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Fremdsprachen Lehren und Lernen
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
2015
441 Gnutzmann Küster Schramm
(Fortsetzung umseitig) Themenschwerpunkt: Wi s s e n s c h a f tli c h e s S c hr e i b e n i n d e r F r e m d s pr a c h e Koordination: Claus G NUTZMANN C LAUS G NUTZMANN Zur Einführung in den Themenschwerpunkt ............................................................ 3 C LAUS G NUTZMANN , J ENNY J AKISCH , F RANK R ABE Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen - Eine Interviewstudie mit Wissenschaftlern, Herausgebern und Verlagsmitarbeitern ....................................... 9 J ULIA H ÜTTNER Communicative purpose in student genres: Evidence from authors and texts .......... 29 N ICOLA O WTRAM Raising awareness of academic writing styles: helping doctoral students find their voices in the Academy .............................................................................. 44 A NTHONY B ROWN Teaching advanced writing through the application of transitivity and nominal grouping as defined in systemic functional linguistics ............................... 55 D IRK S IEPMANN Unter- und Überrepräsentation zielsprachlicher Merkmale in englisch- und französischsprachigen Texten deutscher Wissenschaftler: Quantitative und qualitative Aspekte ................................................................................................... 68 C HRISTINE S. S ING “My own summary is definitely less scientific but more easy to grasp”: ESP writing and disciplinary identity ....................................................................... 82 44. Jahrgang (2015) • Heft 1 Herausgeber: Claus G NUTZMANN (Braunschweig), Frank G. K ÖNIGS (Marburg), Lutz K ÜSTER (Berlin) © 2015 Narr Francke Attempto Verlag www.flul-online.de 44 (2015) • Heft 1 M ELANIE M OLL Studentische Textproduktionen in der fremden Wissenschaftssprache Deutsch ...... 96 D AGMAR K NORR , K ARL -H EINZ P OGNER Vom Schreiben zum „Texten“. Akademische Textproduktion unter den Bedingungen von Mehrsprachigkeit ......................................................................... 110 Ni c ht t h e m a ti s c h e r T e il D AVID G ERLACH Inklusion im Fremdsprachenunterricht. Zwischen Ansprüchen und Grenzen von Heterogenität, Fachdidaktik und Unterricht(srealität) ....................................... 123 B u c h b e s pr e c h u n g e n • R e z e n s i o n s artik e l Roman B ARTOSCH , Andreas R OHDE : Im Dialog der Disziplinen. Englischdidaktik - Förderpädagogik - Inklusion. Trier: WVT 2014 (D AVID G ERLACH ) .................................... 138 Annette B ERNDT (Hrsg.) (2013): Fremdsprachen in der Perspektive lebenslangen Lernens. Frankfurt/ M. [etc.]: Lang (K AREN S CHRAMM ) ........................................................ 140 Julia S ETTINIERI , Sevilen D EMIRKAYA , Alexis F ELDMEIER , Nazan G ÜLTEKIN -K ARAKOÇ , Claudia R IEMER (Hrsg.): Empirische Forschungsmethoden für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Eine Einführung. Paderborn: Schöningh 2014 (S ABINE H OFFMANN ) .............. 142 Uwe K OREIK , Aysel U ZUNTAŞ , Sevinç H ATIPOĞLU (Hrsg.): Fremd- und Fachsprachenunterricht. Studienvorbereitender und studienbegleitender Deutschunterricht für fremdsprachige Studiengänge. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2014 (A NDREAS H ETTIGER ) ............................................................................................................. 144 Inf orm a ti o n e n • Vo r s c h a u 148 44 (2015) • Heft 1 © 2015 Narr Francke Attempto Verlag C LAUS G NUTZMANN * Zur Einführung in den Themenschwerpunkt Dieses Heft behandelt Schreibprobleme, die vor allem Studierende an deutschsprachigen Universitäten und Hochschulen beim Verfassen fremdsprachlicher wissenschaftlicher Texte haben. Nicht nur persönliche Wahrnehmungen von Lehrenden bestätigen das Vorhandensein dieser Probleme, sondern auch empirische Befunde, auf denen die Mehrzahl der Beiträge des vorliegenden Heftes basiert. Dadurch, dass in den meisten Studiengängen in Deutschland die deutsche Sprache als mündliche und schriftliche Unterrichtssprache verwendet wird, tritt dieses Schreibproblem zunächst einmal für das Deutsche als Wissenschaftssprache auf, und zwar sowohl bei Studierenden mit deutscher als auch nicht-deutscher Muttersprache. Mittlerweile hat sich im deutschen Wissenschaftsbetrieb, zuerst in der Forschung, dann aber in wachsendem Umfang auch in der Lehre, das Englische als Wissenschaftssprache etabliert. Allerdings gibt es keinen Grund zur Annahme, dass Studierende mit Schreibschwierigkeiten in der Muttersprache wissenschaftliche Texte in einer Fremdsprache mit größerer Leichtigkeit verfassen könnten. Im Gegenteil: Es ist davon auszugehen, dass sich Schreibschwierigkeiten durch die ‚Fremdsprachenbarriere‘ in diesem Bereich noch erheblich vergrößern. Insofern haben wir es bei unserem Thema mit einer Problemstellung zu tun, die prinzipiell die erst- und zweitsprachlichen Schreibkompetenzen von Studierenden betrifft. Sie zeigt sich bei Studierenden, die das Deutsche als Fremdsprache in der Hochschulkommunikation verwenden, die englischsprachige Lehrveranstaltungen in vorwiegend deutschsprachigen Studiengängen besuchen oder in einem internationalen, sehr häufig englischsprachigen Studiengang in Deutschland oder im Ausland studieren. (vgl. G NUTZMANN 2007, 2012). Das Thema des wissenschaftlichen Schreibens und Publizierens sowie die damit verbundenen Schreibschwierigkeiten sind nicht nur für Studierende, sondern ebenso für Lehrende und Wissenschaftler/ innen von Bedeutung. Obwohl im öffentlichen Hochschuldiskurs bisher eher wenig kommuniziert wurde, dass auch Wissenschaftler mit den Tücken des fremdsprachlichen Schreibens zu kämpfen haben, ist das Interesse an der Erforschung dieser Schreibprobleme und des Umgangs der Wissenschaftler mit ihnen inzwischen gewachsen. Fragen, wie sehr Nichtmuttersprachler des Englischen in * Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Claus G NUTZMANN , Technische Universität Braunschweig, Englisches Seminar, Bienroder Weg 80, 38106 B RAUNSCHWEIG . E-Mail: c.gnutzmann@tu-braunschweig.de Arbeitsbereiche: Das Englische als Welt- und Wissenschaftssprache und seine Vermittlung, Fachsprachen, Englische Grammatik und ihre Didaktik, Kontrastive Linguistik und Fehleranalyse, Language Awareness. Wissenschaftliches Schreiben in der Fremdsprache 4 Claus Gnutzmann 44 (2015) • Heft 1 der internationalen Wissenschaftskommunikation fachlich und kommunikativ benachteiligt sind, wie die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen auf dieses Phänomen der kommunikativen Benachteiligung von nichtmuttersprachlichen Autoren reagieren oder welche Nachteile, neben den Vorteilen, möglicherweise mit der Internationalisierung des Wissenschaftsbetriebs verbunden sind, werden zunehmend diskutiert. Dass diese Herausforderungen allerdings nicht nur durch die Fremdsprache hervorgerufen werden, sondern ebenfalls von den jeweiligen Fachdisziplinen geprägt werden, ist mittlerweile durch die internationale Forschung offengelegt worden (H YLAND 2004, 2012; H YLAND / B ONDI 2006; K UTEEVA / M AURANEN 2014). So konnte etwa vielfach belegt werden, dass Vertextungen im Genre „wissenschaftlicher Zeitschriftenaufsatz“ in Verbindung mit der Epistemologie, den Werten und den Methoden eines Faches gebracht werden können. Das vorliegende Themenheft beschäftigt sich mit einer Auswahl der eben skizzierten Probleme des wissenschaftlichen Schreibens in der Fremdsprache. Es nimmt dabei unterschiedliche Zielgruppen (Studierende und Lehrende), Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch) und Fächer/ Fächergruppen (Natur-, Ingenieur-, Sozial- und Geisteswissenschaften) in den Blick. Insgesamt enthält das Heft acht Beiträge, wobei es wahrscheinlich nicht überrascht, dass das Thema des wissenschaftlichen Schreibens in der Fremdsprache in erster Linie, insgesamt siebenmal, als eine Herausforderung für die Studierenden gesehen wird. Der Beitrag von C LAUS G NUTZMANN , J ENNY J AKISCH und F RANK R ABE behandelt die Thematik mit Blick auf deutsche Wissenschaftler (Doktoranden, Postdocs, Professoren), die auf Englisch veröffentlichen (wollen oder müssen). Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die Tatsache, dass englischsprachige Publikationen in internationalen Fachzeitschriften heute in den meisten Fächern als entscheidender Indikator für den beruflichen Erfolg von Wissenschaftlern gelten. Im Unterschied zu Kollegen, die Englisch als Muttersprache sprechen und über einen vergleichbaren akademischen Hintergrund verfügen, sind Nichtmuttersprachler mit zusätzlichen kommunikativen Anforderungen konfrontiert. Das von der VolkswagenStiftung geförderte und an der TU Braunschweig durchgeführte Projekt „Publish in English or Perish in German? Wissenschaftliches Schreiben und Publizieren in der Fremdsprache Englisch“ untersucht die Konsequenzen dieser Entwicklung in zwei komplementären Teilprojekten. Im ersten Teilprojekt stehen Herausforderungen, Problemlösungsstrategien und handlungsleitende Einstellungen deutschsprachiger Wissenschaftler bei der schriftlichen Verwendung des Englischen in Fachtexten im Vordergrund. Das zweite Teilprojekt erforscht den Einfluss wissenschaftlicher Anglophonie auf das Publikationswesen, indem Auswirkungen auf die Sprachenpolitik und -praxis von Verlagen und der Umgang mit Manuskripten von Nichtmuttersprachlern des Englischen analysiert werden. Zur Untersuchung dieser Fragstellung wurden zentrale Akteure - Wissenschaftler, Verlagsmitarbeiter und Zeitschriftenherausgeber - anhand leitfadengestützter Interviews befragt. Da der Grad der Anglisierung je nach Fach unterschiedlich ausfällt und disziplinbedingte Besonderheiten beim Schreiben und Publizieren auf Englisch berücksichtigt werden müssen, wurden dafür Vertreter der Biologie, des Maschinenbaus, der Germanistischen Linguistik Zur Einführung in den Themenschwerpunkt 5 44 (2015) • Heft 1 und der Geschichte gewählt. Der Beitrag verdeutlicht, welche Bedeutung die Beteiligten den Wissenschaftssprachen Englisch und Deutsch in den verschiedenen Disziplinen zuschreiben und wie sie mit den Anforderungen des Schreibens und Publizierens in der Fremdsprache Englisch umgehen. Während im Allgemeinen der Weg zum Erwerb wissenschaftlicher Schreibkompetenz über die Orientierung an den authentischen wissenschaftlichen Genres wie Abstract, Zusammenfassung oder Fachaufsatz gesehen wird, geht J ULIA H ÜTTNER einen anderen Weg. Auf der Grundlage einer empirischen Untersuchung von über 50 in der Fremdsprache Englisch verfassten studentischen Arbeiten und durch Interviews mit den Autoren kann die Verfasserin unter besonderer Berücksichtigung von Teiltexten wie Einführung und Schlussfolgerung darlegen, dass es Schnittmengen in den kommunikativen Funktionen dieser Arbeiten gibt, dass aber auch Unterschiede existieren. Dabei geht es zum einen um kommunikative Funktionen, die von Expertenseite als nicht angemessen angesehen werden, zum anderen um Funktionen, die zwar ebenso in authentischen Genres verwendet werden, aber von den Studierenden sprachlich nicht adäquat umgesetzt werden. Zum Erreichen des langfristigen Ziels einer wissenschaftlichen Schreibkompetenz wird deshalb der Weg über die Konzeptualisierung eigenständiger studentischer Schreibgenres vorgeschlagen, die zunächst durchaus als Modelle für das wissenschaftliche Schreiben von Studierenden dienen können. Die zu frühe Orientierung an Expertenmodellen kann zu einer Überforderung der Studierenden führen, weil diese kaum mit ihrer wissenschaftlichen Lebenswelt und Erfahrungen in Einklang zu bringen ist. Der Beitrag von N ICOLA O WTRAM befasst sich mit der Vermittlung an und der Aneignung wissenschaftlicher Schreibkompetenzen durch nichtmuttersprachlich-englische Doktoranden am European University Institute in Florenz. Es handelt sich hierbei um eine Einrichtung, die ausschließlich im postgradualen Bereich ausbildet und in der die überwiegende Mehrheit der Studierenden Forschungen für einen PhD in den Fächern Volkswirtschaft, Geschichte, Politik, Jura oder Sozialwissenschaften durchführen. Wesentliches Ziel der Schreibkurse ist die Vermittlung wissenschaftlicher Schreibfähigkeiten an die Studierenden, die es ihnen ermöglichen, in internationalen, englischsprachigen Fachzeitschriften zu veröffentlichen. Dabei werden die Lernenden bereits als Forscher angesehen, die sich am Anfang ihrer wissenschaftlichen Karriere befinden, d.h. es wird bereits von einem hohen Eingangsniveau ausgegangen, was dadurch unterstrichen wird, dass die meisten bereits über postgraduale Studienerfahrungen verfügen. Der in den Kursen angewandte Schreibansatz basiert auf einem Stilbegriff, der nichtliterarische Texte einschließt und anhand von Schlüsselthemen der jeweiligen Disziplinen vermittelt wird, um dadurch die „kontextualisierten schreibdidaktischen Wahlmöglichkeiten“ des Modells klarer hervortreten zu lassen. Hierzu gehören u.a. die Möglichkeit der Überarbeitung von Texten und das Geben von Feedback sowie die Option, in nach den Fachdisziplinen zusammengesetzten Schreibgruppen zusammenzuarbeiten. A NTHONY B ROWN berichtet in seinem Beitrag über die Grundlagen eines Kurskonzeptes zum wissenschaftlichen Schreiben, das sich an fortgeschrittene Studierende 6 Claus Gnutzmann 44 (2015) • Heft 1 wendet und am Sprachenzentrum der TU Braunschweig angeboten wird. Dieses Konzept orientiert sich an der systemisch-funktionalen Grammatik von H ALLIDAY , die auf die Analyse von Fachaufsätzen angewandt wird mit dem Ziel, „sprachliche Konventionen“ dieser Texte zu identifizieren und den Studierenden den Zweck ihres Schreibens zu verdeutlichen. Im Mittelpunkt des Aufsatzes steht die Vorstellung von Sprachanalysen von wissenschaftlichen Zeitschriftenaufsätzen aus den Fächern der am Kurs beteiligten Studierenden. Die Analysen beruhten insbesondere auf den H ALLIDAY schen Kategorien Transitivität und Nominalgruppe, bezogen aber darüber hinaus auch Produkte studentischen Schreibens ein. Die Analyseergebnisse, die durch Interviews mit den Teilnehmern des Kurses ergänzt wurden, bestätigen die positive Wirkung einer solchen Vorgehensweise, die dazu beitragen kann, relevante Sprach- und Genrebewusstheit unter den Studierenden zu entwickeln und wissenschaftliche Schreibkompetenz zu fördern. Diese Vorgehensweise kann sicherlich eine Menge Plausibilität für sich beanspruchen, aber der Autor weist selbst einschränkend darauf hin, dass es keine Evidenz dafür gibt, ob bzw. inwieweit die Entwicklung sprachlichen (deklarativen) Wissens in schriftsprachliches Handeln umschlägt. In seinem Beitrag widmet sich D IRK S IEPMANN der Frage nach der „Qualität der Interimsprache“ in von deutschen Autoren, vorwiegend Studierenden im Masterstudium und Doktoranden, verfassten englischsprachigen Wissenschaftstexten. Dabei geht es ihm vor allem um die Unter- und Überrepräsentation des Typs for + NP + to-INF und die im Englischen unübliche Passivstruktur *it will be investigated whether, wie sie von deutschen Wissenschaftlern, unter dem Einfluss ihrer Erstsprache, relativ häufig verwendet wird. Auf der Basis elektronischer Korpusaufzeichnungen von Aufsätzen und Dissertationen, Korrekturprotokollen sowie einem „Megakorpus“ der englischen Wissenschaftssprache werden die genannten Konstruktionstypen in ihren Verwendungen differenziert beschrieben. Der aus der Sicht des Autors vielversprechendste und für ihn einzig gangbare Weg für den zielsprachlich angemessenen Erwerb dieser Formen liegt in der Bewusstmachung von derartigen fehlerhaften und über- oder unterrepräsentierten Strukturen innerhalb eines lexiko-grammatischen Ansatzes. Es wird des Weiteren dafür plädiert, die sprachliche Bewusstmachung solcher Strukturen durch eine gezielte Empfehlung an die Lernenden für einen verstärkten Gebrauch von Hilfsmitteln wie allgemeine Korpora, Wörterbücher oder Google Books zu unterstützen. Für C HRISTINE S. S ING ist die Beherrschung der für eine wissenschaftliche Diskursgemeinschaft gültigen Schreibkonventionen und -praktiken eine wesentliche Voraussetzung für die Mitgliedschaft in dieser Gemeinschaft. Die Aneignung dieser Regeln geht über den sprachlichen Bereich im engeren Sinne hinaus, gefordert werden insbesondere Kenntnisse des disziplinspezifischen Diskurses. Der Beitrag untersucht schwerpunktmäßig die Identitätskonstruktion von nichtmuttersprachlichen Wirtschaftsstudierenden. Wie diese sich beim Verfassen englischer Fachtexte niederschlägt, wird anhand der Verwendung der Pronomina I und we zum Ausdruck ihrer Identität als Autoren untersucht. Auf der Grundlage eines eigens für diese Untersuchung zusammengestellten Korpus konnte ermittelt werden, dass überhaupt nur jeder vierte der studentischen Autoren Personalpronomina der 1. Person verwendet. Wenn diese auftreten, Zur Einführung in den Themenschwerpunkt 7 44 (2015) • Heft 1 dann vor allem in der Einleitung und der Zusammenfassung, somit in Teiltexten, in denen weniger, so die Verfasserin, eine wissenschaftliche Positionsbestimmung der Autoren stattfindet. Die hierdurch herbeigeführte Zurücknahme der eigenen Sichtweise wird auf verschiedene Gründe zurückgeführt und ist nicht zuletzt dadurch bedingt, dass von außen geprägte Vorstellungen von „unpersönlichem Stil“ die Verwendung dieser Pronominalformen quasi zu einem Tabu erheben. Der Beitrag schließt mit einigen kritischen Bemerkungen zur herkömmlichen Schreibdidaktik im akademischen Bereich: Diese geht nach Ansicht der Verfasserin immer noch von einer fächerübergreifenden Einheitlichkeit aus und nimmt die disziplinären Spezifika des wissenschaftlichen Schreibens noch nicht ausreichend in den Blick. Im Mittelpunkt des Beitrags von M ELANIE M OLL steht die Untersuchung nichtmuttersprachlicher studentischer Textproduktionen in der deutschen Wissenschaftssprache. Ausgehend von der Internationalisierung der Wissenschaften und den sich daraus ergebenden sprachlichen Herausforderungen skizziert der Aufsatz zunächst kurz die bildungspolitischen Internationalisierungsbemühungen der beiden letzten Jahrzehnte und ihre Auswirkungen auf die Universitäten, um sich daran anschließend der sprachlichen Praxis in internationalen Studiengängen zuzuwenden. Als Ergebnis der Sichtung relevanter Forschungsliteratur hält die Verfasserin fest, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen den von bildungspolitischer Seite angenommenen Vorteilen solcher Studiengänge und den in der Praxis sich tatsächlich ergebenden Anforderungen bezüglich des Spracherwerbs. Daraus lassen sich Forderungen für einen universitären DAF- Unterricht herleiten, der auch für internationale englischsprachige Studiengänge Deutschangebote bereithält, um ausländischen Studierenden die Integration zu erleichtern und ihren Studienerfolg zu fördern. Für eine aktive Verwendung des Deutschen als Wissenschaftssprache werden einschlägige Lernziele benannt, die sich auf die Strukturen der „alltäglichen Wissenschaftssprache“, charakteristische sprachliche Handlungsformen, wissenschaftliches Zitieren etc. sowie Aspekte der Textorganisation und Leserorientierung erstrecken. Der empirische Teil des Aufsatzes befasst sich mit verschiedenen wissenschaftssprachlichen Normabweichungen und Aneignungsproblemen ausländischer Lernenden. Dabei zeigt sich, dass neben den behandelten sprachlichen Normabweichungen auch Kenntnislücken im Bereich der Textgliederung und -organisation sowie im Bereich des wissenschaftlichen Argumentierens festzustellen sind. Der Aufsatz schließt mit einem Plädoyer für einen sich noch stärker an den kommunikativen Erfordernissen der wissenschaftssprachlichen Praxis ausgerichteten Deutschunterricht. Der Beitrag von D AGMAR K NORR und K ARL -H EINZ P OGNER behandelt verschiedene Aspekte der akademischen Textproduktion unter den Bedingungen von Mehrsprachigkeit. Dabei wird akademisches Schreiben als eine Vorform des wissenschaftlichen Schreibens verstanden, die nicht nur der Herstellung von Text und Wissen dient, sondern auch an der Entwicklung von diskursiven und Mehrsprachigkeitskompetenzen in wissenschaftlichen Diskursgemeinschaften beteiligt ist und somit die „periphere“ Teilnahme von Studierenden am Fachdiskurs und der Praxis der entsprechenden scientific community erleichtern kann. Akademisches Schreiben bzw. die akademische Textpro- 8 Claus Gnutzmann 44 (2015) • Heft 1 duktion als epistemisches Schreiben stellt insoweit eine besondere Herausforderung an die Lernenden dar, als es über die Textproduktion hinaus der Aneignung von fachlichem Wissen dient. Die beiden Autoren gehen deshalb gezielt der Frage nach, wie Lernende im Lehr-/ Lern-Kontext der Hochschule gleichzeitig zwei neue Sprachen und Diskursordnungen erwerben können: die der spezifischen wissenschaftlichen Diskurs- und Fachgemeinschaft/ en und die einer Zielsprache, die die Lernenden auch in der Domäne der akademischen Textproduktion lernen sollen. Anknüpfend an die Bedürfnisse einer zunehmend sprachlich heterogenen Studierendenschaft wird zum Abschluss der Untersuchung eine Reihe von Möglichkeiten genannt, die aus dieser Heterogenität resultieren und von der Wertschätzung der individuellen sprachlichen Voraussetzungen der Lernenden bis zur Chance für diese reichen, durch die Lektüre von Fachtexten in anderen Sprachen als in den Prüfungssprachen Deutsch und Englisch ihre akademische Literalisierung in weiteren Sprachen voranzutreiben. An der hier vereinigten Sammlung von Beiträgen wird ersichtlich, dass unter dem Einfluss der Internationalisierung des Hochschulbereichs das wissenschaftliche Schreiben in der Fremdsprache zunehmend in den Fokus der universitären Sprachvermittlung sowie der angewandt-linguistischen und didaktischen Forschung gerückt ist. Die Beiträge machen aber auch deutlich, dass Internationalisierung in erheblichem Umfang einhergeht mit der Dominanz des Englischen und dem damit verbundenen Rückgang bzw. Verlust anderer Wissenschaftssprachen sowie einer kommunikativen Benachteiligung nichtmuttersprachlicher Benutzer des Englischen. Dass dieser Prozess nicht für alle Disziplinen in gleicher Weise gilt, mag vielleicht ein „window of opportunity“ für wissenschaftliche Mehrsprachigkeit öffnen. Literatur G NUTZMANN , Claus (Hrsg.) (2007): Fremdsprache als Arbeitssprache in Schule und Studium (Themenschwerpunkt von Fremdsprachen Lehren und Lernen 36, 3-216). G NUTZMANN , Claus (Hrsg.) (2012): Fremdsprachen in nichtsprachlichen Studiengängen (Themenschwerpunkt von Fremdsprachen Lehren und Lernen 41.2, 3-106). H YLAND , Ken (2004): Disciplinary Discourses: Social Interactions in Academic Writing. University of Michigan Press (Michigan Classics Edition). H YLAND , Ken (2012): Disciplinary Identities: Individuality and Community in Academic Writing. Cambridge: Cambridge University Press. H YLAND , Ken / B ONDI , Marina (eds.) (2006): Academic Discourse across Disciplines. Frankfurt: Peter Lang. K UTEEVA , Maria / M AURANEN (eds.) (2014): Writing for Publication in Multilingual Contexts. (Special issue of Journal of English for Academic Purposes 13.1, 1-86). 44 (2015) • Heft 1 © 2015 Narr Francke Attempto Verlag C LAUS G NUTZMANN , J ENNY J AKISCH , F RANK R ABE * Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen - Eine Interviewstudie mit Wissenschaftlern, Herausgebern und Verlagsmitarbeitern Abstract. With increasing Anglophony in academia, writing and publishing in English have become the norm in many subjects. While this is a general tendency, there is considerable disciplinary variation in the writing and publishing practices. Drawing on interview data with representatives from four disciplines (i.e. biology, mechanical engineering, German linguistics, history), the project Publish in English or Perish in German? investigates the additional challenges German researchers have to deal with when writing in English, the resources they employ to meet their publishing aims as well as their attitudes towards English and German as languages of research. This is complemented by the perspectives of editors and publishing staff on writing and publishing in English and/ or German as well as on the role of academic multilingualism. The article introduces the project, its research framework and presents selected results and implications of the study. 1. Einleitung Es ist bekannt, dass das Englische in vielen Bereichen unseres Alltags immer stärker an Bedeutung gewinnt. Englisch ist die Fremdsprache, die die Europäer am besten beherrschen (vgl. E UROPÄISCHE K OMMISSION 2012: 22), sie wird in der Regel als erste schulische Fremdsprache in Deutschland gelernt und findet häufig Einsatz im bilingualen Sachfachunterricht. Diese Entwicklung macht auch vor den Universitäten und der Wissenschaftskommunikation nicht halt: „Die Spitzenforschung spricht englisch“ - so Hubert Markl schon vor 20 Jahren (M ARKL 1985). Viele Hochschulen haben sich das * Korrespondenzadressen: Prof. Dr. Claus G NUTZMANN , Technische Universität Braunschweig, Englisches Seminar, Bienroder Weg 80, 38106 B RAUNSCHWEIG . E-Mail: c.gnutzmann@tu-braunschweig.de Arbeitsbereiche: Das Englische als Welt- und Wissenschaftssprache und seine Vermittlung, Fachsprachen, Englische Grammatik und ihre Didaktik, Kontrastive Linguistik und Fehleranalyse, Language Awareness. Dr. des. Jenny J AKISCH , wissenschaftliche Mitarbeiterin, Technische Universität Braunschweig, Englisches Seminar, Bienroder Weg 80, 38106 B RAUNSCHWEIG . E-Mail: j.jakisch@tu-braunschweig.de Arbeitsbereiche: Englisch als europäische Verkehrssprache, Mehrsprachigkeitsdidaktik, Praktika und Praxis in der Lehrerbildung. Frank R ABE , wissenschaftlicher Mitarbeiter, Technische Universität Braunschweig, Englisches Seminar, Bienroder Weg 80, 38106 B RAUNSCHWEIG . E-Mail: f.rabe@hotmail.com Arbeitsbereiche: Englisch als Wissenschaftssprache, Wissenschaftliches Schreiben in der Fremdsprache Englisch, Didaktik des Bilingualen Sachfachunterrichts. 10 Claus Gnutzmann, Jenny Jakisch, Frank Rabe 44 (2015) • Heft 1 Ziel der Internationalisierung auf die Fahnen geschrieben. Von Austauschprogrammen für Studierende über internationale Kooperationen unter Lehrenden bis hin zu englischsprachigen Institutsbezeichnungen und Stellenausschreibungen gibt es eine Reihe von Maßnahmen, mit denen eine Internationalisierung vorangetrieben werden soll. 1 Sofern die Hochschulen nicht ganze Studiengänge oder einzelne Veranstaltungen in der Fremdsprache Englisch anbieten, setzen sie zumindest englischsprachige Publikationen als Grundlage zur Vermittlung fachlicher Inhalte ein (vgl. G NUTZMANN / J AKISCH / R ABE 2015a). Für Wissenschaftler ist es in vielen Disziplinen nahezu unabdingbar geworden, auf Englisch zu publizieren; etliche vormals von den Nationalsprachen geprägte Zeitschriften akzeptieren nunmehr nur englischsprachige Beiträge. Das Englische ist somit zur dominanten und häufig sogar einzigen Publikationssprache in vielen Fächern avanciert, wie sich eindeutig mit Hilfe entsprechender Zahlen belegen lässt. So lag bei naturwissenschaftlichen Publikationen der Anteil englischsprachiger Artikel schon vor mehr als 15 Jahren bei über 90% (vgl. A MMON 1998: 152) 2 , und auch für die Sozial- und Geisteswissenschaften wurden Domänenverluste an das Englische festgestellt (vgl. A MMON 2006; L AURÉN / M YKING / P ICHT 2004). Wenngleich bei den beiden zuletztgenannten Disziplinen die Nationalsprachen durchaus weiter von Bedeutung sind, gibt es hier ebenso eine zunehmende Hinwendung zum Englischen - nicht zuletzt deshalb, weil englischsprachige Publikationen, insbesondere im Kontext von US-amerikanisch geprägten Theorien, Methoden und Forschungsthemen, häufig ein entscheidender Karrierefaktor sind. Was angesichts von Globalisierungsprozessen und dem allgemein positiven Image des Englischen nur folgerichtig und fortschrittsträchtig erscheinen mag, kann allerdings durchaus kritisch gesehen werden. Denn die Hinwendung zu einer wissenschaftlichen Einheitssprache lässt sich nicht ‚kostenneutral‘ vollziehen und ist für die Beteiligten z.T. mit einem erheblichen Mehraufwand, wie der Korrektur von Manuskripten durch einen Muttersprachler 3 oder dem Besuch von Sprachkursen, verbunden. Es ließe sich andererseits argumentieren, dass auch native speakers, ähnlich wie Nichtmuttersprachler, den korrekten Umgang mit dem Englischen als Wissenschaftssprache erst erlernen müssen. Dennoch dürften Wissenschaftler mit Englisch als Muttersprache sprachlich im Voraus sein, da Fachsprachen aus der Gemeinsprache hervorgehen und sich sprachliche Intuition vor allem während des Spracherwerbsprozesses für die Erstsprache entwickelt. 1 Explizite Aussagen zur Internationalisierung und deren Umsetzung, beispielsweise zum Anteil englischsprachiger Lehrveranstaltungen oder der Unterstützung der Lehrenden bei der Abfassung englischsprachiger Manuskripte, sind an deutschen Universitäten allerdings eher selten zu finden. Die Empfehlung der 11. Mitgliederversammlung der HRK zur Sprachenpolitik an deutschen Hochschulen (H OCHSCHULREKTORENKON - FERENZ 2011) strebt akademische Mehrsprachigkeit an; die Verantwortung für die Ausgestaltung sprachenpolitischer Vorgaben wird in die Hände der einzelnen Hochschulen gelegt. 2 Dieser Anteil könnte allerdings überzeichnet gewesen sein, da ihm Analysen von Datenbanken zugrunde liegen, die „ihren Standort in englischsprachigen oder zum Englischen hinneigenden Ländern haben“ (A MMON 2010: 401). 3 Maskuline Bezeichnungen wie „Muttersprachler“ werden im generischen Sinne verwendet. Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen 11 44 (2015) • Heft 1 Neben möglichen kommunikativen Nachteilen, mit denen nichtmuttersprachliche Wissenschaftler sich konfrontiert sehen, wenn sie auf Englisch publizieren, geht die fortschreitende Anglisierung ferner mit einem Verlust an wissenschaftlicher Mehrsprachigkeit einher (vgl. u.a. E HLICH 2012, 2013; O ESTERREICHER 2012). Geht man davon aus, dass verschiedene Sprachen Sachverhalte auf je eigene Weise fassen, ist es, wie R OCHE (2013: 20) betont, entgegen der häufig vertretenen Meinung nicht beliebig, in welchem Medium wissenschaftliche Ergebnisse kommuniziert werden. Vielmehr wäre die Dominanz des Englischen dann als Eingriff in die gedankliche Vielfalt, wie sie nicht zuletzt durch unterschiedliche Nationalsprachen repräsentiert wird, zu sehen. Der vorliegende Beitrag widmet sich dem Stellenwert der Wissenschaftssprachen Deutsch und Englisch und beleuchtet verschiedene Facetten aus dem Themenfeld „wissenschaftliche Mehrsprachigkeit“ anhand von Interviewdaten. Diese stammen aus dem Projekt Publish in English or Perish in German? (PEPG) 4 , das zunächst kurz vorgestellt werden soll (Abschnitt 2). Es folgt eine Beschreibung der Herausforderungen, mit denen deutsche Wissenschaftler beim Schreiben auf Englisch konfrontiert sind, und der fachlich-sprachlichen Anforderungen, denen ihre Texte genügen müssen. Darauf aufbauend werden Ressourcen analysiert, die die Wissenschaftler einsetzen, um erfolgreich zu publizieren (Abschnitt 3). Komplettiert werden diese Ergebnisse durch Daten aus Interviews mit Herausgebern von Fachzeitschriften sowie Verlagsmitarbeitern. Ihre Einstellungen zu den Wissenschaftssprachen Englisch und Deutsch geben Einblicke in den Umgang mit wissenschaftlicher Mehrsprachigkeit und die Sichtweise der beteiligten Akteure (Abschnitt 4). Der Beitrag schließt mit Überlegungen zu möglichen Implikationen des Projekts (Abschnitt 5); er versteht sich als Resümee der in der Förderungsphase durchgeführten Forschungen. 2. Das Forschungsprojekt „Publish in English or Perish in German? “ Das Projekt widmet sich den Konsequenzen der zunehmend anglophonen Ausrichtung des Wissenschaftsbetriebs und untersucht das wissenschaftliche Schreiben und Publizieren in englischer Sprache in zwei komplementären Teilprojekten. In einer von Mehrsprachigkeit geprägten Wissenschaftslandschaft (vgl. P ETERSON / S HAW 2002: 372; H ABERLAND / M ORTENSEN 2012: 4) lässt sich eine solche Untersuchung nur ausgehend vom Zusammenspiel der Sprachen Englisch und Deutsch durchführen. Hinzu kommt, dass sich im Verlauf der Arbeit an den Daten gezeigt hat, dass auch in sehr stark anglisierten Disziplinen wie der Biologie das Deutsche nach wie vor eine Rolle spielt, z.B. in der Laborkommunikation und der Lehre. Die Komplexität und Differenziertheit die- 4 Wir danken der VolkswagenStiftung für ihre großzügige Förderung im Rahmen des Förderschwerpunkts „Deutsch plus - Wissenschaft ist mehrsprachig“ innerhalb des Zeitraums 11/ 2012 bis 10/ 2014 sowie der Technischen Universität Braunschweig für die Unterstützung einer vorangehenden Pilotstudie durch Mittel aus ihrem Zukunftsfonds. Unser herzlicher Dank gilt weiterhin allen an der Untersuchung beteiligten Wissenschaftlern, Herausgebern und Verlagsmitarbeitern, die sich bereitwillig und aufgeschlossen für die Interviews zur Verfügung gestellt haben. 12 Claus Gnutzmann, Jenny Jakisch, Frank Rabe 44 (2015) • Heft 1 ser wissenschaftssprachlichen Verwendungen müssen daher in die Untersuchung einbezogen werden. Das Projekt zeichnet sich dadurch aus, dass es weniger die Produkte des Schreibens selbst in den Blick nimmt als die damit verbundenen Prozesse sowie die soziale Dimension des Schreibens. Ziel ist es dabei, die Textproduktion und -rezeption umgebenden Aktivitäten zu erforschen und zu untersuchen, wie die Diskursteilnehmer diese wahrnehmen (vgl. H YLAND 2012: 36f.). Es lag daher nahe, einen qualitativen Ansatz zu wählen und leitfadengestützte Experteninterviews sowohl mit Wissenschaftlern (Projektteil Schreiben) als auch mit Herausgebern internationaler Fachzeitschriften sowie Verlagsmitarbeitern (Projektteil Publizieren) durchzuführen. Die Studie ist disziplinspezifisch angelegt. Um dem unterschiedlichen Grad der Anglisierung, der in den verschiedenen Disziplinen vorherrscht, gerecht zu werden, fiel die Wahl dabei auf Interviewpartner aus der Biologie (stellvertretend für die Naturwissenschaften), dem Maschinenbau (als Repräsentant der Ingenieurwissenschaften) sowie der Germanistischen Linguistik und Geschichte (als Vertreter der Geisteswissenschaften) (vgl. Abb. 1). 5 Die fachliche Repräsentativität der Ergebnisse ist dabei insofern eingeschränkt, als es auch innerhalb der gewählten Fächer verschiedene methodische und inhaltliche Ausrichtungen gibt (vgl. dazu S HAW 2008: 6). Die Germanistische Linguistik kann beispielsweise sowohl deskriptiv als auch empirisch-experimentell oder eher theoretisch orientiert sein. Ebenso sind die von uns befragten Historiker in ihrer Themenwahl wahrscheinlich nicht im Zentrum der national orientierten Geschichtswissenschaft anzusiedeln, da sie überwiegend zur internationalen und Kolonialgeschichte forschen. Neben der Zugehörigkeit zu einer der vier Disziplinen musste bei allen Teilnehmern bereits mindestens eine englischsprachige Publikation als Voraussetzung für ein Interview vorliegen. Projektteil Schreiben Projektteil Publizieren Disziplin Doktoranden Postdoktoranden Professoren Herausgeber Verlagsmitarbeiter Interviews pro Disziplin Biologie 2 2 2 2 2 10 Maschinenbau 2 2 2 2 2 10 Germanistische Linguistik 2 2 2 2 2 10 Geschichte 2 2 2 2 2 10 Gesamtzahl Interviews 40 Abb. 1: Interviews in den Projektteilen Schreiben und Publizieren 5 Ferner wurden im Rahmen einer diesem Projekt vorangehenden Pilotstudie 12 weitere Interviews mit Vertretern anderer Fächer (z.B. Anglistik, Physik, Politikwissenschaft) geführt. Diese werden bei einigen disziplinübergreifenden Fragen zusätzlich herangezogen. Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen 13 44 (2015) • Heft 1 Alle Interviews wurden aufgezeichnet und vollständig transkribiert. Um ausgewählte Fragestellungen gezielt in den Blick zu nehmen, wurde das Material in einer Kombination aus induktiven und deduktiven Verfahren mit Hilfe von MAXQDA, einer Software zur Unterstützung der Analyse qualitativer Daten, codiert. Dabei war der spezifische Charakter der Daten, die aus einer Gesprächssituation hervorgegangen sind, zu berücksichtigen: Die Interviewdaten stehen nicht für sich, sondern müssen rekonstruiert und interpretiert werden. 6 Das Projekt setzte sich die Untersuchung folgender Hauptforschungsfragen zum Ziel: • Auf welche Schwierigkeiten stoßen deutschsprachige Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen beim Verfassen englischsprachiger Aufsätze, und welche Hilfsmittel und Strategien setzen sie ein, um diesen Schwierigkeiten zu begegnen? • Welche Einstellungen zu den Wissenschaftssprachen Englisch und Deutsch und zum Publizieren in diesen Sprachen finden sich bei den Wissenschaftlern und Herausgebern sowie Verlagsmitarbeitern? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es zwischen den Disziplinen? • Welche Handlungsempfehlungen können auf Grundlage der Forschungsergebnisse ausgesprochen werden, insbesondere für das wissenschaftliche Schreiben und Publizieren auf Englisch und die Förderung des Deutschen als Wissenschaftssprache? Im Rahmen dieses Beitrags wird, wie aus der Einleitung ersichtlich, exemplarisch auf diese Fragen Bezug genommen. 3. Herausforderungen, sprachlich-fachliche Anforderungen und Ressourceneinsatz beim Schreiben auf Englisch In diesem Abschnitt werden die von den befragten Wissenschaftlern wahrgenommenen Herausforderungen beim Schreiben und Publizieren auf Englisch erörtert. Darüber hinaus geht es um die sprachlich-fachlichen Anforderungen, die in den verschiedenen Disziplinen an Autoren gestellt werden sowie schreib- und publikationsbezogene Ressourcen, von denen die Wissenschaftler Gebrauch machen, um trotz der fremdsprachlichen Hürde erfolgreich zu publizieren. 7 6 Detailliertere Anmerkungen zur eingesetzten Erhebungs- und Auswertungsmethodik finden sich in G NUTZMANN / R ABE (2014a). 7 Die Antworten der Befragten entstanden im Kontext mehrerer Interviewfragen wie z.B. „Welche Probleme ergeben sich beim Schreiben und Publizieren auf Englisch? Wie versuchen Sie, diese zu lösen? “ oder „Wenn Sie mit Ko-Autoren etwas auf Englisch schreiben, wie verteilt sich in diesem Fall die Arbeit? “. 14 Claus Gnutzmann, Jenny Jakisch, Frank Rabe 44 (2015) • Heft 1 3.1 Wahrgenommene Probleme Obwohl es allen Befragten gelungen ist, auf Englisch zu veröffentlichen, sehen sie sich dennoch mit einigen Herausforderungen beim Schreiben und Publizieren in der Fremdsprache konfrontiert (vgl. Abb. 2). 8 Abb. 2: Wahrgenommene Problemfelder der Wissenschaftler beim Schreiben und Publizieren auf Englisch (36 Interviews, enthält Mehrfachnennungen) Das erste Item, sprachliche Probleme, stellt die quantitativ größte Gruppe dar. Von den 19 Nennungen beziehen sich 12 auf Formulierungsschwierigkeiten, also z.B. fehlendes Sprachgefühl oder geringere sprachliche Exaktheit in der Fremdsprache Englisch, und 7 explizit auf Probleme in einem grammatischen (z.B. Syntax) oder lexikalischen (z.B. Fachvokabular) Bereich. Die zweite Gruppe, publikationsbezogene Probleme, beschreibt Hindernisse, die nach dem eigentlichen Schreiben des Manuskripts aufkommen. Fast alle Nennungen beziehen sich auf das wissenschaftliche Begutachtungsverfahren (peer review) und thematisieren beispielsweise umfangreiche oder nicht nachvollziehbare Änderungswünsche der Herausgeber. Die dritte Gruppe, inhaltliche Problemfelder, behandelt vorwiegend die Argumentation in Artikeln, wie z.B. das ‚Verrennen‘ in eine Idee oder unzureichende Literaturrecherche. Im Datenpunkt Organisation wurde u.a. Zeitmangel als ein typisches Problem thematisiert. Hinter der Bezeichnung Sonstige verbergen sich beispielsweise erhöhte finanzielle Kosten im Zusammenhang mit Korrekturdurchsichten. Die Häufung sprachlicher Probleme stimmt mit einer Vielzahl anderer Studien (z.B. D ONG 1998; F LOWERDEW 1999; O KAMURA 2006) überein, in denen treffende Wortwahl bzw. Idiomatik, einschließlich fachspezifischer Kollokationen, als Herausforderung für nichtmuttersprachliche Wissenschaftler festgestellt wurden. Dies zeigt, dass viele Nichtmuttersprachler trotz guter Sprachkompetenz einen Mangel an Sprachgefühl durchaus als Nachteil empfinden. Darüber hinaus werden von unseren Befragten aber auch Schwierigkeiten angesprochen, die mit dem Publikationsvorgang zusammenhän- 8 Bereits erfolgreich ‚gelöste‘ Probleme wurden möglicherweise nicht genannt, da diese nicht mehr als solche wahrgenommen werden. 19 12 9 9 6 0 5 10 15 20 Anzahl Nennungen (n=55) Sprachlich Publikationsbezogen Inhaltlich Organisatorisch Sonstige Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen 15 44 (2015) • Heft 1 gen. Es bietet sich an, diese bei der Konzeption von Schreibkursen für Nachwuchswissenschaftler zu berücksichtigen (z.B. Umgang mit Feedback im Begutachtungsverfahren). 3.2 Sprachlich-fachliche Anforderungen Welche Probleme die Wissenschaftler haben und wie schwerwiegend diese eingeschätzt werden, hängt neben Faktoren wie der Schreibkompetenz und der kulturellen und sprachlichen Distanz zur Zielsprache auch damit zusammen, welche sprachlichfachlichen Anforderungen im jeweiligen Fach vorherrschen. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die vorherrschende disziplinäre Forschungs- und Schreibpraxis den (wahrgenommenen) Schwierigkeitsgrad beim Verfassen englischer Texte beeinflusst. Einen ersten Anhaltspunkt hierfür bietet die in der jeweiligen Disziplin etablierte Genrerigidität und die damit zusammenhängende sprachliche Formelhaftigkeit. 9 Genrerigidität und sprachliche Formelhaftigkeit. Die Interviewten wurden gefragt, nach welchem Grundaufbau von Texten sie sich beim Schreiben englischsprachiger Fachartikel richten. Alle sechs Befragten aus dem Bereich der Biologie wiesen darauf hin, dass sie sich beim Verfassen ihrer Aufsätze am IMRaD-Schema 10 (d.h. Introduction, Methods, Results and Discussion) orientieren. Sie betonten, dass dieses Schema von den Fachzeitschriften verlangt werde und sich nur geringe Abweichungen ergeben. Eine ähnliche Dominanz dieses Schemas stellten die Befragten im Maschinenbau (5/ 6 Befragten) fest, wobei hier mehr Flexibilität vorherrschte, wenn es um eher theoretische als um empirisch-experimentelle Inhalte ging. In der Germanistischen Linguistik sind theoretisch orientierte Publikationen ebenso durch mehr Spielraum bei der Organisation von Artikeln gekennzeichnet, wogegen experimentell ausgerichtete Beiträge, wie in der Psycholinguistik, in der Regel einer IMRaD-ähnlichen Struktur folgten. Fünf von sechs Befragten im Fach Geschichte führten dagegen aus, dass es keinerlei verbindliche bzw. lediglich eine lose Genre-Struktur (Einleitung, Hauptteil, Fazit) gebe und die Aufsatzgestaltung von großer Freiheit gekennzeichnet sei. Diese Freiheit bedeutet jedoch auch, dass die Autoren wenig Orientierung hinsichtlich der Genre- Strukturierung erhalten. In diesem Zusammenhang kann weiterhin angenommen werden, dass eine hohe Genre-Rigidität mit einer hohen sprachlichen Formelhaftigkeit einhergeht. Formelhafte Sequenzen wie Kollokationen sind Bestandteil von Sprachgebrauch und -erwerb (vgl. z.B. A GUADO 2002) und spielen auch in der wissenschaftlichen Kommunikation eine herausragende Rolle (vgl. P ÉREZ -L LANTADA 2014; H YLAND 2008). Ohne dass diese 9 Auf zwei weitere Einflussfaktoren im Zusammenhang mit sprachlich-fachlichen Anforderungen, d.h. die sprachlichen Zielnormen von Fachzeitschriften sowie die Beschaffenheit der Daten, kann hier nicht eingegangen werden (siehe dazu G NUTZMANN / R ABE 2014b und R ABE 2015, im Druck). 10 Es handelt sich um das vor allem in den Natur- und Ingenieurwissenschaften empfohlene, z.T. vorgeschriebene Strukturierungsmuster für wissenschaftliche Veröffentlichungen in internationalen englischsprachigen Zeitschriften. 16 Claus Gnutzmann, Jenny Jakisch, Frank Rabe 44 (2015) • Heft 1 Frage explizit in den Interviews gestellt wurde, gaben fünf Biologen, zwei Maschinenbauer sowie ein Linguist, allerdings kein Historiker, an, dass die in ihrem Feld verwendete Sprache sehr formelhaft sei: Also, wenn ich eine Publikation lese und ich wüsste nicht, ob das deutsche Autoren sind oder asiatische oder amerikanische, könntʼ ich es vom Stil her, glaubʼ ich, kaum unterscheiden, weil die Stile einfach so gleich sind. Jedes Paper liest sich fast gleich, also natürlich stehen da andere Werte und andere Bilder, aber der Stil ist immer sehr ähnlich (W21, B, 00: 36: 49-5). 11 Ein Großteil dieser Befragten erklärte, dass ein hohes Maß an Formelhaftigkeit eine Erleichterung für das englischsprachige Schreiben darstelle, da sie die Wiederbenutzung von Sprache („language re-use“, F LOWERDEW 2007: 19) in Forschungsartikeln ermögliche. Diese Praxis, im Korpus besonders verbreitet in der Biologie, umfasst u.a. die Übernahme kompletter sprachlicher Sequenzen aus veröffentlichten Artikeln (d.h. Copy&Paste), bei dem lediglich enthaltene Werte bzw. Daten ausgetauscht wurden, aber auch das systematische Sammeln formelhafter Sequenzen, die später als Unterstützung beim Schreiben englischsprachiger Artikel herangezogen werden können (vgl. L EHNEN 2009: 292f. für Beispiele dieser Schreibpraxis bei Studierenden). Die hohe Rigidität der Textsorte ‚Artikel‘ und die damit verbundene formelhafte Sprachnutzung in der Biologie, teilweise auch im Maschinenbau, steht höchstwahrscheinlich mit der experimentellen Ausrichtung dieser Fächer in Verbindung, die einen bestimmten Forschungsablauf sowie eine festgelegte Form der Dokumentation verlangt. Dies würde auch die weitgehende Abwesenheit dieser Schreibstrategie in den Fächern Germanistische Linguistik und Geschichte erklären. Mit welchen sprachlich-fachlichen Anforderungen sich Wissenschaftler beim Schreiben auf Englisch konfrontiert sehen, hängt weiterhin davon ab, wie der Schreibprozess organisiert ist. Schreiborganisation. Die Biologen im Korpus arbeiteten in Gruppen, die aus Doktoranden, Postdoktoranden, Professoren und (Labor-)Technikern, also nicht selten aus mehr als drei bis vier ‚Ko-Autoren‘, bestehen. Die Arbeitsteilung in diesen Teams erfolgt je nach Spezialisierung und Hierarchieposition, die jeweiligen Verantwortlichkeiten sind klar abgegrenzt (vgl. auch B ECHER 1994: 158; P ÉREZ -LL ANTADA et al. 2011: 24). Doktoranden sind dabei überwiegend im Labor tätig und schreiben häufig nur wenig, Postdoktoranden erledigen einen Großteil der Schreibarbeit zusätzlich zur Koordination von Projekten und dem Erteilen von Rückmeldungen an die Doktoranden, während die Professoren häufig erst dann an Artikeln mitschreiben, wenn sich diese bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befinden. Ihre Aufgabe liegt eher darin, sich der ‚strategisch wichtigen‘ Teile eines Artikels, wie etwa der Einführung 11 Für die Transkription wurde eine größtmögliche Annäherung an die Standardorthografie angestrebt. Angaben in doppelten Klammern stehen für paraverbale Handlungen (beispielsweise ein Lachen des Befragten). Am Ende jedes Interviewzitats findet sich zudem die Interviewnummer (im vorliegenden Fall Wissenschaftlerinterview Nr. 21), die Fachzuordnung (B für Biologie, MB für Maschinenbau, GL für Germanistische Linguistik, G für Geschichte) sowie eine vom Transkriptionsprogramm f4 (https: / / www.audiotranskrip tion.de/ f4.htm) vergebene Zeitmarke. Ein „W“ bezeichnet Wissenschaftlerinterviews, „H“ Herausgeberinterviews, „V“ Gespräche mit Verlagsmitarbeitern. Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen 17 44 (2015) • Heft 1 und der Diskussion der Ergebnisse, anzunehmen. Eine ähnliche Form der Arbeitsteilung findet sich im Bereich Maschinenbau, auch wenn die Gruppen in der Regel kleiner sind (nicht mehr als zwei bis drei Autoren) und die Verteilung der Schreibaufgaben weniger spezifisch ist. Die Germanistischen Linguisten schreiben bei theoretischer Orientierung eines Aufsatzes entweder allein oder, wenn ein Doktorand involviert ist, auch in Zweiergruppen. Bei eher empirisch-experimentell ausgerichteten Linguisten herrschen dagegen kooperative Schreibmodi vor. Im Fach Geschichte geben vier von sechs Interviewten an, überwiegend allein zu schreiben. Beide Doktoranden berichten, dass sie auf ihre Entwürfe Rückmeldungen von ihren Betreuern erhalten. Der ‚solitary writer‘ scheint demnach besonders nach der Promotionsphase unter den Historikern stärker verbreitet zu sein als in den anderen hier untersuchten Disziplinen. Experimentalwissenschaftler erfahren somit völlig andere Wege der Zusammenarbeit beim Schreiben als Geisteswissenschaftler, Biologie-Doktoranden andere als Doktoranden in der Geschichtswissenschaft. Während also Natur- und Ingenieurwissenschaftler in der Regel im Team an einer Publikation arbeiten und sich über sprachliche und fachliche Gesichtspunkte austauschen können, sind die Geisteswissenschaftler häufig auf sich gestellt und müssen dementsprechend Schreibprobleme allein oder über effiziente Ressourcennutzung lösen. 3.3 Ressourcennutzung Vor dem Hintergrund der in Abschnitt 3.1 und 3.2 beschriebenen Probleme und Anforderungen stellt sich die Frage, welche Ressourcen die befragten Wissenschaftler einsetzen, um erfolgreich auf Englisch zu schreiben und publizieren. Eine Analyse der Interviewdaten im Hinblick auf diese Fragestellung zeigt, dass die Interviewten auf diverse Ressourcen zurückgreifen, die sich wie folgt klassifizieren lassen 12 : • Personelle (sozioakademische) Ressourcen: Hierzu zählen mutter- und nichtmuttersprachliche Korrekturleser wie Kollegen, Freunde sowie professionelle Sprachprüfer. Dabei nutzen 17 Befragte ausschließlich nichtmuttersprachliche Korrekturleser, zumeist Kollegen, um ihre Entwürfe sprachlich und fachlich durchsehen zu lassen. 8 Wissenschaftler greifen ausschließlich auf muttersprachliche Hilfe zurück und 9 Interviewte ziehen je nach Verfügbarkeit und Anlass sowohl mutterals auch nichtmuttersprachliche Korrekturleser zu Rate. • Schreib- und publikationsbezogene Strategien: Hierzu zählen u.a. Praktiken wie die Einsendung eines Manuskripts mit dem Ziel, fachliches oder sprachliches Feedback zu erhalten oder es sprachlich ungeprüft einzureichen, um so den zeitlichen und finanziellen Aufwand für Publikationen zu reduzieren. 12 Für detaillierte Informationen über die verschiedenen Nutzungsmuster mutter- und nichtmuttersprachlicher Korrekturleser sowie die von den Wissenschaftlern während des Schreibens, Überarbeitens und Publizierens von englischsprachigen Artikeln eingesetzten Strategien siehe G NUTZMANN / J AKISCH / R ABE (2015b, im Druck). 18 Claus Gnutzmann, Jenny Jakisch, Frank Rabe 44 (2015) • Heft 1 • Lexikalische Ressourcen: Wie in Abschnitt 3.1 dargestellt, finden sich die Autoren beim Verfassen wissenschaftlicher Texte häufig in Situationen, in denen ihnen Ausdrucksmittel verschiedener Art fehlen. Aus diesem Grund sollen die von den Wissenschaftlern eingesetzten lexikalischen Ressourcen exemplarisch genauer betrachtet werden (vgl. Abb. 3). Abb. 3: Von den Befragten genutzte lexikalische Ressourcen (36 Interviews, n=72, enthält Mehrfachnennungen) Die Benutzung von Wörterbüchern ist, wenig überraschend, fächerübergreifend weit verbreitet. Dass jedoch ca. 80% der Befragten angeben, ein zweisprachiges Online- Wörterbuch (hauptsächlich LEO.org) zu benutzen, unterstreicht die Rolle des Deutschen als sprachlich-fachliche Ressource, selbst wenn die Befragten viel auf Englisch publizieren. Auch papierene Wörterbücher spielen noch eine Rolle (10 Nennungen), insbesondere, wenn es dabei um disziplinspezifischen Fachwortschatz geht. Weiterhin wird Google genutzt, um Formulierungen auf ihre (quantitive) Verbreitung und Akzeptanz hin zu überprüfen und zu klären, ob das Geschriebene bereits in anderen veröffentlichten Texten verwendet wurde. Nur wenige Befragte nutzen die sprachlichen Möglichkeiten von Google jedoch dazu, ‚Schwachstellen‘ gängiger zweisprachiger Wörterbücher, wie die häufig fehlende Angabe von Kollokationen, auszugleichen. Keiner der Befragten erwähnte, korpuslinguistische Werkzeuge wie z.B. den COCA (Corpus of Contemporary American English) hinzuzuziehen, obwohl dieser im Gegensatz zu Google deutlich spezifischere Suchanfragen in wissenschaftlichen Genres erlaubt (vgl. hierzu D AVIES 2013). Elf Befragte gaben an, dass sie beispielhafte Fachpublikationen als fachlich-sprachliche Ressource nutzen, um gängige Formulierungen, Argumentationslinien sowie Genre-Strukturen zu lernen. Fachtexte sollten daher nicht nur als Ressource für den Erwerb von Fachwissen verstanden werden (vgl. hierzu z.B. O KAMURA 2006: 73, der Texte lesen als „subject-oriented strategy“ versteht), sondern sie spielen auch eine entscheidende Rolle beim Erlernen von im Fach verbreiteten Versprachlichungsmustern. Im Korpus sind es insbesondere die Biologen, die neben dem impliziten Lernen von Wissenschaftsprache durch das Lesen von Fachtexten gezielt formelhafte Sprache kopieren und diese in ihren eigenen Arbeiten verwenden (siehe dazu language re-use oben). Neben den Herausforderungen, die aus Sicht der Wissenschaftler beim Schreiben auf Englisch bestehen, ist ebenfalls aufschlussreich, 29 11 10 8 7 4 3 0 10 20 30 Online Wörterbücher Beispielpublikationen Papierene Wörterbücher Google Word-Korrekturhilfe Synonymwörterbücher Maschinelle Übersetzung Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen 19 44 (2015) • Heft 1 was Herausgeber und Verlagsmitarbeiter über den Gebrauch der Fremdsprache denken, denn sie entscheiden mit darüber, wer Zugang zu den entsprechenden Publikationsorganen hat. 4. Einstellungen zu den Wissenschaftssprachen Englisch und Deutsch Der folgende Abschnitt untersucht Einstellungen zu den Wissenschaftssprachen Englisch und Deutsch und widmet sich somit dem Thema wissenschaftliche Mehrsprachigkeit. Darunter wird hier der Gebrauch von mehr als einer Sprache im wissenschaftlichen Kontext, unter den auch das Publizieren in internationalen Fachzeitschriften fällt, verstanden. Die Daten, die für diesen Teil herangezogen werden, stammen aus dem Projektteil „Publizieren“. Davon ausgehend, dass Herausgeber und Verlagsmitarbeiter eine Schlüsselrolle im Publikationsprozess einnehmen und als gatekeeper (vgl. T ARDY 2004) agieren, erscheint es vielversprechend, gerade die Sichtweisen dieser Zielgruppe zu Fragen der Mehrsprachigkeit genauer in den Blick zu nehmen. 4.1 Publikationssprachen in den untersuchten Fachzeitschriften Analysiert man die in die Untersuchung einbezogenen Fachzeitschriften hinsichtlich der Sprachen, in denen man dort Beiträge veröffentlichen kann 13 , ergibt sich mit Blick auf eine der Ausgangsannahmen des Projektes, dass der Stellenwert des Englischen in den gewählten Disziplinen variiert, folgendes Bild (vgl. Abb. 4): Disziplin Publikationssprache(n) in den untersuchten Zeitschriften Stellenwert des Deutschen nach Angabe der Befragten Biologie Englisch untergeordnet bis nicht existent Maschinenbau Englisch sehr gering Germanistische Linguistik Deutsch + (geringer Anteil) Englisch hoch Geschichte Deutsch + Englisch (+ Französisch) hoch Abb. 4: Publikationssprachen in den untersuchten Fachzeitschriften In der Biologie und im Maschinenbau dürfen Beiträge lediglich auf Englisch eingereicht werden. Die Frage nach anderen Publikationssprachen stellt sich offenbar schon lange nicht mehr. So finden sich beispielsweise im Style Sheet einer der beiden Maschinenbauzeitschriften keinerlei Angaben zur gewünschten Sprache, denn, so der Her- 13 Anders sieht es aus, wenn man nach dem Stellenwert der Sprachen Englisch und Deutsch für das Fach insgesamt fragt. Hier werden englische Fachtexte von allen Befragten als zentral (z.B. für die Lehre) eingeschätzt. 20 Claus Gnutzmann, Jenny Jakisch, Frank Rabe 44 (2015) • Heft 1 ausgeber, „das braucht man auch nicht ((B lacht)). Nein, das ist selbstverständlich“ (H8, MB, 00: 04: 23-9). In der Germanistischen Linguistik spielt das Deutsche noch eine zentrale Rolle, viele Teilnehmer der Studie (d.h. sowohl Wissenschaftler als auch Herausgeber, wenn sie in der Autorenrolle agieren) publizieren allerdings immer mehr auch auf Englisch. Einer der von uns befragten Herausgeber hat sich beispielsweise für die eigenen Veröffentlichungen ein Verhältnis von „drei Viertel Englisch, ein Viertel Deutsch“ zum Ziel gesetzt (H7, GL, 01: 08: 39-2) und begründet diese Präferenz für das Englische damit, dass für das eigene Fortkommen sowie das Einwerben von Drittmitteln die internationale Vernetzung unabdingbar sei. Der faktische Anteil englischsprachiger Publikationen ist in beiden untersuchten Zeitschriften der Germanistischen Linguistik allerdings verschwindend gering; es entspricht dem Selbstverständnis dieser Journals, dem Deutschen den Vorrang zu geben. Den Beiträgen ein englisches Abstract voranzustellen ist aber hier ebenso Usus, um eine größere potenzielle Leserschaft anzusprechen. Die größte Sprachenvielfalt lässt sich in der Geschichtswissenschaft finden, wenn auch in den untersuchten Zeitschriften andere Sprachen, wie beispielsweise das Französische, längst vom Englischen verdrängt wurden. Die dezidiert von einer der beiden Zeitschriften angestrebte Dreisprachigkeit hat sich nicht durchsetzen können: Weder gebe es ausreichend Abonnenten im Nachbarland, noch seien die Leser bereit, sich auf drei Sprachen einzulassen. Aus verlegerischer Perspektive ziehen mehrsprachige Publikationen ebenso Probleme nach sich, wie aus den Interviews mit Verlagsmitarbeitern hervorgeht. So sei nicht nur der Lektoratsaufwand bei mehr als einer Sprache deutlich höher, sondern auch die Ausrichtung auf eine bestimmte Zielgruppe sehr viel weniger klar. Das Produkt sei dann schwerer zu verkaufen. Vom Gedanken wissenschaftlicher Mehrsprachigkeit getragene Ziele treten somit in Konkurrenz zu marktwirtschaftlichen Überlegungen. Diese erste quantitative Annäherung an die Bestimmung der Rolle der Publikationssprachen Englisch und Deutsch soll im Folgenden durch eine Analyse der Sprachwahlbegründungen der Herausgeber und Verlagsmitarbeiter vertieft werden. 4.2 Sprachwahlbegründungen der Herausgeber und Verlagsmitarbeiter Die von den Befragten angeführten Argumente für oder gegen den Einsatz der jeweils vorherrschenden Sprache geben Einblicke in ihr wissenschaftliches Selbstverständnis, die von ihnen angestrebte Positionierung im Diskurs sowie die zugrunde liegende Auffassung von ‚guter‘ Forschung. Abb. 5 (  S. 21) gibt einen Überblick über Faktoren, die die Wahl der Publikationssprache, Deutsch oder Englisch, beeinflussen: Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen 21 44 (2015) • Heft 1 internationale Leserschaft adressierte Zielgruppe deutschsprachige Leserschaft globale Ausrichtung bearbeitetes Forschungsfeld zugeschnitten auf den deutschen Kontext Zusammenarbeit in internationalen Teams Arbeitsorganisation lokale Einzelarbeit niedrig wahrgenommener Stellenwert von Sprache Hoch Abb. 5: Einflussfaktoren auf die Wahl der Publikationssprache Richtet sich der Beitrag an ein internationales Publikum, kommt das Englische zum Einsatz (besonders in der Biologie und im Maschinenbau, s.o.). Dabei ist es die Aussicht auf weltweite Rezeption der erzielten Ergebnisse, die als entscheidender Vorteil der Lingua franca Englisch 14 gilt. Während das Deutsche mit einer gewissen ‚Begrenztheit‘ assoziiert wird, da es nur von einer ausgewählten Zielgruppe verstanden werden könne, eröffne das Englische den Zugang zur globalen community und erhöhe damit die Sichtbarkeit der eigenen Ergebnisse. Hinzu kommt, dass die Chancen auf eine hohe Zitationsquote und damit einen guten Impact Factor 15 der Zeitschrift sehr viel besser sind, wenn es sich um einen auf Englisch verfassten Artikel handelt. Neben Fragen der Vermarktung wird die adressierte Zielgruppe ferner durch die Anzahl der Diskurse geprägt. Gibt es, wie in der Biologie der Fall, nur noch einen globalen Diskurs, ist eine Wahlmöglichkeit der Publikationssprache nicht mehr gegeben. Deutsch kommt dann bestenfalls für populärwissenschaftliche Beiträge zum Einsatz, nicht aber für die Verbreitung neuester Forschungsresultate. Existiert hingegen neben dem internationalen Feld noch ein deutschsprachiger Diskurs, wie beispielsweise in der Germanistischen Linguistik und der Geschichtswissenschaft, kann dieser unter Mitarbeit aller Beteiligten aufrecht erhalten werden. Gleichwohl gibt es auch in diesen Disziplinen - nicht zuletzt aus Karrieregründen - einen wachsenden Druck, auf Englisch zu publizieren. Insbesondere bei Spezialthemen, an denen weltweit nur wenige Wissenschaftler arbeiten, müsse man überlegen, ob nicht eine Sprache mit stärkerer Verbreitung das zielführendere Medium sei, denn „wenn ich jetzt meinen Doktoranden sage, dass sie auf Deutsch publizieren sollen, dann sind die Kosten, dass sie internatio- 14 Folgt man den gängigen Definitionen, dann handelt es sich bei einer Lingua franca um ein sekundär erworbenes Sprachsystem bzw. eine Hilfssprache. Somit gibt es in einer Lingua franca-Kommunikation mithilfe einer natürlichen Sprache keine Muttersprachler der als Lingua franca verwendeten Sprache. Das bedeutet folglich, dass Muttersprachler des Englischen von einer Lingua franca-Kommunikation ausgeschlossen wären. Insofern wäre es angemessener, den Gebrauch des Englischen durch nicht-englische Muttersprachler in der internationalen Wissenschaftssprache als Fremdsprache und nicht als Lingua franca zu bezeichnen (vgl. Gnutzmann 2015). Hinzu kommt, dass der Begriff Lingua franca eine Ebenbürtigkeit unter den Autoren suggeriert, die aufgrund der kommunikativen Benachteiligung nichtmuttersprachlicher Wissenschaftler beim englischsprachigen Publizieren so nicht gegeben ist. 15 Die jährlich vom Privatunternehmen Thomson Reuters herausgegebenen Impact Factors sollen die Qualität wissenschaftlicher Zeitschriften messen. Sie basieren auf einer Zitationsanalyse der Zeitschriften, die in den Journal Citation Reports (ebenfalls Thomson Reuters) verzeichnet sind (vgl. http: / / wokinfo.com/ essays/ impact-factor/ , 22.9.2014) und sind vor allem für die Natur- und Technikwissenschaften relevant. 22 Claus Gnutzmann, Jenny Jakisch, Frank Rabe 44 (2015) • Heft 1 nal nicht wahrgenommen werden“ (H7, GL, 01: 07: 52-2). Ein Festhalten am Deutschen um jeden Preis käme damit einer selbstauferlegten wissenschaftlichen Isolation gleich. Allerdings ließe sich argumentieren, dass es gerade in der Qualifikationsphase, die für den wissenschaftlichen Nachwuchs ohnehin eine Vielzahl verschiedener Hürden bereithält, eine hohe Anforderung ist, in einer Fremdsprache zu publizieren und sich in die dazugehörenden Wissenschaftskulturen einzuarbeiten. Ein weiterer Faktor, der Einfluss auf die Wahl der Publikationssprache hat, ist das bearbeitete Forschungsfeld. Zum einen ist es die Beschaffenheit der Daten, die je nach Disziplin und beforschtem Themenfeld unterschiedlich ausfällt. Zum anderen ist es der Untersuchungsgegenstand selbst, der die Wahl einer bestimmten Publikationssprache nahelegt. Forscht jemand beispielsweise zur englischen oder amerikanischen Geschichte und arbeitet daher mit englischsprachigen Quellen, bietet es sich an, diese Sprache für den Beitrag zu wählen. Wenngleich es aus Verlagsperspektive verlockend erscheint, das Englische zu stärken und so den Absatzmarkt zu verbreitern, gibt es nach Aussage eines befragten Verlagsmitarbeiters aus der Germanistischen Linguistik keine Bestrebungen, für genuin germanistisch-linguistische Beiträge die Umstellung von Deutsch auf Englisch zu forcieren. In der allgemeinen Sprachwissenschaft sähe es allerdings anders aus; hier sei das Publizieren auf Englisch durchaus sinnvoll. Es ist in diesem Zusammenhang der Faktor Internationalisierung, der von vielen Befragten automatisch mit dem Gebrauch des Englischen gleichgesetzt zu werden scheint: Wissenschaft ist international und in der internationalen Gemeinschaft muss man eine Verständigungsmöglichkeit haben und wenn sich jetzt herausgestellt hat, dass das die englische Sprache ist, dann ist es das. […] Wenn man ein bisschen weiter Einfluss haben soll, dann geht es nicht umhin, dass man auf Englisch wechselt (H8, MB, 00: 53: 19-4). Den Wissenschaftssprachen Englisch und Deutsch werden in diesem Interview mit einem Herausgeber aus dem Maschinenbau bestimmte Domänen zugeordnet. Forschung für die deutsche Industrie könne weiterhin auf Deutsch kommuniziert werden 16 ; alles andere müsse auf Englisch geschehen. Bedenkenswert ist an der zitierten Passage die angedeutete Ursachenzuschreibung: Der Wechsel zum Englischen wird gleichsam als ‚natürlicher‘ Prozess beschrieben, der Herausgeber selbst sieht sich eher als Außenstehender dieser Entwicklung. In seiner Funktion als gatekeeper, d.h. derjenige, der über die (sprachliche) Gestaltung der Zeitschrift mitentscheiden kann, ist er daran jedoch weniger unbeteiligt, als es seiner Selbsteinschätzung entspricht. Unterschiede zwischen den im PEPG-Projekt untersuchten Disziplinen ergeben sich ferner hinsichtlich der Arbeitsorganisation. Während v.a. die Vertreter der Biologie und des Maschinenbaus die Aussicht auf Kooperation in internationalen Arbeitsgruppen als Vorteil der Lingua franca Englisch benennen, spielt dieser Faktor in den Interviews mit Germanistischen Linguisten und Geschichtswissenschaftlern weniger eine 16 Auch aus den Wissenschaftlerinterviews mit Vertretern des Maschinenbaus wissen wir, dass das Deutsche durchaus noch einen Platz für die anwendungsorientierte Forschung hat, die sich an deutschen Rahmenbedingungen und Vorgaben orientieren muss. Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen 23 44 (2015) • Heft 1 Rolle. Hier scheint eher die ‚lokale‘ Einzelarbeit die typische Arbeitsform zu sein (vgl. dazu auch den Punkt „Schreiborganisation“ in Abschnitt 3.2). Große Unterschiede zwischen den untersuchten Disziplinen, aber auch zwischen den interviewten Herausgebern und Verlagsmitarbeitern, lassen sich außerdem beim letzten Faktor der Abbildung, dem wahrgenommenen Stellenwert von Sprache, ausmachen. Es finden sich verschiedene subjektive Theorien dazu, inwiefern die gewählte Publikationssprache und die zu kommunizierenden Ergebnisse miteinander zusammenhängen. Sehr ausgeprägt ist das Bewusstsein für mit der Sprachwahl einhergehende Diskursunterschiede bei den Germanistischen Linguisten und Geschichtswissenschaftlern. Angesichts der Rolle, die Sprache in diesen Disziplinen spielt - immerhin ist sie Untersuchungsgegenstand, Erkenntnisinstrument wie auch Medium für die Kommunikation von Ergebnissen - erscheint es nachvollziehbar, dass die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Sprache mit Bedacht angegangen wird. So erläutert der Herausgeber einer Geschichtszeitschrift, dass es seitens der Wissenschaftler zwar ein verstärktes Interesse an englischsprachigen Publikationen gebe, ein unreflektierter und inhaltlich unbegründeter (s.o.) Wechsel zum Englischen aber nicht dem Selbstverständnis der Zeitschrift entspräche. Vielmehr sei Leitlinie, „dass deutsche Muttersprachler möglichst auf Deutsch schreiben sollen. Nicht aus irgendeinem Nationalismus heraus, sondern einfach, weil es dann zu einer differenzierteren Form der Darstellung und des Ausdrucks beiträgt“ (H3, G, 00: 42: 59-7). In der Geschichtswissenschaft als einer Disziplin, in der Erkenntnis aufs engste mit Sprache verbunden ist, gibt es somit gute Gründe, sich der Muttersprache zu bedienen. Die Einstellungen zur Frage, welche Rolle Sprache für die Erkenntnis und Kommunikation wissenschaftlicher Forschung spielt, können nicht allein an der Kategorie ‚Disziplin‘ festgemacht werden. Vielmehr zeigen unsere Daten, dass es individuelle Unterschiede unter den Befragten gibt. So könnte man annehmen, dass die Germanistischen Linguisten sich besonders ‚sprachsensibel‘ zeigen. Dies schließt aber nicht aus, dass ein Wechsel zum Englischen als eher unproblematisch angesehen wird: „In dem Bereich, in dem ich mich bewege, geht es oft um sehr technische Dinge und da ist so mein Eindruck, dass die Sprachwahl nicht so einen wahnsinnigen Unterschied macht“ (H7, GL, 00: 50: 57-6). Zwar erfordere das Verfassen eines englischsprachigen Artikels im Unterschied zu einer deutschen Publikation mehr Zeit und Aufwand, aber „das intellektuelle Ergebnis“ falle „nicht wesentlich anders“ (ebd.) aus. 17 Es kommt also darauf an, welche Art von Forschung die Befragten betreiben; die Disziplin allein kann dafür nur ein erster Anhaltspunkt sein. Der zitierte Herausgeber rückt damit in die Nähe der Natur- und Ingenieurwissenschaften, in denen die Ansprüche an die sprachliche Qualität eines Beitrags geringer ausfallen: „Sprache wird dazu benutzt, dass man erklärt, was man macht. Wie gut das gelingt, das ist ziemlich egal“ (H8, MB, 00: 22: 45- 0). Es liegt auf der Hand, dass der Wechsel zum Publizieren in einer Fremdsprache innerhalb solcher Rahmenbedingungen leichter vollzogen werden kann und - zumin- 17 Der interviewte Herausgeber argumentiert hier aus der Rolle des Wissenschaftlers, der er gleichzeitig auch ist. 24 Claus Gnutzmann, Jenny Jakisch, Frank Rabe 44 (2015) • Heft 1 dest auf den ersten Blick - weniger kontrovers erscheint. Andere Interviewzitate zeigen jedoch, dass, zumindest auf Herausgeberseite, die sprachliche Gestaltung eines Beitrags selbst in der Biologie und dem Maschinenbau stärker ins Gewicht fallen kann. So beeinflusse die Qualität der Darstellung (und damit die Sprache) durchaus die Wahrnehmung der präsentierten Ergebnisse seitens der Gutachter (vgl. H4, B, 00: 10: 01-2) und führe dazu, dass der Artikel stärker rezipiert werde: „Man liest es einfach lieber. Man empfiehlt es auch lieber weiter und sagt, das ist ein schöner Artikel, das ist schön geschrieben, das kann man anständig verstehen, weil es auch gut beschrieben ist“ (V2, MB, 00: 26: 18-4). 4.3 Wissenschaftliche Mehrsprachigkeit Alle Befragten teilen die Auffassung, dass das Englische die zentrale Wissenschaftssprache (Biologie und Maschinenbau) bzw. ein wichtiges Kommunikationsmedium zur Erreichung bestimmter Zielgruppen ist (Germanistische Linguistik und Geschichte). Insbesondere die erstgenannte Gruppe akzentuiert die Vorteile einer gemeinsam geteilten Wissenschaftssprache und gibt zu verstehen, dass sich die vorherrschende Dominanz des Englischen in der schriftlichen Kommunikation kaum mehr beeinflussen lässt. Es bringe nichts, so der Tenor, die gegenwärtige Situation zu hinterfragen oder gegen diese anzugehen, sondern „man muss einfach gucken, dass man da mitkommen kann“ (H4, B, 00: 29: 25-7). Wiewohl es nachvollziehbar ist, dass es einen gewissen ‚Zwang‘ gibt, mitzuhalten und die Spielregeln zu befolgen, stellt sich doch die Frage, ob der Umschwung aufs Englische nicht allzu unkritisch vollzogen wurde. In vielen Interviews wird die Überlegenheit dieser Sprache nämlich als gleichsam ‚naturwüchsige‘ Entwicklung gesehen, deren Initiatoren man nicht eindeutig benennen könne. Aussagen wie die des folgenden Maschinenbau-Herausgebers bilden die Ausnahme. Dass Englisch die zentrale Wissenschaftssprache ist, „liegt daran, dass wir an der Stelle uns selbst aufgegeben haben, was mit Entwicklung zweiter Weltkrieg und danach zusammenhängt“ (H6, MB, 00: 03: 17-6). Die vom Befragten vorgenommene historische Verortung impliziert zwar nicht, dass sich dieser Prozess wieder umkehren lässt, stellt die Vormachtstellung des Englischen aber in den Kontext historischer und gesellschaftlicher Strömungen, die sich wieder ändern können. Bei entsprechender Bereitschaft der Beteiligten („wir“) wäre damit zumindest nicht ausgeschlossen, der Tendenz zu English only ein Gegengewicht entgegenzustellen. In den weniger stark von der Anglisierung betroffenen Disziplinen Germanistische Linguistik und Geschichte findet sich tendenziell eine eher mehrsprachigkeitsförderliche Haltung. Sprachenvielfalt wird hier mit Gedankenvielfalt in Verbindung gebracht: „Je vielfältiger das Spektrum der benutzten Sprachen ist, desto eigenständiger wird das sein, was da jeweils gedacht wird“ (H1, GL, 01: 28: 17-8). Dabei geht es dem hier zitierten Herausgeber aus der Germanistischen Linguistik nicht nur um ein hohes Maß an Kreativität in der eigenen Arbeit, sondern um ‚Gelingensbedingungen‘ des wissenschaftlichen Arbeitens in einem globaleren Sinn: Deutsch und Englisch als Wissenschaftssprachen 25 44 (2015) • Heft 1 Wir haben […] eine immer stärkere Uniformierung im Wissenschaftsprozess, auch international, in den Gattungen, die sich etablieren, in den Formen der sprachlichen Problembearbeitung. Und je mehr das der Fall ist, desto mehr sind wir eigentlich darauf angewiesen, dass eben auch Divergenz produziert wird, weil das ist der Job der Wissenschaft (ebd.). Die Wissenschaft lebe von innovativen Ideen und dem Besonderen, wie es nicht zuletzt in den unterschiedlichen Sprachen steckt - etwas, das man sich aus Sicht des Befragten gerade im Zeitalter der Globalisierung und der daraus zum Teil resultierenden ‚Gleichförmigkeit‘ erhalten müsse. Es ist jedoch nicht so, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Disziplin (hier Germanistische Linguistik) den Wunsch nach Erhalt von Mehrsprachigkeit nach sich zieht. Die interviewten Verlagsmitarbeiter beispielsweise sehen sich eher als Beobachter der stattfindenden sprachlichen Entwicklungen und vertreten die Auffassung, dass man in derartige Prozesse nicht eingreifen solle: „Sprachen muss man nicht beschützen. Sprachen entwickeln sich von selbst und reagieren auf neue Umstände“ (V5, GL, 01: 08: 38-9). Ob eine solche, als ‚Neutralität‘ verstandene Haltung sich allerdings förderlich auf den Erhalt des Deutschen als Wissenschaftssprache auswirkt, sei dahingestellt. 5. Fazit und Implikationen Eines der Ziele des Projekts bestand darin, Herausforderungen sichtbar zu machen, denen deutsche Wissenschaftler beim Schreiben auf Englisch begegnen müssen, und zu verdeutlichen, wie diese bewältigt werden. Es wurde aufgezeigt, dass die Befragten lexikalische (z.B. zweisprachige Wörterbücher, Google) und sozioakademische Ressourcen (Schreibkooperation) nutzen, um sprachliche und publikationsbezogene Probleme zu überwinden und erfolgreich in englischsprachigen Fachzeitschriften zu veröffentlichen. Trotz der allgemein großen Bedeutung von Englischkompetenz für das wissenschaftliche Schreiben und Publizieren ist die individuelle Sprachkompetenz der Wissenschaftler nicht immer für den Publikationserfolg ausschlaggebend, sondern kann zum Teil über Teamarbeit und die strategische Nutzung vorhandener Ressourcen ausgeglichen werden. Es konnte ferner herausgearbeitet werden, dass „Schreiben auf Englisch“ je nach Disziplin etwas anderes meint. Besonders Wissenschaftler aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich (hier Historiker) müssen in der Regel höheren sprachlichen Anforderungen gerecht werden, um erfolgreich auf Englisch zu publizieren als Forscher natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Fächer (hier vor allem Biologie). Dies liegt nicht zuletzt an der Möglichkeit der Autoren, ‚Sprachbausteine‘ aufgrund der Rigidität der Textsorte Forschungsartikel systematisch wiederzuverwenden. In einer didaktischen Dimensionierung folgt aus den Erkenntnissen des Projektteils „Schreiben“, dass nicht nur individuelle Strategien wie das Schreiben und Überarbeiten eines Artikels Unterrichtsgegenstand wissenschaftlicher Schreibkurse sein können, sondern dass die Handhabung technischer Hilfsmittel (wie Google, Google Docs, Änderungen-Verfolgen-Modus) ebenfalls verstärkt Berücksichtigung finden müsste. Darüber hinaus wäre bei der Konzeption derartiger Kurse die soziale Dimension des 26 Claus Gnutzmann, Jenny Jakisch, Frank Rabe 44 (2015) • Heft 1 Schreibens und Publizierens (d.h. die Zusammenarbeit mit Kollegen, Korrekturlesern, Gutachtern und Herausgebern) stärker zu beachten. Die präsentierten Daten aus dem Projektteil „Publizieren“ ließen deutlich werden, dass Fragen der wissenschaftlichen Mehrsprachigkeit nur in Abhängigkeit von der untersuchten Disziplin beantwortet werden können. In der Biologie und im Maschinenbau hat sich das Englische zur einzigen Publikationssprache entwickelt und wird von unseren Befragten als alternativlos wahrgenommen, um Forschungsergebnisse in den internationalen Diskurs einzuspeisen. In der Germanistischen Linguistik und Geschichtswissenschaft besteht ein größeres Interesse am Erhalt sprachlicher Vielfalt, da Sprache hier sowohl Gegenstand, Produkt als auch Medium von Forschung ist und das Publizieren in einer Fremdsprache somit weitreichende Konsequenzen hat. Neben Sichtweisen, die auf die Spezifika der jeweiligen Disziplinen zurückgeführt werden können (z.B. die vermeintlich nachgeordnete Bedeutung von Sprache in den Naturwissenschaften), ist es aber auch ein komplexes Geflecht aus individuellen, vermutlich auf die außeruniversitäre Sozialisierung der Befragten zurückgehenden Auffassungen zu Sprache, die die Haltung zu Fragen der Mehrsprachigkeit unter den interviewten Herausgebern und Verlagsmitarbeitern prägen. Als mögliche didaktische Perspektivierung der aus dem Projektteil „Publizieren“ gewonnenen Einsichten ließe sich der Wunsch nach einer stärkeren Berücksichtigung des Themas wissenschaftliche Mehrsprachigkeit in Schreibkursen sowie während der ‚Ausbildung‘ des wissenschaftlichen Nachwuchses formulieren. Solange die Beteiligten lediglich auf die Umstände reagieren, wird das Englische weiterhin ungehindert Einzug in die Wissenschaftskommunikation halten können. Gelänge es jedoch, den Akteuren zu verdeutlichen, welchen Nutzen sie aus dem Eintreten für wissenschaftliche Mehrsprachigkeit ziehen können, dürfte sich ein English only-Szenario - zumindest dann, wenn der Gebrauch der Fremdsprache nicht zwingend nötig ist - erfolgreich abwenden lassen. Literatur A GUADO , Karin (2002): „Formelhafte Sequenzen und ihre Funktionen für den L2-Erwerb“. In: Zeitschrift für Angewandte Linguistik 37, 27-49. A MMON , Ulrich (1998): Ist Deutsch noch internationale Wissenschaftssprache? 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Within a genre analytic paradigm, however, the importance of communicative purpose for the identification of genres suggests a need for a different conceptualisation, namely one where student genres are viewed as independent genres. Following such an argumentation, this paper investigates L2 academic student papers, with a focus on introductions and conclusions. Altogether 56 papers were analysed in terms of their genre structures, and all student authors provided questionnaire data about their intentions in writing these papers. Findings suggest a clear set of shared communicative purposes, with, however, some interesting mismatches in student writing. Firstly, some purposes are identified and realised which are not deemed appropriate by expert members of the discourse community and, secondly, despite overtly identifying appropriate communicative purposes, textual realisations do not match these. Both of these mismatches have clear pedagogic implications related to fostering students’ genre awareness and genre competence. 1. Introduction With the unprecedented spread of English as an academic lingua franca (B JÖRKMAN 2013), the reality of an increasing number of university students is that academic writing in English is a required skill for speakers of all languages and in most disciplines. While many institutions, especially in the Anglophone world, have been accustomed to providing specialised teaching in response to the widening participation in Higher Education, many continental European universities have only recently begun to offer L1 support for academic writing and are now being faced with additional pressure to provide relevant support in the L2 English. For many teachers and students, this involves first pinning down the elusive nature of English for Academic Purposes (EAP) and then directing students towards the specific requirements of writing in their disciplines. In this context, it is noticeable that an institutional, overt awareness of the types of texts, or genres, required of student authors is often lacking, and university teachers * Address for correspondence: Julia H ÜTTNER , MA, MSc, PhD, Lecturer in Applied Linguistics, University of Southampton, Department of Modern Languages, Avenue Campus, Highfield Road, SO171BF, S OUTHAMPTON , UK. E-Mail: J.Huettner@soton.ac.uk Research areas: English language learning and teaching, CLIL, English Medium Instruction. 30 Julia Hüttner 44 (2015) • Heft 1 assume that students will be capable of producing the required texts, provided students have sufficient knowledge of the content areas. Moreover, the implicit assumption made, often by both students and lecturers, is that student writing is a weaker copy of its expert counterpart, and that EAP constitutes a homogeneous whole of writing practices, rather than a complex cluster of individual genres. Taking the premise of genre studies in an ESP framework (S WALES 1990, 2004; B HATIA 1993, 2004), this paper presupposes the existence of independent student genres, identified by specific clusters of communicative purposes. The more specific focus taken here lies on the pedagogic implications to be found in the interaction between the communicative purposes overtly reported by the novice student authors and the textual enactment of those in genre-based move structures. Didactic implications from these relationships will be discussed based on findings from introductions and conclusions to student papers. 2. Genre studies 2.1 Analysing genres Arriving at a shared definition of genre is a fraught endeavour, given its “historical baggage” (K RESS 1993: 31) and contested nature (N ESI / G ARDNER 2012: 24). I here follow what has been termed the ‘ESP approach’ to genre analysis (H YON 1996). This approach places emphasis on the unique sets of communicative purposes that are fulfilled by distinct academic genres and the central position of this criterion is underlined in the definition of genre as: a class of communicative events, the members of which share some set of communicative purposes. These purposes are recognized by the expert members of the discourse community, and thereby constitute the rationale for the genre. This rationale shapes the schematic structure of the discourse and influences and constrains choice of content and style (S WALES 1990: 58). While central to the conceptualisation of genre here, the need for prolonged fieldwork in the difficult process of unambiguously identifying communicative purpose has been acknowledged (A SKEHAVE / S WALES 2001). Overall, however, the focus of a genrebased view of academic writing on purpose has provided a clear challenge to any conceptualisation of EAP as a homogeneous whole, positing it instead as consisting of a variety of individual genres, partly clustered in ‘genre-colonies’ (B HATIA 2004: 57-58) related by similarities in purpose or by disciplinary affiliation. As I have argued elsewhere (H ÜTTNER 2007, 2008), this conceptualisation of genre of necessity implies a distinction between expert and student genres, given the difference in communicative purpose between, for instance, a research article and student essay. Following on from an identification of communicative purpose which the genre should achieve, the analysis aims to identify a move structure. Moves in this framework signal functional parts with specific communicative intentions which together constitute the overall communicative purpose of the genre, or, more precisely, a move Communicative purpose in students genres: Evidence from authors and texts 31 44 (2015) • Heft 1 is “a discoursal or rhetorical unit that performs a coherent communicative function in a written or spoken discourse” (S WALES 2004: 228). B HATIA (1993) developed a 7-step procedure of analysing genres, which combined textual analyses with an identification of communicative purposes and genre relationships. 2.2 Genres in student writing The overall importance of genre studies in informing the teaching of academic writing has been highlighted by N ESI / G ARDNER (2012: 4), who state that writing classes need to teach students about genres of writing, and writing teachers need to be able to discern what the key features of these genres are. In more specific terms, there would seem to be two questions related to the teaching of genres of writing to students. Firstly, the ‘what’ question, i.e. which genres to teach students, and, secondly, the ‘how’ question, i.e. the means and methods of genre-based instruction. If we turn first to the ‘what’ question, I would argue that there are decided differences between expert and student writing in that the respective genres are intended for a different audience and serve a different communicative purpose. Few student papers report original research, and even fewer can realistically claim that this research had been noticeably missing from the field earlier, which would, however, be expected purposes of expert writing. On the other hand, there are communicative purposes that student papers need to fulfil which are not or less required from expert papers; first of all, showing familiarity with previous research and the ability to evaluate this research is much more pronounced in student writing. Additionally, showing the reader familiarity with the methods of arguing a case and the ability of logical reasoning are also in the foreground. If we remember that communicative purpose is the overriding distinctive feature of genres, we might reasonably expect that student papers show a higher level of difference from expert papers than if they were merely weaker copies of it. In earlier work (H ÜTTNER 2008) I have presented a methodology of analysing student genres with a view towards taking into account the position of students as ‘legitimate peripheral members’ (L AVE / W ENGER 1991) of the academic discourse community and the role as gatekeepers of expert members of this community. This analytic process leading to a move structure of student genres includes an account of, firstly, the moves occurring in the specific genres and, secondly, a refined move structure, consisting of the sub-set of the recurring moves that has been ratified as appropriate for the given genre by expert members of the discourse community. In the process of analysis, interesting information is also gleaned about moves that are frequently produced by student authors, but deemed inappropriate by experts (cf. H ÜTTNER 2008). The resulting genre models are, I would argue, • realistic, i.e. they reflect students’ communicative purposes for this genre; • achievable, i.e. they reflect students’ linguistic and communicative abilities and experience; 32 Julia Hüttner 44 (2015) • Heft 1 • acceptable, i.e. they are assessed favourably by the gatekeepers at the respective institutions. N ESI / G ARDNER (2012) present a comprehensive overview of student genres across various disciplines, based on textual analyses of successful student writing and on interviews with both students and lecturers. However, not all genre analysts share the notion of distinct student genres; H YLAND (2013: 144 passim), for instance, in his discussion of disciplinary differences appears to imply that expert genres are suitable models for student writers. This is rather unquestioned, and might be related to a focus on students towards the end of their degrees, when the boundaries between student and expert genres begin to blur. With regard to the ‘how’ question, there have been numerous activities devoted to providing genre-sensitive teaching, which aim at enabling learners to become accepted members of a specific discourse community. As this requires proficiency in specific genres, learners need to discover the communicative purposes of these genres, and thus raise their genre awareness. Secondly, learners need to understand the relationships between these purposes and the rhetorical strategies employed. The latter is often arrived at by encouraging student writers’ discovery learning with the aid of linguistic corprora. (cf. P ALTRIDGE 2001; S KULSTAD 2002: 45-46) Extant research into the effects of genre-informed suggests that there is some benefit in using the concepts of both genre and discourse community to further students’ abilities as independent producers of specific genres. (cf. D UDLEY -E VANS 2002; G ULEFF 2002; J OHNS 1995, J OHNS 2002; P ALTRIDGE 2002; S WALES / L INDEMANN 2002) The study presented here addresses diverse types of relationship between student genre models, overt communicative purposes of student writers and specific textualisations with the aim of outlining some didactic challenges. 3. Empirical study 3.1 Data set The study presented here was conducted with 66 second year students at the Department of English and American Studies of the University of Vienna. Students attended the ‘Proseminar’ in linguistics, the first course in the curriculum where they are required to produce a longer piece of academic writing, more specifically a 3,000 word essay on a topic in linguistics. The data set for this study consists of 66 student questionnaires, 6 in-depth interviews with students, 56 student paper introductions and 56 student paper conclusions. Questionnaires and interviews aimed to tap into students’ genre awareness, their writing objective and attitudes towards and practices of academic writing. In addition, questionnaires were used to establish background information, including previous academic writing experience. Communicative purpose in students genres: Evidence from authors and texts 33 44 (2015) • Heft 1 Data Source Number Student Questionnaire 66 1 Semi-Structured Student Interview 6 Student paper introduction 56 Student paper conclusion 56 Table 1: Overview of Data Set The student introductions and conclusions were analysed following ‘extended genre analysis’ (H ÜTTNER 2008), an adaptation of genre analysis in the ESP tradition (B HATIA 1993, 2004; S WALES 1990, 2004), which takes the special status of student genres into full account. Descriptive statistics of the questionnaire data were arrived at with the help of SPSS, and a qualitative content analysis was conducted of the semistructured interviews. 3.2 Findings 3.2.1 Student views on communicative purposes of academic genres Interviews on the conceptualisation of student writing, both in terms of the genres produced and the differences to personal or school writing, were conducted with six students who were deemed highly successful academic writers by both their academic teachers and in their self-assessment. Analyses suggest that these student writers viewed the main communicative purpose of their papers as ‘informing the reader’. Prompting revealed that this was partly considered as providing a clear account of a particular phenomenon, akin to the type of writing found in textbooks. One participant highlighted the informative purpose also in the need to take the reader into account by noting: Well, you have to make sure that […] the other (the reader) understands this […] and bring lots of examples This links in with one of the overall communicative purposes of student academic writing identified by N ESI / G ARDNER (2012: 27), namely “to demonstrate disciplinary knowledge and understanding”. An additional aspect of this in my data was the focus on students on “displaying their learning”. Unlike authors of textbooks or research articles, student writers are aware that the information they relate is still fairly new to themselves, having been acquired through their reading on the topic and/ or their individual empirical projects. I would therefore argue for identifying the overall communicative purpose as “displaying disciplinary knowledge as acquired through recent learning”. The self-image of student authors as having such disciplinary knowledge is 1 Students in one class were allowed to write joint papers; hence, the number of students is larger than that of seminar papers. 34 Julia Hüttner 44 (2015) • Heft 1 at times slightly ironic, as the following extract of an answer to the question of what constitutes academic writing highlights: So that it sounds - under inverted commas - clever In terms of the constraints of style that the students identified, students mentioned two aspects; firstly, what was termed as ‘academic style’ and secondly, what students related as ‘objective stance’. For the former, features that were highlighted were the use of particular items of Latinate vocabulary and of connective devices (e.g. however) and for the latter, the focus was on, firstly, using and quoting adequate source materials and, secondly, using the passive voice and avoiding the use of the first person personal pronoun. These stylistic features were - in addition to the increased length - the areas highlighted as the most different from previous, largely personal, writing tasks in English language classes. In terms of structural constraints, the overall frame of ‘introduction / body / conclusion’ was highlighted with some comments relating to overall clarity. The question of where these notions of stylistic and structural constraints originate from cannot be addressed in full here, but it is worth noting that the academic writing materials in use devote a lot of space to instructions on how to quote source material and on the need of using cohesive devices. Textual analyses of the student papers suggest, however, that despite the frequent use of cohesive devices, these seem to be at times ‘sprinkled’ over the text with scant regard to their underlying function of structuring the text according to particular logical links. As an example, both the connectors therefore and however are frequently used to indicate additive (rather than causal or concessive) relationships. In addition to this general conceptualisation of academic writing, my analysis focused on two essential parts of the student papers, i.e. the introduction and conclusion. Both of these paper constituents are essential, as evidenced in the comments of lecturers, and are considered as rather difficult by the student writers. In the following, the move structures established for these genre constituents will be brought into a relationship with the communicative purposes identified by the students for these. Matches and mismatches in this area, I would argue, foreground specific didactic needs with regard to academic writing. 3.2.2 Genre structure and conceptualisations of student paper introductions The extended genre analysis of student paper introductions gave rise to the following overall move structure. Note that in addition to the obligatory moves, there are also sub-ordinate strategies (identified here by letters a-f) and steps (shown in italics). Both of these are sub-ordinate to moves, with strategies indicating alternative ways or realising the over-arching move and hence indicate choice. Steps are dependent on a particular strategy being realised, so that, for instance, the step narrowing down aim would only be realised if the strategy of ‘presenting aim’ is realised as well. Communicative purpose in students genres: Evidence from authors and texts 35 44 (2015) • Heft 1 Move 1: LEADING INTO THE TOPIC a. provide background (general/ other discipline) b. provide background (language-related/ linguistics) c. provide background in form of personal narrative d. teasers e. show problem and possible solution Move 2: S TATING PURPOSE a. presenting aim limitations narrowing down aim b. presenting hypothesis/ expectations reason for hypothesis/ expectations c. presenting topic reason for choice limitations in topic narrowing down topic expanding topic explanation of topic Move 3: P REVIEW P APER a. outline of entire paper b. preview theoretical aspects c. preview results d. preview method/ data (collection) reason for choice evaluation of method Figure 1: Genre structure of student paper introductions This structure bears some similarity to the established CARS (Create-A-Research- Space) structure of expert research article introductions, especially in Moves 1, ‘establishing a territory’, and 3, ‘outlining the present work’. Nevertheless, there is one notable exception to these similarities in the absence in the student genre of a self-promotional element. This purpose is realised by experts in Move 2, which creates or highlights an existing gap in extant research, to be filled by Move 3. (S WALES 2004: 230, 232) This focus on displaying knowledge and learning, without vying for readership, resonates with the needs of student writers. In the student questionnaires, participants were asked to identify the three most relevant communicative purposes in both the introduction and the conclusion of their paper. The four most frequently given communicative objectives for student paper introductions are as follows: 36 Julia Hüttner 44 (2015) • Heft 1 Rank Communicative Objective Number (N=66) Percentage 1 Saying what the topic of the paper is 46 69.7 2 Saying what the main points of the paper are 41 62.1 3 Trying to get the reader interested 40 60.6 4 Presenting the structure of the paper 23 34.8 Table 2: Communicative objectives in student paper introductions This list suggests that students identify a clear cluster of the three top communicative purposes, which is, however, not entirely borne out in the overall genre textualisations produced. The purpose of “trying to get the reader interested”, cited by 60.6% of authors, features in instructions given to students by their university lecturers; similarly, some of the guidelines for academic writing used in the courses stipulate that merely giving the purpose of a paper is not enough, and that similarly to expert research articles, there ought to be an appeal to the prospective readership. (S WALES / F EAK 2012: 329) In the student paper introductions analysed there are, however, no move realisations that appear to directly represent this purpose. The closest we get are authors who highlight their own interest in the topic, with the implicit assumption that this interest will be shared by the readers. This is, to some extent, in line with expert research article introductions that focus on the general interest extant in the issues to be explored in the article. An example of this common practice is the following first line of a Research Article, published in the journal English for Specific Purposes. Recent years have seen much interest in the phenomenon of formulaic language ( D URRANT / M ATHEWS -A YDINLI 2011). A mismatch of a different nature exists in the move ‘leading into the topic’, which found textual realisation in 60.7% of all student introductions, but only 24% of participants listed communicative purposes that relate to this move, e.g. ‘providing background to the topic’. The reasons for this are not entirely clear, but arguably the fact that ‘Leading into the Topic’ is often realised in very short textual passage might create an impression of less salience on the part of the student authors. Overall, however, we can note that student authors show some genre awareness in terms of appropriate communicative purposes and move realisations in their paper introductions. 3.2.2 Genre structure and conceptualisations of student paper conclusions The extended genre analysis of student paper conclusions led to the following overall move structure: Communicative purpose in students genres: Evidence from authors and texts 37 44 (2015) • Heft 1 1. P ROVIDE A SUMMARY STATEMENT OR REVIEW a. Summarise results i. Give reason for results b. Review paper/ parts of paper 2. Q UALIFY AND EVALUATE THE PAPER / RESULTS a. Emphasise importance of results/ topic/ effect of results b. Present limitations of results/ topic i. Reasons for limitations 3. P ROVIDE A WIDER OUTLOOK / EMBED THE PAPER a. presenting aspects (negative) of theory b. presenting aspects (positive or negative) of empirical work c. reflecting on personal growth/ development d. explaining personal interest in topic e. presenting personal opinion on topic/ results Figure 2: Genre Structure of Student Paper Conclusions In addition there were two further moves, i.e. ‘appeal to the reader’ and ‘acknowledge gratitude’, which both in terms of frequency of occurrence and expert evaluations were considered possible, but not core features of the genre. Of greater interest are the two moves which were realised comparatively frequently in the student texts, but considered inappropriate by experts. These two moves were ‘provide a personal reflection’, realised in 32.7% of texts, and ‘present new information’, realised in 23.6% of texts. This overall move structure quite clearly differs from the one that could be established for expert research article conclusions (Lewin et al. 2001). Noticeable differences lie in the fact that expert conclusions have a fully obligatory move of ‘report accomplishments’ to focus on the significance of the results and, in a sense, draw a real conclusion. Student conclusions, on the other hand, combined this with a more neutral review. While this might seem rather minimal, it does show that even if it is acceptable for students to simply run through what has been presented in the paper again, for experts it is vital to draw a clear conclusion. Additionally, the strategic importance for experts of placing their research and, in a way, of defending their future research space, is evidenced in the ‘state implications’ and also in the ‘ward off counterclaims’ move, which addresses any potential criticism by emphasizing the value of their results despite - minor - limitations. (cf. Lewin et al. 2001: 65-66; 89). Thus, we can see that similarly to introductions, experts need to address a communicative purpose which is additional to the overarching one of bringing the paper to a close, and that is self-promotional and in a sense follows from creating a research niche 38 Julia Hüttner 44 (2015) • Heft 1 in the introduction to defending this research space in the conclusion. This purpose is clearly not shared by the student writers, whose group responses regarding the communicative purposes of their paper conclusions are shown in Table 3. Rank Objectives Total number (N=63 2 ) Percentage 1 saying what the main points of the paper were 59 93.7 2 continuing with some aspects raised earlier in the paper 23 36.5 3 apologising for any limitations of the paper 23 36.5 4 showing the relevance of the topic for myself 21 33.3 Table 3: Communicative objectives in student paper conclusions What is evident from this list is a much clearer agreement on the single most important objective, i.e. ‘saying what the main points of the paper were’ than could be established for the paper introductions. The next group of purposes are, however, much more problematic. Firstly, we can see that in position two and position four arguably relate to genre moves that are not deemed as appropriate by gatekeepers. Thus, the purpose of ‘continuing with some aspects raised earlier in the paper’ might be realised as the move ‘Present new information’, and the purpose ‘showing the relevance of the topic for myself’ might lead to a ‘Reflection’ move. The latter is clearly in line with the overarching communicative purpose identified for student academic writing earlier of showing learning, in this case by reflecting on a completed learning experience in academic research. In sum, the findings of this study suggest that learners have some genre awareness, noticeably in identifying part of the core moves of student genres, e.g. introductions and conclusions of academic papers. However, there is also some confusion in terms of acceptable moves, especially in the conclusion, with a sizeable proportion of student authors viewing a continuation of presenting new information as well as a reflection section as appropriate, in contrast to expert gatekeepers. Apart from this level of genre awareness, we also find that the realisation of purposes in text can be fraught with difficulties. 3.3 Illustrative examples The use of identifiers (names or matched pseudonyms) in the questionnaires enabled a link between overt communicative purposes identified by individual authors and their specific texts. In the following I shall present two text extracts to highlight diverse pedagogic issues. 2 This number is lower than the total for introductions, as three students did not answer this section of the questionnaire. Communicative purpose in students genres: Evidence from authors and texts 39 44 (2015) • Heft 1 3.3.1 Example 1: Identification and realisation of inappropriate communicative purposes The author in this case gave as her communicative purposes the following three points; firstly, continuing with some aspects of the paper, secondly, saying what action should be taken regarding the topic, and finally, presenting her own opinion. The paper itself, written in a sociolinguistics class, focused on language mixing and borrowing in Austria and France. In the following, one move of the conclusion is presented. Extract 1: Student Paper Conclusion I think the use of Anglicisms is, above all, due to the cultural influence of those countries in which English is spoken. The English language has not only a great effect on the field of music, but also on the one of films, sports and science. The majority of films that are released each month are produced in the United States - in France again, there come out more homemade films than in Austria. To prove this statement, I compared the film releases of January in both countries and found out that in France 44.4% are originally in English and 30.5% are in French, whereas in Austria 66.6% are English films and 16.6% were shot in German. We can note that this extract, which presents information not previously discussed in the paper, would typically be found in a results section, rather than a conclusion. It does, however, very clearly match the author’s purpose of continuing with aspects of her paper. The problem of this author, then, seems to be a lack of genre awareness. She is clearly able to turn her communicative purpose into academic text, but the purpose itself is not appropriate for the genre that she is producing. Arguably, the kind of intervention needed for this student would address her explicit knowledge of which communicative purposes are appropriate for which genre (or genre sections) and thus address overt genre awareness. 3.3.2 Example 2: Absent textualisation of appropriate communicative purposes The author of this text identified these three communicative purposes for her introduction: firstly, raise interest of reader, secondly, present the topic and finally, present the structure of the paper. These purposes are highly appropriate for a student paper introduction and, indeed, many students who quoted similar communicative purposes produced highly successful texts. This introduction, however, was less successful as can be shown below. 40 Julia Hüttner 44 (2015) • Heft 1 Extract 2: Student Paper Introduction This topic was chosen regarding my own families experiences as immigrants to Australia. Both of my parents emigrated to Australia but independent of family background and age. My mother’s family left [..] in [..] when my mother was [..] years of age. It was my grandfather’s decision because he expected better living conditions in Australia and he was simply adventurous. My father left [..] in [..] at the age of [..] and his decision to move was personal and also because at this time it was a real boom to go abroad. The newspapers were full of big advertising campaigns and advertising pillars on the streets tempted people too, to emigrate. [continues with 16 more lines of family history] An analysis shows that the genre structure of this introduction consists of only two moves, i.e. ‘give reason for topic choice’ and ‘provide background as personal narrative’. The former is a dependent step and would typically only be realised in conjunction with the strategy of ‘presenting topic’, which is absent in this text. The latter move is a strategy to the overarching ‘leading into the topic’ move. While this student showed fairly good genre awareness in identifying the overall communicative purposes of a student paper introduction in her overt statements of what she planned to achieve in her text, her textual realisation of these purposes fell short. Thus, there is no presentation of the topic or of the structure of the paper and the issue of raising the reader’s interest is, as discussed earlier, only implicit in writing about a history that is clearly of interest to the writer. Apart from non-realisation of specific purposes, there is an added difficulty in that she presents a reason for her topic choice in line 1, but without presenting the actual topic. Arguably, just on reading the introduction several topics are potential candidates for the remainder of the paper, which in fact is on second language learning. 4. Implications for practice This contribution has highlighted the need to conceptualise student academic writing as consisting of specific genres that have student-specific communicative purposes and genre structure. I have suggested a means of arriving at student genre structures by analysing actual student productions, as well as eliciting expert information to ensure that the final structure is acceptable, achievable and appropriate. I would also argue strongly for the use of these student genres structures as teaching models as these, firstly, correspond to the actual communicative purposes that student writers have at this stage in their academic development, such as showing their learning, which are Communicative purpose in students genres: Evidence from authors and texts 41 44 (2015) • Heft 1 unlike those of experienced researchers writing articles. The still prevalent use of expert genres as student models will, I would argue, makes student writers less able to see the correspondence between communicative purpose, genre structure and actual textualisation. Such a practice arguably leads students to copy written structures without being able to relate these to their reality - to which, indeed, they do not relate - and might well turn students into insecure writers or even disengaged copiers. On the other hand, showing students how genre structures relate to and support their own communicative purposes should lead to the development of transferable skills as accomplished writers. The difference between student models and expert texts will, however, develop over the course of the ‘academic apprenticeship’ and a Master’s thesis or PhD will resemble expert genres, both in purpose and in structure, more closely than a first year student paper. The examples discussed here highlight three distinct areas of difficulty for student writers, which call for diverse pedagogic interventions. On the one hand, we have students who seem unaware of the communicative purposes that should be addressed in specific genres (see example 1), and so textualise purposes that experts deem inappropriate. In my own practice, I have found that for this type of problem overt genre awareness-raising tasks are reasonably effective. In these, students are led to a discussion of which purposes might be aimed at in which texts and - if necessary - challenged or even corrected. Ideally, this involves mostly peer-interaction with some teacher guidance. A study with 21 participants showed that the use of inappropriate moves was dramatically reduced by raising awareness in this manner, even though the intervention consisted only of a three hour genre-based workshop (H ÜTTNER 2007). The second example showed a very different problem as the student had a good awareness of the purposes that her introduction should address, but seemed incapable of turning theses purposes into text. Didactic activities I conducted with colleagues that ask students to identify communicative purposes in other authors’ texts have provided some help to students in establishing a link between purpose and text (; H ÜTTNER / S MIT 2012). This process is typically less immediately effective, but an engagement with texts, either individual texts or even collections of texts in corpora, leads to discoverbased learning and thus to a deeper understanding of the means by which purpose can become text. Overall, I would argue that spending time in both content and language classes on raising genre awareness and on addressing the link between communicative purposes and text patterns is well invested. While many students seem able to acquire the structures and formal features of academic writing without such intervention, the number of those who benefit from a more explicit teaching is rising. It is also worth noting that even experienced academic teachers seem to draw deeper insights into their own and their students’ practices by bringing their often implicit knowledge about requirements and appropriacy of student genres into the foreground. 42 Julia Hüttner 44 (2015) • Heft 1 References A SKEHAVE , Inger / S WALES , John (2001): “Genre identification and communicative purpose: a problem and possible solution”. In: Applied Linguistics 22, 195-212. B HATIA , Vijay K. (1993): Analysing Genre: Language Use in Professional Settings. Harlow: Pearson Education. B HATIA , Vijay K. (2004): Worlds of Written Discourse: A Genre-based View. London, New York: Continuum. B JÖRKMAN , Beyza (2013): English as an Academic Lingua Franca. Berlin, New York: De Gruyter Mouton. D UDLEY -E VANS , Tony. (2002): “The teaching of the academic essay: is a genre approach possible? ” In: J OHNS , Ann (ed.): Genre in the Classroom: Multiple Perspectives. Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum, 225-236. 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In the second year, students can join writing groups focusing on the linguistic resources and rhetorical practices associated with their disciplinary writings and, in the third year, they form writers’ groups, in which they obtain focused stylistic and disciplinary feedback on chapters and writing for publication. Both these forms of participation enable students to critique their peers’ writing and to receive feedback on their own texts. The programme aims to equip the students to become effective and independent participants in their various communities of practice. 0. Introduction The aim of this article is to describe the three-year programme that has been set up at the European University Institute, a research institute situated in Florence (Italy), to support dissertation writing at levels that will enable non-native writers of English to publish internationally. Using a rich notion of style (in which it is assumed that stylistic analyses and tools can be applied to non-literary texts 1 ) and viewing the learner as a knowledgeable early career scholar on the first rungs of the academic ladder, a discussion of several key themes and topics currently debated in the field will be used to provide the background necessary to understand the contextualised pedagogic choices that have been made. In addition to course work offered in the early stages of the doctoral process to some of the students at the Institute, these choices include the introduction of individual text revision and feedback at key points of the programme as well as the opportunity to work in disciplinary writers’ groups, both of which have proved them- * Address for correspondence: Dr Nicola O WTRAM , English for Academic Purposes/ Academic Skills, Co-ordinator of Language Centre, European University Institute, Language Centre, Via Boccaccio 121/ 111, F LORENCE 50013, Italy. E-Mail: Nicola.owtram@eui.eu Research areas: Academic writing, stylistics, teaching and learning. 1 “These twin ideas of communicative effects and assumptions are the kingpins of an approach to academic writing based on the pedagogic notion of comparative stylistics. By adopting such an approach, our aim is to raise researchers’ awareness of the very diverse styles which their own and English writing cultures foster, and to use this awareness to make informed choices as they undertake the challenge of writing their PhDs” (O WTRAM 2011: 4). Raising awareness of academic writing styles 45 44 (2015) • Heft 1 selves to be powerful tools for learning. After placing our approach to working with doctoral students within this broader pedagogic frame and following a brief description of the Institute, the programme will be presented, together with the motivations underlying the introduction of certain offerings. 1. Setting the context My colleague Nicola H ARGREAVES and I first began to teach academic writing courses in the Institute around fifteen years ago, as an increasing number of doctoral students began to want to write their theses in English. In order to provide support for doctoral writing, we initially offered EAP courses to groups that were formed according to a model of increasing language proficiency. However, we began very quickly to feel that this structure did not provide realistic support for thesis writing and so we cast around for other ways of doing things. An alternative way of supporting our highly motivated and competent students (most of whom already speak three languages) was − we began to believe − by shifting the focus of learning towards one of ‘discovery’ - discovery of how to do things, discovery of genres and styles, discovery of how to convey one’s own voice. This led to a shift in the way that we viewed our role as teachers and the offerings that we made. We began to investigate how styles and the conventions by which styles can be represented are understood and transmitted, and found a very useful model in S PERBER ’s idea of representations (S PERBER / HIRSCHFELD 1999: CXXII ). In his view, the notion is a useful heuristic to help explain “how reiterated experience leads individuals to believe that some forms are more acceptable than others” (O WTRAM 2010: 93). The focus on the individual as well as the public implicit in this notion led us to gradually realise that one of the most useful things we could do for our students was to help them learn to express themselves by observing and critiquing the conventions currently underpinning Anglo-American academic styles, styles that − like it or not − currently dominate the world of international publishing. A further discovery for us was the work being done in the field of academic literacies, which places the study of literacy firmly in the field of social practice (L ILLIS / S COTT 2007). Familiarising ourselves with this line of enquiry was another important step that enabled us to move beyond a focus on writing as purely textual practice and to enrich our conceptual framework to one of writers-as-actors-within-a-context. Of course, the academic literacies research goes very closely hand in hand with the social constructivist turn that teaching in higher education has taken, with its push towards communities of practice (L AVE / W ENGER 1991) as a guideline for the construction of identity and its focus on context as informing practitioners about what needs to be done, for whom things need to done, and how this can be put into practice (C ARLILE / J ORDAN 2005). As H YLAND points out, argumentative discourses are not claims for truth, but are instead reasoned arguments which employ the “persuasive practices of their disciplines, encoding ideas, employing warrants, and framing argu- 46 Nicola Owtram 44 (2015) • Heft 1 ments in ways that their audience is likely to find convincing” (H YLAND 2009: 12). This situates academic reasoning very firmly within a community-of-practice approach. With this background in mind, let us now look at the European University Institute in greater detail, as this is the environment for which we have designed and developed our curriculum and make our pedagogic choices. The European University Institute is a fairly new institution: it was founded by the European Community and opened its doors to the first cohort of 70 doctoral students in 1976. It is a highly selective post-graduate (and recently post-doctoral) institute hosting approximately 500 doctoral students recruited from more than 46 countries over the world in economics, history, law, and political and social sciences each year. 2 These students are flanked by the smaller group of post-doctoral fellows, who have usually just completed and defended their doctoral theses and use their year at the Institute to further their own research and publishing, as well as contribute to the Institute’s core work through leading workshops and mentoring. Following the trend of the last fifteen years or so, the emphasis on working in English has increased in the EUI, as it has in many other higher education institutions in Continental Europe (C OLEMAN 2006). There are many reasons for this shift. Given its genesis and focus on comparative research, however, in the Institute an emphasis is not placed only on having good levels of English: on entry, all the students are also expected to have at least a B2 level of proficiency according to the C OMMON E UROPEAN F RAMEWORK OF R EFERENCE (CEFR) 3 in any of the other languages that they intend to use in order to carry out their research, i.e. for field work, consultation of primary sources, reading original texts, etc. This focus on language proficiency means that we work with people who are used to learning languages and who are usually using more than two languages already. Although this focus on languages is not an automatic guarantee of high levels of proficiency in English, it does mean that the students we work with usually have a high degree of metalinguistic awareness and have developed efficient strategies for language learning. Hand in hand with the trend towards using English as a vehicular language in the Institute’s academic activities, over the last three years there has been an institutional move to assure that students possess higher levels of proficiency in English on entry. Previously, the placement tests that we carried out during the selection process in order to set up courses for the upcoming academic year were also used to indicate candidates’ levels of English proficiency to the departments. Now, in line with many European universities, the EUI requires candidates who are non-native speakers of English to certify with international certificates that they have reached C1 levels (CEFR) or to make an undertaking that they will work on their English before taking up their places at the Institute if their level is not at C1 at the time of the selection interview. 2 I will only discuss the work that we do with students in the three departments of history, law, and political and social sciences. 3 Cf. C OUNCIL OF E UROPE (2001). Raising awareness of academic writing styles 47 44 (2015) • Heft 1 Recent work has underlined the limitations of standardised tests based on the CEFR as regards their value to predict an ability to undertake the writing required by institutions of higher education (B REEZE 2012: 18-23). A further drawback highlighted by several scholars is that students may erroneously believe that having placed well on them, they are fully equipped to carry out graduate work. An additional concern which is sometimes expressed is whether requiring such texts may hamper the development of young academics’ own voices, to which may be added the concern - expressed in particular by English as a lingua franca scholars - that such tests may not really represent English as it is used in the international arena (U YSAL 2014: 318). In our experience, scores on international tests can be a useful indicator of candidates’ levels of proficiency with regard to grammatical and lexical structures, cohesion, and argumentative essay structure. Certainly, here in the Institute we find that it is wise to assume that those students who have scored highly (or highly enough to be admitted to the Institute) but who have not followed a masters course in an Anglophone setting are likely to need more training and support during the thesis-writing process than those who have. This would seem to indicate that being able to write an academic text is also a matter of experience - and this, of course, takes us beyond the layman’s understanding of language proficiency. Independently of the forces underlying the Institute’s shift in policy, the push towards ensuring higher levels of proficiency has contributed towards reshaping the work that we now do with students, and has allowed us to move towards a firmer mandate as developers of competence in academic practice, rather than as more generic English language teachers. In our experience, this re-conceptualisation (and attendant re-labelling) of our work and of our role within the Institute has been very useful, as it has enabled us to attract all levels of students to work on their written texts - including those at C2 level (CEFR) and native speakers of English. 2. Theoretical underpinnings: pedagogic aims and practices As mentioned in the Introduction, my colleague and I view our mandate as that of preparing the young multi-lingual scholars at the Institute to become independent and effective participants in their various communities of practice. Before describing how we strive to do this across the three-year programme, it is useful to point out that the guiding principle we have followed throughout is that of coherence - in the sense that this is described by G OUGH (2014). The programme has been designed to interweave and stage the five different kinds of writing knowledge that H YLAND describes, foregrounding some of these at some points and others at different points: “Content knowledge - the ideas and concepts in the topic area the text will address; System knowledge - the syntax, lexis, appropriate formal conventions needed; Process knowledge - how to prepare and carry out a writing task; Genre knowledge - communicative purposes of the genre and its value in particular contexts; Context knowledge - readers’ expectations, cultural preferences and related texts” 48 Nicola Owtram 44 (2015) • Heft 1 (H YLAND 2011: 31). The notion of constructional alignment introduced by B IGGS (1996) in his seminal paper has also proved useful to give our course designs explanatory rigour: we analyse the tasks that students are required to achieve by the end of each academic year and design our objectives, courses, tasks and learning outcomes around these. Our pedagogic aim is to ensure that the support given to the students in order to fulfil their institutional requirements is adequate, appropriate, and timely (D ONNELLY / F ITZMAURICE 2005). In terms of institutional obligations, first-year PhD students, for example, must, with some departmental variations, write a seminar paper and the first chapter of their thesis by the end of the year; second-year students must deliver two further chapters of their theses by the end of the year, while those in their third year must submit three-quarters of their final dissertation. Because we do not play a role in the assessment of the students’ writing - this stays in the hands of the supervisors in the departments, we are in a position to be able to provide formative feedback on these texts, which we accomplish by means of a ‘correction service’. In the first year, as mentioned above, seminar papers are required, as are first chapters of the thesis. Students have the option to present some pages of these assignments to us for a close correction, which − if taken up − is followed up by a feedback session in which we discuss any problem areas that have emerged, as well as the researcher’s future writing plans. In the modus vivendi of the Institute, then, our teaching is framed in terms of support. Our teaching is thus informed and developed by means of a dual perspective to writing in the Academy, one that dovetails to a considerable extent with the principles put forward by H ARWOOD / H ADLEY in their discussion of different approaches to the teaching of academic writing (H ARWOOD / H ADLEY 2004). In their article, they argue for the blending of what they call ‘pragmatic EAP’ (defined as concerning itself with teaching students a “set of dominant academic discourse norms, i.e. the Anglo-American type” (H ARWOOD / H ADLEY ibid: 356)) with ‘critical EAP’, which rejects the view that language use can be value-free and which critiques pragmatic EAP for imposing hegemonic modes of discourse on students’ own discursive practices. The authors in question claim that the benefits of these two approaches can be brought together in what they call the Critical Pragmatic Approach, which explicitly recognises the stylistic differences that exist in the Academy, giving them pedagogic space, while accepting that for instrumental purposes students need to master the dominant norms, or conventions, in order to gain access to the main forums for publishing. Our own experience resonates with the description of the dilemmas facing EAP practitioners outlined by H ARWOOD / H ADLEY . It was as a result of the limitations we experienced with a traditional EAP approach that we began to increasingly structure our offerings around L ILLIS ’ concept of ‘critical socialisation’ (L ILLIS 2003: 194). In doing so we found ourselves increasingly led away from a traditional version of EAP focusing on conforming to type, to one in which students are encouraged to observe and reflect on the kinds of writing taking place in their disciplines and to experiment in their own writing with these ways of doing things. One very practical result of this has been the reorganisation of our courses along disciplinary lines so that the students can Raising awareness of academic writing styles 49 44 (2015) • Heft 1 start to notice the similarities between ways of doing things in their fields. This focus on the similarities - and, by implication, the differences - between disciplinary practices can come as quite a surprise to those students with whom we work more closely during the first year: these students are usually less confident and proficient in their mastery of English writing and language skills, and often arrive at the Institute with a view of language as something that is ‘homogenous’ and can be taught and mastered unproblematically, a view that has often been induced by previous (EAP) teachers and lecturers (H ARWOOD / H ADLEY ibid: 356). Part of our role is to expose this belief as unrealistic and impractical: to convince incoming students that what they need to know is how to position themselves ‘academically’ through their writing, as it is this position that will render them credible as scholars. 3. From critical socialisation to academic practice In this section, I describe the offerings that my colleague and I have developed for the three-year programme. The division of the sections reflects the aims underpinning the programme. 3.1 Pre-sessional offerings for incoming doctoral students In the first pre-sessional month of September at the Institute, a month traditionally dedicated to language courses, students start work on their academic writing (together with their academic presentation skills). Those who come in at B2+/ C1level (CEFR) attend a mixed disciplinary course that introduces them, amongst other things, to the idea of writing for an audience, varieties of organisational patterns, and paragraphing while also revising verbs and tenses, relative clauses and techniques for maintaining the textual flow of ideas. Course participants also choose a research article written in English in their field by either (an) Anglophone or non-Anglophone writer(s) in order to see how the rhetorical and linguistic issues that are investigated in class play out in published texts. Participants in the next level up are grouped according to discipline; here, courses are taught on a less intensive basis, and the main pedagogic emphasis is placed on developing the twin notions of identity and voice in their writing through examining areas such as the use of ‘I’ and ‘we’, evaluative adverbs, etc. (A NDERSON / H ARGREAVES / O WTRAM 2009). 4 In the courses at this level, students are also encouraged to use a research article relating to their own fields of specialisation in order to investigate the various topics that the instructors select for them to study. Learners coming in at the highest level - around C2 - also work in disciplinary-specific groups. On the basis of a needs analysis carried out with the assistance of the teacher, each group draws up a curriculum that covers the specific requests of the groups. This approach to the teaching of writing assumes that the better writers the stu- 4 The syllabus was initially closely based on C URRY (2006). 50 Nicola Owtram 44 (2015) • Heft 1 dents are, the more aware they will be of their own needs. At the end of this month, students at all three levels are asked to submit a critical analysis of a research article. 3.2 First year: critical socialisation The work on academic writing for first-year students is organised into courses for discipline-specific groups, which run for approximately six months, starting in October each year together with the onset of departmental seminars. The structure and contents of these courses might be defined as traditional in the sense that the meetings are regular - one one-and-a-half hour session per week - with tasks for homework. The reason that we maintain this structure despite the students’ heavy first-year seminar workload in all three departments is because this short but systematic focus on disciplinary rhetorical practices and language structures allows us to teach the students ways of doing things in their disciplines that are essential for them to master if they are to pass the first year successfully. It also functions as a useful transitional format: behaving like the teacher-figures with whom students are familiar helps to instil confidence in the learning procedure (B AXTER M AGOLDA 2004). We teach a mixture of research article structures, e.g. introductions, conclusions (S WALES / F EAK 1994, 2 2004), but we also look at areas that are particularly useful for each discipline. For example, in the classes for political and social scientists, we examine the notion of research puzzles, as well as revising structures for writing hypotheses and formulating research questions. In history, instead, we examine narrative texts from history research articles, often supplied by faculty members, to see how stories and events are structured and recounted. Clearly, these kinds of textual features call for accurate language use, and so provide a focus for classwork. In order to teach these topics and rhetorical features, we find ourselves designing a large number of materials and tasks. We do this partly in order to provide materials that are genuinely interesting and stimulating for each specific group, and partly in order to vary the tasks that are used in class in order to stimulate different types of learning. For example, a favourite task for teaching the importance of producing a cohesive text is, of course, the classic group work activity in which students are asked to put sentences cut into strips together and to motivate their choices to each other in small groups. A further aspect of the work undertaken in the first-year groups focuses explicitly on the actual writing process. As H YLAND points out: “Composing is non-linear and goaldriven. Therefore students may benefit from having a range of planning, writing and revising strategies to draw on” (H YLAND 2011: 31). We draw extensively on EFL methodology to stimulate learning through enjoyable experiences. In practice, this involves introducing variation in the use of classroom space and layout, rearranging desks and tables, for example, in order to diversify the learning experience. In this sense, then, we promote the idea of a learner-centred classroom, in which the teacher is the organiser of the various tasks undertaken. For those students who have been exempted from following first-year courses due to their very expert academic writing skills, we offer individual and small group tutori- Raising awareness of academic writing styles 51 44 (2015) • Heft 1 als to discuss any problems that might emerge. These students are also offered the opportunity to have their papers corrected, plus a feedback session, to see what is going on in their writing. Even for students with very strong language skills - and, indeed, for native speakers of English - we find this sort of support essential. One of the main reasons for this is that it helps to counter the effects of working in a multi-lingual environment, in which unintentional syntactic and lexical transfer between languages that are being used concurrently for academic purposes is not uncommon. 3.3 Second and third years: fostering critical autonomy At the beginning of this paper, I presented the teaching-learning process around which we have designed our first year offerings as ‘critical socialisation’, a process in which the learners are encouraged to examine the practices of the scholars in their fields, and to use these powers of observation to hone their own writing. In the second and third years of the students’ stay at the Institute, we deliberately shift our offerings to a more independent form of learning - that of academic writers’ groups. We first started offering these groups to thirdand fourth-year students about six years ago, with the explicit aim of supporting them in their writing as they approached the final stages of their thesis writing. Inspired by the work of M URRAY / M OORE (2006: 109-127), we began to offer sessions to small groups of students in the same discipline or neighbouring disciplines - usually no more than five, meeting on a regular basis in order to have them read and critique each other’s work in progress. Before each session, short segments of written text (e.g. introductions to chapters, commentary on tables, literature reviews, etc.) are circulated by participants to all members of the group. The group includes a facilitator (in our setting, one of the teachers), whose role is to chair discussions, to prompt group members to articulate their observations in a focused way, and to promote a problem-solving approach to removing writing barriers. In a typical session (usually one-and-a-half hours), each piece of writing circulated is discussed in turn. The writer first briefs his/ her peers by indicating what stage the writing is at (e.g. first draft, first revision, about to be sent to supervisor), what kind of feedback he/ she feels would be useful, and if there are any specific parts of the text that he/ she would particularly like the group to focus on. The group then provides feedback to the writer. After discussing the various texts, there is usually a round of de-briefing in which the writers identify which points they have found most useful and how they intend to use their colleagues’ observations in revising their work. At the end of each session, the group decides on their objectives and work plan for the following session. There are several advantages to this mode of work in the later stages of the doctoral process: it fosters writer autonomy while providing pedagogic support and expertise; it improves the clarity and readability of drafts to be presented to supervisors and thesisrelated conference presentations and articles; it helps to involve all the readers in the group, by getting them to reflect on their institutional setting and its needs; finally, it provides a structured opportunity to give and receive peer feedback, a practice of formative value for the following stages of an academic career. 52 Nicola Owtram 44 (2015) • Heft 1 About three years ago, we decided to extend this format to the second year, in which, as previously mentioned, students are required to submit a further two chapters to their supervisors. We view the work done in the second-year academic writing groups as a bridge between the more teacher-centred pedagogic approach adopted in the first year and the more autonomous peer-based review in the third - in order to support this belief, we scaffold second-year writing activities by providing focused input on problematic areas and/ or readings on different areas of academic writing. For example, we often find ourselves focusing on the ways in which punctuation can be used to enhance the communicative quality of a text, particularly through the use of the comma and the semi-colon. This kind of work often leads to discussion about whether these uses are bound by rules or whether they can be implemented as a result of personal preferences. The uses of tenses in text are another area that often requires detailed work as well as some further observation of how writers use them in their academic writings. Sometimes we give the participants readings to do at home - typical topics include the structuring of paragraphs and the effects of using passive forms as compared to active structures.The procedures are thus quite similar to those used with the third-year groups but our role as teachers is slightly less that of a facilitator and encompasses the traditional role of teacher, who individuates areas of difficulty or interest and provides materials on which the students work. The title of this article makes reference to the notion of stylistics as a tool for raising awareness of different styles of writing - and thus for fostering different ways of doing things by alternating between the lens of both community and individual practices. I have already promoted this view elsewhere, arguing that “style is not only a tool by which to understand literary embellishment: it also provides a rigorous yardstick by which to observe the words and structures writers choose in order to produce a specific communicative effect on their readers” (O WTRAM 2011: 4). Underpinning the pedagogic formats that we offer to the students and the different kinds of knowledge we set out to teach them (H YLAND 2011: 31) is a firm conviction that the notion of comparative stylistics can fruitfully contribute to unifying our programmes and our methods, endowing them with a further layer of the coherence mentioned in Section 2. Comparative stylistics provides a unifying lens that allows discourse to be described in terms that help raise students’ awareness of how certain assumptions and communicative effects can be prompted by strategic choices at the grammatical or lexical levels or through particular ways of patterning text at the rhetorical level. Just as importantly in our multi-lingual environment, it also makes it possible to carry out this kind of analysis contrastively across languages. Learning to observe the texts of others is not, however, sufficient: the same levels of awareness need to be incorporated into the students’ understanding of their own texts and writing process. Offering corrective feedback during the first two years of the programme allows students to gain a critical perspective on their work by discussing, during the follow-up session, different ways of expressing the same ideas and the kinds of communicative effects these different choices create. This focus is further developed in the academic writing and writers’ groups, where, as described above, the responsibility Raising awareness of academic writing styles 53 44 (2015) • Heft 1 for this sort of commenting, discussion of assumptions and communicative effects, and reformulation is shifted onto the students themselves. In this process, not only do native and non-native students improve the readability of their texts - they also become more proficient observers and their revised texts gain in accuracy and sophistication (O WTRAM 2011: 4). 4. Conclusion In this article I have illustrated how our current teaching of doctoral students has been carefully designed to move from an initial focus that is only apparently normative to an overt engagement with a range of issues raised in an academic literacies perspective by academic literacy scholars (L ILLIS / S COTT 2007: 13). I have described the dynamics underlying the decisions made over the last ten years in terms of curriculum and methodology, stressing the interplay between bottom-up choices stemming from our interactions with students and theoretical input from academic literacies scholars and practitioners working in other settings (amongst others B ELCHER 2009; G ILTROW 2002). In our experience, a curriculum based on a gradual shift from teaching to facilitating, and which introduces a progressively richer and more nuanced view of style, is the most appropriate way to help students refashion their assumptions and expectations about the writing process and to foster a solid ability to write academic texts in English. Literature A NDERSON , Laurie / H ARGREAVES , Nicola / O WTRAM , Nicola (2009): “Manifesting identity in situated academic writing: Institutional factors and individual orientations in writing by post-graduate students in an English as a Lingua Franca context”. In G OTTI , Maurizio (ed.): Commonality and Individuality in Academic Discourse. Bern: Lang, 115-140. B AXTER M AGOLDA , Marcia B. (2004): Evolution of a constructivist conceptualization of epistemological reflection. In: Educational Psychologist 39.1, 31-42. B ELCHER , Wendy Laura (2009): Writing Your Journal Article in 12 Weeks. A Guide to Academic Publishing Success. Thousand Oaks, CA: SAGE Publications. B IGGS , John (1996): “Enhancing teaching through constructive alignment”. In: Higher Education 32, 1-18. B REEZE , Ruth (2012): Rethinking Academic Writing Pedagogy for the European University. Utrecht Studies in Language and Communication 23. Amsterdam/ New York: Rodopi. CARLILE , Orison / JORDAN , Anne (2005): “It works in practice but will it work in theory? The theoretical underpinnings of pedagogy”. In: O’N EILL , Geraldine / M OORE , Sarah / M C M ULLIN , Barry (eds.): Emerging Issues in the Practices of University Learning and Teaching. 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A major part of this course is the analysis of research articles using elements drawn from systemic functional linguistics in an attempt to highlight language conventions and thus inform students for their own writing purposes. Presenting the results of an analysis based on the concepts of transitivity and nominal grouping along with some examples of excerpts of students’ writing, it provides evidence to support the idea that such methods can facilitate the development of relevant language awareness amongst learners and that students appear to appreciate the critical reading abilities that these tools bring. 1. Introduction The course “Writing for Study and Research” offered by the English department of the Language Centre of the Technische Universität Braunschweig is a one semester long, mixed-level (C1/ C2), 3 ECTS, 90 minute-a-week course aiming at improving the academic writing skills of its participants. The course is aimed principally at students in higher semesters preparing to write their final thesis or dissertation. A founding member of the TU9 group, a cooperation between the leading German technical universities, the Technische Universität Braunschweig is currently composed of 6 departments (Mathematics and Computer Science, Business Administration, Economics, and Social Sciences; Life Sciences [Chemistry and Pharmacy, Biosciences and Psychology]; Architecture, Civil Engineering and Environmental Sciences; Mechanical Engineering; Electrical Engineering, Information Technology and Physics; Humanities and Educational Sciences). In 2013, these 6 departments encompassed 120 different institutes offering 71 degree programmes with a total of 17,192 matriculated students. As the “Writing for Study and Research” course is open to students from all of these study disciplines, this clearly leads to a wide range of scientific, technical and academic * Address for correspondence: Anthony B ROWN M Ed (applied linguistics), Technische Universität Braunschweig, Sprachenzentrum, Pockelsstraße 4, 38106 B RAUNSCHWEIG . E-Mail: t.brown@tu-bs.de Research areas: Subject-specific technical English, academic writing, development of C-tests for placement purposes. 56 Anthony Brown 44 (2015) • Heft 1 fields of interest amongst the group of students enrolling. Furthermore, as the course targets students approaching the end of their studies or participating in doctoral programmes, the level of specialisation and expertise of the participants is accordingly high. In the summer semester of 2014, 16 students enrolled for the course. Of these, 4 were studying biotechnology, 2 electrical engineering, with one each from environmental engineering, chemistry, media studies, aerospace engineering, social science, combined business administration and mechanical engineering, transportation systems, psychology, biology, and energy systems engineering. One of the biggest challenges in the designing of an advanced level academic writing course with such a multidisciplinary target group is in raising awareness of the various discourse community generated language specifics whilst, at the same time, finding common ground for group learning activities. To this end, it was decided to have two main tracks within the course. Firstly, the students should purchase the book Academic Writing for Graduate Students by John S WALES and Christine F EAK (S WALES / F EAK 2 2004), which would provide input and exercises on general academic writing issues, and secondly, we would apply the principles of elements drawn from Michael H ALLIDAY ’s systemic functional linguistics to analyse academic texts selected by the students from their discipline in order to highlight the lexicogrammar used therein. This article concentrates on the second track of the course, the text analysis. 2. Underlying concepts I have no desire to ‘teach my grandmother to suck eggs’, however, perhaps a short explanation of the salient concepts may ease later comprehension. In brief, Systemic Functional Linguistics (SFL) sees language as a system of choices made within the constraints of context (C OFFIN et al. 2009: 213; B UTT [et al.] 2001: 3-4). In the case of academic writing, the context might consist of a context of culture such as international academia, and a context of situation, which might be the construction of knowledge through the act of publishing articles for peer review. The parameters of the context of situation are known as the register variables; field, tenor and mode, where field is the subject matter of the text, tenor the relationship between the writer and reader and mode the type of text being made in terms of its medium of transmission (C OFFIN et al. 2009: 213; B UTT [et al.] 2001: 4; D EREWIANKA / J ONES 2010: 7). Strongly connected to the field of any text is the concept of transitivity. In SFL this is commonly referred to as “who or what is doing what to what or whom, when, where why and how” and manifests itself at the level of clause in terms of the participant(s) of the clause, the type of process (verb) and any included circumstances (prepositional phrases) within that clause (E GGINS 2004: 110-111; P URSER 2000 cited in L ILLIS / M C K INNEY 2003: 61). For example, the clause “The twelve long torque to yield head bolts are tightened with a torque wrench” Teaching advanced writing 57 44 (2015) • Heft 1 has a participant, process, circumstance structure, consisting of the participant “The twelve long torque to yield head bolts”, the process “are tightened”, and the circumstance “with a torque wrench”. Alternatively, the clause “In former times, bolts of a non-yielding nature were used extensively” has a circumstance, participant, process, circumstance structure, consisting of the circumstance “In former times”, the participant “bolts of a non-yielding nature”, the process “were used” and the circumstance “extensively”. SFL provides the tools and metalanguage necessary to analyse language in detail (S CHLEPPEGRELL 2010: 26; D ARE 2010: 24). So, we can further analyse each of the three components from the first example. Returning to the first example, the initial participant “The twelve long torque to yield head bolts” is a nominal group consisting of the Deictic “The”, the Numerative “twelve”, the Epithet “long”, the Classifiers “torque to yield” and “head”, and the Thing “bolts”. The process “are tightened” is a material process construing doing or happening and the circumstance “with a torque wrench” is a manner circumstance indicating the means by which something is carried out (cf. B UTT [et al.] 2001: 45-75). In the second example given, the circumstance “In former times”, is a circumstance of time answering the question: When? The participant “bolts of a non-yielding nature” is a nominal group consisting of the Thing “bolts” and the Qualifier (postmodification) “of a non-yielding nature”, the process “were used” is a material process (see above) and the circumstance “extensively” is a circumstance of extent (ibid). It is, of course, possible to analyse this language in much more detail, and SFL allows us to do this, but given the constraints of the course (see below), it was decided that this would suffice. Another important concept is that of discourse community. This is a community of practitioners, in our case, academics or perhaps to refine it further, biotechnologists involved in research, or similarly active electrical engineers, etc. S WALES (1990: 24- 27) outlines a discourse community as involving the existence of: I. A broadly agreed set of common goals II. Mechanisms of intercommunication III. Participatory mechanisms for the provision of information and feedback IV. The use of, and therefore the ‘possession’ of, one or more genres V. The use of specific lexis [lexicogrammar] VI. A membership with a suitable level of expertise in the content and discourse of the community It is commonly held that the language conventions adopted by any discourse community can only be changed by members of that discourse community. Outsiders who do not adhere to the conventions will not be taken seriously by that community (Hyland 2006: 21). Thus, it can be viewed to be of considerable import that students, as budding 58 Anthony Brown 44 (2015) • Heft 1 researchers, have the tools and knowledge needed in order to identify relevant discourse community language conventions. Given the obvious constraints imposed by a 14-week semester and a course meeting for only one one-and-a-half hour session a week, coupled with the high probability that the concepts and metalanguage of even simple SFL would be entirely new to the students, it was decided to restrict the text analysis part of the course to an analysis of the transitivity and nominal grouping of excerpts selected from academic texts. It was felt that this would give the participating students a good introduction to the application of SFL text analysis techniques whilst at the same time, hopefully, increasing their awareness of language conventions and improving their critical reading skills in terms of becoming aware of the ways in which writers use language to their ends. 3. The analysis (steps) In order to carry out text analysis based on the principles described above, the students were asked to select an academic article from their discipline that they felt to be of good quality. This they did for homework after the first week of the semester and brought the selected articles with them the second week. After a brief look at the role of the clause as being “the central processing unit in the lexicogrammar” (H ALLIDAY / M ATTHIESSEN 2004: 10) and equally briefly considering how to identify clause boundaries, the students were then asked to choose an approximately 100-word long excerpt (complete paragraphs) from their selected academic articles and break this excerpt up into its component clauses. Students conferred with their neighbours on this clause identification exercise and I, as the class teacher, offered input as necessary. Once completed, it was an easy next step for the students to highlight the processes (verbs) within their clauses. In week 3 of the semester, the concepts of participant, process and circumstance, the building blocks of the SFL notion of transitivity, were introduced. Students re-examined their research article excerpt clauses, identified participants, processes and circumstances in them and looked at the frequency of structures in terms of the order that these elements occurred within the clauses. This data was collated in order to identify the most common clause structures both within the individual excerpts and across the range of article excerpts selected. The next step in the analysis was to consider the six process types that SFL identifies. These are material processes (verbs of doing, happening, etc), relational processes (verbs of attributing and identifying), behavioural processes (e.g. looking, watching, listening, worrying, etc), verbal processes (saying, asking, etc), mental processes (sensing, thinking, wanting, feeling, etc), and existential processes (existing) (H ALLIDAY / M ATTHIESSEN 2004: 301). Again, the students turned to their text excerpts, identified the various process types within and reported on the frequency of occurrence. Finally in the text analysis track, we looked at the nominal groups that form the participants of clauses. SFL identifies various sub-categories within nominal groups and Teaching advanced writing 59 44 (2015) • Heft 1 labels them Deictics (the, a, etc), Numeratives (one, seven, second, twenty-seventh, etc), Epithets (describe a quality of the Thing), Classifiers (establish the Thing as a member of a class), Things (the nucleus of a nominal group) and Qualifiers (qualify the Thing in more detail in the form of postmodification) (B UTT [et al.] 2001: 66-69; also cf. D ARE 2010: 21), whereby the Qualifier in a nominal group can range from being a simple phrase to being itself an embedded clause complex (H ALLIDAY / M ATTHIESSEN 2004: 323). This identification of the parts making up participant nominal groups is quite revealing in terms of highlighting how these building blocks combine to communicate dense information in an academic text. This stage of the analysis was followed up by a writing exercise in which the students deliberately tried to apply these concepts in a short written text of their own. Of course, the ultimate aim of the “Writing for Study and Research” course is to improve students’ academic writing. To this end the participants were asked to carry out a small-scale research project and write a short (6 page) research paper on this project. They were specifically asked to show awareness of and apply the ideas that the analysis had revealed. In order to implement teacher guidance and feedback during the writing process, individual tutorial sessions were arranged towards the end of the semester. Students sent me their research article-in-progress a few days beforehand, giving me the chance to read and prepare comments and suggestions. We then met on a one-toone basis to briefly discuss the writing as it stood. The final, finished research paper was handed in for assessment shortly after the end of the semester. 4. The analysis (findings) As outlined above, the first step in the text analysis was to identify the participants, processes and circumstances within the clauses of the selected text excerpts and to report on the order in which they occur to construct a clause (clause structure). This data was collected and is shown in the table below (  Fig. 1, page 60). Figure 1 shows that this first step of the analysis revealed the clause structures of participant, process, circumstance and participant, process, participant to be by far the most prevalent. The next nearest clause structure (participant, process) has only one third the frequency of the structure participant, process, participant. Furthermore, the number of clauses beginning with a participant (67) is far in excess of those beginning with a process (11) or with a circumstance (10). Looking at the individual disciplines, the mechanical engineering, biotechnology and the electrical engineering text excerpts follow the general pattern, whilst the one chemistry paper looked at seems more balanced between participant-first structures and process-first structures. 60 Anthony Brown 44 (2015) • Heft 1 Student S1 S2 S3 S4 S5 S6 S7 S8 S9 Total Discipline Chem Electr Electr Biotech Biotech Mech Mech Mech Mech Structure Part, Proc, Circ 3 3 0 2 6 2 5 3 4 28 Part, Proc, Part 2 0 6 2 1 4 1 7 4 27 Part, Proc, 1 1 1 0 0 0 0 1 5 9 Part, Circ, Proc 0 0 0 0 1 1 0 0 0 2 Part, Proc, Circ, Part 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 Proc, Part 2 0 0 3 0 1 0 1 0 7 Proc, Part, Circ 2 0 0 0 0 1 0 0 0 3 Proc, Circ 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 Circ, Part, Proc, Circ 0 2 0 0 2 0 1 0 0 5 Circ, Proc, Part, Circ 1 0 0 0 1 0 0 0 0 2 Circ, Part, Proc, 0 2 0 0 0 0 0 0 0 2 Circ, Proc, Part 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 Fig 1: Frequency of different clause structures from selected text excerpts The next analysis step was to identify the process types used in the excerpt clauses of our selected articles. This we collated as a class, revealing the following: Our text excerpts contained: • 58 material processes (53%) • 23 relational processes (21%) • 12 verbal processes (11%) • 9 behavioural processes (8%) • 6 mental processes (5%) • 2 existential process (2%) As can be seen, more material processes were used than all other process types put together. This reflects the practical nature of the chosen text pieces, which are largely concerned with doing and happening phenomena. Relational processes also appear to a significant extent in their attributing and identifying role. Other process types appear to be of less to little significance. This distribution was found to be similar across all of the text pieces and disciplines involved. The final stage in the analysis was to isolate the participant nominal groups from the selected text excerpt clauses, to identify their component parts in terms of Deictics, Numeratives, Epithets, Classifiers, Things and Qualifiers and to quantify the frequency Teaching advanced writing 61 44 (2015) • Heft 1 of occurrence of the various structures revealed. Whilst each student looked at the structures in their chosen text from their discipline, we once again collated the data to show the following: Structure Frequency (% of participant structures) Thing / Deictic, Thing / Numerative, Thing 35 Classifier, Thing / Deictic, Classifier, Thing 22 Thing, Qualifier / Deictic, Thing, qualifier / Numerative, Thing, Qualifier / Deictic, Numerative, Thing, Qualifier 18 Classifier, Thing, Qualifier / Deictic, Classifier, Thing, Qualifier 7 Deictic, Epithet, Thing, Qualifier 7 Epithet, Thing / Deictic, Epithet, Thing / Numerative, Epithet, Thing 6 Epithet, Classifier, Thing / Deictic, Epithet, Classifier, Thing 5 Deictic, Epithet, Classifier, Thing, Qualifier 1 Fig 2: Frequency (to nearest whole percent) of different participant structures from selected text excerpts The table above shows the occurrence of participant nominal group structures in the analysed text excerpts in terms of percentage of total participant structures. For this purpose it was decided to combine structures consisting of only a Thing with Deictic, Thing and Numerative, Thing structures (e.g. wing, the wing, two wings). Equally Classifier, Thing and Deictic, Classifier, Thing structures (e.g. resultant forces, the resultant forces) were combined to one category and so on. As can be seen, over half of all participant structures analysed were relatively simple structures consisting of a Thing, either alone or in combination with a Deictic or Numerative, or in combination with a Classifier or Deictic and Classifier. However, 33% of all structures analysed included postmodification in the form of a Qualifier, while 19% included an Epithet. When we look at the findings of this simple transitivity analysis, we see that the most common structure identified is that having a participant, process, circumstance, or participant, process, participant structure, containing a material process and with relatively simple Thing or Classifier, Thing based participants possibly combined with a Deictic or Numerative. Examples of such structures are clauses like: • Cells align in random fashion - (participant, process, circumstance) with the Thing participant “Cells”, the material process “align” and the circumstance “in random fashion”. • This unit varies the engine speed - (participant, process, participant) with the Deictic, Thing participant “This unit”, the material process “varies” and the Deictic, Classifier, Thing participant “the engine speed”. 62 Anthony Brown 44 (2015) • Heft 1 However, participant nominal groups featuring postmodification in the form of a Qualifier also occur with significant frequency, as do relational processes, giving clauses like: • The efficiency of conventional combustion engines used in cars is 20% - (participant, process, participant) with the Deictic, Thing participant “The efficiency”, being postmodified with the Qualifier “of conventional combustion engines”, the relational process “is” and the Numerative, Thing value participant “20%”. • A spectrometer capable of creating drive fields with 10kHz, 25kHz, 50kHz and 100kHz frequency and up to 25mT amplitude plotted the performance of typical MPI tracer particles (participant, process, participant) with the Deictic, Thing, Qualifier participant “A spectrometer capable of creating drive fields with 10kHz, 25kHz, 50kHz and 100kHz frequency and up to 25mT amplitude”, the material process “plotted” and the Deictic, Thing, Qualifier participant “the performance of typical MPI tracer particles”. In fact, when we look at this final example we see that Qualifier postmodification is used to build large, dense nominal groups which can be combined into effective academic clauses with the use of a fairly simple process verb. It should be noted, however, that these are merely the most common clause structures identified here. Clauses beginning with a process or a circumstance still occurred at a frequency in excess of 10% each. This suggests that whilst students might be well-advised to develop the clause structures outlined above in their writing, they should not do it to the exclusion of all else. 5. Students’ writing The students produced a number of written pieces themselves over the duration of the course, culminating in a short research paper based on a small-scale research project of their own. Of course, sweeping conclusions are impossible to draw given that there is no hard data on the state of the students’ writing before they began the course. Nevertheless, a look at whether the underlying characteristics of academic writing suggested by the conducted SFL analysis of the research articles can be identified in the students’ writing is surely of some merit. Below are some one-paragraph excerpts from the final research papers handed in by the students, together with some comments on the applied principles. The anonymity of the students is preserved to the best of my ability. Student 1 (Biotechnology) - this student placed in the lower ranges of the CEFR C1 level (all students must take a placement test before enrolling in courses in our system), but has since completed several English courses at this level. Teaching advanced writing 63 44 (2015) • Heft 1 “P. aeruginosa metabolizes glucose via the pentose phosphate pathway or the Entner- Doudoroff pathway, although the former one is favoured. The glycolysis is inactive as the microorganism lacks the enzyme phosphofructokinase. The further degradation happens through the citric acid cycle and the anaplerotic reactions accomplish functions of the production of NADPH and refilling intermediates of the citric acid cycle. The isocitrate lyase enables the use of the glyoxylate shunt, an alternative pathway of the tricarboxylic acid cycle. The metabolic flux analysis indicates the metabolic similarity of the P. Aeruginosa strains.” The research article handed in by this student was deemed to be of a high standard when assessed using the grading criteria applicable for the CEFR C1 level. This excerpt consists predominantly of participant, process, participant, structures. Participants tend to be fairly simple Deictic, Thing or Deictic, Classifier, Thing structures, but some use of Qualifiers is shown, mainly with prepositional “of” phrases. The processes used are predominantly material processes, with two examples of the relational process “is”. Student 2 (Biotechnology) - this student placed at CEFR C2 level and has completed at least one course at this level previously. “LC-MS/ MS measurements are a commonly used method to analyse the metabolome of cells. The determination of the concentrations through the peak area obtained in the mass spectrometer are, however, prone to errors. The use of a C-standard containing all metabolites in a uniformly C-labelled form can reduce these errors significantly, providing a more realistic picture of the metabolome. In this work, a C-standard was produced by a cultivation of C. glutamicum on C-glucose.” The research article handed in by this student was also of a high standard, even when assessed against CEFR C2 level criteria. This excerpt displays mainly participant, process, participant structures with the one example in the final sentence of a circumstance, participant, process, participant structure highlighting the circumstance “In this work”. The participants show frequent use of postmodification by Qualifiers, which can be complex. The processes used are here more evenly split between material processes and the relational processes of the first two clauses. Student 3 (Biotechnology) - This student, placed at the lower end of the CEFR C1 level, has completed several courses at this level with lower pass grades, but still struggles to produce conventional-sounding language. “A. tumefaciens glycerol aliquots were transformed with plasmid-DNA and streaked on YMB-medium agarose plates with antibiotic. The antibiotic is for the selection of the transformants. The plates were incubated for three days at 38°C. One colony was further inoculated in liquid medium (YMB/ YEB) with antibiotic and incubated for 24 hours at 38°C and 22 rpm. The liquid cultures were primarily to check the transformation for success. A positive clone was then cultivated for a suspension to transform plant material.” 64 Anthony Brown 44 (2015) • Heft 1 This excerpt consists primarily of participant, process, circumstance structures, and the processes used are mainly material with some use of relational processes. These, as already stated, seem to be standard for such writing. The participants employed are very simple and no use of Qualifiers is made. There is a tendency towards simple clause complex sentences and these factors lend a feeling of a lack of sophistication to the paragraph. Below is another paragraph from the same student. “For the incorporation of the plasmids into the cells, they have to be chemically competent. To get competent cells, they were put into an ice-cold solution. Due to the icy cold, the cells became able to incorporate the foreign DNA. Subsequently, the transformation happens based on a temporary heat shock. In a regeneration medium the cells incubate for 60-90 minutes at 37°C.” This excerpt consists entirely of clause structures of circumstance, participant, process, followed by either a circumstance or a participant. Again the participants employed are very simple and no use of Qualifiers is made. These factors, combined with the use of simple clause complexes, lend an unconventional air to the language produced. Student 4 (Chemistry) - This student placed at CEFR C1 level and has taken one previous course at this level “The bar chart in fig. 2 shows the number of articles which were published in the analysed years (hatched) and the percentage of articles dealing with a chemical topic (black). When in 1973 part B of the journal was divided and was about to publish only papers dealing with chemistry, the number of articles about chemistry and the number in total were the same. The bar chart illustrated two points. Firstly, the number of published articles had in 1970 its maximum (of the analysed years) and the number of articles with a chemical topic in 1980. After that the number of articles was falling slightly from 343 (1980) over 281 (1990) to 186 (2000) where it had its minimum. In 2010 the number picked up again to 211.” Whilst this excerpt features a number of standard structures and has largely well-constructed nominal group participants, there are some elements that stand out as being unconventional. These include the somewhat convoluted circumstance, “When in 1973 part B of the journal was divided and was about to publish only papers dealing with chemistry”, along with the circumstance, participant, process, circumstance, participant structure of “Firstly, the number of published articles had in 1970 its maximum (of the analysed years)” and the, probably quite deliberate, but somewhat clumsy attempt at ellipsis in “the number of articles with a chemical topic in 1980”. The excerpts above seem to support the findings of the analysis. Students who adhere to the suggested conventions are more likely to produce high quality written work, or at least, high quality written work seems to adhere to the findings of the analysis. This surely supports the idea that increasing awareness of such conventions is of benefit to learners. Another noteworthy point is that the tools of transitivity and nominal grouping as applied here can be used to facilitate critical feedback on students’ writing and may be highly beneficial in pointing out where mistakes are being made. Teaching advanced writing 65 44 (2015) • Heft 1 6. Conclusions and further research The research and experience presented here are undeniably still in their early stages. However, based on the experience gained so far in this course and on that gleaned from recent publications (cf. I DDINGS / D E O LIVEIRA 2011; C OFFIN 2010; B ANKS 2002), it appears that the application of elements of grammar taken from SFL in the form of text analysis to inform writing can be advantageous for learners. The research and experience outlined above suggest that the identification of natural clause structures and the highlighting of the role and structure of nominal groups in academic writing offer benefits for advanced learners. These suggestions are further supported by feedback from the course participants, which was encouraged in the form of an informal group discussion and anonymous written comments on a questionnaire form. Students stated that they felt the reading and analysis of articles from their own discipline was very useful and that the application of SFL theory helped them to think about how such texts are written. Furthermore, they claimed applying such theory to analysing what others have written to be a positive experience and believed it had led to useful learning. Another element of the course that was praised by the students was the peer appraisal/ correction of text pieces they had written. They said that peer correction was enjoyable to carry out and that it was very useful to see different styles and approaches to writing. Again it was stated that SFL had given them tools to identify what was wrong in other people’s writing. Finally, the individual tutorial sessions were also seen positively with the comment that the feedback received there was much better than red ink on a piece of paper. It is however, important to recognise the limitations of this research so far. The degree to which developing awareness of structures feeds in to actually improving students’ writing has not been approached. Whilst it does not seem unreasonable to suggest that such development of awareness would lead to learning and improved language production, no before and after comparisons have been made to date. It is anyhow seen as highly debatable whether before and after comparison would reveal reliable data given the limited number of participants thus far and the myriad of other uncontrollable parameters that might affect writing performance. English for academic purposes has attracted considerable research attention in recent years. Amongst others, publications from H YLAND (2006), H YLAND / B ONDI (2006) and the already mentioned Swales and Feak (2004) have served to significantly further understanding in this discipline. It appears however that the aim of identifying varying discourse community conventions in terms of SFL-based transitivity and nominal grouping in academic articles from disciplines relevant to a technical university setting needs much more data and analysis. The acknowledgement of the existence of discourse community conventions suggests it to be beneficial for learners to analyse text from their own discipline, however there is a need to collect data on the conventions within various sections of research articles from various fields. What language conventions exist in abstracts from the discipline of mechanical engineering, and do these vary from those from biotechnology? How do these differ from the conventions 66 Anthony Brown 44 (2015) • Heft 1 found in methodology sections, or discussion sections, etc, of articles stemming from various disciplines? Finally, SFL offers possibilities for far more detailed text analysis than has been attempted here to date. It would be interesting to see to what extent a more detailed analysis, revealing, for example, the roles of participants in terms of Actors, Goals, Carriers, Attributes, Identified and Identifier (cf. B UTT et al. 2001: 52-59) would be beneficial. Currently, knowledge of SFL is not widespread amongst the students concerned. This has the benefit that when they are asked to apply the concepts in the manner outlined above, they are largely viewing language from an entirely different framework to their previous language learning experience. Provided they are open to this, and this research suggests that they are, this should lead to learning. The question remains as to how many new concepts and how much new metalanguage is appropriate in a course limited to 90 minutes a week for 14 weeks. Literature B ANKS , David (2010): “Systematic Functional Linguistics as a model for test analysis”. In: Groupe d’Étude et de Recherche en Anglais de Spécialité. La revue du GERAS. URL: http: / / asp.revues.org/ 1584? lang=en [accessed: October 30 2014] B UTT , David / F AHEY , Rhondda / F EEZ , Susan / S PINKS , Sue / Y ALLOP , Colin (2001): Using Functional Grammar. An Explorer’s Guide. Sydney: Macquarie University. C OFFIN , Caroline (2010): Language Support in EAL Contexts. Why Systemic Functional Linguistics? (Special Issue of NALDIC Quarterly). Reading: The Open University. URL: http: / / oro.open.ac.uk/ 25026/ 1/ C OFFIN , Caroline / D ONOHUE , Jim / N ORTH , Sarah (2009): Exploring English Grammar. From formal to functional. London, New York: Routledge. D ARE , Brian (2010): “Learning about language: the role of metalanguage”. In: C OFFIN , 18-25. URL: http: / / oro.open.ac.uk/ 25026/ 1/ D EREWIANKA , Beverley / J ONES , Pauline (2010): “From traditional grammar to functional grammar: bridging the divide”. In: C OFFIN , 6-17. URL: http: / / oro.open.ac.uk/ 25026/ 1/ E GGINS , Suzanne (2004): “Introduction to systemic functional linguistics.” In: Google Books. URL: http: / / books.google.de/ books? id=9BqCtpYdeiwC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs _ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=true [accessed: October 30 2014] H ALLIDAY , Michael / M ATTHIESSEN , Christian (2004): An Introduction to Functional Grammar. London: Hodder Education. H YLAND , Ken (2006): English for Academic Purposes. An advanced resource book. Routledge. H YLAND , Ken / BONDI, Marina (2006): Academic Discourse across Disciplines. Peter Lang. I DDINGS , Joshua / O LIVEIRA , Luciana de (2011): “Applying the Genre Analysis of a Narrative to the Teaching of English Language Learners”. In: INTESOL Journal 8.1, 25-42 (University Indianapolis. University Library). P URSER , Emily (2000): “Telling stories: text analysis in a museum”. In: V ENTOLA , Eija (ed.): Discourse and Community. Doing Functional Linguistics. Tübingen: Narr, 169-198. S CHLEPPERGRELL , Mary (2010): “Supporting a ‘reading to write’ pedagogy with functional grammar”. In: C OFFIN , 27-30. Teaching advanced writing 67 44 (2015) • Heft 1 S WALES , John M. / F EAK , Christine B. ( 2 2004): Academic Writing for Graduate Students. Essential Tasks and Skills. Michigan: University of Michigan Press. S WALES , John (ed.) (1990): Genre Analysis. English in Academic and Research Settings. Cambridge: University Press. © 2015 Narr Francke Attempto Verlag 44 (2015) • Heft 1 D IRK S IEPMANN * Unter- und Überrepräsentation zielsprachlicher Merkmale in englisch- und französischsprachigen Texten deutscher Wissenschaftler: Quantitative und qualitative Aspekte Abstract. In recent years the computer-aided analysis of learners’ use of English (and, to a lesser extent, French) lexico-grammar has focussed on secondary school and university learners, while there has been surprisingly little research interest in the writing performance of post-graduate non-native academics. The purpose of this article is to make a small contribution towards filling this gap by investigating the overuse and underuse of particular colligational and collocational patterns (e.g. for + NP + to-INF or passive constructions of the type *it will be investigated whether) by German researchers. The article draws on a variety of sources: electronic corpora of articles and doctoral theses written by Germans, notes taken by the author while editing and proofreading academic texts as well as a large reference corpus of academic English. The article concludes by discussing ways of helping German authors ‘defossilize’ their incorrect writing practices and gain a heightened awareness of subtle interlingual differences. 1. Einleitung In den nunmehr etwa 20 Jahren ihrer Existenz hat die auf elektronische Korpora gestützte Erforschung der Lernersprache in einigen Bereichen ein klarer konturiertes Bild derselben hervorgebracht, ohne dass in jeder Hinsicht die Detailfülle früherer „manueller“ Analysen (z.B. phraseologischer Fehler von Lernern mit einer bestimmten Ausgangssprache; vgl. B URGSCHMIDT / P ERKINS 1985 für die Ausgangssprache Deutsch) erreicht worden wäre. Von dieser Entwicklung hat insbesondere die Lernerlexikographie profitiert; seit geraumer Zeit führen z.B. das Longman Dictionary of Contemporary English und das Cambridge Advanced Learner’s Dictionary sog. „error notes“ auf, die auf computergestützten Auswertungen (z.B. von Aufsätzen im Rahmen der Cambridge Proficiency-Prüfungen) beruhen. Ein kritischer Blick auf den Stand der Lernerkorpusforschung und auf die aus ihr erwachsenden Forschungsergebnisse lässt allerdings auch erkennen, dass hier gleichsam der Schwanz mit dem Hund wackeln muss, d.h. die Forschungsthemen im Wesentlichen durch die vorhandenen Korpora bestimmt werden. Der Schwerpunkt der * Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Dirk S IEPMANN , Universität Osnabrück, Neuer Graben 40, 49069 O SNABRÜCK . E-Mail: dsiepmann@t-online.de Arbeitsbereiche: Fremdsprachendidaktik, Angewandte Linguistik (insb. Übersetzungswissenschaft, (Lerner-) Lexikographie, Grammatikschreibung, Neue Technologien, Kompetenztests). Unter- und Überrepräsentation zielsprachlicher Merkmale 69 44 (2015) • Heft 1 Forschung lag bisher auf Themen, die anhand kleiner sowie nicht oder nur geringfügig annotierter Korpora zu bewältigen sind (vgl. a. M EUNIER 2010). Dazu gehört z.B. der Gebrauch von Adverbien und Adjektiven (vgl. G RANGER 1998, L ORENZ 1999), von Relativpronomen (vgl. D ELIER 2006) oder von hochfrequenten Verben (vgl. A LTENBERG / G RANGER 2012). Der Gebrauch von Kollokationen bzw. Phrasemen in der Lernersprache wurde zwar ebenfalls in den Blick genommen, die einschlägigen Studien auf der Grundlage kleiner Korpora (z.B. N ESSELHAUF 2003; S IEPMANN 2005a; O SBORNE 2008) können jedoch keinen Anspruch auf die Verallgemeinerbarkeit ihrer Ergebnisse erheben. Um statistisch gesicherte Aussagen über überindividuelle Merkmale des L2-Kollokationsgebrauchs machen zu können, werden nach Erfahrungswerten des Autors Korpora von Lernern einer Ausgangssprache mit einer Mindestgröße von ca. 10 Millionen Wörtern benötigt. Selbst dann bliebe jedoch die Frage im Raum, ob Korpusuntersuchungen nicht letztlich nur das Wissen bestätigen, über das erfahrene Korrekturleser durch die regelmäßige Lektüre nichtmuttersprachlicher Texte ohnehin verfügen; andererseits kann man auch eine solche Bestätigungsfunktion als wissenschaftlich notwendig erachten. Ein weiteres Manko bisheriger Forschung ist die Beschränkung auf Phänomene, die leicht an der lexikalischen Oberfläche zu erfassen sind; eine Ausnahme stellen die differenzierten Studien zum Satzbau anhand syntaktisch analysierter Korpora von S MITS (2002) und S PRINGER (2012) dar. Nicht wenige Problembereiche entziehen sich auch grundsätzlich einer statistisch-quantitativen Erfassung, wie z.B. typische Strukturen von Textsegmenten (vgl. z.B. G NUTZMANN / O LDENBURG 1990; T HIELMANN 2009). Darüber hinaus erfahren im engeren Sinne für die wissenschaftliche Öffentlichkeit bestimmte Publikationen (wissenschaftliche Aufsätze, Dissertationen, Habilitationsschriften) bisher wenig Beachtung, obwohl gerade in diesem Bereich ein praktischer Bedarf an Beratung und Hilfestellung durch die deutsche Fremdsprachendidaktik besteht, der aber in der Breite die sprachliche Expertise für die Durchführung einschlägiger Forschungsvorhaben und Schulungsmaßnahmen fehlt. Hier versucht die vorliegende Studie eine Lücke zu schließen, wobei drei bisher ungenutzte Datenquellen verwendet werden: 1) ein „opportunistisch“ zusammengestelltes, lemmatisiertes und syntaktisch analysiertes Korpus im Web frei verfügbarer Dissertationen und wissenschaftlicher Artikel mit einem Umfang von ca. 2,3 Mill. Wörtern (fortan: NONNATIV1); 2) ein kleineres Korpus von Revisionen wissenschaftlicher Texte (Aufsätze, Abstracts, Forschungsanträge), die im Rahmen von Wissenschaftsenglisch- Seminaren und Korrekturdienstleistungen (Englisch, Französisch) entstanden sind (fortan: NONNATIV2); 3) ein 200-Mill.-Wort-Megakorpus der englischen Wissenschaftssprache, das aus dem wissenschaftssprachlichen Teil des Corpus of Contemporary American English und einem stärker am britischen Englisch orientierten 100-Millionen- Wort-Korpus des Autors besteht (fortan: NATIV). 70 Dirk Siepmann 44 (2015) • Heft 1 In Abschnitt 2 wird eine detaillierte quantitative und in Teilbereichen qualitative Analyse typischer Fehler sowie Phänomene der Über- und Überrepräsentation vorgenommen, wie sie zuerst von L EVENSTON (1971) thematisiert wurden; bei letzteren wird die Vorkommenshäufigkeit bestimmter Konstruktionen in nichtmuttersprachlichen und muttersprachlichen Korpora ähnlichen Inhalts verglichen. In Abschnitt 3 wird der Transfer zwischen Englisch und Französisch als Zweitbzw. Drittsprache in den Blick genommen. Abschließend werden Vorschläge für Schulungsmaßnahmen skizziert. 2. Quantitative Analyse der Lexiko-Grammatik 2.1 Negativer Transfer von lexikalischen Einheiten Eine erfahrenen Korrekturlesern bekannte, aber bisher quantitativ kaum erforschte Interferenzerscheinung stellt der fehlerhafte und/ oder zu häufige Gebrauch bestimmter lexikalischer Einheiten da, von denen hier eine Stichprobe von sechs Items (teilweise mit ihren „korrekten“ Pendants) untersucht wurde. N ONNATIV 1 N ATIV among(st) others / other things 34,9 16,7 with respect to 158,1 41,5 mostly 73,1 42,4 different/ various/ a variety of 916/ 123,7/ 26,2 509,7/ 219,7/ 71,3 respectively 140,5 49,1 incidentally/ in passing 0,7/ 2,5 5,3/ 3,3 Tab. 1: Repräsentation ausgewählter lexikalischer Einheiten in NONNATIV1 und NATIV (Okkurrenzen pro 1 Million Wörter) Bei allen untersuchten Einheiten bestätigt sich die Hypothese, dass diese lexikalischen Einheiten, die meist als Eins-zu-Eins-Standardäquivalente deutscher Items gelernt werden (unter anderem, in Bezug auf, meistens, unterschiedlich, beziehungsweise, nebenbei bemerkt), in den nichtmuttersprachlichen Texten in einem erheblichen Maße überbzw. unterrepräsentiert sind. Hinter dieser quantitativen Differenz verbirgt sich in vielen Fällen auch ein fehlerhafter Gebrauch, der hier an einigen Beispielen veranschaulicht werden soll. Zunächst ein Beispiel für falsches amongst others (auf weitere Fehler in den jeweiligen Sätzen soll hier nicht eingegangen werden): CS 2 , amongst others used for the manufacture of viscous rayon, is an industrial, non-polar solvent that has been found in 139 (11.2 %) contaminated sites on the U.S. EPA National Priority List (NPL), according to McGeough et al. (2007). (NONNATIV2) Unter- und Überrepräsentation zielsprachlicher Merkmale 71 44 (2015) • Heft 1 Hier liegt eine Übergeneralisierung vor: Während das deutsche unter anderem auch adverbial gebraucht werden kann, kann das englische among others sich nur auf eine Reihung von Substantiven beziehen: Although inequalities are still evident in statistical averages, whites and blacks in America overlap in every important measure - income, wealth, education, health, and law-abidingness, among others. (NATIV) Eine Korrekturmöglichkeit besteht hier darin, ein Substantiv zu finden, dass the manufacture of viscous rayons wiederaufnehmen kann, wie z.B. application (used for the manufacture of viscous rayons, among other applications). Das deutsche in Bezug auf lässt sich in recht beliebiger Weise zur Vermittlung zusätzlicher Information einsetzen. Eine wörtliche Übertragung ist jedoch meist nicht möglich, wie folgendes Beispiel zeigt: All effects were small (g = -.23 for sSOL) to medium (g = .52 for TST) with respect to different outcome variables. (NONNATIV2) Im Wissenschaftsenglischen werden die hier präpositional eingeführten zusätzlichen Informationen jedoch gewöhnlich in den Satzbauplan (d.h. die valenzabhängigen Satzglieder) integriert: All effects involving different outcome variables were small (g = -.23 for sSOL) to medium (g = .52 for TST). Häufig lässt sich die komplexe Präposition with respect to auch durch einfache Präpositionen ersetzen: With respect to the outcome variable SOL, BDZ and z-drugs are significantly more effective than ADP. -> For outcome variable SOL, … Mostly („größtenteils“) wird häufig mit meistens (most of the time, more often than not, usually, normally usw.) gleichgesetzt: However, they all choose a name which is mostly not their own but a pseudonym. Sometimes they state their geographical or linguistic origin, but mostly they do not. (NONNATIV1) Aufgrund der Polysemie von dt. unterschiedlich/ verschieden kommt es häufig zu folgendem Fehler: European companies in different fields (NONNATIV 1) … little is known about differences in treatment efficacy of different drug classes and their differential effect on objective versus subjective outcome measures. (NONNATIV2, Korrektur in beiden Fällen: various) Bei respectively wird häufig die dem deutschen nachempfundene Struktur X respectively Y verwendet; die hohe Frequenz dieser fehlerhaften Struktur erklärt sich aus den breiteren Einsatzmöglichkeiten der deutschen Struktur, der im Englischen verschiedene Strukturen entsprechen. Im folgenden Satz z.B. würde eine korrekte englische Formulierung des Gemeinten lauten: both soil humidity and dryness have … 72 Dirk Siepmann 44 (2015) • Heft 1 Soil humidity respectively dryness has a great influence on the life cycle of P. suturicallus. Bei incidentally/ in passing liegt eine Unterrepräsentation in nicht-nativen Texten vor, kompensiert vermutlich durch frequentere Diskursmarker wie also oder in addition. Zukünftiger Forschung erwächst in diesem Bereich die Aufgabe, z.B. über eine Keyword-Analyse eines großen nicht-nativen Korpus eine vollständige Liste wissenschaftssprachlicher lexikalischer Einheiten zu erstellen, die gehäuft Interferenzen auslösen. Dabei kann auch eine Sichtung älterer Literatur nutzbringend sein. 2.2 Unzählbare Nomina Obwohl dieser Problembereich als besonders fehleranfällig bekannt ist, findet man hier, wie eine Untersuchung einer Reihe hochfrequenter unzählbarer Nomina (advice, awe, consent, courseware, equipment, ethics usw.; die vollständige Liste findet sich in S IEPMANN 2012: 100) in NONNATIV1 zeigt, nur vereinzelte und häufig idiosynkratische Normabweichungen bei der in Rede stehenden Gruppe der Wissenschaftler. Insgesamt finden sich bei der Auswertung von 2000 Belegen nur 70 Fehlleistungen. Hier einige Beispiele aus: environments in language education present an integrity with its classrooms, teachers, plans stiff fines for each failure to respond to informations duly presented them. probably also to secure himself from the informations of his prying enemies, by this mixture and I think of the members' sharing as an intimacy . In fact the group can be smaller than Das so gewonnene Bild kaschiert jedoch möglicherweise komplexere Fälle, in denen phraseologische Gegebenheiten den Artikelgebrauch determinieren. Ein Beispiel liefert folgender Auszug aus einem sprachwissenschaftlichen Text; time ist zwar in seiner Grundbedeutung ein Massennomen, wird aber im Gebrauch mit Adjektiven mit dem unbestimmten Artikel (in a relatively short time / in a relatively short time span/ period/ …) verwendet. Obviously, DCTs [discourse completion tasks, D.S.] make it possible to collect large amounts of data in relatively short time and with comparatively little effort. 2.3 Adverb-Adjektiv-Kollokationen Mehrere bisherige Studien befassen sich mit dem Gebrauch von Adverb-Adjektiv- Kollokationen in Texten fortgeschrittener Lerner (z.B. G RANGER 1998, L ORENZ 1999). Die Befunde zeigen u.a. eine Überrepräsentation von sog. Boostern (z.B. very, completely, highly) und aus der Muttersprache wörtlich entlehnten Kollokationen (z.B. Unter- und Überrepräsentation zielsprachlicher Merkmale 73 44 (2015) • Heft 1 hautement improbable - highly improbable/ unlikely), was sich für die Gruppe weit fortgeschrittener Schreiber nicht bestätigen lässt. Wie ein Vergleich der häufigsten Adverb-Adjektiv-Kollokationen in NATIV und NONNATIV1 zeigt (s. Tabelle 2), scheinen die nichtmuttersprachlichen Wissenschaftler eher dazu zu neigen, allgemeinsprachliche Kollokationen zu vermeiden, die in NATIV die ersten Plätze einnehmen (so many, so much, very different). Statt very different (Rang 3) liegt z.B. eine Präferenz für significantly different (Rang 1) vor. Auffällig ist auch die signifikante Überrepräsentation von Kollokationen mit dem Adjektiv low in NONNATIV2. Durch die Vermeidung gemeinsprachlicher Kollokationen entstehen auch bei völliger Fehlerfreiheit gelegentlich Texte, die zwar in Hinblick auf Genauigkeit der Wortwahl und Begriffsschärfe wissenschaftssprachlich adäquat sind, aber gleichzeitig einfachere Ausdrücke der Gemeinsprache vollständig vermissen lassen, was einen spröden und leblosen oder gestelzten, in jedem Fall aber unnatürlichen Stil zur Folge hat. N ATIV N ONNATIV 1 Kollokation Frequenz Kollokation Frequenz so many 5,412 significantly different 107 so much 4,184 competitively weak 73 very different 4,113 as possible 69 statistically significant 3,737 not possible 68 too much 3,304 statistically significant 59 as possible 3,208 very low 51 very little 2,533 rather low 44 very important 2,504 not able 40 as much 2,406 very similar 37 not surprising 2,376 competitively strong 37 quite different 2,200 relatively low 36 very few 2,128 very important 35 too many 2,102 very high 35 not clear 2,011 socially intelligent 34 as many 1,971 not surprising 33 not possible 1,937 not only 33 very high 1,901 very small 32 relatively small 1,778 only few 31 not only 1,766 not significant 31 very small 1,736 not available 31 very large 1,707 highly sophisticated 31 not available 1,701 very few 30 Tab. 2: Die 22 häufigsten Adverb-Adjektiv-Kollokationen in NATIV und NONNATIV1 74 Dirk Siepmann 44 (2015) • Heft 1 2.4 Beispiele für unterrepräsentierte Konstruktionen Verschiedene Konstruktionen, die in Schreibseminaren als fehleranfällig oder unterrepräsentiert auffallen, wurden hier einer statistischen Untersuchung unterzogen (s. Tabelle 3), die diese Intuitionen bestätigt. Dies lässt den tentativen Schluss zu, dass Unterschiede zwischen muttersprachlichen und nicht-muttersprachlichen Texten auf dieser Ebene sich weniger als lexikalische bzw. kollokative Fehlleistungen manifestieren, sondern eher auf die kumulative Wirkung der Unterrepräsentation einer ganzen Reihe von Konstruktionstypen zurückzuführen sind. Einige Beispiele werden im Folgenden einzeln besprochen. Konstruktion Muttersprachler (Okkurrenzen pro Mill. Wörter) Nicht-Muttersprachler (Okkurrenzen pro Mill. Wörter) 1. for + NP + to + INF 95,2 49,5 2.a) NP + is + to + INF 143,6 85,0 2.b) NP + is + that-clause 157,4 118,3 2.c) NP + is + for + NP 9,7 5,4 3. V + NP + to + INF 478,9 240,2 4. NP + PREP + V-ing 1990 1593,2 5. ADJ + PREP + V-ing 255.5 165,3 6. ADJ + to + V-ing 27,1 26,9 Tab. 3: Ausgewählte Konstruktionen in muttersprachlichen und nicht-muttersprachlichen Texten 2.4.1 for + NP + to + INF Diese Konstruktion ist in nicht-muttersprachlichen Texten nur ca. halb so frequent wie in muttersprachlichen Texten. Hinzu kommt, dass Nichtmuttersprachler nur bestimmte Untertypen der Konstruktion vermehrt verwenden, gewöhnlich it + ADJ + for + NP + to + INF oder hochfrequente Nomina (probability, need). In NONNATIV finden sich dagegen keine Vorkommen der Konstruktion innerhalb von Valenzschemata (1), in diskontinuierlichen Strukturen (2), am Anfang eines Nebensatzes (3; mit must/ need to/ require usw. im Hauptsatz), mit too (4) und als Relativsatzersatz (5): (1) They aspire for their books to be “useful”, that is, to make experience available in some relatively new terms … (NATIV) (2) Another scenario for the electronic classroom in contrast to Figure 1 would be for the students to plug their own lap top computers into a classroom network provided by the university (NATIV) (3) For such rules to be justifiable and, thereby, to constitute formulae for the generation of legitimate entitlements, they must accommodate… (NATIV) (4) … these individuals are far too numerous for the prohibition to be taken seriously. (NATIV) Unter- und Überrepräsentation zielsprachlicher Merkmale 75 44 (2015) • Heft 1 (5) The aesthetic and ethical stages are first presented in Either/ Or and offered as alternative life-views for the reader to choose between. (NATIV) 2.4.2 NP + is + to + INF/ NP + is + that-clause/ NP + is + for Dieser Typ von Nominalkonstruktion (z.B. the aim is to+INF; the inference is that + Satz; the aim is for NP), der zuerst von G ALLAGHER (1986) thematisiert wurde, ist insofern untypisch für das Englische, als dieses gewöhnlich im Vergleich zum Deutschen als eher verbal beschrieben wird. Auch hier ergibt sich eine deutliche Unterrepräsentation der zielsprachlichen Konstruktionen in NONNATIV1, wobei eine qualitative Sichtung von Konkordanzen zeigt, dass z.B. Konstruktion 2.c) in NONNATIV1 faktisch überhaupt nicht vorkommt. Bei Konstruktion 2.b) dominieren ebenfalls einzelne Nomina mit mindestens drei Vorkommen, nämlich reason, result, finding, difference, point, observation, assumption, conclusion, explanation, argument, aspect, problem, truth, während z.B. die in muttersprachlichen Texten hochsignifikanten Nomina fact, answer, view, implication, reality, line, thesis usw. nicht oder nur vereinzelt zu finden sind. Allein bei der Infinitivkonstruktion 2.a) lässt sich eine größere Übereinstimmung zwischem nativem und non-nativem Sprachgebrauch feststellen, auch wenn einige (wiederum allgemeinsprachliche) Nomina in NONNATIV1 praktisch nicht vorkommen (z.B. job, point, challenge, plan). Tabelle 4 zeigt einen Vergleich der jeweils frequentesten Nomina mit Konstruktion 2.a): N ONNATIV 1 N ATIV Konstruktion Frequenz Konstruktion Frequenz aim is to 20 goal is to 1,273 objective is to 18 purpose is to 622 task is to 14 aim is to 576 goal is to 11 step is to 502 way is to 7 task is to 412 problem is to 6 approach is to 407 strategy is to 4 objective is to 381 step is to 4 challenge is to 340 idea is to 4 problem is to 273 response is to 3 strategy is to 260 purpose is to 3 idea is to 250 Tab. 4: Die frequentesten Nomina mit der Konstruktion NP + is + to + INF 2.4.3 V + NP + to + INF Diese Konstruktion, die z.B. mit require üblich ist, wurde in den Blick genommen, weil sie zum einen eine sehr allgemeine Konstruktion darstellt, die auch im Deutschen existiert (z.B. j-mden auffordern etw. zu tun), andererseits aber gewisse zwischen- 76 Dirk Siepmann 44 (2015) • Heft 1 sprachliche Unterschiede bestehen (z.B. require sb to to do sth = von j-mdem verlangen/ fordern, dass er etwas tut). Es zeigt sich hier zumindest bei den aktiven Konstruktionen ein etwa um die Hälfte geringerer Gebrauch bei Nichtmuttersprachlern. Bei Passivkonstruktionen des Typs NP was hypothesized to have evolved gradually dagegen zeigt sich sogar ein um etwa 35% höherer Gebrauch bei Nichtmuttersprachlern, was möglicherweise auf die Erwähnung dieser Konstruktion in Schreibführern zurückzuführen ist. Gar nicht repräsentiert in NONNATIV1 ist von den in dieser Konstruktion üblichen Verben (argue, assume, believe, claim, consider, demonstrate, estimate, find, hypothesize, note, observe, regard, report, say, show, suspect, think) lediglich note, so dass zumindest in dem Bereich der Passivkonstruktionen dieses Typs von einer starken Annäherung an den muttersprachlichen Gebrauch die Rede sein kann. 2.4.4 NP + PREP + V-ing Die Unterrepräsentation dieser Valenzkonstruktion lässt sich durch die Präferenz für nominale Konstruktionen im Deutschen erklären (vgl. S IEPMANN 2012: 88 ff.). Auch hier zeigt eine zusätzliche qualitative Analyse, dass die reine Mustererkennung durch den Computer die wirklichen Verhältnisse verzerrt. Man stellt nämlich fest, dass in NATIV zahlreiche überfachlich einsetzbare n-grams das Bild dominieren (way of knowing, role in determining, framework for understanding usw.), während in NONNATIV textspezifische Wendungen zu den frequentesten zählen (preferences for punishing, weeks after weaning). Daraus folgt, dass auf diesem Gebiet verbale Formulierungen noch viel stärker unterrepräsentiert sind, als die Zahlen erkennen lassen. Eine weitere Ursache für die Unterrepräsentation dieser Konstruktionen und gleichzeitig eine häufige Fehlerquelle ist die Verwechslung von to-INF und to + PREP + V-ing. Hier zwei Beispiele aus NONNATIV1: … my suggestion for an approach to measure them … Just as academic intelligence is only a precondition to demonstrate (academically) intelligent behavior, … Weitere „fehleranfällige“ Nomina sind: way (z.B. on + Possessivpronomen + way + to + V-ing), guide, key, resistance, route, contribution, prerequisite, limit. 2.4.5 ADJ + PREP + V-ing Hier finden sich interessanterweise größere Übereinstimmungen zwischen Muttersprachlern und Nichtmuttersprachlern als bei den soeben besprochenen Nominalvalenzen. Die frequentesten nativen Konstruktionen (capable of + V-ing, responsible for + V-ing usw.) finden sich auch in NONNATIV gut repräsentiert. 2.4.6 ADJ + to + V-ing Die Häufigkeitswerte könnten eine Vollkompetenz der Nichtmuttersprachler in Bezug auf diese Konstruktion suggerieren. Bei genauerer Sichtung verbergen sich hinter den Unter- und Überrepräsentation zielsprachlicher Merkmale 77 44 (2015) • Heft 1 ähnlichen Häufigkeitswerten jedoch wiederum völlig unterschiedliche qualitative Verhältnisse: Wie bereits die obersten Frequenzränge zeigen, wird die Hälfte der nichtmuttersprachlichen Konstruktionen durch „due to“ eingeleitet (z.B. due to weaning); andere Konstruktionen sind fehlerhaft (robust to controlling); die im nativen Englisch zentrale lexikalische Füllung durch „understanding“ (essential/ key/ critical/ crucial to understanding; vgl. Tabelle 5) kommt in den nicht-muttersprachlichen Texten nicht vor. N ATIV Konstruktion Frequenz essential to understanding 48 key to understanding 45 critical to understanding 42 important to understanding 39 crucial to understanding 39 due to increasing 32 conducive to learning 32 fundamental to understanding 30 central to understanding 29 relevant to understanding 25 Tab. 5: Die häufigsten nativen Konstruktionen des Typs ADJ + to + V-ing 2.5 Beispiele für überrepräsentierte Konstruktionen Aus Platzgründen sollen hier nur zwei Konstruktionen kurz zur Sprache kommen. Nominalvalenzen mit to-INF sind in NONNATIV ca. anderthalb mal häufiger als in NATIV und häufig Ergebnis von Interferenz. Das Paradebeispiel hierfür ist immer noch das Substantiv possibility, das aber von der überwiegenden Mehrheit der Schreiber in diesem Stadium des Fremdsprachenerwerbs korrekt gebraucht wird. Anfälliger für Fehler sind weit fortgeschrittene Schreiber bei selteneren Substantiven wie approach oder resistance; ähnlich wie beim Artikelgebrauch (vgl. das obige Beispiel zu time) erweist sich darüber hinaus der je nach phraseologischer Einbettung schwankende Gebrauch von to-INF und of V-ing als häufige Fehlerquelle. Ein Beispiel: In making offers, negotiators verbally anticipate the provision of services and goods, payment of money, etc., thereby increasing the chances to ratify a deal in the end. (NONNATIV1; Korrektur: thereby increasing their chances of ratifying) Auch bei bestimmten Typen von Passivkonstruktionen fällt es deutschen Wissenschaftlern mit deutscher Muttersprache schwer, sich dem Interferenzsog des Deutschen 78 Dirk Siepmann 44 (2015) • Heft 1 zu entziehen. Konstruktionen wie die folgenden finden sich ausschließlich in nichtnativen Publikationen: … specific contents of this definition are to be considered. It is thus to be analyzed and eventually concluded if and how the feat Prior to this, it is investigated whether all the input entities required to apply BIIS and IntBIIS can be gathered. Dabei hat die Linguistik bisher die Frage unbeantwortet gelassen, warum z.B. doubt (v.a. it may be doubted whether) und know (v.a. it is not known how/ whether) in letzterer Struktur möglich sind, investigate und analyse jedoch nicht. Vermutlich hat dies etwas mit der Unterscheidung von kognitiven Verben (doubt, know) und Verben, die einen Forschungsprozess (investigate, analyse, examine) beschreiben, zu tun; determine (v.a. it is / / must/ may be determined whether) ist hierbei ein Grenzfall. Aus dem Gesagten ergeben sich mindestens drei Haupteinflüsse auf das Wissenschaftsenglisch deutscher Forscher. Erstens sind klare Frequenzeffekte des Wortschatzes bzw. der mit ihm einhergehenden Konstruktionen zu erkennen; je seltener eine bestimmte lexiko-grammatische Konstruktion ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie unterrepräsentiert ist. Andererseits zeigt sich, dass die extensive Lektüre englischsprachiger wissenschaftlicher Texte positive Effekte auf die Schreibkompetenz zeitigt; viele Probleme, die bei Lernern in einem Zwischenstadium (d.h. Schülern, Studenten) festgestellt wurden, lösen sich offenbar durch die massive Rezeption von authentischem Input gleichsam von selbst. Zweitens ist eine gewisse Vermeidung von allgemeinsprachlichem Wortschatz und Konstruktionen festzustellen, die subjektiv als unpassend für den wissenschaftlichen Diskurs empfunden werden (möglicherweise aufgrund einer Übertragung deutscher Stilprinzipien). Drittens gibt es auch bei weit fortgeschrittenen Lernern offenbar Bereiche, in denen Interferenzen mit der Erstsprache Deutsch vorliegen; dabei wurden die hier in den Vordergrund gestellten syntaktischen Präferenzen bisher unzureichend berücksichtigt, obwohl sie maßgeblich zum Entstehen eines subjektiven Eindrucks von Fremdheit beitragen. 3. Positiver und negativer Transfer aufgrund typologischer Nähe bzw. Distanz In diesem Abschnitt soll in aller gebotenen Kürze die Frage nach der Übertragbarkeit der hier ermittelten Befunde von der L2 Englisch auf die L2 Französisch oder umgekehrt betrachtet werden. Da keine elektronischen Lernerkorpora deutscher Schreiber des Französischen existieren, kann hier nur auf Erfahrungswerte des Autors zurückgegriffen werden. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass es eine Reihe von systematischen Fehlertypen im Französischen deutscher Schreiber gibt, die durch die Nichtbeachtung derselben Prinzipien entstehen, die im Englischen gelten. Hierzu einige authentische Beispiele auf verschiedenen Ebenen, die nur stichwortartig kommentiert werden. Unter- und Überrepräsentation zielsprachlicher Merkmale 79 44 (2015) • Heft 1 Falsche Freunde: *the exemplary analysis of communication conflicts under the aspect of the principles … * Commençons par l'analyse exemplaire des verbes regroupés dans la catégorie de … Pluralisierung bei Koordination zweier Nomina: ? who lived in the nineteenth and twentieth century (üblicher: centuries) ? la signification affective de comprendre que dominent dans la première personne au singulier et pluriel (Verbesserung : aux premières et deuxième personnes du singulier et du pluriel) Syntax/ Thema-Rhema: ? from this recent research the extent of the problem has become much clearer (Verbesserung: this recent research has made …) ? Or, de l'analyse de notre corpus, se dégage le fait que je comprends que s'emploie dans trois quarts des cas avec subjonctif (Verbesserung: l’analyse de notre corpus montre que) Syntax/ Schwere: *The literature in general until 1995 has been reviewed in the appropriate chapters of the preceding editions (…) and earlier reviews quoted therein. The comprehensive review by Neunhoeffer (1978) and the chapter on 1,2,3-triazines in the book by Benson (1984) (putting 1,2,3-triazine chemistry into the wider context of contiguous nitrogen chain compounds) should be especially mentioned. (Verbesserung: Special mention must be made of …) *Dans la communication de tous les jours, il est rare que l’on informe son l'interlocuteur sur sa propre capacité intellectuelle à comprendre un état de choses. C'est pourtant la compréhension affective, dans le sens d'un commentaire d'un état de choses, d'un comportement, d'une action ou d'une décision d'autrui qui prédomine dans la communication. (Verbesserung : Ce qui prédomine cependant dans la communication au quotidien, c’est …) Gebrauch von schriftsprachlich adäquaten Gliederungssignalen: ? One problem is … To make matters worse, … (Verbesserung: A further difficulty/ complication is that) ? Un autre verbe qu’on va considérer maintenant est … (Verbesserung: Venons-en maintenant à ... / Examinons à présent [etc.]) Bei den hier demonstrierten Fehlerquellen bestehen deutliche typologische Parallelen zwischen dem Englischen und Französischen, die im Bereich der Wortstellung z.B. auf die typische Erstposition des Subjekts, das gleichzeitig das Satzthema darstellt, zurückzuführen sind (zu subtilen Differenzen vgl. S IEPMANN 2005b, insbesondere die ausführliche Internetversion des Artikels). Dagegen stehen sich in anderen Bereichen, wie z.B. bestimmten Valenzstrukturen (z.B. Bewegungsverben) und der (wenig ausge- 80 Dirk Siepmann 44 (2015) • Heft 1 prägten) literarisch-rhetorischen Elaboriertheit des Ausdrucks, das Deutsche und das Englische näher. Ein Schreiber, der in beiden Fremdsprachen zu Hause sein will, muss also ein feines Sensorium für typologische und stilistische Ähnlichkeiten und Unterschiede entwickeln (vgl. S IEPMANN 2006). 4. Schlussfolgerungen Abschließend wäre zu fragen, inwieweit durch Unterricht und/ oder Lehrmaterialien Verbesserungen in den hier aufgedeckten Problembereichen möglich sind. Der einzig gangbare Weg besteht dabei in einer Bewusstmachung bestimmter fehlerhafter und über- oder unterrepräsentierter Strukturen innerhalb eines lexiko-grammatischen Ansatzes, da einige der hier besprochenen Strukturen sich erfahrungsgemäß der Wahrnehmung der Lerner entziehen (z.B. for + NP + to-INF oder NP + is/ are + for NP [z.B. recommendation is for two doses]; wie in anderen Lebensbereichen nimmt man auch in der Sprache im Allgemeinen nur das wahr, was man schon kennt. Diese Bewusstmachung muss mit einer Anregung zum verstärkten Gebrauch von Hilfsmitteln (allgemeine und fachspezifische Korpora, Wörterbücher, Google Books) einhergehen und durch die Korrektur fehlerhafter Sätze, Übersetzungsübungen und andere Übungsformen abgesichert werden. Es erhebt sich auch die ketzerische Frage gegenüber der Lernerkorpusforschung, ob die in Korpora von Hausarbeiten oder Essays fortgeschrittener Lerner festgestellten Defizite sich nicht z. T. von selbst erledigen, wenn diese Lerner im Laufe eines Dissertationsprojekts intensiv mit englischen Fachartikeln und -büchern arbeiten. Diese Annahme deckt sich zumindest mit einer hier nicht dargestellten Analyse von N ONNATIV 1 in Hinblick auf einige Problembereiche, die im Schreibführer des Macmillan Dictionary of English von der Forschergruppe um S. G RANGER aufgeführt werden, sowie den Erfahrungen des Autors in zahlreichen Schreibseminaren für Doktoranden, Post-Doktoranden und Professoren: Je stärker eine Disziplin internationalisiert ist und je mehr Englisch rezipiert wird, desto besser sind die lexiko-grammatischen Kompetenzen der Mehrheit der Wissenschaftler, sowohl in Bezug auf fachübergreifende wissenschaftssprachliche Konstruktionen als auch insbesondere in Bezug auf fachspezifische Terminologie und Phraseologie. Auf diesem Niveau gilt es meist eher, bestimmte Fossilisierungen im Bereich des Satzbaus (z.B. die hier besprochenen Konstruktionen) und der Satzverbindungen (z.B. Thema-Rhema), der Absatz- und Textgestaltung (z.B. topic/ point sentence, point-early vs. point-late) und der allgemeinen Merkmale des Wissenschaftsstils (z.B. Nominalisierung vs. Verbalisierung, evtl. zu stark verfachlichter Stil) aufzulösen. Während hier nach Erfahrung des Autors gute Erfolge erzielt werden können, bleiben - wie anhand von Lernertexten demonstrierbar - lexikalische Fehlleistungen, die thematisch und/ oder idiosynkratisch begründet sind, einer systematischen Erforschung und Prophylaxe verschlossen. Sie werden in nicht allzu ferner Zukunft durch elektronische Schreibhilfen (vgl. z.B. die aktuellen Schreibhilfen für Smartphones) zu einem gewissen Teil automatisch behoben werden können. Unter- und Überrepräsentation zielsprachlicher Merkmale 81 44 (2015) • Heft 1 Literatur A LTENBERG , Bengt / G RANGER , Sylviane (2012): „The grammatical and lexical patterning of MAKE in native and non-native student writing“. In: B IBER , Douglas / R EPPEN , Randi (Hrsg.): Corpus Linguistics Volume 4: Methods and Applications. Sage: London: Sage, 219-238. B URGSCHMIDT , Ernst / P ERKINS , Christopher (1985): EB-Fehlerkartei Englisch. Phraseologie. Kollokationen - Phraseme - Idiome. Braunschweig: E. Burgschmidt. D ELIER , Stéphanie (2006): Relative Pronouns in Native and Non-Native English Academic Writing. A Corpus-Based Study. Louvain-La-Neuve: Université Catholique de Louvain-La-Neuve [Unveröffentlichte Masterarbeit]. G ALLAGHER , John D. (1986): „English nominal constructions. A problem for the translator and the lexicographer“. In: Lebende Sprachen 31, 108-113. G NUTZMANN , Claus / O LDENBURG , Hermann (1990): „Deutsche und englische Fachtexte im Vergleich. 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S IEPMANN , Dirk (2012): Wissenschaftliche Texte auf Englisch schreiben. Stuttgart: Klett. S MITS , Aletta (2002): How Writers Begin their Sentences: Complex Beginnings in Native and Learner English. LOT dissertation series, 67. Utrecht: LOT. S PRINGER , Philip (2012): Advanced Learner Writing: A Corpus-Based Study of the Discourse Competence of Dutch Writers of English in the Light of the C1/ C2 Levels of the CEFR. Oisterwijk: Uitgeverij BOXpress. T HIELMANN , Winfried (2009): Deutsche und englische Wissenschaftssprache im Vergleich. Hinführen - Verknüpfen - Benennen. Heidelberg: Synchron. © 2015 Narr Francke Attempto Verlag 44 (2015) • Heft 1 C HRISTINE S. S ING * “My own summary is definitely less scientific but more easy to grasp”: ESP writing and disciplinary identity Abstract. This paper examines the construction of writer identities in the ESP writing of business students using English as an L2. Despite the wealth of literature on the topic, little is known about identity in ESP writing, particularly involving ESP undergraduates. The aim of this study is to investigate how these students use pronominal self-reference in order to perform authorial identities. Drawing on a self-compiled specialised corpus, the study adopts a mixed-methods approach of computation and interpretation. It was found that student writers, in assuming weak authorial roles, tend to use self-reference with low-risk functions. The findings also suggest that these students rely on inclusive we, which highlights field-specific uses in their writing. These results may help us to understand how writer identities assist students in their development of a disciplinary identity. 1. Introduction There is no denying that “[w]riting is […] the central activity of institutions” (H YLAND 2013: 95), to the extent that it is the explicit acknowledgement of membership in the academic discourse community. Becoming a proficient writer is thus endemic to academic literacy practices, which “constitute central processes through which students learn new subjects and develop their knowledge about new areas of study” (L EA / S TREET 1998: 157). In acquiring the ‘subject-specific literacies’ (H YLAND 2002b: 352) of a given community, students may eventually develop a disciplinary identity, which is enacted in and through writing. One way of studying identity therefore involves examining the extent to which students inhabit their texts. Research into identity construction in academic writing was sparked by I VANIČ ’s (1998) pioneering study of self-representation in the writing of mature students. Since then, several typologies of writer identities have been proposed. Most studies in the field have focused on graduate or expert writers, addressing disciplinary variation with reference to research articles (RA) and paying little attention to variability within a single discipline. It is this gap that the present study proposes to fill. Its purpose is thus to provide an in-depth analysis of business students’ identity construction in a piece of assessed writing. It will be argued that ESP writing is a genuine showcase for studying identities * Address for correspondence: Dr. Christine S. S ING , Lecturer/ Postdoctoral Researcher, Institut für Englische Wirtschaftskommunikation, Wirtschaftsuniversität Wien, Welthandelsplatz 1, A-1020 W IEN . E-Mail: csing@wu.ac.at Research areas: English for Academic Purposes, Corpus Linguistics, Applied Linguistics. ESP writing and disciplinary identity 83 44 (2015) • Heft 1 as these students are, to a larger extent than those in general English for academic purposes (EAP) settings, forced to assume several, often conflicting, identities. This has important implications for discipline-specific writing instruction in that these students have to live up to quite different literacy expectations. Not all of these identities lend themselves to (corpus) linguistic analysis. While disciplinary identities are discursively constructed, writer identities can be tracked on the textual level by means of identifying pronominal self-reference. Drawing on a selfcompiled specialised corpus - the corpus of Academic Business English (ABE) - this present account sets out to examine all writer-oriented pronouns in the corpus, including section-based analyses of the seminar papers that make up its database. Prior to presenting the main findings, I will first outline the possibilities for selfhood in ESP writing, which will be followed by a brief overview of existing typologies of writer identities. The in-depth study of self-reference will conclude with a discussion of implications for ESP writing instruction. 2. ESP writing and (disciplinary) identity Given the internationalisation of academic practices in Higher Education (HE), “university students around the world are increasingly likely to be using English for their studies, although in many cases their pre-degree preparation will not have included extensive writing practice in English in the relevant genres” (N ESI / G ARDNER 2012: 3). Familiarising student writers with the (specific) purposes of university writing is therefore an essential prerequisite for smoothing the transition from secondary to higher education. University writing thus marks a cultural shift, confronting students with the fact that “someone cannot engage in a discourse in a less than fluent manner. You are either in it or you’re not” (G EE 1996: 155). In order to be immersed in the academic discourse community, students need to learn a disciplinary culture. Yet, this enculturation clearly goes beyond the level of conventions: in developing academic writing skills, students need to create a new identity (H YLAND 2002b: 352), demonstrating that they are accustomed with the genres of particular disciplines. Hence identity construction is a central concern in their literacy development. I VANIČ (1998: 23) distinguishes between four dimensions of writer identity. Three of them - the autobiographical self, the discursive self and the authorial self - relate to the writing individual and interact in text production. The autobiographical self originates from the writer’s previous experiences, including beliefs and attitudes, while the discursive self becomes manifest in the writer’s positioning in a particular discourse. The authorial self, then, determines a writer’s visibility in a text, indicating the extent to which s/ he claims responsibility for its content. The fourth dimension complements the others in that it abstracts from the writing individual and relates to the “prototypical identities available in the socio-cultural context of writing” (I VANIČ ibid.). The latter clearly refers to the options of identity available to students in a particular institutional context. 84 Christine S. Sing 44 (2015) • Heft 1 The ESP setting of a business school showcases such a particular institutional context, suggesting several conflicting identities that students need to adopt and adapt to, whether as novices in the field, apprentice writers or trainee professionals. In doing so, ESP students meet three challenges: First, today’s ESP student is expected to be a proficient L2 user of English. Unsurprisingly, these students are linguistically challenged, struggling “simultaneously with the challenges of general English, academic English and specialised disciplinary language” (P ETERS et al. 2014: 744). Lacking competencies in general English will, quite inevitably, delay literacy development. Second, although writing is “most prominent in business, academic, and professional domains, where it often is used to carry out tasks of relatively high importance” (T ARDY 2012: 6266), writing instruction has rarely taken centre stage in the ESP curriculum. Thus there is generally little knowledge about the target genres in the (future) workplace. Third, these students also experience a culture clash, stemming from the fact that they are rooted in epistemologies different from both educational and professional genres. Turning now to self-representation in writing, from a linguistic perspective, “a writer’s identity is created by, and revealed through, the use or absence of the I pronoun” (H YLAND 2002a: 352). Based on this assumption, several typologies of self-representation in writing have been proposed (T ANG / J OHN 1999; H YLAND 2002a; H ARWOOD 2005b; S TARFIELD / R AVELLI 2006; S HELDON 2009). They differ in two respects: the data used to establish the identities and a focus on either the writing individual or the discourse functions by which identity is enacted. For example, some studies refer to a so-called ‘Methodological I’ (e.g. H ARWOOD 2005b) while H YLAND ’s analysis (ibid.) is grounded in discourse functions such as explaining a procedure. I will build on T ANG / J OHN ’s (ibid.) framework, extending it by means of H YLAND ’s (ibid.) discourse functions. In contrast to T ANG / J OHN , I will argue that genre roles are not to be dissociated from discourse roles in that writer identities may also index disciplinary identities. In their study of undergraduate essay writing, T ANG / J OHN (ibid.) discovered six different identities (cf. Figure 1  page 85). The authors found that the identities behind these pronouns have varying degrees of visibility and assertiveness, showing a cline of authorial presence in writing. The weakest form of authorial presence − apart from the complete absence of author pronouns − is the so-called ‘I as representative’ while roles such as the ‘opinion-holder’ and ‘originator’ are situated at the top-end of the assertiveness scale. It is possible to relate these identities to various discourse functions, such as H YLAND ’s (2002a): Expressing self-benefits; Stating a goal/ purpose; Explaining a procedure; Elaborating an argument; Stating results/ claims. While there is considerable overlap between the roles shown in Figure 1 and these functions, there are also important differences between them. Thus stating a goal is the equivalent of ‘I as architect’, explaining a procedure overlaps with ‘I as recounter of the research process’ and elaborating an argument is congruent with ‘I as opinion holder’. The most powerful role ‘I as originator’ can be linked to stating results/ claims. ESP writing and disciplinary identity 85 44 (2015) • Heft 1 44 Fig. 1: A typology of possible identities behind the first person pronoun in academic writing (adapted from T ANG / J OHN ibid.: 29) There are also important differences between the taxonomies. H YLAND ’s (ibid.) function expressing self-benefits, adding a reflective dimension to identity construction, is not attested in T ANG / J OHN ’s (ibid.) data. There are no equivalents for the roles ‘I as representative’ and ‘I as guide’ either. This is owed to methodology since H YLAND (ibid.) excluded all inclusive uses of the plural forms we, our and us. This is rather problematic since, due to a lack of semantic distinction, the ambivalence between exclusive and inclusive uses cannot be fully resolved (H ARWOOD 2005a). More importantly, the inclusive uses of we appear to be field-specific; hence their relevance to the present analysis. 3. Study and method There are two common approaches to studying discipline-specific writing. First, corpus-based approaches aim to retrieve lexico-grammatical patterns in order to identify field-specific uses of language. These variationist accounts tend to focus on variables such as novice vs. expert practices or English L1 vs. English L2 uses. There is a substantial body of research on disciplinary variation in academic writing, including citation practices (e.g. C HARLES 2006) or shell noun uses (e.g. S ING 2013). Second, ethnographically-oriented studies seek to address the social conditions of the production and interpretation of academic texts (e.g. G NUTZMANN / R ABE 2014: 33). Using interpretative methods, the authors propose an interview-based study of the language demands and attitudes of German researchers using English as an L2 in their writing. The ultimate aim of such an account consists in homing in on precisely those contextual factors amiss in much corpus-based research. This present account intends to reconcile these two approaches, drawing on a selfcompiled specialised corpus, the ABE corpus. “‘Specialised’ corpora are corpora designed for the purpose of creating a sample of specialised language by collecting texts […] of similar text-type or genre” (G AVIOLI 2005: 7). These have the edge over larger corpora whenever detailed, fully contextualised analyses are intended. With spe- 86 Christine S. Sing 44 (2015) • Heft 1 cialised corpora, “the analyst is probably also the compiler and does have familiarity with the wider socio-cultural context in which the text was created […]. The compilercum-analyst can therefore act as a kind of mediating ethnographic specialist informant to shed light on the corpus data” (F LOWERDEW 2005: 329). This inside information will be used when discussing the findings of the corpus study below. Subcorpora Number of papers Number of running words Business 103 236,917 Economics 104 273,455 Finance 104 253,203 Marketing 102 251,156 Total 413 1,014,731 Table 1: ABE Corpus description The specialised language represented in the ABE corpus is “[t]he academic business English required by students on courses in disciplines such as business, finance, accounting and banking [which] has more in common with the study of other EAP disciplines” (D UDLEY -E VANS / S T J OHN 1998: 53). As shown in Table 1, the ABE corpus totals c. 1 million running words, comprising more than 400 seminar papers produced by advanced students of international business administration. The seminar paper is deeply rooted in German-speaking HE (K RUSE 2006). It is an argued text (S IEPMANN et al. 2008: 20), frequently taking on the form of RAs in miniature (E HLICH 2003). In many disciplines, particularly in the social sciences and humanities, it continues to be the standard type of assessed writing. The corpus has been subdivided into four thematic subcorpora, each of which contains approximately 250,000 words. The subcorpora were built on the basis of both internal and external criteria. The former entailed generating a list of topical vocabulary that these texts have in common while the latter related to the thematic focus of the seminar in which the paper originated. 4. Main Findings In the first stage of the analysis the writer-oriented pronouns I, me, mine, my, we, our, ours and us were retrieved. The results are displayed in Figure 2 (  page 87), demonstrating that, with the exception of mine and ours, all pronouns could be accounted for in the data. In order to facilitate cross-corpus comparison, the frequencies were normalised to occurrence per 1,000 words. ESP writing and disciplinary identity 87 44 (2015) • Heft 1 Fig. 2: Frequency of writer-oriented pronouns across subcorpora As can be seen, the most pervasive pronouns across all four subcorpora are I and we. Regarding the frequency of occurrence of the other writer-oriented pronouns - me, my, our and us - there are important differences between the sub-fields at hand. There seems to be a noticeable divide between papers in business and finance on the one hand and economics and marketing on the other. This effect is particularly strong when focusing on the plural forms our, us, we exclusively. The fact that pronominal self-reference is attested in the data is not, however, a reliable indicator for the actual strength of authorial presence in the papers. In order to measure this more accurately, it is useful to also include the pronouns’ range and dispersion. Range concerns the number of texts in which the item appears (P AQUOT 2010: 48) while dispersion is “a statistical coefficient of how evenly distributed a word is across successive sectors of the corpus” (R AYSON 2003). Accordingly, the pronouns can be said to have low range as they only occur in approximately one quarter of the papers in each of the subcorpora. Range is lowest in finance and business, amounting to 20% and c. 24%, respectively. The pronouns occur in 26% of the texts in the marketing and in 30% of the texts in the economics subcorpus. Crucially, these averages include all six writer-oriented pronouns. If we isolate the most frequently occurring pronouns I and we, range increases dramatically to c. 60% on average. Taken together, these findings suggest that the student writers assume low visibility in their texts. Given the average length of 2,200 words, even the most frequent pronouns can be argued to occur as little as two to three times per seminar paper. Range appears to be surprisingly low when compared to T ANG and J OHN ’s (ibid.) analysis of essays produced by English native speakers. They found that writer pronouns occurred in c. 80 per cent of the texts, with an average of 3.41 pronouns per essay. In sum, not only do business students appear to underuse explicit self-reference, the distribution of pronouns also follows sub-field specific patterns. Turning now to the second factor - dispersion - further analysis revealed that authorial references cluster in particular parts of the corpus texts. Figure 3 (  page 88) highlights this patchiness, showing the distribution of the most frequent pronoun I across paper sections. 0 0,5 1 1,5 Business Economics Finance Marketing Frequency per 1,000 words I me my our us we 88 Christine S. Sing 44 (2015) • Heft 1 Fig. 3: Section-based distribution of self-reference using I across subcorpora As shown, I chiefly occurs in the introductory and concluding sections while being particularly infrequent in the body of the seminar paper. Moreover, the distribution of I shows sub-field specific variation, being more pervasive in the business and marketing subcorpora than in the other two. In order to integrate these findings with the typologies mentioned earlier, the following section-based analysis will identify the pronouns’ discourse functions as well as relating them to specific writer identities. 4.1 Discourse functions of writer-oriented pronouns in introductions As illustrated in Table 2, pronominal self-reference fulfils two main functions in seminar paper introductions: organising discourse, which accounts for c. 80% of pronoun uses, and, to a much lesser extent, engaging the reader. Function Total % Business Econom. Finance Marketing Organising discourse 448 80 88 61 89 81 Engaging the reader 77 14 12 20 9 12 Referring to personal experience 13 2 0 15 0 0 Expressing claims 9 2 0 2 1 3 Describing the research process 10 2 0 2 1 4 557 100 100 100 100 100 Table 2: Discourse functions of writer-oriented pronouns in introductions For ease of cross-corpus comparison, the table provides the raw overall frequencies of the pronouns (cf. column ‘total’) as well as percentages. The findings demonstrate that, in constructing their identities as ‘architects’, the student writers largely abide by genre conventions, according to which introductions are to familiarise readers with the topic and to provide an outline of the paper’s structure. Typical corpus examples include: In the second part we will present […]; In this paper I shall first give […], then […]. 0 2 4 6 8 Business Economics Finance Marketing Frequency per 1,000 words Introduction Body Conclusions ESP writing and disciplinary identity 89 44 (2015) • Heft 1 Authorial self-reference thus relies on so-called frame markers (emboldened) (H YLAND 2005), i.e. expressing discourse acts such as sequencing or labelling stages, which tend to be formulaic in nature. Interestingly, the discourse functions identified in the economics subcorpus deviate from those in the other subcorpora. Here the role of architect is much weaker in favour of engaging the reader or referring to personal experience. Building a relationship with the reader is chiefly encoded by the inclusive uses of we, as exemplified in We are living in a fast changing world […]; We all know that […]. These generic uses of we clearly include both writer and reader; in fact, they include a rather large, unspecific group of people. Further uses of we will be discussed below, elaborating on their field-specific uses. Prior to moving on to the discourse functions in the body of the papers, I will briefly comment on the function referring to personal experience, which is only attested in the economics subcorpus. In several papers students provide anecdotal evidence for the relevance of the topic or supporting their motivation for choosing it. For example, students report on their study-abroad experiences, which prompted them to work on a particular topic. 4.2 Discourse functions of writer-oriented pronouns in the main parts As shown in Table 3, the most pervasive discourse function in the body of seminar papers is engaging the reader, which accounts for more than half of the pronoun uses. The data in the table furthermore suggest complementary uses of self-reference in papers dealing with business and finance on the one hand and those concerned with economics and marketing on the other. In the former case, functions such as organising discourse and describing the research process tend to be overused while engaging the reader is clearly overused in economics and marketing. Function Total % Business Econom. Finance Marketing Organising discourse 236 28 34 20 48 20 Engaging the reader 450 52 42 66 24 61 Referring to personal experience 10 1 2 0 1 2 Expressing claims 126 15 11 13 20 15 Describing the research process 36 4 11 1 7 2 858 100 100 100 100 100 Table 3: Discourse functions of writer-oriented pronouns in the main parts Textual organisation in the body of the paper chiefly serves to outline the structure of a particular (sub)section or to announce the next stage in the line of argumentation. Cases in point are: Typologies of Ecopreneurs [=section heading] In this section I shall outline […]; In the following chapter I describe […]. 90 Christine S. Sing 44 (2015) • Heft 1 Moreover, there are few explicit references to the research activity or process. This, at least partially, results from the writing task itself, according to which seminar papers are almost entirely literature-based. Due to this task-related influence, the ‘Methodological I’ does not apply. This said, there are some references to the research activity itself, accounting for four per cent of writer-oriented pronoun uses, such as During my research I came across several approaches […] or In doing my research I was not able to find literature […]. Moving on to the most pervasive function of engaging the reader, it is important that, in ‘writer-responsible cultures’ (D AHL 2004) as represented by English, the writer builds a relationship with the reader. The inclusive uses of we, us and our are engagement markers, helping to establish such a relationship, in which the writer adopts the role of guide - as in phrases such as directly lead us to or Let us consider - or representative. The latter can be argued to cover several communicative functions. Unlike the examples mentioned in section 4.1, where we was shown to represent a large, undefined group, the following uses relate to a specific group, possibly the disciplinary community: […] we need a definition […]; According to NAME (1999) we can call them opportunity costs […]. In the absence of co-authored papers, these inclusive uses of we are particularly interesting. Here, inclusive reference has two functions: It expresses communality, suggesting that there is a mutual understanding between the student author and his/ her reader. More importantly, inclusive we serves as a hedging device, reducing the author’s responsibility for the contents by ‘drawing the reader in’ and/ or attributing the contents to a source. It was surprising to see that only 4% of authorial self-references fulfil the vital function of evaluating existing claims. This role of ‘I as opinion holder’ is the second most assertive role in the typology shown in Figure 1 above. If articulated at all in their writing, students’ views tend to be rather strong and are not harmonised with the contents, thus lacking appropriateness and measure. Typical examples include: […] based on SOURCE - I can support these findings or Although I agree with Kant that […]. If these student writers find it challenging to adjust the strength of their claims to the contents, they seem more comfortable giving recommendations as in I recommend COMPANY continues to […] or […] I have several ideas that could help […]. 4.3 Discourse functions of writer-oriented pronouns in conclusions Table 4 illustrates the main functions of authorial reference in the concluding sections of seminar papers: engaging the reader (example 1), expressing claims (2), describing the research process (3) and organising discourse (4). (1) […] have to deal with it. We should not forget this! (2) […] For this reason I think that cross-cultural […]. (3) […] business model. I have shown that private equity […]. (4) […] In conclusion, I sum up some of the key points […] ESP writing and disciplinary identity 91 44 (2015) • Heft 1 These discourse functions can be related to the conventional, genre-based move realisations identified in H ÜTTNER ’s (2008) study of Austrian student paper conclusions: provide a summary statement/ review; qualify and evaluate the paper/ results; provide a personal reflection; provide a wider outlook/ embed paper. Function Total % Business Econom. Finance Marketing Organising discourse 46 13 14 15 6 17 Engaging the reader 121 34 55 37 24 25 Referring to personal experience 25 7 0 6 2 9 Expressing claims 89 25 20 26 33 23 Describing the research process 63 18 9 15 31 18 Stating results/ claims 12 3 2 1 4 8 356 100 100 100 100 100 Table 4: Discourse functions of writer-oriented pronouns in conclusions Prior to wrapping up, let us briefly consider a final set of examples taken from the finance subcorpus, for which the analysis produced slightly different results. While organising text and engaging the reader are clearly underused, the discourse functions expressing claims and describing the research process are overused, for example what I really consider very useful or I have demonstrated that such standards as the NAME Accords […]. These examples indicate that the papers in the finance subcorpus seem to be organised differently. Indeed, there are several papers dealing with a case study, which entails a structure around the problem-solution pattern. This may have prompted students to articulate recommendations and to describe how they proceeded with the task. 5. Discussion and implications for ESP writing instruction I will now briefly summarise the main findings and relate them to the pedagogical issues raised in section 2. In general, the business students in this study assume low visibility in their writing. Not only are writer-oriented pronouns fairly infrequent in the corpus, they also have extremely low range, occurring in a mere quarter of the seminar papers, except for the pronouns I and we, which have a coverage of c. 60%. Furthermore, the pronouns are not evenly distributed across papers, clustering in the introductory and concluding sections, which may also explain the pervasiveness of less powerful authorial roles such as ‘architects’ rather than ‘opinion holders’. This self-effacing tendency can be ascribed to several factors. First and foremost, the weak authorial presence may result from the students’ ‘autobiographical self’. They 92 Christine S. Sing 44 (2015) • Heft 1 come equipped with rather common (mis-)conceptions about academic writing, regarding it “as some monolithic entity, involving dry, convoluted, distant and impersonal prose” (T ANG / J OHN 1999: 24). According to these beliefs, impersonal style is the defining feature of expository writing, conceiving of academic style as ‘author-evacuated prose’ (G EERTZ 1988). From this perspective, pronominal self-reference is a taboo subject and, more importantly, is regarded as ‘unscientific’ and ‘inappropriate’, particularly coming from students. This ‘textbook stereotype of impersonality’ (H YLAND 2002b: 352) continues to be advocated in introductory books: “There are several points in an academic text where the writer may […] use the first person form to announce his/ her presence. In general, however, it is advisable to let the content do the talking” (S IEPMANN et al. 2008: 13). Another contributing factor are the literacy traditions and epistemologies of the students’ L1, which seem to influence how these students approach an L2 writing task. The amount of metadiscourse used in a text is both languageand field-specific. English certainly represents a ‘writer-responsible culture’, in that writers are expected to ensure the comprehensibility of texts. German, by contrast, relies less on metadiscourse, which explains the relative scarcity of pronominal self-reference in German academic writing (S TEINHOFF 2007). Relating the present findings to the cline of authorial presence introduced above (Figure 1), it is evident that the data in this corpus suggest a slightly different ranking. The section-based analysis in particular has demonstrated that organising discourse, the weakest or ‘low-stakes function’ ( HYLAND ibid.: 353), chiefly occurs in the highly formalised introductory and concluding sections, in which students can be argued to perform standardised, routine functions in their writing, albeit in abidance of genre conventions. Moving up the assertiveness scale, the writer identities of guide and representative are performed by engaging the reader. The latter has been shown to cover a greater variety of functions in this corpus, most notably by means of the inclusive uses of we. It was found that inclusive reference fulfils two main functions: it integrates the reader into the writing to the extent that it appears as a team project and collaborative effort; it functions as a hedging device. For these students, assignment writing clearly is a potentially face-threatening act, whose impact can be cushioned by sharing the responsibility for content or procedural issues with the reader. The most powerful role attested in this data is expressing claims, which is, however, subject to considerable field-specific variation. This function is most pervasive in the finance subcorpus, resulting from the fact that several papers involved case studies, which may prompt this kind of response from students: Most claims are in fact articulated as recommendations, which may be more congruent with the professional roles that these business students aspire to and which are more likely to be those of consultants than scholars (G RUBER 2004). Given the absence of any formal writing instruction prior to producing the assignment, it is surprising to see that students still seem to have acquired genre knowledge, at least concerning the move realisations in particular paper sections. However, this lack of induction programme appears to be the rule rather than the exception in many ESP writing and disciplinary identity 93 44 (2015) • Heft 1 HE settings (P OHL 2014: 128). Instead, genre knowledge tends to be acquired implicitly, by means of ‘the pedagogy of osmosis’ (T URNER 2011: 21). Consequently, students tend to resort to other learning strategies in order to master the writing task at hand. They seek to emulate the expert models they find in the literature they use for their seminar papers, which is rather common in business and economics, owing to the fact that the standardised format of English-speaking RAs using the IMRaD (Introduction − Method − Results − Discussion) structure lends itself particularly well to imitation (L IMBURG 2014). Turning now to revisit the three pedagogical challenges mentioned above, it is evident that these ESP undergraduate writers have effectively constructed another strong identity, the learner self, which enables them to reconcile the conflicting roles and identities experienced in the setting of a business school. The first challenge occurs on the level of language learning, where the students respond to the linguistic challenges of general, academic and business English by means of rote learning. Being L2 users of English, they frequently rely on pre-fabricated, highly formulaic expressions. Second, the status accorded to writing instruction in the ESP curriculum poses yet another challenge. Indeed, students are expected to make a great conceptual leap from the educational genres anchored in the curriculum to the genres that hold importance in the workplace. As a result, the discrepancy between the training text used for writing practice and the professional target genres could not be more apparent. If assignment writing requires students to ‘fictionalise’ (P OHL 2009), this is particularly valid for this ESP setting. Third, the culture clash experienced by ESP undergraduates in their learning environment results from the situatedness of literacy practices. University writing seems to be the locus of glocalising forces, in that institutionalised forms of writing collide with highly standardised target genres. In attempting to model expert practices, students are (mis-)guided by the assumption of uniformity in disciplinary forms of writing. The findings thus seem to suggest that these students have been trained in epistemologies that highlight learning as the accumulation of knowledge. This ‘acquisition metaphor’ ( SFARD 1998: 5) devises the human mind as a container that is consecutively filled with knowledge. The process of learning a language is thus commodified while literacy development emphasises the mechanics of writing, regarding it as a technical skill, dissociated from social and disciplinary practices. The implications for ESP writing instruction are twofold. The acquisitition metaphor should be complemented by the participation metaphor, which views learning as the process of becoming a participant member of the target community ( SFARD ibid.: 6). Second, ESP students should be sensitised to distinct literacy demands, thereby empowering them to switch more easily between roles and practices. ESP writing “must be understood as the crucial process by which students make sense not only of the subject knowledge [...], but also how they can make it mean something for themselves” (H YLAND 2013: 97). It seems that the student writer, in stating that “my own summary is definitely less scientific but more easy to grasp”, claims this authority, promoting an identity of pragmatic consultant rather than scholarly writer. 94 Christine S. Sing 44 (2015) • Heft 1 Literature C HARLES , Maggie (2006): “Phraseological patterns in reporting clauses used in citation: A corpusbased study of theses in two disciplines”. In: English for Specific Purposes 25, 310-331. D AHL , Trine (2004): “Textual metadiscourse in research articles: a marker of national culture or of academic discipline? ” In: Journal of Pragmatics 36, 1807-1825. 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Internationalisierung der Wissenschaft und sprachliche Herausforderungen Durch die Internationalisierung der Wissenschaft kommen auf diejenigen, die wissenschaftssprachlich handeln, vielfältige Herausforderungen zu. Das Ideal der mehrsprachigen Wissensgemeinschaft, die ihre Muttersprache in der Wissenschaft praktiziert und sich gleichzeitig auch noch in einer oder mehreren fremden Wissenschaftssprachen auszudrücken vermag, macht verstärkte Bemühungen um deren Vermittlung und Erwerb erforderlich. 1.1 Bildungspolitische Internationalisierungsbemühungen In den letzten zwei Jahrzehnten sind zahlreiche Maßnahmen zur Qualitäts- und Attraktivitätssteigerung bundesdeutscher Universitäten ergriffen worden (vgl. dazu T EICHLER 2007; W AGENER 2012; DAAD 2013). Bund und Länder formulierten 1996 die „Erklärung zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Studienstandorts Deutschland“. Im gleichen Jahr wurden die ersten englischsprachigen Aufbau- und Masterstudiengänge eingerichtet. Erklärte Ziele waren der Aufbau international kom- * Korrespondenzadresse: Dr. Melanie M OLL , LMU München / Deutschkurse bei der Universität München e.V., Agnesstraße 27, 80798 M ÜNCHEN . E-Mail: moll@dkfa.de Arbeitsbereiche: Sprachlehr- und Sprachlernforschung, Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache, Deutsch als Wissenschaftssprache, Prüfen und Testen. 1 Student aus Syrien bei der Nachbesprechung seiner DSH-Prüfung. Studentische Textproduktion in der fremden Wissenschaftssprache Deutsch 97 44 (2015) • Heft 1 patibler Studiengänge und Abschlüsse sowie besonderer Betreuungsangebote für deutsche und ausländische Studierende, überschaubare Studienzeiten und in den ersten Semestern englischsprachige Lehrveranstaltungen, um dadurch wiederum eine erhöhte studentische Mobilität und einen signifikant höheren Ausländeranteil an deutschen Hochschulen zu erreichen. Auch im europäischen Kontext wurde der Prozess der Internationalisierung vorangetrieben: 1999 haben sich die Bildungsminister von 29 europäischen Staaten in der „Bologna-Erklärung“ für die Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraums ausgesprochen, der zur Stärkung der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit Europas als Bildungsstandort dienen sollte. Als Ziel formulierte man die Mobilitätssteigerung von Studierenden und Wissenschaftlern sowie die Homogenisierung des europäischen Wissenschaftsraums. Und tatsächlich hat sich der Trend zur Einrichtung internationaler Studiengänge stetig fortgesetzt (s. dazu Kap. 1.2). „Internationalisierung“ heißt aus hochschulpolitischer Perspektive heute aber auch „Wettbewerb um die klügsten Köpfe, die beste Forschung und das höchste Renommee“ (DAAD 2008: 2). Inzwischen sind die Universitäten weltweit in einen Konkurrenzkampf getreten, der darauf abzielt, Fach- und Führungskräfte für Wissenschaft und Wirtschaft zu gewinnen. In Deutschland soll damit den absehbaren Lücken auf dem Arbeitsmarkt vorgebeugt werden. Ein gewisser Erfolg ist diesbezüglich auch schon zu verzeichnen. Umfragen zeigen, dass Deutschland unter den nicht-englischsprachigen Wettbewerbern in Europa an der Spitze liegt (GATE-G ERMANY 2013: 7). Um die Anzahl der internationalen Studierenden zu vergrößern und um neben der Quantität eine noch stärkere Qualitätsorientierung durchzusetzen, wurden in den letzten Jahren verstärkt Marketing-Aktivitäten unternommen: So ist GATE-G ERMANY (getragen von DAAD und HRK) seit 2001 für die deutschen Hochschulen im Bereich Hochschulmarketing tätig. Hochschulen können sich aber seit 2009 auch bei ihren Internationalisierungsbemühungen beraten lassen, so zum Beispiel über das Audit „Internationalisierung der Hochschulen“ (H OCHSCHULREKTORENKONFERENZ 2014), das als Projekt der HRK vom BMBF gefördert wird. Auch der Aktionsrat Bildung hat sich der Thematik angenommen und 2012 ein Gutachten mit Empfehlungen zur „Internationalisierung der Hochschulen“ in Auftrag gegeben (V EREINIGUNG DER BAYERISCHEN W IRTSCHAFT 2012). Die Ergebnisse sind insgesamt positiv zu bewerten. Der Anteil ausländischer Studierender ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, und zwar von 124.609 (Wintersemester 1992) auf 301.350 (Wintersemester 2013) (S TATISTISCHES B UNDESAMT 2014: 13). Unter allen an deutschen Hochschulen Immatrikulierten haben die internationalen Studierenden damit einen Anteil von 11,5 %. Allerdings hat sich die Absolventenzahl nicht in demselben Verhältnis erhöht, was darauf zurückzuführen ist, dass die Abbrecherquote unter ausländischen Studierenden überdurchschnittlich hoch ist - sie liegt bei ca. 50 Prozent (S TIFTERVERBAND FÜR DIE DEUTSCHE W ISSENSCHAFT 2014). Um dieses Problem zu bearbeiten, sind sicherlich vielfältige Maßnahmen zur Verbesserung der Studiensituation, insbesondere des internationalen Nachwuchses, erforderlich. Ein wesentlicher Beitrag dazu könnte und sollte die gezielte wissenschaftssprachliche Förderung sein. Dies belegt auch die 20. Sozialerhebung des Deut- 98 Melanie Moll 44 (2015) • Heft 1 schen Studentenwerks „Ausländische Studierende in Deutschland 2012“ (A POLI - NARSKI / P OSKOWSKY 2014). Deutschkurse gehören demnach zu den von internationalen Studierenden als wichtig eingeschätzten Unterstützungsangeboten. Die Beherrschung der Landessprache stellt nicht nur für ein erfolgreiches Studium, sondern auch für die Bewältigung des Alltags und für die Integration am Studienstandort eine wichtige Voraussetzung dar. 1.2 Vision und Wirklichkeit: sprachliche Praxis in internationalen Studiengängen Die Euphorie, mit der mancherorts die Internationalisierungsbemühungen vorangetrieben werden, ist zwar vom Ansatz verständlich, führt in der praktischen Umsetzung aber nicht immer zu den gewünschten Resultaten. So manche Maßnahme wird ohne Reflexion der Implikationen ergriffen, die sie für Forschung und Lehre, für Verwaltung und Hochschulmanagement, für den Studienerfolg und damit für die Zukunft der internationalen Studierenden hat. Die Monopolisierung des Englischen als Lehr- und Forschungssprache ist beispielsweise eine solche Maßnahme. 2 Dabei darf nicht unterschätzt werden, dass sprachliche Defizite mit zu den am häufigsten genannten Problemen gehören, mit denen internationale Studierende zu kämpfen haben. Neben Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Leistungsanforderungen im Studium und Schwierigkeiten mit Kontakten zur Bevölkerung wächst der Anteil der Studierenden, die Probleme mit der Verständigung in deutscher Sprache äußern (A POLINARSKI / P OSKOWSKY 2014: 58). Allerdings ist hier nach Herkunftsländern und angestrebtem Abschluss zu differenzieren: So fällt offenbar Studierenden aus ostasiatischen Ländern vor allem die Verständigung in deutscher Sprache (53 %) und der Kontakt zu deutschsprachigen Studierenden bzw. zur deutschsprachigen Bevölkerung schwer (47 %) (ebd.: 59). Mit Blick auf den jeweils angestrebten Abschluss stellt insbesondere für Promovierende und für Master-Studierende die Verständigung in deutscher Sprache eine große Hürde dar (46 % bzw. 41 %), denn in diesen Gruppen ist der Anteil an Studierenden, die ohne Deutschkenntnisse ihr Studium aufnehmen, vergleichsweise hoch. Als Grund dafür ist die Zunahme englischsprachiger Studiengänge zu nennen. Im Sommersemester 2013 sind 2 % aller grundständigen und 10 % aller weiterführenden Studienangebote (Master und Promotion) englischsprachig. Deshalb nimmt auch die Zahl der Studierenden zu, die zu Studienbeginn keine Deutschkenntnisse haben (von 5 % im Jahr 2006 auf 8 % im Jahr 2013) (vgl. ebd.: 18). Im Vergleich zu Studierenden, die einen Bachelor (3 %) oder einen traditionellen Abschluss anstreben (4 %), sind es unter den Master-Studierenden 12 %, unter den Promovierenden sogar 25 %, die keine Kenntnisse der Landessprache mitbringen (ebd.). 2 Hierzu sei auf eine terminologische Auffälligkeit hingewiesen: Wenn an Hochschulen, in der Bildungspolitik und bei Mittlerorganisationen von „internationalen“ Studiengängen die Rede ist, dann bedeutet dies mit Blick auf die sprachliche Praxis, dass von englischsprachigen bzw. bilingualen - und das heißt englischdeutschen - Studiengängen die Rede ist. Die Gleichsetzung von Internationalisierung mit Anglophonisierung geschieht quasi automatisch. Studentische Textproduktion in der fremden Wissenschaftssprache Deutsch 99 44 (2015) • Heft 1 Welche Konsequenzen hat das Einrichten internationaler, d. h. englischsprachiger bzw. zweisprachiger Studiengänge nun für den konkreten Studienalltag? Die Vorteile, die die Etablierung englischsprachiger Studiengänge mit sich bringt, sind auf den ersten Blick kaum zu überbieten: Ausländische Studierende können ohne Deutschkenntnisse an Studienprogrammen teilnehmen und qualifizieren sich damit für den internationalen Markt, „deutschfreies“ Studium trägt zur Attraktivitätssteigerung des Studienstandorts bei, die internationale Wettbewerbsfähigkeit wird erhöht und die Integration internationaler Studierender scheint unproblematisch. Dabei werden gute Englischkenntnisse als selbstverständlich vorausgesetzt. Dass es ganz so einfach nicht geht, zeigen inzwischen mehrere Untersuchungen zu internationalen Studiengängen (z.B. P ETEREIT / S PIELMANNS -R OME 2010; F ANDRYCH / S EDLACZEK 2012). Im Verlauf des Studiums wird der vermeintliche Vorteil, die Landessprache nicht beherrschen zu müssen, häufig als Defizit erkannt. Die von P ETEREIT / S PIELMANNS -R OME (2010) befragten Studierenden fassen die Absenz des Deutschen im Studium nicht als Wettbewerbsvorteil auf, sondern vielmehr als Behinderung ihrer Teilhabe an inner- und außeruniversitären Aktivitäten. Die Autoren kommen zu folgendem Schluss: „Englisch als alleinige Lehr- und Umgangssprache ist also ein künstliches Konstrukt von Internationalität. Es ist nur in erster Instanz ein Anreiz, der später als Nachteil und Mangel wahrgenommen wird.“ Die Untersuchung von F ANDRYCH / S EDLACEK zeigt, dass die Deutschkenntnisse internationaler Studierender sowohl in Bezug auf die alltagssprachlichen Fähigkeiten als auch in Bezug auf die fachsprachlichen Kompetenzen nicht ausreichend sind (2012: 143). Die Erwartungen der Studierenden, in einem internationalen Studiengang dezidierte Förderung des Deutscherwerbs zu erfahren, werden nicht erfüllt, denn häufig können Sprachlernangebote nicht wahrgenommen werden, „weil diese nicht mit dem Studienplan koordiniert bzw. in das Studium integriert sind und so eine zusätzliche Arbeitsbelastung in einem ohnehin überfrachteten Studienplan darstellen“ (ebd.). Zu dem gleichen Ergebnis kommen auch G NUTZMANN / L IPSKI -B UCH - HOLZ (2008: 157): Es besteht Bedarf an einer Intensivierung der Deutschvermittlung in internationalen Studiengängen; allerdings lässt das Fachstudium zu wenig Freiraum für zusätzlichen Sprachunterricht. Aber auch die Verwendung des Englischen als Wissenschaftssprache verläuft weit weniger problemlos als erhofft. Die Englischkenntnisse der Studierenden liegen häufig unter den erforderlichen Einstiegsniveaus (vgl. F AN - DRYCH / S EDLACEK 2012: 142), und der größte Teil der befragten Lehrenden formuliert Bedarf an spezifischer Förderung des Wissenschaftsenglischen (ebd.: 142). M OTZ (2005: 8) stellt fest, dass die Studierenden in internationalen Studiengängen zwar die Erleichterung der Einstiegshürden durch englischsprachige Lehre schätzen, dass sie sich aber u. a. auch für den Studienstandort Deutschland entschieden haben, weil sie am Erwerb von Deutschkenntnissen interessiert sind. Dass die Etablierung einer weltumspannenden Wissenschaftskommunikation mit Englisch als „lingua franca“ nicht nur Vorteile, sondern auch Risiken in sich birgt, wurde in der linguistischen und sprachenpolitischen Diskussion schon mehrfach festgestellt. W EINRICH (2001) weist darauf hin, dass der Gebrauch des Englischen als „lingua franca“ bedeutet, sich einer reduzierten und verzerrten Varietät zu bedienen, was unter 100 Melanie Moll 44 (2015) • Heft 1 Umständen sogar zum gegenseitigen Nicht-Verstehen im wissenschaftlichen Diskurs führen kann. Auf die grundlegenden Funktionen von Wissenschaftssprachen weist E HLICH (2000) hin. Hier ist zum einen die gnoseologische, d.h. erkenntnisbezogene und erkenntnisstiftende Funktion von Sprache zu nennen (ebd.: 5f). Die Reduktion einer Vielfalt verschiedener Wissenschaftssprachen zugunsten einer einzigen kann langfristig zu einer Reduktion wissenschaftlicher Leistungen und Erkenntnisse anderer Wissenschaftssprachkulturen bzw. zu einer Abwertung der in diesen Sprachen produzierten Erkenntnisse führen. Daneben hat Sprache auch eine praxisstiftende Funktion (ebd.: 10), d. h. sie ermöglicht großräumige Kommunikation, und eine gemeinschaftsstiftende (d.h. kommunitäre) Funktion. Wird nun Wissenschaft monolingual, also nicht mehr nach dem Prinzip der Mehrsprachigkeit, in der jeweiligen Landessprache betrieben, so wird die Teilhabe der Bevölkerung an gesellschaftlichen Wissensbeständen erschwert und damit ein demokratisches Grundprinzip eingeschränkt. Offenbar besteht also eine deutliche Diskrepanz zwischen den von Bildungspolitik und Hochschulen angenommenen Vorteilen internationaler Studiengänge einerseits und den sich in der Praxis manifestierenden Erfordernissen bezüglich des Spracherwerbs andererseits. Der DAAD gibt schon 2008 zu bedenken, dass eine sprachliche Vorbereitung durch Sprachkurse erforderlich sei, weshalb auch in englischsprachigen Studiengängen eine Deutschförderung „möglich, wenn nicht gar verpflichtend gemacht werden“ solle (2008: 15). Noch expliziter wird die Position des Deutschen im DAAD- Memorandum 2010: „Die Stärkung des Deutschen als Wissenschaftssprache ist für uns zentraler Bestandteil der Förderung akademischer Mehrsprachigkeit.“ Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die HRK in ihren Empfehlungen (H OCHSCHULREKTORENKON - FERENZ 2011: 11f.): „Für ausländische Studierende gilt, dass Deutschkenntnisse Integration und Studienerfolg fördern. Dort, wo Studierende ohne Deutschkenntnisse zum Studium zugelassen werden, sollten sie ermutigt werden, im Verlauf ihres Studiums deutsche Sprachkenntnisse zu erwerben. […]. Die Hochschulen sollten entsprechende Kurse anbieten und sie als verbindliche Module in die Studiengänge integrieren.“ Aus den o.g. Ausführungen lassen sich Forderungen für eine fundierte Deutschvermittlung im universitären Kontext ableiten: • Es sind studienbegleitende und studienvorbereitende Deutschangebote nötig, die in die Studiengänge integriert und auf die individuellen Bedürfnisse der verschiedenen studentischen Gruppen hin orientiert sind. • Es muss ein differenziertes Sprachkursangebot entwickelt werden a) für Studierende, die sich die Wissenschaftssprache Deutsch für akademische Zwecke aneignen wollen und b) für Studierenden, die Deutsch für außeruniversitäre Zwecke benötigen. • Das Fachstudium muss Raum für den Spracherwerb lassen. Studienbegleitende Sprachkurse sollten integraler Bestandteil des Curriculums und in ihrer Wertigkeit durch den Erwerb von ECTS-Punkten mit dem Fachstudium gleichgesetzt sein. Studentische Textproduktion in der fremden Wissenschaftssprache Deutsch 101 44 (2015) • Heft 1 2. Lernziele Wenden wir uns nun derjenigen Gruppe der wissenschaftssprachlich Handelnden zu, die auf Deutsch studieren oder lehren und deren Bedarf sich nicht auf eine rezeptive Mehrsprachigkeit beschränkt, sondern die die Strukturen der Wissenschaftssprache auch produktiv beherrschen müssen. Ausgehend von regelmäßigen Befragungen unter den Studierenden und auf der Grundlage von empirischen Untersuchungen studentischer Produktionen hat sich gezeigt, dass im Zentrum der Vermittlungsbemühungen (wissenschafts-)sprachliche Strukturen und Handlungsformen stehen sollten (vgl. z.B. E HLICH 1995; G RAEFEN 2002; S TEINHOFF 2007; M OLL 2012). Dieser komplexe Lerngegenstand lässt sich in die folgenden Komponenten untergliedern: a) Strukturen der „alltäglichen Wissenschaftssprache“ (s. dazu E HLICH 1999): Es handelt sich hierbei um Strukturen der Alltagssprache, die für wissenschaftliche Zwecke funktional genutzt werden. Dazu gehören syntagmatische Kombinationen, häufig auch idiomatische Prägungen. b) charakteristische sprachliche Handlungsformen (z. B. assertieren, begründen, einschätzen) sowie komplexere Formen (z. B. argumentieren, vergleichen, thematisieren); c) wissenschaftliches Zitieren, Verweisen und Bezugnehmen; d) Textorganisation und Leserorientierung (z.B. Verknüpfung einzelner Abschnitte, Formulieren von Übergängen, Textkommentierungen, Beziehungen und Verweise im Text). 3. Korpus Eine Analyse ausgewählter studentischer Textproduktionen soll dazu beitragen, häufig zu beobachtende sprachliche Fehler transparent zu machen und charakteristische Schwierigkeiten zu konkretisieren. Das empirische Material stammt aus einem Korpus von 290 DSH-Prüfungen (Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang) aus dem Jahr 2014. Die Prüfungsteilnehmer stammen aus 52 verschiedenen Herkunftsländern, und es ist davon auszugehen, dass sie mindestens über ein Niveau B2 gemäß GER verfügen. Mit der DSH weisen künftige Studierende, die ihre Hochschulzugangsberechtigung nicht an einer deutschsprachigen Institution erworben haben, ihre sprachliche Studierfähigkeit nach. Die Beispiele stammen aus dem Prüfungsteil „Vorgabenorientierte Textproduktion“. Mit diesem Prüfungsteil soll gemäß R AHMENORDNUNG (2011: 14) „die Fähigkeit aufgezeigt werden, sich selbständig und zusammenhängend zu einem studienbezogenen und wissenschaftsorientierten Thema schriftlich zu äußern“. Für die hier untersuchte Textproduktion war eine Grafik zu beschreiben, die das Thema „Doping am Arbeitsplatz“ zum Gegenstand hat. Der jeweilige Anteil der Doping verwendenden Frauen und Männer sowie die Gründe für Medikamenteneinnahme waren prozentual zu vergleichen und anschließend durch eine persönliche Stellungnahme zu kommentieren. 102 Melanie Moll 44 (2015) • Heft 1 4. Sprachliche Probleme und Normabweichungen Welche sprachlichen Strukturen sind es nun - neben den auf Niveau B2 zu erwartenden Defiziten im Bereich Orthographie, Interpunktion, Morphologie und Syntax -, die Studierenden bei den ersten Versuchen der wissenschaftlichen Textproduktion Schwierigkeiten bereiten? 4.1 Strukturen von Mündlichkeit in schriftlichen Texten Hochfrequent ist die unangemessene Verwendung von Ausdrücken der Alltagssprache in wissenschaftlichen Textproduktionen: Bsp. 3a Es gibt Leute, die ohne medizinische Versorgung nicht aus ihrer seelischen Schwierigkeit rauskommen können. Bsp. 3b Der Zustand am Arbeitsplatz ist voll stressig. Bsp. 3c Wenn man die Grafik mal anschaut, kann man deutlich erkennen, dass […]. Offenbar fällt es den Studierenden schwer, schriftsprachlich adäquate Formulierungen an die Stelle von Strukturen zu setzen, die ihnen aus mündlichen Verwendungszusammenhängen geläufig und daher vertrauter sind, so z. B. die Elision einzelner Buchstaben oder ganzer Silben („aus … rauskommen“, „mal … anschaut“). Vermittlungsrelevant ist aber auch, dass emotional gefärbte Verallgemeinerungen, Lässigkeit und Vagheit - im Mündlichen durchaus akzeptabel, da andere Verfahren der Verständnissicherung vorhanden sind und die Unverbindlichkeit sogar Höflichkeitsfunktion haben kann - in schriftlichen Texten nicht angemessen sind, da die mangelnde Präzision wissenschaftssprachlichen Anforderungen nicht genügt (Bsp. 3b „voll stressig“ oder Bsp. 3c „mal“). 4.2 Probleme mit Fügungen und Kollokationen 4.2.1 Meinung / Auffassung / Ansicht Die Verwendung von Ausdrücken der Wortfamilie „meinen / Meinung“ ist in den meisten Prüfungstexten zu beobachten. Vermutlich ist dies der Tatsache geschuldet, dass eine Aufgabe des Prüfungsteils Textproduktion lautet „Schreiben Sie Ihre persönliche Meinung zur folgenden Frage: […]“. Bsp. 4a Nach Meiner Meinung sollten die Ärzte nicht Medikamente verschreiben für die Verbesserung das psychische wohlbefinden ihrer patienten. Bsp. 4b Meine Meinung ist, kurz und direkt, nein. Aber ich bin ein Archäologe und meine Patienten sind immer gesterbt, nicht lebendig. Bsp. 4c Meine Meinung nach ist, dass diese Medikamente nur in sehr extreme Situationen verschreiben sollen. Bsp. 4d Auf meine Meinung, fällt mir auf dass Menschen … Studentische Textproduktion in der fremden Wissenschaftssprache Deutsch 103 44 (2015) • Heft 1 Bsp. 4e In meiner Meinung es gibt … Bsp. 4f Meiner Meinung nach finde ich sehr wichtig, zu den Ärzte zu gehen. Die Ausdruckskombination „meiner Meinung nach“ findet sich in studentischen Texten sehr häufig (vgl. S TEINHOFF 2007: 242), denn sie ist den Studierenden aus alltagssprachlichen Zusammenhängen vertraut. Offenbar werden aber auch andere Ausdruckskombinationen in Verbindung mit dieser Wortfamilie gelernt, die leider nicht immer trennscharf verwendet werden und sehr fehleranfällig sind. Neben der korrekten Verwendung in Bsp. 4a („Nach Meiner Meinung“) werden Elemente verschiedener Kollokationen miteinander vermischt oder in einen anderen syntaktischen Zusammenhang gesetzt. Bsp. 4c ist vermutlich entstanden aus einer Verschränkung der beiden Fügungen „Meiner Meinung nach“ (Bsp. 4a) und „Meine Meinung ist“ (Bsp. 4b) zu „Meine Meinung nach ist, dass“. Häufig zu beobachten sind auch lexikalische Vermischungen mit unpassenden Präpositionen (s. Bsp. 4d „Auf meine Meinung“). Sehr häufig liest man auch „In meiner Meinung“ (Bsp. 4e), was möglicherweise aber einer fehlerhaften Lehnübersetzung aus dem Englischen („In my opinion“) geschuldet ist. Dass diese Fügungen formelhaft und ohne Reflexion ihrer Funktionalität verwendet werden, zeigt Beispiel 4f: „Meiner Meinung nach finde ich sehr wichtig“ stellt eine Aneinanderreihung zweier Fügungen zum Ausdruck des subjektiven Standpunkts dar - man könnte nahezu von einer Überdosis an Subjektivitätsmarkierung sprechen. Seltener sind die zu demselben Wortfeld gehörigen Fügungen mit „Ansicht“ / „Auffassung“ (Bsp. 4g) zu beobachten: Bsp. 4g Nach meiner Ansicht müssen die Ärzte keine Medikament für die Verbesserung des psychische Wohlbefinden verschreiben. […] Meine Auffassung ist dass, die Ärzte mit ihren Patienten sprechen müssen. Auch hier kommt es zu unüblichen Kombinationen. „Meine Auffassung ist dass,“ könnte entstanden sein aus einer Neukombination der normalerweise mit Sprecherdeixis als Agens und Subjekt verwendeten Fügung „Ich bin der Auffassung, dass“ und den Formen, die ohne Agens als Subjekt realisiert werden können, wie z.B. „nach meiner Auffassung“ bzw. „nach meiner Meinung“. Keinen Beleg weist das Korpus für die idiomatische Prägung „meines Erachtens“ auf. Dies deckt sich auch mit den Beobachtungen von S TEINHOFF (2007: 241). Seine Untersuchung zeigt, dass die Anzahl von Meinungsausdrücken in wissenschaftlichen Texten insgesamt niedrig ist und dass sich die Präferenzen bei der Verwendung von Meinungsausdrücken im Studienverlauf ändern: Je fortgeschrittener die Studierenden, desto seltener wird von „meiner Meinung nach“ Gebrauch gemacht und desto häufiger kommen Formen wie „meines Erachtens“ oder „meiner Ansicht nach“ zum Einsatz (ebd.: 243f.). Im Laufe ihrer wissenschaftssprachlichen Sozialisation sollten Studierende deshalb frühzeitig auf die Bedeutungsunterschiede innerhalb des Wortfelds hingewiesen werden. Dies muss auch in Verbindung mit der Reflexion wissenschaftlicher Ziele und Arbeitsweisen geschehen. Im Gegensatz zu journalistischen oder politischen Diskursen 104 Melanie Moll 44 (2015) • Heft 1 werden in der Wissenschaft subjektive Standpunkte selten verbalisiert, denn die semantische Komponente der Beliebigkeit und Subjektivität, die dem „Meinen“ innewohnt (G RAEFEN 2002: 11), lässt sich mit dem Anspruch der Belegbarkeit und Objektivierbarkeit wissenschaftlichen Arbeitens nicht vereinbaren. Allenfalls vorläufige und noch nicht endgültig bestätigte Positionen werden als „Ansicht“ oder „Auffassung“ gekennzeichnet. Möglicherweise sind Arbeitsaufträge wie der o.g. mit dafür verantwortlich, dass Studierende glauben, ihren eigenen Anteil an einer Seminararbeit durch das Formulieren ihrer „Meinung“ transportieren zu müssen. Dennoch scheint mir das Reflektieren und Formulieren von Meinungen gerade für Studierende, in deren Herkunftskulturen der Meinungsbildung wenig Raum gegeben wird, ein erster hilfreicher Schritt auf dem Weg hin zur Fähigkeit zu sein, eigene und fremde wissenschaftliche Positionen zu verbalisieren. 4.2.2 Thematisierende, gliedernde und textkommentierende Fügungen  vorliegen Die Verwendung von Ausdruckskombinationen mit „vorliegen“ werden häufig eingesetzt, um etwas zu thematisieren und die Leseraufmerksamkeit auf einen Gegenstand zu lenken: Bsp. 5a Bevor ich auf dieses Thema näher eingehe, möchte ich zunächst die vorliegenden Grafiken beschreiben. Die Partizipialform von „vorliegen“ wird lokaldeiktisch eingesetzt, und zwar in Verbindung mit der zu beschreibenden „Grafik“. Solche Fügungen haben formelhaften Charakter und werden auch in Seminararbeiten regelmäßig verwendet, meist in der Kombinatorik „vorliegende Arbeit“ oder „vorliegende Untersuchung“ (G RAEFEN 2009: 267). In Beispiel 5b handelt es sich um eine kreative Abwandlung einer Fügung, die zwar von der Norm abweicht, deren Entstehung aber durchaus nachvollziehbar ist: Bsp. 5b Die vorunsliegende Grafik zeigt, dass […]. Der Verfasser hebt durch die Verwendung der kollektiven Sprecherdeixis „uns“ hervor, dass es zwei an der Sprechsituation beteiligte Aktanten gibt, nämlich Autor und Leser, denen die Grafik als gemeinsames Bezugsobjekt vorliegt. Man könnte hier von einer Überdetermination sprechen. Der Verfasser hat vermutlich ein vages Wissen davon, dass Thematisierungen mit der Partizipialform „vorliegend-“ eingeleitet werden, denn sonst hätte auch ein Relativsatz gebildet werden können, z.B. „Der Text, der uns / mir / Ihnen vorliegt“. Es besteht aber Unkenntnis darüber, dass es sich bei „vorliegend-“ + Nomen um eine feste syntagmatische Fügung handelt, die Bestandteil der alltäglichen Wissenschaftssprache ist und die auch in der reduzierten elliptischen Form, also ohne Sprecherdeixis, ihre Handlungsqualität nicht verliert. Auch das folgende Beispiel zeigt Unsicherheiten im Umgang mit dieser thematisierenden Fügung: Bsp. 5c In den liegenden Grafiken geht es um […] Studentische Textproduktion in der fremden Wissenschaftssprache Deutsch 105 44 (2015) • Heft 1 Hier soll vermutlich nicht die räumliche Situierung des Schaubilds hervorgehoben werden, um „liegende“ gegen „stehende“ Grafiken abzugrenzen. Vielmehr scheint der Verfasser sich an die Existenz einer formalhaften Ausdruckskombination zu erinnern, vermag diese aber produktiv nicht vollständig zu verbalisieren, sondern beschränkt sich auf eine Verkürzung (Elision des Präfix „vor-“). In Bsp. 5d handelt es sich offensichtlich um eine Vertauschung zweier häufig gebrauchter Ausdrucksmittel der Leserorientierung, nämlich „folgend-“ und „vorliegend-“: Bsp. 5d Dazu liefert die folgender Grafik Informationen. Der Student verbalisiert hier mittels katadeiktischer Prozedur eine Vorausfokussierung, die aber ins Leere geht, denn im Textverlauf folgt zwar die Beschreibung einer Grafik; das Bezugsobjekt selbst ist aber vor der Beschreibung abgedruckt, wäre also anadeiktisch zu verorten. Hier wird somit im linearen Text- und Wissensraum räumlich in die falsche Richtung verwiesen.  Ankündigende, überleitende, abschließende Formulierungen Um die Textorganisation deutlich zu machen, versuchen sich Studierende eifrig in der Verwendung der zur Verfügung stehenden sprachlichen Mittel, wobei es auch hier große Unterschiede hinsichtlich sprachlicher Korrektheit und semantischer Genauigkeit gibt. Bsp. 6a Zuallerst möchte ich anhand der Grafiken einige Daten präsentieren. „Zuerst“ wird von Studierenden häufig temporaldeiktisch verwendet, allerdings schon hier unter Missachtung der Tatsache, dass für das Aufzählen einer Reihe von Aussagen „zunächst“ der passendere Ausdruck wäre. Gegen „zuerst“ als adverbiales Gliederungselement spricht die häufig darin mitschwingende Hierarchisierung, die den irrigen Eindruck hinterlässt, dass das „zuerst“ Genannte auch das Wichtigste sei. Die Wortschöpfung „zuallerst“ ist möglicherweise einer Verschränkung von „zuerst“ und „zuallererst“ geschuldet, wobei die alltagssprachlich-emotionale Überspitzung im wissenschaftlichen Kontext unangemessen ist (vgl. auch Kap. 4.1). Neben den üblichen textgliedernden Ausdrücken (hochfrequent sind z.B. „dann“ und „danach“) fällt im Korpus die Verwendung formelhafter textabschließender Kommentierungen auf. Bsp. 6b Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Ärzte ernst und wichtig uberlegen müssen, wer wirklich Medikamente braucht. Während anadeiktische Verweise wie in Bsp. 6b sprachlich weitgehend fehlerfrei gelingen, fallen in Bsp. 6c wieder Doppelungen auf. Bsp. 6c Im folgenden ist die Schlussfolgerung zu entnehmen, dass zwar die Menschen mehr Problemen haben, aber […] 106 Melanie Moll 44 (2015) • Heft 1 „Im folgenden“ wird mit „Schlussfolgerung“ und einem unpassenden Verb kombiniert („Schlussfolgerung entnehmen“ anstatt „Schlussfolgerung ziehen“), was vermuten lässt, dass hier zwei formelhafte textkommentierende Sprechhandlungen nur ungenau erinnert und aneinandergereiht werden. Die Beispiele 6d, 6e und 6f sind symptomatisch für die Unsicherheiten bei der Verwendung textgliedernder Ausdrücke. Bsp. 6d Am Ende ich will nur sagen, dass alle Leute über negative wirkung für doping wissen sollen. Bsp. 6e Schließlich glaube ich, dass jeder Patient, der Nervosität oder Lampenfieber hat, muss Medikamenten nehmen. Bsp. 6f Am schließlich möchte ich erklären, dass […] Wenn „am Ende“ und „schließlich“ kombiniert werden zur Fügung „am schließlich“, so liegt hier nicht nur eine fehlerhafte Kombinatorik vor. Es handelt sich auch um eine Verwendung von Gliederungselementen, die aus der Alltagssprache geläufig sind, in der Wissenschaftssprache aber nur selten eingesetzt werden. Abschließende sprachliche Handlungen werden in wissenschaftlichen Texten eher mit „zusammenfassend“, „zum Abschluss“ oder „abschließend“ eingeleitet (s. G RAEFEN / M OLL 2011). Sehr häufig verwenden Studierende aber als Textgliederungsmittel „zum Schluss“ oder „am Schluss“. In dieser Funktion lassen sich die Fügungen in wissenschaftlichen Texten nur selten finden; sie erinnern eher an die schulische Aufsatzgliederung („Einleitung - Hauptteil - Schluss“). Elemente der Wortfamilie „schließen“ / „Schluss“ kommen in wissenschaftlichen Texten dagegen bei der Verbalisierung von Beurteilungen und Bewertungen oder bei der Formulierung des Resultats mentaler Prozesse zum Einsatz (z.B. „zu einem Schluss / einer Schlussfolgerung kommen“, „aus einer Sache etwas schließen“).  Reihung von Versatzstücken Novizen des wissenschaftlichen Schreibens neigen teilweise zu einem phrasenhaften Stil, der daher rührt, dass sie sich wissenschaftssprachlich anmutender Mittel und Verfahren bedienen, diese aber nicht funktional einzusetzen vermögen. So das folgende Beispiel: Bsp. 7 Angesichts dieser Situation stellt sich die dringende Frage: Sollten Ärzten Medikamente verschreiben, die das psychische Wohlbefinden ihrer Patienten verbessern? Außerdem möchte ich betonen, dass es viele andere Möglichkeiten gibt, um Nervosität zu lösen. Betrachtet man die Argumente, muss man zum Schluss kommen, dass … Der Student hat offenbar ein Gerüst aus Versatzstücken memoriert, die aneinandergereiht und mit - scheinbar beliebigen - Inhalten gefüllt werden. Dieses leerformelhafte Verfahren ist in studentischen Textproduktionen häufig zu beobachten, denn es gibt offenbar Halt und Orientierung bei ersten wissenschaftlichen Schreibversuchen. Studierende setzten häufig auf Analogiebildungen und verwenden mehr oder weniger Studentische Textproduktion in der fremden Wissenschaftssprache Deutsch 107 44 (2015) • Heft 1 exakt erinnerte Bausteine. Möglicherweise rührt dieser phrasenhafte Stil aber auch daher, dass im Sprachunterricht gut gemeinte Redemittellisten zum Einsatz kommen, ohne dass dabei die Funktion solcher formelhaften Kombinationen im Kontext authentischer Texte und Diskurse diskutiert und ihre semantische Differenzierung thematisiert würde. 5. Ausblick Es konnte hier nur ein kleiner Ausschnitt aus dem breiten Spektrum der Normabweichungen und Aneignungsprobleme internationaler Studierender auf dem Weg zu einer souveränen Wissenschaftssprachkompetenz gezeigt werden. Neben den in Kap. 4 präsentierten Phänomenen sind sprachliche Mittel der Textgliederung und Textorganisation (Verknüpfungen und Verweise mittels deiktischer und operativer Prozeduren, logische Relationierungen und Sprecherdeixis), die Semantik wissenschaftstypischer Sprechhandlungsverben, größere sprachliche Handlungsformen wie z.B. das Argumentieren sowie Begriffserläuterung und Definition vermittlungsrelevant. Für eine Verbesserung der Unterrichtspraxis wäre es sicherlich lohnend, weitere empirische Analysen vorzunehmen: So wurde an einigen Stellen deutlich, dass in Textproduktionen von Studienanfängern häufig mit sprachlichen Handlungsformen und Strukturen operiert wird, wie sie in wissenschaftlichen Texten nur selten vorkommen. Der einschlägige DaF-Unterricht steht also vor der Aufgabe, Lerngegenstände, Aufgabenstellungen und sprachliche Strukturen noch stärker auf die tatsächliche wissenschaftssprachliche Praxis und ihre charakteristischen Ausdrucksmittel auszurichten. Literatur A POLINARSKI , Beate / P OSKOWSKY , Jonas (2014): Ausländische Studierende in Deutschland 2012. Ergebnisse der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. http: / / www.sozialerhebung.de/ download/ 20/ soz20_auslaenderbericht.pdf (letzter Zugriff 28.8.2014). D AAD (2008): Qualität durch Internationalisierung. Das Aktionsprogramm des DAAD 2008-2011. Bonn: DAAD. https: / / www.daad.de/ presse/ de/ aktionsprogramm_9_07_08.pdf (letzter Zugriff 24. 08.14). D AAD (2010): Memorandum zu Deutsch als Wissenschaftssprache. https: / / www.daad.de/ de/ download/ broschuere_netzwerk_deutsch/ Memorandum_veroeffentlicht.pdf (letzter Zugriff 24.8.2014). DAAD (2013): Internationalität an deutschen Hochschulen. 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Our contribution aims at investigating how learners in Higher Education can acquire the discourse of scientific communities and - at the same time - a target language (L2, L3, Lx). In this context, multilingual competences not only constrain, but also enable academic text and knowledge production. Furthermore, multilingual competences can facilitate linguistic, procedural, and contextual awareness. Our concept of the ‘Discourse and Action Space’ bridges the widely employed didactic approaches of ‘manuals’ and ‘learning from the Master’, in order to support the simultaneous development of multilingual and academic skills. 1. Die doppelte Fremdsprache Akademische Textproduktion an Hochschulen nimmt auf europäischer und internationaler Ebene - nicht zuletzt wegen des Bologna-Prozesses und der Mehrsprachigkeitsdiskussion (H UFEISEN / N EUNER 2003; K NORR / V ERHEIN -J ARREN 2012) - auf der politischen, didaktischen und wissenschaftlichen Tagesordnung mittlerweile einen beachtlichen Platz ein (T HAISS 2010) - auch im Bereich der Zweit- oder Fremdsprachen (B AZERMAN et al. 2010). Im Rahmen der Mehrsprachigkeit stellt sie hohe Anforderungen an die Lernenden, da sie als epistemisches Schreiben (B EREITER 1980; M OLITOR 1984) nicht nur der Textproduktion, sondern auch der Produktion von Wissen und Einsicht dient. Sie erfordert ferner den Erwerb diskursiver und mehrsprachiger Kompetenz * Korrespondenzadressen: Dr. Dagmar K NORR , Universität Hamburg, Universitätskolleg/ Fakultät für Erziehungswissenschaft, Von-Melle-Park 8, 20146 H AMBURG . E-Mail: dagmar.knorr@uni-hamburg.de Arbeitsbereiche: Akademische Schreibdidaktik, Schreiben unter Bedingungen von Mehrsprachigkeit, Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Karl-Heinz P OGNER , Associate Prof. Ph.D., Copenhagen Business School, Dept. of Intercultural Communication and Management, Porcelænshaven 18 A, DK-2000 F REDERIKSBERG . E-Mail: kp.ikl@cbs.dk Arbeitsbereiche: Organizational communication, LivingCityLab, text production. Vom Schreiben zum „Texten“ 111 44 (2015) • Heft 1 im Diskurs- und Handlungsraum ‚Wissenschaft‘, um die (periphere) Teilnahme und Mitgliedschaft in akademischen Gemeinschaften zu ermöglichen (P OGNER 2012). Unser Beitrag untersucht deshalb, wie Lernende im Lehr-/ Lern-Kontext der Hochschule gleichzeitig zwei neue Sprachen und Diskursordnungen erwerben können: die der spezifischen wissenschaftlichen Diskurs- und Fachgemeinschaft/ en und die einer Zielsprache (Lx), die die Lernenden auch in der Domäne der akademischen Textproduktion lernen sollen. In unserem Beitrag betrachten wir ‚Akademisches Schreiben‘ gemäß dem europäischen Verständnis als Vorform des ‚Wissenschaftlichen Schreibens‘ (vgl. C ASTELLÓ / M ONTSERRAT 2012; R USSELL / C ORTES 2012; S CHINDLER 2014: 97f.) und zugleich als eine Lernform (P OHL / S TEINHOFF 2010). Textproduktion von Studierenden bekommt damit primär den Zweck, wissenschaftliche Arbeitstechniken und Methoden einzuüben. Mehrsprachige Kompetenzen beeinflussen die akademische Text- und Wissensproduktion: Sie können beschränkend, aber auch fördernd wirken. Letzteres geschieht immer dann, wenn sie über den fachlichen Wissenserwerb hinaus in Reflexionsprozessen Sprach-, Prozess- und Situationsbzw. Kontextbewusstsein entwickeln. Deshalb versuchen wir im Folgenden, mit dem Konzept des Diskurs- und Handlungsraums der akademischen/ wissenschaftlichen Diskursgemeinschaften eine Brücke zu schlagen zwischen den weit verbreiteten didaktischen Lösungswegen von „Gebrauchsanweisung“ und „Meisterlehre“ (K ALUZA 2009), um so den Ausbau sowohl der mehrsprachigen als auch der akademischen Kompetenzen der Lernenden zu unterstützen (C UMMINS 2000; 2006). 2. Auf dem Weg zu einer prozess- und kontextorientierten Schreibdidaktik Im anglo-amerikanischen Raum gibt es eine lange Tradition der Vermittlung textsortenspezifischer Schreibtechniken im Academic Writing (vgl. H YLAND 2007; O RTEN 2010; T ANG 2012). In anderen Ländern wurden das wissenschaftliche Schreiben und die akademische Textproduktion an Hochschulen erst in den 1980er Jahren allmählich zu Forschungsgegenständen (vgl. R UHMANN 2014). Wissenschaftliches Schreiben zu lehren oder zu lernen, wurde lange Zeit als überflüssig erachtet, da man davon ausging, dass sich die notwendige Schreibfähigkeit und -fertigkeit „im Rahmen der gymnasialen Schulausbildung sozusagen nebenher einstellt“ (E HLICH / S TEETS 2003: 1). 2.1 Modellierung des kognitiven Schreibprozesses H AYES / F LOWER s (1980) einflussreiches Writing Model unterscheidet drei Phasen des Schreibprozesses: Planen (Planning), Formulieren (Translating), Überarbeiten (Revising). B EREITER / S CARDAMLIA (1987) fügen diesem kognitiven Problemlösungsmodell eine zeitliche Dimension hinzu, nämlich die der Entwicklung von Wissensreproduktion (Knowledge-Telling) zu Wissenstransformation (Knowledge-Transforming). 112 Dagmar Knorr, Karl-Heinz Pogner 44 (2015) • Heft 1 Sie zeigen auf, welche enorme kognitive Leistung Schreibende vollbringen, wenn sie sich vom assoziativen Schreiben hin zu mehr leserorientiertem Schreiben bewegen und zwischen einem inhaltlichen und einem sprachlichen Problemraum unterscheiden lernen. Die kognitive Schreibprozessforschung hat zu folgenden Erkenntnissen in Forschung und Didaktik geführt (vgl. P OGNER 1999): Der Schreibprozess besteht aus verschiedenen Teilprozessen, Prozesse verlaufen beim Schreiben rekursiv, die Schreibenden springen von Teilprozess zu Teilprozess gemäß ihren (Schreib-)Zielen. Der Produktionsprozess ist hierarchisch organisiert und hat eine Problemlösestruktur. Schreiber erzeugen ein hierarchisches Netzwerk von Zielen und Plänen, die ihrerseits dem Schreibprozess als Richtschnur dienen. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Einfluss des Langzeit- und des Arbeitsgedächtnisses in der Sprachproduktion eingeräumt, da diese als zentrale Einheiten für Formulierungsprozesse angesehen werden (vgl. H AYES 2012). Bei diesen Problemlösungs- und Formulierungsprozessen setzen auch die Forschungen zum Einfluss der Mehrsprachigkeit an. 2.2 Von der Kognition zum Text und zum Kontext Die Frage, wie Texte von Schreibern produziert werden, hat sich mittlerweile zu der Frage erweitert, wie Wissen, Sinn und Bedeutung von Schreibern und Lesern zusammen konstituiert werden. Wissenschaftliches und akademisches Schreiben wird als epistemisches Schreiben (vgl. B EREITER 1980; M OLITOR 1984) betrachtet, das nicht nur der Kommunikation, sondern auch dem Denken und Lernen dient. Text- und Wissensproduktion gehören im wissenschaftlichen-akademischen Diskurs zusammen wie zwei verschiedenen Seiten der gleichen Medaille. Die zunehmende Betonung des Kontextes und der sozialen Dimension bei der Erforschung der Textproduktion hat zur Erweiterung des individuell-kognitiven Paradigmas zu einem sozial-interaktiven Ansatz geführt. Kognition wird hier zu situierter Kognition, die als abhängig von soziokulturellen Faktoren und Interaktionen inner- und außerhalb des Lehr-/ Lernkontextes gesehen wird (vgl. N YSTRAND 1989). Das, was Schreibende während des Schreibprozesses tun, lässt sich weder von den Bedingungen trennen, unter denen sie schreiben, noch von ihren Motivationen und Intentionen. Schreiben wird damit primär zu einer Form des sozialen Handelns (vgl. P OGNER 1999). Zwei Grundpositionen lassen sich unterscheiden: (1) entweder determinieren soziale Gemeinschaften und ihre Normen die Texte der schreibenden Individuen oder Textproduktion konstruiert bzw. verändert soziale Realität und Gemeinschaften. (2) Es besteht eine wechselseitige Beziehung zwischen Textproduktion und sozialem Kontext sowie zwischen individuellen Schreibern und Schreibbzw. Diskurs- und Praxisgemeinschaften mit ihren Form- und Sprachsystemen (vgl. P OGNER 2003). Textproduktion als Teil der Wissensproduktion im wissenschaftlichen Handlungs- und Diskursraum verlangt deshalb neben sprachlichen auch strategische und sozialkognitive Kompetenzen sowie Textkompetenz. Diskursgemeinschaften spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie festlegen, was die Leser vom jeweiligen Text inhaltlich, Vom Schreiben zum „Texten“ 113 44 (2015) • Heft 1 sprachlich und formal erwarten. Forschungsbzw. Fachgemeinschaften werden durch die Diskurse konstituiert (vgl. B AZERMAN 1988; S WALES 1990). Im Folgenden werden wir daher die Bedingungen einer Textproduktion im Handlungs- und Diskursraum ‚Wissenschaft‘ näher erläutern und anschließend auf die Besonderheiten der Lx-Textproduktion eingehen. 2.3 Textproduktion im Handlungs- und Diskursraum ,Wissenschaft‘ Das Produzieren von Texten im Handlungs- und Diskursraum ‚Wissenschaft‘ unterliegt spezifischen Bedingungen (vgl. E HLICH / S TEETS 2003), da dieser Raum zum einen kulturellen, sprachlichen und fachspezifischen Einflüssen unterliegt (constrained), zum anderen selbst weitere Beschränkungen generiert (constraining) (vgl. Y ERRICK / G IL - BERT 2011; J AKOBS 1999). Hinzu kommt, dass jede Universität ihre eigene Tradition hat, die sich auf die Art der Wissensvermittlung und -darstellung niederschlägt (vgl. K RUSE / C HITEZ 2012). Im Unterricht werden die Herausforderungen mehrsprachiger Studierender jedoch oft auf Sprachprobleme in der Zielsprache, d.h. die sprachliche Dimension der Schreibkompetenz reduziert (vgl. K NORR / N EUMANN 2014). Hier können schreibdidaktisch geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegensteuern und unterstützend eingreifen (vgl. K NORR et al. 2014), um mit den Studierenden zusammen herauszufinden, welche Dimensionen der Schreibkompetenz eigentlich Schwierigkeiten bereiten. B ECKER -M ROTZEK / S CHINDLER (2007) unterscheiden zwischen einer Anforderungs- und einer Wissensdimension der Schreibkompetenz. Anforderungen umfassen Lexik, Syntax, Textmuster, Leserorientierung, Orthographie und Medium. Wissen wird unterschieden in deklaratives (Wissen) und prozedurales Wissen (Können) sowie Problemlösungs- und metakognitives Wissen (Meta-Wissen). Schwierigkeiten in den Bereichen Lexik, Syntax und Orthographie sind in der Regel schnell identifiziert. Die Erarbeitung des sprachlichen Wissens kann teilweise z.B. auf (Fach-)Spracheninstitute verlagert werden. Prozedurales und metakognitives Wissen über ihre Schwierigkeiten kann Schreibenden helfen, Medien im Sinne von Werkzeugen (z.B. Nachschlagewerke) zu benutzen, um diese Schwierigkeiten zu überwinden. Handelt es sich hingegen um Kompetenzerweiterungen in den Bereichen Textmuster und Leserorientierung, sind komplexe Wissensbestände aufzubauen, die erst in Anfängen von sprachdidaktischen Lehrmaterialien abgedeckt werden (bspw. in F AN - DRYCH 2012). Wiederkehrende sprachliche und textuelle Muster können genutzt werden, um eigene Sprachkompetenz aufzubauen. Werden diese Muster rezeptiv als solche erkannt, können sie nach und nach in die Sprachproduktion übernommen und zu Routinen werden. Für wissenschaftliche Textproduktionen hat F EILKE (2012) solche Routinen auf verschiedenen Textebenen nachgewiesen. Schreiberfahrung und somit Textproduktionskompetenz drückt sich demnach auch darin aus, wie routiniert der Schreibende ist - unabhängig, ob es sich hierbei um muttersprachliche oder mehrsprachliche Schreibende handelt. Für mehrsprachliche (Lx-)Schreibende ist die Hürde allerdings umso höher, desto geringer ihr Wissen in den Bereichen Lexik und Syntax 114 Dagmar Knorr, Karl-Heinz Pogner 44 (2015) • Heft 1 ist. Die Verfügbarkeit von sprachlichem Wissen verändert sich in diesem Fall dann von einer Ressource hin zu einer Beschränkung (vgl. K RUSE / J AKOBS 1999: 22). Die wissenschaftliche Textproduktion bringt weitere Herausforderungen mit sich, die durch die Art der Aufgabe und des verfügbaren Wissens entstehen. Die Produktion wissenschaftlicher Texte als Form wissenschaftlicher Wissenstransformation oder gar -produktion bildet einen Diskurs (vgl. A UER / B AßLER 2007). In ihm erfolgt die Textvernetzung (Intertextualität) über die Sprachhandlungen Zitieren, Paraphrasieren und Verweisen (vgl. J AKOBS 1999). Die Art und Weise, wie die Vernetzung sprachlich realisiert wird, ist fachspezifisch geprägt. Im Bereich der Leserorientierung spielen Diskursregeln eine große Bedeutung. Wenn sich Studierende Wissen über ein Gegenstandsgebiet aneignen, erwerben sie nicht nur inhaltliches Wissen, sondern sie lernen auch einen Diskurs mit den beteiligten Autoren, Positionen und inhärenten Diskursregeln kennen. Sie werden in einen Diskurs und eine Diskursgemeinschaft hinein sozialisiert (vgl. P OGNER 2012). Die Aneignung von Diskursregeln erfolgt mehr oder weniger explizit: Oft erfahren die Studierenden zwar, welchen Zitationskonvention sie folgen sollen und wie ein Literaturverzeichnis auszusehen hat. Welche Funktionen diese Konventionen im Diskurs haben, bleibt aber in der Regel im Dunkeln. Aus schreibdidaktischer Perspektive sind jedoch Fragen nach der Funktion von Zitationen und Verweisen und den sprachlichen Realisierungsmitteln relevant. Durch den Rückgriff auf die akademische Diskursgemeinschaft mit deren Ziel, das Wissen auf einem bestimmten Fachgebiet zu erweitern, kann ein Verständnis für den Zweck der sprachlichen Handlung des Zitierens aufgebaut werden (vgl. hierzu P OGNER 1999: 283-288). In einem Forschungsüberblick z.B. ist es für den Forschenden wichtig, verschiedene Positionen aufzuzeigen, um den eigenen Beitrag zu positionieren, um eine eigene ,Stimme‘ im Diskurs und einen Raum für die eigne Forschung aufbauen zu können (vgl. Swales 1990). Welche sprachlichen Mittel zur Wiedergabe von Positionen aus der Forschungsliteratur geeignet sind, listen u.a. G RAEFEN / M OLL (2011) für das Deutsche auf; für das Englische findet sich Vergleichbares unter http: / / www. phrasebank.manchester.ac.uk/ (vgl. auch http: / / www.mumis-unicomm.de/ ; K NAPP / T IM - MERMANN 2012). In authentischer Textproduktion werden jedoch schnell die Grenzen solcher Listen deutlich, da der Gebrauch von Modalpartikeln, syntaktischen Einbettungen oder der Darstellung eines komplexeren Diskurses die Bedeutung der aufgeführten Formulierungen verändert. Besonders die Wiedergabe eines wissenschaftlichen Diskurses stellt für Studierende mit wenig wissenschaftlicher Textproduktionserfahrung eine Herausforderung dar, da hier Lese- und Verstehensprozesse die Basis für wissenschaftssprachlich adäquate Textproduktionsprozesse bilden (vgl. Pohl 2010). Leseprozesse, besonders das text mining (G REENE 1992), gelten daher als notwendige Voraussetzung für erfolgreiche Textproduktionen im Handlungs- und Diskursraum ‚Wissenschaft‘ (vgl. J AKOBS 1999). Während des Formulierens etwa werden oftmals Fachtexte konsultiert, um Wissen zu re-aktualisieren (vgl. J AKOBS 1997: 83f.). Der Schreibfluss wird durch Suchprozesse nach Informationen in Fachtexten (vgl. K NORR 1998) gestört, was direkten Einfluss auf Vom Schreiben zum „Texten“ 115 44 (2015) • Heft 1 die Textqualität nimmt (vgl. B REUER 2014). Dies gilt besonders beim Schreiben in L2/ Lx (vgl. C HENOWETH / H AYES 2001); denn hier werden nicht nur Fachinformationen gesucht, sondern auch die ‚richtigen Wörter‘. G RIESHAMMER (2011: 34) beschreibt den L2-Schreibprozess daher als störungsanfälliger als einen L1-Schreibprozess. Fehlende Informationen bringen schreibende Experten in der Regel nicht dazu, ihren Schreibfluss zu unterbrechen. Sie arbeiten eher mit Hinweisen an sich selbst, um diese Information zu einem späteren Zeitpunkt zu prüfen und in den Text einzubauen (vgl. P OGNER 1999: 269f.). Personen mit weniger Schreiberfahrung neigen eher dazu, ihr Schreiben zu unterbrechen. Ist der Formulierungsprozess erst einmal unterbrochen, besteht - aus schreibdidaktischer Sicht - die Gefahr, dass er nicht fortgesetzt wird. In schreibdidaktischen Ratgebern sind daher stets Tipps zum Ausschalten ablenkender Faktoren enthalten, die zu Übersprunghandlungen führen könnten (so bspw. in E SSEL - BORN -K RUMBIEGEL 2004: 212). 2.4 Diskursgemeinschaften und Textsorten (text genres) Diskursgemeinschaften sind Gruppen mit gemeinsamen Regeln für die Sprache und deren Gebrauch, deren Mitglieder sich vor allem durch ihren gemeinsamen Diskurs verbunden fühlen. Mitglieder von Diskursgemeinschaften haben gemeinsame Annahmen darüber, welche Objekte als untersuchungs- und diskussionswert gelten, mit welchen Methoden man diese Objekte untersucht, was Validität und Beweiskraft hat und welche formalen Konventionen (u.a. Textsortenkonventionen) es einzuhalten gilt (vgl. P OGNER 1999: 44-62). Die Diskursgemeinschaft legt auch die Art und Weise fest, in der ihre Mitglieder Probleme definieren, Ziele setzen und Kriterien aufstellen. Innerhalb dieses Rahmens aber operieren die Schreiber relativ frei aufgrund ihrer eigenen Ziele, Strategien und Kriterien, um relevante Probleme zu entdecken, um Optionen abzuwägen und zwischen (sprachlichen) Alternativen auszuwählen. Diskursgemeinschaften legen fest, was die Leser vom jeweiligen Text inhaltlich und formal erwarten. Forschungsbzw. Fachgemeinschaften werden durch Texte, Textsorten, Intertextualität (vgl. P ORTER 1986) und Interdiskursivität (vgl. O RTEN 2010) konstituiert: Der Diskurs, der die Gemeinschaft verbindet, findet in Textsorten wie Forschungsartikeln, Konferenzvorträgen, aber auch in Projektanträgen, Rezensionen, bei Debatten, Kontroversen, in Blogs oder populärwissenschaftlichen Artikeln der Mitglieder statt (vgl. B RUCE 2008; S ACHTLEBER 1993).Wissenschaftliche Textsorten ‚gehören‘ wissenschaftlichen Diskursgemeinschaften (vgl. S WALES 1990) und spiegeln die Präferenzen, Werte und Normen der wissenschaftlichen Gemeinschaft wider. Sie konstituieren quasi die Diskursgemeinschaften und dienen Lesern gleichzeitig als Orientierungshilfe. Die Enkulturation oder Sozialisierung in die Diskursgemeinschaft hinein umfasst auch das Lernen von Textsortenkonventionen. Zugehörigkeit zu einer Diskursgemeinschaft wird durch Diskurswissen und -können demonstriert. Textsorten - im Sinne des englischen textlinguistischen Begriffs genres - sind Klassen von Schreibereignissen (oder allgemeiner von kommunikativen Ereignissen), die den gleichen kommunikativen Zielen einer Schreibgemeinschaft dienen; sie werden 116 Dagmar Knorr, Karl-Heinz Pogner 44 (2015) • Heft 1 dadurch bestimmt, was wie in einer Schreibgemeinschaft geäußert werden kann (Inhalt, Stil, Struktur etc.) (vgl. S WALES 1990: 45-58). Sie helfen, typisierte Handlungen innerhalb typisierter rhetorischer Situationen zu konstruieren (vgl. B AZERMAN 1988: 319). Der Begriff Textsorte bezieht sich damit auf standardisierte (rhetorische) Handlungen, die wiederum auf wiederkehrenden Situationen beruhen (vgl. G RAEFEN 1997 zu Textsorte vs. Textart). Die Aneignung dieser Handlungen kann nur durch wiederholtes Tun selbst erworben werden. Hierbei können Entlastung oder scaffolding (vgl. G IBBONS 2002; H AMMOND / G IBBONS 2005; K NIFFKA 2010) und Beratung (vgl. K NORR 2014) sowie die Reflexion (Meta-Wissen) über den wissenschaftlichen Diskurs- und Handlungsraum der betreffenden wissenschaftlichen Diskursgemeinschaft (vgl. P OGNER 1999: 280- 288) mithelfen, dass die Studierenden ihre „Zone der nächsten Entwicklung“ (V YGOTSKI [1934] 2001) und das Potential ihrer Mehrsprachigkeit optimal ausnutzen können. Im Folgenden werden wir die Voraussetzungen und Mittel einer Schreibdidaktik unter den Bedingungen der Mehrsprachigkeit näher untersuchen, um eine Didaktik zum Erlernen/ Erwerben zu entwickeln, die wissenschaftliche Forschung als eine ‚weitere Fremdsprache ansieht‘, die es zu lernen/ erwerben gilt, um an der wissenschaftlichen ‚Konversation‘ teilnehmen zu können (B ASBØLL 2012: 444). 3. Erlernen einer doppelten Fremdsprache: Mehrsprachiges akademisches Schreiben Die Produktion eines fremdsprachigen wissenschaftlichen Textes verlangt den Schreibenden viel ab: Sie müssen einen Text verfassen, der sowohl den diskurs- und textsortenspezifischen Konventionen als auch den zielsprachlichen Anforderungen genügt. Dies ist bereits für kompetente Schreiber der Zielsprache eine Herausforderung, die nur durch intensive Beschäftigung mit den Konventionen zum Erfolg führt. Obwohl es mittlerweile Handbücher und Anthologien zum zweit- und fremdsprachlichen Schreiben und zum wissenschaftlichen/ akademischen Schreiben (vgl. B JÖRK et al. 2003; C ASTELLÓ / D ANAHUE 2011) und die Fachzeitschrift Journal of Second Language Writing mittlerweile im 23. Jahrgang gibt, lässt sich aber noch immer keine in sich geschlossene, allseits akzeptierte Theorie des (akademischen)Schreibens unter den Bedingungen der Mehrsprachigkeit (Lx) ausmachen. Aus der empirischen L2-Schreibforschung lassen sich jedoch einige Tendenzen ableiten: L1-und L2-Schreibprozesse sind im Großen und Ganzen ähnlich aufgebaut. Unterschiede bestehen jedoch in der Häufigkeit und Art der Ausführung der einzelnen Teilprozesse, vor allem der Planungs- und Formulierungsprozesse. Bei den Planungsprozessen kann zwischen Strategien zur Bewältigung einer akademischen Textproduktionsaufgabe im Allgemeinen und der konkreten Textplanung im Besonderen unterschieden werden. Allgemeine Textproduktionsstrategien beziehen sich auf den Grad der Geübtheit im Umgang mit Fachliteratur, wozu Recherche- und Leseprozesse, aber Vom Schreiben zum „Texten“ 117 44 (2015) • Heft 1 auch Routinen zum Zitieren, Verweisen und Paraphrasieren zählen. Zusammen mit Kenntnissen des Diskurses und der Textsorte, die als akademische ‚Literalität/ en‘ („literacies“ (L ILLIS / S COTT 2007)) verstanden werden kann, ist davon auszugehen, dass diese allgemeinen Strategien auch für fremdsprachliches Schreiben genutzt werden können (vgl. K NORR et al. 2015). Um in Formulierungsprozessen alle verfügbaren Sprachen für kognitive Entlastung und Transferprozesse nutzen zu können, sollten die Schreibenden ermutigt werden, verschiedene Strategien auszuprobieren, um die vorhandenen Ressourcen individuell bestmöglich zu nutzen (vgl. L ANGE 2012). Daher beinhalten Langes Strategien verschiedene Formen der Sprachmischung sowie Übersetzungsverfahren. Hierbei könnte die Förderung der Übersetzungskompetenz die Qualität der Textproduktion in L2 und Lx steigern (vgl. G ÖPFERICH 2013). Es geht also darum, einerseits die kognitive Doppelbelastung der Schreibenden (das gleichzeitige Erwerben einer neuen Sprache und der Sprache einer oder mehrerer wissenschaftlicher Diskursgemeinschaft) zu reduzieren und andererseits den Schreibenden die Möglichkeit zu geben, fremdsprachliche Schreibkompetenz aufzubauen. Hierbei ist für beide entscheidend, dass dem Schreiben ein fester Platz in der Ausbildung eingeräumt wird. Wir plädieren deshalb für einen Mix aus Lehrveranstaltungen mit Anleitungen zum Schreiben und einer individuellen Betreuung der Studierenden in Schreibzentren, um bestmögliche Voraussetzungen für den Erwerb akademischer Schreibkompetenzen in L1, L2 und Lx zu bieten. 4. Vom Schreiben zum „Texten“ - Folgerungen Um einen Text zu produzieren, der den fachlichen und sprachlichen Anforderungen der Diskursgemeinschaft genügt, sind komplexe Handlungen und Fertigkeiten erforderlich, die gleichzeitig ausgeführt werden müssen. H AYES / F LOWER (1980) verwenden hierfür das Bild des Jonglierens mit Einschränkungen (juggling constraints). Experten sind diejenigen, denen es gelingt, eine Vielzahl an „Bällen“ in der Luft zu halten. Bleibt man in diesem Bild, ist es unmittelbar einleuchtend, dass der Versuch, ohne Übung mit 6 oder 8 Bällen zu jonglieren, zum Scheitern verurteilt ist. Die Komplexitätsreduktion und Entlastung im Sinne des scaffolding unterstützen den Prozess, ausreichend Fingerfertigkeit zu erwerben, um nach und nach die Komplexität zu steigern. Für die wissenschaftliche Textproduktion gilt Ähnliches: Wenn Studierende ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Textproduktion in Teilhandlungen zerlegbar ist, und sie die Möglichkeit bekommen, diese Teilhandlungen im Studium zu üben und dabei die Komplexität zu steigern, sollten sie, am Ende ihres Studiums so viel Schreiberfahrung gesammelt haben, dass ihre Abschlussarbeit den Anforderungen an einen wissenschaftlichen Text genügt. Lehrende können den Lernprozess unterstützen, indem sie regelmäßig Schreibaufgaben in die Lehre integrieren und diese in der Komplexität angemessen steigern. Die Schreibaufgaben sollten sich dabei an den sprachlichen Voraussetzungen der Studierenden sowie den Anforderungen an wissenschaftliche Texte und den Erwartungen 118 Dagmar Knorr, Karl-Heinz Pogner 44 (2015) • Heft 1 der Diskursgemeinschaft orientieren und gleichzeitig Raum für die Entwicklung von Schreibfähigkeit geben. Besonders Lx-Schreibende benötigen Aufmerksamkeit für ihre komplexe Situation beim Erwerb wissenschaftlicher Textkompetenz (vgl. D IRIM 2013; H ÄGI / K NAPPIK 2012). Hierbei ist es besonders wichtig, mehrsprachigen Studierenden und ihren mehrsprachlichen Kompetenzen Wertschätzung entgegen zu bringen. Sprachliche Heterogenität in Lerngruppen fordert von Lehrenden viel - nicht zuletzt die Diskussion darüber, welche Normen und Qualitätskriterien an Texte von Studierenden gelegt werden können und sollten. Für Studierende ist es aber bereits hilfreich, wenn Lehrende ihre Erwartungen an Textprodukte offen legen. Diese Erwartungen sollten sich jedoch nicht auf die Benennung formaler Kriterien beschränken, sondern auch die in unserem Beitrag genannten sprachlichen, kommunikativen und strukturellen Anforderungen an die akademische Textproduktion und Wissensproduktion und ihrer Textsorten umfassen. Studierende, besonders solche, die nicht in ihrer L1 akademische Texte produzieren, wünschen sich nicht nur Rückmeldung auf die Inhalte ihrer Texte, sondern auch auf ihre sprachliche Ausdrucksfähigkeit (vgl. N EUMANN 2013: 67). Eine auf die Bedürfnisse mehrsprachiger Studierender ausgerichtete Schreibdidaktik sollte diesem Wunsch nachkommen. Die Reflexion über die eigene Kompetenzentwicklung der Studierenden kann durch verschiedene Instrumente unterstützt werden: Portfolio-Arbeit und das Einbinden authentischer Schreibaufgaben in die Lehre (vgl. B RÄUER / S CHINDLER 2011), das Einüben von Teilhandlungen wissenschaftlicher Textproduktion, wie sie bspw. im Kontroversenreferat (vgl. S TEINHOFF 2008) oder mithilfe digitaler Medien im „Kontroversenlabor“ (vgl. L EHNEN / S CHÜLER / S TEINSEIFER 2014) stattfinden kann. Die Einbindung in einen authentischen wissenschaftlichen Diskurs einer scientific community ermöglicht es, die Mechanismen und Anforderungen des wissenschaftlichen Gemeinschaft zu erfahren und Text- und Wissensproduktion als soziale Interaktion und Konstruktion zu erleben (vgl. B RÄUER / S CHINDLER 2011), selbst dann, wenn Studierende nur „peripher“ am Diskurs und der Praxis der Wissensproduktion der scientific community teilnehmen (vgl. L AVE / W ENGER 1991; Y ERRICK / G ILBERT 2011.) Eine Schreibdidaktik, die sich an den Bedürfnissen einer zunehmend sprachlich heterogenen Studierendenschaft orientiert, steht vielfältigen Anforderungen gegenüber, bietet aber auch viele Möglichkeiten an: • Am Beginn steht eine Wertschätzung der individuellen sprachlichen Voraussetzungen, da Sprache die Ressource ist, aus der Wissen, Texte und Diskurse geschöpft werden. • Akademische Textproduktion findet unter spezifischen Rahmenbedingungen statt, die Studierende beim Eintritt in den Diskurs- und Handlungsraum ‚Wissenschaft‘ nicht kennen. Diese aufzuzeigen, ist daher notwendig. • Es findet nämlich eine Weiterentwicklung der Literalisierung statt, die an vorhandene Literalisierungserfahrungen anknüpft. Hier kann sich das Potenzial der Mehrsprachigkeit entfalten: Mehrsprachige Personen bringen im Allgemeinen der akademischen Literalisierung eine hohe Sensibilität für sprachliche Anforde- Vom Schreiben zum „Texten“ 119 44 (2015) • Heft 1 rungen entgegen. Lehrende könnten diese Kompetenzen nutzen, um gezielt, evtl. auch kontrastiv, die Spezifika alltäglicher Wissenschafts-, Fach- und Bildungssprache zu thematisieren. • Auf diese Weise können - für alle Lernenden gewinnbringend - die sprachlichen Anforderungen des Handlungsraums ‚Wissenschaft‘ erarbeitet und erfahren werden. Dies sollte an die jeweiligen Fachinhalte gebunden sein, da auf diese Weise sprachliches Handeln Funktion und Bedeutung bekommt. • Der Lerneffekt für Studierende liegt dann auf der Hand: Sie erarbeiten sich Fachinhalte, sie schulen ihr Sprachbewusstsein und erwerben zudem sprachliche Kompetenz in den Sprachen, mit denen sie arbeiten. • Die Lektüre von Fachtexten in anderen Sprachen als in den Prüfungssprachen Deutsch und Englisch würde es den Studierenden zudem ermöglichen, ihre akademische Literalisierung in anderen Sprachen voranzutreiben. 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Although inclusive education is being widely debated in the field of pedagogy, its practical implications for concrete subjects, especially foreign language teaching (FLT), have not yet been discussed in full detail. This article provides an overview of the German perspectives on inclusive FLT on the basis of both the relevant literature and an interview study, which was conducted during a research seminar at the Philipps University of Marburg (Germany) with special needs teachers and foreign language teachers. Results show the need for a change in teacher education, but also yield optimistic perspectives on the basis of established principles in FLT, which could be extended towards inclusive FLT. 0. Einleitung Durch das Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2009 besteht eine (auch schul-)rechtliche Grundlage für die Gleichstellung behinderter und nicht-behinderter Menschen. Im Kern geht es darum, Menschen mit Behinderungen dieselben (Bildungs-)Chancen zu ermöglichen, wie sie von nicht-eingeschränkten Menschen genutzt werden können. Die Umsetzung von Inklusion wird dabei in der Regel in Bezug auf Kinder und Jugendliche diskutiert (z.B. W ERNING 2014), dann auch nicht selten kontrovers und entlädt sich hierzulande mitunter polemisierend durch die beteiligten Personen sowie die Rezeption in Medien und stellt das dahinterstehende Konzept oder auch das deutsche Förderschulsystem in Frage. 1 Kritiker 2 führen dabei häufig an, Inklusion sei lediglich eine Umetikettierung * Korrespondenzadresse: Dr. David G ERLACH , Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Philipps-Universität Marburg, Institut für Schulpädagogik (AG Fremdsprachenforschung), Hans-Meerwein-Str. (Mehrzweckgebäude, IFS), 35032 M ARBURG . E-Mail: david.gerlach@uni-marburg.de Arbeitsbereiche: Fremdsprachendidaktik und -methodik, Professionalität von Fremdsprachenlehrkräften, Lernschwierigkeiten. 1 Z.B. der „Fall Henri“, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 25.5.2014. 2 Zwar wird in weiten Teilen des Beitrags darauf geachtet, sowohl die weibliche als auch die männliche bzw. eine allgemeine Form zu verwenden, an Stellen, wo dies zu Lasten der Lesbarkeit gehen würde, wird N i c h t t h e m a t i s c h e r T e i l 124 David Gerlach 44 (2015) • Heft 1 der Integration, die bereits seit vielen Jahren - mehr oder weniger erfolgreich - in Deutschland umgesetzt werde. Tatsächlich wird dies ein Stück weit dadurch gestützt, dass das von der Bundesregierung verabschiedete Gesetz nicht von Inklusion, sondern von Integration sprach: Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen … (D EUTSCHE B UNDESREGIERUNG 2008: 1436; [Hervorhebung D.G.]) Wenn dieser „Fehler“ auch mittlerweile korrigiert wurde bzw. anders dargestellt wird, lohnt sich doch eine genauere Betrachtung des aktuell diskutierten, deutlich weiter reichenden Inklusionsbegriffs in seinem allgemein-pädagogischen Kontext, worauf im Folgenden zunächst eingegangen wird. Anschließend wird diese Konzeptualisierung auf die Perspektive der Fachdidaktiken, spezifischer dann auf die Fremdsprachendidaktik, übertragen, um darauffolgend die Ergebnisse eines Forschungsseminars vorzustellen, welches am Institut für Schulpädagogik der Philipps-Universität Marburg im Sommersemester 2014 stattfand und der Frage nachging, wie inklusiver Fremdsprachenunterricht unter den Zwängen, Forderungen und Möglichkeiten gelingen kann. 1. Inklusion aus allgemein-pädagogischer Perspektive Die Inklusionsdebatte wird, wie oben bereits angedeutet, an vielerlei Stellen als Diskussion geführt, wie behinderte und nicht-behinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet werden können. Diese Kategorisierungen werden dabei allerdings aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive scharf kritisiert, da sich inklusive Pädagogik vielmehr dem „Abbau von Bildungsungleichheit verpflichtet“ (B UDDE / H UMM - RICH 2013) fühlt und somit nicht auf exkludierende Zuschreibungen abzielt. 3 Eine Abgrenzung der Begriffe Inklusion und Exklusion bzw. Separation ist aufgrund der Schärfe ihrer Bezeichnungen wohl nicht nötig, möglicherweise aber - aufgrund der oben bereits angesprochenen (falschen) Interpretation - zur Integration im schulischen Kontext durchaus zweckmäßig: Inklusion ist die konsequente Weiterführung von Integration. Während der Begriff „Integration“ nahe legt, darunter das Hereinnehmen eines Kindes in ein bestehendes System zu verstehen, ohne das System substantiell zu verändern, geht Inklusion davon aus, dass das Recht aller Kinder auf gemeinsame Bildung und Erziehung nur durch einen umfassenden Reformprozess zu realisieren ist. Schulen wie Kindertagesstätten müssen so ausgestattet werden, dass sie kein Kind aussondern. Alle - Kinder, Jugendliche, Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern, Verwaltung, Politik - tragen dazu bei, dass Inklusion gelingt (Vorwort der Hrsg. in B OOTH et al. 2006: 4). die männliche Form im generischen Sinne verwendet. 3 Einen Überblick über die Diskussionen und Entwicklungen um Inklusion und seine Begrifflichkeiten liefert z.B. H INZ (2013), vgl. auch die deutlich kritischere Betrachtung von A HRBECK (2014). Inklusion im Fremdsprachenunterricht 125 44 (2015) • Heft 1 Die angestrebten Reformen werden folglich als gesamtgesellschaftlicher Prozess gesehen, der in vielen Bereichen Anpassungen und Öffnungen erfordert. Der Wunsch dieses breiten Inklusionsverständnisses ist eine gesellschaftliche Bewusstmachung und Verstetigung von Chancengleichheit, dessen Grundlagen im Kinder- und Jugendbereich als „inklusive Schulkultur“ (P REUSS -L AUSITZ 2014: 51) gelegt und entsprechend weitergegeben werden sollen. Die Forderungen, die damit einhergehen, sind komplex und stellen häufig bestehende Strukturen auf verschiedenen Ebenen in Frage: ein barrierefreier Ausbau der Schulen, die Abschaffung von Sonder- und Förderschulen (obwohl „in der UN-Konvention davon … an keiner Stelle die Rede [ist]“, A HRBECK 2014: 23), Fortbildungen für Lehrpersonen sowie die Integration von Schulbegleitern und sonderpädagogisch aus- und fortgebildeten Förderkräften an Regelschulen. Inwiefern dieses angestrebte Konzept der „Schule für alle“ allerdings umsetzbar ist, zeigt sich gerade auch in der sonderpädagogischen Diskussion als heftig umstritten (Übersicht auch in ebd.; S PECK 2011). A HRBECK (2014), selbst Gegner der „totalen Inklusion“, spricht sich für sonderpädagogische Einrichtungen aus, da dort stark beeinträchtigte Kinder am besten gefördert werden könnten. Gleichzeitig bezieht er Stellung gegenüber in Medien vorherrschenden Positionen, das Förderschulsystem sei rückständig, denn behinderte Schülerinnen und Schüler würden dort nicht ausreichend gestützt und nicht zu einer gesellschaftlichen Teilhabe befähigt. A HRBECK warnt damit vor zu hohen Erwartungen, welche Regelschulen möglicherweise selbst mit der nötigen Unterstützung nicht leisten können. Dabei haben auch Inklusions-Befürworter eine Reihe an Studien vorzuweisen, die für eine inklusive Beschulung sprechen: Die sozialen sowie fachlichen Kompetenzen der vormals sonderpädagogisch beschulten Schülerinnen und Schüler werden durch die Interaktion mit anderen gestärkt, und die langfristigen Prognosen für Schulerfolg und Berufschancen durch inklusiven Unterricht sind sehr positiv (K OCAJ et al. 2014; E CKART et al. 2011). Die Sorge, dass gute Lernende im inklusiven Unterricht weniger Leistung erbringen oder ihr Klassenziel nicht erreichen, konnte bei einer lernzieldifferenten Beurteilung in inklusiven Klassen hingegen nicht bestätigt werden (Übersicht in P REUSS -L AUSITZ 2009). 4 Jedoch: Viele Studien, die ebenfalls in Medien breit - aber auch oft oberflächlich - rezipiert werden, differenzieren teilweise nicht eindeutig nach dem Grad der Behinderung. So scheint bei einem barrierefreien Ausbau einer Regelschule der Unterricht mit einem gehbehinderten, ansonsten aber gesunden Kind ohne Weiteres möglich. Einleuchtend ist auch die Notwendigkeit umfassender Unterstützung für Kinder mit beispielsweise geistig-emotionalen oder sprachlichen Beeinträchtigungen. Insbesondere an weiterführenden Schulen, zu denen es im Gegensatz zum Primarbereich bislang nur wenige Untersuchungen gibt, wird allerdings auch weiterhin auf eine gewisse Progression fachlicher wie sprachlicher Kompetenzen zunehmend Wert gelegt (bzw. muss für berufsqualifizierende Abschlüsse gelegt werden), hier klafft aber 4 K LEMM und P REUSS -L AUSITZ (2011) führen ergänzend eine Vielzahl Studien zu integrativer/ inklusiver Pädagogik auf, u.a. auch zu Qualitätskriterien „guten inklusiven Unterrichts“. 126 David Gerlach 44 (2015) • Heft 1 die Schere des Kompetenzzuwachses von behinderten und nicht-behinderten Lernenden mit zunehmendem Alter der Kinder und Jugendlichen mutmaßlich stärker auseinander. Es mag daher nicht überraschen, dass in Untersuchungen zu Einstellungen von Lehrpersonen gegenüber Inklusion oft keine eindeutige Tendenz festzustellen ist: Die Befürwortung gemeinsamen Unterrichts ist laut internationalen Studien häufig abhängig von der Art der Behinderung und der nötigen fachlichen, sonderpädagogischen Unterstützung (H ORNE / T IMMONS 2009), zuweilen zeigt sich eine deutlich ablehnende Haltung gegen eine vollkommene Inklusion (A VRAMIDIS / N ORWICH 2002). Damit verbunden sind oft mangelnde Qualifizierungen und ein hoher Bedarf an Aus- und Fortbildungen für Lehrpersonen, deren Durchführung und Teilnahme (G ÖTZ et al. 2015) sowie die Konfrontation und der reflektierte Umgang mit Heterogenität im Unterrichtsalltag (W ITTEK 2013) jedoch eine positive, förderliche Einstellung gegenüber Inklusion deutlich begünstigen kann. 2. Inklusion aus fachdidaktischer Perspektive Die Auseinandersetzung der Fachdidaktiken mit Inklusion ist noch sehr jung. 5 Oft stehen diese in Fortführung allgemein-pädagogischer und didaktischer, in der Tendenz (kritisch-)konstruktivistischer Konzeptionen (z.B. R EICH 2014, K ULLMANN et al. 2014), welche - wie oben bereits dargestellt - Inklusion als nötigen, gesamtgesellschaftlichen Prozess sehen und daher veränderte Rahmenbedingungen fordern, in denen Fachunterricht stattfinden sollte. Dabei steht eine Vielzahl fachdidaktischer Prinzipien im Vordergrund, die erfüllt werden müssten: Individualisierung und individuelle Lernziele, Umgang mit Heterogenität, offenere Unterrichtsformen, fortlaufende Evaluierung des Unterrichtsprozesses und Supervision der Lehrkräfte (vgl. A MRHEIN / R EICH 2014: 35-36). A MRHEIN und R EICH sehen aufgrund der vielfältigen Ansätze der unterschiedlichen Fachdidaktiken die Notwendigkeit, dass diese sich einzeln mit der Rolle der Sonderpädagogik in ihren Disziplinen und der damit einhergehenden Öffnung und Weiterentwicklung von (Fach-)Lehrerbildung interdisziplinär auseinandersetzen, zumal „die überwiegende Mehrheit der handelnden Kolleginnen und Kollegen im traditionellen exkludierenden Paradigma der besonderen Lern- und Entwicklungsförderung professionalisiert wurden“ (ebd.: 42). Außerdem: „Inklusiver Unterricht stößt da an Grenzen, wo die Aspekte der Individualisierung und Differenzierung, der integrierten Förderung und der individualisierten Bewertung nicht umgesetzt werden (können)“ (W ERNING 2014). Zentral dürfte also neben der Diskussion von Struktur und Rahmenbedingungen insbesondere in den fachdidaktischen Überlegungen vermehrt die Rolle der Lehrpersonen 5 Im Herausgeberbeitrag von A MRHEIN / D ZIAK -M AHLER (2014) wagen die Autorinnen und Autoren eine konzeptionelle Annäherung von Didaktik und Fachdidaktik an Inklusion und liefern darüber hinaus Überlegungen und (Seminar-)Konzepte aus verschiedenen Fächern (für die Fremdsprachen: K ÜCHLER / R OTERS 2014). Inklusion im Fremdsprachenunterricht 127 44 (2015) • Heft 1 zur Sprache kommen: Sie (und ihre Ausbildung) werden als Schlüsselpositionen in der Umsetzung von Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozessen gesehen, die Inklusion anschieben und ihre Umsetzung ermöglichen können. Die damit verbundenen Anforderungen an Lehrerbildung und die handelnden Personen in den verschiedenen Phasen sind enorm. 6 3. Inklusion aus fremdsprachendidaktischer Perspektive Wie K ÜCHLER und R OTERS (2014) anmerken, sind Inklusion und Heterogenität als Themen in den zuletzt erschienenen fremdsprachendidaktischen Handbüchern nicht vertreten, höchstens indirekt durch Schlagwörter wie Individualisierung oder Differenzierung. Allgemeine Empfehlungen in einschlägigen fremdsprachendidaktischen Zeitschriften sind ebenfalls rar. 7 Wenn auf Einschränkungen beim Lernen eingegangen wird, so geschieht dies häufig „vor dem Hintergrund sprachbezogener Herausforderungen … wie etwa Migrationshintergrund oder Lese-Rechtschreib-Schwäche“ (ebd.: 237 [Hervorhebung im Original]). Als Grund hierfür zeigt T RAUTMANN (2010), dass sich die Fremdsprachenforschung über mehrere Jahrzehnte hinweg primär mit Faktoren des Spracherwerbs und seiner allgemeinen Theoriebildung auseinandergesetzt hat, aber weniger mit individuellen Einflussfaktoren des Lernens und Erwerbens. Erst seit kurzem „wird gewissermaßen bei den individuellen Lernern (Schülern) nach Ursachen für Differenzen gesucht“ (ebd.: 4), da nun auch tendenziell konstruktivistischere Unterrichtskonzepte in fremdsprachendidaktischen Strukturen eingeführt werden. Vernachlässigt wurde und wird weiterhin der Blick auf „Zusammenhänge zwischen sozialen Umwelten von Schülergruppen“ und „Interaktionsprozesse[n] im Unterricht“ (ebd.: 4-5). Die Fremdsprachendidaktik muss möglicherweise ebenfalls Konzepte von Inklusion aus der allgemeinen und Förderschulpädagogik für sich neu bewerten (vgl. A MRHEIN / B ONGARTZ 2014). Dass insbesondere der hohe Stellenwert von individualisiertem Unterricht und Binnendifferenzierung in der fremdsprachendidaktischen Diskussion der vergangenen Jahre einen hohen Stellenwert genießt, wird in diesem Zusammenhang als gute Grundlage gesehen. In den wenigen Publikationen werden häufig die besondere Stellung des Fremdsprachenunterrichts und sein Bildungsbegriff als ein Grund genannt, dass gerade die Auseinandersetzung mit Sprachen in kultureller wie sozialer Hinsicht die Teilhabe behinderter Menschen fördere (z.B. MITTENDRIN E .V. 2011: 104 ff.). Das der Fremdsprachendidaktik ständig implizite und zum Unterrichtsgegenstand gemachte „Fremde“ im (inter-/ trans-)kulturellen und literarischen Kontext kann somit auch im Zusammenhang des gemeinsamen Lernens als Chance umgedeutet werden, denn: „Fremdheit bedeutet damit nicht Gegensatz zum oder Bedrohung des Eigenen, sondern ist Potenzial für dessen Veränderung“ (H ALLET / K ÖNIGS 2013: 15; 6 Beispiele für Ansätze in verschiedenen Phasen beschreibt S CHUPPENER (2014). 7 Hier sei beispielhaft auf Babylonia 3/ 2012 und Praxis Fremdsprachenunterricht 1/ 2012 hingewiesen. 128 David Gerlach 44 (2015) • Heft 1 vgl. ebenso K ÜCHLER / R OTERS 2014). Auch die Literaturdidaktik im Speziellen wird zur Förderung eines motivierenden und produktiven Umgangs mit den Fremdsprachen als lohnenswert angesehen, damit die Lernenden „in ihrer kognitiven und emotionalen Entwicklung und ihrer ästhetischen Bildung angemessen begleitet und gefördert [...] werden“ (A LBERS 2014: 155). Zusätzlich zu den Möglichkeiten interkulturellen und literarischen Lernens führt M ENDEZ (2012) auf der Basis eigener Erfahrungen z.B. eine individualisierte Unterrichtsmethodik, den Einsatz des Nachteilsausgleichs sowie soziales Lernen im Fremdsprachenunterricht auf. Häufig werden darüber hinaus für inklusiven Fremdsprachenunterricht mutmaßlich förderliche Medien (z.B. Bildkarten, größere Tafelanschriften, zusätzliches Fördermaterial), bestimmte Ansätze der Methodik (ritualisierte Stundenabläufe, häufige Methodenwechsel) sowie bestimmte Sozialformen (kooperative Lernformen, Tandemarbeit) genannt (M ENDEZ 2012; K ÜCHLER / R OTERS 2014), diese sind aber tatsächlich selten spezifisch für den Fremdsprachenunterricht, sondern finden sich auch in Empfehlungen anderer Fächer wieder. Eines der Anliegen dieses Beitrags soll daher sein, konkretere Gelingensbedingungen für inklusiven Fremdsprachenunterricht aufzuzeigen, was anhand der im Folgenden darzustellenden Analyse von Experteninterviews geschehen soll. 3.1 Methodische Vorgehensweise der Untersuchung Das Seminar „Inklusion im Fremdsprachenunterricht“, das im Sommersemester 2014 an der Philipps-Universität stattfand, hatte zum Ziel, sowohl eine Einführung in qualitative Forschungsmethoden zu geben als auch Inklusion aus fremdsprachendidaktischer Perspektive zu untersuchen - motiviert durch den oben bereits dargestellten Mangel an Erhebungen und konkreten Empfehlungen. Die Seminarteilnehmer führten Experteninterviews mit Sonder- und Förderpädagogen mit Fremdsprachenlehrerfahrung sowie Fremdsprachenlehrkräften an Regelschulen mit Erfahrung in inklusivem Unterrichten durch. 8 Durch ihre Anlage als Experteninterviews und die damit einhergehende Analyseorientierung am Inhalt wurden die Interviews nach einfachen Regeln (D RESING / P EHL 2013) transkribiert, anonymisiert und in Anlehnung an die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach K UCKARTZ (2014) ausgewertet. Für diesen Beitrag wurde eine Auswahl von 12 Interviews zusammengestellt und separat neu betrachtet, um insbesondere eine komparative Betrachtung empfohlener methodischer Hinweise vornehmen zu können. Die Interviewpartner wurden durch Anfragen bei hessischen (Förder-)Schulen bzw. Behinderteneinrichtungen rekrutiert. Sie teilten sich folgendermaßen auf: 8 Im Zuge des Seminars wurden auch vereinzelt administrativ arbeitendes Personal sowie behinderte Studierende nach ihren Erfahrungen befragt. Die Ergebnisse waren im Einzelnen jedoch hochindividuell und ließen sich aufgrund der geringen Anzahl im Kategorienraster nicht zielführend vergleichen und analysieren, weswegen auf sie hier nicht genauer eingegangen werden soll. Inklusion im Fremdsprachenunterricht 129 44 (2015) • Heft 1 • Fremdsprachenlehrkräfte an Regelschulen mit Inklusionserfahrung: 7 (4 weiblich, 3 männlich) • Sonder-/ Förderlehrkräfte mit fremdsprachenunterrichtlicher Erfahrung: 5 (3 weiblich, 2 männlich) Im Kern folgten die Interviews den folgenden Leitfragen, die ggf. durch Nachfragen vertieft wurden: 1. Was ist für Sie Inklusion? 2. Welche Erfahrungen konnten Sie mit Inklusion in Ihrem Fremdsprachenunterricht machen? 3. Wie gehen Sie im inklusiven Fremdsprachenunterricht vor? 4. Welche Unterstützung bekommen Sie für Ihren inklusiven Fremdsprachenunterricht? 5. Was wünschen Sie sich für Ihren Fremdsprachenunterricht mit inklusiv zu unterrichtenden Lernenden? Die Einstiegsfrage wurde bewusst allgemein gewählt, um eine generelle Einstellung der Befragten zur Thematik zu erhalten. Die weiteren Fragen beschäftigten sich dann konkreter mit dem Untersuchungsziel, drehten sich speziell um den methodischen Zugang (3.), entsprechende Rahmenbedingungen (4.) und sollten mit einer erzählgenerierenden Abschlussfrage (5.) perspektivisch noch vorhandene Schwierigkeiten und damit verbundene Wünsche und Erwartungen evozieren. 3.2 Ergebnisse Im Folgenden werden die Ergebnisse der Interviewanalyse dargestellt. Die gestellten Fragen gaben bereits ein grobes Analyse- und Kategorienraster vor, welches allerdings insbesondere für methodische Aspekte des Unterrichts im Zuge der Analyse deduktiv weiter aufgegliedert wurde. Aufgrund des begrenzten Platzes im Rahmen dieses Beitrags werden die Kernergebnisse jeweils knapp gebündelt für die vier verschiedenen Zielgruppen dargestellt und erst anschließend in der Diskussion kontrastiert, durch weitere Zitate ergänzt und auf die vorliegende Literatur bezogen. 3.2.1 Fremdsprachenlehrkräfte an Regelschulen mit Inklusionserfahrung An Regelschulen arbeitende Fremdsprachenlehrkräfte mit entsprechender Erfahrung im Feld der Inklusion sprechen allgemein positiv vom inklusiven Gedanken, wie er oben bereits beschrieben wurde, wenn alle Schüler, Schülerinnen, Jugendlichen wohnortnah in die Schule gehen und unterrichtet werden, egal welche Einschränkung oder Behinderung (…) und welche Lernvoraussetzungen sie haben (IR4 9 ). 9 Um die Interviewtranskriptionen eindeutig zuzuordnen, wurden sie folgendermaßen codiert: IR1 = 130 David Gerlach 44 (2015) • Heft 1 Ein anderer Interviewpartner (IR2) beschreibt, dass alle Lernenden, die er in seinen Inklusionsklassen an einer integrierten Gesamtschule kennengelernt hat, sehr vom gemeinsamen Unterricht profitiert hätten. Die Befragten sehen aber persönlich auch Schwierigkeiten in der Umsetzung: I: Was bedeutet Inklusion für Sie persönlich? IR7: (schmunzelt) Das ist eine gute Frage! Zuerst einmal bedeutet es für mich Mehrarbeit, würde ich sagen. Nachdem ich mein Referendariat an einer Regelschule, an einem Gymnasium gemacht habe und ich jetzt hier in die inklusive Schule hineingeraten bin, ist es auf jeden Fall deshalb Mehrarbeit, weil Unterricht anders und mehr vorbereitet werden muss. Der mit der Vorbereitung verbundene Mehraufwand findet sich im Kategorienraster für alle Lehrpersonen an Regelschulen wieder. Dabei betont der Großteil, dass der Aufwand abhängig ist von Art und Grad einer Behinderung. Ein Interviewpartner erwähnt ebenfalls, dass er vielfach in inklusiven Unterrichtsformen beobachten konnte, dass nach einer gewissen Eingewöhnungsphase aller Schülerinnen und Schüler insbesondere in sozialer Hinsicht die gegenseitige Akzeptanz schnell und sichtbar zunehme. Unter methodischen Gesichtspunkten lässt sich eine Reihe von Aspekten zusammenfassen, die die Befragten als förderlich im inklusiven Fremdsprachenunterricht ansehen: • starke Ritualisierung des Unterrichts • Nutzung einfacher Sprache • multisensorisches Arbeiten (insbesondere im Zusammenhang mit Wortschatzerwerb) • stärkerer Fokus auf mündliche Sprachproduktion/ Kommunikation Insbesondere der Schwerpunkt auf den letztgenannten Aspekt wird häufiger betont, da dies in der Wahrnehmung der Lehrkräfte effektiver und einfacher zu bewerkstelligen ist als z.B. Textproduktion. In bestimmten Bereichen, z.B. Grammatikvermittlung und Leistungsbewertung, aber auch in inhaltlich geprägten Bereichen wie Landeskunde, wird stark differenziert: IR4: Dann kann man, wenn das Thema was-weiß-ich ist, London, oder das Thema ist Kanada, dann würde dieses Kind versuchen, mit seinem sprachlichen Fremdsprachenausdruck das Land zu beschreiben oder auch über Liedtexte, über irgendwelche Materialien zu arbeiten, während andere darüber ein Referat halten. IR1: Wir differenzieren die Arbeiten komplett. Das heißt (...) die bekommen auf ihren Lernstand hin zugeschnittene Arbeiten. Die orientieren sich thematisch immer an dem, was wir in der Klasse insgesamt machen und haben dann aber beispielsweise aus Förderschulmaterialien zusammengestellt. Genauso wie (...) das hab ich jetzt für mich im Englischunterricht entdeckt, ich relativ viel auch mit denen in Freiarbeit mache, einfach um diese unterschiedlichen Niveaus auch irgendwo aufzufangen. Interviewpartner an Regelschule Nr. 1, IF1 = Förder-/ Sonderpädagogen. Aus Gründen der Lesbarkeit werden die Interviewstellen vom Fließtext separiert dargestellt, auf Zeilenangaben wird verzichtet. Inklusion im Fremdsprachenunterricht 131 44 (2015) • Heft 1 Eine andere Interviewpartnerin beschreibt, dass es kaum mehr Schwierigkeiten im Unterrichtsablauf gibt, wenn eine zweite Lehrkraft sich ebenfalls im Klassenraum befindet. Die Ergebnisse der Fragen nach gewährter Unterstützung sowie Wünschen lassen sich daher für die Regelschullehrer insofern zusammenfassen, als personelle Unterstützung im laufenden Unterricht gewünscht, aber bislang selten ermöglicht wurde. Dabei werden jedoch nur von einer Lehrkraft explizit sonderpädagogische Fachkräfte zur Unterstützung genannt, die anderen wünschen sich vor allem eine veränderte Ausbildung und bessere Fortbildungen sowie mehr geeignetes Fördermaterial. Technische Hilfsmittel für bestimmte Behinderungen würden meist ohnehin durch Krankenkassen der Betroffenen gestellt, daher sehen die Befragten dies eher selten als Einschränkung. 3.2.2 Sonder-/ Förderlehrkräfte mit fremdsprachenunterrichtlicher Erfahrung Ähnlich wie bei der vorgenannten Gruppe ist das Verständnis von Inklusion auch bei Sonder- und Förderlehrkräften in der Tendenz idealistisch, wenn es auch negative Einzelbeispiele gibt: IF2: … ich hab bisher noch nicht gelungene Inklusion gesehen und so, was bei uns im Kollegium so gesprochen wird, wie die sogenannten inklusiven Klassen laufen, das überzeugt mich bisher noch nicht so richtig. Generell wird die konkrete Umsetzung von Inklusion in dieser Zielgruppe eher kritisch gesehen. Die Förderschullehrkräfte arbeiten meist in deutlich kleineren Klassen im Vergleich zu Regelschullehrkräften und sind dort meist auch auf bestimmte Förderschwerpunkte explizit innerhalb einer Lerngruppe festgelegt. Obwohl IF2 das vorliegende Lehrwerk, angepasst an Förderschulen (Klick! Englisch, Cornelsen), positiv beschreibt, betont sie - wie andere Interviewpartner -, dass der Fokus weniger auf Schreibkompetenz liege, sondern deutlich stärker auf Hörverstehen sowie mündliche Sprachproduktion. Darüber hinaus arbeiten die Förderlehrkräfte verstärkt mit Bildern und Bildkarten, um Wortschatz zu trainieren, weniger inhaltsorientiert, dafür mehr spielerisch, in der kleinen Lerngruppe aber eher frontal und präsentierend. Differenzierung wird ebenso stark betont - ein Beispiel: IF1: Also ich muss quasi jedes Kind mir anschauen und schauen, was ist möglich zu erfassen und was ist möglich an Unterrichtsstruktur, an Hilfestellung dazuzugeben, dass das Kind sich möglichst gut orientieren kann im Lernangebot und dann möglichst das auch nutzen kann. Insbesondere bezogen auf geistig behinderte Lernende betont IF1, dass diese lernzieldifferent nur an ihrem eigenen Fortschritt und nicht an der Klassennorm bewertet werden sollten. Ferner hat der stützende Einsatz der Muttersprache für viele Förderlehrkräfte eine große Bedeutung. Eine junge Förderlehrkraft beschreibt dahingehend ihren Anfangsschwierigkeiten, formuliert aber direkt auch Lösungsmöglichkeiten für ihre eventuelle Überforderung durch rein fremdsprachige Anteile im Englischunterricht mit Förderschwerpunkt: IF3: Also ich habe angefangen und habe nur Englisch gesprochen, dann habe ich gemerkt, OK, das ist echt schwierig oder da müsste ich mich vielleicht noch mehr vorher strukturieren, 132 David Gerlach 44 (2015) • Heft 1 damit ich genau mir überlege, welche Sätze ich wann wie sage und wann ich da noch visuelle Unterstützung nutze. Also ich spreche schon auch ab und zu mal Deutsch oder lasse noch mal auf Deutsch wiederholen. Die Förderlehrkräfte sehen in der technischen, baulichen und personellen Ausstattung von Regelschulen weiterhin das größte Hindernis für Inklusion. Die meisten von ihnen wären dafür aufgeschlossen, ihre Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, wenn beispielsweise Team-Teaching-Settings ermöglicht würden. An den Stellen, an denen dies schon geschieht, sind die sonderpädagogisch qualifizierten Lehrkräfte jedoch selten nur an einer Schule eingesetzt, sondern wechseln oft im Laufe eines Tages mehrfach den Einsatzort. 3.3 Diskussion Beim direkten Vergleich der Einstellungen zu Inklusion beider Zielgruppen zeigt sich, dass Förderlehrkräfte den Inklusionsbegriff etwas negativer bewerten, zumindest der Umsetzung skeptischer gegenüberstehen. Das mag überraschen, da oft den Regelschullehrkräften eine negative Wahrnehmung von Inklusion zugeschrieben wird (s.o.), weil sie sich von den damit verbundenen Ansprüchen überfordert fühlen. Möglicherweise besteht die Diskrepanz in der hier betrachteten, kleinen Zielgruppe darin, dass die befragten Förderpädagogen sich selbst als hochkompetent einschätzen und daher in der Tendenz der Umsetzung sonderpädagogischer Maßnahmen im Regelschulbetrieb eher skeptisch gegenüberstehen. Dass allerdings Kinder mit bestimmten Behinderungen an der Förderschule in jedem Fall besser aufgehoben wären (A HRBECK 2014), wird von keiner Förderschullehrkraft benannt. Bezogen auf förderliche Rahmenbedingungen eines inklusiven Fremdsprachenunterrichts nennen Regelschullehrkräfte selten schulische, bauliche Bedingungen oder technische Voraussetzungen, die geschaffen werden müssten, obwohl dies in der Literatur (z.B. M ENDEZ 2012) durchaus betont wird. Auch auf unterrichtsmethodischer Ebene wird die Notwendigkeit einer starken Ritualisierung nur von den Fremdsprachenlehrkräften an Regelschulen genannt, möglicherweise da der Förderunterricht an Sonderschulen ohnehin stark phasiert und ritualisiert abläuft und mit vielen Methodenwechseln einhergeht. Der Einsatz der Muttersprache hingegen kommt stärker bei den Förderlehrkräften zur Sprache als bei der anderen Zielgruppe. Darüber hinaus ähneln sich jedoch die meisten unterrichtspraktischen Empfehlungen, wie z.B. der stärkere Fokus auf Sprachproduktion bei Vernachlässigung der Schriftsprache sowie eine möglichst multisensorische Herangehensweise mit Hörübungen, Bildkarten und spielerischen Ansätzen. Die lernzieldifferente Betrachtung und Bewertung der in einem inklusiven Unterricht von verschiedenen Lernenden erbrachten Leistungen ohne curriculare Zwänge sollte darüber hinaus selbstverständlich werden und könnte durch offenere Unterrichtsformen bewerkstelligt werden. Interessanterweise begründen die Regelschullehrkräfte den schwächeren Fokus auf Schriftsprache und individuelle Textproduktion meist eher mit der Behinderung und einer vergleichsweise höheren Effizienz von Sprechförderung. Förderlehrkräfte hinge- Inklusion im Fremdsprachenunterricht 133 44 (2015) • Heft 1 gen führen diese Verschiebung nicht zuletzt auf bereits schwache schriftsprachliche Kompetenzen in der Muttersprache Deutsch zurück, die viele behinderte Kinder ebenfalls nur unzureichend beherrschten: IF3: Hm .. also ich finde es ist schon so ein bisschen eine Schwierigkeit, dass halt manche Jugendliche Deutsch nicht so gut sprechen. Also jetzt nicht mal unbedingt, ich hab gar nicht so viele Leute, die nicht Muttersprachler sind, sondern die einfach auf Deutsch keinen geraden Satz schreiben können oder stark Dialekt sprechen oder so. Und dann denke ich manchmal schon, wäre es für die jetzt nicht noch wichtiger noch mehr Deutsch zu machen einfach? Jedoch sieht IF3, wie es im Anschluss formuliert wird, die Chance, sich im Englischunterricht in einer anderen Sprache auszudrücken, als eine Art Kompensationsstrategie zu schwachen Kompetenzen in der Muttersprache. Bezogen auf Wünsche oder Veränderungen, die mit dem Ziel eines inklusiven Fremdsprachenunterrichts einhergehen sollten, wird von nur einer Förderlehrkraft - im Gegensatz dazu von vielen Fremdsprachenlehrkräften an Regelschulen - der Bedarf an Fortbildungen und einer auf Inklusion ausgerichteten Lehrerbildung explizit angesprochen. Dies kann zum einen darauf zurückgeführt werden, dass sich letztere aufgrund ihrer spezifischeren Ausbildung eine gewisse Daseinsberechtigung zugesichert wissen möchten, zum anderen sehen sie sich dadurch im Umgang mit anderen Fremdsprachenlehrern zu kompetenten Ansprechpartnern für inklusiven Unterricht und kooperatives Unterrichten. Interessanterweise sagt eine nun an einer integrierten Gesamtschule tätige, aber als Sonderpädagogin ausgebildete Referendarin: IR3: Auf Inklusion an sich würde ich noch nicht mal sagen, dass ich jetzt in der zweiten Ausbildungsphase speziell darauf vorbereitet werde, weil das einfach so viele unterschiedliche Modelle gibt, in denen Inklusion (...), oder im Moment ist es ja eigentlich noch Integration, versucht wird umzusetzen. R OHDE (2014) legt besonderen Wert auf linguistisches Wissen im Studium, speziell zum Spracherwerb, als hochschuldidaktische Voraussetzung, um dieses Wissen später in Interaktionsprozessen mit unterschiedlichen Lernenden nutzbar machen zu können. Er räumt allerdings auch ein, dass „[die] praktische Umsetzung von inklusivem Unterricht vor allem in Bezug auf die erforderlichen Betreuungspersonen […] dabei noch gar nicht thematisiert worden [ist]“ (ebd.: 20-21). A MRHEIN und B ONGARTZ (2014) merken zudem an: In diese Paradoxie geraten momentan besonders die Lehrkräfte der Sekundarstufe und hier insbesondere die Kollegen der Gymnasien. Sie sehen sich dem Anspruch ausgeliefert, sich der inklusiven Idee zu öffnen, obwohl die ihrem System immanente Logik (Förderung und Auslese) diesem Anspruch diametral entgegensteht und sie zwingt, diese Antinomie permanent auf der eigenen Handlungsebene auszugleichen (ebd.: 36). K ÜCHLER / R OTERS (2014) warnen darüber hinaus davor, dass die allgemeine Fremdsprachenlehrerbildung durch weitere Konzepte und Ansprüche „eher als ‚Mehrfachbelastung‘ empfunden [...] und dadurch eine defensive Haltung gegenüber einem individualisierten und inklusiven Unterricht begünstigt wird“ (ebd.: 245) - ein Aspekt, der sich ebenfalls durch die wiederholt in den Interviews angeklungene Belastung zeigt. 134 David Gerlach 44 (2015) • Heft 1 Auch in den Diskussionen mit den Studierenden im Seminar zeigte sich oft Besorgnis aufgrund der meist mit hohen Ansprüchen verbundenen Grundlagenliteratur zu Inklusion. Mehrfach formulierten sie daher, dass sie sich für solche Aufgaben nicht ausgebildet sähen. Es gibt aber auch neutralere Positionen: IF1: Also für mich ist der Unterricht in der Fremdsprache eigentlich nicht viel anders als der Unterricht in einem anderen Fach. Da für die Lehrerin die Förderung in allen Fächern im Fokus steht, stellt sie mit ihrer Aussage die inhaltliche Arbeit in den verschiedenen Förderschulfächern auf eine Ebene. Ähnlich formuliert es eine Kollegin an einer Regelschule: IR1: Bei uns, also wenn wir entsprechend zusammen unterrichten können oder Unterstützung durch z.B. einen Sonderschullehrer hätten bei schweren Fällen, unterscheidet sich, denke ich, also im Anfangsbereich, der Englischunterricht nicht grundlegend vom Unterricht ohne Behinderte. Heterogenität wird von IR1 damit auf methodisch-didaktischer Ebene neben der personellen Unterstützung vermutlich überwiegend mit Methoden des Anfangsunterrichts (z.B. Bildkarten, Sprachspiele etc.) begegnet. Beide Lehrende hinterfragen allerdings mit ihren Aussagen auch, ob Inklusion im Fremdsprachenunterricht überhaupt etwas anderes bedeuten muss als beispielsweise Inklusion in naturwissenschaftlichen Fächern. Sollten nicht möglicherweise übergeordnete didaktische Prinzipien (eine „inklusive Didaktik“) der Maßstab sein? Oder bieten die Fachdidaktiken bereits Ansatzpunkte und Schnittstellen, um zumindest auf didaktisch-methodischer Ebene des einzelnen Fachs Inklusion umsetzen zu können, ohne das sprichwörtliche Rad neu erfinden zu müssen? 4. Fazit und Ausblick IR5: Also spätestens bei Inklusion ist man gezwungen, den einzelnen Menschen zu sehen. Durch diese Aussage formuliert die Interviewpartnerin, was unter dem Schlagwort Individualisierung schon lange gefordert wird. Auch K ÜCHLER und R OTERS (2014) sehen „inklusive[n] Fremdsprachenunterricht [als] die Weiterführung und Intensivierung bisher schon praktizierter didaktischer Komponenten“ (ebd.: 244). Dennoch zeigen die Ergebnisse der Befragungen, dass genau diese Intensivierung - zumal unter einem neuen „Etikett“ - große Sorgen und auf praktischer Ebene Umsetzungsschwierigkeiten bereitet. Möglicherweise muss den Lehrpersonen die konsequente Weiterentwicklung bereits dem Fremdsprachenunterricht immanenter Prinzipien stärker verdeutlicht werden, um Sorgen hinsichtlich der unterrichtspraktischen Umsetzung ein Stück weit zu zerstreuen. Jedoch: Dies darf Schulen und Kultusministerien nicht davor schützen, entsprechendes sonderpädagogisches Personal in Regelschulen gezielt einzusetzen sowie entsprechende Fortbildungen und Zusatzangebote in allen Phasen der Lehrerbildung zu integrieren. Inklusion im Fremdsprachenunterricht 135 44 (2015) • Heft 1 Da die im Rahmen dieser Studie durchgeführte Interviewanalyse einen eher allgemeinen Blick auf Fremdsprachenunterricht und seine nötigen Veränderungen im Zuge von Inklusion thematisieren konnte, bleiben und ergeben sich gleichzeitig neue Forschungsdesiderate und -fragen. Unter anderem: Wie kann Individualisierung und Lernen in heterogenen Gruppen insbesondere in den Sekundarstufen vereinbar werden? Welches Wissen benötigen Lehrerinnen und Lehrer, um diesen Ansprüchen in der Praxis gerecht zu werden? Gibt es fremdsprachenunterrichtspezifische Ansätze, die inklusiven Fremdsprachenunterricht maßgeblich unterstützen können? Welche Rolle spielen die Sonderpädagogik und ihr Personal im inklusiven Fremdsprachenunterricht und wie lässt dieses sich einsetzen? Welche subjektiven Theorien bestimmen das Lehrerhandeln im Fremdsprachenunterricht im Zuge steigender Heterogenität? Und letztlich ist immer noch nicht befriedigend geklärt, wie bezogen auf unterschiedliche Lernvoraussetzungen (oder ihre Einschränkungen) insbesondere auch in kooperativen und/ oder freieren Lehr- und Lernformen Unterricht erfolgreich stattfinden kann. Dass der individuelle Lehr- und Lernerfolg stark von Art und Grad der Behinderung abhängig bleibt, ändert nichts an der Tatsache, dass das Ziel von Inklusion in seinem breiten Verständnis als Ermöglichung von Bildungsgerechtigkeit grundsätzlich positiv zu bewerten ist, das unter gesellschaftlich-sozialen Gesichtspunkten ehrenwert ist. Allerdings müssen die Weichen für Fremdheitserfahrungen, Akzeptanz und Individualisierung im Bildungssystem viel früher gestellt werden. Gleichzeitig sind die damit verbundenen Ansprüche in höheren Schulformen und auch Universitäten konsequent weiterzuführen und reflexiv zu diskutieren (B UDDE / H UMMRICH 2013). Möglicherweise muss man sich immer wieder darüber bewusst werden, dass der „inklusive Gedanke“, der erst seit wenigen Jahren in Deutschland diskutiert wird, noch stärker in der Gesellschaft ankommen muss. Die Inklusion steckt derzeit in den Kinderschuhen, aus denen sie herauswachsen muss, man kann sie aber auch nicht zwingen, „schnell erwachsen zu werden“. 10 Schule und Bildung generell, möglicherweise aber in besonderem Maße der Fremdsprachenunterricht durch seine Inhalte und Anlage, spielen hierbei eine maßgebliche Rolle. Nur: Die Rahmenbedingungen durch eine breite, inklusiv ausgerichtete Lehrerbildung sowie kompetente Unterstützung in den Schulen müssen erst noch langfristig sichergestellt werden und sich etablieren. Die Diskussionen um die Rolle der Schulen mit besonderen Förderschwerpunkten werden indes fortgeführt werden. Inwiefern jede einzelne Fachdidaktik tatsächlich einen eigenen Diskurs um Inklusion führen sollte, müssen die einzelnen Fächer wohl selbst entscheiden. Die Fremdsprachendidaktik jedenfalls scheint bereits ein gutes Repertoire an Konzepten vorliegen zu haben, die jedoch in Forschung sowie inklusiver Praxis und Unterrichtsrealität weiterentwickelt und überprüft werden müssen. Die Grundlagen für einen förderlichen, weil: individualisierenden und differenzierenden, inklusiven Fremdsprachenunterricht sind in vielerlei Hinsicht bereits vorhanden. 11 10 Siehe beispielhaft die in Finnland erst nach Jahrzehnten wirksam gewordenen Reformen eines inklusiven Schulsystems (S AHLBERG 2011). 11 Mein Dank gilt den Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmern für anregende, kritische Diskussionen und 136 David Gerlach 44 (2015) • Heft 1 Literatur A HRBECK , Bernd (2014): Inklusion - eine Kritik. Stuttgart: Kohlhammer. A LBERS , Carsten (2014): „Englisch an der Förderschule: Literaturdidaktische Perspektive“. In: B ARTOSCH / R OHDE (Hrsg.), 147-156. 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Trier: WVT Wissenschaftlicher Verlag 2014, 192 Seiten [24,50 Euro] Von manchen als Modewort (oder gar als Neuetikettierung von „Integration“) verschrien, politisch gewollt und gesamtgesellschaftlich gewiss sinnvoll, jedoch in seiner Umsetzung an vielen Stellen sicherlich mangelhaft (dessen Gründe dann wieder auf politischer Ebene zu suchen sind): Inklusion, die Umsetzung gesellschaftlicher Teilhabe behinderter Menschen, insbesondere auch die Ermöglichung von Bildungsgerechtigkeit für beeinträchtige Schülerinnen und Schüler, bewegt seit einigen Jahren sowohl die Pädagogik als auch die öffentliche Debatte. Während sich eine Vielzahl von Publikationen im allgemein-pädagogischen und -didaktischen Kontext sowohl theoretisch wie zunehmend auch praktisch mit der Umsetzung von Inklusion auseinandersetzen, mangelt es bislang insbesondere in den Fachdidaktiken an Konzepten und Modellen, an denen sich die Lehrer(innen)bildung außerhalb der Sonder- und Förderschulpädagogik orientieren könnte. Umso erfreulicher ist nun speziell für die Englischdidaktik der Sammelband von Roman B ARTOSCH und Andreas R OHDE , die zu einer interdisziplinären Vorlesungsreihe an der Uni Köln im Sommersemester 2013 geladen hatten, um - wie sie in ihrem Vorwort darstellen - eine Brücke zwischen förderpädagogischen Ansätzen und der Englischdidaktik zu schlagen. Andreas R OHDE umreißt im ersten Beitrag entsprechend die Rollen, die Hochschullehre, Spracherwerbsforschung und Didaktik einnehmen müssen, um auch Elemente der Förderpädagogik in die Fremdsprachenlehrerbildung zu integrieren. Er plädiert dabei dafür, dass auch im inklusiven Unterricht mit der Unterstützung von Sonderpädagoginnen/ -en derselbe Bildungsbegriff mit denselben angestrebten Kompetenzen gelten müsse wie im regulären Unterricht. Bettina A MRHEIN und Christiane M. B ONGARTZ führen diesen Gedanken weiter und sehen „Chancen für die Lehrer(innen)bildung“ insofern, als der inklusive Gedanke - wenn er denn früh genug im Studium angesprochen und gefördert wird - in Kombination mit dem Konzept der Mehrsprachigkeit zu einer kompetenteren Lehrerpersönlichkeit sowie einem hohen Maß an Lehrkompetenz führen kann, was wiederum positive Auswirkungen auf den Lerneffekt im inklusiven Fremdsprachenunterricht hätte. Die weiteren Beiträge beschäftigen sich konkreter mit methodischen Aspekten bzw. spezifischen Schwierigkeiten: Indem sie verschiedene Formate aufgabenbasierten Lernens vorstellt, zeigt Ulla S CHÄFER , wie Englischunterricht auch für lernschwache Schülerinnen und Schüler motivierend (weil: bedeutsam) werden kann und betont in dem Zusammenhang, dass gerade junge und lernschwache Schülerinnen und Schüler besonders sprachkompetenter Lehrkräfte bedürfen. Andreas M AYER , Claudia J AEHNER und Kim S CHICK stellen dar, exemplifiziert anhand einer eigenen Studie, welche Prinzipien auch auf Basis der einschlägigen Forschung bei der Wortschatzarbeit mit schwachen Lernenden gelten sollten. Dazu gehören „das Prinzip des hochfrequenten Inputs für einen bestimmten Zielwortschatz“ (S.74), das „Training des automatisierten Abrufs“ (ebd.) sowie die „[p]honologische Elaboration“ (S. 75), die eine differenzierte Speicherung eines Wortes mit seiner Laut- und Silbenstruktur zum Ziel hat. Drei Beiträge gehen speziell auf Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigungen ein. Amelie H AUSEN betont die Wichtigkeit des Englischlernens auch für Hörgeschädigte, kritisiert aber den noch bestehenden Mangel an geeignetem und evaluiertem Unterrichtsmaterial. Insbesondere zur Förderung interkulturellen Lernens und um den Austausch Gehörloser mit Gehörlosen anderer Länder (mit anderen Gebärdensprachsystemen) zu fördern, fordert Anne S TOPPOK eine Anpas- Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 139 44 (2015) • Heft 1 sung von Sprachenzertifikaten und des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens, um darauf basierend eine länderübergreifende Vergleichbarkeit von Anforderungen und Kompetenzen für Gebärdensprache zu schaffen. Jens H EßMANN stellt den Online-Sprachkurs „Sign2Go“ vor, mit dem britische Gebärdensprache gelernt werden kann. Interessanterweise kann dies als methodische Mischform eines Immersions- und eines bilingualen Ansatzes gewertet werden, bei der die britische Gebärdensprache immersiv anhand von Videosequenzen trainiert und über eine deutsche Gebärdensprache gemittelt wird. Im letzten Teil des Sammelbandes wird insbesondere die Literaturdidaktik als Chance gesehen, um Englisch als Fremdsprache inklusiv und motivierend zu fördern, wie Carsten A LBERS mit seinem „Weg zu einem erweiterten Literaturbegriff“ (S. 147) betont. Er stellt die Bedeutung des spielerischen Umgangs mit Sprache durch Reime, Lieder und Geschichten heraus, wünscht sich aber auch mehr Material für die Gestaltung inklusiven Englischunterrichts und regt eine Vernetzung der Englischförderpädagogen an, um dieses Material auszutauschen. Etwas gegen die mit der Literaturdidaktik eingeschlagene Richtung des Bandes - aber auch die Bedeutung der Sprache als solche (und Englisch als lingua franca) betonend - diskutiert Andreas K ÖPFER „Kernkategorien einer inklusiven Englischdidaktik“: Er sieht den Englischunterricht als solchen bereits mit seinen „Prinzipien ‚Differenzierung‘, ‚Kooperation‘ und ‚Gemeinsamer Gegenstand‘“ (S. 163) als geeignet an, um inklusives Denken bei den Lernenden wecken zu können. Dann wieder literaturdidaktisch geprägt argumentiert Göran N IERAGDEN , der lebensweltnahe, literarische Kurzformen mitsamt Lernzielen und möglichen methodischen Herangehensweisen aufzeigt. Den Abschluss des literaturdidaktischen Teils und des Bandes insgesamt bildet ein Interview aus der Vorlesungsreihe zwischen Sascha R UF und Roman B ARTOSCH , in dem die Storyline-Methode vorgestellt und hinsichtlich der Frage diskutiert wird, welche Rolle Literaturtheorie in der Hochschule spielt, wenn - insbesondere auch im Kontext von Lernschwierigkeiten - solche Methoden primär im Wesentlichen Textverstehen üben und evozieren sollen. Zusammenfassend stellt der Sammelband viele bedeutsame Aspekte und Kriterien dar, die eine inklusive Englischdidaktik erfüllen sollten. Insbesondere die eher allgemeinen Beiträge (R OHDE , A MRHEIN / B ONGARTZ , K ÖPFER ) bilden dabei eine gute (Diskussions-)Grundlage für die Umsetzung in der Fremdsprachenlehrer(innen)bildung aller Phasen und aller Schulformen. Jedoch müssen diese Konzepte auch an den Hochschulen, Studienseminaren und in den Schulen rezipiert, auf- und angenommen, mit Inhalten, Methodik und Praxis gefüllt und erprobt werden. Dass insbesondere die Literaturdidaktik sowie die Gehörlosenpädagogik ein besonderes Gewicht in diesem Werk erhalten, liegt am gewählten Schwerpunkt (Förderschwerpunkt Sprache und Lernen/ Hören und Kommunikation) und der Auswahl seiner Expertinnen und Experten, mindert dabei aber nicht die Qualität der einzelnen Beiträge oder des Sammelbandes insgesamt. Es wäre jedoch wünschenswert gewesen, wenn auch andere Beeinträchtigungen z.B. auf sozialemotionaler oder geistiger Ebene und entsprechende Vorschläge oder Konzepte zum förderlichen Umgang mit ihnen stärkeren Eingang in den Band gefunden hätten, möglicherweise auch unter Berücksichtigung der nicht-beeinträchtigten Schülerinnen und Schüler im inklusiven Fremdsprachenunterricht. So bleiben einige Fragen - wie auch in anderen Publikationen zum Thema Inklusion - zur praktikablen Umsetzung offen, die noch diskutiert und weiter erforscht werden müssen. Überaus begrüßenswert ist dennoch, dass die Herausgeber und Autoren des Bandes es gewagt haben, ihre Disziplinen aus englisch-fachdidaktischer bzw. sonderpädagogischer Perspektive neu zu denken und zu erweitern. Marburg David G ERLACH 140 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 44 (2015) • Heft 1 Annette B ERNDT (Hrsg.) (2013): Fremdsprachen in der Perspektive lebenslangen Lernens. Frankfurt/ M. [etc.]: Lang, 231 Seiten [44.95 €] Der 231-seitige Sammelband ist der erste einer neuen Buchreihe zum Thema Fremdsprachen lebenslang lernen, die ebenfalls von Annette B ERNDT , Professorin für Deutsch als Fremdsprache an der Technischen Universität Dresden, herausgegeben wird. Das Buch ist Torsten S CHLAK gewidmet, der im Frühjahr 2012 unerwartet verstarb. Torsten S CHLAK war nach vielfältigen wissenschaftlichen Aktivitäten im In- und Ausland zuletzt an der Technischen Universität Berlin als Universitätsprofessor am Institut für Sprache und Kommunikation und als Wissenschaftlicher Leiter der Zentraleinrichtung Moderne Sprachen tätig. Sein umfangreiches wissenschaftliches Oeuvre umspannt ein breites Themenfeld, das u.a. von den Lernerfaktoren Alter, Motivation und Sprachlerneignung über Fragen der Grammatikvermittlung und der Fehlerkorrektur bis zum autonomen Sprachenlernen und zu digitalen Medien im Fremdsprachenunterricht reicht. Um die empirischen Forschungsleistungen und die wissenschaftliche Innovationskraft des verstorbenen Kollegen zu ehren, bereichern die Autor/ innen dieses Sammelbands die von Torsten S CHLAK bearbeiteten Themenfelder Alter, Motivation und Autonomie mit theoretischen und empirischen Arbeiten sowie auch Praxisberichten. Der gemeinsam mit Torsten S CHLAK begonnene und von Rüdiger G ROTJAHN abgeschlossene Eröffnungsbeitrag bietet einen aktuellen, äußerst differenzierten und in seinen Zwischenfazits lobenswert klaren Forschungsüberblick zum Zusammenhang von Alter und Fremdsprachenlernen. Er stellt das Konstrukt einer biologisch basierten kritischen Phase unter Einbezug vielfältiger Faktoren und methodologischer Aspekte der diskutierten Befunde umsichtig in Frage. Die hier angesprochenen Fragen werden in dem empirischen Beitrag von David S INGLETON und Romana K OPEČKOVÁ zu einer kritischen Phase beim L2-Phonologie-Erwerb polnischer Englischlernender in Irland und in dem Überblicksartikel von Karin A GUADO zu sensiblen Phasen bezüglich des Erwerbs von L2-Chunks vertieft; beide Artikel gelangen ebenfalls zu einer skeptischen Einschätzung der Hypothese der kritischen Phase. Auch Stefanie H ABERZETTL , Christine D IMROTH , Nadja W ULFF und Christine C ZINGLAR betonen in ihrer syntaxorientierten L2-Erwerbsstudie mit Grundschulkindern, dass „[d]ie Schule [...] sich nicht mit einem Hinweis auf die kritische Phase des Spracherwerbs aus der Verantwortung entlassen [kann]“ (S. 158) - denn der Mehrzahl der von ihnen untersuchten Kinder im Grundschulalter gelang der Erwerb der deutschen Satzstruktur im Vergleich zum einfachen und doppelten Erstsprachenerwerb sowie auch zum sehr frühen Zweitsprachenerwerb „wie im Zeitraffer“ (S. 158). Eine weitere empirische Untersuchung von Gemma A RTIEDA und Carmen M UÑOZ zur Bedeutung von Alter und Literalität für das Englischlernen spanischer Erwachsener ergänzt diesen Themenbereich; allerdings können die der statistisch ausgewerteten Studie zugrundeliegenden Operationalisierungen von Literalität in Form von Cloze-Tests und Diktaten sowie von Lernerfolg in Form von Schulnoten nicht voll überzeugen, sodass der Hinweis der Autor/ innen auf die Bedeutung des Faktors Literalität m.E. mit Vorsicht zu rezipieren ist. Einen zweiten Schwerpunkt des Sammelbands bildet das Thema Sprachlernmotivation unter der Perspektive lebenslangen Lernens. Stephen R YAN und Zoltán D ÖRNYEI gehen in ihren Ausführungen zum L2 Self der Bedeutung von Selbstentwürfen für das Sprachenlernen nach, wobei sie „language learning motivation as a form of self-development or self-realisation“ (S. 92) konzipieren und den langfristigen Charakter der Entwicklung des L2 Self hervorheben. Sie deuten, wie auch Annette B ERNDT in ihrem Beitrag zum lebenslangen Sprachenlernen, das Erklärungspotential eines Zugangs über die Theorie dynamischer Systeme an. In einem vorrangig theoretischen Beitrag erörtert Andrea M ENTEL -W INTER das Konstrukt des (Fähigkeits-) Selbstkonzepts und beklagt u.a. dass „Förderprogramme zur Steigerung des Fähigkeitsselbstkonzepts und Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 141 44 (2015) • Heft 1 gezielte motivationsfördernde Trainings [...] an Bildungseinrichtungen für erwachsene DaZ-Lernende nicht bekannt“ sind (S. 187). Sie betont die auch von Stephen R YAN und Zoltán D ÖRNYEI akzentuierten Vorstellungen von möglichen und idealen L2-Konzepten u.a. im Zusammenhang mit dem (leider oft sehr begrenzten) Mitbestimmungsrecht von Integrationskursteilnehmenden. Der dritte Themenschwerpunkt der Autonomie unter der Perspektive lebenslangen Lernens wird von Michael M C G ARRY und Barbara S CHMENK kritisch dahingehend beleuchtet, dass der Autonomiebegriff in einem neoliberalen Kontext zur Verschleierung der Tatsache genutzt wird, dass Sprachlernende Ziele verfolgen (sollen), die ihnen Institutionen von außen vorgeben, und dass Autonomie somit zu Gehorsam oder Komplizenschaft (S. 68) reduziert werde. In Anlehnung an O LSSON (2006) 1 problematisieren sie vor allem folgenden Aspekt des Diskurses um das lebenslange Lernen: „using education as a mechanism of socializing subjects to become successful entrepreneurs of their autonomy who learn predominantly as a means of preparation for engagement in the marketplace of human capital“ (S. 69). Im Gegensatz zu dieser kritischen Annäherung an den Diskurs um das lebenslange Lernen erkennt Günther S CHNEIDER im Sprachenportfolio als Evaluationsinstrument und Lernbegleiter lebenslangen Lernens durchaus das Potential, selbstbestimmtes, reflexives Lernen zu fördern, und arbeitet unter dieser Perspektive insbesondere die altersspezifischen Schwerpunkte verschiedener Umsetzungen des europäischen Sprachenportfolios heraus. Als Forschungsdesiderate benennt er mit Blick auf das lebenslange Lernen vor allem die Einstellungen von Sprachenlernenden beim Übergang von einem ersten zu einem zweiten oder dritten Sprachenportfolio sowie auch die longitudinal zu erforschende Wirkung der Portfolioarbeit auf die kommunikative Kompetenz und die Sprachlern- und Sprachbeurteilungskompetenz (S. 116). Ein vierter Themenschwerpunkt liegt beim Sprachenlernen von Senioren. Diesbezüglich zeigt Robert S OBOTTA auf, dass das marktwirtschaftlich ausgerichtete Konzept des Goethe-Instituts Dresden bezüglich spezifisch auf ältere Menschen zugeschnittener Deutschkurse nicht aufging. Aufschlussreicher erscheint der Verfasserin dieser Rezension das als „Plädoyer für betreutes Sprachenlernen“ überschriebene Essay von Albert R AASCH , das nach einer Ausdifferenzierung der Zielgruppe Spezifika des Sprachunterrichts mit Senioren genauer bestimmt. Darüber hinaus werden in diesem Sammelband auch weitere Aspekte des lebenslangen Lernens angesprochen wie die Mehrsprachigkeit (Franz-Joseph M EIßNER ) und die (interkulturelle) Erwachsenenbildung (Ekkehard N UISSL und Bettina T HÖNE -G EYER ). Der sorgfältig editierte Sammelband ordnet die Beiträge in einer m.E. nicht an allen Stellen nachvollziehbaren Reihenfolge. Das Gesamt-Ensemble ergibt jedoch ein differenziertes Bild auf das Fremdsprachenlernen in der Perspektive lebenslangen Lernens, wobei nach der anregenden Lesereise durch die diversen Forschungsgebiete eine Zusammenführung der in Theorie, Empirie und Praxisberichten angesprochenen unterschiedlichen Ansätze und Konstrukte wünschenswert erscheint. Wien K AREN S CHRAMM 1 Mark O LSSON : „Understanding the mechanisms of neoliberal control: Lifelong learning, flexibility and knowledge capitalism“. In: International Journal of Lifelong Education 25.3 (2006), 213-230. 142 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 44 (2015) • Heft 1 Julia S ETTINIERI , Sevilen D EMIRKAYA , Alexis F ELDMEIER , Nazan G ÜLTEKIN -K ARAKOÇ , Claudia R IEMER (Hrsg.): Empirische Forschungsmethoden für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Eine Einführung. Paderborn: Schöningh 2014, 315 Seiten [29,99 €] All diejenigen, die das Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache erforschen und lehren, werden dieses Buch mit Freuden begrüßen. Die Zeit ist nun reif für einen solchen Sammelband. Er zeigt nämlich, welche entscheidenden Entwicklungen die Forschungsmethodologie und -methoden in dieser Disziplin gemacht haben und dass die noch vor wenigen Jahren beklagten Mängel auf dem besten Wege sind, behoben zu werden. Mit eben diesem Anliegen richten sich die Autor/ innen an Masterstudierende und Doktoranden, indem sie in 17 Beiträgen methodologische Fragestellungen, Methoden zur Erhebung, Aufarbeitung und Analyse von Daten erörtern sowie besondere Forschungsansätze besprechen. Einer klar strukturierten und praxisnahen Darstellung der einzelnen Themen folgen gezielte Aufgaben mit Lösungsvorschlägen; denen vorangestellt einige Hinweise zur weiterführenden Literatur, die wir am Schluss des Sammelbandes in einer übergreifenden Bibliographie wiederfinden. Die ersten vier Kapitel fokussieren forschungsmethodische Grundsatzüberlegungen. So führt R IEMER (15-31) mit der Forschungsmethodologie Deutsch als Fremd- und Zweitsprache in den Band ein, wobei sie zunächst DaF und DaZ innerhalb der Fremdsprachenforschung positioniert, zum anderen die enge Beziehung zwischen Theorie und Praxis betont, die dieses Fach auszeichnet und die Wichtigkeit der Empirie begründet (16). Der Forschungsprozess wird in verschiedene Etappen zerlegt, die Hürden benannt und dazu ermutigt, Fehler als Teil der Arbeit mit einzubeziehen. Der zweite Beitrag stammt von S CHMELTER und befasst sich mit den Gütekriterien (33- 45) empirischer Forschung. Hierbei wird ihre Standortbedingtheit unterstrichen und der Erkenntniswert „in der Kommunikation mit anderen bestimmt“ (35). Neben dem Abwägen der Stärken und Schwächen quantitativer und qualitativer Ansätze ergeht der Hinweis, auf die „wechselseitige Passung der Methoden“ (43) zu achten. Es folgt der Beitrag von A GUADO zur Triangulation (47-56), in dem ausgehend von der Entwicklung und der Definition dieses Verfahrens die Möglichkeiten seines Einsatzes ausgelotet werden, wobei die Autorin zu bedenken gibt, dass ein Mehr an Methoden keinesfalls zwingend auch ein Mehr an Erkenntnis bedeutet (51). Diesen ersten Block schließen die Überlegungen zur Planung einer empirischen Studie von S ETTINIERI (57-71) ab, die die einzelnen Schritte von der Entwicklung einer Fragestellung zur Planung über die Operationalisierung und das Sampling bis zu den ethischen Gesichtspunkten und der Finanz- und Zeitplanung nachvollzieht. Sehr nützlich sind hierbei der tabellarische Beispielablauf (63), die zahlreichen Literaturhinweise zum Erwerb forschungsmethodischer Kompetenzen sowie auch die Verhaltensregeln für angehende Wissenschaftler/ innen. Der zweite Block (Kapitel 5-9) verschiebt den Fokus auf die Methoden der Datenerhebung und wird durch das Kapitel zur Elizitierung von Lernersprache (73-86) von M EZGER , S CHROEDER und Ş IMŞEK eingeleitet. Die Elizitierungsformen werden auf der Spannbreite zwischen minimaler und maximaler Kontrolle der Erhebungsbedingungen und der erhobenen Daten angesiedelt, wobei verschiedene Instrumente vorgestellt werden. Weiter geht es mit dem Thema Test (87-102), mit dem sich P ORSCH beschäftigt. Nach der anfänglichen Differenzierung zwischen informellen und formellen Tests geht die Autorin genauer auf die Sprachtests ein. Die Merkmale dieser Testformate werden erläutert und durch Beispiele illustriert (91). Zu Tests im DaF-/ DaZ-Bereich finden sich außerdem Ratschläge, worauf man bei der Entwicklung von Testverfahren für Forschungszwecke achten soll. Mit der Befragung (103-122) beschäftigen sich D AASE , H INRICHS und S ETTINIERI . Nach der Entscheidung zwischen mündlicher und schriftlicher Befragung gilt es, den Grad ihrer Offenheit zu definieren und ggf. auch inhaltlich zu differenzieren. Im Rahmen schriftlicher Befragung wird der Fragebogen detailliert behandelt und im Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 143 44 (2015) • Heft 1 Mündlichen das Interview. Hierbei werden diverse Formen, wie z.B. die Gruppendiskussion, besprochen sowie Tipps zu ihrer konkreten Durchführung gegeben. H EINE setzt sich im Kapitel 8 mit der Introspektion (123-135) auseinander. Dazu exemplifiziert sie dieses Verfahren anhand eines Ausschnitts aus einem Lautdenkprotokoll und beleuchtet sein Potenzial, seine Möglichkeiten und Grenzen. Im Unterschied dazu steht dann das Stimulated Recall, das stärker metakognitive Bestandteile aufweist (128). Der Beitrag schließt mit Beispielen empirischer Untersuchungen, in denen introspektive Methoden eingesetzt wurden. Die Beobachtung (137-146) rundet diesen zweiten Themenblock ab. R ICART B REDE differenziert verschiedene Beobachtungstypen und erwähnt neben den Audio- und Videoanalysen Eye-Tracking und Keystroke-Logging. Ein deduktiv-induktiv angelegtes Vorgehen veranschaulicht die Auswertung von Beobachtungen, deutet aber auch auf die Beschränkungen dieser Verfahren hin. Das 10. Kapitel ist der Datenaufbereitung: Transkription und Annotation (147-166) gewidmet. M EMPEL und M EHLHORN stellen diverse Transkriptionssysteme sowie computergestützte Programme dar, mit denen Audio- und Videomaterial aufgearbeitet werden kann. Dabei gehen sie näher auf die Partiturnotation und die Zeilenschreibweise ein. Besondere Aufmerksamkeit erfährt die phonetische Transkription, bei der ein Grafikfenster drei verschiedene Beschreibungsebenen sichtbar macht (156). Im Anschluss daran wenden sich die Autorinnen der Erfassung nonverbal-vokaler und nonverbal-nonvokaler Phänomene zu. In den Kapiteln 11 bis 13 rückt die Datenanalyse in den Mittelpunkt. Zunächst skizziert A HRENHOLZ die Lernersprachenanalyse (167-181). In der Fremdsprachenerwerbsforschung beheimatet und an die Fehleranalyse geknüpft, greifen heute verstärkt Studien zum kindlichen Zweitspracherwerb auf sie zurück. Dabei bedienen sie sich meist einer der drei in der aktuellen Forschung gängigen Ansätze: des strukturalistisch orientierten, funktional-pragmatischen und des konzeptorientierten (171). An letzteren angelehnt zeigt der Autor anhand einer Texttranskription verschiedene Möglichkeiten der Analyse auf. G ÜLTEKIN -K ARAKOÇ und F ELDMEIER legen in der Analyse quantitativer Daten (183-211) dar, welche statistischen Verfahren und Analyseprogramme sich für die Fremdsprachenforschung anbieten. Zunächst wird in das Konzept des Messens eingeführt. Die Ermittlung von Messwerten wird von den Autoren möglichst einfach und anhand von Beispielen veranschaulicht und auch die ihnen zugrundeliegenden Begriffe erklärt. Dies gilt sowohl für die deskriptive Statistik als auch für den Hauptteil dieser Abhandlung, die Inferenzstatisik kennzeichnenden Verfahren. Damit gelingt es den Autoren, ein manchen schwer zugängliches Terrain urbar zu machen. An dieses Kapitel schließt sich die Analyse qualitativer Daten (213-227) an, in dem sich D EMIRKAYA nach Klärung der Zielsetzung und der Voraussetzungen qualitativer Forschung mit den kategoriebasierten und sequenziellen Verfahren befasst. Interessant erscheint hierbei die Frage, wie mit nicht im Deutschen erhobenen Daten umzugehen ist. Diesbezüglich wird dafür plädiert, unter Umständen auch die „Forschungsteilnehmende[n] als Co-Interpretierende“ (216) am Forschungsprozess teilhaben zu lassen. Einen besonderen Stellenwert nimmt in der Abhandlung die Grounded Theory ein, bei der vielleicht ein Mehr an veranschaulichendem Material zum besseren Verständnis der Konzepte und des Vorgehens beigetragen hätte. Die Kapitel 14, 15 und 16 setzen sich jeweils mit einem spezifischen Forschungsansatz auseinander. Zunächst gilt die Aufmerksamkeit dem Experiment und Quasi-Experiment (229-241). D ARSOW und F ELBRICH merken an, dass dieser Zugang weniger in deutschsprachigen Ländern, sondern eher in der angloamerikanischen Sprachlehr/ -lernforschung eingesetzt wird. Beim Experiment werden verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung von Störvariablen genannt, im Unterschied dazu untersucht das Quasi-Experiment eingesetzte Maßnahmen in natürlichem Kontext. Beide Verfahren werden in Bezug auf ihre interne und externe Validität hin überprüft. In Kapitel 15 bespricht S CHRAMM die Videobasierte Unterrichtsforschung (243-254). Dabei handelt es sich 144 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 44 (2015) • Heft 1 um Daten, die in authentischen Unterrichtskontexten erhoben werden und - aus der Außen- oder Innenperspektive - auf die Erfassung der interaktionalen Dimension des Fremdsprachenunterrichts abzielen. In Bezug auf die Datenanalyse differenziert die Autorin einmal in Anlehnung an die erziehungswissenschaftliche Videoanalyse vier Arten, und zwar die Segmentierungs-, Sequenz-, Konfigurations- und die Konstellationsanalyse (249), während aus linguistischer Perspektive entweder konversationsbzw. gesprächsanalytisch oder diskursbzw. funktional-pragmatisch orientierte Verfahren zur Anwendung kommen. Des Weiteren werden die niedrig und hoch inferenten Kodierungen erklärt, die sich einmal auf beobachtbare, zum anderen auf interpretativ gewonnene Phänomene beziehen. Kapitel 16 führt in die Aktionsforschung (255-267) ein. Nach einer Erläuterung der Grundlagen stellt F ELDMEIER den zyklischen Verlauf dieses Ansatzes dar (258) und beschreibt die einzelnen Schritte seiner Durchführung. Als wesentlich wird die Abgrenzung zum normalen Lehrerverhalten hervorgehoben (261). Damit einher geht die Frage, wie die Lehrenden mit dem notwendigen wissenschaftlichen Handwerkszeug ausgestattet werden können. Bei der Besprechung vermisst der Leser einen Überblick darüber, wie (und ob) sich Aktionsforschung in den vergangenen Jahren etabliert hat. Zum Abschluss blickt B ROWN auf seine Adventures in Language research: How I learned from my mistakes over 35 years (269-279) und stellt resümierend fest, was er aus seinen Fehlern gelernt hat. Seine Erkenntnisse führen ihn vom blinden Glauben an die Sicherheit statistischer Verfahren zur Hinwendung zu mehrmethodischen Zugängen mit der ihnen innewohnenden Unsicherheit. Der vorliegende Band empfiehlt sich sowohl als seminarbegleitendes Werk als auch zum Eigenstudium, denn er führt ansprechend und anschaulich in die forschungsrelevanten Themen ein und orientiert sich dabei an den Ansprüchen und Erfordernissen akademischer Lehre. Hierbei deckt er den Bedarf an theoretischem Wissen und leitet zum forschungsmethodischen Können an. Über die Bestandsaufnahme bestehender Methoden hinaus wäre es vielleicht auch noch anregend gewesen, an entsprechender Stelle auf multimodale Verfahren zu verweisen, die sich in den letzten Jahren ihren Weg in den Sozialwissenschaften gebahnt und langsam Eingang in Interaktionsstudien verschafft haben und sicher in der Zukunft für die Fremdsprachenforschung interessant werden könnten. Arcavacata di Rende S ABINE H OFFMANN Uwe K OREIK , Aysel U ZUNTAŞ , Sevinç H ATIPOĞLU (Hrsg.): Fremd- und Fachsprachenunterricht. Studienvorbereitender und studienbegleitender Deutschunterricht für fremdsprachige Studiengänge. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2014 (Perspektiven Deutsch als Fremdsprache, Bd. 28), 121 Seiten [13,00 €] „Sprache ist der Schlüssel zu Kommunikation, Verständnis und Diskurs und somit essenziell für ein erfolgreiches Studium, unabhängig vom Studienfach. Wo ein Studium in einer für die Studierenden fremden Sprache angeboten wird, muss sichergestellt werden, dass sie die Sprache gut genug beherrschen, um das Studium bewältigen zu können“. 1 Der von DAAD und HRK herausgegebene „Praxisleitfaden für deutsche Hochschulprojekte im Ausland“ umreißt mit diesen beiden Sätzen kurz und schlüssig, was über Erfolg und Misserfolg von Studiengängen entscheiden kann. Dies gilt insbesondere für deutsche Hochschulprojekte im Ausland, die früher vom DAAD als „Hochschulexportprojekte“ bezeichnet wurden und seit wenigen Jahren unter dem 1 Entwicklung von Sprachenkonzepten. Ein Praxisleitfaden für deutsche Hochschulprojekte im Ausland, hrsg. von DAAD und HRK, Bonn 2014, S. 53. Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 145 44 (2015) • Heft 1 etwas weniger merkantilen und weniger unidirektionalen Label der „Transnationalen Bildungsprojekte“ firmieren. Immerhin 20000 ausländische Studierende nehmen zurzeit Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland wahr. 2 Neustes Projekt ist die Türkische-Deutsche Universität (TDU) in Istanbul, die im Wintersemester 2013/ 14 mit drei Bachelor- und zwei Master-Studiengängen in der Ingenieurwissenschaftlichen, der Rechtswissenschaftlichen und der Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaftlichen Fakultät ihren Betrieb aufgenommen hat. Die Abschlüsse sollen sowohl in der Türkei als auch in Deutschland anerkannt werden. Ein Konsortium aus 29 deutschen Hochschulen unter Führung der früheren Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und eine beim DAAD angesiedelte Geschäftsstelle koordinieren die deutschen Beiträge zum türkisch-deutschen Kooperationsprojekt, die vor allem im akademischen Bereich angesiedelt sind: Entsendung deutscher Dozenten, Aufbau des Sprachenzentrums, Austausch von Studierenden und Dozenten und Fortbildung türkischer Nachwuchswissenschaftler. 3 Von Anfang an hat dieses Gemeinschaftsprojekt der türkischen und der deutschen Regierung neben der wissenschaftlichen auch eine politische und eine wirtschaftliche Seite: die Intensivierung türkisch-deutscher Beziehungen und die Ausbildung junger Absolventen mit interkulturellen Schlüsselqualifikationen für den globalen Arbeitsmarkt. Sprache fungiert dabei als Querschnittsaufgabe. Während Englisch als Unterrichtssprache an internationalen Universitäten auch in nichtenglischsprachigen Ländern fast schon als Normalität zu bezeichnen ist, ist Deutsch als Unterrichtssprache in nichtdeutschsprachigen Ländern vergleichsweise eine Rarität. Umso wichtiger sind jene damit verbundenen Fragen, denen im Mai 2013 eine Tagung nachging, deren Beiträge nun in Buchform in der Reihe „Perspektiven Deutsch als Fremdsprache“ vorliegen. Dass Deutsch neben Türkisch und (in geringerem Maße) Englisch eine zentrale Unterrichtssprache an der TDU ist, erscheint durchaus bemerkenswert. Denn ohne ein lebendiges deutschsprachiges Umfeld außerhalb der Hochschule fehlen natürliche Sprechanlässe für die Studierenden. Daher ist ein Erfolg der neuen Institution keineswegs garantiert. Darüber sind sich die Herausgeberin Aysel U ZUNTAŞ , die das Sprachenzentrum der TDU leitet, und der Herausgeber Uwe K OREIK , der im deutschen Hochschulkonsortium für die Sprachausbildung an der TDU verantwortlich ist, in ihrem einleitenden Beitrag („Zum Modell der Sprachausbildung an der TDU - ein Konzept zur studienvorbereitenden und -begleitenden Fremd- und Fachsprachenvermittlung“) durchaus im Klaren. Die TDU erscheint in dieser Publikation mit ihrer Unterrichtssprache Deutsch als großes Abenteuer, dessen Ausgang offen ist: „Fremdsprachige Studiengänge - vor allem im Ausland - stellen für die Studierenden und die Lehrenden eine große Herausforderung dar. Nicht selten werden dabei die hochgesteckten Ziele nicht wirklich erreicht, weil eine zunächst nicht völlig ausreichende Sprachkompetenz das fachliche Leistungsvermögen behindert“ (25). Neben für jede Art von Fremd- und Fachsprachenunterricht relevanten Themen (Kooperationen zwischen Sprachausbildung und Fakultäten, studienbegleitender Fremdsprachenunterricht, Förderung der Mehrsprachigkeit, sorgfältig ausgewählte Lehrkräfte, Einsatz von Blended Learning-Elementen, Lehrmaterial mit steiler Progression und anderes mehr) stechen in dieser Publikation Fragestellungen hervor, die spezifisch für eine türkisch-deutsche Kooperation sind. Türkische Lerntraditionen etwa sind offensichtlich so verschieden von deutschen, dass das Thema „Lernerautonomie“ behutsam eingeführt werden muss. Gesellschaftliche, kulturelle und rechtliche Unterschiede beider Länder spielen tendenziell in alle Disziplinen hinein, aber kaum in eine so stark und evident wie in die Rechtswissenschaften. Diesen interkulturellen Aspekten 2 Vgl. www.daad.de/ medien/ hochschulen/ projekte/ studienangebote/ duz-spec_daad_monitordatei.pdf (30. 12.2014). 3 Vgl. http: / / www.bmbf.de/ press/ 3499.php (30.12.2014). 146 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 44 (2015) • Heft 1 von Sprache und Recht gehen Anne G LADITZ und Philip K UNIG in ihrem Beitrag „Sprache und Recht als kulturelle Mittel der Verständigung“ nach - ein Beitrag, der mit gelehrsamem Understatement und doch recht oberflächlichen Bezugnahmen als Vortrag wahrscheinlich besser funktioniert hat als der Artikel. Die beiden stellen die grundsätzliche kritische Frage nach der „Berechtigung der deutschen Sprache in der Juristenausbildung an einer deutsch-türkischen Hochschule“ (63) und sensibilisieren dafür, dass ein Studium von Rechtsordnungen und juristischer Terminologie ohne ein spezifisches kulturelles Hintergrundwissen nicht denkbar sei. Izzet F URGAÇ und Natalya Z ALIPYATSKIKH gehen ihr Thema „Zur Vermittlung der Fachsprache ‚Technisches Deutsch‘“ aus der doppelten Perspektive der Ingenieurwissenschaften und der DaF- Didaktik an. Während die Zeichnung in den technischen Disziplinen als die eigentliche „Sprache des Ingenieurs“ auf Eindeutigkeit ziele (72), sei dieses Ideal in den Wissenschaftssprachen nicht gleichermaßen zu erreichen. Umso wichtiger, so die Autoren, sei eine frühe Integration der Fachsprache in die Sprachausbildung, und zwar schon in den studienvorbereitenden Sprachunterricht ab den Niveaustufen A1/ A2. Da von Lehrkräften des Fachsprachenunterrichts keine vertiefte Fachkenntnis erwartet werden könne, bedürfe es einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Sprachlehrkräften und Fachdozenten, von der letztlich alle profitierten: „Der Fachmann [wird] sprachlich sensibilisiert, der Nichtfachmann bzw. Fachsprachenlehrer begreift den fachlichen Denkstil und der Student bekommt seine gewünschte fachliche, sprachliche und zugleich fachsprachliche Ausbildung“ (80). Auf der Suche nach best practices richtet sich der Blick nicht zufällig nach Hannover. An der dortigen Leibniz Universität existiert ein Fachsprachenzentrum, das über langjährige Erfahrungen mit der Verzahnung von Fachstudium und Fachsprachenunterricht verfügt. Diese werden von Dagmar S CHIMMEL in ihrem Beitrag „Ein allgemein- und fachsprachliches Verzahnungsmodell - Zur Optimierung des Spracherwerbs“ exemplarisch am dortigen Ergänzungs- und Masterstudiengang „Geotechnik“ präsentiert und diskutiert. Ein bereits in der Grundstufe einsetzender fachsprachlicher DaF-Unterricht steigere demnach die Motivation der Lerner und führe letztlich zu besseren Lernergebnissen, was mit den Bestehensquoten der Hannoveraner Fachsprachen-DSH und mit besseren Erfolgen in den Studienfachprüfungen zu belegen sei. Auch hier wird der Zusammenarbeit zwischen Fachwissenschaftlern und Sprachlehrkräften die zentrale Rolle zugewiesen. Sie sei „vermutlich der Schlüssel für eine erfolgreiche fachsprachliche Ausbildung im studienvorbereitenden, sicherlich aber auch im studienbegleitenden Sprachunterricht“ (42). Abgerundet wird der Sammelband mit Untersuchungen von Angeboten und Modellen an türkischen Hochschulen, an denen Deutsch unterrichtet wird (in Vorbereitung für ein Germanistikstudium bzw. zur Deutschlehrerausbildung). Außerdem werden Einzelaspekte der Lernerautonomie und kooperativer Lernformen beim Fremdsprachenlernen an ausgewählten türkischen Hochschulen beleuchtet. Selten sind die naturgemäß heterogenen Beiträge eines Tagungsbands von so hoher Qualität, dass sie das Potential haben, in die kanonische Literatur einer Fachdisziplin einzugehen - da macht auch das vorliegende Büchlein keine Ausnahme. Darum geht es aber auch nicht. Die Qualität der vorliegenden Beiträge liegt eher in der Aufnahme des Augenblicks: Viele Beiträge atmen den Pioniergeist eines neuen Projektes und einer damit verbunden Aufbruchsstimmung. Man darf den Herausgebern zustimmen, dass schon das Zustandekommen dieser Publikation als „Beweis erfolgreicher türkisch-deutscher Kooperation“ zu werten sei (5). Für Außenstehende ist die Publikation eine interessante Bestandsaufnahme am Start eines Projektes, das zu verfolgen sich auch für deutsche Hochschulen lohnt. Die beschriebenen Themen und Probleme sind ja auch hierzulande nicht fremd. Spiegelbildliche Prozesse erleben deutsche Hochschulen, wenn die Lehrsprache ganzer Studiengänge auf Englisch umgestellt wird und Studierende und Lehrende dabei mit großen sprachlichen Herausforderungen konfrontiert werden. Auch die angekündigte Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 147 44 (2015) • Heft 1 Entwicklung von fachsprachlichem DaF-Material in den Fächern Jura, Mechatronik und BWL darf auf ein die TDU überschreitendes Interesse rechnen. Insbesondere der Versuch, Deutsch als Wissenschaftssprache neben der Lingua Franca Englisch nicht nur zu bewahren, sondern aktiv weiterzuentwickeln, verdient uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Die TDU setzt ein Zeichen türkisch-deutscher Verbundenheit in Zeiten, in denen das Nebeneinander von Kulturen und Religionen häufig aus der Konfliktperspektive erlebt und medial wahrgenommen wird. Das ist gut so. In der Praxis wird diese Zusammenarbeit, die immer auch die speziellen Landesgegebenheiten berücksichtigen muss, alle Akteure vor große Herausforderungen stellen. Diese werden sie durch professionelle Strukturen und den geduldigen und tatkräftigen guten Willen zur Kooperation bewältigen müssen. Dafür können die Leserinnen und Leser dieser Publikation und ihren Autorinnen und Autoren nur alles Gute und viel Glück wünschen. Die dynamischen Prozesse an der TDU sind es wert, auch nach der Lektüre weiterhin mit Spannung und Wohlwollen verfolgt zu werden. Braunschweig A NDREAS H ETTIGER 44 (2015) • Heft 1 I n f o r m a ti o n e n • V o r s c h a u Vorschau auf Jahrgang 44.2 (2015) Der von Jenny J AKISCH (Braunschweig) koordinierte Themenschwerpunkt für Jahrgang 44.2 (2015) trägt den Titel „Mehrsprachigkeitsdidaktik“. Fragen der Mehrsprachigkeit werden seit vielen Jahren in den fremdsprachendidaktischen Diskursen - vor allem romanistischer Art - verhandelt. Zwar besteht Einigkeit darüber, dass die Förderung von Kenntnissen in mehr als einer Fremdsprache wichtig und sinnvoll ist; es ist aber nach wie vor offen, wie der Beitrag der einzelnen Fächer zur Mehrsprachigkeitsentwicklung konkret aussehen kann und welche Elemente eine Mehrsprachigkeitsdidaktik beinhalten müsste. Angesichts der vielfältigen Anforderungen und Wünsche, denen diese gerecht werden müsste, verwundert es allerdings kaum, dass viele Ansätze zur Anbahnung von Mehrsprachigkeit derzeit noch eher unverbunden nebeneinander stehen bzw. sich auf Einzelmaßnahmen beschränken. Das geplante Themenheft wird sich mit verschiedenen Diskussionsfeldern beschäftigen. Ziel ist dabei, die Expertise der verschiedenen fremdsprachendidaktischen Fächer zusammenzuführen, aber auch kritisch zu reflektieren, welche möglichen Chancen und Herausforderungen sich mit mehrsprachigkeitsdidaktischen Lehr-/ Lernformen verbinden. Zu diesem Zweck werden unterschiedliche Sprachen (z.B. Englisch, Spanisch, Russisch sowie die Herkunftssprachen), Zielgruppen (Schüler und Lehrer, Studierende) sowie Forschungskontexte (neben Deutschland weitere europäische Länder) in den Blick genommen. Bei Redaktionsschluss lagen Zusagen für folgende Beiträge vor (Arbeitstitel): Gabriele B LELL (Leibniz Universität Hannover): Breaking down (Language) Walls! ? Zum Potenzial und zu Methoden der Arbeit mit mehrsprachigen Filmen im Fremdsprachenunterricht. Jenny J AKISCH (Technische Universität Braunschweig): Mehrsprachigkeitsförderung über die 1. Fremdsprache: Der Beitrag des Faches Englisch. Elisabeth L ANGER (Universität Wien): Sprache(n) im Fachunterricht - die österreichische Perspektive. Katja L OCHTMAN (Vrije Universiteit Brussel): Die Mehrsprachigkeitsdidaktik in den Beneluxländern. Hélène M ARTINEZ (Justus-Liebig-Universität Gießen): Mehrsprachigkeitsdidaktik: Aufgaben, Herausforderungen und Potenziale. Grit M EHLHORN (Universität Leipzig): Die Herkunftssprachen Russisch und Polnisch aus der Sicht von mehrsprachigen SchülerInnen, ihren Eltern und Lehrenden. Silvia Melo-Pfeifer (Universität Hamburg): An Interactional Perspective on Intercomprehension between Romance Languages: Translanguaging in Multilingual Chatrooms. Frank S CHÖPP (Philipps Universität Marburg): Überlegungen zur unterrichtspraktischen Gestaltung einer engeren Vernetzung des schulischen Englisch- und Italienischunterrichts. Geplanter Themenschwerpunkt für Jahrgang 45.1 (2016) Fremdsprachenlernen mit Film (koordiniert von Gabriele B LELL und Carola S URKAMP )