzten und fünften Teil wird Bilanz gezogen und zur Frage zurückgekehrt, inwiefern und in welchem Sinne sich die produktive Verwendung der Fremdsprache im Rahmen der bisherigen Überlegungen erwerbsfördernd auswirken kann. 1. Funktionen von Output Ich möchte Output als die aktive mündliche Verwendung einer Fremdsprache in einem kommunikativen Kontext definieren. Wenn im folgenden über den Ertrag der Sprachproduktion für den Spracherwerb gesprochen wird, ist die Produktion von Output in diesem Sinne gemeint. Bei SWAIN (1995) werden vier erwerbsrelevante Funktionen von Output postuliert, wobei die erste die Entwicklung von Fluency 1 als unkontrovers betrachtet und daher Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Willis J. EDMONDSON, Univ.-Prof., Universität Hamburg, Institut für Allgemeine und Angewandte Sprachwissenschaft, Abteilung Sprachlehrforschung, Von-Melle-Park 6, 20146 HAMBURG. E-mail: wje@uni-hamburg.de Arbeitsbereiche: Zweitsprachenerwerbstheorien, Diskursanalyse, Sprachverarbeitungsmodelle. 1 Der englische Begriff wird gegenüber „Flüssigkeit beim Sprechen" als Fachbegriff bevorzugt. Was genau lFLwL 32 (2003) Output als autonomes Lernen: Spracherwerb und Sprachproduktion aus kognitiver Sicht 197 nicht weiter diskutiert wird. Nennen wir dies also die Funktion 1. Die weiteren drei Funktionen sind: Funktion 2: "Noticing", d.h. das Erkennen einer Diskrepanz zwischen dem, was man sagen will, und dem, was man sagen kann. Daß dies durch den Versuch angeregt wird, etwas zu sagen, ist einleuchtend. Nur wird hiermit der Spracherwerb, wenn überhaupt, nur indirekt gefördert, nämlich indem der Lerner z.B. aktiv nach sprachlichen Mitteln sucht, die bei der Überwindung der Diskrepanz helfen könnten. Funktion 3: Hypothesenüberprüfung. Durch Output kann man sein eigenes sprachliches Wissen testen, d.h. umsetzen. Wie durch diesen Vorgang der Spracherwerb gefördert wird, ist jedoch nicht ganz klar: Swain erwähnt exemplarisch die Möglichkeit, daß externes Feedback zu Modifikationen der eigenen Hypothesen führen kann. Funktion 4: Metasprachliche Reflexion. Output fördert die „Kontrolle" und die „Internalisierung" von sprachlichem Wissen. Output wird hierdurch eine reflexive „metalinguistische" Funktion zugeordnet. Gedacht ist zum Beispiel an Aufgaben, die Überlegungen zur Systematik der Zielsprache stimulieren, wie z.B. durch lautes Denken nachgewiesen werden kann. Hier ist nun der Einwand angebracht, daß die Sprachreflexion die erwerbsunterstützende Rolle ausübt, nicht der Output: Daß der Output solche Reflexionen stimulieren kann, wurde bereits unter der "Noticing"-Funktion erwähnt. Ferner wird die Reflexion hauptsächlich durch die gestellte Aufgabe verursacht, d.h. durch Input. Es ist außerdem eine empirische Frage, ob bzw. inwiefern solche reflexiven metalinguistischen Überlegungen die mündliche Sprachproduktion in außerunterrichtlichen Lernkontexten begleiten und inwiefern zum Beispiel die Lektüre einer Grammatik nicht ähnliche metalinguistische Reflexionen stimuliert. Als Vergleich zu den Überlegungen in SWAIN (1995) sollen nun die knappen Ausführungen in BÄRENFÄNGERIBEYER (2001) diskutiert werden. Im ersten Abschnitt ist zu lesen: "Der lemersprachliche Output spielt beim Erwerb der fremdsprachlichen Kompetenz eine bedeutende Rolle, z.B. als Auslöser für korrektives Feedback, zur Ermöglichung der syntaktischen Verarbeitung und der Automatisierung von Sprachproduktionsprozessen sowie als Voraussetzung für aktives Hypothesentesten und für den Erwerb der Diskursfähigkeit." Betrachten wir diese verschiedenen Rollen oder Funktionen etwas genauer. Das Auslösen korrektiven Feedbacks ordnet der Sprachproduktion nur eine indirekte erwerbsrelevante Funktion zu: Feedback hat möglicherweise positive Auswirkungen auf den Spracherwerb (vgl. die Funktionen 2 und 3 bei SWAIN). Einige Studien zeigen aber, daß in einer natürlichen Lernumgebung „korrektives Feedback" sehr selten gegeben wird (vgl. z.B. AL- BRECHTEN [et al.] 1980; SCHWARTZ 1980; CHUN [et al.] 1982; DAY [et al.] 1984), wähdarunter zu verstehen ist, bleibt kontrovers. Insgesamt bedeutet ein Gewinn an Fluency beim Fremdsprachenlernen, daß die Sprachproduktion ähnlich wie die Produktion eines Muttersprachlers klingt, und zwar in Bezug auf die Parameter Schnelligkeit, Intonation, Pausen und den Einsatz von Gambits und anderen kommunikativstrategischen Mitteln. Eine LI-vergleichbare Aussprache gehört jedoch nicht unbedingt dazu. Der Begriff wird im Laufe meiner Ausführungen näher betrachtet. lFJLi.nL 32 (2003) 198 Willis J. Edmondson rend in einem unterrichtlichen Lernkontext eine so genannte „Beobachter-Hypothese" postuliert wurde. Diese besagt, daß das Vermeiden der sprachlichen Produktion im Unterricht in dem Sinne erwerbsfördernd sein kann, daß man durch gezielte Aufmerksamkeit auf die Beiträge anderer Lerner und auf das dadurch hervorgerufene Lehrerfeedback bessere Einsichten in die Zielsprache gewinnt, als wenn man selbst sprachlich aktiv ist (SLIMANI 1987; 1989, 1992; Diskussion u.a. inEDM0NDSON 1993). Das Feedback-Argument ist somit von sozialen Konventionen abhängig und verbindet Output und den Spracherwerb nur indirekt. Die Formulierung „zur Ermöglichung der syntaktischen Verarbeitung" könnte Funktion 3 (Hypothesenüberprüfung) bei SWAIN entsprechen. Nur bleibt unklar, weshalb diese Funktion auf die Syntax beschränkt ist. Als Nächstes wird Automatisierung erwähnt. Gehen wir davon aus, daß hiermit die Hauptfunktion bei Sw AIN angesprochen wird, wobei zu eruieren wäre, was unter dem Begriff „Automatisierung" zu verstehen ist und ob Fluency dasselbe Phänomen bezeichnet. Eine weitere Funktion liegt darin, daß die sprachliche Performanz „Voraussetzung für aktives Hypothesentesten" ist (vgl. nochmals Funktion 3 bei SwAIN). Hier ist zu berücksichtigen, daß die Aufstellung einer Hypothese allein nicht ausreicht, um die Hypothese zu testen. Die Hypothese muß implizit oder explizit bestätigt oder widerlegt werden. Insofern sind wir wieder beim Feedback: Es ist also nicht ganz klar, ob das Auslösen von korrektivem Feedback und aktivem Hypothesentesten zwei unabhängige Funktionen von Output sind. Ferner ist zu fragen, inwiefern die Abwesenheit von „korrektivem Feedback" als positives Feedback interpretiert werden kann. So haben zum Beispiel bereits Vmn.JOLLER (1976) vorgeschlagen, daß Output, zu dem kein korrektives Feedback gegeben wird, zu Fossilisierungen führen kann. Dies würde bedeuten, daß Output negative Auswirkungen auf den Spracherwerb ausübt. Als letzte Funktion wird in BÄRENFÄN- GERIBEYER 2001 „der Erwerb der Diskursfähigkeit" angegeben. Nochmals: Es ist schwierig, hinter dieser Formulierung eine zusätzliche erwerbsunterstützende Funktion von Output zu entdecken, da anzunehmen ist, daß Automatisierung, Aufmerksamkeit, Feedback und das Testen von Hypothesen für die Diskursfähigkeiten genauso relevant sein dürften wie für andere sprachliche Fähigkeiten. Daß man eine Diskurskompetenz · effektiver durch aktive statt durch passive "beobachtende") Teilnahme an interaktiver Kommunikation erwirbt, ist jedoch intuitiv einleuchtend. Es scheint also notwendig zu sein, zwischen Funktionen, die mit der Planung und Produktion zielsprachlichen Outputs inhärent verbunden sind dies ist vermutlich bei der Automatisierung der Fall - und weiteren Funktionen, die als Konsequenz der Sprachproduktion als sprachliches Handeln lernfördernde Funktionen haben können2, zu unterscheiden. Hierfür ist das Stimulieren von korrektivem Feedback exemplarisch. Derartige Auswirkungen finden in diesem Beitrag keine Berücksichtigung, da es andernfalls schwierig wird, zwischen einer Output-Hypothese und einer Interaktions-Hypothese zu unterscheiden. Zusätzlich zu diesen beiden schlage ich eine dritte Art von Funktionen 2 DE BOT (1996) diskutiert solche möglichen Auswirkungen von Output. Siehe auch SCHADE in diesem Band (104-115). lFLlllL 32 (2003) Output als autonomes Lernen: Spracherwerb und Sprachproduktion aus kognitiver Sicht 199 vor, die aus der Rückkoppelung zwischen Output und Input resultieren können "Auto- Feedback"). Wie die obige Diskussion bereits aufgezeigt hat, setzt eine Antwort auf die Frage nach dem Beitrag der Sprachproduktion zum Spracherwerb nun aber voraus, daß ein Konzept des Spracherwerbs vorliegt. Im folgenden Abschnitt werden daher einige Aspekte einer solchen Theorie skizziert. 2. Kernbegriffe einer Theorie des Zweitsprachenerwerbs Spracherwerb ebenso wie die Sprachproduktion werden als Datenverarbeitung konzipiert (zu dieser Metapher siehe MCLAUGHLIN/ ROSSMANN/ MCLEOD 1983). Bei der sprachlichen Umsetzung eines kommunikativen Plans wird sprachliches Wissen (das explizit oder implizit sein kann) durch Prozeduren abgerufen, die entlang dem Parameter [ +/ automatisiert] variieren. So wird die Sprachentwicklung u.a. durch die Automatisierung von Prozeduren charakterisiert. Der Prozeß der Automatisierung umfaßt zwei Elemente: eine Verbesserung der Effizienz durch 'Beschleunigung' des Prozesses (ein „Übungseffekt") und eine Verbesserung der internen Vernetzung sprachlichen Wissens, durch die das relevante Wissen schneller gefunden werden kann. Sprachliches Wissen wird über verschiedene kognitive Prozesse in der Sprachentwicklung umstrukturiert: Die Bildung neuer „Routinen" durch die Speicherung größerer sprachlicher Einheiten und durch den Aufbau von textuellen bzw. konzeptuellen Strukturen sind dabei wichtig, ebenso wie die Aufnahme grammatischer Merkmale von Lexemen in das Wortschatzgedächtnis. Insgesamt wird ein kognitives Modell angestrebt, das mit einer Vielfalt unterschiedlicher kognitiver Prozesse und Verarbeitungsmodi arbeitet. 3 Diese knappe Ausführung soll nun näher erläutert werden. Der Spracherwerb ist theoretisch von der Sprachproduktion abzukoppeln. Somit ist die Sprachproduktion im Prinzip ohne eine auf dem Spracherwerb basierende Sprachkompetenz möglich (vgl. z.B. PETERS 1983), ebenso wie der Spracherwerb ohne den Erwerb entsprechender Sprachproduktionsfähigkeiten möglich ist. Die Sprachproduktion läuft in drei groben Schritten ab: Ein kommunikativer Plan wird aufgestellt, eine Versprachlichung dieser kommunikativen Absicht folgt, und es findet eine Linearisierung und Artikulation dieses sprachlichen Materials statt (vgl. EDM0ND- SON 1987, 1989: 289; LEVELT 1989; BYGATE 2001; BÄRENFÄNGER 2002). Dieser implizite modularische Charakter des kognitiven Systems ist jedoch interaktiv zu interpretieren (vgl. die berechtigte Kritik am LEVELT' sehen Modell, das keine Rückkoppelung zwischen den drei Verarbeitungsmodulen "Conceptualiser", "Formulator" und "Articulator" zuläßt, obwohl mehrere empirische Befunde der Zweitsprachenerwerbsforschung im Widerspruch dazu stehen - DE BOT 1992). SKEHAN (1998: 59) differenziert zwischen kognitiven Spracherwerbstheorien, die durch "accelerating"-, "restructuring"- und "instancing"-Prozesse charakterisiert sind. Ich versuche hier, alle drei Prozesse in ein Modell mit einzubeziehen. IFLIIL 32 (2003) 200 Willis J. Edmondson Aus der Differenzierung zwischen Spracherwerb/ Sprachkompetenz und Sprachproduktion wird bereits implizit zwischen dem Vorhandensein sprachlichen Wissens und dessen Verfügbarkeit unterschieden. In diesem Zusammenhang wird häufig das Begriffspaar deklaratives/ prozedurales Wissen eingeführt (s. vor allem ANDERSON 1982 und vgl. z.B. MöHLEIRAUPACH 1987; SCHLAK 1999; RAUPACH 2002). Bevor diese beiden Begriffe und deren Verhältnis zueinander angesprochen werden, ist es sinnvoll, zwei weitere Begriffspaare einzuführen: explizit/ implizit und automatisch/ kontrolliert. Das Bewußtsein hat nur Zugang zu explizitem Wissen, welches artikuliert werden kann man weiß, was man weiß! Dies trifft bei implizitem Wissen nicht zu. Die Variable automatisch/ kontrolliert betrifft die Aktivierung von sprachlichem Wissen. Ein automatischer Zugang ist mit Schnelligkeit und wenig kognitiver Belastung verbunden, der Begriff „kontrolliert" markiert den Gegenpol. Im Laufe des Spracherwerbs gibt es normalerweise eine Progression von kontrolliertem zu automatisiertem Zugang: Mehrere Studien haben hierfür einen Übungseffekt nachweisen können ("power law of practice", siehe z.B. ANDERSON 1982; BÄRENFÄNGER 2002: 129 fund N. ELLIS 2002 sowie weitere Aufsätze in Studies in Second Language Acquisition 24.2). Vor dem Hintergrund dieser Begrifflichkeit wenden wir uns nun der Frage zu, wie die Begriffe deklaratives/ prozedurales Wissen zu verstehen sind. Nach einer ersten Interpretation (nennen wir dies Modell 1) unterliegt prozedurales Wissen "Wissen, wie ...") der sprachlichen Performanz, während deklaratives Wissen "Wissen, daß ... ,") einen ähnlichen Status hat wie z.B. das Wissen über Geographie. Nach dieser Interpretation ist die Behauptung, daß prozedurales und nicht deklaratives Wissen für den Spracherwerb und die Sprachproduktion von entscheidender Bedeutung ist, per definitionem richtig (vgl. die Theorie KRASHENs (1982), die besagt, mutatis mutandis, daß prozedurales Wissen „erworben", deklaratives Wissen „gelernt" wird). Bei einigen Vertretern von Modell 1 wandelt sich deklaratives Wissen unter bestimmten Bedingungen im Laufe der Sprachentwicklung in prozedurales Wissen um (die äußerst komplexe Theorie von ANDERSON 1982 gibt zu dieser Annahme Anlaß). KRASHEN aber behauptet bekanntlich, daß dies nicht möglich sei. Mir scheint Modell 1 als theoretischer Rahmen zur Erhellung der Zweitsprachenerwerbsprozesse unangebracht, vor allem aus folgenden drei Gründen: Erstens trägt die Unterscheidung zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen zu viel theoretisches Gewicht. Zum Beispiel ist die Unterscheidung zwischen explizitem und implizitem Wissen überflüssig, da explizites Wissen deklarativer Art ist und implizites Wissen nur ein anderer Name für prozedurales Wissen zu sein scheint (wie häufig angenommen, vgl. z.B. JOHNSON 1994; BLEYHL 1995). Ferner scheinen sich auch die Begriffspaare automatischer/ kontrollierter Zugang und deklaratives/ prozedurales Wissen zu überlappen. Das heißt, deklaratives Wissen wird kontrolliert abgerufen und eingesetzt, prozedurales Wissen dagegen automatisch angewendet. Also sind die Begriffspaare explizit/ implizit und kontrolliert/ automatisch redundant. Somit umfassen die Begriffe deklaratives bzw. prozedurales Wissen in sich die wichtigsten Variablen in der Sprachentwicklung. Zweitens: Modell 1 ist mit einer Abkoppelung der Kompetenz von der Performanz lFIL1.lllL 32 (2003) Output als autonomes Lernen: Spracherwerb und Sprachproduktion aus kognitiver Sicht 201 inkompatibel, da prozedurales Wissen sowohl die sprachliche Kompetenz konstituiert, als auch die sprachliche Performanz erklärt. Es wäre theoretischer Nonsens, behaupten zu wollen, daß der Sprachproduktion ein System von deklarativem Wissen unterläge, vor allem dann, wenn aus diesem deklarativen Wissen in der Zwischenzeit prozedurales Wissen geworden ist. Drittens: Die These, daß unter bestimmten Bedingungen aus deklarativem Wissen prozedurales Wissen entsteht, muß die Tatsache berücksichtigen, daß deklaratives Wissen weiterhin verfügbar bleibt, obwohl „daraus" prozedurales Wissen entstanden ist. Als Alternative zu Modell 1 wird folgendes Modell vorgeschlagen: Bei der Verarbeitung von Sprache (d.h. beim Kommunizieren und beim Lernen) wird sprachliches Wissen über 'Prozeduren' abgerufen und eingesetzt. Dies bedeutet, daß „Wissen; wie" nur durch Prozeduren zustande kommt, die Prozeduren ihrerseits aber relevantes Wissen finden und aktivieren müssen. Die Prozeduren könnten als „prozedurales Wissen", das sprachliche Wissen selbst als „deklaratives Wissen" bezeichnet werden. Ich werde allerdings von jetzt an diese beiden Begriffe nicht mehr verwenden (vgl. SCHMIDTS [1992: 359] Unterscheidung zwischen prozeduralem Wissen und „prozeduralen Fertigkeiten"). Die Variable explizit/ implizit ist nun nur für das sprachliche Wissen relevant: Wir haben keinen Zugang zu unseren neurologischen Suchstrategien, d.h., Prozeduren können nicht explizit sein. Andererseits bezieht sich die Variable [ +/ automatisiert] nur auf die Prozeduren. Die Kollokation „automatisiertes sprachliches Wissen" ist also streng genommen nicht zulässig, außer als Abkürzung für „sprachliches Wissen, das anhand automatischer Prozeduren abgerufen werden kann". Es wird ferner postuliert: Wenn sprachliches Wissen nicht automatisch eingesetzt werden kann, kann dies daran liegen, daß die hierfür geeigneten Prozeduren (noch) nicht automatisiert worden sind, oder daran, daß das gesuchte Wissen nicht 'automatisch' gefunden werden kann. Beim Autorennen ist der Fahrer für die Schnelligkeit des Fahrens verantwortlich, der Beifahrer für die Richtigkeit der Route. "Training" bzw. Übung kann das erste Problem lösen, Umstrukturierung das zweite. Nennen wir dieses Konzept Modell 2. Zum Verhältnis zwischen explizitem und implizitem Wissen und zu der Frage, wie nun innerhalb Modell 2 Konzepte wie Automatisierung, Routinisierung und Umstrukturierung interpretiert werden können, soll nun folgende theoretische Diskussion Anregungen liefern. Betrachten wir zunächst explizites Wissen. Intuitiv ist es einleuchtend, daß der Zugang zu explizitem Wissen automatisiert werden kann. Zum Beispiel kann man eine grammatische Regel explizit 'gelernt' haben, hat jedoch noch so lange Schwierigkeiten beim Abruf und Artikulieren dieses Wissens, bis diese Schwierigkeiten durch „Üben" zum Beispiel durch die Vorbereitung auf eine Prüfung oder auf eine Vorlesung überwunden werden. Diese „Automatisierung" betrifft die Verfügbarkeit expliziten Wissens: Daß das Wissen sprachlicher Art sein kann, ist aus kognitiver Sicht irrelevant. Bei diesem Übungseffekt ist ferner theoretisch zu unterscheiden zwischen der Zugänglichkeit zum konzeptuellen Inhalt und der Zugänglichkeit zur sprachlichen Formulierung. Im ersten Fall kann das Wissen im Prinzip in einer anderen Sprache artikuliert werden. Im zweiten Fall trifft dies nicht zu es handelt sich eher um „auswendig Gelerntes". Die beiden Lerneffekte (bzw. ]F[,1J! L 32 (2003) 202 Willis J. Edmondson Automatisierungseffekte) schließen sich natürlich nicht gegenseitig aus, d.h., der Abruf eines komplexen Textschemas kann zum Beispiel zum Abruf identischer oder fast identischer sprachlicher Formulierungen führen. Diesen schnellen und sicheren Zugang zu explizitem Wissen möchte ich als „Routinisierung" bezeichnen. Auch wenn die Diskussion mit dem Versuch begonnen hat, die These zu unterstützen, daß der Zugang zu explizitem sprachlichen Wissen „automatisiert" werden kann, wird nun „Routinisierung" nicht mit Automatisierung gleichgesetzt (auch wenn in der Fachliteratur die Begriffe wie austauschbar verwendet werden, vgl. z.B. ELLIS [1994: 390]). Eine begriffliche Unterscheidung ist deshalb notwendig, weil das Konzept der Automatisierung expliziten sprachlichen Wissens im Rahmen der Zweitsprachenerwerbstheoriebildung mehr beinhaltet als das Finden und den Abruf expliziten Wissens. Automatisierung bedeutet eher: Das relevante Wissen wird ins Kurzzeitgedächtnis abgerufen, der Inhalt wird zuerst interpretiert, dann innerhalb eines spezifischen Sprachplanungsprozesses eingesetzt, worauf das Ergebnis an das Sprachproduktionssystem weitergegeben wird. KRASHEN behauptet, daß ein solcher Einsatz von explizitem Wissen nur unter bestimmten Bedingungen durchgeführt werden kann 4 , vor allem wegen der damit verbundenen kognitiven Belastung. Der Einwand ist berechtigt, was den kontrollierten Einsatz von explizitem Wissen betrifft. Die Frage lautet aber: Kann der Übungseffekt auch hier eintreten? Wenn ja, würde dies bedeuten, daß explizites Wissen bei der Sprachplanung so effizient eingesetzt werden kann, daß das Ergebnis mit dem Abruf relevanten impliziten Wissens vergleichbar ist, was das sprachliche Produkt und die kognitive Belastung betrifft. Innerhalb Modell 1 würde dies bedeuten: 'deklaratives Wissen' + dessen automatisierter Einsatz im Laufe der Sprachproduktion= 'prozedurales Wissen'. Genau diese Gleichung wurde z.B. von FJERCH [et al.] (1984: 203) vorgeschlagen. Innerhalb des Modells 2 möchte ich diesen Prozeß als „automatisierten Einsatz von explizitem Wissen" bezeichnen. Hiermit hätten wir eine Interpretation der "Interface"- Position, die nicht darauf basiert, daß sich explizites Wissen irgendwie in implizites Wissen umwandelt. Nur: Ist diese Automatisierung des Einsatzes von explizitem Wissen überhaupt möglich? Es besteht m.E. kein Zweifel daran, daß ein ähnlicher Prozeß der Automatisierung bei der Entwicklung vieler menschlicher Fertigkeiten eintritt,. vor allem wenn Geschicklichkeit mit der jeweiligen Fertigkeit verbunden ist. Nur bleibt der so bezeichnete Prozeß der Automatisierung immer noch sehr vage, und es besteht kein Anlaß zu glauben, daß die Sprachproduktion direkt mit anderen menschlichen Fertigkeiten wie zum Beispiel dem Spielen eines Musikinstruments vergleichbar ist. Eine nähere Betrachtung der Wirkung des Einsatzes expliziten Wissens bei der Sprachproduktion ist daher wünschenswert. Eine mögliche Interpretation ist folgende: Wenn explizites sprachliches Wissen bei der Sprachproduktion abgerufen, interpretiert und eingesetzt wird, dann wird das Ergebnis dieses Verfahrens gespeichert und kann später unter bestimmten Bedingungen wieder 4 Interesse an grammatischer Genauigkeit sowie der Richtigkeit des expliziten Regelwissens und Zeit für dessen Einsatz werden vorausgesetzt (KRASHEN 1982: 16). lFLlllL 32 (2003) Output als autonomes Lernen: Spracherwerb und Sprachproduktion aus kognitiver Sicht 203 abgerufen werden, eventuell automatisch. So kann zum Beispiel ein Verb in einer bestimmten Flexion durch den Einsatz einer bekannten Regel produziert werden, wonach im Laufe der Zeit das Verb automatisch in der gewählten Flexion abgerufen und verwendet wird. Somit findet eine Umstrukturierung des sprachlichen Wissens statt. Das Verb bekommt zum Beispiel einen Vermerk (oder eine „Flagge"), durch den seine morphologischen Flexionen „automatisch" aktiviert werden, wenn das Verb selbst aktiviert wird. Automatisierung bedeutet also Übergang vom Abruf, der Interpretation und dem Einsatz expliziten Wissens zum Finden des relevanten grammatischen Wissens durch die Aktivierung anderer sprachlicher/ konzeptueller Inhalte. Es gibt somit einen Übergang von einer abstrakten Generalisierung zu einer Vielfalt von konkreten Instanzen (vgl. CHENG 1985; HAYES/ BROADBENT 1988; LOGAN 1988; ROBINSON/ HA 1993; SKEHAN 1998: Kap. 2; KORMOS 1999). Nennen wir diese Interpretation der Umsetzung von explizitem Wissen die „Automatisierung als Instanzbildung"-Hypothese. Diese Hypothese ist auch für die Frage relevant, wie sich im Laufe der Zeit aus gespeicherten sprachlichen Routinen beim natürlichen Zweitsprachenerwerb ein grammatisches System entwickeln kann (vgl. Abschn. 3). Ob diese Hypothese als Operationalisierung des „automatisierten Einsatzes von explizitem Wissen" oder als Ersatz oder als Zusatz zu betrachten ist, möchte ich hier offenlassen. Als weiterer Schritt in diesem Gedankenexperiment ist zu überlegen, ob bzw. wie Instanzbildung zu einem automatischen Einsatz normgerechten grammatischen Wissens führen kann, wenn ein neues sprachliches Element für die Sprachproduktion aktiviert wird. Die Hypothese der „Automatisierung als Instanzbildung" impliziert, daß eine Art von „Generalisierung" auf der Grundlage mehrerer Instanzen stattfindet, ansonsten ist die Hypothese relativ uninteressant. So überzeugt z.B. die Annahme nicht, daß für jedes Substantiv der englischen Sprache eine 'Instanz' gebildet werden muß, um zu lernen, ob der entsprechende unbestimmte Artikel a oder an lautet. Es gibt meines Erachtens keinen Zweifel daran, daß beim Spracherwerb eine entsprechende kognitive Fähigkeit aktiviert wird. Man kann nur darüber spekulieren, wie genau denn diese kognitive Leistung erbracht wird. Daß Menschen sprachlichen Input nach bestimmten Prinzipien oder aus bestimmten Erwartungen heraus aufnehmen, ist klar, nur können wir daraus leider keine Antwort auf die hier vorliegende Frage ableiten. Daher wird nur von einer „Generalisierung", einer „kreativen Konstruktion" oder einer „Analogiebildung" die Rede sein. Diese Begriffe sind unpräzise, deuten jedoch auf den (unbewußten) Vergleich zwischen einer Vielfalt von individuellen Einzelfällen hin, wobei dieser Vergleich, wie gesagt, von kognitiven Prinzipien aktiv gesteuert wird. 5 In obiger Diskussion wurden folgende Verarbeitungsprozesse eingeführt: Hypothese 1: Routinisierung von explizitem Wissen Hypothese 2: Automatisierter Einsatz von explizitem Wissen Ich möchte an dieser Stelle nicht der Frage nachgehen, ob Erwachsene noch Zugang zu den kognitiven Fähigkeiten haben, die Kleinkinder beim Ll-Erwerb einsetzen. Die Begriffe „kreative Konstruktion" bzw. „Analogiebildung" sollen daher die Frage offenlassen, ob die hiermit bezeichneten kognitiven Mechanismen spracherwerbsspezifisch sind oder nicht. lFLl.lllL 32 (2003) 204 Willis J. Edmondson ·Hypothese 3: Automatisierung als Instanzbildung Hypothese 4: Analogiebildung auf der Grundlage mehrerer Instanzen. Es wird ferner angenommen, daß auf jeden Fall bereits in frühen Phasen der Sprachentwicklung implizites Wissen durch dessen Abruf und Einsatz automatisiert werden kann, vor allem was die Schnelligkeit betrifft. Änderungen in der Repräsentation und bei der Vernetzung von sprachlichem Wissen sind mit diesen kognitiven Prozessen verbunden. Es besteht eine Interaktion zwischen Umstrukturierungen und der Automatisierung von Prozeduren. D.h., die Abtrennung von sprachlichem Wissen und die darauf wirkenden Abrufprozeduren sind mit der Bildung von äußerst komplexen Vernetzungen, Überlappungen und Verbindungen zwischen Elementen von sprachlichem Wissen und verschiedenen spezifischen Prozeduren kompatibel. Die Einbindung mehrerer sprachlicher Elemente in schematische Strukturen, die dann durch eine Prozedur aktiviert werden können, ist ein Beispiel einer solchen Umstrukturierung vgl. die Konzepte „Komposition", "Kompilieren" und „pragmatische Anpassung", d.h. "tuning", bei ANDERSON (1982). 6 Abschließend sei hier nochmals angemerkt, daß der Begriff „Automatisierung" jetzt zwei Interpretationen hat: eine engere und eine breitere. Wenn der Abruf von gezieltem sprachlichen Wissen schneller geht, weil die relevante Prozedur durch den Übungseffekt beschleunigt wird, dann ist dieser Automatisierungsprozeß im Prinzip von Umstrukturierungen abzukoppeln, die den Effekt haben, daß bestimmte Wissenselemente nun effizienter bzw. schneller gefunden werden können. In diesem Fall ist die Automatisierung eine Konsequenz der Umstrukturierung. Diese theoretische Unterscheidung führt zu der interessanten Frage, ob nicht die „Beschleunigung" in der Tat eine Konsequenz einer „Umstrukturierung" ist. BYGATE (2001) hat aber nicht nachweisen können, daß Letzteres zutrifft. Ferner sprechen alle Lehr- und Lernerfahrungen dafür, daß gezielte Übungen nicht automatisch zu einer „Umstrukturierung" des geübten Sprachmaterials führen. Daher möchte ich die theoretische Unterscheidung zwischen Automatisierung-als-Beschleunigung und Automatisierung-als-Umstrukturierung aufrechterhalten. 3. "Chunking" und Sprachproduktion Ein weiterer Aspekt der Komplexität des Spracherwerbs und der Sprachproduktion betrifft die Größe der sprachlichen Einheiten, die vom Gedächtnis abgerufen werden können. In dieser kurzen Ausführung wird der Begriff „sprachliche Routinen" 7 verwendet, wobei auf ihre psycholinguistische/ kognitive Identität fokussiert wird. Aus dieser 6 Siehe in diesem Zusammenhang EDMONDSON (1998 und 2002), wo die Variablen „analysiert" und „integriert" ausgeführt und begr! indet werden. Vgl. ferner verschiedene Modelle von BIAL YSTOK vor allem BIAL Y- STOK (1978, 1982, 1994). 7 EDMONDSON (1989: 292-293) listet acht Merkmale auf, durch die Routinen definiert/ identifiziert werden können. Vgl. auch WRAY/ PERKlNS (2000: 3), wo mehr als vierzig unterschiedliche Bezeichnungen für „Routinen" aufgelistet werden. lFLU! L 32 (2003) Output als autonomes Lernen: Spracherwerb und Sprachproduktion aus kognitiver Sicht 205 Perspektive sind Routinen sprachliche Ausdrücke, die als „Einheiten" gespeichert, abgerufen und eingesetzt werden, obwohl sie grammatisch und semantisch komplex sind. Es geht also um vorgefertigte "Chunks". 8 Sprachliche Routinen können auch aus pragmatischer Sicht identifiziert werden: Sie haben zum Beispiel wichtige kommunikative Funktionen; genau deshalb wurden solche Ausdrücke routinisiert. Nur ist zu betonen, daß bei individuellen Sprechern die beiden Perspektiven - Chunking plus etablierte kommunikative Funktion(en) nicht miteinander übereinstimmen, weder beim Erstsprachenerwerb (vgl. z.B. PETERS 1983) noch beim Zweitsprachenerwerb (vgl. exemplarisch REHBEIN 1987). Das Chunking-Phänomen ist deshalb für eine Betrachtung der Zusammenhänge zwischen Sprachproduktion und Spracherwerb relevant, weil wir u.a. fragen müssen, ob ein Zuwachs an Routinen einen Fortschritt beim Spracherwerb signalisiert oder möglicherweise eine Alternative dazu ist, und ferner, ob ein Zusammenhang zwischen der Automatisierung und dem Erwerb sowie der Verwendung von Routinen besteht. Zunächst ist wie bei Hypothese 3 oben angedeutet festzustellen, daß die Sprachproduktion sowohl als generativer Prozeß abläuft als auch als Kombination von Chunks, Routinen oder Patterns, wobei die beiden Prodnktionsmodalitäten auf Sprachkonstruktion oder Gedächtnisleistung basieren. Diese Dualitätshypothese ist in der Fachliteratur durchaus bekannt und nicht besonders neu der Neurologe Hughlins Jackson hat z.B. bereits im neunzehnten Jahrhundert eine Version dieser Hypothese entwickelt (für einen Überblick vgl. SKEHAN 1998: Kap. 1---4). Die Hypothese wird im folgenden Zitat prägnant dargelegt: "At present we have no way of telling the extent to which a sentence like I went home is a result of invention, and the extent to which it is a result of repetition. Is grammar something where speakers 'produce' (i.e. originate) constructions, or where they 'reach' for them, from apreestablished inventory, when the occasion presents itself. Probably grammar is both ofthese things [...]" (BOLINGER 1961: 381). 9 Aus der Dualitätshypothese ergeben sich für den L 2 -Erwerb folgende Probleme: Möglicherweise verfügen Lerner nicht über beide Produktionsmodalitäten ("both of these things"): Obwohl Sprachkonstruktionsmechanismen funktionieren, können sozial relevante Routinen nicht zur Verfügung stehen, oder das Gegenteil trifft zu: Der Lerner hat zwar bestimmte Routinen gelernt bzw. "automatisiert", aber die dadurch implizierte grammatische Kompetenz im generativen Sinne kann fehlen. Lerner sind womöglich nur begrenzt in der Lage, beide Produktionsmodalitäten miteinander zu koordinieren. Unter „Routinen" möchte ich auch „halb-offene" Strukturen miterfassen, die durch situationsspezifische lexikalische Elemente ergänzt werden können (vgl. u.a. "Patterns" im Sinne von KRASHEN/ SCARCELLA 1978). 9 Vgl. z.B. BOLINGER (1975: 2): "1 would say that the human mind is less remarkable for its creativity than for the fact that it remembers everything", oder NAITINGER (1980: 341): "Perhaps we should base our teaching on the assumption that, for a great deal of the time anyway, language production consists of piecing together the ready-made units appropriate for a particular situation and that comprehension relies on knowing which of these patterns to predict in which situations". IFJLwL 32 (2003) 206 Willis J. Edmondson - Probleme der Vernetzung von Routinen mit zum Beispiel pragmatischem Wissen können dazu führen, daß routinisierte Ausdrücke dort eingesetzt werden, wo sie aus grammatischer, semantischer oder pragmatischer Sicht unangebracht sind. 10 An dieser Stelle ist der Begriff „Routinisierung" aus der Diskussion in Abschn. 2 erneut zu betrachten. Das Ergebnis dieser Routinisierung ist ein Komplex aus semantischen/ sprachlichen Elementen, der als Einheit aktiviert werden kann. Insofern ergeben sich "Routinen" aus dem Prozeß der Routinisierung. Es sind jedoch zwei Prozesse zu unterscheiden, durch die Routinen entstehen können. Routinisierung im Sinne von Hypothese 1 basiert auf vom Sprecher selbst konstruierten Texten oder Ausdrücken, die dann durch Wiederholungen und Übungseffekte zusammengesetzt werden. Andererseits werden Routinen auch als funktionelle Chunks aus der sozialen Umgebung (oder aus einer Quelle wie Lehrer oder Lehrwerk) zur Kenntnis genommen, gespeichert und im Laufe der Zeit automatisiert. Diese Unterscheidung führt dazu, daß bzgl. der Gewichtung von Gedächtnisleistung gegenüber Sprachkonstruktion in der Sprachproduktion drei Phasen der Sprachentwicklung differenziert werden können: Phase 1: Funktionale sprachliche Einheiten werden aus der sozialen Umgebung wahrgenommen und als "chunks" oder „Routinen" bearbeitet und gespeichert, vermutlich mit situativen/ funktionalen Merkmalen, damit sie wiedergefunden und abgerufen werden können. Es wird nicht angenommen, daß solche Chunks von Anfang an automatisch abgerufen werden können. Die in dieser Phase vorhandene interimsprachliche Grammatik kann relativ einfach sein. Der Erstsprachenerwerb fängt bei Phase 1 an. Phase 2: Ein Sprachkonstruktionssystem entwickelt sich (vgl. Hypothese 4 oben), möglicherweise u.a. auf der Grundlage einer Segmentierung der in Phase 1 erworbenen Routinen. 11 Entsprechend werden bei der Sprachproduktion viele Äußerungen auf dieser grammatischen Basis konstruiert, während andere Äußerungen auf Routinen basieren (die entweder aus Phase 1 übernommen oder durch soziale Erfahrungen neu aufgenommen werden). Es ist anzunehmen, daß bei relativ fortgeschrittenen Lernern die beiden Produktionsmodalitäten parallel ablaufen. Phase 3: Die „Routinisierung" sprachlicher Inhalte setzt sich nun fort. Wie unter Hypothese 1 beschrieben, werden solche Einheiten als konzeptuelle/ sprachliche Inhalte in kompakter Form gespeichert und können daher schneller abgerufen werden. Ob bzw. inwiefern dies geschieht, hängt von individuellen Erfahrungen, kognitiven Anstrengungen und weiteren Faktoren ab. Was diese Form von Routinisierung betrifft, so gibt es keine muttersprachlichen oder sozialen Normen. Mit anderen Worten: Individuelle Unterschiede determinieren, inwiefern Phase 3 durchlaufen wird. 10 Zu diesen verschiedenen Möglichkeiten vgl. z.B. das „Waffle-Phänomen" bei EDMONDSON/ HOUSE (1991), den mehrfunktionalen Einsatz von "fixed formulae" bei REHBEIN (1987), die gezielte Sammlung und den Einsatz von konversationellen Chunks oder Routinen als Ersatz für die Entwicklung einer grammatischen Kompetenz im üblichen Sinne bei Wes (SCHMIDT 1983). 11 Vgl. die sog. "Routinen-führen-zur-Grammatik"-Hypothese siehe Diskussion in ELLIS (1994: 84-88); EDMONDSON (1999: 237-243). lFIL11JL 32 (2003) Output als autonomes Lernen: Spracherwerb und Sprachproduktion aus kognitiver Sicht 207 Diese drei Phasen sind natürlich nicht in dem Sinne zeitlich zugeordnet, daß Phase X erst eintreten kann, wenn Phase X-1 durchlaufen ist. Für eine Theorie des Spracherwerbs scheint es wichtig, anzuerkennen, daß die Erwerbsmechanismen und deren Ergebnisse bei 1 und 3 nicht identisch sind. 12 Dieses Drei-Phasen-Modell ist strukturell vergleichbar mit U-förmigem Lernen im Bereich der Morphologie (s. z.B. PrNKER 1991; ELLIS [1987] sammelt relevante empirische Befunde; vgl. zusammenfassend EDMONDSON [1999: 250- 253).13 4. Das Auto-Feedbacksystem Es bleibt zu überlegen, ob bzw. wie der Spracherwerb durch die Tatsache vorangetrieben werden kann, daß Output durch auditive Rückkoppelung auch als Input fungieren kann. Beim Spracherwerb insgesamt (sowohl der L1 als auch einer L2) entwickeln sich die rezeptiven Fähigkeiten früher als die produktiven. Diese Tatsache ist zumindest konsistent mit der Annahme, daß beim Monitoring Wissen abgerufen werden kann, das in der eigenen Sprachproduktion nicht eingesetzt wird. Diese Annahme scheint auch eine Voraussetzung dafür zu sein, daß das Auto-Feedbacksystem einen Erwerbsgewinn aus dem eigenen Output erzielen kann. Bei KRASHENs Monitortheorie (vgl. etwa 1982: 10-32) trifft diese Voraussetzung zu: Explizites Wissen wird vom Monitor eingesetzt, implizites Wissen bei der Sprachproduktion. Nur läßt KRASHENs Theorie zu, daß explizites Wissen unter bestimmten Umständen auch bei der Sprachproduktion mitwirkt. Ferner scheint es der Fall zu sein, daß auch implizites Wissen vom Auto-Feedbacksystem aktiviert wird (ein ziemlich früher Vertreter eines „impliziten" Monitors war STEVICK (1980)). Auf jeden Fall müßte das Auto-Feedbacksystem eine Diskrepanz zwischen dem Output des Systems und zusätzlichem sprachlichen Wissen wahrnehmen, das bei der Sprachproduktion offensichtlich nicht eingesetzt wurde. Hier sei angemerkt, daß dieses vergleichende Verfahren anders ist als die "Noticing"-Funktion bei Sw AIN (vgl. Funktion 2 oben). Anders ist auch die "Noticing"-Hypothese bei der Wahrnehmung von Merkmalen eines Inputs (vgl. z.B. SCHMIDTIFROTA 1986; SCHMIDT 1995; ROBINSON 1995). In allen drei Fällen geht es zwar um "noticing the gap", es werden aber Vergleiche zwischen unterschiedlichen sprachlichen bzw. kognitiven Ressourcen hergestellt: KRASHEN: SWAIN: SCHMIDT/ FROTA: eigene Sprachproduktion eigenes sprachliches Wissen eigenes sprachliches Wissen < eigenes sprachliches Wissen < kommunikative Absicht < Merkmale des Inputs. 12 So ist zum Beispiel Kreativität m.E. nur bei Phase 1 als Gegenpol zu einer auf routinisierten Elementen basierenden Sprachproduktion zu sehen (vgl. BÄRENFÄNGER 2002: 125). 13 Das U-förmige Modell von WRAYIPERKINS (2000) postuliert, daß bei der Sprachentwicklung die Gewichtung von „holistischer" gegenüber „analytischer" Verarbeitung variiert. Anknüpfungen an das oben ausgeführte Modell liegen vor, da „holistische Verarbeitung" den Einsatz von Routinen und anderen aus dem Gedächtnis abgerufenen Kollokationen, "Analyse" hingegen eher einen ad hoc eingesetzten Sprachkonstruktionsprozeß suggeriert. JFLlUIL 32 (2003) 208 Willis J. Edmondson Monitoring findet auf jeden Fall statt. Die kritische Frage ist: Wie kommt hierdurch möglicherweise eine Förderung des Spracherwerbs bzw. der sprachlichen Fertigkeiten zustande? Theoretische Einsichten und empirische Befunde lassen m.E. kein klares Urteil zu. Daher möchte ich nur einige Anmerkungen machen: - Vermutlich ist die Plausibilität von Lerneffekten durch die Wahrnehmung der eigenen „Fehler" in verschiedenen sprachlichen Domänen unterschiedlich. 14 Eine logische Möglichkeit wäre, daß durch Auto-Feedback die Wahrscheinlichkeit wächst, daß das relevante Wissen während der Sprachproduktion ebenfalls aktiviert wird, d.h., der Einsatz von explizitem Wissen bei der Sprachproduktion wird durch seine Aktivierung beim Monitoring automatisiert (vgl. Hypothese 2). Hypothese 2 wurde jedoch als vage empfunden. Hypothese 3 "Instanzbildung") scheint aber eher unwahrscheinlich als Konsequenz des Monitoring, da keine Instanz produziert wird. Auch Muttersprachler korrigieren sich bei der Sprachproduktion. Dies muß nicht bedeuten, daß sie bei der Sprachproduktion manchmal keinen Zugang zu ihrem sprachlichen Wissen finden. Das gesamte Sprachproduktionssystem ist komplex genug, um andere Produktionsfehler zuzulassen es geht also um „Flüchtigkeitsfehler" oder „Performanzfehler". (Dieses Phänomen scheint übrigens die Vermutung zu bestätigen, daß auch implizites Wissen vom Auto-Feedbacksystem eingesetzt werden kann). Die Erkenntnis, daß das eigene Verhalten abweichend ist, kann paradoxerweise dieses Verhalten festigen, statt es zu korrigieren, d.h., der Übungseffekt kann auch beim Output eintreten, den der Monitor als unangebracht zur Kenntnis nimmt. Diese Behauptung war eine Grundthese verschiedener behaviouristischer Lerntheorien. Die Literatur zu Selbstkorrekturen beim Zweitsprachenerwerb (vgl. KORMOS 1999 und KORMOS [in diesem Band 116-132]) hat bisher keine klare Evidenz zu der Arbeitshypothese vorgelegt, daß die Häufigkeit von Selbstkorrekturen mit der Lernstufe kovariiert. Die inkonsistenten Ergebnisse aus verschiedenen Studien sind u.a. dadurch zu erklären, daßsoweit mir bekanntkeine Normen bzgl. der Selbstkorrektur festgestellt worden sind. Die Ausführungen in Abschn. 3 oben zum Thema Chunking und die dort postulierte U-förmige Lernkurve liefern eine weitere Komplikation bei der Interpretation von Ergebnissen zu dieser Forschungsfrage. Die bisherige Diskussion über mögliche Lerneffekte als Konsequenz des Monitoring der eigenen Sprachproduktion ging davon aus, daß das Sprachproduktionssystem vom Monitor sozusagen etwas „lernen" könnte: Das Gegenteil ist aber auch eine theoretische Möglichkeit, und zwar in dem Sinne, daß das Produktionssystem aus der eigenen Sprachproduktion „lernen" könnte. SHARWOOD SMITH hat schon 1981 gegen KRASHENs Behauptungen, daß nur Input den Spracherwerb vorantreibt und daß explizites Wissen nur eine Monitorfunktion ausübt, wie folgt argumentiert: 14 Vgl. zum Beispiel pragmatisches Wissen (HousE 1996; KASPER/ SCHMIDT 1996), wo Auto-Feedbackhier "noticing-the-gap" sicherlich etwas bewirken kann; dagegen trifft dies z.B. bei der deutschen Wortstellung eher nicht zu. lFILllL 32 (2003) Output als autonomes Lernen: Spracherwerb und Sprachproduktion aus kognitiver Sicht 209 Unter bestimmten Bedingungen kann die Sprachproduktion auch durch den Einsatz von explizitem Wissen mit gesteuert werden. Lerner nehmen ihren eigenen Output auch als Input wahr. Nach KRASHEN wirkt der Input als Hauptquelle für den Spracherwerb. Somit ist die Möglichkeit gegeben, daß Merkmale des eigenen Outputs, die auf der Grundlage von explizitem Wissen basieren, als Input für Spracherwerbsmechanismen gelten, woraus ein interimsprachlicher Gewinn gezogen wird. Krashen hat die Logik dieser Argumentation sofort akzeptiert (s. z.B. KRASHEN 1983). Das Argument setzt aber voraus, daß der eigene Output ähnlich verarbeitet wird wie der Input aus anderen Quellen. Dies scheint a priori unwahrscheinlich, vor allem, weil die pragmatischen und semantischen Inhalte des eigenen Inputs nicht konstruiert werden müssen. Andererseits könnte argumentiert werden, daß genau deshalb die Bedingungen für eine kognitive Beschäftigung mit den sprachlichen Merkmalen eines Inputs bei der Aufnahme des eigenen Outputs günstiger sind so liegt zum Beispiel der Zwang zur kommunikativen Reaktion nicht vor (ein ähnliches Argument bzgl. der unterrichtlichen Kommunikation gegenüber der außerunterrichtlichen Kommunikation wird u.a. in v AN PATTEN 1996 vorgelegt vgl. auch die oben erwähnte „Beobachter-Hypothese"). Die theoretische Möglichkeit, daß man seinen eigenen Output als Input zugunsten des Spracherwerbs verarbeitet, ist zu akzeptieren; es bleibt aber unklar, welche kognitiven Prozesse dies ermöglichen sollen. Zu dieser Frage sind mir keine empirischen Befunde oder theoretischen Überlegungen bekannt. Keiner der vier postulierten Prozesse in Abschn. 2 oben wird beim Monitoreinsatz aktiviert; ebenso wenig sind die zu Beginn unserer Überlegungen erwähnten Funktionen hierfür relevant. Da explizites Wissen vorliegt und bei der Sprachproduktion eingesetzt wurde, kann eine Aufmerksamkeit erregende Funktion kaum eintreten. Ich schließe aber nicht aus, daß es dieses Lernmuster gibt, nur scheint es unwahrscheinlich zu sein, daß wir es hier mit einem zentralen Verarbeitungsprozeß zu tun haben, der den Spracherwerb fördert. Die Diskussion über das Auto-Feedbacksystem hat zu keinen klaren Schlußfolgerungen geführt. D.h., eine direkte Verbindung von Monitoringprozessen bzw. postproduktiver Verarbeitung zu mit dem Spracherwerb verbundenen Verarbeitungsprozessen konnte nicht hergestellt werden. Dies bedeutet nicht, daß solche Verbindungen nicht bestehen, wir haben aber zur Zeit soweit ich sehe keine klare Vorstellung davon, wie Erwerbseffekte durch das Auto-Feedbacksystem entstehen könnten. 15 15 Sicherlich können affektive Faktoren vom Auto-Feedback-System beeinflußt werden. Wenn zum Beispiel ein Sprecher auf der Grundlage seines expliziten Wissens eine kontextualisierte Äußerung produziert, die sehr positive kommunikative Auswirkungen hat, dann könnten auch positive Auswirkungen entlang z.B. der Parameter Aufmerksamkeit, Einstellungen und Motivation entstehen. Dies ist jedoch als soziale Konsequenz der Sprachproduktion zu verstehen und somit nicht intrinsisch mit der Sprachproduktion verbunden oder durch Selbstmonitoring hervorgerufen. JFLJJL 32 (2003) 210 Willis J. Edmondson 5. Fazit: Was leistet die Sprachproduktion für den Spracherwerb Obige Diskussion hat mehrere begriffliche bzw. theoretische Fragen aufgeworfen, die manchmal beantwortet werden konnten und manchmal offen geblieben sind. So wurde unterschieden zwischen Automatisierung und Routinisierung sowie zwischen verschiedenen Formen von Automatisierung und verschiedenen Formen von Routinisierung. Offen blieb die Frage, wie Fluency hier als Konzept hineinpaßt. In der Fachliteratur wird Fluency als Merkmal von Sprachproduktion verstanden, wozu jedoch soweit mir bekannt bislang niemand muttersprachliche oder sonstige Normen empirisch nachweisen konnte. 16 So hat z. B. Charles FILLMORE schon 1979 vier Interpretationen des Konzepts Fluency vorgeschlagen, die alle als individuell unterschiedlich verstanden wurden. Insofern bleibt unklar, wie das Verhältnis zwischen Fluency und dem Spracherwerb zu konzipieren ist. Zu der konkreten Frage, wie Output den Spracherwerb vorantreibt, sind in den obigen Ausführungen mehrere potentiell relevante kognitive Prozesse offengelegt und problematisiert worden. Diese Diskussion kann wie folgt zusammengefaßt werden: - Die Sprachproduktion fördert die Routinisierung von explizitem Wissen, sprachlicher und nicht-sprachlicher Art. Wenn diese Routinisierung auf einem ziemlich stabilen grammatischen Wissen aufbautso wird argumentiert-, dann führt sie zu Umstrukturierungen im Gedächtnis, die das kognitive System effizienter machen. Ob der wiederholte Einsatz von explizitem Wissen in der Sprachproduktion zu einem automatisierten Einsatz führt, bleibt offen. Es bleibt auch unklar, was unter dieser vermuteten Automatisierung zu verstehen ist. - Es wurde jedoch in diesem Kontext postuliert, daß der Einsatz von explizitem Wissen in der Sprachproduktion zum Speichern der Ergebnisse als „Instanz" führen kann. Solche „Instanzen" können intern vernetzt und verarbeitet werden, wobei das System in der Lage ist, weitere „Instanzen" herzustellen. Freilich liegen keine genaueren Kenntnisse darüber vor, wie diese „Analogiebildung" abläuft. - In bestimmten Phasen der Sprachentwicklung wird durch die Sprachproduktion der Abruf und Einsatz von implizitem sprachlichen Wissen effizienter vonstatten gehen. Hiermit verbunden ist zunächst eine Vernetzung der abgerufenen sprachlichen Elemente mit dem impliziten Wissen einerseits und die Schnelligkeit der relevanten Prozeduren durch Übung andererseits. - Durch Selbstmonitoring können Kenntnisse und Einsichten gewonnen werden, die den Spracherwerb vorantreiben. Ob jedoch das Auto-Feedback-System den Spracherwerb direkt fördert, bleibt offen. Die Sprachproduktion ist nicht relevant für die Aufnahme neuen sprachlichen Wissens. 16 Im Prinzip wäre natürlich Fluency negativ zu definieren, d.h., Sprachproduktionen, die keine lemerspezifischen Verzögerungen und weitere Merkmale nachweisen, wären dann alsfluent zu bezeichnen. lFJLlllL 32 (2003) Output als autonomes Lernen: Spracherwerb und Sprachproduktion aus kognitiver Sicht 211 Literatur ALBRECHTEN Dorte / HENRIKSEN, Birgit/ FA: lRCH, Claus (1980): "Native Speaker Reactions to Learners' Spoken Interlanguage". In: Language Leaming 30, 365-396. ANDERSON, John R. (1982): "Acquisition of Cognitive Skill''. In: Psychological Review 89, 369-406. BÄRENFÄNGER, Olaf (2002): "Automatisierung der mündlichen L2-Produktion: Methodische Überlegungen". In: BöRNERIVOGEL (Hrsg.) 2002, 119-140. 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Empirically, learner-learner-interaction in the foreign language classroom has been researched within the framework of (a) negotiation-of-meaning studies, (b) task-based research, and, more recently, (c) process-oriented task research. Tue following article examines these three lines of inquiry and provides a critical discussion of their merits and limitations. Against this backdrop, an empirical and classroom-based study investigating task-based learnerleamer-interaction is presented, which looks into the interactional pattemings and cognitive requirements evoked by this type oflearning activity. Through the triangulation of qualitative and quantitative data, the study focuses on two issues: first, the analysis of learning processes and learning potentials involved in and arising from leamer interactions; and second, the measurement of consequent gains in explicit grammatical knowledge. 1. Einleitung Das Bild, das die frühen diskursanalytischen Beschreibungen der mutter- und fremdsprachlichen Unterrichtskommunikation (z.B. SINCLAIRICOULTHARD 1975, ZENDER 1981, LöRSCHER 1983) zeichneten, war schwer mit dem kommunikativen Zeitgeist der 80er Jahre zu vereinbaren. Spätestens seit der 'kommunikativen Wende' wurden daher Lerner-Lerner-Interaktionen -in der didaktischen Literatur gemeinhin als Gruppen- und Partnerarbeit bezeichnet vehement als Alternative zum hierarchisch aufgebauten, kleinschrittig strukturierten und permanent von der Lehrkraft evaluierten Unterrichtsgespräch im Frontalunterricht propagiert. Inzwischen hat sich die Euphorie der frühen Jahre gelegt. 1 Noch immer fehlt jedoch im deutschsprachigen Raum jegliche fremd- Korrespondenzadresse: Dr. Johannes ECKERTH, Wissenschaftl. Mitarbeiter, Universität Hamburg, Institut für Allgemeine und Angewandte Sprachwissenschaft, Abt. Sprachlehrforschung, Von-Melle-Park 6, 20146 HAMBURG. E-mail: johannes.eckerth@uni-hamburg.de Arbeitsbereiche: Empirische Fremdsprachenerwerbsforschung, Forschungsmethodologie, Fremdsprachendidaktik. Von dieser Euphorie zeugen zahlreiche Beiträge in den Themenschwerpunkten der Fachzeitschriften (Der fremdsprachliche Unterricht 1/ 1980; Zielsprache Englisch 2/ 1981 und 3/ 1981) und Kongreßberichte (BRÜCK- NER 1981). lFLllllL 32 (2003) Lerner-Lerner: lnteraktion im Fremdsprachenunterricht: Fehlerquelle oder Lerngelegenheit? 215 sprachenunterrichtsspezifische empirische Evidenz zu Lerner-Lerner-Interaktionen, so daß sich Bewertungen dieser Arbeits- und Interaktionsform auf der Ebene didaktischer Einzelerfahrungen und Klischees bewegen. 2 Ähnlich unbefriedigend ist die empirische Evidenz bezüglich der Frage, was Lerner tun, wenn sie in Gruppen-, Partner- oder Einzelarbeit fremdsprachliche Aufgaben bearbeiten. Während inzwischen eine Reihe von Aufgabentypologien vorliegt, welche Lernaufgaben hinsichtlich ihrer Texteigenschaften, der hieraus resultierenden Sprachhandlungen und der damit angestrebten Lernziele beschreiben und klassifizieren, finden sich im deutschsprachigen Raum neben diesen deskriptiven Arbeiten nahezu keine kognitionsorientierten, empirisch vorgehenden Untersuchungen, welche der Frage nach den bei der Aufgabenbearbeitung aktivierten Lern- und Lösungsprozessen sowie den dabei erzielten Lernergebnissen nachgehen. Der vorliegende Beitrag möchte diese beiden Untersuchungsfelder - Interaktions- und Lernaufgabenforschung zusammenführen und die damit verbundene empirische Forschungslücke ansatzweise schließen. Damit werden zwei Ziele verfolgt: Erstens werden Lerner-Lerner-Interaktionen als spezifische Form der prototypischen Lehrer- Lerner-Interaktion betrachtet, deren Erforschung darauf abzielt, einen Beitrag zur Theoriebildung innerhalb der fremdsprachenerwerbsspezifischen Interaktionsforschung (vgl. HENRICI 1995) zu leisten. Ein weiteres Ziel stellt die empiriebasierte Entwicklung und Evaluierung fremdsprachlicher Lernaufgaben im Einklang mit fremdsprachenerwerbstheoretischen Prinzipien dar, wie sie in der anglophonen Forschungslandschaft seit längerer Zeit betrieben wird. Im vorliegenden Beitrag werden zunächst hierzu relevante Forschungsansätze diskutiert, im einzelnen die negotiation-of-meaning studies (Abschnitt 2.1), die task-based research (2.2) sowie die im Entstehen begriffene deutschsprachige Lernaufgabenforschung (2.3). Im Anschluß hieran wird in Abschnitt 3 eine empirische Studie vorgestellt, welche vor dem Hintergrund dieser Forschungsansätze aufgabenbasierte Lerner-Lerner-Interaktionen im Fremdsprachenunterricht sowohl lernprozeß- (3, 1; 3.2) als auch lernproduktorientiert (3.3; 3.4) untersucht. Der Beitrag schließt mit Schlußfolgerungen aus der berichteten und Ausblicken auf zukünftige Interaktions- und Lernaufgabenforschung. 2. Bisherige Forschungsarbeiten zu Lerner-Lerner-Interaktionen im Fremdsprachenunterricht 2.1 Negotiation-of-meaning studies Unter Bedeutungsaushandlungsstudien werden die auf Longs interaction hypothesis (LONG 1983) aufbauenden Untersuchungen verstanden, welche davon ausgehen, daß es 2 So z.B. SCHIFFLER (1999: 6): "Daß in dieser Arbeitsform [Gruppenarbeit, J.E.] die Kommunikation, sogar unter Studenten, nur in Ausnahmefällen in der Fremdsprache verläuft, ist bekannt." Eine Einschätzung, die in deutlichem Widerspruch zu den in diesem Artikel berichteten empirischen Ergebnissen steht, auch wenn davon ausgegangen werden muß, daß diesbezüglich der jeweilige Lernkontext - Fremdvs. Zweitsprachenunterricht von Relevanz ist. ]F][.,1.11][, 32 (2003) 216 Johannes Eckerth primär via negotiation-of-meaning vermittelter comprehensible input ist, welcher fremdsprachenerwerbsfördemd wirkt. In empirischen Untersuchungen elizitiert und im Fremdsprachenunterricht didaktisch gesteuert werden, können Bedeutungsaushandlungen mittels des Einsatzes so genannter information gap tasks. 3 Im Mittelpunkt empirischer Untersuchungen stand dabei oft die Häufigkeit, mit der Bedeutungsaushandlungen auftreten. Untersucht wurden v.a. folgende Variablen, wobei die erstgenannte Bedingung als der Frequenz von Bedeutungsaushandlungen förderlich bestimmt wurde 4 • Interaktionskonstellation [MS=Muttersprachler, NMS=Nichtmuttersprachler]: - NMS-MSvs. MS-MS-Interaktionen (LONG 1983). - NMS-MSvs. NMS-NMS-Interaktion (PICA/ LINCOLN-PORTERIPANINIOS/ LINNELL 1996, PORTER 1986). - Partner- oder Kleingruppenvs. Lehrer-Klassen-Interaktion (PrcA/ DOUGHTY 1985a, PICA 1987). • Merkmale der den Interaktionen zugrunde liegenden Aufgaben: wechselseitiger vs. einseitiger Informationsaustausch (GAssN ARONIS 1985). erforderlicher vs. optionaler Informationsaustausch (PICA! DOUGHTY 1985b; DOUGHTY/ PICA, 1986). konvergente vs. divergente Aufgabenlösung (DUFF 1986). • Fehlende vs. vorhandene Vertrautheit der Interaktanten miteinander oder mit der Aufgabe (GASS/ VARONIS 1984, PLOUGH/ GASS 1993). • Homogener vs. heterogener sozialer Status und Hintergrundwissen der Interaktanten (VARONIS/ GASS 1985). • Gleichgeschlechtliche vs. gemischtgeschlechtliche Dyaden (GASSN ARONIS 1986; PICA/ HOLLIDAY/ LEWIS/ MORGENTHALER 1989). Während inzwischen eine Vielzahl empirischer Studien belegt, daß die Möglichkeit zur Bedeutungsaushandlung in MS-NMS-Interaktionen zu besseren Verstehensleistungen auf Seiten der NMS führt, wurde der Nachweis eines direkten und ursächlichen Zusammenhangs zwischen Aushandeln und Verstehen des sprachlichen Angebots einerseits und Spracherwerb andererseits bisher kaum unternommen, die wenigen hierzu verfügbaren Studien ergaben zudem höchst widersprüchliche Ergebnisse (LOSCHKY 1994; ELLIS/ TANAKY/ YAMAZAKI 1994; ELLIS/ HE 1999). Sowohl die empirische Grundlage und das methodologische Design der Bedeutungsaushandlungsstudien als auch die dahinter stehende Fremdsprachenerwerbshypothese wurden in vielfacher Hinsicht kritisiert. Diese Kritik bezog sich u.a. auf die folgenden Punkte: • Gleichsetzung von Sprachverstehen mit Spracherwerb (FAlRCHIKASPER 1986, SHARWOOD SMITH 1986). • Vermischung der kommunikativen mit der spracherwerbstheoretischen Funktion von Bedeutungs- Wie z.B. das im deutschsprachigen Raum weit verbreitete Unterrichtsmaterial „Wechselspiel" (DREKEILIND 1989 für DaF, Parallelausgaben auch für Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch). 4 Zur bedeutungsaushandlungsfördemden Wirkung der genannten, nicht in ihren Wechselwirkungen, sondern zumeist isoliert untersuchten Variablen liegen z.T. inkonsistente Ergebnisse vor. Für einen vollständigeren Forschungsüberblick über die hier nur stark auszugsweise genannten Studien vgl. PICA (1994), LoNG (1996) und GASS (1997). Eine der wenigen longitudinalen Studien zur Bedeutungsaushandlung ist die von ÜNDARRA (1997). lFL111lL 32 (2003) Lerner-Lerner-Interaktion im Fremdsprachenunterricht: Fehlerquelle oder Lerngelegenheit? 217 aushandlungen (HAWKINS 1985, ASTON 1986); Gleichsetzung strategischer mit sprachlicher Kompetenz als Resultat von Bedeutungsaushandlungen (LOSCHKY/ BLEY-VROMAN 1993). • Notwendigkeit der bewußten Wahrnehmung zielsprachlicher Strukturen in der Sprachrezeption ("noticing"; SCHMIDT 2001) und Zwang zur syntaktischen Sprachverarbeitung bei der Sprachproduktion ("output-hypothesis"; SWAIN 1995). • Konzeptuelle Vermischung des Produkts einer Interaktion comprehensible input mit dem Prozeß der Interaktion negotiation (EDMONDSON 1999). • Begrenzung auf Kommunikationsstörungen (FIRTH/ WAGNER 1997). • Fehlende externe Validität der Experimente (ECKERTH 2003a). • Fehlende Integration der Perspektive der Interaktanten (ECKERTH 2003a). 5 Indem die negotiation-of-meaning studies Eigenschaften kommunikativer Lernaufgaben und Merkmale hieraus resultierender Lösungsdiskurse ausdifferenzieren und systematisch zueinander in Beziehung setzen, konnten sie wesentlich zur empirischen Erforschung von Lerner-Lerner-Interaktionen im Fremdsprachenunterricht beitragen. Zugleich kann jedoch die Bestimmung externer Lernbedingungen und die Beschreibung und Quantifizierung hiervon begünstigter sprachlicher Verhaltensweisen alleine keine Erklärungskraft beanspruchen bezüglich der kognitiven Prozesse, die zu diesem Verhalten geführt haben. Die Notwendigkeit einer engeren hypothetischen Verknüpfung interaktionalen Handelns und lernerinterner Faktoren erkennt inzwischen auch LONG (1996: 425) in seiner revidierten Form der interaction hypothesis an: "[...] success or failure to learn can rarely if ever be attributed to the environment alone. Part of the explanation lies inside the learner, most important in the areas of attention, awareness, and cognitive processing." Eine äußerst aktive Forschungsrichtung, die der Integration solcher Lernprozesse, ihrer Bestimmung und Steuerung ein sehr viel größeres Gewicht beimißt, als dies innerhalb der negotiation-of-meaning studies der Fall ist, ist die task-based research. 2.2 Task-based research Die task-based research untersucht Lernen im Fremdsprachenunterricht, das durch spezifische Aufgaben gesteuert wird (vgl. CROOKES/ GASS (eds.) 1993a, 1993b; SKEHAN 1998a). Der Begriff task (Lernaufgabe) ist vom traditionelleren Begriff exercise (Übung) zu unterscheiden mittels seiner lerntheoretischen Begründung, seines Fokus und Ziels, seiner Ergebnisevaluierung und seines Wirklichkeitsbezugs (SKEHAN 1998b, WIDDOW- SON 1998). Im Rahmen eines lernaufgabenbasierten Forschungsansatzes wird davon ausgegangen, daß a) sprachstrukturelle Fähigkeiten sich durch die Teilnahme an kommunikativen Aktivitäten entwickeln (vs. sprachstrukturelle Fähigkeiten als Vorbedingung für das Erlernen kommunikativer Fähigkeiten); daß b) durch Lernaufgaben proposi- In Eckerth (2003a) wurde eine Bedeutungsaushandlungsstudie (PICA [et al.] 1989) im Kontext des regulären Fremdsprachenunterrichts strukturell repliziert. Die Ergebnisse konnten die bei Pica [et al.] gefundene hohe Frequenz interaktioneller Modifizierungen nicht bestätigen. Zudem deutete die retrospektive Befragung der lnteraktanten auf ganz andere kommunikative und kognitive Funktionen der Interaktionsmodifizierungen hin als innerhalb der interaction hypothesis angenommen. IFLIIIL 32 (2003) 218 Johannes Eckerth tionaler Inhalt und pragmatische Bedeutung fokussiert werden (vs. sprachliche Form und semantische Bedeutung); daß c) Lernaufgaben ein kommunikatives Ziel verfolgen (vs. die Manifestation sprachstrukturellen Wissens); daß d) die aus einer Lernaufgabe resultierende Sprachproduktion hinsichtlich des Erreichens des kommunikativen Aufgabenziels evaluiert wird (vs. ihre Zielsprachenkonformität). Schließlich wird e) Lernaufgaben eine direkte und offensichtliche Beziehung zwischen der Lernaktivität und einer zukünftigen „natürlichen" Kommunikationssituation zugesprochen (vs. die Internalisierung sprachlichen Wissens als Grundlage späteren Sprachgebrauchs). Im Unterschied zu den negotiation-of-meaning studies beschränkt sich die task-based research nicht auf die Spezifizierung externer Lernbedingungen wie Aufgabenmerkmale und Interaktionskonstellationen, sondern mißt internen, kognitiven Parametern wie der lernerseitigen Aufmerksamkeitsfokussierung und -steuerung sowie der Wahrnehmung sprachstruktureller L2-Eigenschaften einen zentralen Stellenwert im Lernprozeß bei. Hierbei wird explizitem L2-Wissen, wie es in strukturorientierten Lernaufgaben vorausgesetzt und innerhalb kognitiver Spracherwerbsmodelle (z.B. ELLIS 1994, EDMOND- SON 1999) modelliert wird, via noticing (SCHMIDT 2001) auch innerhalb kommunikativer Lernaufgaben eine spracherwerbsrelevante Funktion beigemessen. Hierzu müssen referentielle Kommunikationsprozesse angereichert werden mittels der via Aufgabenstellung herbeigeführten lernerseitigen Rezeption oder Produktion ausgewählter zielsprachlicher Strukturen, d.h. "to 'seed' such pedagogic tasks with particular structures" (SKEHAN 1998a: 277). Mittels der systematischen Variation sprach-, kognitions- und kommunikationsspezifischer Variablen code complexity, cognitive complexity und communicative stress (SKEHAN 1998b: 99) sollen so die Wahrnehmungsleistung der Lernenden zwischen Kommunikation einerseits und Wahrnehmung sprachstruktureller Eigenschaften andererseits ausbalanciert und damit die gewünschten Performanzeigenschaften fluency, accuracy und complexity (SKEHAN 1998b: 108 f) herbeigeführt werden. Inwiefern diese Performanzeigenschaften von weiteren unabhängigen Variablen wie z.B. Informationsstruktur der Aufgabe, Planungszeit oder Aufgabenwiederholung abhängen, stellt einen weiteren Forschungsschwerpunkt dar. Ein solches Konzept impliziert die Zielvorstellung einer weitgehenden Steuerbarkeit und Vorhersehbarkeit lernerseitiger Wahrnehmungs- und Lernprozesse mittels der Aufgabenvorlage, wie das Resümee SKEHANs (1998b: 112) deutlich macht: "[...] there are encouraging signs that task characteristics predispose learners to channel their attention in predictable ways, such as clear task macrostructure towards accuracy, the need to impose order on ideas towards complexity, and so on" (SKEHAN 1998b: 112). Kritik an dieser im deutschsprachigen Raum noch wenig rezipierten Forschungsrichtung bezog sich v.a. auf folgende Punkte (vgl. ECKERTHIRIEMER 2000, BöRNER 2002): • Lernen wird primär über sprachliche Performanz und nur sekundär kognitiv gedeutet. Aus diesem Grund fehlen primäre Daten über Lernerkognitionen sowie die Triangulierung der potentiell mehrfunktionalen Performanz-/ Interaktionsdaten mit der Innensicht der Lerner, ebenso wie Daten zu aus der Aufgabenbearbeitung resultierenden Lernergebnissen. • Der task-based research unterliegt ein deterministisches und rednktionistisches Konzept des Fremd- ]Fl,1.ll]L 32 (2003) Lerner-Lerner-Interaktion im Fremdsprachenunterricht: Fehlerquelle oder Lerngelegenheit? 219 sprachenlernens: Lernaufgaben, die unabhängige Variable, werden als Instrumente zur Elizitierung eines bestimmten zielsprachlichen Lernerverhaltens, der abhängigen Variable, interindividuelle Variation bei der Aufgabenbearbeitung als eine zu kontrollierende und in ihrem Einfluß zu minimierende Störvariable betrachtet. 6 • Obwohl die task-based research Lernaufgaben als Forschungs- und als Lehrinstrumente ansieht,. stammt die empirische Evidenz in der Regel von in hohem Maße kontrollierten Laborexperimenten mit sehr eingeschränkter ökologischer Validität. Richtungsweisend wirkt die task-based research insofern, als sie eine enge Verbindung zwischen Fremdsprachenforschung und -lehre sucht, indem sie Lernaufgaben in Anbindung an fremdsprachenerwerbstheoretische Prinzipien entwickelt und auf empirischem Wege evaluiert. Diesbezüglich ist im deutschsprachigen Raum ein deutliches Defizit zu konstatieren. Zugleich muß jedoch das Ziel einer externen Steuerung zielsprachenbezogener Wahrnehmungs- und Lernprozesse sowie die damit einhergehende Marginalisierung des Lernenden als ein Individuum mit je eigenen affektiven und kognitiven Dispositionen, das aktiv in seinen eigenen Lernprozeß involviert und auch für seinen Lernprozeß (mit-)verantwortlich ist, als ernsthaftes Defizit betrachtet werden. Von einem solchen lernerorientierten Konzept hingegen geht die im Entstehen begriffene deutschsprachige prozeßorientierte Lernaufgabenforschung aus. 2.3 Prozeßorientierte Lernaufgabenforschung Auch in der deutschsprachigen Lehr-/ Lernmaterialforschung wurde lange Zeit, anstatt von einer Wechselwirkung zwischen dem angebotenen Sprachmaterial und dem lernerspezifischen Vorwissen, seinen Wahrnehmungen, Einstellungen und Lernzielen auszugehen, die Aufgabe vielmehr als Material betrachtet, welches beim Bearbeitenden bestimmte, als lernfördernd angenommene Reaktionen auslösen sollte. Dieses Material wurde mittels Typologien (SEGERMANN 1992; HÄUSSERMANNIPIEPHO 1996) bezüglich seiner aufgabeninhärenten Merkmale beschrieben als Sammlung von Übungen, die zu den ihnen zugeordneten Lernzielen hinführen sollten. In jüngerer Zeit finden sich jedoch hierzu alternative, empirisch vorgehende Ansätze, bei denen Lernerhandlungen bei der Ausführung sprachstrukturell orientierter Lehrwerksaufgaben (WENDT 1997, BöRNER 1999, 2000) im Mittelpunkt stehen. Innerhalb des so genannten Prozeßmodells für fremdsprachliche Lernaufgaben (BöR- NER 1999: 212 f) wird differenziert nach Lernaufgabe, Lerner, Lösungsprozessen und Lösung. Ausgehend von bei einer monologischen Aufgabenbearbeitung erhobenen Laut- Denk-Protokollen sowie retrospektiven Interviews kommt BöRNER (1999: 225) zu ernüchternden Ergebnissen: „ Vor die Wahl gestellt, eine Lernaufgabe intensiv und damit zeitaufwendig oder oberflächlich und damit schnell zu lösen, tendieren viele der Lerner eher zur zweiten Option, wenn damit noch ein 6 So spricht SKEHAN (1998a: 280) vom "dependent variable problem", also der Schwierigkeit einer zu vereinheitlichenden Sprachperformanzmessung, als einer der zentralen Aufgaben zukünftiger task-based research. lFILlllL 32 (2003) 220 Johannes Eckerth subjektiv befriedigendes Lösungsergebnis erreichbar ist. Dabei ist häufig eine zweifache Reduktion der Aufgabenkomplexität zu beobachten von der Kommunikation zur Grammatik und vom sprachlichen zum formalen Problemlösen." Im Gegensatz zu dem der task-based research inhärenten Konzept der angestrebten Lernprozeßsteuerung weisen diese Ergebnisse deutlich darauf hin, daß Lernaufgaben ebenso wie andere didaktische Angebote das Lernverhalten nur bedingt vorstrukturieren und keineswegs vollständig determinieren können. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden ein Forschungsansatz vorgestellt, der differenziert, inwiefern das, was bei der Aufgabenbearbeitung in Lerner-Lerner-Interaktionen interaktiv und mental fokussiert, und das, was dabei gelernt wird, von der Aufgabenvorgabe, inwiefern von den individuellen Lerninteressen und -problemen der einzelnen Lerner bestimmt wird und wie ein solches aufgaben- und lernerspezifisches Lernen unterschieden, operationalisiert und gemessen_werden kann. In Erweiterung der bisherigen deutschsprachigen, ausschließlich qualitativ orientierten Interaktions- und Lernaufgabenforschung werden hierbei nicht nur Lernprozesse, sondern auch aus der aufgabenbasierten Lerner-Lerner-Interaktion resultierende Lernergebnisse erfaßt. 3. Prozeß- und produktorientierte Erforschung fremdsprachenerwerbsspezifischer Interaktion: Ein integrativer Gegenentwurf 3.1 Untersuchungsdesign Im Mittelpunkt des in ECKERTH (2003a) entwickelten explorativ-interpretativen und quasi-experimentellen Mehr-Methoden-Ansatzes stehen Lerner-Lerner-Interaktionen im regulären studienvorbereitenden DaZ-Unterricht der unteren und oberen Mittelstufe. Diese dyadischen Interaktionen basieren auf eigens entwickelten, in einer umfangreichen Voruntersuchung pilotgetesteten Textrekonstruktions- und Textreparaturaufgaben, wobei bei letzteren ein zusammenhängender Text, aus dem eine Vielzahl grammatischer Informationen entfernt wurde, vervollständigt werden soll. 7 Die Aufgaben zeichnen sich v.a. dadurch aus, daß bestimmte, dem jeweiligen Lehrziel entsprechende Zielstrukturen mittels der Aufgabenstellung zwar fokussiert, diese von den Lernern jedoch nicht isoliert bearbeitet werden können. Vielmehr müssen zur Aufgabenbearbeitung umfangreiche morphologische, syntaktische, pragmatische und textgrammatische Wissensbestände eingesetzt und verknüpft werden. 8 7 Bei dem hier geschilderten Aufgabentyp „Textreparaturaufgabe" müssen alle vorgegebenen Wörter verwendet und weitere Funktionswörter (Artikel, Pronomen, Präpositionen) hinzugefügt werden. Die von der Aufgabenstellung fokussierten Zielstrukturen bilden Verben mit Präpositionalergäuzung. Aufgabenbeispiel: Ein Abschiedsbrief „Lieber Martin, ich mögen von du verabschieden. Du haben in die letzten Jahre sehr verändern. Früher du haben immer ärgern meine Ex-Freunde. Heute du ausgehen oft andere Frauen und du kümmern kaum noch ich. Früher ich haben nie beklagen dein Verhalten, aber jetzt ich genug haben. Ich nicht mehr können du verlassen. Deshalb ich entscheiden haben anderer Mann. Irene". 8 Ein Beispiel für die zur Aufgabenlösung notwendige Berücksichtigung satzübergreifender Textzusanunen- IFLa! L 32 (2003) Lerner-Lerner-Interaktion im Fremdsprachenunterricht: Fehlerquelle oder Lerngelegenheit? 221 Tag 1 Tag 1 Tag 2 Tag 8 l-------------------l--------------------------1-------------------I--------------------I----------------------------------I C-Test Prätest Posttest Aufgabenbasierte Lerner-Lerner-Interaktion Retrospektive Interviews Woche 1 von 5; in jeweils 2 Kursen Abb. 1: Datenerhebung Folgetest C-Test Teil 1: aufgabenspezifisch Teil 2: dyadenspezifisch Abbildung 1 verdeutlicht das Untersuchungsdesign. In zwei Kursen unterschiedlichen L2-Niveaus werden in fünf aufeinanderfolgenden Wochen in Lernerpaaren zu bearbeitende Lernaufgaben eingesetzt. Sämtliche hieraus resultierenden Lerner-Lerner- Interaktionen werden transkribiert und unter Verwendung diskursanalytischer Verfahren bezüglich Konzepten wie „Wissensressourcen", "Lernwege" und „Lernpotential der Interaktion" qualitativ-interpretativ ausgewertet. Diese Transkriptionen bilden auch die Grundlage für die am Folgetag durchgeführten retrospektiven Lernerinterviews, mittels deren die subjektiven Sichtweisen, Haltungen und Einstellungen der Lernenden sowie die den Interaktionen zugeschriebenen Lernpotentiale ermittelt werden sollen. Neben dieser detaillierten qualitativen Auswertung werden quantitative Verfahren in Form unterschiedlicher Testformate eingesetzt, die einen eventuell aus den Interaktionen resultierenden kurzwie mittelfristigen Lernzuwachs messen. Im Folgenden soll ein Teil der genannten Datensätze - Lerner-Lerner-Interaktionen (Abschnitt 3.2), aufgabenspezifische Testverfahren (3.3) und dyadenspezifische Testverfahren (3.4) dargelegt und bewertet werden. 3.2 Aufgabenbasierte Lerner-Lerner-Interaktionen Im Gegensatz zu referentiellen Kommunikationsaufgaben, wie innerhalb der negotiationof-meaning studies und der task-based research favorisiert, ist der Kommunikationsgegenstand der dyadischen Textreparatur- und Textrekonstruktionsaufgaben die Zielsprache selbst. Die hierbei in der Lerner-Lerner-Interaktion herbeigeführte zielsprachliche Kommunikation über Grammatik verbindet den kommunikativen Gebrauch der Fremdsprache mit der Reflexion grammatischer Inhalte. Während das erwerbsspezifische Potential rein sprachgebrauchsorientierter Aufgaben nur anhand einer Auswertung der Lernerperformanz bestimmt werden kann, dient bei Übungen wie z.B. Leseverstehenshänge ist der Aufgabensatz „Ich nicht mehr können du verlassen" (vgl. Fußnote 7). Vielfach zunächst zu „Ich kann dich nicht mehr verlassen" umgeformt, wurde er dann, da es sich um einen Abschiedsbrief handelt, zu „Ich kann mich nicht mehr auf dich verlassen" überarbeitet. IFJLl.llL 32 (2003) 222 Johannes Eckerth aufgaben die Beantwortung aufgabenbezogener Fragen als kriterienbasierter Maßstab für den Aufgaben- und Lernerfolg. Die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung entwickelten sprachstrukturell und kommunikativ orientierten Aufgaben ermöglichen hingegen sowohl eine Analyse der Lernerperformanz und -interaktion als auch eine Messung von L2-Kompetenzzuwächsen. 9 Da hierbei jedoch nicht über Meinungen oder persönliche Bewertungen fiktiver Sachverhalte, sondern über L2-bezogene Tatsachen und Regularitäten gesprochen wird, die zum größten Teil objektiv gegeben und weitgehend normativ sind, ist eine potenzielle Spannung gegeben zwischen Kommunizieren in der L2 und Lernen über die L2. Inwiefern Lerner in der Lage sind, sich gegenseitig ein qualitativ hochwertiges und potentiell spracherwerbsförderndes Feedback zu liefern, oder ob sie lediglich ihre fehlerhaften L2-Annahmen gegenseitig bestätigen, exemplifiziert Transkript 1 (Aufgabensatz: "Deshalb ich entscheiden haben anderer Mann"): ------------------------------------------------------------------------------------------------------------ 1 S für ander/ anderen Mann ... deshalb habe ich mich . für anderen Mann B entschieden ------------------------------------------------------------------------------------------------- 2 S entschieden ... genau [schreibt und spricht dabei] deshalb habe ich mich für anderen Mann B --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 3 S entschieden nein das ist äh starkes Verb B das bleibt entschieden am Ende? . oder entschiedet? ------------------------------------------------------------------------------------------------------- 4 S guck mal entscheiden. und starkes Verb ä: : h im Partizip zwei .. ä: : hm. wechselt seine ähm --------------------------------------------------------------------------- 5 S Buchstaben in der Mitte .. im Stamm aber Endung bleibt e-n am Ende . B ah ja das weiß ich ------------------------------------------- ----------------------------------------------- 6 S zum Beispiel schreiben schrieb schreiben schrieb geschrieben B entscheiden entschieden --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Transkript 1 (Svetlana & Baskhim, Textreparaturaufgabe) Diese Form der stark kontextualisierten metasprachlichen Erklärung, welche unmittelbar aus der Lerner-Lernersowie Lerner-Lernaufgabe-Interaktion erwächst und sich genau auf ein dabei zu Tage getretenes Lernproblem hier: eine auf unsicheren Wissensbeständen beruhende normabweichende L2-Hypothese bezieht, kann als in höchstem Maße lernfördernd eingestuft werden. Auch wenn nicht alle Aushandlungen so explizit ablaufen wie in Transkript 1, zeigt die Sequenz doch viele für die untersuchten Lerner- Lerner-Interaktionen charakteristische Merkmale. So verläuft die Aufgabenbearbeitung zunächst objektsprachlich und wechselt erst auf eine metasprachliche Ebene, als kontro- 9 Ein Überblick über die entsprechende anglophone Fremdsprachenerwerbs- und Lernaufgabenforschung, vor deren Hintergrund die hier verwendeten Aufgaben entwickelt wurden, findet sich in Eckerth (2000). JF[,rutlL 32 (2003) Lerner-Lerner-Interaktion im Fremdsprachenunterricht: Fehlerquelle oder Lerngelegenheit? 223 verse L2-Annahmen in Form abweichender Lösungsvorschläge aufeinander treffen. Die durch die dialogische Aufgabenausführung herbeigeführte Notwendigkeit zur Artikulation und teilweise zur Begründung eigener zielsprachlicher Annahmen kann hierbei zu einer Sensibilisierung gegenüber eigenen Wissenslücken sowie mehr oder weniger sicheren L2-Wissensbeständen führen. Zugleich bringt diese Artikulations- und Begründungsnotwendigkeit eine starke Lernprozeßorientierung mit sich. Neben das angestrebte Lernprodukt, d.h. die Aufgabenlösung, tritt die Fokussierung des Lern- und Aufgabenbearbeitungsprozesses. Reduktionsstrategien und wenig lernfördernde formale Lösungsstrategien, wie sie die jüngere Lernaufgabenforschung belegt (vgl. BöRNER 1999, 2000), sind kaum möglich. Bei der dialogischen Bearbeitung eines Aufgabentyps, wie sie die genannte Textreparaturaufgabe darstellt, tritt an die Stelle deduktiver Grammatikvermittlung eine stärker induktiv orientierte, kontextualisierte und problemorientierte L2- Wissenserschließung. Da den Adressaten der interaktiven L2-Hypothesenbildung und -aushandlung jedoch nicht eine zielsprachlich übergeordnete Kompetenz, sondern ebenfalls ein L2-Lerner darstellt, bleibt es eine empirische Frage, inwiefern die Konsolidierung und Erweiterung normgerechter L2-Wissensbestände gegenüber der Integration normabweichenden Wissens überwiegt. Unabhängig vom interaktionellen Rahmen der Wissensaktivierung, -generierung und -aushandlung müssen Lernprozeßanalysen prinzipiell die Frage unbeantwortet lassen, wie nachhaltig eine Wissensrestrukturierung wirkt, d.h. ob und inwiefern sie zu einer dauerhaften Internalisierung in lernersprachliche Wissensbestände führt. In Erweiterung und Ergänzung des explorativ-interpretativen Instrumentariums wurde dieser Frage mittels aufgabenspezifischer (Abschnitt 3.3) und dyadenspezifischer (3.4) Testverfahren nachgegangen. 33 Aufgabenspezifische Testverfahren Wurde das Konstrukt Lernerfolg innerhalb des explorativ-interpretativen Untersuchungsteils mittels Erwerbsprozessen wie der Aktivierung, Bearbeitung und Umstrukturierung vorhandenen sowie der Generierung neuen Wissens gefaßt, erfolgte dies innerhalb des analytisch-nomologischen Teils mittels Wissensständen, verstanden als Zuwachs an explizitem L2-Wissen bezüglich der von der Aufgabenstellung fokussierten Zielstrukturen. Die aufgabenspezifischen Testverfahren, die diesen Lernzuwachs messen, werden zu drei Zeitpunkten durchgeführt: unmittelbar vor den Interaktionen (Prätest), direkt danach (Posttest) sowie eine Woche später (Folgetest). Nicht auf der Lerner-Lerner-Interaktion beruhende Lernzuwächse wie Praxis- und Sequenzierungseffekte werden als Kontrollvariable erfaßt und mittels eines gesonderten Testteils operationalisiert. 10 Gefragt wurde danach, ob und inwiefern die aufgabenbasierte Lerner-Lerner-Interaktion zu einem kurzwie mittelfristigen Lerneffekt führt und welchen Einfluß das fremdsprachliche Ausgangsniveau dabei hat. 10 Dieser anhand eines t-Tests für abhängige Stichproben ausgewertete Testteil ergab keine signifikanten Mittelwertunterschiede. lFJLlllL 32 (2003) 224 Johannes Eckerth Die zur Beantwortung dieser beiden Forschungsfragen durchgeführte zweifaktorielle Varianzanalyse mit Meßwiederholung ergab sehr signifikante Mittelwertsunterschiede und starke Effekte für den Faktor Zeit (F = 51,774, p<0,001, 11 2 = 0,641) als auch für den Faktor Kursniveau (F = 20,872, p<0,001, 11 2 = 0,419). 11 Mittels einer Messung der Kontraste zwischen den Abstufungen des Faktors Zeit konnte dieses Ergebnis präzisiert werden, als sehr signifikant erwiesen sich die Unterschiede zwischen Prä- und Postsowie zwischen Prä- und Folgetest (FPrä-Post = 93,181, FP,ä-Folge = 48,163, p<0,001), nicht jedoch zwischen Post- und Folgetest. Diese Werte belegen damit einen deutlichen kurzwie mittelfristigen, kursniveauübergreifenden Lernzuwachs infolge der aufgabenbasierten Lerner-Lerner-Interaktionen. Einschränkend gilt jedoch für herkömmliche Testverfahren wie das berichtete, daß sie lediglich die als Lernziel und Testinhalt a priori festgelegten L2-Aspekte zu erfassen in der Lage sind. Inwiefern in den aufgabenbasierten Lerner-Lerner-Interaktionen weitere, außerhalb der von der Aufgabenstellung fokussierten Zielstrukturen liegende L2-Aspekte thematisiert, ausgehandelt und gelernt wurden, konnte anhand eines zweiten, eigens entwickelten dyadenspezifischen Testformats erfaßt werden. 3.4 Dyadenspezifische Testverfahren: Das Konstrukt „Individuelle Lernerhypothesen" Sowohl der integrative Charakter der Lernaufgaben als auch deren interaktive und kooperative Bearbeitung in Lernerdyaden bieten eine Vielzahl über den engeren morphosyntaktischen Fokus der Aufgaben hinausgehende L2-Lerngelegenheiten. Dies verdeutlicht exemplarisch Transkript 1, der dort ausgehandelte L2-Aspekt gehört nicht zum grammatischen Schwerpunkt der Lernaufgabe und wird somit nicht im aufgabenspezifischen Test erfaßt. Die solchen lernergenerierten und damit unvorhersehbaren Lerngelegenheiten zugrunde liegenden, in der Interaktion thematisierten und ausgehandelten L2- Phänomene können nicht prospektiv antizipiert, sondern müssen anhand jedes einzelnen Interaktionstranskriptes retrospektiv identifiziert und rekonstruiert werden. Diese als „Individuelle Lernerhypothesen" bezeichneten L2-Aspekte werden im zweiten, dyadenspezifischen Teil des Folgetests abgefragt, d.h., dieser Testteil ist für jede Lernerdyade „maßgeschneidert". Das Konstrukt „Individuelle Lernerhypothesen" wird hierbei wie folgt definiert: 1. Individuelle Lernerhypothesen stellen Lerneräußerungen dar, bei denen, über die reine Wissensaffirmation hinausgehend, sprachstrukturelle L2-Aspekte kontrovers diskutiert werden. 2. Sie sind nicht bereits im aufgabenspezifischen Prä-, Post-, Folgetest erfaßt. Um von einer Äußerung möglichst unzweideutig auf die ihr zugrunde liegende L2- Hypothese zu schließen, ist das Prädikat 'kontrovers diskutiert' notwendig. Dies ist bei rein affirmativen Interaktionssequenzen (Lerner A: Präteritum von denken äh dachte; 11 Zwischen den beiden Faktoren Zeit und Kurs besteht keine signifikante Wechselwirkung (F=0,415, p=0,662). JF[,lll, 32 (2003) Lerner-Lerner-Interaktion im Fremdsprachenunterricht: Fehlerquelle oder Lerngelegenheit? 225 Lerner B: mhm dachte) nicht oder nicht zweifelsfrei möglich. Nach deren Identifikation in den Interaktionstranskripten wurde für jeden konstruktkonformen L2-Aspekt eine entsprechende Testfrage für den eine Woche nach der jeweiligen Interaktion durchgeführten dyadenspezifischen Folgetest formuliert. Bei der Auswertung des Korpus von 127 Individuellen Lernerhypothesen wird zwischen drei Analyseebenen unterschieden. Zunächst werden Lernprodukte fokussiert und verglichen. Hierbei wird gefragt, inwiefern die gemeinsam erarbeiteten schriftlichen Aufgabenlösungen mit den individuellen Lösungen des Folgetests übereinstimmen (1., s.u.). In einem zweiten Schritt stehen die von den einzelnen Lernpartnern in der Interaktion artikulierten Hypothesen, also Lernprozesse, im Mittelpunkt. Hier wird der Frage nachgegangen, in welchem Ausmaß die ursprünglich geäußerten Individuellen Lernerhypothesen im Folgetest normgerecht bzw. normabweichend revidiert oder unverändert beibehalten wurden (2.). Schließlich werden die Interaktionsbedingungen, die den normgerechten Folgetestrevisionen vorausgingen, näher betrachtet und gefragt, inwiefern der im Folgetest belegte Lernzuwachs unmittelbar oder mittelbar auf die vorausgehende Interaktion zurückgeführt werden kann (3.). Diese Auswertung ergab folgende, hier stark verkürzt dargestellten Ergebnisse 12 : 1. Die Übereinstimmung zwischen korrekter Aufgabenlösung und korrekter Testlösung (85%) liegt sehr viel höher als die zwischen inkorrekter Aufgabenlösung und inkorrekter Testlösung (28%), da Letztere auf tendenziell unsicheren und permeablen L2- Wissensbeständen beruhen. 2. Die in der Interaktion artikulierten Individuellen Lernerhypothesen wurden im dyadenspezifischen Folgetest a) nicht-zielsprachenkonform revidiert (1 %), b) nicht revidiert (61 %) und c) zielsprachenkonform revidiert (38%). 3. Diese zielsprachenkonformen Revisionen konnten in 78% aller Fälle auf Lerngelegenheiten innerhalb, in 22% auf Lerngelegenheiten außerhalb der Interaktion (Rückgriff auf externe Informationsquellen) zurückgeführt werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die dialogische Aufgabenbearbeitung in großem Maße auch zur Formulierung, Begründung und Aushandlung von L2-Hypothesen führt, die außerhalb des sprachlichen Schwerpunkts und eigentlichen Lernziels der Aufgabe liegen. In mehr als einem Drittel dieser Aushandlungen werden ursprünglich nicht-zielsprachenkonforme L2-Wissensbestände durch zielsprachenkonforme ersetzt und mittelfristig internalisiert. Dort, wo beide Lerner L2-Wissenlücken aufwiesen, hat die dialogische Aufgabenbearbeitung Lernaktivitäten außerhalb der Interaktion bzw. des Unterrichts stimuliert. 12 Für eine detaillierte Diskussion der Definition, Operationalisierung und Auswertung des Konstrukts der Individuellen Lemerhypothesen vgl. ECKERTH (2002). lFLIIIL 32 (2003) 226 Johannes Eckerth 4. Schlußfolgerungen und Ausblick Wie die berichteten Ergebnisse zeigen, kann bei der Erforschung fremdsprachenerwerbsspezifischer und aufgabenbasierter Interaktionen nicht davon ausgegangen werden, daß bestimmte, näher zu spezifizierende Interaktionskonstellationen oder Aufgabenvorlagen per se lernfördernd wirken. Vielmehr ist davon auszugehen, daß diese externen Steuerungsmerkmale Lerngelegenheiten bereitstellen, welche von unterschiedlichen Lernern in unterschiedlicher Weise aufgegriffen, genutzt, reduziert, ignoriert oder zurückgewiesen werden. Der Begriff der Lerngelegenheit geht vom Lerner aus und nimmt an, daß dieser das ihn umgebende Sprachangebot selektiv und fokussiert wahrnimmt. Einflußfaktoren einer solchen Selektion und Fokussierung sind wechselwirksame lernerexterne sprachliche (Frequenz, perzeptive Salienz, Aufgabenstellung, interaktionelle Modifizierungen etc.) als auch lernerinterne kognitive (Aufmerksamkeitssteuerung, Vorwissen, Sprach- und Sprachlernbewußtheit, Lernstile, subjektive Sprachlernkonzepte etc.) sowie affektive und attitudinale (Motivation, Einstellung, Eigenattribution etc.) Faktoren. Die im Sprachangebot wahrgenommenen semantischen und strukturellen Eigenschaften der Zielsprache werden, abhängig von der Art der Vorwissensaktivierung, partiell und selektiv mit den vorhandenen fragmentarischen und unterschiedlich sicheren lernersprachlichen Wissensbeständen abgeglichen, was im Fall einer wahrgenommenen Diskrepanz zur L2-Hypothesenbildung führen kann. 13 Ein solches Konzept beinhaltet für die fremdsprachenerwerbsspezifische Interaktions- und Lernaufgabenforschung folgende theoretische, methodologische und didaktische Implikationen: • Die lerntheoretische Evaluierung von Lernaufgaben und Unterrichtsinteraktionen darf nicht von einer Kausalattribuierung von Aufgaben- und Interaktionsmerkmalen einerseits und Lernergebnissen andererseits ausgehen. Wie die Analyse der Interaktionsprotokolle deutlich macht, werden Lern- und Lösungsprozesse mittels der Aufgabenvorlage lediglich stimuliert, nicht jedoch determiniert. Zudem belegt die Auswertung des Konstrukts „Individuelle Lernerhypothesen", daß Lernaufgaben neben ihren eigentlichen Zielen auch lernergenerierte Lernprozesse in Gang setzen und zu entsprechenden Lernerfolgen führen können. Welcher wechselwirksame Einfluß hierbei situations- und aufgabenübergreifenden kognitiven, affektiven und attitudinalen Persönlichkeitsmerkmalen beizumessen ist, sollte in Zukunft verstärkt ins Forschungsinteresse gerückt werden. • Mittels qualitativer, auf der Mikroebene operierender Datenerhebungs- und -auswertungsverfahren können aus der aufgabenbasierten Lerner-Lerner-Interaktion resultierende Lösungswege und Lernprozesse erfaßt und analysiert werden. Sprachwissenszuwächse werden meßbar mittels zu verschiedenen Zeitpunkten erhobener Lernzuwachstests. Methodologisch notwendig und zukunftsweisend erscheint mir das Bemühen, beide Ansätze zusammenzuführen und so Lernerfolge ursächlich auf Lern- 13 Vgl. hierzu ECKERTH (2003b), der diese Lernaktivitäten innerhalb eines kognitiv-diskursiven Modells inputbasierten L2-Hypothesenbildens und -prüfens diskutiert. JFL1UJL 32 (2003) Lerner-Lerner-Interaktion im Fremdsprachenunterricht: Fehlerquelle oder Lerngelegenheit? 227 prozesse und diese wiederum auf Interaktions- und Aufgabenbearbeitungsprozesse zurückzuführen. • Die dem vorliegenden Beitrag immanente Betonung des Faktors Interaktion als Lerner- Lernersowie Lerner-Lernaufgabe-Interaktion darf nicht im Sinne einer Marginalisierung der Lehrkraft im Unterrichtsgeschehen interpretiert werden. Vielmehr geht sie von einer Komplementarität aufeinanderfolgender Unterrichtsphasen aus, welche die Behandlung sprachstruktureller L2-Aspekte nicht dichotornisch induktiv vs. deduktiv, implizit vs. explizit-, sondern sequentiell betrachtet. So dürften die aus der Analyse der Interaktionstranskripte abgeleiteten Lernprozesse wie Vorwissensaktivierung, Sensibilisierung für Form-Funktionszusammenhänge, Bewußtwerdung von Wissenslücken und Wissensunsicherheiten, Hypothesenbildung-, -begründung und -aushandlung günstige kognitive Voraussetzungen für die Behandlung solcher L2-Phänomene im Unterrichtsdiskurs schaffen. Inwiefern solche Lernaktivitäten nicht nur unterrichtsintern wirksam werden, sondern auch über den Fremdsprachenunterricht hinausgehende Lerneraktivitäten anzuregen in der Lage sind und damit tendenziell selbst gesteuerte Lernhandlungen stimulieren, sollte als Fragestellung zukünftiger Unterrichts- und Handlungsforschung aufgenommen werden. Literatur ASTON, Guy (1986): "Trouble-shooting in interaction with leamers: the more the merrier? " In: Applied Linguistics 7, 128-143. BöRNER, Wolfgang (1999): "Fremdsprachliche Lernaufgaben". In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 10, 209-230. 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[etc.]: Lang 2001 (Freiburger Beiträge zur Erziehungswissenschaft und Fachdidaktik; Band 10), 484 Seiten [65,40 €] Die wechselvolle und facettenreiche Geschichte des Fremdsprachenunterrichts [= FU] muß im wesentlichen als eine Geschichte der Methoden des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen begriffen werden, in der es immer wieder zu tiefgreifenden Veränderungen gekommen ist, ohne daß man daraus auf eine kontinuierliche Entwicklung im Sinne eines klar erkennbaren Fortschritts schließen könnte. Dies gilt auch für die jüngere Geschichte der Erforschung des Fremdsprachenerwerbs. Unter den zahlreichen methodischen Konzepten, die die Diskussion der letzten fünfzig Jahre nachhaltig prägten, sind nicht wenige, die für die Entwicklung des FUs einen tiefen Einschnitt bedeuteten. Eine dieser markanten Zäsuren wurde durch die Ablösung der aus der Kontrastivhypothese abgeleiteten Überzeugungen durch die stärker auf mentale Prozesse abzielende Fehleranalyse gesetzt. Wenn die in diesem Kontext anzusiedelnde« faux amis » Forschung als Teilbereich der Fehlerlinguistik gegenwärtig eine Art Renaissance erlebt, so hängt dies ursächlich mit der Neubewertung der Rolle zusammen, die die bisher gelernten Sprachen allen voran die Ll beim Erwerb weiterer Fremdsprachen offensichtlich spielen. Durch die Verlagerung der Perspektive weg von der Produktauf die Prozeßebene sowie unter den Vorzeichen der in der Nachfolge der Fehleranalyse entstandenen Interlanguage-Forschung muß es nunmehr allerdings darum gehen, den Bestand an fehlergenerierenden Ähnlichkeiten, wie er in zahlreichen Spezialwörterbüchern aufgelistet ist, kritisch aufzuarbeiten, indem man sich z.B. reflektiert mit empirisch erhobenen Sprachdaten von L2-Lernern auseinandersetzt. Einen solchen „pragmatischen, korpusbezogenen Ansatz" (14) verfolgt die hier zu besprechende, im Jahre 1997 von der Pädagogischen Hochschule Weingarten angenommene Dissertation von Jürgen MERTENS insofern, als sie sich zum Ziel setzt, anhand der Textproduktionen von rund 1500 Schülern das „fehlerverursachende Potential" (14) von« faux amis » im Französischunterricht der Sekundarstufe I offenzulegen und dabei gleichzeitig die Fehlergenese (d.h. die den Fehlerprodukten zugrunde liegenden Prozesse) (psycho)linguistisch zu beleuchten und zu deuten. Der Begriff« faux amis » wurde 1928 innerhalb der Übersetzungswissenschaft geprägt und hat seitdem die unterschiedlichsten Interpretationen erfahren. Nicht eindeutig geklärt ist deshalb die Frage, welche Kriterien für die Zuweisung einer Interferenz zum Bereich der « falschen Freunde » erfüllt sein müssen. Entsprechend ausführlich befaßt sich das 2. Kapitel (17-77) mit den daraus resultierenden Abgrenzungsproblemen, indem Vf. nicht nur die alternativen Benennungen einer kritischen Betrachtung unterzieht und Licht in das terminologische Wirrwarr zu bringen versucht, sondern auch die von verschiedenen Autoren vorgeschiagenen Klassifikationen referiert. Als Resümee dieser Darstellung will MERTENS im sprachwissenschaftlichen Sinn unter « faux amis » Lexeme verstanden wissen, "deren äußere Form der eines Lexems derselben oder einer anderen Sprache aus den unterschiedlichsten Gründen gleich oder ähnlich ist (individuell als gleich oder ähnlich empfunden wird) und deswegen (unter anderem! ) auf semantischer bzw. formaler Ebene zu normwidriger Verwendung führen kann" (77). Um schließlich eine adäquate Kategorisierung zu gewährleisten, sollen vor allem die folgenden Aspekte in die Untersuchung einfließen: formal semantisch, interlingual intralingual, Richtung der Sprachanwendung (Ll-L2, L2-Ll). Unter den Verfechtern der Interlanguage-Hypothese besteht breiter Konsens darüber, daß fehlerhafte Produktionen nicht auf sprachlichen Ursachen allein beruhen und daß somit die Vorstellung von einem « faux ami » als der einem Lexem inhärenten Eigenschaft zu kurz greift. Letztlich sind es Bedingungen, die in der Disposition des Lerners liegen oder aber die der Lernumgebung im weitesten Sinn zuzuschreiben sind, die darüber entscheiden, ob und inwieweit signifiant-Ähnlichkeiten tatsächlich zu Lern- FLUIIL 32 (2003) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 231 schwierigkeiten führen und Fehler generieren. Folgerichtig ist das 3. Kapitel (79-103) den « faux amis » als Gegenstand der psycholinguistischen Forschung gewidmet. Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang die vorgenommene Trennung zwischen Produktkategorien (target form, paradigmatische Modifikationen, morphologische Modifikationen, syntagmatische Fehler) und Prozeßkategorien (lernerbedingte Faktoren, lehrgangsbedingte Faktoren, sprachliche Faktoren), auf die bei der Analyse und Klassifizierung der Fehlerprodukte systematisch zurückgegriffen wird. Korpusanalysen, bei denen adressatenspezifische Bedürfnisse in den Blick geraten, sind in der bisherigen « faux amis » Forschung eher die Ausnahme. 1 Basis der vorliegenden empirischen Untersuchung waren zwei umfangreiche Textkorpora, die ausschnittsweise im Anhang (395-484) abgedruckt sind. Korpus I setzt sich aus den Realabschlußarbeiten von insgesamt 595 Schülern der Klasse 10 zusammen. Bei der Auswertung wurde auf eine Differenzierung nach den Kategorien semantisch, morphologisch, etc. verzichtet. Insofern „stellt [es] lediglich einen Anhaltspunkt für die Ermittlung von 'faux amis' aus Textmaterial dar und bildet den Ausgangspunkt für die Erstellung der Korpora Ha, IIb, He" (126). Bei letzeren handelt es sich um elizitiertes Datenmaterial, das von 958 Probanden stammt, die „die 8. bzw. 10. Jahrgangsstufe mit Französisch als 1. oder 2. Fremdsprache besuchten" (113). Präziser ausgedrückt: Korpus II besteht aus Schülerproduktionen in der Sprachrichtung Ll-L2 und L2-Ll (version), die aus vom Autor vorgegebenen, auf der Grundlage der Ergebnisse aus Korpus I gezielt zusammengestellten Aufgaben resultieren und bei deren Auswertung die Lexemauswahl unter Beachtung bestimmter Vorgaben erfolgte. Kapitel 4 (105-128) beschreibt das methodische Vorgehen im Hinblick auf Forschungsfragen und Forschungsziele, untersuchte Population, Versuchsdurchführung sowie Art der Datenauswertung (Erstellung von Korpus I und II). Herzstück der Arbeit ist das knapp 200 Seiten umfassende Kapitel 5 (129-325), in dem die in Korpus II identifizierten, auf formaler Ähnlichkeit beruhenden Interferenzen Item für Item getrennt nach der Sprachrichtung detailliert beschrieben werden, nach Fehlerursachen geforscht sowie der Frage nachgegangen wird, ob tatsächlich vom Vorliegen eines « faux ami » auszugehen ist. In quantitativer Hinsicht ergibt sich dabei folgendes Bild. In der Sprachrichtung Ll-L2 (Prodnktion) beträgt die Gesamtzahl der « faux amis de forme» 51 (Genus: 11, Numerus: 1, Konkordanz-Divergenz: 1 [fraiche,freche,fresh statt frais], Morphologie: 24, Syntax: 3, Genus+ Morphologie: 7, Null-Analogie: 4), die der« faux amis de sens » 30. Lediglich 20 Fehlerprodnkte weist das Korpus für die Sprachrichtung L2-Ll (Rezeption 2) aus. Die qualitativen Feinanalysen verdienten sicher eine eingehendere Betrachtung, als uns dies hier möglich ist. Wir begnügen uns deshalb mit Hinweisen auf einige Analyseergebnisse sowie auf einige der vom Autor angedeuteten Schlußfolgerungen. Hinsichtlich der in der L2 verfaßten Schülerproduktionen scheinen sich vor allem die folgenden, empirisch bislang nicht überprüften Vermutungen zu bestätigen: (1) "Die Suche nach Äquivalenten erfolgt nicht auf der Basis formaler Aspekte, sondern orientiert sich am Inhaltlichen" (271). Homomorphe wie etwa Kurs/ course(s) sind mithin nur sehr bedingt als problematisch einzustufen und verursachen wenn überhaupt allenfalls im Anfangsunterricht Lernschwierigkeiten. (2) Auf das Sprachenpaar Französisch-Deutsch trifft das zu, was auch für andere Sprachenpaare gilt: "formal errors" treten in weit größerer Zahl auf als semantisch bedingte Fehlleistungen. (3) Zusätzliche Belege liefert MERTENS auch für die von KlELHÖFER bereits im Jahre 1975 getroffene Feststellung, wonach intra- und interlinguale Lexempaare nicht mit wachsendem Kontrast, sondern mit wachsender semantischer Ähnlichkeit zu größerer Fehleranfälligkeit neigen. 3 (4) Bei der Bestimmung einer Interfe- Die nicht verzeichnete Arbeit von Oskar PuTZER (Fehleranalyse und Sprachvergleich. Linguistische Methoden im Fremdsprachenunterricht am Beispiel Italienisch-Deutsch. Ismaning: Hueber 1994) beweist, daß es derartige Untersuchungen sehr wohl gibt. 2 Nicht anfreunden können wir uns mit dem in diesem Zusammenhang vom Vf. verwendeten Begriff 'Rezeption'; für uns sind auch Herübersetzungstexte Ergebnis einer 'produktionsorientierten Aufgabe'. 3 Bernd KIBLHÖFER: Fehlerlinguistik des Fremdsprachenerwerbs. Linguistische, lernpsychologische und didaktische Analyse von Französischfehlern. Kronberg/ Ts. 1975, 127. lFJLlllL 32 (2003) 232 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel renz als « faux ami » hat die Unterscheidung zwischen interlingual und intralingual und damit die Einbeziehung der intralingualen Ebene ihre Berechtigung. Die Existenz intralingual relevanter, kontrastanner lexikalischer Elemente ist jedoch selten allein ausschlaggebend für Normverstöße. (5) Neben der Muttersprache ist es vor allem die zuerst erworbene Fremdsprache, die einen negativen Einfluß ausüben kann. Nicht erhärten läßt sich auf der Basis des untersuchten Korpus jedoch die Annahme, der zufolge "die Reihenfolge des Spracherwerbs einen besonderen Einfluß auf die Fehlergenese haben soll" (282). Bei der Übersetzung von der Fremdin die Muttersprache schließlich sind es zwei Beobachtungen, die nicht unerwähnt bleiben dürfen: Zum einen die unverkennbare Tendenz zur unreflektierten Übernahme des formal ähnlichen muttersprachlichen Lexems (z.B. copie ➔ Kopie, plat ➔ Platte), zum anderen die Dominanz L 1-bedingter futerferenzen und die damit zusammenhängende (relativ) geringe Beeinflussung der Übersetzungsleistungen durch das Englische. Fremdsprachendidaktische Überlegungen stellt MERTENS in Kapitel 6 (327-372) an. Geleitet von der Überzeugung, daß sich Normverstöße durch eine Optimierung des Inputs im Sinne eines "preventive teaching" vermeiden ließen, daß es aber andererseits auch Aufgabe des schulischen Fremdsprachenunterrichts sein muß, die Lerner „für die Erweiterung ihrer Kompetenz in der Fremdsprache autonom zu machen" (343), werden wir mit einem ganzen Bündel von didaktisch-methodischen Maßnahmen konfrontiert angefangen von (überwiegend bekannten) Empfehlungen für eine effizientere Wortschatzarbeit, über Möglichkeiten und Gefahren des 'inferencing' sowie die Notwendigkeit zur Vermittlung von „Erfragungsstrategien" bis hin zum Umgang mit dem Wörterbuch. An vier Problembereichen werden methodische Wege zur Vermeidung von « faux amis » wortschatzdidaktisch konkretisiert und unterrichtspraktisch exemplifiziert. Im Hinblick auf semantische Feindifferenzierungen sind dies visiter besuchen- [to visit] sowie die zum Wortfeld 'Transportmittel' gehörigen (auto)bus - (auto)carmetro auto - Renault; bei den « faux amis de forme » beziehen sich die Vorschläge zum einen auf Lexeme, die häufig mit falschen Genus gebraucht werden (so z.B. biere, etage, groupe und r6le ), zum anderen auf solche, bei denen morphologische Divergenzen keine ausreichende Beachtung finden (etwa boycottage, camarade, catastrophique oder importation). Eine 20seitige Bibliographie (375-394), die neben nicht auf das Französische bezogenen Titeln auch Spezialwörterbücher, Lernhilfen bzw. Wortschatzlisten zu anderen Sprachenkombinationen als Deutsch- Französisch berücksichtigt, beschließt die Dissertation. Es ist das unbestrittene Verdienst dieser Arbeit, Art und Häufigkeit von « faux amis » bei einer bestimmten Lernergruppe empirisch untersucht und Beweise dafür geliefert zu haben, daß im schulischen Französischunterricht der Sekundarstufe I dieser spezifische Typ von Interferenz innerhalb des weiten Feldes sprachlicher Fehlleistungen offensichtlich eine geringere Rolle spielt als bislang angenommen. Positiv hervorzuheben ist auch das durchgängige Bemühen, differenzierte Ursachenforschung zu betreiben und mit zahlreichen interessanten Einzelbeobachtungen unser Wissen über die Genese der normwidrigen Verwendung von interlingual oder intralingual formal ähnlichen Lexemen zu erweitern. Nachhaltig getrübt wird dieser (positive) Eindruck allerdings durch unübersehbare Schwächen forschungsmethodologischer, inhaltlicher und formaler Natur, die uns davon abhalten, für dieses Buch eine uneingeschränkte Empfehlung auszusprechen. Ich fasse meine Einwände unter vier Kritikpunkten zusammen: (1) Ein zentrales Anliegen der Untersuchung ist es, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob eine als « faux ami » charakterisierte Normabweichung in den Textproduktionen (a) (un)mittelbare Folge von 'inadequate leaming' ist oder (b) Resultat einer Kommunikationsstrategie (z.B. im Sinne von Übergeneralisierung) oder (c) durch die Lernumgebung induziert wurde ( 'induced error') oder (d) doch eher zur Gruppe der intralingual bzw. interlingual bedingten Transferfehler gehört. Nur am Rande -und nicht mit der nötigen Klarheit weist MERTENS darauf hin (15), daß sich auf der Basis von reinen Produktdaten psycholinguistisch fundierte Einsichten nur schwerlich gewinnen lassen. Dies bedeutet u.a., daß es Aussagen zur Bekanntheit oder Unbekanntheit bestimmter Lexeme (so etwa alcoolique, alcoolise [194] oder utiliser [211]), die sich ausschließlich an dem durch das Lehrwerk vermittelten Wortschatz orientieren, allein schon aufgrund der Vielfalt potentieller Erwerbskontexte von fremdsprachlichem Vokabular an Überzeugungskraft fehlt. Auf unsicheren methodischen Boden bewegt man sich natürlich erst recht mit lFLl.ilL 32 (2003) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 233 Mutmaßungen darüber, ob die Lehrperson eine gewisse Verantwortung für das entstandene Fehlerprodukt trägt (177). Völlig untauglich ist ein solches Datenkorpus schließlich für Überlegungen, "welche Gedankengänge[ ... ] seitens der Lernern [sie! ] abgelaufen [sind]" (205), die eine plausible Erklärung für das Zustandekommen eines Fehlerbeleges wie etwa station liefern könnten ganz abgesehen davon, daß es sich unseres Erachtens hierbei um einen klassischen Fall von testinduzierter sprachlicher Ungenauigkeit handelt. Auch wenn wir vielen Hypothesen und Interpretationen eine gewisse Plausibilität nicht generell absprechen wollen, so ändert dies nichts an der Tatsache, daß bei aller forschungsmethodologischen Problematik, die ein solches Vorgehen mit sich bringt zur Ermittlung von Fehlerursachen und „prozessualen Faktoren" auf (ergänzende) Datensätze, die z.B. mit Hilfe der Methode des lauten Denkens oder auf dem Umweg über Retrospektionen erhoben wurden, nicht verzichtet werden kann. Daß andernfalls der Spekulation Tor und Tür geöffnet sind, scheint MERTENS immerhin bewußt zu sein. Die geradezu inflationäre Verwendung von Formulierungen wie „es ist zu vermuten", "in Erwägung ziehen", „für wahrscheinlicher halten", "ich gehe davon aus", "als weitere Ursache mitbedenken", "mag in Betracht gezogen werden", u.ä. legt davon beredtes Zeugnis ab. (2) Unabhängig von der Frage, inwieweit man aus den unter (1) genannten Gründen die Argumentation im Einzelfall für nicht schlüssig und empirisch für nicht ausreichend abgesichert halten mag, wäre es der Lesbarkeit des Textes zugute gekommen, wenn Vf. für die Auswertung des Datenkorpus nicht eine lexernbasierte Darstellung gewählt, sondern die Fehlerprodukte beispielsweise unter der vermuteten primären Fehlerursache aufgeführt und auch bei der Kommentierung durch eine zusätzliche quantitative Bewertung potentieller Einflußfaktoren für mehr Transparenz und Stringenz gesorgt hätte. Unangenehmer Nebeneffekt der alphabetischen Anordnung der« faux amis » sind zahlreiche sprachliche Wiederholungen und inhaltliche Redundanzen (insbesondere in Kap. 5), wodurch sich bei der Lektüre gewisse Ermüdungszustände einstellen. (3) Das Buch ist in einem unprätentiösen, weitgehend jargonfreien Stil geschrieben. Schon deshalb wird man MERTENS die eine oder andere sprachliche Ungeschicklichkeit (z.B. S. 108) nachsehen und selbst über grammatische 'Schnitzer' wie „Die semantische Relation von pennission und permis ist das der Überlappung" (232) oder „Die Miteinbeziehung der intralingualen Ebene hat[...] seine Berechtigung" (282) hinwegsehen. Ein wirkliches Ärgernis ist dagegen die mangelnde Sorgfalt, mit der der Text in formaler Hinsicht redigiert wurde. Wir haben über 200 Schreib- und Trennungsfehler gezählt, davon bis zu vier Auslassungen von Buchstaben in einem neunzeiligen Abschnitt. 4 Sehr nachdenklich stimmen in diesem Zusammenhang (Orthographiebzw. Grammatik) Fehler vom Typ *un match internationale (371), *les paysans espagnoles (372) oder *les legumes espagnoles (372), auf die wir ausgerechnet in den Reproduktionen der Arbeitsblätter stoßen. Erschwerend kommen hinzu: (a) sachliche Versehen (vgl. etwa: "Bei [...] knapp 10% [...] zeigt sich ein deutliches Übergewicht des bei controle normwidrigen maskulinen [lies: femininen] Geschlechts" [188], (b) unvollständige Sätze [264, vor Anm. 362], (c) ab Kap. 2.1.2.4 falsche Seitenangaben im Inhaltsverzeichnis, (c) falsche Überschriften [222 unter b)], (d) doppelter Abdruck einer textidentischen Seite [202 und 203] sowie (e) ein wenig ansprechendes Layout, bei dem vor allem die Gestaltung der Grafiken, Abbildungen und Tabellen (mit z.T. 'abenteuerlichen' Zeilenumbrüchen) auf einen unprofessionellen Umgang mit dem verwendeten Textverarbeitungsprogramm schließen läßt. (4) Ein gewichtiger, zugegebenermaßen ketzerischer Einwand zum Schluß: Appelle namhafter Fachdidaktiker, die bestimmte Rituale des Fremdsprachenunterrichts radikal in Frage stellen, haben es offenbar schwer, bei Lehrern Gehör zu finden und deren Vorstellungen von dem zu verändern, was einen psycholingnistisch sensiblen Unterricht ausmacht. Wer diese Zielgruppe dazu ermuntert, für den korrekten Gebrauch von visiter zwei Unterrichtsstunden zu opfern, der darf sich nicht wundem, wenn viele Lehrer einfach nicht einsehen wollen, "daß jede Sprachform, die produktiv benutzt wird, erst durch eine 4 Vgl. S. 123, Kap. 4.4.2.2: Fähigeiten, Überetzung, stimigen, uner (lies: unter). Zu dieser kritischen Anmerkung paßt auch die Feststellung, daß der Name SANDIG in der Bibliographie durchgängig als SANDIS erscheint. lFILlllL 32 (2003) 234 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel Zeit beanspruchende Inkubationsphase der Rezeption, d.h. der mentalen Verarbeitung, gegangen sein muß." 5 Wenn es zutrifft, daß die vielbeschworene, sich weiter zuspitzende Krise des Französischunterrichts u.a. von einer zu starken Betonung der Sprachrichtigkeit herrührt - und d.h. mangelnder Großzügigkeit im Umgang mit bestimmten Schülerfehlern-, dann gilt es, gerade in dieser relativ frühen Phase des L2-Erwerbs Fehlertoleranz zu üben 6 und bei vergleichsweise harmlosen Abweichungen von der Norm, wie etwa boissons alcooliques statt boissons alcoolisees 7 (193), station statt gare (204), directeur [d'un lycee] statt proviseur (221), utiliser le train statt prendre (210), marmelade statt confiture (245), keine Zeit mit Fehlervermeidungsstrategien zu verschwenden. Heftig widersprechen wird man MERTENS an den Stellen, wo er eine Norm 8 zugrundelegt, die selbst Muttersprachlern Schwierigkeiten bereitet oder gar Rätsel aufgibt. Gemeint sind semantisch oder syntaktisch angeblich inakzeptable Verwendungen von Lexemen, die im Le Monde Corpus (1995 bis 1998) in dieser Form hinreichend belegt und deshalb auch nicht zu beanstanden sind. Hierzu zählen z.B.: controler (179) sowie photographier (178) ohne Objektergänzung, un gros succes (236) sowie bus anstelle von car (216 ff), wobei unverständlich bleibt, warum für die Feindifferenzierung von ( auto )bus und ( auto )car so viel Aufwand getrieben wird, um dann einzuräumen, daß die Unterscheidung kommunikativ irrelevant sei (219). In eigentümlichem Kontrast dazu stehen Französischfehler, die sich in die Lehrmaterialien eingeschlichen haben und die dort natürlich nicht zu tolerieren sind. 9 Vor dem Hintergrund der damit sichtbar gewordenen sprachpuristischen Haltung des Autors, die einem leider verbreiteten 'Korrektheitswahn' noch Vorschub leisten dürfte, wird man deshalb auch den Unterrichtsempfehlungen mit einer gehörigen Portion Skepsis begegnen müssen. Bielefeld Ekkehard Zöfgen Oxford Collocations Dictionary for students of English. Oxford: Oxford University Press 2002, xiii + 897 Seiten [24,95 €] Im Titel eines Aufsatzes, der vor fast einem Vierteljahrhundert erschien, fragt F. J. HAUSMANN« Un dictionnaire des collocations est-il possible? » 1 Natürlich handelt es sich hier um eine rhetorische Frage; das Kollokationswörterbuch als ein Typ syntagmatischer Spezialwörterbücher hat eine lange Ge- Werner BLEYHL: "J'accuse! [ .. .]". In: französisch heute 30.3 (1999), 252-263 (hier: 261). Um möglichen Mißverständnissen vorzubeugen, sei klargestellt, daß der Rezensent kein Anhänger des Konstruktivismus ist und die erkenntnis- und sprachtheoretischen Grundüberzeugungen einer radikal konstruktivistischen Fremdsprachendidaktik nicht teilt. 6 Stellvertretend für viele andere Stimmen mit gleichem Tenor verweise ich auf Axel P0LLETI: "Die Krise der Grammatik im Französischunterricht". In: Der Fremdsprachliche Unterricht - Französisch 31.6, Heft 30 (1997), 4-8 und Franz-Joseph MEißNER: "Zielsprache Französischzum Unterricht einer schweren Sprache". In: französisch heute 29.3 (1998), 241-257. 7 Richtig ist, daß viele Muttersprachler auf die Kollokation boissons alcooliques mit « Moi je ne Je dirais pas » reagieren. In der Tat ist die Tendenz unverkennbar, die Unterscheidung zwischen alcoolique (= qui contient naturellement de l'alcool) und alcoolise (= a quoi on a ajoute de l'alcool) aufzugeben und alcoolise generell zu bevorzugen. Dementsprechend finden sich im Le Monde Corpus 6 Belege für boissons alcooliques gegenüber 28 Okkurrenzen von boissons alcoolisees. 8 Wer sich mit Norrnfragen beschäftigt, ist immer gut beraten, die jeweils aktuellsten Ausgaben der Wörterbücher zu konsultieren. Nach der Liste der verwendeten Wörterbücher zu urteilen, hat MERTENS diesen Rat nicht befolgt. 9 Erwähnt sei: Le Rhone est unfleuve qui vient de la Suisse [statt: de Suisse] (355). Vgl. auch oben unter (3). Franz Josef HAUSMANN: « Un dictionnaire des collocations est-il possible? » In: Travaux de linguistique et de litterature 17.1 (1979), 187-195. ]El][,lJI][, 32 (2003) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 235 schichte. 2 Aufgabe eines solchen Wörterbuchs ist es, die gebräuchlichsten Wortkombinationen einer Sprache darzustellen. Kollokationswörterbücher sind keine neue Erfindung; allerdings 'versteckt' sich dieser Wörterbuchtyp häufig hinter einem anderen Namen: Stilwörterbuch, Kontextwörterbuch, Wörterbuch der Wortkombinationen. Einen entscheidenden Schritt in der lexikographischen Erfassung von Kollokationen der englischen Sprache stellt zweifellos The BBI Combinatory Dictionary of English dar, das 1986 erstmals erschien 3 und von PÄTZOLD (1987) in dieser Zeitschrift besprochen wurde. 4 In Deutschland wurde dieses Wörterbuch 1989 unter dem Titel Student's Dictionary of Collocations veröffentlicht. Ein weiteres Kollokationswörterbuch des Englischen, das 1997 als Neubearbeitung zweier zuvor separat in Polen erschienener Publikationen auf den internationalen Wörterbuchmarkt gebracht wurde, ist das LTP Dictionary of Selected Collocations. 5 Diese beiden Wörterbücher haben nun mit dem Erscheinen des Oxford Collocations Dictionary for students of English (OCDSE) Konkurrenz aus einem der renommiertesten Wörterbuchverlage der Welt erhalten. Was bietet das OCDSE dem Benutzer? Den weitaus größten Teil des Wörterbuchs (1-892) nimmt naturgemäß das Wörterverzeichnis ein. Ergänzt wird es durch einen Vorspann (iii-xiii), einen Nachspann (893-897) sowie einen Einschub (zwischen S. 446 und 447). Der Vorspann enthält das Inhaltsverzeichnis (iii); zwei Listen (iv), die über Inhalt und Platzierung von usage notes bzw. special pages informieren; das Vorwort (v); das Verzeichnis der Mitarbeiter (vi); die Einleitung (vii-xi) sowie Benutzungshinweise (xii-xiii). Der Einschub besteht aus 15 study pages (S2 - S16); der Lösungsschlüssel dazu bildet den Nachspann. Aus dem kurzen Vorwort entnehmen wir, daß es sich bei der Erarbeitung dieses Kollokationswörterbuchs offenbar um ein längerfristiges Projekt gehandelt hat. Die Lexikographie-Abteilung von Oxford University Press war schon seit geraumer Zeit von der Notwendigkeit und Nützlichkeit eines Kollokationswörterbuchs für Lerner des Englischen überzeugt und entschlossen, ein korpusbasiertes Kollokationswörterbuch zu publizieren. Im Laufe der Jahre waren drei Managing Editors mit diesem Projekt befaßt (Sheila Dignen, Jonathan Crowther, Diana Lea). Die Letzgenannte erläutert in der Einleitung die wesentlichen theoretischen Gedankengänge, die der Konzipierung des OCDSE zugrunde liegen. Der Begriff collocation wird hier bestimmt als „the way words combine in a language to produce natural-sounding speech and writing" (vii). Kollokationen sind eine Art von Wortkombination, wobei der Grad der Freiheit bzw. Fixiertheit der Kombination ausschlaggebend für die Zugehörigkeit zu verschiedenen Kategorien von Wortverbindungen ist. Wie allgemein üblich wird von einer Skala (cline) ausgegangen, bei der an einem Ende völlig freie Kombinationen stehen (see a man/ carlbook) und am anderen vollkommen fixierte und damit idiomatische Kombinationen (not see the woodfor the trees). Zwischen diesen Extrempunkten ist der Bereich der Kollokationen angesiedelt, der hier noch weiter unterteilt wird in weak collocations (see afilm), medium-strength collocations (see a doctor) und stronger collocations (see danger/ reason/ the point). Laut Einleitung will das OCDSE den ganzen Bereich der Kollokationen abdecken; nicht verzeichnet sind freie Wortkombinationen und der größte Teil der Idiome (abgesehen von Kombinationen wie drive a hard bargain, in dessen Gesamtbedeutung die Komponente bargain noch deutlich zu erkennen ist). Welche Strukturtypen von Kollokationen berücksichtigt werden, geht aus Kasten 1 hervor: 2 Franz Josef HAUSMANN: « Le dictionnaire de collocations ». Art. 95 in: Wörterbücher, Dictionaries, Dictionnaires. Ein internationales Handbuch zur Lexikographie. Herausgegeben von Franz Josef HAUSMANN / Oskar REICHMANN / Herbert Ernst WIEGAND / Ladislav ZGUSTA. Erster Teilband. Berlin/ New York: de Gruyter 1989, 981-988. 3 The BBI Combinatory Dictionary ofEnglish. A Guide to Word Combinations. Herausgegeben von Morton BENS0N / Evelyn BENS0N / Robert ILS0N. Amsterdam/ Philadelphia 1986. 4 Kurt-Michael PÄTZ0LD: "Context is all: The BBI Combinatory Dictionary of English and the German Learner". In: Fremdsprachen Lehren und Lernen 16 (1987), 151-182. 5 LTP Dictionary ofSelected Collocations. Based on the original works of Christian Douglas Kozlowska and Halina Dzieri.anowska. Herausgegeben von Jimmie HILL / Michael LEWIS. Hove: Language Teaching Publications 1997. ]F[,l.11][, 32 (2003) 236 1. adjective + noun 2. quantifier + noun 3. verb + noun 4. noun + verb 5. noun + noun 6. preposition + noun 7. noun + preposition 8. adverb + verb 9. verb + verb 10. verb + preposition 11. verb + adjective 12. adverb + adjective 13. adjective + preposition Buchbesprechungen • Rezensionsartikel brightlharshlintense/ strong light a beamlray of light cast/ emit/ give/ provide/ shed light light gleams/ glows/ shines a light source by tlie light of the moon the light from the window choose carefully be free to choose choose between two things makelkeep/ declare sth safe perfectly/ not entirely/ environmentally safe safe from attack Kasten 1: Im OCDSE berücksichtigte Kollokationsstrukturtypen (vgl. S. ix) Die Datenbasis des OCDSE ist das British National Corpus (BNC; Umfang 100 Millionen Wörter). Dies bestimmt die Varietät des Englischen, die hier repräsentiert ist, nämlich das Britische Englisch. Die Stilhöhe der aufgenommenen Kollokationen ist „moderately formal" (viii). Das Wörterbuch enthält 9000 Einträge (headwords), wobei es sich um Substantive, Verben und Adjektive handelt. Diese stellen die Kollokationsbasen dar, zu denen insgesamt 150.000 Kollokatoren gegeben werden. (Zur Unterscheidung Basis vs. Kollokator vgl. Hausmann 1979 [oben Anm. ll). Die Mikrostruktur des OCDSE soll am Beispiel der Einträge promise (noun), promise (verb) und promising (adjective) erläutert werden: promise noun 1 statement that you will do sth • ADJ. big He makes all kinds of big promises he has little intention of keeping. 1 rash I broken, unfulfilled I empty, false, hollow I vague I binding, firm 1 campaign, election, pre-election •VERB+ PROMISE give sb, make (sb) You gave me your promise I could use the car tonight. ◊ I'll consider it, but I make no promises. 1 fulfil, honour, keep I break, go back on I extract We extracted a promise from them that they would repay the money by May. 1 hold sb to The Opposition is determined to hold the government to its election promises. • PREP. ~ about They've made all sorts of promises about reforming the health system. ~ ot promises of support 2 signs that sb/ sth will be successful • ADJ. considerable, great, real This new venture holds great promise for the future. 1 early, youthful • VERB + PROMISE hold, show I fulfil, live up to His career failed to fulfil its early promise. • PREP. of ~ a pianist of promise 1 ~ as She showed great promise as a runner. • PHRASES full of promise The year began so full of promise, and ended in disappointment. Kasten 2: Artikel zum Substantiv promise im OCDSE IFJLIIIL 32 (2003) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 237 Der Artikel zupromise (noun) (vgl. Kasten 2) ist deutlich durch Ziffern in zwei Abschnitte unterteilt, die die beiden Bedeutungen von promise unterscheiden. Durch solche numerierten Bedeutungsangaben werden generell die unterschiedlichen Bedeutungen polysemer Stichwörter differenziert. Für die jeweiligen Bedeutungen werden dann die Kollokationspartner gegeben, und zwar geordnet nach den in Frage kommenden Strukturtypen. Für promise ('Versprechen') sind das zunächst die Adjektive, die mit promise kombinierbar sind (z.B. rash, empty, binding); es folgen Verbkollokatoren (z.B. make, keep, break); und schließlich werden die Präpositionen angeführt, die auf promise folgen können (promise+about, promise+oj). Das gleiche Anordnungsprinzip findet sich im zweiten Abschnitt. Falls phrases mit dem Stichwort existieren (hier: full of promise), werden sie am Ende des Artikels angeführt. Für einige Kollokationen werden Verwendungsbeispiele gegeben, die aus dem BNC stammen. Auch die unter dem Verb promise sowie unter dem Adjektiv promising gegebenen Kollokatoren sind nach den entsprechenden Strukturtypen angeordnet. Für promise (verb) sind dies Adverbkollokatoren (Jaithfully, solemnly), Verben, die mit promise kollokieren (can/ can't, seem to) und Präpositionen (promise sth+to sb) sowie die phrases as promised und can 't promise anything. Für promising (adjective) finden sich als Verbkollokatoren be, look, seem, sound und als Adverbkollokatoren u.a. extremely, particularly, hardly. Während sich die Anordnung der einzelnen Strukturtypen innerhalb des Artikels an einem festen Muster orientiert (vgl. Reihenfolge der Strukturtypen in Kasten 1), wird im Vorwort als Kriterium für die Anordnung innerhalb eines Strukturtyps der Bedeutungsaspekt genannt. Bezogen auf VERB+PROMISE bedeutet dies z.B., daß die Verben give, make eine Gruppe von Verbkollokatoren konstituieren, ebenso die Verbenfulfil, honour, keep und schließlich die Verbenbreak und go back on. Hier ergibt sich die Gruppierung also aus der weitgehend synonymen Bedeutung der Gruppenmitglieder. Solche semantisch ähnlichen Kollokatorengruppen werden durch einen senkrechten Strich voneinander getrennt. Über die Kriterien der Anordnung der Gruppen untereinander finden wir in der Einleitung folgende Aussage: " The groups are arranged in an order that tries tobe as intuitive as possible" (x). Innerhalb der Kollokatorengruppe (z.B.fulfil, honour, keep) ist die Reihenfolge der Kollokatoren offensichtlich alphabetisch. Im Anschluß an eine Analyse von Kollokationswörterbüchern des Englischen habe ich seinerzeit „Leitlinien für die Erstellung von Kollokationswörterbüchern" formuliert. 6 In welcher Weise sind die wichtigsten der dort genannten Fragen und Probleme bei der Konzipierung des OCDSE berücksichtigt? Ein Kollokationswörterbuch sollte als Lemmata ausschließlich Kollo)rntionsbasen aufnehmen. - Dieser Leitlinie entspricht das OCDSE vollständig; als Stichwörter finden sich ausschließlich Substantive, Verben und Adjektive. Auch wenn Hausmanns Unterscheidung von Basis und Kollokator in der Einleitung nicht ausdrücklich genannt wird, so ist sie doch implizit berücksichtigt worden. Dies zeigt sich nicht nur in der Beschränkung der Stichwörter auf die drei genannten Wortklassen, sondern auch darin, daß im Vorwort begründet wird, warum die Wörterbuchartikel zu Verben und Adjektiven keine Substantive auflisten: "When frarning their ideas, people generally start from a noun" (ix). Die Artikel eines Kollokationswörterbuchs sollten ausschließlich Kollokationen verzeichnen. - Auch diese Forderung ist als vom OCDSE (jedenfalls prinzipiell) erfüllt anzusehen. Im Vorwort wird der grundsätzliche Ausschluß von freien Kombinationen einerseits und von Idiomen andererseits als Leitlinie ausdrücklich formuliert. Eine detaillierte Überprüfung, ob dies konsequent umgesetzt worden ist, wäre angesichts des Umfangs des Wörterbuchs extrem zeit- und arbeitsaufwendig. Bei der Analyse einer Stichprobe unter dieser Fragestellung wären vermutlich in kurzer Zeit eine Reihe von Fällen zu finden, die im Übergangsbereich zwischen freier Kombination und Kollokation einerseits bzw. Kollokation und Idiom andererseits anzusiedeln wären. Hier über die kategorielle Zuordnung einzelner Beispiele zu streiten, ist m.E. allerdings müßig. 6 Jens BAHNS: Kollokationen als lexikalisches Problem. Eine Analyse allgemeiner und spezieller Lemerwörterbücher des Englischen. Tübingen: Niemeyer 1996, 114--115. Vgl. auch Franz Josef HAUSMANN: "Le dictionnaire de collocations - Criteres de son organisation". In: Norbert GREINER / Joachim K0RNELIUS / Giovanni R0VERE (Hrsg.): Texte und Kontexte in Sprachen und Kulturen. Festschrift für Jöm Albrecht. Trier: Wissenschaftlicher Verlag 1999, 121-139. JFlL! ! l[, 32 (2003) 238 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel Die Anordnung der zu einem bestimmten Stichwort gegebenen Kollokatoren sollte systematisch sein (feste Reihenfolge der Strukturtypen). - Genau dieses Anordnungsprinzip wird im OCDSE konsequent befolgt. - Die Anordnung der Kollokationen bzw. Kollokatoren gleicher Struktur innerhalb des Unterabschnittes sollte nach einem bestimmten Kriterium (z.B. Häufigkeit oder Alphabet) erfolgen. -Hier hat sich das OCDSE sowohl gegen eine alphabetische wie gegen eine Häufigkeitsanordnung entschieden (ohne diese Alternativen allerdings ausdrücklich zurückzuweisen). Die hier praktizierte Lösung (zunächst Gruppenbildung nach semantischen Kriterien und anschließende Anordnung der Gruppen auf 'intuitiver' Basis; s.o.) hat ihre Vor- und Nachteile. Ein Nachteil (gegenüber der alphabetischen Anordnung) besteht darin, daß die Suche nach einem bestimmten Kollokator erschwert wird. Ein Vorteil (gegenüber beiden Alternativen) ist darin zu sehen, daß dem Benutzer Bedeutungszusammenhänge deutlich werden. Durch den Einsatz verschiedener typographischer Mittel sollte eine möglichst optimale Übersichtlichkeit und damit ein schneller Zugriff auf die gesuchte Information gewährleistet sein. - In dieser Hinsicht ist die Verfahrensweise im OCDSE (insbesondere im Vergleich zum BBI) vorbildlich. Ist dies 'the perfect leamers' dictionary of English collocations'? 7 - Zweifellos ist das OCDSE das Kollokationswörterbuch, an dem sich andere Vertreter dieses Wörterbuchtyps (vorliegende und zukünftige) messen lassen müssen (und die Meßlatte hängt jetzt ziemlich hoch). Wie weit es schon pe,fekt ist, kann nur auf der Basis einer detaillierten Analyse vieler Einzelaspekte beurteilt werden. Der erste Eindruck ist allerdings überzeugend but there is always room f or improvement .... Kiel Jens Bahns Barbara SCHMENK: Geschlechtsspezifisches Fremdsprachenlernen? Zur Konstruktion geschlechtsspezifischer Lerner- und Lernbilder in der Fremdsprachenforschung. Tübingen: Stauffenburg 2002 (Forum Sprachlehrforschung; Band 4), 286 Seiten [43,30 €] Sind Frauen tatsächlich die besseren Fremdsprachenlerner? Warum erhalten Mädchen bessere Zensuren im Fremdsprachenunterricht? Weshalb studieren so viel mehr Frauen als Männer Fremdsprachen? Um es gleich vorwegzunehmen: diese Fragen können in der vorliegenden Arbeit nicht beantwortet werden. Vielmehr geht es der Autorin darum zu zeigen, welche Bedeutung der Kategorie Geschlecht im Rahmen der Fremdsprachenforschung [ = FSFJ zukommt und wie Theorien über den Zusammenhang von Geschlecht und Fremdsprachenlernen [ = FSL] konstruiert werden. Barbara SCHMENKs Arbeit besteht aus zwei Teilen: In Teil I unterzieht sie die bisherige Forschung zu Fremdsprachenlernen und Geschlecht einer kritischen Bestandsaufnahme, stellt eine Fülle von Arbeiten zur Begründung von Geschlechtsspezifika vor, hinterfragt sowohl deren Ergebnisse als auch die jeweiligen Erkenntnisinteressen der Forschenden. Das 1. Kapitel skizziert die Forschungslage zum Thema in den neunziger Jahren in der FSF. Frauen werden häufig als erfolgreichere, bessere, begabtere, motiviertere Fremdsprachenlerner dargestellt, die besser zuhören können, emotionaler, anpassungsfähiger und kooperativer sind, über eine ihnen eigene Intuition verfügen, sich stärker um authentischen Klang in Aussprache und Intonation bemühen, eine positivere Haltung gegenüber dem FSL aufweisen, bessere Noten erhalten und weniger leistungs- und nutzenorientiert sind als Männer (S. 23 f). Während Frauen eine eher integrative Orientierung dem FSL gegenüber aufweisen, ist die „traditionelle Männerrolle" eher mit instrumenteller Orientierung vereinbar (S. 24). Das 2. Kapitel gibt einen Überblick über Studien zum geschlechtsspezifischen Lernerfolg. Im Anschluß werden diejenigen Arbeiten behandelt, die sich der weiblichen (Kapitel 3) bzw. männlichen Überlegenheit beim FSL widmen (Kapitel 5). In Kapitel 4 Vgl. den Titel von Thomas HERBST/ Kerstin POPP (Hrsg.): The Perject Leamers' Dictionary (? ). Tübingen: Niemeyer 1999. lFLm.. 32 (2003) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 239 werden die geschlechtsspezifischen Faktoren beim FSL- Motivation und Einstellung, kognitive Stile und Lernstrategien sowie Interaktionen im Fremdsprachenunterricht näher beleuchtet. SCHMENK sieht die Befunde zur Superiorität des einen oder anderen Geschlechts beim FSL sehr kritisch. Im Fazit zu Teil I ihrer Arbeit spricht sie vom „Mythos des besseren Lernergeschlechts" und faßt zusammen, daß „das Geschlecht von Lernenden per se keinen systematischen Einfluß auf das Fremdsprachenlernen hat" (S. 118). Ihre absolut berechtigte - Kritik betrifft vor allem die ausschnitthaften, die eigene Überzeugung bestätigenden Darstellungen der Forschungslage, den Verzicht auf Kommentierung von Widersprüchen, die bloße Auflistung von Arbeiten, die irgendwelche Geschlechtseffekte dokumentieren sowie die retrospektive Entwicklung von Erklärungsansätzen, um das heterogene Bild von Geschlechtsspezifika beim FSL im Sinne der eigenen Überzeugung zu homogenisieren (S. 119). In Teil II der Arbeit, Geschlecht und Fremdsprachenlernen, beschäftigt sich SCHMENK vor allem mit dem Geschlechtsbegriff, wie er in der Fremdsprachenforschung konzipiert wird. Ausgehend von der Unterscheidung sex vs. gender unterzieht sie vier ausgewählte Untersuchungen einer detaillierten Analyse und versucht mit Hilfe interpretativer Verfahren die den Arbeiten jeweils zugrunde liegenden Geschlechtsbegriffe „freizulegen". Sie weist nach, daß sich sowohl FREYs (1997) "geschlechtsspezifische Fremdsprachendidaktik" 1 als auch die Annahme einer weiblichen „Effektivität" im fremdsprachlichen Strategiengebrauch bei ZOURBIR-SHAW/ ÜXFORD (1994) 2 auf deren zugrunde liegendes Wissen über Geschlechterbilder gründet und wertet die Argumentationen der Autorinnen als reduktionistisch, deterministisch und essentialisierend (S. 180). In ihrem Exkurs zum „Hirngeschlecht" in den Neurowissenschaften (S. 163 ff) geht SCHMENK' auf einige wenige, zum Teil schon ältere Arbeiten ein und wendet sich vor allem Studien zum corpus callosum dem verbindenden Balken zwischen linker und rechter Hemisphäre zu, der bei Frauen größer sein soll als bei Männern, was einige Forscher in der Vergangenheit zu der Interpretation veranlaßt hat, daß Frauen leichter auf beide Hemisphären zugreifen können, was wiederum einige als eine sprachliche Überlegenheit von Frauen gewertet haben. Es wird deutlich, daß auch in der Geschichte der Hirnforschung widersprüchliche Thesen zu Geschlechterunterschieden und Lateralität aufgestellt wurden. „ Wir können uns also aufweitere Generationen von Forschern gefaßt machen, die Hirne spalten oder verschiedene durch Coloration sichtbar gemachte elektromagnetische Ströme in Hirnhälften und deren Nervenverbindungen vergleichen, um endlich den neurowissenschaftlichen Beweis für den so felsenfest in ihren Vorstellungen verankerten Glauben zu finden, daß die Geschlechter so verschieden sind wie unsere Geschlechterbilder uns nahe legen" (S. 174). Diese Einschätzung scheint mir etwas überspitzt, weil sie all diejenigen Arbeiten ausblendet, die in ihre erhobenen Daten nicht die unterstellten Geschlechtsunterschiede „hineininterpretieren". M.E. ist es nicht primäres Interesse von Hirnforschern und Neuropsychologen nachzuweisen, daß Gehirne von Frauen und Männern grundsätzlich anders gebaut sind. Vielmehr geht es darum herauszufinden, wie das menschliche Gehirn überhaupt funktioniert, welche Prozesse z.B. bei der Sprachverarbeitung oder beim Lernen im Gehirn ablaufen. Da man verschiedentlich auf signifikante Effekte zwischen den Verhaltensdaten weiblicher und männlicher Probanden gestoßen ist, gehört es mittlerweile zur guten wissenschaftlichen Praxis z.B. bei Messungen zu ereigniskorrelierten Hirnpotentialen (EKP) generell die gleiche Anzahl an Frauen und Männern zu testen, um sicherzugehen, daß nicht zusätzliche Faktoren das untersuchte Merkmal modulieren. Während in der syntaktischen und semantischen Sprachvetarbeitung kaum Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Probanden festgestellt wurden, finden sich doch kleine Effekte über große Stichproben beim Ausdruck und der Verarbeitung emotionaler Informationen Evelyn FREY: "Überlegungen zum geschlechtsspezifischen Deutschlernen" (I). In: Zielsprache Deutsch 28 (1997), 32-36; " Überlegungen zum geschlechtsspezifischen Deutschlernen" (II). In: Zielsprache Deutsch 28 (1997), 99-106. 2 Sadia ZOUBIR-SHAW / Rebecca OXFORD: "Gender Differences in Language Learning Strategy Use in University-Level Introductory French Classes: A Pilot Study Employing a Strategy Questionnaire". In: Carol A. KLEE (ed.): Faces in a Crowd: The Individual Learner in Multisection Courses, Boston, Mass. 1994, 181-214. IFlLwL 32 (2003) 240 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel (z.B. HALL 1978; MANSTEAD 1992). 3 Mit Hilfe von EKP-Studien konnte gezeigt werden, daß Frauen früher emotionale Informationen aus der Sprechmelodie und der Wortsemantik integrieren (vgl. ScmR- MER 2003). 4 SCHMENKs recht pessimistische Einschätzung, "[...] daß es kaum möglich sein dürfte, dauerhaft geltende Regelhaftigkeiten selbst über ein einzelnes Gehirn und seine Verarbeitungssysteme hinsichtlich solch komplexer Phänomene wie Sprache/ Fremdsprache zu formulieren" (S. 168), teile ich nicht. Das hieße, die enormen Fortschritte, die gerade auf diesem Gebiet in der jüngsten Zeit gemacht wurden und werden, zu ignorieren. Ich würde diese Aussage dahingehend relativieren wollen, daß man es bei der Erforschung von Sprachverarbeitung mit hochkomplexen Prozessen zu tun hat, die durch zahlreiche zusätzliche Faktoren beeinflußt werden, die man (noch) nicht immer sauber voneinander trennen kann. Hier stehen Hirnforscher und Neuropsychologen vor einem ähnlichen Dilemma wie Sprachlernforscher, wenn es darum geht, Begriffe wie Motivation adäquat zu operationalisieren oder Einflußvariablen wie Sprachlernvorerfahrungen, Sprachstand, bisher vermittelte Methoden und Einstellungen gegenüber der Fremdsprache entweder gar nicht zu berücksichtigen oder nur ungenügend zu erfassen. Da Sprache so komplex ist, muß man sich in Untersuchungen von Hirnen und Experimenten zur Sprachverarbeitung zwangsläufig aufjeweils kleine Ausschnitte beschränken, um überhaupt bestimmte Aussagen machen zu können. Das scheint insofern unbefriedigend, als es nicht der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes gerecht zu werden scheint. Diese „Sisyphusarbeit" ist aber notwendig, um nach und nach immer größere Teile des „Puzzles" zusammensetzen zu können. Im 4. Kapitel des II. Teils zeigt SCHMENK, daß sich NYIKOS' (1990) Arbeit zur Effektivität bestimmter mnemonischer Strategien für männliche und weibliche Lernende 5 sowie BöRSCHs (1982) qualitative empirische Studie zur unterschiedlichen subjektiven Bedeutung von FSL für Frauen und Männer6 mit „Sozialisationsthesen" befassen, die gender als soziales Korrelat zum biologisch Gegebenen sehen (S. 223). Der Wert von SCHMENKs Arbeit besteht einerseits in dem umfassenden Überblick von bisherigen Arbeiten der FSF zur Kategorie Geschlecht, der·in dieser Ausführlichkeit bisher einmalig ist, und andererseits in ihrer kritischen Analyse des Geschlechterdiskurses in der FSF, in dem sie die Probleme und Unwägbarkeiten aufzeigt, die mit der Erforschung und Erfotschbarkeit von Geschlecht und FSL verbunden sind. Sie legt den Finger auf Mängel in den angewendeten Untersuchungsmethoden und Trugschlüsse in der Interpretation der erhobenen Daten, wenn Geschlecht zu einer meßbaren oder beobachtbaren Variable verallgemeinert wird, intragruppenspezifische Unterschiede ignoriert, monokausale Verbindungen von Hirnstrukturen und Lernstrategieverwendung geschaffen und Lernergeschlecht und Geschlechtermethaphern unreflektiert gleichgesetzt werden, was zu groben Simplifizierungen und Übergeneralisierungen führt. Ihre Ausführungen machen deutlich, daß die Geschlechterkonstruktion in der FSF auf Alltagswissen beruht, das die alltägliche Unterscheidung von zwei Geschlechtern schon voraussetzt, wenn männlich und weiblich als gegensätzliche Pole in zwei Lerntypen kategorisiert werden: „Genauso wenig, wie die Hautfarbe eines Menschen über dessen Charakter oder seine Hirnstrukturen zu 3 Judith A. HALL: "Gender Effects in Decoding Nonverbal Cues". Ih: Psychological Bulletin 4/ 1978, 845-857. Anthony S. R. MANSTEAD: "Gender Differences in Emotion". In: Anthony GALE / Michael W. EYSENCK (eds.): Handbook of Individual Differences: Biological Perspectives. Chichester, UK: John Wiley & Sons Ltd 1992. 4 Annett SCHIRMER: Errwtional Speech Perception: Electrophysiological lnsights into the Processing of Emotional Prosody and Word Valence in Men and Women. Dresden 2003 (MPI Series in Cognitive Neuroscience; 31). 5 Martha NYIKOS: "Sex-Related Differences in Adult Language Learning: Socialization and Memory Factors". Ih: Modem Language Journal 74 (1990), 273-287. 6 Sabine BöRSCH: Fremdsprachenstudium - Frauenstudium? Subjektive Bedeutung und Funktion des Fremdsprachenerwerbs und -studiums für Studentinnen und Studenten. Tübingen 1982. FLllL 32 (2003) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 241 sagen vermag, kann es das Geschlecht." (S. 255). Sie macht deutlich, wie Forschende sich durch ihre eigenen Hypothesen beeinflussen lassen, wenn sie Dinge testen, die sie a priori zu wissen glauben und damit sich selbst erfüllende Prophezeiungen konstruieren, selbst wenn die Ergebnisse ganz andere Schlüsse nahelegen. SCHMENKs Kritik ist sehr heilsam, da sie plausibel macht, daß der bisher eingeschlagene Weg zwangsläufig bereits vorhandene Geschlechtsbilder reproduzieren muß. Sie fordert „die Aufgabe der Vorstellung, daß ,Geschlecht' unmittelbare dichotomisierbare Spezifika aufweist" (S. 225) und schlägt vor, zukünftig vielmehr das Alltagswissen über „Geschlecht" genauer zu erforschen und wie Geschlechterbilder die Wahrnehmung von Fremdsprachenlernern, FSL und fremdsprachlichen Leistungen bei Lehrenden und Lernenden bestimmen und welche Folgen das hat (S. 271). Wer sich zukünftig mit dem Faktor Geschlecht beim FSL beschäftigt, wird an der Arbeit von Barbara Schmenk nicht vorbei können. Leipzig Grit Mehlhorn Bassem Edern ANTIA: Terminology and Language Planning. An Alternative Framework of Practice and Discourse. Amsterdam: Benjamins 2000 (Terminology and Lexicography Research and Practice; 2), xxix + 261 Seiten [79,- $] Bei dem hier zu besprechenden Buch handelt es sich um die leicht überarbeitete Fassung der im Jahre 1999 an der Universität Bielefeld eingereichten Dissertation des Verfassers. Entstanden ist die Arbeit aus dem Bewußtsein eines Bedarfs heraus, dem der Autor in wissenschaftlich fundierter Weise und unter Berücksichtigung neuester Forschungsmethoden gerecht werden will. Im einleitenden Kapitel erläutert Vf. diesen Bedarf, indem er auf die Rolle eingeht, die die Sprachpolitik bei der Identitätsfindung der jüngst entkolonialisierten Länder Afrikas spielt, um dann auf die Bedeutung der Terminologie im Rahmen dieser Sprachpolitik einzugehen: Die terminologische Arbeit soll nicht nur dazu dienen, dem Übersetzer terminologische Ressourcen bereitzustellen; sie soll darüber hinaus den Nachweis erbringen, daß es möglich ist, fachsprachliche Zusammenhänge in der jeweiligen afrikanischen Sprache auszudrücken und so den sozialen Status dieser Sprache zu fördern; schließlich kann sie den Wissenstransfer fördern, der in den jüngeren afrikanischen Demokratien die Beteiligung der weniger sozial favorisierten Bevölkerungsschichten am öffentlichen Leben gewährleistet. Diesem Anspruch werden die bisher erstellten Terminologieressourcen nur in beschränktem Maße gerecht. ANTIA zeigt dies beispielhaft am nigerianischen Quadrilingual Glossary of Legislative Tenns auf, indem er mit Hilfe introspektiver Methoden die Unzulänglichkeit dieser Ressource sowohl als übersetzerisches Hilfsmittel als auch als Mittel zum Wissenstransfer aufzeigt. Die Notwendigkeit dieses Wissenstransfers ergibt sich aber besonders für den Übersetzer, der den zu übersetzenden Text als Laie verstehen muß (wie z.B. von den Theoretikern der „Pariser Schule", auf die sich der Vf. u.a. stützt, immer wieder hervorgehoben wird). Der Grund für diese Unzulänglichkeit liegt wie aus ANTIAs empirischer Untersuchung hervorgeht in der mangelnden wissenschaftlichen Fundierung der Ressourcen und in der mangelhaften Wissenspräsentation: Zum einen bedarf es für den Wissenstransfer einer konzeptuell strukturierten Darstelluhg, in der die vielfältigen Beziehungen zwischen den verschiedenen Termini eines Begriffsfeldes sichtbar werden. Zum anderen benötigt der Übersetzer eine Ressource, in der die Termini als solche aufgrund einer wissenschaftlich fundierten Identifizierung ermittelt werden (was vor allem im Bereich der aus mehreren Elementen bestehenden Termini wichtig ist). Die Termini müssen dabei mit einer Definition versehen, kontextuell und kollokationnel eingebettet und durch Quellentexte belegt sein. ANTIA erstellt eine derartige zweisprachige Ressource beispielhaft für die Sprachen Englisch-Efik / Efik-Englisch. Hervorzuheben sind bei dieser Arbeit drei wesentliche Aspekte, die ihr als einer sprachpolitisch eingebetteten Terminologiearbeit wegweisenden Charakter verleihen: IFLwL 32 (2003) 242 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 1. Die auf empirischer Basis erstellte Bedarfsanalyse ist Garant für Realitätsnähe. Es wird nicht an den Problemen vorbeigeforscht. Nicht unerwähnt bleiben darf, daß erstmals die von KRINGS (1986) zur Erforschung der beim Übersetzen ablaufenden Denkprozesse eingeführte Methode des „Lauten Denkens" auch im Bereich der Übersetzung von Fachtexten angewendet wird, wobei Vf. der an Krings' geübten Kritik insofern Rechnung trägt, als er die mit Hilfe des „Individuellen Lauten Denkens" erzielten Ergebnisse einer Überprüfung durch „Dialogisches Lautes Denken" unterzieht. 2. Die breit angelegte theoretische Diskussion, setzt sich nicht nur eingehend mit der terminologischen Begrifflichkeit auseinander, sondern bettet diese ein in den größeren Rahmen allgemeiner semantischer und textlinguistischer Theorien sowie der Kollokationsforschung neuesten Datums. Desgleichen fußt auch die unter dem Aspekt des Wissenstransfers angelegte Darstellung der Termini in der Ressource auf breiteren Überlegungen epistemologischer Natur. 3. Im Bereich des Terminologiemanagement begnügt sich Antia nicht mit der herkömmlichen Darstellung als Thesaurus bzw. als Terminologiesarnmlung für Übersetzer, sondern testet und vergleicht die neuesten maschinellen Terminologiemanagementsysteme, die sich zum Teil noch im experimentellen Stadium befinden, so z.B. das von Forschem der University of Surrey entwickelte System "Quirk", das über die thesaurierende Funktion hinaus sich auch in ökonomisch optimalen Verfahren mit Problemen der Termextraktion und der graphischen Darstellung von terminologischen Feldern unter dem Gesichtspunkt des Wissenstransfers befaßt. Mit derselben Akribie wurden weitere existierende Terminologiemanagementsysteme untersucht und verglichen, um schließlich für eine Lösung optieren zu können, die sich stark an die von der Firma TRADOS (Stuttgart) unter dem Namen "MultiTerm" entwickelte Software anlehnt. Aufbauend auf diesen Grundlagen wird exemplarisch eine terminologische Ressource erstellt, die (1) die wissenschaftlich erschöpfend fundiert ist und somit einen wertvollen Beitrag zur Terminologieforschung liefert, die (2) dem Praktiker aufgrund ihrer Benutzerfreundlichkeit leicht zugänglich ist (ein für den Übersetzer von Fachtexten äußerst wichtiger ökonomischer Aspekt, da er die zeitraubende Suche nach Originaltexten erspart), und die sich (3) aufgrund ihrer konzeptuell gegliederten und graphisch untermauerten Darstellung, die die vielfachen Beziehungen zwischen den zu einem terminologischen Netz gehörenden Elementen transparent macht, auch vorzüglich zum Wissenstransfer eignet. Die von Antia so erreichte Wissenspräsentation läßt sich leicht auf andere Wissensbereiche übertragen und didaktisch fruchtbar machen. Im politisch-kulturellem Bereich steht Antias Arbeit in vollem Einklang mit dem von der UNESCO angestrebtem Ziel der Förderung afrikanischer Sprachen über das Medium der Terminologiearbeit, wodurch der wissenschaftliche Status dieser Sprachen gehoben wird, wie Vf. es in seiner Arbeit am Beispiel namhafter afrikanischer Intellektueller, die sich für dieses Ziel eingesetzt haben, auch überzeugend dargestellt hat. Insofern ist das hier entwickelte Modell für das Terminologiemanagement in Afrika wegweisend, indem es auf die besonderen Schwierigkeiten in diesem politisch-kulturellen Rahmen eingeht, und zwar in den verschiedenen Stadien der Terminologiearbeit: von der Berücksichtigung der Empfindlichkeiten der verschiedenen am Terminologiemanagement beteiligten institutionellen Akteure, über ein die Belegstellensicherung förderndes Textmanagement, bis hin zu einer die orthographischen Probleme bei der Niederschrift schriftlich oft unzureichend standardisierter Sprachen berücksichtigenden Wissenspräsentation. Fazit: Die Westfälisch-Lippische Universitätsgesellschaft hat ANTIAs Arbeit mit dem Dissertationspreis 1999 gewürdigt. The International Information Centre for Terminology - Infoterm hat ihm den "International Iufoterm Award for Outstanding Achievement in Applied Research and Development in the Field of Terminology" für das Jahr 1999 verliehen. Ein Buch, mit dem sich jeder Terminologe auseinandersetzen sollte. Bielefeld Bernd Stefanink IFLlllL 32 (2003) Neuerscheinungen • Eingegangene Bücher (und CD-ROMs) 243 Eingegangene Bücher (und CD-ROMs)* BAUMBUSCH, Ellen/ LAUB, Hansjörg: Liebesgedichte: 7.18. Schuljahr. Kopiervorlagen und Materialien. Berlin: Comelsen Scriptor 2002 (Lernen an Stationen in der Sekundarstufe I), 53 Seiten. BAUSCH, Karl-Richard/ CHRIST, Herbert/ KRUMM, Hans-Jürgen (Hrsg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht. Vierte, vollständig neu bearbeitete Auflage. Tübingen & Basel: Francke 2003 (UTB 8043), XVIII+ 655 Seiten. (**) BREILMANN, Sybille / GRUNOW, Cordula / SCHOPEN, Michael (Hrsg.): Computer, Internet & Co. im Deutschunterricht ab Klasse 5. Berlin: Comelson Scriptor 2003 (Neue Medien im Fachunterricht), 232 Seiten. DETHLOFF, Uwe/ WAGNER, Horst: Die französische Grammatik. Regeln, Anwendung, Training. Mit CD- ROM. Tübingen & Basel: .Francke 2002 (UTB 8135), XXVI+ 771 Seiten(**). ECKERTH, Johannes: Fremdsprachenerwerb in aufgabenbasierten Interaktionen. Tübingen: Narr 2003 (Tübinger Beiträge zur Linguistik; Band 466), 378 Seiten (**). KÄMPER-VAN DEN BüüGAART, Michael (Hrsg.): Deutsch-Didaktik. Leitfaden für die Sekundarstufe I und II. Berlin: Comelsen Scriptor 2003, 320 Seiten. LANGENSCHEIDTS e-Handwörterbuch Französisch. Völlige Neuentwicklung. München [etc.]: Langenscheidt 2003. CD-ROM. (**) MANN, Renate/ SAßMANN, Beate (Hrsg.): Deutschunterricht: kreativ. Kopiervorlagen für das 7./ 8. Schuljahr. Berlin: Comelsen Scriptor 2003 (Comelsen Copy Center Deutsch), 96 Seiten. SCHMENK, Barbara: Geschlechtsspezifisches Fremdsprachenlernen? Zur Konstruktion geschlechtsspezifischer Lerner- und Lernbilder in der Fremdsprachenforschung. Tübingen: Stauffenburg 2002 (Forum Sprachlehrforschung; Band 4), 286 Seiten. (*) Das Sternchen(*) hinter einem Buch verweist auf den Rezensionsteil. Ein doppeltes Sternchen(**) deutet an, daß eine Besprechung für den Jahrgang 33 (2004) vorgesehen ist. JF]L11JJL 32 (2003) Informationen • Vorschau 20. Kongress für Fremdsprachendidaktik vom 1. bis 4.10.2003 Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main BRÜCKEN SCHLAGEN SPRACHEN ! FÄCHER IINSTITUTIONEN 1 Fremdsprachenunterricht und Lehrerbildung befinden sich in einer Zeit des Übergangs und des Umbruchs: Vielfältige neue didaktische Ansätze werben um Aufmerksamkeit - und eine neue Generation von Lehrenden gibt ihnen auch ein neues Gesicht. Grund genug, Brücken zu schlagen zwischen Personen, die sich an verschiedenen Institutionen, in unterschiedlichen Fächern und Disziplinen dieser Herausforderung stellen. · Plenarvorträge Claire Kratnsch (Berkeley, USA): The go-between Hans-Jürgen Krumm (Wien): Sprache und Integration Henry Widdowson (Wien/ London): Foreign language study: subject and discipline Themen der Sektionen und Arbeitsgruppen Fremdsprachen in der Grundschule und danach- Lernen im bilingualen Unterricht eine Baustellendidaktik? - Sprachliches Gesamtcurriculum - Lernziel 'kommunikative Kompetenz' heute - Neue Medien, neue Lernumgebungen - Fremdsprachenlerntheorien und Fremdsprachenunterricht- Literaturdidaktik im Dialog - Neue anglophone und frankophone Kulturen und Literaturen im Fremdsprachenunterricht - Sprachwissenschaft und Fremdsprachenunterricht - Brückenschläge in der Lehrerbildung - Zweitsprachen und Fremdsprachen - Qualifikationsprofile und Qualitätssicherung - Berufsorientierung im Fremdsprachenunterricht - Fremdsprachenausbildung an Hochschulen - Fremdsprachenunterricht in Zeiten des Nationalismus - Frühbeginn: Fortschritt durch Forschung? - Lernen durch Schülerbegegnungen und Schulkontakte - Interkulturelle Medienanalyse für die Oberstufe - Lehrwerke zwischen Rückschritt und Fortschritt -Lernerkonstruktionen: Menschenbilder und Forschungsmethoden - Muttersprachler im Russischunterricht - Narration als Verfahren zum Lehren und Lernen fremder Sprachen - Eine Übersicht über die Sektionen und Arbeitsgruppen finden Sie auf der Website des Kongresses: wsww.uni-frankfurt.de/ dgff-kongress bzw. auf der Homepage der DGFF www.dgff.de. Anfragen an Prof. Dr. Jürgen Quetz oder Prof. Dr. Gert Solmecke: dgft2003@em.uni-frankfurt.de. Dort können Sie sich auch über Tagungsbeiträge, Anfahrt, Unterkunft u.a. informieren. Meldungen für Vorträge oder Beiträge richten Sie bitte an die Sektionsleitungen, deren Mail-Adressen Sie auf der Kongress-Website finden. FLllL 32 (2003) Informationen • Vorschau 245 Wie sich einige unserer treuen Leser/ innen sicher erinnern, wurden die Bielefelder Beiträge zur Sprachleh,forschung (BBS) im Jahre 1987 durch Fremdsprachen Lehren und Lernen (FluL) abgelöst. Dem seinerzeit neu formierten Herausgeberteam ging es dabei weniger um die Fortführung der BBS unter einem neuen Titel, als vielmehr um eine grundlegende konzeptionelle Erneuerung, die ihren Niederschlag vor allem in der gemeinsam von GERT HENRICI und EKKEHARD ZöFGEN entwickelten veränderten inhaltlichen Struktur (Themenschwerpunkte sowie Rubriken mit wechselnder Gewichtung) finden sollte. In einem für Fachzeitschriften immer schwieriger werdenden Markt hat FLuL sich inzwischen einen festen Platz erobert, wobei der 1992 erfolgte Wechsel zum Gunter Narr Verlag Tübingen nicht unwesentlich dazu beigetragen haben dürfte, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Während die Verantwortung für den jeweiligen Themenschwerpunkt in den ersten Jahren nach der Umstellung ausschließlich in den Händen der Herausgeber lag, stellte der Jahrgang 24 (1995) insofern einen Wendepunkt dar, als der thematische Teil "Kontrastivität und kontrastives Lernen") erstmals von einem Gastherausgeber, nämlich CLAUS GNUTZMANN (Braunschweig), betreut wurde. Zu den Mitarbeitern, die danach als Gastkoordinatoren gewonnen werden konnten, zählen so renommierte Fachdidaktiker wie WILLIS J. EDMON- SON und JULIANE HOUSE (Hamburg), INEZ DE FLORIO-HANSEN (Kassel), ERWIN TSCHIRNER (Leipzig) RÜDIGER GROTJAHN (Bochum) sowie last but not least - FRANK G. KÖNIGS (Marburg), der seit nunmehr drei Jahren der Redaktion angehört und gleichzeitig als Mit-Herausgeber fungiert. Gesundheitliche Gründe, die im Herbst 2001 zu seiner frühzeitigen Emeritierung führten, veranlassen GERT HENRICI, sich als Herausgeber zurückzuziehen eine Entscheidung, die ihm nach eigenem Bekunden „wahrlich nicht leicht gefallen ist". Als sein langjähriger Weggefährte und Mitstreiter im Kampf um das Überleben der Zeitschrift bedaure ich diesen Schritt nicht zuletzt auch deshalb, weil ich aufgrund des vertrauensvoll-freundschaftlichen Verhältnisses, das uns von Beginn an verband, gern und gewinnbringend mit ihm zusammengearbeitet habe. Es ist hier sicher nicht der Ort, Gert Henricis wissenschaftliche Verdienste zu würdigen', die er sich vor allem im Hinblick auf die Stärkung der Fremdsprachendidaktik als wissenschaftliche Disziplin durch sein engagiertes Eintreten für eine theoretisch-empirisch ausgerichtete Zweitsprachenerwerbsforschung bzw. fremdsprachenerwerbsspezifische Wirkungsforschung erworben hat. Diesem Anliegen fühlen sich die Herausgeber weiterhin verpflichtet. Ziel dieser Zeitschrift bleibt auch künftig, ein Informationsmittel und Diskussionsforum für alle diejenigen zu sein, die theoretisch und empirisch das Lehren und Lernen von Zweit-/ Fremdsprachen untersuchen und/ oder die an Beiträgen zu deren praktischer Verbesserung interessiert sind. Ekkehard Zöfgen Dies geschah im übrigen durch die Veröffentlichung einer Festschrift, die Gert Henrici zu seinem 60. Geburtstag im Januar 2001 gewidmet ist (Karin AGUADO / Claudia RIEMER (Hrsg.): Wege und Ziele. Zur Theorie und Praxis des Deutschen als Fremdsprache (und anderer Fremdsprachen). [ ...]. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2001 (Perspektiven Deutsch als Fremdsprache; Band 15)). lFLl.lllL 32 (2003) 246 Informationen • Vorschau Der von ERWIN TSCHIRNER (Universität Leipzig) koordinierte Themenschwerpunkt für Jahrgang 33 (2004) heißt „Wortschatz - Wortschatzerwerb - Wortschatzlernen". Arbeiten zum (bilingualen) mentalen Lexikon, : .,ur Gliederung von Wortschätzen und zur Theorie und Praxis des Wortschatzerwerbs und -lernens häufen sich seit mehreren Jahren und der Wissenszuwachs auf diesen Gebieten ist enorm. So ist es an der Zeit, diesem wichtigen Thema nach Wortschatz und Wortschatzlernen (FluL, Jg. 16 (1987), herausgegeben von Ekkehard Zöfgen) einen weiteren thematischen Schwerpunkt zu widmen. Der nächste Band stellt theoretische und empirische Arbeiten zu den Bereichen, die besonders relevant für das Fremdsprachenlehren und -lernen sind, zusammen. Dazu gehören die Gliederung von muttersprachlichen Wortschätzen und von Lemerwortschätzen und die Frage, welche Teile oder Aspekte auf welchen Niveaustufen und für welche Zwecke besonders wichtig sind. Dazu gehören Fragen zum Wortschatzerwerb und zur Entwicklung zweitsprachlichen lexikalischen Wissens. Dazu zählen aber auch die Rolle des bewußten Lernens und die Rolle von Vokabellemstrategien ebenso wie Fragen der Unterrichtsgestaltung, der Progression und der Gliederung, Darstellung und Übung von Wortschätzen mit traditionellen ebenso wie mit multimedialen und vernetzten Lehr- und Lernmaterialien. Ebenso dazu gehören Fragen der Wortstandmessung und allgemeiner der Evaluierung zweitsprachlicher lexikalischer Kompetenzen. Die Beiträge im nächsten Themenband geben theoretisch reflektierte und empirisch fundierte Antworten auf diese Fragen, zu unterschiedlichen Fremdsprachen und aus unterschiedlichen Perspektiven. Bei Redaktionsschluß lagen Zusagen von folgenden Autoren und Autorinnen vor, wobei die Themen aufgrund des frühen Erscheinungstermins dieses Jahrgangs im einzelnen noch nicht feststanden: KARIN AGUADO (Universität Bielefeld) JENS BAHNS (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) HANS BICKES (Universität Hannover) PETER ECKE (University of Arizona, Tucson, Arizona) lNEZ DE FLORIO-HANSEN (Universität Gh Kassel) BRIGITTE HANDWERKER (Humboldt Universität Berlin) RANDALL JONES (Brigham Young University, Provo, Utah) MADELINE LUTJEHARMS (Vrije Universiteit Brüssel) FRANZ-JOSEPH MEißNER (Justus-Liebig Universität Gießen) GERHARD NEUNER (Universität Gh Kassel) MARGARETE ÜTT (Universität Osnabrück) „Neokommunikativer'' Fremdsprachenunterricht lFLlllL 32 (2003) OTTMAR K. SIEGRIST Wörterbuch der englischen Falschaussprachen durch Deutschsprachige 2003. I20 Seiten. (Sprachwissenschaftliche Studienbücher) Kart. € I5,- ISBN 3-8253-I455-3 Das Wörterbuch enthält ca. 2200 englische Wörter und Namen, die von deutschsprachigen Lernern und Benutzern des Englischen häufig falsch ausgesprochen werden. Die Einträge sind folgendermaßen strukturiert: englisches Stichwort, deutsches Ühersetzungsäquivalent, übliche Falschaussprache(n), richtige Aussprache(n). Zielnorm ist die BBC pronunciation. Das Wörterbuch wendet sich an Studierende der Anglistik/ des Englischen an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Dolmetscherinstituten, Fachhochschulen und Berufsakademien, an Lehrerinnen und Lehrer des Universitätsverlag • WINTER Heidelberg Englischen aller Schularten, an leistungsstarke Lernende der gymnasialen Oberstufe sowie an alle Personen, für die die Sprache Englisch berufliche Notwendigkeit oder Hobby ist. Bitte fordern Sie unseren ausführlichen Neuerscheinungsprospekt und das Gesamtverzeichnis an oder besuchen Sie uns im Internet! Bianca M. Battaggion / Elisabetta Fontana / Carla Tabaglio PrimoPiano Lehr- und Arbeitsbuch Italienisch für Anfänger Unter Mitwirkung von BERND KIELHÖFER und MARIA GIOVANNA TASSINARI 2003. X, 342 Seiten. Kart. € 19.80. ISBN 3-484-50392-0 Audio-CD. € 19.80 (.fPr). ISBN 3-484-97500-8 »Primo Piano« ist ein Lehr-und Arbeitsbuch für deutschsprachige Studierende, die sich in relativ kurzer Zeit (ca. 120 Unterrichtsstunden) auf ein Italienischstudium in Deutschland bzw. auf ein Studium in Italien vorbereiten möchten. Das Buch ist so konzipiert, dass der Unterrichtsstoff in ein bis zwei Semestern bewältigt werden kann. »Primo Piano« vermittelt zunächst die Kommunikationsfähigkeiten für (studentische) Alltagssituationen, dabei werden die grammatischen Basisstrukturen und der Elementarwortschatz des Italienischen (mit dem Schwerpunkt ,Studium,) von ca. 3.000 Wörtern erlernt. Von dieser Basis ausgehend kann der fachspezifische Wortschatz und die fachspezifischeTextkompetenz bei Studienbeginn ausgebaut werden. Das Buch geht schnell voran und greift bewusst aufandere Sprachkenntnisse zurück (besonders Deutsch, Französisch, Englisch). Grammatische Grundstrukturen des Italienischen werden in kurzen Einschüben vermittelt. Diese sind bis einschließlich unitci 7 in deutscher Sprache formuliert (deutsch/ italienisch), ab unitci 8 ist ausschließlich Italienisch die grammatische Metasprache. Auf Wortlisten mit italienisch-deutschen Vokabelgleichungen wurde in »Primo Piano« bewusst verzichtet, um gleich von Beginn an die selbstständige Benutzung von Wörterbüchern und Grammatiken des Italienischen einzuüben. Als Ergänzung zum Lehrbuch gibt es eine Audio-CD mit Hörtexten, die alle in »Primo Piano« abgedruckten Dialoge enthält, zusätzlich ausgewählte narrative und poetische Texte, die von Muttersprachlern und zum Teil auch von fremdsprachigen Lernenden gesprochen werden. Auf der CD sind verschiedene Stimmen zu hören, die in unterschiedlicher Prosodie und Geschwindigkeit Aussprachevariationen zu Gehör bringen und zur Imitation durch lautes Üben anregen. Gesamtlaufzeit der CD: 43: 11 Min. Max Niemeyer Verlag GmbH · Postfach 2140 • 72011 Tübingen Tel 07071- 98 94 94 • Fax 98 94 50 • E-mail order@niemeyer.de Fremdsprachen Lehren und Lernen (FLuL) Themenschwerpunkte (1987-2005)* Jg . 16 ( 1987): Wortschatz und Wortschatzlernen (hrsg. von Ekkehard Zöfgen) Jg. 17 (1988): Übersetzung und Übersetzen (hrsg. von Ekkehard Zöfgen) Jg . 18 ( 1989): Historisch e Sprachstufen (hrsg. von Kurt Otto Seidel) Jg . 19 ( 1990): Fachsprachen und ihre Vermittlung (hrsg. von Gert Henrici und Ekke hard Zöfge n) Jg . 20 (1991): Grammatik und Grammatiklernen (hrsg. von Ekkehard Zöfgen) J g. 21 ( 1992 ): Idiomatik und Phraseologie (hrsg. von Ekkehard Zöfgen) Jg. 22 ( 1993): Fehleranalyse und Fehlerkorrektur (koord. von Gert Henrici und Ekkehard Zöfgen) Jg. 23 ( 1994): Wörterbücher und ihre Benutzer (koord. vo n Ekkehard Zöfgen) Jg. 24 ( 1995): Kontrastivität und kontrastives Lernen (koord. von Claus Gnutzmann) Jg. 25 ( 1996): In novativ-alternative Methoden (koord. von Gert Henrici) J g. 26 ( 1997): Language Awareness (koord. von Willis J. Edmond son und Juliane House) J g. 27 ( 1998): Subjektive Theo rien von Fremdsprachenlehrern (koord. von lnez De Florio-Hansen) Jg . 28 ( 1999): Neue Medien im Fremdsprachenunterricht (koord. von Erw in Tsc hirn er) Jg. 29 (2000): Position en (in) der Fremdsprachendidaktik (koord . von Frank G. Königs ) Jg. 30 (200 1 ): Leistungsmessung und Leistungsevaluation (koord . von Rüdiger Grotjahn) Jg. 31 (2002): Lehrerausbildung in der Diskussion (koord. von Frank G. Königs und Ekkehard Zöfgen) Jg. 32 (2003): Mündliche Produktion in der Fremdsprache (koord. von Karin Aguado u.a. ) Jg. 33 (2004): Wortschat z- Wortschat ze rwerb - Wortschatzlernen (koord. von Erw in Tschirner) [i.V.] J g. 34 (2005): ,.Neokommunikativer" Fremdsprachenunterricht [geplant] * Bi s Jg. 15 ( 19 86) einschließlich wurde die Zeitschrift unter dem Ti tel Bielefelder Beiträge zur Sprachlehrforschung vertrieben Hinweise zu Beiträgen für FLuL FLuL begrüßt Beiträge zu Forschung und Unterric ht aus a ll en für den Fremdsprachenunterri cht a n der Hochschule relevanten Bereichen sow ie zum Fremdsprachenlehren/ -lernen im Ausland. Grundlage für jeden Beitrag sollte ein e ausreiche nde wissenschaft li che Fundi erun g mit unmittelbarer oder mittelbarer Relevanz des Gegenstandes für die fremd sprachenunterrichtliche Tätigkeit an der Hochschule sein . Beiträge, die den schu li sc hen Fre mdsprac hen unterricht zusätzlich zur Reflexion sgröße erheben, sind gleichermaßen willkommen. Einzelheiten zur Gestaltung der Manuskripte si nd dem ausfü hrli chen 'style sheet ' zu entne hmen, das bei der Redaktion (Anschrift siehe 2. Umschlagseite) angefordert werden kann. Fremdsprachendidaktik Johannes Eckerth Fremdsprachenerwerb in aufgabenbasierten Interaktionen Tübinger Beiträge zur Linguistik 466 , 2003 , 378 Seiten , € 48,- / SFr 79 ,30 ISBN 3-8233-5762-X Im Mittelpunkt der Studie stehen Fremdsprachenlerner, die über einen längeren Zeitraum eigens entwickelte, kommunikativ und grammatikorientierte Aufgaben in Lernerpaaren durchführen. Untersucht wird, welche Lernprozesse dabei aktiviert werden, auf welche Wissensressourcen zurückgegriffen und welche kurz- und mittelfristigen Lernerfolg~ erzielt werden. Zu diesem Zweck wird ein Mehrmethodenansatz entwickelt, der nicht nur unterschiedliche qualitativ-interpretative Verfahren kombiniert, sondern diese auch mit quantitativen Verfahren zusammenführt. Hiermit können sowohl individuell unterschiedlich genutzte Lernpotenziale der aufgabenbasierten Interaktion als auch tatsächliche Lernerfolge erfasst und beschrieben werden.1\leben einer theoretisch und methodologisch orientierten Diskussion der Untersuchungsergebnisse bietet die Arbeit auch Vorschläge zu deren didaktischer Umsetzung . ISSN 0932-6936 ISBN 3-8233-5953-3 Gunter Narr Verlag Tübingen Postfach 2567 • D-72015 Tübingen • Fax (07071) 75288 Internet: ht~p: / / www.narr.de • E-Mail: info@narr.de