eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 23/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1994
231 Gnutzmann Küster Schramm

Melanie HIGI-WYDLER: Zur Übersetzung von Idiomen

121
1994
Bernd Stefanink
Melanie HIGI-WYDLER: Zur Übersetzung von Idiomen. Eine Beschreibung und Klassifizierung deutscher Idiome und ihrer französischen Übersetzungen. Bern [usw.]: Lang 1989 (Europäische Hochschulschriften. Reihe XIII: Französische Sprache und Literatur; 146), 335 Seiten [DM 90,-]
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Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 275 Das lexikalische Pendant zu dieser Übersetzergrammatik stellt Käthe Henschelmann mit dem Projekt eines „Kleinen Übersetzungswörterbuches Französisch-Deutsch" vor, das man aufgrund seiner quantitativ stark eingeschränkten Makrostruktur (vorläufig 40 in Arbeit befindliche Stichwörter) und seiner reich ausgearbeiteten Mikrostruktur wohl eher als ein exemplarisch vorgehendes Lernerwörterbuch für Übersetzer bezeichnen sollte. Die Grundlage für derartige didaktische Vorhaben bilden minutiöse kontrastive Untersuchungen zu Einzelaspekten, wie „Kommen und Gehen im Deutschen und Französischen" (Jutta Rösner [215-228]), "Zur Benennung von Schallereignissen im Deutschen und Französischen" (Hiltraud Dupuy-Engelhardt [149-154]), u.a. Neben diesen Detailuntersuchungen finden wir auch kontrastive Studien interkultureller Art sowie den Beitrag von Chr. Nord zum funktionalen Textsortenvergleich (141-148), in dem der aufmerksame Leser manche Passagen entdecken wird, die aus ihrem oben besprochenen Werk ohne Angabe der Quelle wörtlich übernommen wurden (so entsprechen etwa die Seiten 141-142 den Seiten 26-27 özw. 86 des UTB-Bandes). Alles in allem liefern die genannten Beiträge dem Übersetzungsdidaktiker manche Anregung, wobei jedoch ein zentraler Aspekt nicht außer Acht gelassen werden darf: Translatorische Kompetenz läßt sich auf diesem Wege in nur sehr begrenztem Maße entwickeln. Dazu bedarf es der Vermittlung von Strategiebewußtsein, wie ich es an anderer Stelle eingehend beschrieben habe. Solange ein entsprechendes „Bewußtseins" fehlt, tragen derartige Untersuchungen zu Äquivalenzen auf Wort- oder Syntagmaebene eher dazu bei, daß nicht-professionnelle Übersetzer auch weiterhin diese Mikrostrukturen fälschlicherweise mit den Übersetzungseinheiten gleichsetzen. Melanie HIGI-WYDLER: Zur Übersetzung von Idiomen. Eine Beschreibung und Klassifizierung deutscher Idiome und ihrer französischen Übersetzungen. Bern [usw.]: Lang 1989 (Europäische Hochschulschriften. Reihe XIII: Französische Sprache und Literatur; 146), 335 Seiten [DM 90,-]. Es handelt sich um eine Dissertation, die im Jahre 1988 an der Universität Zürich angenommen wurde. Dies impliziert einige Pflichtübungen, die mit dieser Textsorte verbunden sind und die ihren Sinn haben, wenn sie zu einem homogenen Ganzen verwoben sind. So sollte der traditionelle „Forschungsüberblick [zur Phraseologiediskussion]" nicht nur zeigen, daß man mit der einschlägigen Literatur vertraut ist, sondern darüber hinaus eine genaue Standortbestimmung des eigenen Ansatzes liefern. Die von der Vf. vorgenommene (nicht-systematische) Klassifizierung der Forschungsliteratur, die sich mit der Aufzählung von 31 Namen auf 42 Seiten begnügt und bei der die sprachräumliche an keiner Stelle begründete - Zuordnung als einziges Gliederungskriterium fungiert, leistet dies natürlich nicht und trägt deshalb auch nicht dazu bei, die genaue Position von M. Higi-Wydler zu verdeutlichen. In einem 2. Abschnitt (51-132) charakterisiert die Vf. den Begriff 'Idiom' unter Berufung auf die einschlägige Fachliteratur und gelangt zu einer Definition, die der Erstellung ihres Korpus (3 700 Belege aus zehn modernen Erzählungen und Romanen mit ihren Übersetzungen) zugrunde liegt. Die anschließende „Klärung der wichtigsten übersetzungswissenschaftlichen Begriffe" (135), die die Voraussetzung für den nachfolgenden Übersetzungsvergleich bildet, geht von Jörn Albrechts Darstellung des Übersetzungsprozesses aus und konzentriert sich auf eine Erörterung des Äquivalenzbegriffes, vornehmlich in Anlehnung an Werner Koller (135-160). In einem letzten Teil (161-317) werden schließlich die Korpusbelege in drei Hauptklassen (Totale, Partielle und Null-Äquivalenz) eingeteilt und auf Unterschiede auf den verschiedenen Äquivalenzebenen hin untersucht. In einer „Restklasse" werden falsche oder nicht übersetzte Idiome analysiert. Bezeichnend für den „theoretischen" Ansatz dieser Untersuchung ist die folgende Aussage: "Ein beträchtlicher Teil aller Belege meines Korpus zeichnet sich durch eine vollständige Äquivalenz zwischen deutschem Idiom und französischer Übersetzung aus, d.h. durch eine FLuL 23 (1994) 276 Eingegangene Bücher Übereinstimmung auf allen sprachlichen Ebenen. Bei den ldiomübersetzungen mit totaler Äquivalenz spielt der Kontext meist keine Rolle [...]" (162). Auf das übersetzerische Bewußtsein von L2-Sprechern dürfte sie sich jedenfalls sehr negativ auswirken. Die hier zugrunde gelegte Auffassung von übersetzerischem Handeln ist zu eng gefaßt. Immer wieder wird der Blick auf das Syntagma als Übersetzungseinheit gelenkt und innerhalb von diesem auf einzelne Wörter. So etwa wenn die Vf. zu folgender Erkenntnis kommt: "Eine ganze Reihe von Beispielen aus meinem Korpus zeigt sodann, daß die deutsche Präposition im Französischen nicht einheitlich wiedergegeben wird. So können etwa die bei den deutschen Idiomen häufig anzutreffenden Präpositionen auf und in durch völlig verschiedene Präpositionen übersetzt werden: aufaufgrund en raison de / / auf einen Hieb d'un coup II Schlag auf Schlag coup par coup [...]" (163 t), wobei es im letzten Beispiel coup sur coup heißen muß und die für d'un coup angegebene Entsprechung sicher nicht die geläufigste ist. Ähnlich verhält es sich mit leid tun faire peine (166), das die Vf. aufgrund dieser Übersetzung zu den „total äquivalenten" Idiomen zählt. übersehen wird dabei, daß wir es auf der deutschen Seite mit einem „gesättigten" Syntagma zu tun haben, wie sich in Er tut mir leid (= abgeschlossene Aussage) zeigt, während „ungesättigtes" faire peine eine Ergänzung fordert (z.B. wäre1lfait peine a voir eine mögliche Übersetzung für Er tut einem leid). Die auf einer Beschreibung der formalen Ebene basierenden Statistiken verlieren durch die mangelnde Berücksichtigung des Kontextes an Aussagekraft; eine Einbeziehung der virtuellen Ebene, hier der Valenz, würde der Sache gerechter werden. Allerdings wäre dann die oben aufgestellte Behauptung bezüglich der Bedeutungslosigkeit des Kontextes bei "vollständiger Äquivalenz" kaum aufrechtzuerhalten. Kurz: Die Arbeit leidet unter mangelnder Stringenz der Kategorisierungen, die sich vor allem dort als besonders problematisch erweisen, wo die Vf. offensichtlich nicht über eine ausreichende Sprachkompetenz verfügt. Die gesamte Systematik ist zu sehr auf sprachliche Äquivalenz hin angelegt, läßt die situationelle und soziokulturelle Äquivalenz außer acht und läuft Gefahr, den Lerner in seiner Auffassung vom Wort oder Syntagma als Übersetzungseinheit zu bestärken. Eingega: {lgene Bücher * APFELBAUM, Birgit: Erzählen im Tandem. Sprachlernaktivitäten und die Konstruktion eines Diskursmusters in der Fremdsprache (Zielsprachen: Französisch und Deutsch). Tübingen: Narr 1993 (Tübinger Beiträge zur Linguistik; 387), X+ 239 Seiten.* BARoos1, Vilmos / ETIINGER, Stefan/ STÖLTING, Cecile: Redewendungen Französisch-Deutsch. Thematisches Wörter- und Übungsbuch. Tübingen: Francke 1992 (Uni Taschenbücher; 1703), XXVIII + 259 Seiten.* CANDELIER, Michel/ HERMANN-BRENNECKE, Gisela: Entre le choix et l'abandon: les langues etrangeres a l'ecole, vues d'Allemagne et de France. Ecole Normale Superieure de Fontenay/ Saint-Cloud: Didier 1993 (Collection Credif - Essais), 253 Seiten. * Das Sternchen hinter einem Buch verweist auf den Rezensionsteil in diesem Jahrgang. Ein doppeltes Sternchen deutet an, daß eine Besprechung für den Jg. 24 (1995) vorgesehen ist. Mit [T] sind Wörterbücher gekennzeichnet, die ausführlich im thematischen Teil behandelt werden. FLuL 23 (1994)