eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 22/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1993
221 Gnutzmann Küster Schramm

Fehleranalyse und Fehlerkorrektur -

121
1993
Silke Demme
flul2210161
Silke Demme Fehleranalyse und Fehlerkorrektur - Die Anwendung fehleranalytischer Erkenntnisse in der didaktischen Ausbildung von Fremdsprachenlehrern (Deutsch a1s FrQDdsprache) Abstract. Analysing and correcting errors or those of one's own plays an important role in the process of teaching and leaining foreign languages. With regard to the training of foreignlanguage teachers and the designing of respective curricula, this fact should be taken into account to a much higher degree than before. In the present'contribution suggestions are made, in which ways the teaching in the field of error analysis / error correction could be further improved: Starting from a theoretical introduction into the study of learner-languages lµld error analysis, skills and abilities of corrections are to be developed systematically. To this effect practical exercises are proposed and a computer assisted training program is presented. 1. Problemstellung Aus der Praxis des fremdsprachlichen Deutschunterrichts an Hochschulen und Universitäten, aus Weiterbildungskursen für ausländische·Germanisten und Deutsch'lehrer sowie aus empirischen Untersuchungen ist bekannt, daß das Analysieren und Korrigieren eigener und fremder Fehler sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Sprachproduktion erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Die Ursachen hierfür sind vielschichtiger Natur. Ein ,wesentlicher Grund ist jedoch nach meiner Auffassung auch darin zu sehen, daß dem Analysieren und Korrigieren von Fehlern in der sprachpraktischen und didaktischen Ausbildung von Fremdsprachenlehrern zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird. Obwohl die Rolle des Fehlers beim Lehren und Lernen, von Fremdsprachen seit langem im Zentrum linguistischer, psycholinguistischer und fremdsprachendidaktischer Forschung steht, haben Ergebnisse solcher Forschungen m.E. noch zu wenig Einfluß auf die inhaltliche Gestaltung von Studiengängen. Forschungsbereiche wie Fehleranalyse/ Fehlerdidaktik, Lernersprachenanalyse, Fremdsprachendidaktik, Psycholinguistik, Zweitsprachenerwerbsforschung sowieSprachlehr- und -lernforschung sollten daher noch mehr als bisher Einfluß auf die Studieninhalte nehmen. In diesem Sinne ist auch Weller (1991: 583) zu verstehen, der als Herausgeber des Themenhefts "Fehler im Fremdsprachenunterricht" mit Recht ein Defizit im Wissensaustausch zwischen Forschung und Lehre, Theorie und Praxis beklagt. Im vorliegenden Beitrag sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, die dazu beitragen können, dieses Defizit zu mindern. FLuL 22 (1993) 162 Silke Demme 2. Fehleranalyse und Fehlerkorrektur in der universitären Ausbildung Die folgenden Ausführungen beziehen sich in erster Linie auf die Ausbildung ausländischer Studenten, haben aber auch den Magisterstudiengang Auslandsgennanistik/ DaF für Muttersprachler im Blick, wobei die Unterschiede und spezifischen Probleme, die sich für Mutter- und Fremdsprachler bei der Arbeit am sprachlichen Fehler ergeben, nicht übersehen werden sollen. Sie spielen um nur einen Aspekt zu nennen eine erhebliche Rolle bei der Fehleridentifikation, der Fehlerinterpretation und der Fehlerexplikation. Während Fremdsprachler hier oft den native speaker als Bezugsgröße wählen und zu Rate ziehen, haben deutsche Studenten, die ihre eigene Muttersprache als Fremdsprache sehen müssen, häufig Probleme bei der Fehlerexplikation, brauchen also umgekehrt den Rat des Fremdsprachlers, und zwar immer dann, wenn Fehler kontrastiv zu erklären sind und man sich in der entsprechenden Grundsprache sowie im soziokulturellen Bereich des Lerners nicht genügend auskennt. Ich kann aus meiner eigenen Lehrtätigkeit sagen, daß Seminare zur Fehleranalyse/ Fehlerdidaktik in gemischten Gruppen auch aus diesem Grund besonders produktiv sind. Befragt man Studenten unterschiedlicher Herkunftsländer oder auch deutsche Studenten nach ihren persönlichen Erfahrungen im Umgang mit dem 'Fehler im Fremdsprachenunterricht, nach Lehrer- und Lernerreaktionen auf Fehler, so ergibt sich ein breit gefächertes Bild, von der traditionell negativen bis hin zu einer toleranten Einstellung zum Fehler. Obwohl spätestens seit Corders (1967: 161) richtungsweisendem Aufsatz in der Forschung Einigkeit darüber besteht, daß Fehler natürliche Begleiterscheinungen des fremdsprachlichen Lernprozesses darstellen und als solche auch zu : behandeln sind, hat sich diese Erkenntnis durchaus noch nicht überall und auch noch nicht mit der erforderlichen Konsequenz in der Unterrichtspraxis durchgesetzt. Eine Tatsache, die wie auch aus den Materialien zur Lehrerfortbildung .von Bausch (1991) deutlich wird auf das genannte Defizit in der Fremdsprachenlehrerausbildung zurückzuführen ist. 2.1 Fehleranalyse / Fehlerdidaktik und Lernersprachenanalyse als Ausbildungsgegenstand Die Rolle des Fehlers beim Lehren und Lernen von Fremdsprachen ist ein Gegenstandsbereich, der für jeden, der eine Fremdsprache studiert, von Interesse ist. Ein dem gegenwärtigen Forschungsstand entsprechend angemessener Umgang mit diesem setzt voraus, die Studenten in dieses Forschungsgebiet einzuführen, die wichtigsten theoretischen Grundlagen zu vermitteln, Forschungstendenzen und offene Forschungsfelder zu markieren sowie Interesse für eigene wissenschaftliche Untersuchungen zu wecken. Lehrveranstaltungen zur Einführung in das genannte Forschungsgebiet sollten folgende Themenbereiche umfassen: FLuL 22 (1993) Fehleranalyse und Fehlerkorrektur - Die Anwendung fehleranalytischer Erkenntnisse... 163 - Norm und Fehler - Fehlerdefinitionen - Forschungszugänge zum Fehler - Fremdsprachenerwerbstheorien und Theorieab~gigkeit der Fehleranalyse - Positionen der Sprachlehrunci -lernforschung und der Zweitsprachenerwerbsforschung zum Fehler - Fehlerbeschreibung, Fehlerbewertung und Fehlertherapie als die klassischen Zweige der Fehleranalyse kontrastive Analyse und Fehleranalyse - Fehleranalyse und ihre Weiterentwicklung zur Lerner~prachenanalyse - Lemersprachenanalyse als Theorie des unterrichtlich gesteuerten Fremdsprachenlernens. Die Seminare sollten so angelegt sein, daß der enge Zusammenhang von Theorie und Praxis bei der Erforschung von Fremdsprachenunterricht deutlich wird. Die Studenten sollen befähigt werden, theoretische Kenntnisse zum Fehler im Fremdsprachenunterricht z.B. bei Unterrichtsbeobachtungen, Analyse von Unterrichtsmitschnitten oder eigenen kleinen Forschungsaufgaben gezielt einsetzen zu können. Mit. Blick auf die künftig1; : Lehrtätigkeit liegt der Schwerpunkt der Lehrveranstaltungen darauf, den Schritt von der Fehleranalyse zur Fehlerdidaktik zu vollziehen. Dabei sind die wesentlichen Unterschiede zwischen der traditionellen Fehleranalyse und der in den Kontext des unterrichtlich gesteuerten Fremdsprachenlernens- und -lehrens eingebetteten Fehlerdidaktik herauszuarbeiten sowie entsprechende unterrichtsmethodische Konsequenzen zu formulieren (vgl. Kordes/ Budde 1985 und Bausch 1991). Bei allen Überlegungen ist vom. Konzept der, Lernersprache auszugehen, der Fremdsprachenlerner als sogenannter Hypothesentester zu betrachten, der selbständig, kreativ, kognitiv seine Lernersprache aufbaut. Jegliche Fehlerbeh~dlungs- und Korrekturverfahren müssen demzufolge so ausgerichtet sein, daß sie diesem B~ürfnis des Lerners g~echt werden und diesen .auch zur Selbstkom~ktµr befähigen. Ich betrachte die Erar~itung solcher Erkenntnisse als wichtiges Teilziel in der Ausbildung der Studenten, als eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Tätigkeit in der Berufspraxis. 2.2 Fehlerkorrektur Eine umfangreiche Erkundungsuntersuchung des Herder-Instituts Leipzig (vgl. Kühn 1988: 44) sowie verschiedene Beiträge in Weller (1991) bestätigen, was aus der Praxis des Fremdsprachenunterrichts seit langem bekannt ist: Fremdsprachenlehrer stehen oft ratlos vor der schwierigen Aufgabe der Fehlerkorrektur, und dies gilt für erfahrene Lehrkräfte in gleicher Weise wie für junge Absolventen. Die Frage, warum dies so ist, ist nicht so leicht zu beantworteµ, denn der Prozeß der Fehlerkorrektur ist sowohl im mündlichen als auch im schriftlichen Bereich so kompliziert und vielschichtig, daß nur eine eingehende, differenzierte Beschäftigung mit dieser Problematik zu einer Beantwortung dieser Frage führen kann. FLuL 22 (1993) 164 Silke Demme Ein wesentlicher Grund für die bestehenden Korrekturprobleme ist in einem gewissen Forschungsdefizit und damit auch einem Ausbildungsdefizit im Bereich Fehlerkorrektur zu sehen. Korrekturen wurden zu lange als ein der Beschäftigung mit dem Fehlerphänomen nachgeordnetes, zweitrangiges Problem betrachtet. Zu oft wurde hohe Sprachkompetenz mit gut entwickelten Korrekturfähigkeiten gleichgesetzt. Dies ist zwar eine wesentliche, aber eben nur e i n e der notwendigen Voraussetzungen für die Fehlerkorrektur. Der in den Kontext des unterrichtlich gesteuerten Lehrens und Lernens von Fremdsprachen eingebettete Korrekturprozeß erfordert nicht nur Wahrnehmungs-, Konzentrations-; Speicherungs- und Urteilsvermögen, sondern setzt auch Kenntnisse über (a) die Strukturierung des Korrekturvorgangs, (b) Ursachen und Anlässe von Korrekturen, (c) Zeitpunkt und Ziele von Korrekturen, (d) Wirkung von Korrekturen auf alle am Korrekturprozeß Beteiligten sowie (e) den Nutzen/ Effekt voh Korrekturen im Gesamtrahmen der fremdsprachenunterrichtlichen Interaktion voraus. Wissenschaftsdisziplinen wie Fehleranalyse/ Fehlerdidaktik, Fremdsprachendidaktik sowie Sprachlehr- und -lernforschung sind besonders gefordert, den Korrekturprozeß in seiner Differenziertheit weiter zu erforschen und neu gewonnene Erkenntnisse in die Ausbildung der Studenten zu integrieren. Dabei kann von bereits vorliegenden Arbeiten (vgl. Bahns 1989: 497; Bliesener 1982; Chaudron 1977; Hendrickson 1978; Henrici/ Herlemann 1986; Kleppin/ Königs 1991; Königs 1992: 166), die gleichzeitig wertvolle Anregungen für weiterführende· Untersuchungen liefern, ausgegangen werden. Da ich im Rahmen meiner Lehrtätigkeit häufig mit den schon genannten Schwierigkeiten bei der Bearbeitung von Fehlertexten konfrontiert wurde, möchte ich im folgenden der Frage nachgehen, wie Korrekturfähigkeiten im Bereich der schriftlichen Sprachproduktion schrittweise, systematisch entwickelt und geübt werden könnten. Eine Übungstypologie, die auf die systematische Entwicklung solcher Fähigkeiten und Fertigkeiten zielt, sollte sich m.E. an den verschiedenen Komponenten einer komplexen Korrekturhandlung, also an den einzelnen, im Korrekturprozeß zu absolvierenden Schritten orientieren. Danach ergeben sich folgende Ü b u n g s typen: ( 1) Aufgaben und Übungen zur Fehleridentifikation (2) Aufgaben und Übungen zur plausiblen Interpretation des Fehlers (3) Aufgaben und Übungen zur linguistischen Beschreibung und Klassifikation des Fehlers (4) Aufgaben und Übungen zur Fehlermarkierung unter besonderer Beachtung der Positivkorrektur (5) Aufgaben und Übungen zur Fehlerexplikation (6) Aufgaben und Übungen zur Arbeit mit Lexika und Regelwerken (7) Aufgaben und Übungen zur komplexen Analyse und Korrektur fehlerhafter Texte. ' FLuL 22 (1993) Fehleranalyse und Fehlerkorrektur - Die Anwendung fehleranalytischer Erkenntnisse ... 165 Ich verstehe die Übungstypen (1) bis (6) als Übungen zu Komponenten einer komplexen Korrekturhandlung. Übungstyp (7) entspricht einer komplexen Korrekturhandlung und ist mit der Korrekturleistung identisch, die ein Lehrender beim Korrigieren schriftlicher Lernertexte erbringen muß. Nachfolgend sollen die einzelnen Übungstypen kurz charakterisiert werden. (1) Aufgaben und Übungen zur Fehleridentifikation Um eine sprachliche Äußerung als fehlerhaft identifizieren zu können, ist ein Vergleichskriterium erforderlich. Dies wird in der Regel eine didaktische, an Lehr- und Lernzielen orientierte Norm sein. Da Praxiserfahrungen immer wieder zeigen, daß das Identifizieren von Fehlern bereits mit großen Schwierigkeiten verbunden ist jeder kennt die Erscheinung, daß Richtiges für falsch befunden wird und umgekehrt, daß Fehler in den Text zusätzlich hineingebracht und die eigentlichen Fehler nicht erkannt werden -, erscheint es mir wichtig, das Identifizieren von Fehlern in kleineren Schritten zu üben. Es empfehlen sich Kurzkontexte, in denen zunächst nur bestimmte Fehlerty.pen (z.B. nur Kasusfehler) zu identifizieren sind. Mit steigendem Schwierigkeitsgrad sollten andere Fehlertypen hinzukommen. Die Reihenfolge sollte sich aus dem Grad der Invarianz der sprachlichen Ebenen ergeben: Fehler in der Orthographie und Interpunktion + grammatische Fehler + lexikalische Fehler + stilistische Fehler. Zu Beginn sollte der Lehrende durch gezielte kognitive Hilfen die Identifikation der Fehler erleichtern, sich im weiteren Übungsprozeß aber dann zurücknehmen, um die Lerner zur selbständigen Identifikation der Fehler zu befähigen. (2) Aufgaben und Übungen zur plausiblen Interpretation von Fehlern Bei diesem Übungstyp geht es darum, daß die Lerner sich darin üben, die beabsichtigte Äußerung des Schreibers aus Form und Kontext zu rekonstruieren. Dabei soll das Augenmerk besonders darauf gerichtet werden, daß es für einen Fehler oft mehrere Korrektive gibt, daß man sich nicht vorschnell mit der erstbesten Korrekturvariante zufriedengeben darf und besonders bei Texten von sehr fortgeschrittenen Lernern genau zu überlegen ist, ob das formulierte Korrektiv der tatsächlichen Äußerungsintention des Schreibers entspricht. Unter Berücksichtigung des steigenden Schwierigkeitsgrades sollte man mit Fehlern beginnen, die nur ein Korrektiv zulassen und dann schrittweise zu Fehlern übergehen, bei denen zwei oder mehrere Korrektive möglich sind. (3) Aufgaben und Übungen zur linguistischen Beschreibung und Klassifikation des Fehlers Traditionell dient die linguistische Beschreibung und Klassifikation von Fehlern dem Erstellen von Fehlertypologien und Fehlerhierarchien. Im Rahmen einer in den Kontext des FU eingebetteten Fehlerdidaktik ist ein wichtiges Anliegen dieser Übungen in der metasprachlichen Reflexion über die linguistische Seite des Fehlers zu sehen. Mit der Bewußtmachung von Regeln, FLuL 22 (1993) 166 Silke Demme ihren Wirkungsmechanismen, Gültigkeitsaber auch Restriktionsbereichen werden kognitive Strategien entwickelt, die für den Aufbau der fremdsprachlichen Kompetenz von Bedeutung sind. Dabei wird deutlich, daß die Entwicklung sprachlichen und didaktischen Könnens eine Einheit bilden müssen. (4) Aufgaben und Übungen zur Fehlermarkierung und Positivkorrektur Im Rahmen dieser Übungen werden die Studenten mit den zu verwendenden Korrekturzeichen vertraut gemacht. In der Regel sollten diese bereits aus dem eigenen Sprachunterricht bekannt sein. Es ist auf Einheitlichkeit der verwendeten Korrekturzeichen und Verfahrensweisen bei der Fehlermarkierung zu achten. Wenn Korrekturzeichen und Korrekturen insgesamt den Zweck erfüllen sollen, dem Lerner eine Hilfestellung für das Berichtigen von Fehlern zu geben, muß die Bedeutung der gebrauchten Zeichen für die Lerner klar definiert sein. Dies mag sehr selbstverständlich scheinen, ist es jedoch längst nicht überall, wie Praxisberichte zeigen. Es wird mitunter kritisch vermerkt, daß den traditionellen Korrekturzeichen ein zu ausgeprägt grammatisierender Sprachbegriff zugrunde liegt, der dem Fehler im Fremdsprachenunterricht als komplexem Phänomen zu wenig gerecht wird. Ich sehe darin weniger ein Problem der Korrekturzeichen als vielmehr eine Frage der Fehlererklärung, die Gegenstand der folgenden Übung ist. Sehr wesentlich erscheint mir jedoch im Zusammenhang mit der Fehlermarkierung die Positivkorrektur. Um der sprachlichen Leistung des Lerners wirklich gerecht werden zu können, ist es unbedingt erforderlich, nicht nur die Fehler zu markieren, sondern auch besonders gelungene Formulierungen (treffende Wortwahl, komplizierte grammatische Strukturen u.ä.) durch eine Markierung (z.B. "gut") am Rand der Arbeit deutlich zu machen. Diese Positivmarkierungen sind beim abschließenden Gesamturteil gegen die Fehler aufzurechnen. Man erreicht damit nicht nur eine gerechtere Beurteilung der sprachlichen Leistung, sondern ermutigt die Lerner auch zum kreativen Sprachgebrauch (offensiver Sprachanwender, Hypothesentester). (5) Aufgaben und Übungen zur Fehlerexplikation Beim Ermitteln möglicher Fehlerursachen ist die Aufmerksamkeit der Studenten besonders darauf zu lenken, daß der Fehler beim unterrichtlich gesteuerten Fremdsprachenlernen als multikausales Phänomen aufzufassen ist. Neben den inter- und intralingualen Erklärungshypothesen sollte im Rahmen der methodologischen Möglichkeiten unbedingt der große Komplex außersprachlicher Ursachen abgefragt werden, z.B.: intrapersonelle Einflußfaktoren (Fremdsprachenlerndisposition, Motivation, Streß, Müdigkeit, Prüfungsangst) durch Unterricht und unterrichtliche Interaktion bedingte Einflußfaktoren (Lehr- und Lernstrategien, lehrmaterialbedingte Fehler, soziale Beziehungen in der Lemergruppe) soziokulturell und interkulturell bedingte Fehler. FLuL 22 (1993) Fehleranalyse und Fehlerkorrektur - Die Anwendung fehleranalytischer Erkenntnisse ... 167 Die Diskussion und die Bewußtmachung möglicher Fehlerursachen gemeinsam mit den Lernern zielen auf eine schrittweise Befähigung zur Fremd- und Selbstkorrektur und künftige Fehlervermeidung. In diesem Sinne sind solche Übungen mit den Studenten für diese sowohl aus der Lerner- und Mitlernerals auch aus der künftigen Lehrperspektive von Bedeutung. (6) Aufgaben und Übungen mit Lexika und Regelwerken Obgleich die Arbeit mit Lexika und Regelwerken integrativer Bestandteil in verschiedenen Übungstypen ist, haben Praxiserfahrungen gezeigt, daß es erforderlich ist, den Studenten die neuesten Nachschlagewerke vorzustellen, Hinweise für deren sinnvolle Nutzung zu geben und gezielte Übungen zu deren Gebrauch durchzuführen. Bei sehr weit fortgeschrittenen Lernern geht es dabei vor allem auch um Nörmvarianten, Zweifelsfälle und Entwicklungstendenzen im Sprachgebrauch. (7) Aufgaben und Übungen zur komplexen Analyse + Korrektur fehlerhafter Texte Übungen dieser Art entsprechen der höchsten Anforderungsstufe, sie sind nahezu identisch mit der Korrekturleistung, die ein Fremdsprachenlehrer in der Berufspraxis erbringen muß. Die bereits beschriebenen Übungen (1) bis (6) sind diesem Übungstyp inhärent. Für die Korrekturübungen sollten vorzugsweise authentische Lernertexte benutzt werden. Sofern es organisatorisch möglich und absehbar ist, empfehlen sich Lernertexte von denjenigen Sprachgruppen, in denen die Studenten künftig unterrichten werden. Hinsichtlich der d i d a k t i s c h e n G e s t a l t u n g des Übungsprozesses sollten folgende Gesichtspunkte beachtet werden: (a) Schwierigkeitsprogression . Der Übungsprozeß führt von Komponenten einer Korrekturhandlung zur komplexen Korrekturhandlung; von Fehlern, die nur eine Korrekturvariante zulassen, zu Fehlern, die mehrere Korrektive zulassen; von Fehlern auf nur einer sprachlichen Ebene zu Fehlern auf verschiedenen Ebenen, einschließlich Verstößen gegen die Normen der Sprachverwendung. (b) Kommunikativ-kognitive Orientierung Übungen zur Fehlerkorrektur sollten inhaltlich so gestaltet sein, daß sie realen Kommunikationssituationen im schriftlichen Bereich nahekommen. Bei gemeinsamen Fehlerkorrekturen im Kontaktunterricht sollte bei der Fehlerdiskussion geklärt werden, warum es sich um einen Fehler handelt, gegen welche Regeln verstoßen wird und wie dieser Fehler eventuell zustande gekommen sein könnte. Solche, auf Bewußtmachung zielende Lehr- und Lernverfahren dienen der Entwicklung kognitiver Strategien, die nicht nur bei der Fremd-, sondern auch bei der anzustrebenden Befähigung zur Selbstkorrektur zum Tragen kommen (vgl. Hecht/ Green 1991: 607). FLuL 22 (1993) 168 Silke Demme Hinsichtlich der Kognitivierungsmodi kommen hier vorrangig verbal-metasprachliche und visualisierende Verfahren zum Einsatz (vgl. Tönshoff 1990: 77). Grundsätzlich sollte man mit authentischen Fehlern arbeiten und bei kognitiven Erklärungen auf den bereits vorhandenen Sprachbesitz der Lerner zurückgreifen (Muttersprache, bereits erworbene Fremdsprachen). (c) Lehrer-Lerner-Interaktion In diesem Zusammenhang sollte Wert darauf gelegt werden, daß die Studenten nicht nur die Lern-, sondern auch die künftige Lehrperspektive im Blick haben. Es sollte auf beiden Seiten Klarheit darüber bestehen, daß Fehler als natürliche Begleiterscheinungen des fremdsprachlichen Lernprozesses im Unterricht zu thematisieren sind, daß sie eine bestimmte Funktion in diesem Lernprozeß erfüllen, daß man aus Fehlern lernen kann, daß Lerner als kreative Sprachanwender/ Hypothesentester zu betrachten sind (kreativ, kognitiv, selbständig-probierend) und Korrekturen in diesem Prozeß eine wichtige Rückkopplungsfunktion erfüllen. Vor allem Lehrende sind für entsprechende Verfahren der Fehlerbehandlung und angemessenes Korrekturverhalten zu sensibilisieren, und zwar mit dem Ziel, eine von Fehlerangst freie Lernsituation zu schaffen. In diesem Zusammenhang sind bei der didaktischen Planung und Realisierung von Fehlerbehandlungsverfahren die Wirkung von Korrekturen auf Lerner sowie die Erwartungen, die Lerner an Korrekturen haben, zu berücksichtigen. 2.3 Fehleranalyse und Fehlerkorrektur mittels Computer 2.3.1 Vorzüge des computerunterstützten Arbeitens Auf der Suche nach Möglichkeiten der Effektivierung des fremdsprachlichen Lehr- und Lernprozesses spielt die Frage nach den Potenzen moderner Unterrichtstechnologien eine große Rolle. Bei der Diskussion um Möglichkeiten und Grenzen des Computereinsatzes besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß der entscheidende Vorteil des Computers darin besteht, daß er wie kaum ein anderes Unterrichtsmittel Möglichkeiten der Individualisierung des Lernprozesses bietet (vgl. Neuner 1985; Rüschoff 1986 und 1989; Schulz 1989; Thume 1988; Wazel 1990). Bei der Arbeit am sprachlichen Fehler sind sowohl im Bereich der Fehlertherapie als auch der Fehlerkorrektur Formen des autonomen Lernens effektiv. Der Einsatz des Computers bei der Analyse und Korrektur von Fehlertexten hat den Vorteil, daß eine besonders zeitaufwendige Übungsform aus dem Kontaktunterricht in das Selbststudium verlagert werden kann. Hier kann der Lerner Inhalt, Zeit und Umfang der Korrekturarbeit selbst bestimmen. Durch die Fähigkeit des Computers, den Lerner durch angemessene Hilfen zur richtigen Lösung zu führen, werden Erfolgserlebnis und Übungsmotivation erhöht. Auf einen konkreten Fehlertext zugeschnittene Minigrammatiken sowie ein- und zweisprachige Wörterverzeichnisse ersparen in Zweifelsfällen langes Suchen in entsprechenden Nachschlagewerken. Bei adressatenspezifischen, kontrastiv gestalteten Programmen, die sich FLuL 22 (1993) Fehleranalyse und Fehlerkorrektur - Die Anwendung fehleranalytischer Erkenntnisse ... 169 an Lerner einer konkreten Grundsprache wenden, können kontrastive Sprachvergleiche antizipiert werden. Durch die Möglichkeit der Interaktion zwischen Lerner und Computer, die Nutzung der visuellen und perzeptorischen Möglichkeiten der Bildschirmarbeit und die damit erreichbare Dynamik des Korrekturprozesses wird für den Lerner die Veränderung zum Positiven sofort sichtbar, was aus lernpsychologischer Sicht von großer Bedeutung ist. Im Vergleich zum Kontaktunterricht und dort stattfindenden Korrekturen von Fehlertexten ergibt sich der Vorteil, daß jeder einzelhe Lerner einen Text bearbeitet. Damit wird ausgeschlossen, daß sich ein großer Prozentsatz von Lernern aus dem Korrekturprozeß zurückzieht, die Interaktion also nur zwischen Lehrer und einzelnen Lernern stattfindet, diese Gefahr besteht besonders in Lernergruppen mit großen Niveauunterschieden. Andererseits geht der positive Effekt, den Korrekturen auch für Mitlerner haben· können, der Erkenntnisgewinn, der aus gemeinsamen Fehlerdiskussionen hervorgehen kann, verloren. Dies verdeutlicht einmal mehr, daß sehr genau abgewogen werden muß, an welchen Stellen im Lern- und Übungsprozeß der Computer wirklich sinnvoll eingesetzt wird. Nach meinen bisherigen Erfahrungen hat es sich als günstig erwiesen, im Bereich Fehleranalyse/ Fehlerkorrektur ausgehend von einem angemessenen theoretischen Fundament mit Übungen im Kontaktunterricht (vgl. die unter· 2.2 beschriebene Übungstypologie) zu beginnen, entsprechende Korrekturstrategien zu entwickeln und anschließend in der Phase. der Festigung und Vertiefung in den Bereich des individuellen Lernens mittels Computer zu gehen. Gute Erfahrungen gibt es hier im Bereich der Gruppenarbeit, wobei nicht mehr als drei Studenten an einem Fehlertext arbeiten sollten. Im folgenden möchte ich Inhalt und Struktur eines solchen Computerübungsprogrammes zur Analyse und Korrektur eines Fehlertextes vorstellen. 2.3.2 ANACOR - Inhalt und Struktur eines Computerübungsprogrammes zur Analyse und Korrektur eines Fehleftextes ANACOR (analysis and correction) verfolgt das Ziel, einen Fehlertext, der authentische Fehler tschechischer Deutschlehrerstudenten enthält, zu analysieren und zu korrigieren. Es orientiert sich am Könnensstand tschechischer Deutschlehrerstudenten des dritten Studienjahres und basiert auf einer umfangreichen ·empirischen Fehleranalyse (Demme 1990). Das Programm ist kontrastiv aufgebaut und für Selbststudium sowie Gruppenarbeit konzipiert. Das Programm will sprachliches Wissen und Können reaktivieren und festigen sowie Korrekturfähigkeiten im Bereich der schriftlichen Sprachproduktion entwickeln, wobei davon ausgegangen wird, daß die Entwicklung sprachlicher und didaktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten eine Einheit bilden. ANACOR ist ein menügesteuertes Programm, das einen Einführungstext, den zu bearbeitenden Fehlertext, ein internes Wörterbuch (einsprachig deutsch und FLuL 22 (1993) 170 Silke Demme deutsch-tschechisch), ein Regelverzeichnis, die Satzanalyse, eine Auswertung der Übungsergebnisse und Bedienungshinweise enthält. Einführungstext, Bedienungshinweise und Regelverzeichnis können auch in der Muttersprache der Lerner präsentiert werden. Über das Menü kann der Lerner im gesamten Programmablauf das Arbeitstempo, die Reihenfolge der zu analysierenden Sätze und die Zahl der Wiederholungen der Satzanalyse selbst bestimmen. Zunächst bietet das Menü einen Einführungstext an, der verschiedene didaktische Funktionen zu erfüllen hat: Er enthält Arbeitsanweisungen, benennt das Übungsziel und dient durch Hinweise auf die Zielgruppenrelevanz und die Berufsorientierung der Übungsmotivation. Danach wird der zu untersuchende Text dargeboten. Es handelt sich dabei um einen Brief, in dem eine tschechische Studentin ihre ersten Eindrücke von Jena schildert. Damit ordnet sich das Programm in den im Sprachunterricht behandelten Themenkomplex ein und trägt der berechtigten Forderung Rechnung, daß computerunterstützte Übungen mit anderen, dem Lerner bekannten Lehrmaterialien abgestimmt werden sollten. Der Fehlertext hat einen Umfang von 32 Sätzen und enthält Verstöße gegen die Normen des Sprachsystems auf allen Ebenen sowie Verstöße gegen die Normen der Sprachverwendung. Bei der Erstrezeption des Textes erhält der Student die Anweisung, unbekannte Lexik mit Hilfe des internen Wörterbuches zu semantisieren und die auf den ersten Blick bereits auffallenden Fehler zu notieren. Dabei kann das interne Regelverzeichnis benutzt, der Computer also als Rechercheinstrument eingesetzt werden. Nach der Erstrezeption kann mit der Analyse der einzelnen Sätze begonnen werden. Dabei besteht die Möglichkeit, auf den eingangs präsentierten Gesamttext über das Menü zurückzugreifen. Dies ist erforderlich, da zur Identifikation bestimmter Fehler (z.B. Tempora) der Kontext benötigt wird. Die Analyse der Sätze erfolgt nach einem Algorithmus, der für alle Sätze gleich ist. Damit soll erreicht werden, daß sich die Studenten die im Korrekturprozeß zu absolvierenden Schritte systematisch aneignen, Korrekturstrategien entwickeln. Im ersten Schritt der Satzanalyse muß der Student entscheiden, ob der Satz richtig oder fehlerhaft ist, anschließend wird er aufgefordert, die Fehlerstelle zu markieren. Kann der Student die Fehlerstelle nicht identifizieren, so gibt der Computer zwei kognitive Hilfen zur Fehlerfindung. Der Lerner hat drei Versuche, den Fehler zu identifizieren. Gelingt dies, so signalisiert der Computer, daß der Fehler erkannt wurde. Kann der Lerner trotz Hilfen den Fehler nicht identifizieren, markiert der Computer nach drei Versuchen automatisch die Fehlerstelle. Dem Könnensstand des dritten Studienjahres entsprechend, wurden die Hilfen so gestaltet, daß auch leistungsschwächeren Studenten die Identifikation des Fehlers möglich sein sollte. Im nächsten Arbeitsschritt wird der Student aufgefordert, den Fehler zu korrigieren. Für die Mehrzahl der Fehler kommt nur eine Korrekturvariante in Frage. Bei Fehlern, die verschiedene Korrekturmöglichkeiten zulassen, wurden die verschiedenen Varianten antizipiert, so daß der Computer jede der eingegebenen Korrekturva- FLuL 22 (1993) Fehleranalyse und Fehlerkorrektur - Die Anwendung fehleranalytischer Erkenntnisse ... 171 rianten als richtig akzeptiert. Die für die Fehleridentifikation beschriebenen Hilfen können auch bei diesem Arbeitsschritt in Anspruch genommen werden, da sie durch ihre inhaltliche·Gestaltung das Formulieren des Korrektivs erleichtern. Der Lerner hat wiederum drei Versuche. Wurde das richtige Korrektiv gefunden, so wird der fehlerhafte Satz auf dem Bildschirm korrigiert. Der Computer signalisiert, ob das eingegebene Korrektiv richtig ist oder ob evtl. noch Tippfehler enthalten sind. Im folgenden Arbeitsschritt ist der Fehler zu klassifizieren. Neben der bewußten Einordnung des Fehlers in die entsprechende Ebene des Sprachsystems geht es hier auch darum, die Fehlermarkierung zu üben. Voraussetzung für ein erfolgreiches Absolvieren dieses Arbeitsschrittes ist ein entsprechender Klassifizierungsraster, der den Studenten bekannt sein muß. Für Fehler in Lexik, Grammatik, Orthographie und Stil stehen die Symbole L, G, 0 und S zur Verfügung, die vom Lerner einzugeben sind. Wird falsch klassifiziert, so wird dies durch den Computer signalisiert, und dieser nimmt dann automatisch die richtige Klassifikation vor, denn an dieser Stelle ist der Gefahr des Ratens vorzubeugen. Im letzten Schritt der Satzanalyse muß die Korrektur mit der entsprechenden Regel begründet werden. Neben dem Reaktivieren und Bewußtmachen von Regelkenntnissen dient dieser Arbeitsschritt dazu, linguistisch zu erklären, warum es sich um einen Fehler handelt, gegen welche Regeln verstoßen wurde ähnlich den Erklärungen, die der Lehrer seinen Schülern bei der Rückgabe korrigierter Arbeiten geben muß. Je nach Fehlerart werden zwei bis vier Regeln als Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Der Student wählt die seiner Meinung nach zutreffende Regel, indem er die entsprechende Regelnummer eingibt. Hat der Student die zutreffende Regel gewählt, werden die nicht geltenden Regeln gelöscht, so daß abschließend nur die zutreffende Regel auf dem Bildschirm präsentiert wird. Wurde eine falsche Regel gewählt, so gibt der Computer in der Mehrzahl der Sätze Begründungen und zeigt an Beispielen, warum die gewählte Regel falsch ist. Diese Form der Antwortverarbeitung ist aus didaktischer Sicht wichtig, da es für Lerner dieser Könnensstufe nachweislich wichtig ist zu erfahren, warum die gewählte Antwort falsch war. Auf diese Weise hilft der Computer dem Lerner, aufgrund von Kenntnissen und Einsichten in das Regelsystem Denkfehler zu erkennen, solche künftig zu vermeiden, zur richtigen Lösung zu finden bzw. sich selbst zu korrigieren. Mit diesem Arbeitsschritt ist die Satzanalyse beendet, der Lerner kann zur Analyse des nächsten Satzes oder zur Analyse und Korrektur eines evtl. weiteren Fehlers im Satz übergehen. Bei Sätzen, die auf muttersprachlicher Interferenz beruhende Fehler enthalten, wird in den einzelnen Arbeitsschritten kontrastiv vorgegangen. Außerdem wird am Ende der Satzanalyse durch einen kontrastiven Vergleich die interferierende Wirkung der Muttersprache bewußtgemacht und als mögliche Fehlerursache beim Gebrauch des Deutschen erklärt. Während des gesamten Programmablaufs werden die einzelnen Arbeitsschritte des Lerners dokumentiert und stehen nach Abschluß der Programmarbeit dem Lerner und Lehrer zur Auswertung zur Verfügung. Diese Dokumentation ist außerdem FLuL 22 (1993) 172 Silke Demme auch für die Programmautoren in der Phase der Validierung und Optimierung des Programms von Bedeutung. Das Programm wurde in der Forschungsgruppe des Instituts für Auslandsgermanistik/ DaF der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Zusammenarbeit von Fremdsprachendidaktikern und einem Informatiker entwickelt. Es wurde so konzipiert, daß es auch Lernern, die im Umgang mit Computern keine Erfahrung haben, nach wenigen Minuten möglich ist, mit diesem Programm zu arbeiten. Das Programm ist auf jedem IBM-kompatiblen PC mit dem Betriebssystem MS-DOS lauffähig. Alle Texte (Sätze, Hilfen, Wörterbuch etc.) sind in externen Textfiles abgespeichert, können also relativ leicht verändert werden. Damit ist es prinzipiell möglich, andere Fehlertexte in das gleiche Programmschema zu übernehmen. Bei größerem Bedarf an Programmen vom Typ ANAC0R wäre die Erstellung eines Autorenprogramms sinnvoll. Das Programm wurde mit ausländischen und deutschen Studenten im Rahmen der Lehrveranstaltungen zur Fehleranalyse/ Fehlerdidaktik sowie in Weiterbildungskursen mit ausländischen Deutschlehrern getestet. Dabei wurde zunächst eine unterschiedliche Herangehensweise bei deutschen und ausländischen Studenten sichtbar, wobei deutsche Studenten in stärkerem Maße multivalente Eingabemöglichkeiten (stilistische Varianten) wünschten. Das prinzipielle Interesse an der Bearbeitung des Programms war bei ausländischen Studenten erwartungsgemäß höher. Die Erfolgserlebnisse nach der Bearbeitung einzelner Schritte wirkten bei Fremdsprachlern stark motivierend für weitere Satzanalysen. Hinsichtlich der Beurteilung des Nutzens für die Entwicklung von Korrekturfähigkeiten zeigte sich, daß die Einschätzung dessen stark davon abhängt, welche individuellen Erfahrungen mit Problemen der Fehlerkorrektur bei Befragten vorhanden waren. Während ausländische Deutschlehrer solche Korrekturübungen für sehr wichtig und nützlich hielten, fühlten sich Studenten nur zum Teil zu Aussage in der Lage, z.B. wenn Erfahrungen aus Unterrichtspraktika / Tätigkeit als assistent teacher im Ausland vorlagen. 3. Zusammenfassung Abschließend soll darauf verwiesen werden, daß eine theoretische Einführung in die Fehler- und Lernersprachenforschung und theoriegeleitete, unterrichtspraktisch orientierte Übungen zur Fehlerkorrektur eine Einheit bilden müssen. Die hier vorgeschlagenen Übungen zur Entwicklung von Korrekturfähigkeiten im Bereich der schriftlichen Sprachproduktion sind nur als ein erster Schritt zur Lösung von Problemen der Fehlerkorrektur zu betrachten. Die Tatsache, daß solche Übungen einen stark systemlinguistischen Aspekt tragen, sollte nicht mißverstanden werden: Ich sehe die Entwicklung und Beherrschung der dargestellten Korrekturstrategien als eine wesentliche Voraussetzung dafür, den nächsten Schritt nämlich eine in den Gesamtkontext des Fremdsprachenunterrichts eingebettete, angemessene Fehlerbehandlung und Fehlerkorrektur zu vollziehen. FLuL 22 (1993) Fehleranalyse und Fehlerkorrektur - Die Anwendung fehleranalytischer Erkenntnisse ... 173 Bibliographische Angaben BAHNS, J.: .,Kollokationen als Korrekturproblem im Englischunterricht". In: Die Neueren Sprachen 88 (1989), 497-514. · BAUSCH, K.-R.: .,Ohne Fehler geht's nicht". Materialien zur Lehrerfortbildung. Goethe-Institut Schwäbisch Hall 1991. · BLIESENER, U.: Klausuren und Abiturarbeiten in Englisch: Unterrichtliche Vorbereitung, Korrektur und Bewertung. München 1982. CHAUDRON, C.: "A Descriptive Model of Discourse in the Corrective Treatment of Leamers' Errors". 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