Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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1993
221
Gnutzmann Küster SchrammZur feldmäßigen Gliederung des verbalen Wortschatzes
121
1993
Ferdi Einert
flul2210189
Ferdi Einert Zwfeldmäßigen Gliederung des verbalen Wortschatzes Eine Darstellwig aus der Perspektive einiger sowjetischer und ostdeutscher Untersuchungen Al>stract. The initial points of this contribution are the classical field and onomasiological theories in connection with the modern functional-semantic conception of fields. In Soviet linguistics the treatrnent of verbal phrases is demonstrated by a lexico-semantic method, establishing so~called lexico-semantic groups of verbs (LSG). Some Soviet investigations and results of some East-German thesis are presented anJi discussed. This concems phenomena of standard language and, in particular, language for special purposes. The presentation and classification of verb groups have communicative relevance. Methods and models of predicative operators and other differenciated linguistic realizations are demonstrated. Possibilities of subject realizations are presented. 1. Einleitende Bemerkungen Ende der sechziger Jahre lenkte das Verb als Zentrum der prädikativen Aussage die Aufmerksamkeit auf sich. Tesnieres Valenzgedanke (1959) wurde wiederaufgegriffen, indem man vor allem versuchte, ihn für Unterrichtszwecke nutzbar zu machen (Helbig 1965). Zunächst wurde dies am Beispiel des Deutschen demonstriert; es folgten Untersuchungen zu den im Osten Deutschlands am meisten unterrichteten Fremdsprachen wie Russisch und. Englisch, einige Zeit später auch zum Französischen. Diese Applikationen blieben in der Regel dem Helbigschen Dreistufenmodell verhaftet. Schon bald stellte sich heraus, daß dieses syntaktisch ausgerichtete Modell einer semantischen Präzisierung bedurfte. Die Notwendigkeit der näheren semantischen Beschreibung wurde von Helbig nie bestritten, sie wurde aber für zu kompliziert gehalten. Die Vertreter einer primär semantischen Valenzauffassung wie Bondzio (1969) und Mühlner (1972) um nur zwei zu nennen ließen sich von solchen Argumenten nicht beeindrucken. Wenn sich auch beide Richtungen im primären Herangehen an die Valenzdarstellung unterscheiden, so war dennoch zu erkennen, daß ihnen die Beachtung syntaktischer u n d semantischer Relationen als wesentlich erschien. So betonten Mühlner/ Radtke (1973) zu Zeiten umfangreicher einzelverbaler Valenzbeschreibungen Anfang der siebziger Jahre, daß valenzbedingte Satzkonfigura- FLuL 22 (1993) 190 Ferdi Einert tionen mit der gleichen Allgemeinbedeutung Klassen von Sätzen bilden, die einen semantischen Satztyp konstituieren. Unter Bezugnahme auf die funktionale Sprachbetrachtung in der sowjetischen Linguistik (Bondarko 1971) erfolgte sowohl in der damaligen DDR als auch in der Sowjetunion eine semantisch ausgerichtete Sprachbetrachtung unter funktionalkommunikativem Aspekt. Das Ziel dieser Betrachtungsweise bestand darin, Sprachmittelkomplexe zu entsprechenden Sachverhaltsklassen aufzustellen und sie unter Nutzung des Feldgedankens zu ordnen. Die Beschreibung von Einzelverben (Belkina 1972) machte auf Feldbeziehungen aufmerksam; mehr und mehr stellten auch Begriffsfelder wie „Furcht" (Rastocinskaja 1975), "Ziel" (Zubova 1975), "Mitteilen" (Kroll' 1969) u.a. den Ausgangspunkt für die Darstellung der entsprechenden Lexik dar. Im prädikativen Bereich kristallisierten sich sogenannte lexikalischsemantische Gruppen (LSG) heraus. Bei ihrer Darstellung fanden lexikalischsemantische und grammatisch-syntaktische Aspekte gleichermaßen Beachtung. Aus unterrichtspraktischen Bedürfnissen heraus entstand die Notwendigkeit, die prädikativen Ausdrucksmittel für den Fremdsprachenunterricht zu beschreiben. Die Untersuchungen waren zumeist konfrontativ angelegt. Neben LSG zur Gemeinsprache existieren auch Darstellungen zu Kommunikationsbereichen der Fachsprache. Dahinter stand das Bemühen, den verbalen Wortschatz bestimmter Kommunikationsbereiche in seiner Gesamtheit darzustellen. Nach diesen einleitenden Bemerkungen sollen im folgenden einige Arbeiten zu dem skizzierten Problemkreis ein wenig näher vorgestellt werden. 2. Lexikalisch-semantische Gruppen Die Hinwendung zu relevanten lexikalisch-semantischen Gruppen (LSG) der verbalen Phrase ist in der Sowjetunion seit Anfang der siebziger Jahre zu beobachten. Es sind Arbeiten zu verschiedenen Sprachen vorgelegt worden. Novoselova (1972) wandte sich den Verben des 'Schaffens/ Kreierens' im Russischen zu. Sie wollte den inneren Aufbau einer homogenen Gruppe untersuchen, um allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten zu ermitteln. Ausgebend von der allgemeinen syntagmatischen Strukturformel SN + V + SA + izSG unterscheidet sie: 1. Verben mit der Hauptbedeutung des 'Schaffens': nähen, weben, flechten, schmieren, prägen, zwirnen, modellieren, zuschneiden, u.a. 2. Verben mit abgeleiteter Bedeutung des 'Schaffens': drehen, schleifen, schneiden, hobeln, meißeln, legen, rollen, fällen, u.a. 3. Verben mit verallgemeinerten Bedeutungen des Typs: machen, erzeugen, errichten, produzieren, schaffen, erfüllen, bereiten, u.a. Bei der Beschreibung von lexikalisch-semantischen Gruppen (LSG) ergibt sich folgende Hierarchisierung: FLuL 22 (1993) Zur feldmäßigen Gliederung des verbalen Wortschatzes 191 (a) ein Zentrum mit kategorietypischer Lexik (b) eine Spezialisierung um das Zentrum mit erhöhtem Semantisierungsgrad (c) eine Peripherie mit Bedeutungsverdünnung und funktionalen Mitteln (vgl. Abramov 1980, Klepikova 1980). Das ermittelte Sprachmaterial ordnet sich um eine Invariante. Bystrova/ Kapatruk/ Levickij (1980: 75) sprechen vom Gruppen- oder Identifikationswort als demjenigen, das den „Begriff, die Idee in allgemeiner, abstrakter und neutraler Form" ausdrückt. Nefedova ( 1983) bezeichnet die semantische Invariante als „Stützelement" ("oporny element"), das kein Lexem, sondern die allgemeine Bedeutung ist, um die sich andere artverwandte Bedeutungen gruppieren. Stütztind Erweiterungsmerkmale ("dopolnitel'nye") befinden sich in kombinierten mehrstufigen Abhängigkeiten der semantischen Merkmale zueinander. Unsere Vorstellungen über den Aufbau und das Funktionieren der Sprache werden dadurch bereichert; neue Aspekte treten zutage; was auch die Forschungsmethodologie beeinflußt (vgl. Klepikova 1980: 83). In jüngeren Arbeiten zur lexikalischen Semantik unternehmen sowjetische Forscher den Versuch, den gesamten verbalen Wortschatz bestimmter Kommunikationsbereiche zu klassifizieren und zu beschreiben (Kil'dibekova 1986, Gridneva 1987, Verebenko 1987). Im verbalen Bereich unterscheidet Astrameckaja (1984: 11) "nichtfachwortspezifische und terminologische Verben", wobei sie letztere in engspezialisierte "fachwortschatzspezifische") und in fachbezogen verwendete Verben unterteilt. Bei den Verben von „Umwandlungsprozessen" nimmt sie folgende Aufteilung vor (vgl. Astrameckaja 1984: 19): aussteuern= modulieren (de-, auf-, vor-, über-, zeit-, geschwindigkeits-, kollektor-, rechteck-, helligkeits-, amplituden-, puls-, pulsphasen-, dichte-, stromdichtemodulieren) frequenzumsetzen = frequenzmodulieren (hochfrequenz-, niederfrequenzmodulieren) verschlüsseln = kodieren (impulsverschlüsseln, impulszahl-, impulsphasen-) entschlüsseln = dekodieren umspannen = transformieren (hinauf-, herauf-, hoch-, hinabtransformieren) quantisieren (amplitudenquantisieren) gleichrichten (invertieren, rückkomplementieren) detektieren generieren. Bei den Untersuchungen zur Fachsprache des Nachrichtenwesens Französisch traten die soeben vorgestellten Verben auch in Erscheinung. Die Verben des „Umwandelns" wiesen eine Untergliederung nach qualitativen und quantitativen Merkmalen der Zunahme, Abnahme, Nivellierung und Zielerreichung aus. Je nach der Sichtweise sind die obigen Verben auch anderen Gruppen zuordnungsfähig: detektieren ➔ Empfangen, generieren ➔ Schaffen, Erzeugen (vgl. Einert 1987). Bei Grecko (1986: 16) war die Betrachtung „ornativer Beziehungen" in der Gemein- und Fachsprache interessant. In der Gemeinsprache ermittelte er eine "zeit- FLuL 22 (1993) 192 Ferdi Einert weilige Lagebeziehung": Das Glas ist mit Wasser gefüllt. In der Wissenschaftssprache werden die ornativen Beziehungen zum Wesensmerkmal der Ganzheit abgewandelt, wobei eine Hierarchie der „wechselseitigen Anordnung der Elemente technischer Vorrichtungen" erschließbar ist. Das neu entstandene technische Objekt wird auch als „Resultativ" bezeichnet: Das Betriebssystem ist modular aufgebaut. Alle Geräte sind mit einer frei programmierbaren Steuerung ausgerüstet. Der Verfasser.widmet sich dem Mikrofeld der Zweckbestimmung, wozu er entsprechendes lexikalisches Material auflistet: dienen zu, geeignet sein für, anwenden, haben, bestehen in. Diese LSG hat in technischen Fachsprachen eine große Vorkommenshäufigkeit, so daß sie Beachtung verdient (vgl. Einert 1987: 7-77). Den Beschreibungsverfahren ist bislang die ausführliche Darstellung von einfachen und komplexen Feldern eigen. Die Versuche, den Wortschatz einer Wortart zu einem bestimmten Kommunikationsausschnitt zu systematisieren, sind belegt. Allerdings wurde die entsprechende Aufbereitung für Unterrichtszwecke immer wi~der bemängelt. Erste Ergebnisse legte zum Franzqsischen hierzu Forner (1990) vor. Dem gleichen Anliegen war das von ihm veranstaltete Fachsprachen-Kolloquium zur „Internation~len Projektierung" an der Universität und Gesamthochschule Siegen 1991 gewidmet. Forner stellte dabei Funktionsverbgefüge, Relationsverben geometrischer Texte und Redemittel zu negociation und quantification vor. Ein Übungsapparat in Gestalt von Transformations- und Formulierungsübungen wurde vorgestellt, um die demonstrierten Valenzbeziehungen unterrichtsbezogen (sprachpraktisch) aufzubereiten. Der Nutzen einer Beschreibung verbaler Gruppen läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß Systembeziehungen des Lexikons aufgezeigt werden, die durch entsprechendes Wortgut zentral und peripher ausgewiesen werden. Damit bekommt der Sprachnutzer eine Orientierungshilfe an die Hand, zu der er entsprechend seinem kommunikativen Bedürfnis Ergänzungen vornehmen kann, da es sich um ein offenes und „umfunktionierbares" System handelt. Die sichere und in ökonomisch vertretbarer Zeit zu realisierende Illokution soll dadurch .unterstützt werden. Sowohl die Gestaltung des Fremdsprachenunterrichts als auch Dolmetscherleistungen dürften davon profitieren. Derartige Muster für den Fremdsprachenerwerb wirken sich auch positiv für die Kommunikation in der Muttersprache aus. Das Sprachmaterial wird bewußter und in einer größeren Ausdrucksvarianz eingesetzt. Die Angst vor Vokabellücken zur Bewältigung der Prädikation geht zurück, weil durch kognitive Bewußtmachung die Verfügbarkeit lexikalischer Mittel gefördert wird. 3. Ostdeutsche Untersuchungsergebnisse Im Rahmen dieses Beitrages kann nur auf einige interessante Arbeiten verwiesen werden, die sich in die Bemühungen um eine Systematisierung des verbalen Wort- FLuL 22 (1993) Zur feldmäßigen Gliederung des verbalen Wortschatzes 193 schatzes bestimmter Kommunikationsbereiche einreihen. Hierzu zählen insbesondere Erörterungen zu den Kommunikationsverfahren (KV). Jaekel (1988) stellt die KV Definieren, Charakterisieren, Vergleichen und Klassifizieren in der englischen Fachkommunikation des Maschinenbaus, der Textiltechnik, der Werkstoffkunde, der Elektrotechnik und der Mathematik vor. Ein KV wird nicht als isolierte Erscheinung aufgefaßt, die KV kooperieren untereinander und können als Dominanz- oder Servoverfahren (untergeordnetes) in Erscheinung treten. So erwies sich Charakterisieren als dominant, wenn es mit Feststellen, Beurteilen, Begründen, Schlußfolgern, Benennen, Explizieren, Verallgemeinern kooperiert, es ist ein Servoverfahren bei Begründen, Schlußfolgern, Verallgemeinern (Jaekel 1988: 107). Das KV Definieren kooperiert mit dem KV Klassifizieren: A machine tool is a power-driven machine used to fashion objects out of metals. Durch die Zuordnung des zu definierenden Gegenstandes zu einer Klasse und unter Angabe des spezifischen Unterschiedes erfolgt die Definition des Objektes (Jaekel 1988: 26). Definieren kann auch durch Vergleichen, Klassifizieren realisiert sein. Diese Verfahren stehen in Funktion einer Definition, denn Definitionen bestehen zumeist aus nur einem. Satz (Jaekel 1988: 29). Mit Hilfe funktional-kommunikativer Merkmale (FKM) sollen die Merkmale eines Objektes wiedergegeben werden. Für Definieren sind als wichtigste FKM herausgearbeitet worden: Eigenschaften des Objektes, Verwendung/ Zweck des Objektes. Als weitere werden angeführt: Bestandteile/ Zusammensetzung des Objektes, Verbindung/ Beziehung des Objektes zu anderen Objekten, Arbeitsweise des Objektes, Form/ Aufbau des Objektes, Auswirkungen/ Folgeerscheinungen, Inhalt des Objektes, Gewinnung/ Herstellung des Objektes, Prinzip/ Grundlagen des Objektes, Entstehung/ Entwicklung des Objektes (Jaekel 1988: 51). Zu den zwei Hauptmerkmalen werden sprachliche Realisierungen angeführt: A 'islinay be defined as/ is calledlis referred to as, u.a. oder A is used to denoteldefine/ describe, u.a. (Jaekel 1988: 36). Aus der Vielfalt der auftretenden Vernetzungen erkennt die Verfasserin die Notwendigkeit, ein Nachschlagewerk wichtiger syntaktischer Strukturen für die Realisierung fachbezogener KV aufzustellen (Jaekel 1988: 114 ). Die Ermittlung eines Typenverbs für ein KV entspricht dem Gruppen- oder Identifikationswort der LSG; FKM als "marker" unterstreichen die Bestimmung inhaltlicher Gebrauchsbedingungen für illokutive Absichten. Die Herausarbeitung der alternierenden Verwendung sprachlicher Mittel infolge veränderter Fokussierung der KV ist das Novum der Arbeit, wodurch auf die Paßfähigkeit des Wortschatzes hingewiesen wird. Köhler (1988) analysiert die in Texten der Chemie, Physik, Ökonomie, des Maschinenbaus, des Ingenieurwesens und technischer Handbücher auftretenden semantischen Satzmodelle. Anliegen ist es, anhand der vergegenwärtigten logischsemantischen Satzstrukturierung entsprechende lexikalisch-syntaktische Versprachlichungen zu ermitteln. Bei der Aufstellung der Satzmodelle geht Köhler vom begrifflichen Konzept aus, das er in seiner logisch-semantischen Strukturierung FLuL 22 (1993) 194 Ferdi Einert darzustellen versucht. Solch einem Modell ordnet er ein Leitverb zu, das ein lexikalisch-semantisches Feld repräsentiert. Es wird eine enge Verbindung zwischen lexikalischem und grammatischem Wissen für die Gestaltung der Prädikation angestrebt (Köhler 1988: 158). Nachfolgend einige Beispiele für die semantischen Satzmodelle von Köhler (1988: 151 und 155): Existence Process Motion Contact Action Action Existing Source II Leitverb: give oft The "drive" arises from the pressure. Certain liquids, such as milk, would develop sourness if allowed to stand. Performer Patient II Leitverb: rub The head of the match is rubbed against the striking surface. Agent Performer Patient II Leitverb: hit ff a sound wave hits a hard obstacle it is reflected. Agent Agent II Leitverb: operate The thermostat operates a switch. Es werden Satzmodelle zu den folgenden Sachverhalten aufgestellt: Entstehen und Vergehen, Erzeugen und Vernichten, Bilden, Abtrennen oder Herauslösen, Vernichten, Identität, Ähnlichkeit, Ungleichheit, Maß, Klasse-Element, Nichtvorhandensein, Hinzufügen, Verbinden, stabiler Kontakt, Abhängigkeit, Notwendigkeit, Dauer, Veränderung von Eigenschaften und Zuständen, Bewegung und Fortbewegung, Überwinden von Hindernissen und nichtstabilen Kontakten (Köhler 1988: 73,76 et passim). Unberücksichtigt ließ der Autor die Sachverhaltsklassen Besitz und Besitzerwechsel, mentale Prozesse und Kommunikation, da das Belegmaterial unzureichend war (Köhler 1988: 142). Das Ziel des Verfassers, semantische Satzmuster für die Aneignung der „wichtigsten sprachlichen Mittel zur Darstellung der wichtigsten Sachverhalte" aufzustellen, wurde erreicht (Köhler 1988: 168). Davon können auch andere als die genannten fachsprachlichen Kommunikationsbereiche profitieren, da sich diese Sachverhaltsklassen, die natürlich weitere Modifizierungen aufweisen können, als universal erweisen. So treten in der vorgelegten Arbeit Transportverben weniger repräsentativ auf (transport, convey, transfer, transit, load, carry), obwohl Bewegungsprozesse in der Te"hnik Transport- oder Beförderungsverben reichhaltig aufweisen (Köhler 1988: 129-136). Textcorpora zum Transport- und Nachrichtenwesen weisen eine größere Zahl an Transportverben auf und bedingen eine entsprechende Unterteilung. 1 Hinzu kommt, daß die meisten Verben des Transportwesens auch im Nachrichtenwesen vertreten 1 Vgl. Textcorpus Russisch, Englisch zum Transport- und Nachrichtenwesen am Institut für Fremdsprachen der Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List" Dresden. FLuL 22 (1993) Zur feldmäßigen Gliederung des verbalen Wortschatzes 195 sind. Der Nachrichtentechniker unterscheidet überdies zwischen einer Transport- und einer Übermittlungsleistung. Bei den Beförderungsverben transporter, diriger, deplacer, vehiculer zeichnet sich die Unterscheidung in Transport- und Nachrichtenprozesse in folgender Weise ab (Einert 1987: 95 und 103): die eigentliche Bewegung ist nicht mehr sichtbar, wohl aber visualisierbar; die Geschwindigkeit der Bewegung nimmt zu; das Transportmittel wird durch ein Trägermedium ersetzt, das vom Ausmaß her kleiner ist; die Bewegung kann schnell, optimal in Hin- und Herrichtung erfolgen; die Entfernung kann kurz bis unendlich sein. Bei Übertragungsprozessen muß die zu übermittelnde Nachricht kodiert werden. Als Agentien fungieren in der Übertragungstechnik Energieträger, Streckenführungen der Energieträger, Parameter, Aggregate, Einrichtungen; in Transporttexten stehen dafür Hum, Hum + Aggregat, Aggregat, Transportbehältnisse. La bande transporteuse horizontale transporte jusqu' a la position de tri [es colis amenes par le glissoir. D' abord ce reseau transporte entre abonnh l' iriformation parlee: c' est la transmission. Beobachtungen haben gezeigt, daß eine kog11itive Darstellung der Lexik die Speicherfähigkeit und die Differenzierbarkeit des abzurufenden Lexikmaterials erhöhen. Die Übersicht zu Köhlers semantischen Satzmodellen weist 28 Typen aus, zählt man die Untertypen hinzu, so kommt man auf insgesamt 50 Modellierungen. Das ergibt sich aus der Tatsache, daß Köhler (1988: 168) an einer „Einsichtigkeit der semantischen Rollen" für den Nutzer gelegen ist und somit die Rollenbeziehungen stärker differenziert. Seine semantischen Satzmodelle regen zu folgenden LSG an, in denen sie zusammengefaßt repräsentiert sind: - Verbindungs- oder Kontaktverben (vgl. Verben des 'Versehens mit' bei Einert 1987), - Trenn- oder Annihilierverben, - Qualitative und quantitative Verben der Änderung (vgl. Verben des Umwandelns bei Einert 1987), - Bewegungs- oder Transportverben, - Adverbial gebundene Verben der Modalität, Temporalität, Lokalität, Relationsverben. Die von Köhler vorgestellte Feingliederung soll dadurch nicht in Frage gestellt werden, vielmehr soll auf die Beziehung zu existierenden Gruppenbeschreibungen verwiesen werden. Derartige Bezugspunkte könnten helfen, zu einem standardisierbaren Erfassungskatalog zu gelangen, um jeweiligen Verzweigungen besser folgen zu können, was für eine gesamtsystematische Darstellung des Lexikons von Vorteil wäre. Köhler (1988: 169) empfiehlt als Übungsformen zur Anwendung der beschriebenen Lexik die Beschreibung von Gegenständen, die Beschreibung von technologischen Abläufen und Klassifikationsmerkmalen sowie die Suche nach Synonymen und Antonymen. Der Einbeziehung von Bildspendern mißt er große Bedeutung bei (Bilder, Filme, Realia, u.ä). Leutzsch (1985) widmet sich den lokal-relationalen Verben der räumlichen Komposition im Französischen. Er weist nach, daß zunächst lokal-relationale Beziehungen vom Menschen wahrgenommen werden und danach die Erkenntnis FLuL 22 (1993) 196 Ferdi Einert der Bewegung der realen Umwelt über die Verbalisierung erfolgt, also ein lokaler Bezugsrahmen, in dem Bewegungsprozesse ablaufen können (Leutzsch 1985: 33). Somit verwundert nicht, daß die meisten Verben für die Wiedergabe stataler und dynamischer Verhältnisse Verwendung finden; bevorzugtes Feld verbaler Lexeme ist dasjenige der Kennzeichnung eines Standortes. Damit wird das Wesen dieses fachbezogenen Kommunikationsbereiches charakterisiert: die Wiedergabe räumlicher Lagebeziehungen zwischen den Baukörpern bzw. Anlagen (Leutzsch 1985: 46). Als Besonderheit dieses Fachbereichs ist festzuhalten, daß erwartete Lokalangaben gar nicht so frequent sind, der Lokativ ist als Beziehungsgefüge zwischen Agens und Patiens oder oberflächensyntaktisch ausgedrückt zwischen Subjekt und direktem Objekt realisiert: Deux couronnes d' immeubles collectifs entourent le parc (Leutzsch 1985: 46). Die Semantizität der Verben impliziert modale Anordnungsweisen. Modale Seme sind in der Verbsemantik abgebunden (vgl. Leutzsch 1985: 103): s' entrecroiser se croiser croiser sich in zwei Ebenen kreuzen, sich in einer Ebene kreuzen, kreuzen. Der Bewegungscharakter ist virtuell, es wird nur eine "räumliche Situation" denotiert, in der sich der Mensch bewegen kann (Leutzsch 1985: 47). In der Subjektposition steht demnach ein Zustandstr~ger. Der Verfasser unterscheidet das lexikalisch-semantische Feld des Standortes und der Standortgebung. Dasjenige der Standortgebung unterstreicht konzeptionelle Tätigkeit zur Herstellung städtebaulichräumlicher Situationen (Leutzsch 1985: 82). Der Hum-Charakter dieses Feldes ist unverkennbar: Nous pouvons ... regrouper les differentes composantes du mobilier urbain (Leutzsch 1985: 96). Au bout de l' allee ... nous avons juxtapose en plan deux cercles (Leutzsch 1985: 112). Als Funktoren werden herausgearbeitet (Leutzsch 1985: 85 f.): Aktion/ Bewegung/ Handlung/ Ort (Standortgebung); Zustand/ Beziehung/ Ort (Standort). Der Zustandsträger tritt als das Neue in Erscheinung, das in Beziehung zu Existierendem steht, d.h. ein Detail wird einem Komplex zugeordnet. Der Zustandsträger ist Resultat eines vorangegangenen Prozesses bzw. einer Handlung, deren Bewegungsmaterie als Bauwerk manifest ist, das heißt erstarrt abgebunden ist = statal. Die Relation zwischen beiden lexikalisch-semantischen Feldern ist einsichtig, für den Fachmann erkennbar und abgrenzbar. Der Übergang von statal zu dynamisch ist bei desservir belegt: etages desservis par un escalier commun; La rue traditionnelle dessert des logements, quelques commerces, des ecoles (Leutzsch 1985: 60 und 68). Aus dem statalen Relationsbzw. Verbindungsgefüge kann ein durch Animisierung gekennzeichnetes Verkehrsgefüge werden, bei dem der Verkehrsablauf dominiert. FLuL 22 (1993) Zur feldmäßigen Gliederung des verbalen Wortschatzes 197 Verbreihungen sind auffindbar, der Autor arbeitete sie nicht heraus. Das Gleiche betrifft lokale Einordnungen von mikrolokalen in makrolokale Strukturen, wobei die Mikrolokalität valenzgebunden ist, die Makrolokalität eine Einordnung in größerem Rahmen (assoziativ, adversativ) wiedergibt. Die Hauptkriterien der beiden Feldaufteilungen sind: Aufnahme auf ein Terrain, Größe, Ausdehnung auf einem Terrain, Verlauf als Ausgangspunkt, Zielpunkt und Streckenführung; Nachbarschaft als Begrenzung, Zwischenstrukturelement (Verbindung, Trennung), Einordnung, Kontrast; Senkrechte als Höhe und Tiefe. Die Untergruppe Verlauf ist reich an modalen Sichtweisen. Die doppelte Einordnung von tourner - (a) zu: Begrenzung als Öffnung (b) zu: ineinander unterstreicht die Paßfähigkeit verbaler Lexeme: / es loggias toitrnees vers le parc; une organisation radio-concentrique tournee vers / es equipements preexistants (Leutzsch 1985: 126). Für den Fremdsprachenunterricht dürfte eine feldmäßige Aufarbeitung der Lexik unter Herausstellung gegebener multilateraler Gebrauchsbedingungen nicht unwesentlich sein, zumal der Lernende einen Eindruck von der Flexibilität des Wortschatzes vermittelt bekommt. 4. Subjektstellen Bei den Betrachtungen zur verbalen Phrase verdienyn die Realisierungen der Subjektpositionen aus semantischer und syntaktischer Sicht unsere besondere Aufmerksamkeit. Wie im Nachrichtenwesen (Einert 1987), in derTextiltechnik (Pässler 1984) und in der Architektur (Leutzsch 1985) treten bei aktionalem Geschehen Agentia als kausativierende Humangrößen dominant und als energetische Größen (Performer) in Erscheinung. Köhler (1988: 130) arbeitet zusätzlich ein Permitter-Agentive heraus, das zwar am gemeinsprachlichen Beispiel demonstriert wird, aber in adäquater Weise im technischen Bereich präsent ist: John dropped himself into the pool. (Permitter-Agentive) = Agent = Performer John dropped the stone into the pool. (Permitter-Agentive) = Agent * Performer. Das letzte Beispiel schafft den Übergang zum Agens als Kausator. Dem Agens kann aber auch die Rolle eines Preventers zukommen, d.h., es hat einen Kontakt zum Schutze einer Größe zu verhindern. Der handelnde Mensch kann einen Wirkstoff oder ein anderes Mittel instrumental für den Schutz einsetzen. Der Autor beschränkt das nur auf das statische Muster Agent = Instrument, die potentielle Rolle des Instruments macht er von der „Bewertung der außersprachlichen Realität FLuL 22 (1993) 198 Ferdi Einert abhängig": A river divides the southern and the northern part. A thin film of oxide protects the meta/ from attack. (Köhler 1988: 106). Nach Köhler erfolgt die Angabe eines Instrumentes an der Oberfläche durch die Präposition with, wodurch hervorgehoben ist, daß das Instrument unter der Kontrolle eines Agens steht (hammer, chisel). In passiven Strukturen ohne Agens kann by verwendet werden. Außerdem kann es in passiven Formen besonders für / Method/ Verwendung finden: The destillation products can be treated by further refining process (Köhler 1988: 91 und 97). Meßsysteme können A-Leerstellen im Aktiv besetzen, folglich auch im Passiv. Auf ihren aktionalen Charakter deutet by neben with im Aktiv hin: We measure the intensity of the ... with lusingl by a cyanometer (Köhler 1988: 96). Köhler betont auch, daß im Passiv by-Realisierungen einen "komplexeren Instrument-Begriff, vor allem Maschinen und Methoden", indizieren, wovon er explizit "einfache Werkzeuge und Materialien" abhebt. Den Instrumenten behält er die Realisierung durch bestimmte Wendungen vor: with the help of, by means of, using (Köhler 1988: 147). Transportmittel bedürfen nach seiner Auffassung einer gesonderten Behandlung im Fremdsprachenunterricht: Oil is most satisfactorily transported by pipeline/ by road tanker (Köhler: a.a.O.). Diese Feststellung entspricht den Gegebenheiten bei der Arbeit mit Texten zum Verkehrswesen; gleichzeitig regt die ausführliche Behandlung der Besetzung von Agensstellen in der Oberflächen- und Tiefenstruktur zu Reflexionen in anderen Sprachen und Fachgebieten an (vgl. Einert 1982, 1990). Es sei noch angemerkt, daß mikrolinguistische Darstellungen verbale Beschreibungen unter dem Aspekt satzbildender Funktionen einschließen. Makrolinguistische Betrachtungen zum Text bzw. Fachtext verweisen ebenfalls auf den entscheidenden Anteil der verbalen Phrase. Die lexikalisch-semantischen sowie grammatisch-syntaktischen Merkmale bestimmter Verben bzw. Verbgruppen können eine aufschlußreiche Rolle bei der Abgrenzung von Fachtextsorten spielen. So konstatieren Krämer (1987: 76) und Robaschik/ Burvikova (1987: 91) die Dominanz von Verben bestimmter LSG in den Textsorten 'Rezension' und 'Wissenschaftlerbiographien'. Hoffmann (1987: 49) weist in seiner Matrix zur Strukturiertheit des Fachtextes ebenfalls Prädikatsphrasen aus. Baumann (1987: 18) faßt die KV als Konstituenten eines Textes auf und verspricht sich vom Auffinden typischer KV-Kombinationen weitere Aufschlüsse über die Differenzierung von Fachtextsorten. Bleibt zu hoffen, daß der Beitrag einen Einblick in Untersuchungen der verbalen Phrase in der Sowjetunion und im Osten Deutschlands gibt bzw. daß er zum Studium dieser oder jener Literaturquelle anregt.2 2 Zu sowjetischen Arbeiten ist eine Auswahlbibliographie erstellt worden, die den Zeitraum von 1981-1987 umfaßt (vgl. Einert 1985). FLuL 22 (1993) Zur feldmäßigen Gliederung des verbalen Wortschatzes 199 Bibliographische Angaben ABRAMOV, V. P.: Strukturno-semanticeskoe opisanie glagolov peredaci v russkom jazyke. Diss. Moskva 1980. ASTRAMECKAJA, T. P.: Osobennosti semantiki nemeckich glagolov v naucno-techniceskoj literature pod-jazyka radioelektroniki. Avtoreferat. Minsk 1984. BAUMANN, K.-D.: "Ein Versuch der ganzheitlichen Betrachtung von Fachtexten". In: HOFFMANN (Hrsg.) 1987, 10-22. BELKINA, Z. V.: Semanticeskij analiz glagol'noj leksemy "davat'" v sopostavlenii s nemeckim i francuzskim ekvivalentami. Avtoreferat. Vorones 1972. BONDARKO, A. 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