Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1995
241
Gnutzmann Küster SchrammKultureme erkennen, lehren und lernen
121
1995
Hartwig Kalverkämper
flul2410138
Hartwig Kalverkämper Kultureme erkennen, lehren und lernen Eine kontrastive und interdisziplinäre Herausforderung an die Forschung und Vermittlungspraxis Abstract. The subject of the article is Body Language as a highly differentiated ability inherent to human (and, of course, non human) behaviour and as a nonverbal communication system learnt by sociocultural influences. The importance of body language for organizing social relationships and for managing successful interaction in speech and dialogues cannot be denied. Therefore body language in its natural basis, social integration, cultural embedding, and intercultural differences must be opened to awareness by teaching and learning. Managers acting in international business or pupils in multicultural school classes are some of the motivated learners in the spectrum of interested people. Th~ article discusses critically the state of the pedagogical representation of nonverbal phenomena and has a look at their didactical application in textbooks, especially for French and German as Foreign Languages. 1. Kultur Erkennen und Lehren sind Prozesse der conditio humana, sie weisen den Menschen als handelndes, gestaltendes und bildungsfortschreitendes Wesen aus, sind also letztlich anthropologisch herausragende Leistungen. Sie stehen in einem Bedingungsverhältnis: Nur wer Erkenntnis gewonnen hat, kann diese lehren, nur wer zu lehren imstande ist, kann Erkenntnis vermitteln. Dies gilt ganz offensichtlich für die Abläufe im Berufsleben. Als beruflich Tätiger ist man zunächst eingebunden in Lehrangebote und Lernfortschritte, bis man dann von der eher rezeptiven zu einer produktiven, selbst also Erkenntnisse vermittelnden Position vorrückt. Für das Lehren von Erkenntnissen ist es unabdingbar, daß man Kriterien zur Verfügung hat, und zwar Kriterien, die es ermöglichen, die erkannte Komplexität zu• reduzieren, Ganzheiten zu gliedern, Funktionsgemeinschaften zu segmentieren, Diffuses oder Verwobenes zu strukturieren. Ohne solche Hilfen des Erkennens durch Überschaubarkeit und des Lehrens durch organisierenden Zugriff wäre, wie wir seit der Philosophie des Aristoteles wissen, kein geordneter Zuwachs von Wissen möglich. Die Wissenschaftstheorie spricht hier von den 'Modellen' und den 'Methoden', mit denen der Mensch der 'Welt' ihren Objekten, Sachverhalten, Beteiligten, Handlungszusammenhängen, ihren Zufällen, Gesetzmäßigkeiten und Gesetzen begegnet. Doch auch sie müssen natürlich erarbeitet werden. Das fällt um so schwerer, je natürlicher und somit selbstverständlicher das ist, was den Menschen umgibt oder ihn in seinem Verhalten ausmacht. Es hat immerhin bis zur Aufklärungszeit gedauert, die Welt in Kategorien zu packen und sie enzyklopädisch zu sezieren und zu FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 139 summieren; es hat bis zum 19. Jahrhundert gedauert, bis Teile der erfahrbaren Welt klassifiziert,. geordnet und systematisiert waren (man denke an Carl von Linnee im 18. Jahrhundert [Ordnungssystem der Flora mit binärer Nomenklatur] oder Dimitri Iwanowitsch Mendelejew bzw. Julius Lothar Meyer [chemisches Periodensystem] im 19. Jahrhundert); es geschah erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts, daß das tagtägliche Kommunikationsmittel des Menschen, die Sprache, kriteriengeleitet und somit wissenschaftlich untersucht wurde (Junggrammatiker, Vergleichende Sprachwissenschaft, germanistische, romanistische, slawistische Philologie), und dies erst ab Anfang des 20. Jahrhunderts mit eigenständigem Blick auf die funktionierenden Strukturen (Strukturalismus}, erweitert dann ab Mitte der sechziger Jahre auf die Texte (Textlinguistik), dann auf die Textsituationen (kommunikative Wende, Pragmalinguistik}, um schließlich in jener Komplexität anzulangen, die die wirkliche Dimension von Kommunikation ausmacht und demnach auch allein die adäquate Grundlage für die Analyse wie auch die adäquate Zielsetzung für die Lehre ist, nämlich die Sprache der Sprachgemeinschaft in ihrer kulturellen Gebundenheit, als Element und als Träger der Kultur, als 'Sprache-in-Funktion-und-Kultur'. Nun gehört der Begriff der 'Kultur' zwar zu den gesellschaftlichen Schlüsselbegriffen, dennoch ist er nicht mit einfachen Strichen zu umreißen. Im Sinne einer definitio per proprietates kann man es aber wagen, konstitutive Züge, die diesem Begriff Profil geben, herauszufiltem: Zum einen sicherlich Aspekte, die den homo sociologicus betreffen: • die identifikationsstiftende gleiche Sprache als gemeinsame Bindung; • die kollektiv empfundenen Wertvorstellungen und verhaltenssteuemden Inhalte; • identitätsstabilisierende äußere Manifestationsweisen von Werten, Zielen, sozialen Erfahrunge11; . • tradierte Formen des Feiems und des Gedenkens; • als unabdingbar und sozial verbindlich angesehene Markierungen im Lebenslauf der einzelnen Mitglieder der Gesellschaft; • konventionalisierte Formen des Umgangs miteinander und der sozialen Ordnung; • gemeinsam akzeptierte und kaum in Frage gestellte Einschätzungsgrundlagen gegenüber Fremdem, Andersartigem, Neuem, was sich insbesondere in Klischees und gefestigten Vorurteilen zeigt; und zum anderen Komponenten, die sich auf den homo faber beziehen: • kunstschaffender Ausdruckswille in Literatur und den Künsten und deren Selbstverständnis in der Auseinandersetzung zwischen traditionsbezogener Beharrung und zukunftsgerichteter Veränderung; zudem • forschender Gestaltungsdrang in den Wissenschaften und Technologien, was eng mit 'Fortschritt' verbunden ist; dabei aber auch einbezieht: • Kontakte des Transfers, Kooperation und Wettbewerb; schließlich und unverzichtbar • die Bereitschaft und Fähigkeit zu einer philosophischen Begleitung, zu einer ethischen Rückbesinnung und Korrekturbereitschaft, zu einer moralischen Reflexion, zu einer kritischsozialen Inspektion, zu einer Sensibilisierung für Grenzen des Machbaren und für eine prinzipielle Verantwortung vor der Zukunft. FLuL 24 (1995) 140 Hartwig Kalverkämper All diese Spezifika durchzieht das Grundverständnis, daß sie Ausprägungen eines Verhaltens und Handelns sind, das als normal, als akzeptiert, als bekannt, als eigen, eben als nicht-fremd, gelebt und weitergegeben wird. Der Begriff 'Kultur' belegt schon über sein Etymon, lat. colere 'bebauen', daß ihm der lange Atem, die weite Zeitspanne, die Gewöhnung, das Vertrautsein, ja die feste Prägung, die Normalität auch im Wechsel innewohnt. 2. Kategorisieren Um so schwieriger ist es, das systematische Potential kulturspezifischen Verhaltens die „emischen" Einheiten 1 zu erkennen, und dies erst recht, wenn das Verhalten als unbewußt und verborgen (Hall 1959)2, und dann andererseits doch wieder als Seelenspiegel und Fenster zum Inneren 3, wenn es also als eine geheimnisvolle und ambivalente Ausdrucksform des Menschen eingeschätzt wird. Nimmt man die gerade aufgeführten Spezifika von 'Kultur', lassen sich, unter der genannten Vorgabe, daß es sich um Formen des Verhaltens in der angloamerikanischen Tradition: behaviour handelt, Zuordnungen treffen, die die beobachtbare Komplexität kriteriengeleitet reduzieren (vgl. 1.): [vgl. Übersicht auf S. 141] 4 Die menschlichen Verhaltensweisen als konstitutiver Teil (-em, emische Einheit) von 'Kultur' sind grundsätzlich kommunikativ organisiert; deshalb finden sich die am Kommunikationsprozeß beteiligten Komponenten nämlich: (a) Partner, (b) Sprachsystem, (c) Spracheinsatz ('Text') und (d) Situation konsequenterweise als Kriterienvorgabe in dieser Einteilung nach 'nonverbal' (a; sowie c und d), 'verbal' (b), 'parasprachlich' (c) und 'extraverbal' (d; sowie a). Die individuellen, situationsgebundenen, varianten Phänomene sind bekanntlich die „etischen" Einheiten (vgl. Phonemik vs. Phonetik, oder graphemisch vs. graphetisch). 2 Fast (1971) spricht, wie viele anderen auch, von der Körpersprache als 'Maske', die es zu "entlarven" gilt; andererseits (vgl. Anm. 3) heißt es dort auch: "Der Körper lügt nicht." 3 Molcho (1983: 21) meint: "Der Körper ist der Handschuh der Seele, seine Sprache das Wort des Herzens. Jede innere Bewegung, Gefühle, Emotionen, Wünsche drücken sich durch unseren Körper aus." 4 Ich orientiere mich bei dieser Übersicht an den Ausführungen von Oksaar (1988: 28). Die dort zu findende einfache Aufstellung wird hier modifiziert und mit Gesichtspunkten von P. Ekman/ W. V. Friesen (nonverbale Behavioreme) sowie von G.L. Trager (parasprachliche Behavioreme) ergänzt. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... ausführende (wie? durch welche Mittel? ) n o n v e r b a l Mimik - Gestik - Körperbewegung/ -haltung Embleme Illustratoren Regulatoren durch verbale Ausdrucksbesteuern den Mittel wegungen, die Interaktionsfluß übersetzbar das Verbale (Aufhören, begleiten, Weiterreden, unterstützen, Tempoänderung, ergänzen etc.) verbal Wörter parasprachlich Stimmqualitäten Stimmgebungen - Stimmcharakterisatoren (Lachen, Weinen, Flüstern, Schluchzen, Jammern, ...) - Stimmqualifikatoren (Tonintensität, -höhe) - Stimmsegregate (Geräusche der Zunge/ Lippen, Einatmen etc.) 141 regulierende (wann? . vvo? ) extraverbal Zeit (Chronemik) Raum Distanz (Proxemik) intime Zone persönlich Zone soziale Zone öffentliche Zone Soziale Variablen - Alter, Geschlecht - Rolle, Beruf - Status soz. Beziehungen Diese Leitbegriffe umreißen das Format der modernen Linguistik: Mit der seit den sechziger Jahren erreichten Erweiterung ihres Untersuchungsbereichs von der Satzin die Text-Ebene hinein (Textlinguistik [vgl. Weinrich 1976, Gülich/ Raible 1977, Kalverkämper 1981a; 198lb]) ist auch, ab Ende der sechziger Jahre, die Kommunikationssituation in den Blick gelangt (Pragmatik, Pragmalinguistik), und mit ihr sind folgerichtig die soziokulturellen Bedingungen der am Text und an der Situation Beteiligten einbezogen worden (Soziolinguistik), was inzwischen mit der Mächtigkeit einer Orientierungsdisziplin - Interesse geweckt hat an den Verhaltensweisen und Konventionen gesellschaftlichen Handelns (Anthropologie) und schließlich dazu geführt hat, die kulturspezifischen Ausprägungen und Rahmenbedingungen mit einbeziehen zu müssen (Verhaltenspsychologie und Persönlichkeitsforschung, Kulturemforschung, Ethologie, Zoobiologie). In dieser Linie der wachsenden Komplexitäten ist inzwischen die Linguistik aufgerufen, in interdisziplinärem und kooperativem Zugriff ihr Analyse-Objekt, ihre Beschreibungsinstrumentarien und ihre Methodologie, letztlich auch ihre Sprachtheorie, zu überdenken und sicherlich in weiten und konstitutiven Bereichen neu zu fassen. Dabei wird sie, wie auch in dieser ordnenden Aufstellung des Objektbereichs, ihr Gewicht eindeutig auf die kultursystematische Ausprägung legen, indem sie nämlich als den umgreifenden Maßstab den homo sociologicus (s. 1.) nimmt, der als Gemeinwesen darauf angewiesen ist, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln in seinem Verhalten und in seinem Handeln kommunikativ zu sein. 5 Hier schließt sich dann wie selbstver- 5 Zum 'Handeln' folge ich der klaren, auf Max Weber und Karl Bühler basierenden Ableitung FLuL 24 (1995) 142 Hartwig Kalverkämper ständlich die Semiotik an, als die Wissenschaft von den verschieden komplexen Zeichen, den Zeicheninventaren und Zeichensystemen, den Zeichenbeziehungen, Zeichenverwendungen und Zeichenverbünden; als solche und, spätestens seit de Saussure, als auch der Linguistik übergeordnete Disziplin strebt sie eine Verklammerung von Sprache, Situation, Mensch und 'Welt' (d.i. Gegenstand, Sachverhalt; undals 'Gestaltung der Welt' - Handlungszusammenhang und Kultur) an, wobei sie das gegenseitig sich bedingende Zusammenwirken dieser Komponenten in ihrer Methodologie grundsätzlich beachtet. Man kann deshalb das gerade erwähnte vereinigende Schlüsselwort 'Kommunikation' zum Anlaß nehmen, von dorther, also nicht primär vom kultursystematisch geprägten Verhalten her, eine ganzheitlich-semiotisch orientierte Einteilung vorzunehmen. Hierzu folge ich dem Vorschlag von Rosenbusch/ Schober (1986: 6) 6: Kommunikation: Unmittelbare interpersonale Wahrnehmungs- und Wechselwirkungsprozesse verbale Kommunikation nonverbale Kommunikation vokale nonverb. Komm. (Paralinguistik) ---------sprachbegleitende Formen 9 selbständige Formen 9 nonvokale nonverb. Komm. (Körpersprache) 7 nonverbale Komm. im weiteren Sinn (Artefakte)8 von Gülich/ Raible (1977: 23): Dort sind vier „Stufen" des menschlichen Handelns oder der menschlichen Tätigkeit (1tp~t~) in zunehmender Spezifizierung angesetzt: 1. Stufe: Handeln "Tätigkeit, mit welcher derjenige, der sie ausführt - oder ggf. unterläßt -, einen „subjektiv gemeinten Sinn" [Weber] verbindet oder ein "Ziel" [Bühler] verfolgt). 2. Stufe: soziales/ kommunikatives Handeln. 3. Stufe: sprachlich und/ oder nichtsprachlich realisierbares Handeln. 4. Stufe: nur sprachlich realisierbares Handeln. 6 Unglücklich erscheint mir die Kategorie „nonverbale Kommunikation im weiteren Sinne", weil zum einen die Aufstellung eine Kommunikation im engeren Sinne nicht kennt und sich dadurch dort hierarchische Schwierigkeiten einstellen, und weil zum andern der Beginn und die Weite des „weiteren Sinns" nicht klar sind. Gemeint sind jedenfalls Ausdrucksformen wie Kleidung, Schenken von Blumen, offenes Tragen von Waffen, u.a. 7 So z.B. gestische, mimische, proxemische (Verhalten im Raum), taktile (Berührungsverhalten), olfaktorische (Geruchsverhalten) Formen; mittels Blickverhalten; mittels Körperhaltung und Körperbewegung (insgesamt Gegenstand der "Kinesik"). 8 Als Beispiele seien genannt: Kleidung, Haartracht, Rituale. 9 Sprachbegleitende Formen sind z.B.: Betonung und Sprechpause. Selbständige Formen sind z.B.: Lachen und Seufzen. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 143 Für solche Zuordnungen ist ein diäretisch-oppositives Verfahren nicht ungünstig, aber die Gegenüberstellung von 'verbal' und 'nonverbal' sollte nicht den falschen Eindruck aufkommen lassen, daß sich die zweite Kategorie gegenüber der ersten lediglich durch dessen Negation (non-) definiert. So wenig, wie man 'Mensch' mit 'Frau' und 'Nicht-Frau' bestimmen kann, so wenig gerecht wird man der 'nonverbalen' Kommunikation, wenn sie als Fehlen von Verbalität aufgefaßt würde. Ich entscheide mich deshalb hier gegen 'nonverbal' trotz seines Vorteils als Internationalismus und wähle den deutschsprachigen Terminus 'Körpersprache' wenn auch dieser nicht unumstritten ist -, weil er erstens den Träger angibt den Körper, und somit als Zeichenform: die Leiblichkeit - und weil er zweitens den 'Sprach' -Begriff als System-Begriff einbezieht, wobei diesem ja die Kommunikativität somit die Semantizität und Syntaktizität und Dialogizität (Partnerbezug) eigen ist, und schließlich drittens, weil er kulturhistorisch, nämlich mit der Tradition der alten Rhetorik, argumentiert die älteste Bezeichnung für das Gemeinte ist. 10 3. Erkennen Körpersprache als kulturelles Spezifikum des sozialen Verhaltens, der Interaktion, ist also prinzipiell an Kommunikation gebunden, ist somit selbst kommunikativ. Parallel zu der bekannten Wahrheit, die Paul Watzlawick so prägnant formuliert hat, nämlich daß es unmöglich ist, nicht zu kommunizieren 11 , läßt sich hier aussagen: Es ist unmöglich, nicht mit dem Körper kommunikativ zu wirken. Selbst eine kommunikative Verweigerung durch Abwenden vom Partner oder eine Ruhestellung und ein Unbeteiligtsein des Körpers, z.B. beim Schlafen, ist als solches 'Kommunikation', da solche Weisen der kommunikativen Neutralität in Bezug auf andere (Mit-)Beteiligte immer noch Teil von communis esse sind und folglich auf sie kommunikativ wirken können jedes soziale Verhalten ist kommunikativ. Das zeigt sich schon darin, daß selbst eine solche kommunikative 'Null- Lage' immer eine sprachliche und bzw. oder eine körpersprachliche Reaktion des 10 Cicero beschäftigt sich in "De oratore" mit der Ausdruckskraft des Körpers, insbesondere mit dem Mienenspiel und den Augen (in hac nostra actione secundum vocem vultus valet; is autem oculis gubernatur; III 223) und schafft dafür den Terminus sermo corporis 'Körpersprache' (III 222); auch im "Orator" spricht er die körperliche Beredsamkeit an (corporis quaedam eloquentia, cum constet e voce atque motu; 17, 55). Quintilian widmet sich dann 150 Jahre später in seinem großartig summierenden Lehrwerk "Institutio oratoria" dem Zusammenspiel von vox atque motus im Vortrag (d.i. pronuntiatio 'gesprochener Vortrag' und actio 'Auftreten') (X 1; XI 3). - Der Terminus 'nonverbale Kommunikation' geht wohl zurück auf die Psychologen Jürgen Ruesch und Weldon Kees (1956). 11 Eben weil man sich auch nicht 'nicht verhalten' kann (Watzlawick/ Beavin/ Jackson 4 1974: Kap. 2.2.). FLuL 24 (1995) 144 Hartwig Kalverkämper Partners mit sich bringt (Protest gegen das Verhalten, Einfordern von Bleiben, Nachfragen, Beschimpfen, Betroffenheit, Beleidigtsein, Schweigen, Rücksichtnahme u.a.).12 3.1 Man kann aus dieser Parallelität den Schluß ziehen, daß Sprache und Körpersprache in ihrem systematischen Aufbau vergleichbar sind: • So bietet die Körpersprache zeichenwertige Grundeinheiten mit signifiant (Ausdrucksform) und signifie (Ausdrucksbedeutung), also 'Vokabeln' 13 ('Lexikon'); • sie verknüpft diese Elemente zu Abläufen, Sequenzen, Kontinua ('Syntax'), • und dies nach bestimmten Regeln des Einsatzes ('Grammatik'), • und sie läßt diese Manifestationen zu einer ganzheitlichen - 'ganzkörperlichen' - Kohärenz zusammenkommen, zu einer Orchestrierung des körperlichen Ausdrucksverhaltens ('Text'), • und dies in sensiblem Bezug auf Situation und Partnerreaktionen ('Register', 'Pragmatik') • und in kulturell bestimmten Rahmen ('Kulturspezifik'). Wie im verbalen Kommunikationsablauf greifen hier die beiden komplementären Verfahrensweisen: • zum einen das Sezieren, Parzellieren, Segmentieren, eben die zerlegende, auflösende antilysis von Ganzheiten (Leser-/ Hörer-/ Seher-/ Rezipienten-Perspektive); • und zum anderen die Verwebung und Bezügevernetzung ('Vertextung'), also die Komplexierung, die synthesis, zu ganzheitlichen Größen hin (Schreiber-/ Sprecher-/ Agierenden-/ Produzenten-Perspektive). Es bedarf deshalb, genau wie bei der Sprache, für die Körpersprache als Kommunikationsmittel einer Kompetenz, also grundlegend: der Fähigkeit, Körpersprache zu erkennen, und zwar dies • erstens in ihren Elementen, • zweitens in deren geregeltem Zusammenspiel, und • drittens in deren ganzheitlicher Aussagequalität. Das Erkennen von körperlichem Verhalten ist ein Lernprozeß; er baut sich auf nur wenigen Verhaltensweisen auf, die dem Menschen angeboren und somit auch direkt zugänglich sind; sie sind also für ihn als Species genotypisch: Lachen, Weinen, 12 In diesem Zusammenhang ist der Vorschlag von Ekrnan/ Friesen (1969) von Interesse, beim 'Verhalten' informative, kommunikative und interaktive Verhaltensweisen zu unterscheiden, die sich als eigenständige Bereiche wie drei Kreise doch gemeinsam überschneiden (vgl. auch Rosenbusch/ Schober 1986: 16-18). 13 Wegen dieses Zeichen-Status betrifft die Entscheidung von Frey (1984: 27-47), das „Alphabet der Körpersprache" beschreiben zu wollen, lediglich die Ausdrucksform, vergleichbar mit den Lauten (bzw. systematisch: den Phonemen) der Lautsprache; andererseits soll aber das individuelle, daraus dann abstrahiert: das soziale Ausdrucksverhalten als ein Teil des Kommunikationsverhaltens erfaßt werden, was ja nicht anders möglich ist als über die Einbeziehung von Ausdrucksbedeutungen und somit über Festlegungen von Zeichen-Status des körpersprachlichen Ausdrucks. FLuL 24 (1995) Ku(tureme erkennen, lehren und lernen ... 145 Lächeln, Stirne runzeln, Schmollen gehören, wie die Humanethologen erforscht haben, zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Menschen überhaupt, sind also angeboren, dem Menschen als Verhaltenserbe kodiert mitgegeben. 14 3.2 Der Prozeß des lernenden Erkennens bezieht sich, wenn ich recht sehe, auf drei 'Anschauungsgrößen', die eng zusammengehören: Es sind dies: . • Ausdrucksträger (Segmentation des Körpers in Teilganze) 15 : - Kopf: Haar, Stirn, Augen, Nase, Ohren, Wangen, Mund, Bart; - Hals; - Schultern, Arme, Hände / Finger; - Rumpf: Brust, Rücken, Bauch, Hüften, Gesäß, Genitalien; - Beine, Füße; - Gesamtkörper 'von Kopf bis Füßen' ('Haltung'). • Ausdruck (Regung, Verhalten, Ausdrucksrepertoire als Erscheinung[sbild]) (z.B.: Auge zuknipsen, Augenrollen, mit der Zungenspitze über die Lippen fahren, mit den Fingern auf der Tischplatte trommeln, mit eingezogenen Schultern sitzen; die Arme auseinanderbreiten, mit den Hüften wackeln, Beine übereinanderschlagen, in stocksteifer Haltung gehen, u.a.). • Ausdrucksbedeutung (Funktion des Ausdrucks), wobei zu unterscheiden ist nach dem - Produzenten, der den Ausdruck seines Körpers einsetzt (expressive / emotive Funktion, Körperverhalten als Symptom), und nach dem - Rezipienten, der diesen Ausdruck und sein Zusammenspiel mit anderen beteiligten Ausdrucksformen erkennt (referentielle Dimension) und in der appellativen, also auf ihn, .den Empfänger, gerichteten Absicht des Produzenten versteht (Körperverhalten als Signal und somit: als Reaktionsauslöser). 3.3 Das Erkennen von Ausdrucksträger, Körperausdruck und Ausdrucksbedeutung bringt zwangsläufig mit sich, daß sie als Begriffe auch sprachlich gefaßt, also kodiert sind. Das Sprachsystem stellt, differenziert und subtil geordnet, eine Fülle von Bezeichnungen zur Verfügung, die es erlauben, • das komplexe Ausdrucksrepertoire und seine Bedeutungen lexikalisch zu kondensieren (kodierte Körpersprache), und · • die drei Anschauungsgrößen - Ausdrucksträger, Ausdruck, Ausdrucksbedeutung zusammenzubinden. 14 Hierzu z.B. Eibl-Eibesfeldt (1973; 1983). Populär gehaltene Ausführungen z.B. bei Lauster ( 15 1990: 12-27). Vgl. 4.6. 15 So hat z.B. Morris (1986) seine weitverbreitete und dadurch prägend wirkende Darstellung angelegt. FLuL 24 (1995) 146 Hartwig Kalverkämper So ist jeder kompetente Hörer imstande nachzuvollziehen, was an körpersprachlichen Abläufen ihm begrifflich angeboten wird, wenn es zum Beispiel heißt 16: er schleppte sich (1) keuchend (2) zum Fensterspalt und spähte (3) mit gequälter (4) Miene (5) und völlig ratlos (6) hinaus er gab sich den Anschein (1) von Teilnahmslosigkeit (2), und mit unbewegtem (3) Gesicht (4) verharrte (5) er schlaff (6) auf seinem Stuhl, aber in Wirklichkeit musterte (7) er mif3trauisch (8) die Ankommenden und beobachtete (9) scharf (10), ob er unter ihnen, die so locker (11) und vergnügt (12) plauderten (13), nicht doch ein verräterisches Gebaren (14) des Detektivs entdecken könnte · Und jeder kompetente Sprecher ist imstande, solche das körpersprachliche Verhalten kondensierenden Wörter passend zu wählen, wenn er eine bestimmte Verhaltensweise eben diese mit der Bezeichnung gemeinte umreißen will. 17 Es ergeben sich somit zwei Beziehungsrichtungen zwischen den Anschauungsgrößen: • vom Ausdrucksträger und seinem körpersprachlichen Ausdruck hin zur zugehörigen Ausdrucksbedeutung (körpersprachlichen Aussage oder Funktion); das ist die onomasiologische Richtung: wenn man die Stirn kraust, die Augen zusammenkneift, die Miene verdunkelt, die Schultern verbreitert, sich dabei nach vom neigt, ... sieht man grimmig aus und wirkt gefährlich • und von der Ausdrucksbedeutung hin zu dem Ausdruck und dem Ausdrucksträger; das ist die semasiologische Richtung: um grimmig auszusehen und gefährlich zu wirken, muß man die Stirn krausen, die Augen zusammenkneifen, die Miene verdunkeln, die Schultern verbreitern, sich nach vom neigen, ... Das Beispiel (in seinen beiden Varianten) formuliert schon die Tendenz zur Gleichung: 16 Ein Tummelplatz für Belege sind die 'Groschenheft'-Romane (Western, Abenteuer-, Kriminal-, Frauen-, Arzt-, Pfarrer-, Soldaten-, Seemanns-, Heimatu.a. -romane), also die breite Palette der Trivialliteratur. 1hr sind auch die beiden angeführten Fälle entnommen (Jerry Cotton-Kriminalromane). 17 Die komplementäre Art zu diesen begrifflichen Kondensaten ist, um Körpersprache sprachlich mitzuteilen, die Entfaltung im Text, das erzählerische Abtasten des Körpers und seines Ausdrucksrepertoires. Dies findet sich, oft vorzüglich beobachtet, in der Literatur (besonders offensichtlich im Realismus und Naturalismus). Dort ist der Kontrast beider Strategien einerseits: Wahl eines die Körpersprache kodierenden Begriffs aus dem Sprachsystem; und andererseits: Entfaltung des körpersprachlichen Verhaltens im Textverlauf mit einer Reihe von signifikanten Merkmalen zum Autor, zum (literarischen) Text, zum Stellenwert der erzählten Situation mit Körpersprache, zum Rezipienten besetzt. Vgl. dazu Kalverkämper (1991). FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 147 • dort ist das körpersprachliche Phänomen (z.B. Achselzucken), also bedeutet das dieses oder jenes (hier: Nichtwissen) (onomasiologisch) 18 ; bzw. • hier wird eine körpersprachliche Aussage gemacht (z.B. eine melancholische oder eine beleidigte Haltung), und sie ist erkennbar an diesen und jenen Phänomenen (Ausdrucksträgern wie Armen, Beinen, Miene u.a. und ihrem Ausdruck wie schlaff hängend, weggekehrt, auf sich bezogen u.a.) (semasiologisch). 3.4 Mit Gleichungen werden allerdings lediglich einfache Zuordnungen geschaffen, die nur in wenigen, oft nur standardisierten Fällen wirklich so zutreffen (vgl. kritisch Anm. 17). Deshalb laufen sie auch Gefahr, wie Anweisungen, und erst recht dann: wie Lern-Anweisungen gehandhabt zu werden: im Sinne von • 'Wenn du deinen Körper bzw. diese oder jene Körperteile so und so kommunikativ einsetzt (bewegst, ausstrahlen läßt), dann erreichst du die und die Wirkung/ Reaktion' (onomasiologisch); bzw. • 'Wenn du so und so wirken bzw. die und die Reaktion erreichen willst, mußt du dich so und so körperlich (bewußt) verhalten' (semasiologisch). Solche rezeptologischen Vereinfachungen (vgl. auch 5.3.1.1) berücksichtigen natürlich nicht die Orchestrierung des Körperganzen, die Einbindung in die Kommunikationssituation, die individuellen körperlichen Möglichkeiten, kurz: zum einen nicht die Kontexte von Körpersprache und zum andern nicht das Vermischen, das gemeinsame Auftreten von körpersprachlichen Ausdrucksvorkommen (z.B. ein ärgerliches Schütteln des Kopfes und des Schulternbereichs, das mit einem Lächeln gekoppelt ist und deshalb als nicht ernstliche Ärger-Kundgabe erkannt wird ein typisches Außerkraftsetzen und Neubestimmen, wie es in ironischer mündlicher Kommunikation eingesetzt wird). Eine zwar beschränkte, aber immerhin schon 18 Schneider (1991: 169-172) hat einige maßgebliche Arbeiten insbesondere aus dem reichen populistischen Angebot (z.B. Molcho 1983, 1988; Fast 1971) (vgl. 5.3.1.1) gesichtet und eine "Synopse" solcher Deutungen per Gleichung zusammengestellt. Schema (z.B.): den Kopf einziehen: Unsicherheit, Schuldbewußtsein; die Füße nach hinten nehmen beim Sitzen: Ablehnung, Angriff; mit den Füßen wippen im Stehen: (einmal: ) Unsicherheit, (häufiger: ) Arroganz; die Augenbrauen heben: Skepsis, Erstaunen, Arroganz; die Unterlippe hochziehen: Überlegenheit, Nachdenklichkeit; mit den Händen ein Spitzdachformen: (in Richtung des Gesprächspartners: ) „ich wehre mich gegen jeden Einwand", (nach oben: ) Nachdenklichkeit; im Gesicht bohren oder kratzen: Scham, reiben: Selbstsicherheit; die Hände auf den Armlehnen: sog. Sesselgriff als Zeichen der Fluchtintention; die Finger zum Mund nehmen: (für kurze Zeit: ) Verlegenheit, (für längere Zeit: ) Nachdenklichkeit; die Hände in den Oberarm verkrallt: mühsame Beherrschung; die Hände auf den Rücken legen: Schutz der Hände, entweder Schuldbewußtsein oder Gleichgültigkeit; zudeckende Hand, Handrücken dem Gegenüber zugewandt: Schutz der sensiblen Handinnenseite, Unsicherheit, Abgrenzung, Zurückhaltungstendenzen; entsprechend umgekehrt: offene Hand, Handinnenseiten dem Gegenüber zugewandt: Sicherheit "es liegt auf der Hand"), Ehrlichkeit "ich verberge nichts"); usw. FLuL 24 (1995) 148 Hartwig Kalverkämper vorhandene Berücksichtigung von körpersprachlichen Kontextverhältnissen ist gegeben, wenn wenigstens die Partnerbeziehung beachtet wird, wie in der folgenden Aufstellung (Schober 1989: 163) 19 : Hypothesen, Wertungen zu den Zeichen, warum sich der Partner mir gegenüber so verhält, was er von mir will. Er sei .... arrogant, vorwurfsvoll {: : : : bestimmend, überlegen {: : : : überheblich, bestimmend {: : : : vorwurfsvoll, überlegen vorwurfsvoll sein {: : : : vorwurfsvoll {: : : : aggressiv, provozierend {: : : : Analoge 20 Zeichen leises, langsames Sprechen schnelles Sprechen mit Körperbewegungen lautes Sprechen hektisch, viel Bewegung Augenbrauen herunter starre Körperhaltung, Abstand halten Hypothesen, Wertungen über die eigenen Gefühle, warum ich mich so verhalte. Ich fühle mich .. ⇒ hilflos, Angst, Sorge ⇒ Angst, Sorge, sich unwohl und sauer fühlen ⇒ Angst, sich alleine und unverstanden fühlen ⇒ sich unwohl fühlen ⇒ sich alleine und unverstanden fühlen, Angst ⇒ niedergeschlagen, Angst Dennoch: Lernerfolg durch Rezepte (wie solche Gleichungen), und zwar dann: schneller Lernerfolg durch einfache Rezepte das ist das (oft ins Unseriöse absakkende) Anliegen vieler Sachbücher und populärwissenschaftlicher ich möchte eher vorziehen zu wählen: populistischer - Werke, wie sie sich oft in den Stapelangeboten von Kaufhaus-Buchabteilungen als „Ratgeber"- oder „Aufklärungs"- Reihen „für die breite Masse" anpreisen. 19 Zu erwähnen wäre z.B. noch Argyle/ frower (1981); die Nähe zu Beeinflussungen und zu vielfach naiven Vorstellungen über die Transparenz des Gegenüber und die Abschirmung eigener verräterischer Signale ist in 5.3.1.1. angesprochen, dort mit weiterer Literatur (vgl. Anm. 51). 20 Als analoge 'Zeichen gelten spätestens mit Watzlawick/ Beavin/ Jackson ( 4 1974: Kap. 2.5.) (amerikan. Orig. 1967) die abbildenden Zeichen, die direkten, gleichsam nachahmenden Bezug zu dem haben, was sie bedeuten ('per Analogie' zur Wirklichkeit der Welt, wie z.B. eine Zeichnung). Die Körpersprache gilt demnach als ein System analoger Zeichen, sie ist als solche direkt zugänglich. Demgegenüber sind digitale 'Zeichen abstrakt, also ohne wirklichkeitsabbildenden Bezug, und in ihrer Bedeutung konventionalisiert; die Lautsprache ist ein System digitaler Zeichen, allerdings bei den sprachbegleitenden kommunikativen Mitteln (Intonation sowie Gestik, Mimik, eben Körpersprache) mit analogen Komponenten. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 149 Der Schritt vom Erkennen der drei Anschauungsgrößen zu ihrer Interpretation - und da setzt ja der lehrende Einfluß· auf die Verhaltenssteuerung ein und da verbirgt sich ja auch das eigentliche Interesse, körpersprachliches Verhalten bewußt kennenzulernen (also: zu erkennen und zu lernen) zwingt sich somit konsequenterweise auf. 4. Interpretieren Nochmals sei mit Paul Watzlawicks Dictum eingesetzt, das ich schon in Kapitel 3. erweitert hatte.. Zunächst sei aber noch seine Version beachtet. Die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren, ist zwar als Phänomen eine völlig richtige Beobachtung, aber dieses Axiom sollte dann auch, so mein Vorschlag, nicht. als Phänomen, sondern dem Beschriebenen angemessener kommunikativ formuliert werden. Und da ja Kommunikation eine Form der Einflußnahme auf den Partner und der Reaktion dieses Partners a: uf das Informationsangebot seines Gegenüber ist, und dies ja auch mit vielen Irrtümern, Mißverständnissen, Umwegen, natürlich auch mit vielen richtigen, der Sender-Intention entsprechenden Verstehensleistungen und Reaktionen verbunden ist, was sich tagtäglich in funktionierender Kommunikation beweist, halte ich die begrifflich angemessene - Formulierung für treffend: Es ist unmöglich, Kommunikation nicht zu interpretieren. Ob wir als Leser oder Hörer Sinnhypothesen bilden, die wir in ständigem Bezug auf den Textprozeß hin prüfen, bestätigen und bekräftigen oder aber korrigieren, oder ob, was unbestritten ist und zu den grundlegenden Leistungen bei der Kommunikation gehört, jeder Rezipient sich eine klassifizierende Meinung (zum Text, zur Situation, zum Autor, zu seinem Sprachkönnen, zur Leser- oder Zuhörerschaft, usw.) bildet (vgl. Kalverkämper 1983) immer und grundsätzlich geschieht dies durch Interpretation aller am Kommunikationsprozeß beteiligten Faktoren. Zu diesen gehört natürlich auch der Körper mit seinen Ausdrucksmitteln. Und so ergibt sich aus der schon in Kapitel 3. getroffenen Aussage, daß es unmöglich ist, nicht mit dem Körper kommunikativ zu wirken, nunmehr für die Interaktion und das partnerbezogene Verhalten die Feststellung: Es ist unmöglich, Körpersprache (in den mündlichen Kommunikationssituationen) zu ignorieren und sie nicht zu interpretieren (d.h. also: sich nicht davon beeinflussen und zu einer Reaktion anregen zu lassen). 4.1 Diese Aussage bestätigt sich im täglichen Umgang miteinander; die Selbstverständlichkeit (s. 1.), mit der wir den Gegenüber in seinem körpersprachlichen Verhalten interpretieren (und demnach ihn dann qualifizieren als aufgeregt, sympathisch, müde, konzentriert, affig, lieblos, zuvorkommend, freundlich, schmeichelnd, anmutig, spröde, besonnen, bestimmt, zögerlich, dynamisch, usw., usw.), schlägt sich eigentlich erst dann bewußt und dabei dann als eine ausdrückliche FLuL 24 (1995) 150 Hartwig Kalverkämper Beobachtung nieder, wenn das natürliche mündliche Medium des Körpersprachlichen gewechselt wird, wenn also in die Schriftlichkeit hineingegangen wird; aus der täglichen Fülle von Beispielen hier nur einige Fälle zur Illustration: [... ]. Das Zuhören im kleinen Kreise ist Rühes Stärke (wenn er will). Als er, noch Fraktions-Außenpolitiker, während der Frankfurter Buchmesse einmal unangekündigt das abgelegene Quartier des Buchhandels aufsuchte, musterten die Anwesenden mißtrauisch seine wie blankgeschliffen wirkende Stirn und den ausgreifend-instinktsicheren Gang, wie in Erwartung eines raschen Zusammenpralls sensibler Intellektualität mit machtbewußter Politiker-Rhetorik, aber es kam anders: Als die Buchhändler ihrem Herzen über Ladenschlußzeiten oder Ausbildungsordnungen Luft machten, stachelte Rühe die Kritik erst richtig an. Der Bonner Abgeordnete, die Überraschung war in den Gesichtern zu lesen, kaufte offenbar nicht nur seine Bücher selber, sondern dachte darüber nach, wie mit Büchern arbeitsplatzschöpfend umgegangen werden könnte. [... ]. · Volker Rühe, Kohls unangemeldeter Mann fürs Gröbliche? Sicher, daß der Hamburger, den Helmut Schmidt wohl als Mann mit „Saft in den Knochen" beschreiben würde[ ... ], nachdrücklich werden kann, erscheintglaubhaft. An diesem Eimiruck ist Rühe nicht ganz schuldlos. Der Generalsekretär pflegt einen Habitus streitlustig-lockerer, dann und wann ans Schnoddrige grenzender Selbstsicherheit, vor der viele innerlich zurückweichen; ein Stil, der nicht gut anzukommen scheint, besonders nicht bei Frauen. Man hält ihn ohne weiteres abschätziger Unbeherrschtheiten für fähig; manche glauben, der Unterschied zu schaugelaufenem Selbstbewußtsein sei nicht selten eher subtil. [ ••• ].21 Ihr Blick ist zielsicher und verrät Durchsetzungskraft, ihre Gestik ist kontrolliert, dem Gesprächspartner zugewandt, ihre Sprache frei von gestelzten Formulierungen. Claudia Nolte ist halt noch sehr jung. Und doch antwortet sie auf die Fragen mit einer Professionalität, aus der die gewohnte Beschäftigung mit dem Thema spricht. Sie präsentiert sich ungezwungen und selbstbewußt als eine Frau mit eigenem Kopf Den hat sie, und auch Ideen. Sie weiß, was sie will und schafft eine Atmosphäre der Gewißheit: Diese Frau wird es packen, weil sie es packen will. Wer ist Claudia Nolte, die nun als jüngste Bundesministerin, die Deutschland je sah, für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zuständig ist? [... ]. Mit dem dreijährigen Sohn Christoph und ihrem Mann telefoniert sie zwar täglich, .,und wir sehen uns auch immer wieder", aber ihrer Stimme ist anzumerken, daß sie die häufige Trennung auch schmerzt. [...]. Zielstrebig wirkt sie, die junge Ministerin für Senioren, die sich vorgenommen hat, in dieser Gesellschaft für Familie und Partnerschaft zu werben. [... ]. Wird sie sich verändern? Wird sie ihre Unkompliziertheit, ihre unprätentiöse Art verlieren? Sie wird, aber Anzeichen dafür gibt es (noch) nicht. Eher schon für den Willen, in Ruhe und mit Beharrlichkeit im Kabinett den Kanzler - und nicht nur ihn an all die familienfreundlichen Versprechen zu erinnern, die im Wahlkampf gemacht wurden. [ ...]. 22 21 Thorsten Wilhelm Krauel: "Der Streit der CDU (1): General im Schatten". In: Rheinischer Merkur Nr. 36, 6. September 1991, S. 3-4 [Zitat S. 3]. 22 Martin Lohmann: "Claudia Nolte. 'Wir brauchen starke, emanzipierte Frauen'". In: Rheinischer Merkur Nr. 47, 25. November 1994, S. 2. (Der Text setzt so ein wie hier beim Zitatbeginn). FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 151 [...]. Die Anklage stützt sich auf die Aussagen der Kinder, die inzwischen in verschiedenen Heimen untergebracht sind, sowie auf verschiedene Gutachten. Die Angeklagten, die seit Ende vergangenen Jahres in Untersuchungshaft sitzen, bestritten bisher alle Vorwürfe. Der Verlesung der Anklage folgten alle sieben mit unbewegten Mienen. Nur die 59jährige hatte beim Betreten des Gerichtssaals Gefühl gezeigt: Weinend fiel sie ihrer Verteidigerin in die Anne und schluchzte minutenlang. Unmittelbar davor war sie auf dem Gerichtsflur laut schreiend auf eine Fotografin zugestürzt und hatte versucht, sie mit ihren gefesselten Händen zu schlagen. [...]. 23 Die kleine Adela ist der unumstrittene Liebling der fünf Familien aus Bosnien. Stets hat die Fünfjährige ein verschmitztes Grinsen auf dem Gesicht - und bekommt damit jeden weich. ,.Nomialerweise", weiß Sozialarbeiterin Gisela Birk, ,.kann sie wie ein Wasserfall erzählen". Angesichts der beiden fremden Besucher versucht sie es doch lieber mit einem gewinnenden Lächeln. 24 Wie Rübezahl sieht er aus, und aus dem Riesengebirge stammt er auch. Dem durchdringenden Blick des deutschen Malers Horst Leifer muß man standhalten, dann ist die Begegnung mit ihm und seiner Bilderwelt unvergeßlich. [...]. 25 Die Beispiele, die aus einer unübersehbaren Vielzahl von Textvorkommen herausgegriffen sind, verdeutlichen die Technik des zerlegenden 'Ersehens': • Der Körper des Gegenüber wird seziert, in ausdruckstragende Segmente aufgeteilt; • dies wird in seinem spezifischen körperlichen Verhalten beschrieben; • dieses seinerseits wird vor dem Hintergrund geltender Verhaltensmuster oder Normen geprüft und meist mit einer Wertung interpretiert; • diese Interpretation hat Einfluß auf die Einschätzung der Person; • die Einschätzung steuert die eigene Reaktion auf das Verhalten und auf die Intentionen der Person. Die Beobachtungen und Argumente und Interpretationen entstammen, wie ja auch die Beispiele zeigen, den·Bereichen der Psychologie, spezieller der Persönlichkeitsforschung, sodann der Verhaltensforschung (Humanethologie) sowie der Soziologie und der Anthropologie. Diese diffuse Zuordnung in einem Überschneidungsgebiet von mehreren Wissenschaften, die mit dem Menschen und seinem individuellen und sozialen Verhalten zu tun haben, birgt die Gefahr in sich, daß sich jeder berufen fühlt, sich dort mit interdisziplinär anmutenden Argumenten und Interpretationen zu tummeln. Der Schritt in die Unseriosität ist da schnell getan, und 23 „Tränen ließen Täter kalt. Staatsanwältin: Kindesmißbrauch in schlimmster Form". In: Westfalenpost Nr. 276, 25. November 1994. 24 „Ohne Kaffee und Kuchen verläßt kein Gast das Haus. Fünf Familien aus Bosnien leben seit einem Jahr in Andreasberg". In: Westfalenpost Nr. 305, 30. Dezember 1994. (Textbeginn wie zitiert). 25 „Rübezahls Gratwanderung durch deutsche Gegenwart. Horst Leifers Bilderwelt in der Sparkasse Bad Berleburg". In: Westfalenpost Nr. 106, 8. Mai 1995. (Der Text beginnt wie zitiert). FLuL 24 (1995) 152 Hartwig Kalverkämper Schreibkontexte wie Journalismus und Populärsachbuch schaffen ihrerseits kaum die geeigneten Bremsen dagegen (vgl. 5.3.1.1). Um so wichtiger ist deshalb eine geeignete Lehre, die kriteriengeleitet und didaktisch fundiert die Körpersprache thematisiert. Die vorzugsweise eingesetzte Blickrichtung ist die onomasiologische, also diejenige 'Vom ausdrucksgebenden Körper(teil) zu der Funktion/ Bedeutung/ Interpretation des körpersprachlichen Verhaltens'. Das 18. Jahrhundert, das unterrichtsmethodisch noch geprägt war von Auswendiglernen, Abfragen und Wiederkauen kindferner Lerninhalte, hat zu dieser Einstellung auch dessen Remedium hervorgebracht; es verdient heute aus körpersemiotischer Sicht wegen der Modernität seines Ansatzes alle Anerkennung. Die Bildtafeln nämlich in Salzmanns „Elementarwerk" nach Kupferstichen von Chodowiecki26 wollen Begriffe veranschaulichen, hier die menschlichen Gefühle der Freude, Angst, Trauer, des Staunens u.a. Über das Bild sollte der Schüler zu den konstitutiven Merkmalen solcher Begriffe finden. Er wird damit erzogen, seine Umwelt aktiv zu ersehen und über die bildliche Darstellung zu erleben, sie sich anzueignen, nicht aber sie einfach hinzunehmen und unkritisch nachzuleben, was ihn umgibt. In dieser Position kommt natürlich Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) zum Tragen: Grundlage ist der Begriff der Anschauung. So sollte das Kind in seiner Lebenserfahrung zum Ersehen und Begreifen durch die bildlich dargestellten Situationen geschult werden, indem es über die Körperregungen und körpersprachlichen Verhaltensweisen dort auf das Geschehen und seine Ausdrucksbedeutung schließen kann: "Der Hund bellt ...: das Kind hat Angst. Der Mann ist gestorben ...: die Witwe trauert. Das Glas ist zerbrochen ... : die Hausfrau ist zornig" (Alt 1946: 89). 26 Ich übernehme zwei Bilder aus einer Vierergemeinschaft, wie sie in Alt (Bearb.) (1946: 88) vorgestellt ist. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 153 4.2 Es gibt natürlich auch die semasiologische Richtung, doch kann man beobachten, daß diese immer noch: innerhalb des schriftlichen Mediums den Wechsel zu einer anderen Semiose bevorzugt, nämlich zum Bild, zur Zeichnung, zum Comic. Die Richtung 'Von der Funktion/ der Bedeutung/ der Aussage-Intention/ der Interpretation des Ausdrucksverhaltens hin zu dem ausdrucksgebenden Kprper(teil) und seinem Ausdruck' verwirklicht sich als ein Interpretationsangebot gerade hier. Das spiegelt sich schon in den Anleitungen und Lehren für ein ausdrucksstarkes Zeichnen wider: 'Willst du. diese oder jene Wirkung erzeugen, diese oder jene Aussage machen, dieses oder jenes Körperverhalten ausdrücken, dann mußt du so und so zeichnen.' Einer der ersten, der französische Schriftsteller und Zeichner Rodolphe Toepffer (1799-1846) hat mit seinem 1845 veröffentlichten Autographen „Essai de Physiognomonie" die Grundlagen für eine Theorie des Erzählens in Bildern und somit der Bildergeschichte, letztlich sogar der Anfänge des modernen Films geschaffen. Seine Technik beruht auf der detaillierten zeichnerischen Aufteilung von Strukturen des Körperausdrucks· in den verschiedensten Situationen, um so zu einer ! ehrbaren und übungsfähigen Darstellungskunst von Affekten zu gelangen (Toepffer [1845] 1982: 49, 51 [8. Kapitel]; 51/ 53 [9. Kapitel]): .[ ... ] es ist in der Tat unmöglich, daß die Augen, Nasenlöcher und Mundwinkel von tausend, hunderttausend Personen, die lachen, sich nicht an ihren äußeren Enden erheben, ebenso wie es in der Tat unmöglich ist, daß hunderttausend, zweihunderttausend Personen herzzerbrechend weinen, ohne daß ihre Augen, Nasenlöcher und Mundwinkel nicht an ihren äußeren Enden herabfallen. Hier nun der lachende Hans: Hier der weinende Hans, und es ist allzu richtig, daß er sich auf ganz entgegengesetzte Weise anstellt: [ ... ] man kann mit Sicherheit von einem Zeichen, das man isoliert betrachtet, auf alle anderen schließen oder von einem Teil auf die Gesamtheit des Ausdrucks. [ ...]. Um [ ... ] durch ein Beispiel zu erläutern, zeichne ich die Folge von Augen, die nicht nur schon von sich aus ziemlich lachen, sondern die darüber hinaus das untrügliche Indiz dafür sind, daß die Personen, zu denen sie gehören, aus vollem Herzen lachen, ebenso wie die folgenden das nicht weniger unfehlbare Indiz dafür sind, daß die Unglücklichen, zu denen sie gehören, in dieser Viertelstunde alles andere tun als lachen: FLuL 24 (1995) ...J~ ~· ·~ a,~ nr~ P-'~ ,; dli/ .~.: - "i~\llMl'c? J'! " 154 Hartwig Kalverkämper Durch die Strichzeichnung verfügt man über eine doppelte Klasse von Zeichen, die permanenten und die nicht permanenten. Schon darin liegt eine Fülle von Möglichkeiten, die man jedoch noch weiterhin vergrößern kann, indem man die beiden Klassen miteinander kombiniert, um einen bestimmten Ausdruck zu erhalten. Um zum Beispiel den Ausdruck der Furcht zu verstärken und zugleich kornischer zu machen, werde ich den nicht permanenten Zeichen der Furcht permanente Zeichen der Geistesschwäche und der Einfalt zufügen, wie hier, wo das Kinn von beachtlicher Länge und die Gesamtheit des Schädels kleinlich zugeschnitten sind [a]. Ebenso werde ich, um den Ausdruck des Zornes zuzufügen, von den permanenten Zeichen diejenigen weglassen, die die Brutalität mäßigen würden, wie eine hohe Stirn und insgesamt weiche und abgestumpfte Konturen [b]. [a] [b] [ ... ] ein menschlicher Kopf [muß], wenn er einmal gezeichnet ist, immer einen bestimmten Ausdruck besitzen. Das ist ein Gesetz und keine bloße Bemerkung. Er steht damit in der Tradition der Physiognomik, wie sie im 18. Jahrhundert insbesondere von den empfindsamen Romantikern betrieben wurde und sich speziell auf ihren Exponenten, den Zürcher Pfarrer Johann Caspar Lavater (1741-1801) und sein höchst einflußreiches Werk „Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe" (I-IV, Leipzig/ Winterthur 1775-1778) bezog. Einige solcher Strukturen sind inzwischen als eine fest erkennbare Zuordnung bekannt, speziell was die zeichnerische Gestaltung der Mimik betrifft, so schon bis hin zu Piktographien "Smily") [a] 27 oder zur Interpretation von Gesichtsausdruck bei einem Tier [b] 28 (in diesem Beispiel sogar in sehr schwieriger, gegenläufiger, ja ironischer Semantik! ) [s. Abbildungen [a] und [b] auf der folgenden Seite]. 4.3 Die Trennung der beiden Blickrichtungen (onomasiologisch und semasiologisch) im Zusammenspiel von Text und Bild ist allerdings oft kaum zu ziehen, ist vielleicht auch gar nicht erstrebenswert und zeigt darin die gegenseitige Determination der drei Anschauungsgrößen als Interpretationsangebot (Produzentensicht) und Interpretationsleistung (Rezipientensicht). Das greift dann schon in stilistische Feinheiten aus, wie Beispiel [c] auf der folgenden Seite illustrieren mag 29 : 27 In: Westfalenpost Nr. 231, 2. Oktober 1991. 28 Bildergeschichte „ Wurzel", in: Westfalenpost Nr. 134, 11. Juni 1991. 29 In: Frankfurter Allgemeine 'Zeitung Nr. 241, 17. Oktober 1994, S. 9. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... [a] Ärger über Autos und Busse In Umfrage dürfen Deutsche über Transportmittel klagen ! Wie oft ärgern wir uns l über Verkehrsmittel? ' [c] [b] DUHASTMSNINllERIIAAGESuNGIN. Prinz Charles und Prinzessin Diana wiihrend eines Empfangs in London im Dezember / 992. Foto dpa FLuL 24 (1995) 155 156 Hartwig Kalverkämper Der Artikel, der in einer Zeit gesteigerter öffentlicher Aufmerksamkeit für die privaten Belange des britischen Thronfolgerpaars erschienen ist, stimmt mit seiner Überschrift - "Wie grauenvoll ist Unverträglichkeit. Die Biographie des Prinzen von Wales" bereits auf den Tenor ein, der sich dann in dem Text selbst weiter fortsetzt: Es geht um Enthüllungen aus dem Eheleben, um Anschuldigungen, Gefühlszerstörungen, Unglück, Trennung; und dann präsentiert sich, den Text abschließend, das Photo, mit ganz neutraler, nur zeitlich festlegender Information, dennoch im dargestellten Ausdrucksverhalten und der nahegelegten Interpretation ('Abwendung', 'Nichtbezug', 'Kommunikationslosigkeit') hochsignifikant wenn man (wie offenkundig der Zeitungsredakteur, der das Bild zu diesem Text ausgewählt hat) als Betrachter dafür sensibel ist bzw. entsprechend eingestimmt wurde durch den Text. 4.4 Neben den beiden prinzipiellen Beziehungsrichtungen (4.1-4.3), die semiotischer Natur sind, betrifft die Erkennungs- und Interpretationsleistung von körpersprachlichem Verhalten auch noch die referentenbezogene Manifestation: hier ist die Sexusspezifik von Körpersprache von Interesse, also das unterschiedliche - Verhalten von Mann und Frau. Die dabei grundlegende Frage lautet: Sind die beobachtbaren Unterschiede und spezifischen körpersprachlichen Verhaltensweisen angeboren, also genotypisch verankert, oder sind sie anerzogen, somit ein Ergebnis gesellschaftlicher und zeitbezogener Einflüsse (und sind diese dann nicht ihrerseits wieder „mann-bestimmt"). Diese Diskussion wird insbesondere in feministischen Kreisen geführt. Von den vielen Angeboten, die sich oft reißerisch geben, verdient die Zusammenstellung von Marianne Wex (1980) eine eigene Erwähnung, zumal sich die Arbeit durch ein umfangreiches Belegkorpus auszeichnet und auch kulturhistorische Entwicklungen berücksichtigt. Daß Körpersprache sexusspezifisch kodiert ist und dabei aber gerade als Körpersprache der Aufforderung und Kontaktnahme für das andere Geschlecht eine prinzipielle Dekodierungsschwierigkeit mit vielen Irrtümern ist, belegt die empirische Studie von Christiane Tramitz (1993). Letztlich zeigt sich darin der alte und immerwährende Konflikt zwischen gelingender und mißlingender Interpretation, hier nun nicht nur im Sprachlichen, sondern auch - und darin sogar offenbar grundlegend für die Geschlechterbeziehungen bei der Körpersprache. 4.5 Eine Hilfe bei der Interpretation körpersprachlichen Verhaltens ist natürlich die parallel vorhandene Sprache und folglich auch die Kommunikationssituation insgesamt. Diese Gemeinschaft, bei der zwar die Körpersprache die (mündliche) Sprache begleitet, andererseits aber erwiesenermaßen eigene kommunikative Funktionen, bis hin zur Täuschung und Konterkarrierung des Sprachlichen, innehat und folglich nicht einfach als ein Seitenstück der Sprechsprache dient, muß in kontrastivem Vorgehen empirisch erforscht werden. Die (text-)linguistische Dialogbzw. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 157 Konversationsanalyse, die Ethnomethodologie und die Sozialpsychologie haben hier eine interdisziplinäre Herausfordemng zu bewältigen, die in einem differenzierten körpersprachlichen Vokabular münden könnte. Hier scheint sich ein naturwissenschaftlicher Exaktheitsanspruch für die Methodologie, insbesondere des Erkennens (Segmentation des Körperverhaltens), der Dokumentation (Korpus oder Thesaurus der körperlichen Kommunikationselemente) und der Interpretation (Bedeutungsidentifizierung, kommunikative Funktion der Ausdrucksträger und ihrer Ausdruckssequenzen) etablieren zu wollen. Allerdings wird schon in grobem Zugriff auf die beiden Kommunikationssysteme des Menschen und deren Dimensionen die Komplexität und das konzertante Auftreten körpersprachlicher Signale mit ihrer zwölffachen Überzahl gegenüber .den lautsprachlichen Signalen offenkundig. 30 Das Bem-Konstanzer Projekt 31 (S. Frey, Th. Luckmann u.a.) zur Erforschung der körpersprachlichen Kommunikation bietet hierzu eine Leitvorgabe, die sich als ein Höchstmaß an 'Objektivität' in der analyt~schen Erfassung versteht. Allerdings ist der apparative und der Beschreibungsaufwand für ein stimmiges „Alphabet der Körpersprache" so hoch und komplex, ~aß er sich wohl kaum didaktisch nutzen läßt, bei aller erwiesener EffizieQZ der Datenmatrizes32. · Es ist deshalb, gerade vor dem Hintergrund didaktischer Umsetzbarkeit, ein Weg der Analyse, Beschreibung und Interpretation zu wählen, der zwischen der wissenschaftlichen Adäquatheit der Notation einerseits und der Komplexität des Instrµmentariums andererseits so vermittelt, daß beiden Ansprüchen genügt werden krum. Hierfür hat Lotte Weinrich (1992) bereits. ein „gestisches Vokabular" vorgestellt. Es umgreift Kategorien des Erkennens, des Interpretierens, der Klassifikation, indem 30 Bei der Körpersprache sind als hauptsächliche Ausdrucksträger folgende Körperteile zu isolieren; die Bewegungsdimensionen für ihre beschreibende und zerlegende Erfassung stehen hinter ihnen in Klammem (nach Frey 1984: 30/ 31): Kopf (3), Gesicht (49), Schulter (4) "die Bewegungsmöglichkeiten der Schultern erschöpfen sich in einem Heben bzw. Senken und einem Vorbzw. Zurückschieben", also in zweimal zwei Dimensionen], Rump/ (3), Oberarm (6), Hände (18) "für die genaue Erfassung der Bewegungsvariation einer Hand sind Positionsbestimmungen in neun Dimensionen erforderlich"], Becken (2), Oberschenkel (5), Füße (14), d.h. also niit insgesamt 104 Beschreibungsdimensionen.- Dagegen finden sich bei der Lautsprache die Sprachlaute (1), Lautstärke (1), Stimmhöhe (1) und Klangfarbe (6), also insgesamt nur 9 notwendige Beschreibungsdimensionen. 31 Frey (1984); vgl. auch Winkler (Hrsg.) (1981, Kap. III, insbes. 203-284). 32 So ist es z.B. wichtig, daß das Vorgehen die sprachlichen und die körpersprachlichen Signale gemeinsam und in gegenseitig sich bedingendem Bezug berücksichtigt. Und es bestätigt z.B. die Leistungskraft der Beschreibungskodes, daß die körpersprachliche Nachstellung der vom Beschreibungskode aufgelösten Positionserfassungen dann außergewöhnlich gut übereinstimmt mit der ehemaligen tatsächlichen Originalposition (s. Frey 1984: 37). Trotz dieser Leistung bleibt noch die jeweilige Zuweisung einer Ausdrucksbedeutung; nur so kann man wirklich, wie es das erklärte Ziel ist, das körpersprachliche Verhalten erfassen. FLuL 24 (1995) 158 Hartwig Kalverkämper die gestischen Abläufe bei Fernsehgesprächen begrifflich gefaßt werden als „Grundgesten" (d.h. bei der Hand- und Armgeste gibt es einen Grundkontakt mit der Tischfläche), "Zweihandgesten" und „Einhandgesten". In ihrem Bezug zum parallelen sprachlichen Informationsverlauf lassen sich ihnen dann Bedeutungen zur Seite stellen, z.B. Gesten der Redezuteilung (Streckhand, Zeigefinger), der Redebehauptung (anhaltende Hand, begrenzende Hände), der Informationsüberlegenheit und des fachlichen Könnens, der Fokussierung von Informationen durch Gestik, Mimik und Körperhaltung, u.a. (vgl. Weinrich 1992; vgl. auch Kalverkämper 1994: 138-143). 4.6 Für die Interpretation von körpersprachlichem Verhalten ist die Ausgangsbasis der Einschätzungen grundlegend. Diese Basis besteht in dem Wissen um geltende Norm oder Normalität. Sie zeigt sich in der Übereinstimmung von Verhaltensweisen, in der Konformität mit der sozialen und aus dieser sich ableiten! ! mit der individuellen Erwartung zum ausgedrückten Partnerverhalten, und dies ist, wie gesagt (s. 1.), ein wichtiger Bestandteil des 'Kultur' -Begriffs. Körpersprache wird, wie die Lautsprache, kulturell gebunden, sie ist von den soziokulturellen Bedingungen geprägt, in deren Rahmen sie gelernt, eingesetzt und als normal akzeptiert, somit als Norm auch permanent bestätigt wird. In dieser Weise, so vertreten insbesondere die Anthropologen, zuerst wohl Ray L. Birdwhistell (z.B. 1952, 1970), die Auffassung, sei Körpersprache, hier insbesondere die Ausdrucksbewegungen (Kinesik), kulturell bestimmt, also erlernt, und zwar im geltenden Kulturraum. Die kulturelle Überformung von Verhaltensweisen, von Ausdrucksabsichten unterliegt somit einem Regelwerk, das für die Gemeinschaft Identifikationsfunktion innehat; es sind dies die sogen. Darbietungsregeln (display rules), mit denen das Ausdrucksverhalten je nach (sozialem, situativem, zeitlichem, örtlichem u.a.) Umfeld beeinflußt wird (wie: einen Gefühlsausdruck dämpfen, aufbauschen, kaschieren, neutralisieren, ironisieren). Dem steht die Auffassung gegenüber, die die (Vergleichende) Verhaltensforschung seit ihrem Begründer Charles Darwin (z.B. 1872) vertritt, nämlich daß das körpersprachliche Verhalten Universalität beanspruchen kann, wobei insbesondere die mimischen Ausdrucksbewegungen immer wieder genannt werden, die bei grundlegenden Affekten wie Ärger/ Protest, Aggression, Lächeln (Aggressionshemmung durch Spielgesicht), Zärtlichkeit, Zufriedenheit u.a. in den Menschengesichtern gleichermaßen auftreten und folglich angeboren, als Phänomene also genotypisch, letztlich somit universell sind (vgl. 3.1). Dies ist die gesichertste Basis körpersprachlicher Kommunikation, es ist der Bereich unmittelbarer Affektumsetzung und unmißverständlicher Interpretation durch den Sehenden. Die neueren Untersuchungen 33 lassen allerdings keinen Zweifel daran, daß auch 33 Zum Beispiel Ekman (1988), Ekman/ Friesen (1969; 1975), Ekman/ Friesen/ Ellsworth (1971), Scheflen ( 1976). - Zu nennen sind vor allem lrenäus Eibl-Eibesfeldt (Schüler von Konrad Lorenz, FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 159 bei der Körpersprache die dem Menschen eigene Verwebung von universell angelegten Fähigkeiten und kulturspezifisch (an)gelernten Fertigkeiten gegeben ist. Diese Gemeinschaft universeller und kulturbedingter Komponenten gilt sogar, wie Ekman (z.B. 1988) gezeigt hat, für die Mimik. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, auch die kultureingebettete 34 Körpersprache zu beachten. Die Spezifik, gerade die kulturelle, erst recht die.der eigenen Kultur, verdeutlicht sich allerdings erst im Kontrast. Der Vergleich die Gegenüberstellung und das Herausfinden von Gleichheiten und Unterschieden offenbart erst die Eigenständigkeit der beiden Verglichenen; und damit letztlich auch natürlich deren Eigenwertigkeit. Methodologisch besagt dies, daß eine anspruchsvolle Herausforderung auf die Körpersprachenforschung zukommt: Sie hat sich neben der eigenkulturellen Analyse auch um die fremdkulturellen Phänomene zu bemühen, und dies dann zu integrieren in einer prinzipiell kulturenkontrastiven Vorgehensweise und Zielsetzung. Die Interkulturalität gilt für körpersprachliche Analysen neben der Interdisziplinarität (s. 1.) folglich als eine zwingende Leitvorgabe. Im Vergleich von körpersprachlichen Ausdrucksformen und Ausdrucksfunktionen (Bedeutungen) in den verschiedenen Kulturen ergeben sich folgende Konstellationen (Abbildungen [a] und [b] aus Schober 1989: 175): • ein Ausdrucksträger hat in Kultur A eine bestimmte Ausdrucksfunktion, in Kultur B jedoch eine andere (z.B. gleiche Geste verschiedene Bedeutungen in A und B); dies ist im übrigen eine kontrastiv onomasiologische Blickrichtung (vgl. Abb. [a]); • eine bestimmte Ausdrucksfunktion hat in Kultur A einen anderen Ausdrucksträger als in Kultur B (z.B. die Bedeutung von Bedauern durch eine Geste in der Kultur A und durch eine eine Geste in der Kultur B); dies ist dann eine kontrastiv semasiologische Blickrichtung (vgl. Abb. [b]). [a] [b] japanisch »Ich«, arabisch »Ich werde das tun, worum du mich bittest«. Unterschiedliche Gesten mit gleicher Bedeutung: japanisch und arabisch »Ich bedauere« dem Pionier der Ethologie) und Desmond Morris (Schüler von Niko Tinbergen, einem weiteren Nestor der Verhaltensforschung), aber auch Erving Goffman (Analytiker von Verhaltensritualen), Ray L. Birdwhistell (Humanethologe und Kinetiker, der die Mimik und Gestik erfaßt und systematisiert) sowie Albert E. Scheflen (Psychiater). 34 So möchte ich es hier neutraler gegenüber kulturbedingt oder dessen Abschwächung kulturgebunden formulieren. FLuL 24 (1995) 160 Hartwig Kalverkämper Diese Beobachtungen gelten natürlich für Gestik, Mimik, Bewegungsverhalten (Kinesik), Näheverhalten (Proxemik); für alle gibt es inzwischen illustrative Beispiele. Gemeinsam ist ihnen, daß sich bei Unkenntnis derartiger kulturspezifischer Differenzen Mißverständnisse und Kommunikationskonflikte ergeben. Das wiederum besagt, daß solche Unterschiede nicht einfach 'ersehen', rasch erkannt und dann adaptiert, also selbst in Sprechsituationen körpersprachlich umgesetzt werden. Ganz im Gegenteil: es fehlen die erkennenden Sensibilitäten dafür, man übersieht im wahrsten Sinne die differenzierenden Feinheiten, man bleibt in seinen eigenkulturellen Wahrnehmungs- und Interpretationsgewohnheiten hängen und deutet nur das am Ausdrucksträger und holt nur dasjenige aus dem angebotenen Ausdruck heraus, was man kennt, weil erkennt. Gerade deshalb ist es so überaus wichtig, daß Körpersprache aus der Intuition, aus dem Nicht-Bewußten in ein bewußtes Kennen und Handhaben und somit auch in ein kriteriengeleitetes Einschätzen überführt wird. Man sollte wissen, wenigstens in groben Zügen, wie der Partner seinen Körper und natürlich auch was von ihm er als Kommunikationsmittel einsetzt, welche Wirkung dies auf einen selbst ausübt, möglicherweise sogar .ausüben soll; man sollte weiterhin wissen, welche körpersprachlichen Ausdrucksträger und Ausdrucksfunktionen für die eigene Kultur spezifisch sind; woraus sich dann meist auch ergibt, wie dies in der fremden Kultur geregelt ist. Und daß das alles gar nicht so selbstverständlich ist, zeigt sich daran, wie verhältnismäßig lange es dauert, "bis der Mensch gelernt hat, sicher verbal und nonverbal zu kommunizieren. Erst mit 25 bis 30 Jahren hat sich die nonverbale Dekodierungsfähigkeit voll ausgebildet" (Meyer 2 1989: 384). Körpersprache zu lehren und sie, was das eigene Verhalten und was die Einschätzung des fremdkulturellen Verhaltens angeht, verstehend zu lernen, ihr also im (Sprach- und Fremdsprachen-) Unterricht mit Erkennen und Interpretieren bewußt zu begegnen, ist ein hochwertiges pädagogisches Ziel. Es richtet sich auf die elementaren Formen der interaktiven Organisation und umgreift gerade darin die komplexesten Formen von kommunikativer Beeinflussung und sozialer Wirkung. Denn immerhin sollte man bedenken, wie subtil das Englische die Verhältnisse begreift: " 'Somebody' ist jemand, 'nobody' ist niemand. Ohne Körper keine Existenz und kein Begriff von uns selbst" (Molcho 1983: 20), geschweige denn von anderen, erst recht nicht von jenen anderen, die uns deutlicher fremd sind. 5. Lehren und Lernen 'Körpersprache' als Lerninhalt und 'körpersprachlich bewußtes Verhalten' als Lehrziel sind in methodisch umfassender Reflexion und mit didaktisch konzipierten Entwürfen oder gar Anleitungen bislang noch nicht vorhanden. Die Leiblichkeit von Kommunikation muß für das Lehren und Lernen erst noch entdeckt werden. Das ist insofern verwunderlich, als die Kommunikation in ihren anderen Komponenten ja durchaus schon fundiert wahrgenommen und ausgiebig behandelt worden FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 161 ist: ihre Medialität (Mündlichkeit/ Schriftlichkeit), ihr Konstellationsbezug (Stile, Register, Höflichkeit, Pragmatik etc.), ihre Textsortenspezifik, ihre Zwischeneinzelsprachlichkeit (Muttersprache/ Fremdsprache, Einzelsprache-als-Fremdsprache), ihre Kompetenzanforderungen (Gemeinsprache, Fachsprache, Sondersprache, Jugendsprache etc.), ihr einzelsprachlicher Aufbau (Phoneme, Grammatik, Syntax, Vertextungsmittel und Textkonstituenten). Und neben solchem Fehlen bei den Lerninhalten lassen offenbar auch die bislang üblichen Lern- und Lehrformen kaum zu, daß das körperliche Verhalten während der lernenden und lehrenden Interaktion thematisiert würde. Da aber so viele sozial bestimmende Einflüsse, Regulationen . und Einschätzungen vom körperlichen Verhalten ausgehen und mit ihm zusammenhängen -wie Autorität, Angst, Achtung und Verachtung, Nähe und Distanz, Sympathie und Antipathie, Akzeptieren, Opponieren, Motivation, Gleichgültigkeit usw. -, darf man nicht darauf verzichten, den Körper, sein Ausdrucksrepertoire, seine Signalfähigkeit sowie die kulturspezifische Einbindung von Verhalten .zum Thema zu erheben. Dies verläuft in zwei Richtungen: • Zum einen ist der Lehrer und sein Verhalten vor der Klasse von Interesse (5.1), • zum anderen zielt die kommende Aufgabe auf die Schüler (5.2). 5.1 Der Lehrer soll sein Verhalten bewußt kontrollieren und imstande sein, es kriteriengeleitet zu korrigieren, um das Ausdrucksrepertoire seines Körpers so einzusetzen, daß er als eine stabile und selbstsichere Persönlichkeit einen relativ störungsfreien pädagogischen Zugang zu den Schülern erlangt. Daraus kann er dann für seine didaktischen Ziele möglichst optimale Voraussetzungen wie AusstrahllJngskraft, Überzeugungsfähigkeit, Glaubwürdigkeit und Kontaktinteresse ableiten. Die körpersprachliche Bewußtmachung und der lehrende Zugang speziell zum Körperverhalten des Lehrers verstehen sich also ganz pragmatisch, nutzenbezogen, mit Blick auf die Wirkung, relational zu der erwartbaren Schülerreaktion. Hierbei handelt es sich um eine Aufgabe, bei der zwei Schritte entscheidend sind und sich auseinander ergeben: • Die intensive 'Bewußtmachung des Phänomens' durch Eigenbeobachtung und durch Fremdbeobachtung, insbesondere auch durch Kontrastierungen 35 : so im kriteriengeleiteten, normierenden Sinne von 'falsch' und 'richtig' (Beispiele in Heidemann 4 1992: 89); so in der Beobachtungsschulung, z.B. bei 'männlichem Verhalten von Frauen' und 'weiblichem Verhalten bei Männern' (dazu z.B. Wex 1980, Schober 1989: 150 f); wobei die Aussagekraft, Signalfunktion, Einflußfähigkeit, Steuerungsleistung und Wirkmächtigkeit des körperlichen Verhaltens erkannt, isoliert und in ihrem Zusammenhang herausg~stellt werden (Beispiel bei Meyer 1987: 382 [zitiert auch bei Schober 1989: 138]). 35 Aus Platzgründen ist es nicht möglich, die zur Illustration der nachfolgenden Ausführungen vom Autor ausgewählten Abbildungen hier zu reproduzieren [E.Z.]. FLuL 24 (1995) 162 Hartwig Kalverkämper • Und das 'Training des Lehrerverhaltens': Hier, beim Thema 'Training', hat Rudolf Heidemann das Verdienst, in den achtziger Jahren diese Herausforderung gesehen und auch ein praxisnahes Trainingsprogramm konzipiert zu haben. Dieses umfaßt inzwischen in der 4. Auflage (1992) drei „Dimensionen", nämlich das 'nichtverbale Lehrerverhalten in oder vor der Klasse', die 'Lehrersprache' (Schweigen, Fragen nachschieben, Sprachstil u.a.) und den 'Umgang des Lehrers mit der Klasse' (Lob, Disziplinieren, Flexibilität, Führungsstil u.a.). Das nichtverbale Lehrerverhalten (1992: 74-101) vom Blickkontakt über Körperstellung, proxemisches (also: Nähe-) Verhalten, Körpersprache (Kinesik), eigens dabei Gestik und Mimik, bis hin zum äußeren Erscheinungsbild zu reflektieren und zu trainieren, erfordert zuerst Bewußtmachung, dann Bewertung mit Inkriminierung und Korrektur, schließlich Empfehlung durch Anweisungsformulierungen und Demonstrationsbilder. Wenngleich sich der Autor im Prinzip um eine ganzheitliche Sichtweise auf die Orchestrierung der Körpersignale und um die Einbeziehung der jeweiligen Handlungskontexte bemüht, finden sich eben doch auch rezeptologische Gleichungen althergebrachter onomasiologischer Art: als „Checkliste" von Körpersignalen und ihren Wirkungen, die man gegenüber den „autonomen, psycho-vegetativ gesteuerten Signalen" (87) mit einem Training angehen soll und die „die Wirkung der Person des Lehrers positiv beeinflussen können" (87). 36 In solchen Kurzerfassungen einer körperlichen Regung als einer kommunikativen Äußerung oder als relevant für eine Interpretation der psychischen Einstellung oder emotionalen Befindlichkeit des Gegenüber zeigt sich wieder das Dilemma von körpersprachlicher Segmentation, Isolation und Abstraktion; es ist für eine solche Liste, ein solches körpersprachliches Vokabularium, dann außerordentlich viel an Determinanten noch hinzuzudenken, damit die Gleichung 'Phänomen - Interpretation bzw. Bedeutung' "stimmt": Die Beobachtung 'sich die Nase reiben' kann nur dann als Äußerungsform von 'Nachdenklichkeit' verstanden werden, wenn ein entsprechend komplexer Kontext mit seinen spezifischen Merkmalen mitbedacht wird. Wird dieser aber verschwiegen, z.B. weil er zu komplex ist oder weil die Analyse nicht geleistet ist oder die Instrumentarien dazu noch fehlen, ist der didaktische Wert onomasiologischer Beobachtungsgleichungen recht gering, um nicht zu sagen: nichtig. Denn das, worauf es für die Lehre ankommt, nämlich die analysis - und das heißt: Zerlegung in die konstitutiven Bestandteile! -, wird doch nicht geleistet und einfach in das gutwillige Hinzuverstehen des Lerners verlagert. 5.2 Neben dem Lehrer als dem in körpersprachlich angemessenem bzw. geschicktem Verhalten Auszubildenden muß auch der Schüler mit dem Thema 'Körpersprache' konfrontiert werden. Dies sollte als Lehreinheit geschehen, in einer je nach Klassenstufe und Zusammensetzung der Klasse abgewogenen Weise. Als Lehrziel muß dabei prinzipiell vor Augen bleiben, • daß der Begriff des Kulturems also des für eine Kultur und für das kultureingebettete Selbstverständnis einer Person wie auch einer Gesellschaft konstitutiven Bestandteils (s. 1.) ins Bewußtsein gehoben wird; • daß hierbei nun der Aspekt des 'Verhaltens' im Vordergrund steht; • daß dieses sich insbesondere im körpersprachlichen Ausdrucksverhalten zeigt; 36 Typ: 'die Stirn runzeln: Entrüstung' (S. 87f); vgl. 5.3.1.l und die dortige Anm. 51. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 163 • daß dieses seinerseits kein diffuses Erscheinungsbild bietet und kein Geheimnis bleiben muß; • daß es vielmehr ersehen, kategorisiert, interpretiert, gelehrt und gelernt, kontrolliert, korrigiert, bewußt und mit bestimmten Absichten eingesetzt werden kann. Gerade der letzte Punkt, der ja eine Art Quintessenz aus den vorgehenden Punkten darstellt, ist der zentrale: In den Klassen im Rahmen unseres Schulsystems sind Fremd- und Zweitsprachenunterricht bislang noch auf die sprachlichen Kompetenzen, auf die Ausbildung und Festigung der vier Fertigkeiten 37, bezogen, allerdings dies in der Form des Kommunikativen Unterrichts. Das Lehrziel der Kommunikativen Kompetenz bezieht sich neben registerbezogenen, textsortenorientierten, dialogsituativen sowie gemein-, literatur- und fachbzw. wissenschaftssprachlichen Aspekten auch auf die Kulturelle Kompetenz (vgl. Hüllen 1995). Diese ist auch außerhalb der Schulklassen für „Schüler", nämlich für erwachsene Lernende im internationalen Erwerbsleben, inzwischen als relevant erkannt worden. Der Anwendungsgesichtspunkt kommt hier zum Tragen und unterliegt seinerseits natürlich Nützlichkeits- oder auch Ökonomiegesichtspunkten: nämlich der Prüfung von Effizienz, dem Aufbau von Verständigung, dem Vermeiden von Konflikten, und dies in partnerschaftlichen, meist wirtschaftsbestimmten Beziehungen über die Kulturengrenzen hinweg, wie im internationalen Handel, beim weltumspannenden Technologietransfer und während der Phasen wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Manager, Führungskräfte ab mittlerer Ebene, Dolmetscher, Unternehmensberater, Wirtschaftsfachleute, außenpolitische Experten usw. sind hier die Schüler, die in geeigneten Schulungen neben einigen bewußtmachenden Büchern 38 meist (als lebendig-mündliche Lernform! ) angeboten von entsprechend spezialisierten freiberuflichen (Management-) Instituten - Verkaufsrhetorik, Verkaufspsychologie, Verhandlungsrhetorik, Überzeugungstechnik, Präsentationsformen, Verhaltens- und Konflikttraining, Etikette, Kinesik u.a. mit deutlich kulturenspezifischen Komponenten gelehrt bekommen. 39 Die kulturspezifische Authentizität von Sprachverwendung zeigt sich sowohl in mündlichen Kommunikationssituationen als auch in schriftlicher Verarbeitung in der Literatur. Um dies in geeigneter Weise erkennen zu können, muß, natürlich über ein 'landeskundliches' Verständnis hinaus, die Wahrnehmung von Kulturemen geschult und daraus dann eine angemessene Haltung des kulturbewußten Sprachhandelns als Anspruch des Fremdsprachenunterrichts abgeleitet werden. Das läßt 37 Wie bekannt, sind gemeint: die Schreib- und Lese-, Sprech- und Hörkompetenz. 38 Zum Beispiel Chu (1993) oder Rowland (1994); vgl. auch 5.3.1.3. 39 Es ist deshalb nur konsequent, daß international tätige Konzerne ihren Erfolg in dem Konzept 'Kulturbewußtes Management' begründet sehen und dies dann auch komplex und, das eigene Selbstverständnis mit einbeziehend, ganzheitlich in dem Begriff der 'Unternehmenskultur' fassen. FLuL 24 (1995) 164 Hartwig Kalverkämper sich nur in kontrastivem Vorgehen erreichen, bei dem der Schüler, unter Wahrung der eigenkulturellen Ausprägungen und unter Erkennen und Achtung der fremdkulturellen Spezifika 40, die Kulturen als gleichwertig (ein-)schätzt und lernt, interkulturelle Differenzen zu verstehen und schließlich, konfliktentschärfend, zu vermeiden. Gerade in den Klassengemeinschaften der heutigen Zeit lassen sich Lerninhalt und Lehrziel 'Körpersprache' eigenkulturell wie interkulturell, sprachen- und kulturenkontrastiv einbringen. Die multikulturellen 41 Klassengemeinschaften, bei einem Ausländeranteil von ca. 8% aus den verschiedensten Kulturkreisen 42 , verlangen geradezu danach, daß dieser wichtige Faktor zwischenmenschlicher Organisation und Verständigung die gebührende didaktische Beachtung findet. Ein „systematisches Wahrnehmungstraining, das kulturgebundene Deutungsmuster in der Mutter- und Fremdsprache aufsucht und Prozesse des Selbst- und Fremdverstehens in den Mittelpunkt rückt" (Krumm 1995: 159), gilt es, für den Bereich 'Körpersprache als Kulturem' zu entwickeln und didaktisch-methodisch zu verwirklichen. Die Lage dazu ist allerdings alles andere als hoffnungsvoll oder gar zufriedenstellend. 'Körpersprache' ist didaktisch äußerst schlecht repräsentiert, methodisch nicht reflektiert, als didaktisches Konzept nicht ausgearbeitet. Selbst ein modernes und auf den aktuellen Diskussionsstand hin überarbeitetes Handbuch zum Fremdsprachenunterricht (Bausch/ Christ/ Krumm (Hrsg.) 3 1995) führt kein entsprechendes oder auch nur affines Stichwort. Auch im Bereich 'Deutsch/ Englisch/ Französisch/ Italienisch/ Spanisch als Fremdsprache' liegt nach meinen Recherchen nichts oder nichts Grundlegendes zu dem Thema vor. Eine Didaktik der Körpersprache erstrebenswert in einem übergeordneten Rahmen von Kulturem-Didaktik (Didaktik der Kultureme) ist und bleibt noch ein Desiderat 43 , und sie muß eigen- und fremdkulturelle, also interkulturelle Aspekte genauso einbeziehen, wie sie interdisziplinäre Aspekte (insbesondere aus der Linguistik, Psychologie, Ethologie, Anthropologie und Soziologie) berücksichtigen muß. 5.3 Um die Lage nicht ganz so desolat erscheinen zu lassen und auch um Anregungen zum Weiterdenken anzubieten, aber auch um überhaupt Interesse an dieser 40 Der Gesichtspunkt der 'Fremdheit' ist dabei ein zentraler Begriff der Fremdsprachenmethodik. Vgl. Weinrich (1980), Wierlacher (Hrsg.) (1980), Krusche (1980, 1983), Regele/ Pommerin (1983). 41 Ich verstehe mit Krumm (1995: 157) unter 'multikulturell' "die beobachtbare gesellschaftliche Situation und die sich darin abzeichnenden Entwicklungsprozesse"; demgegenüber unter 'interkulturell' die „pädagogisch-politischen Antworten auf diese gesellschaftliche Situation". 42 Neumann (1995: 95); es „leben in Deutschland mindestens 7 Millionen Menschen in einer sehr unterschiedlich ausgeprägten Zweisprachigkeitssituation". 43 Der zu dem Thema recht verdienstvolle Band von Rosenbusch/ Schober (Hrsg.) (1986) bringt auch nur etliche Mosaiksteine. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 165 wichtigen Herausforderung zu wecken, möchte ich einige bereits vorhandene in meiner Sicht: sporadische, und erst recht nicht als eine ausgebaute Körpersprachen- Didaktik anzusehende - Versuche hier zusammenstellen und kurz diskutieren. Ich differenziere zwischen: (a) in Lehrwerken (im weitesten Sinne) realisierte Beachtungen von Körpersprache (5.3.1) und (b) in Sprachlehrwerken berücksichtigte Körpersprache (5.3.2). 5.3.1 Bei den Lehrwerken 44 oder Anleitungen sei zunächst auf die recht bescheidenen Problem- 'Bewußtmacher' hingewiesen, und diese sind • die zu eigenkultw-ellen Spezifika (natürlich im Themenbereich 'Körpersprache'! ) aufklärenden Werke (5.3.1.1); • die sich kulturkontrastiv gebenden Reiseführer (5.3.1.2); • die interkulturell angelegten Manager-Anleitungen (5.3.1.3). 5.3.1.1 Fremdverstehen ist erst auf der Grundlage des Kennens der eigenen Identität zu leisten; und dies gilt natürlich auch für die bewußte Beachtung von körpersprachlichem Ausdrucksverhalten beim fremdkulturellen Partner.. So ist es dann sicher erst einmal wichtig und interessant, sich über die eigenkulturellen Möglichkeiten körpersprachlicher Ausdrucksqualitäten im klaren zu werden. Das kann zum einen durch einfache Thesaurierung von Ausdrucksträger, Ausdruck und Ausdrucksbedeutung (s. 3.2) geschehen. Ein schönes, wenngleich simples Beispiel bietet hierzu das Taschenbuch von Cangelosi/ Delli Carpini (1991) zur italienischen Körpersprache 45 , das nach den körpersprachlich relevanten Lebensäußerungen einteilt in "Begrüßung, Verabschiedung etc.", "Fragen", "Übliche Ausdrücke" (wie Hör mal zu! ; Ich verstehe das nicht; Das habe ich vergessen; Hilf mir, bitte! ; Mach dir keine Gedanken! ; So lala; Prima! ; Wir haben gewonnen! ), "Beleidigungen", "Drohungen", "Essen und Trinken", "Männer, Frauen und die Liebe" und „Geld". Dazu finden sich dann einfach die signifikanten körpersprachlichen Ausdrucksformen als Photos. Das Ganze ist schon im Buchtitel deklariert als "Ein Intensivkurs in Körpersprache ganz ohne Büffeln". Es dürfte wohl der 44 Die Bezeichnung 'Lehrwerk' ist in diesem Zusammenhang hier tolerant weit zu verstehen und will nur jene Bücher zusammenfassen, die eine grundständig belehrende, aufklärende, anleitende, kenntnisvermittelnde Absicht zum Thema 'Körpersprache' verfolgen; es geht also nicht um die Umsetzung dieses Selbstverständnisses (in dem Fall müßte man sonst nach einer anderen Sammelbezeichnung suchen, wie meine kritischen Ausführungen im folgenden deutlich machen dürften). 45 Es ist nicht ersichtlich, ob es sich um eine Übersetzung einer italienischen Originalausgabe handelt. Es findet sich als einziges Anzeichen das Copyright „für die deutsche Ausgabe". Das Vorwort läßt auf eine italienische Fassung schließen. Auf jeden Fall ist es kein Büchlein, das interkulturell, mit kontrastivem Anspruch, auftritt. Die Autoren wollen lediglich die italienische Körpersprache zusammenstellen und hoffen, daß es „auf humorvolle Weise die Erinnerung an die alten Tage wiederbelebt und erhält" und dazu beiträgt, "einen Teil unseres Erbes und unserer Kultur [zu] vermitteln, eine liebevolle Erinnerung an unsere Vergangenheit" (S. 7). FLuL 24 (1995) 166 Hartwig Kalverkämper erste „Intensivkurs" ohne irgendein didaktisch-methodisches Konzept sein 46, nur begründet in ausdrucksstarken Bildchen und ihren Bedeutungszuschreibungen. Dazu zwei Beispiele aus Cangelosi/ Delli Carpini (1989: 42 und 85): Beleidigungen Du bist ein Gauner! Sei un malandrino! (Sc-i un mah-lan-drih-no) Männer, Frauen und die Liebe Was für ein Kerl! Chc bei pczzo d\101110! (Keh bei pe-tzo duo-mo) . ' . r~ _. ~ _,-Jti : : ') -~l'> --~i· ; '.-~~} 4(, ~ ... ·: -." •... ··t: >; ·. ~-: Anspruchsvoller bietet sich hierzu Reutler (31989) an: Ebenfalls ein Thesaurus bildlich festgehaltener signifikanter (deutscher) Körpersprache 47, geht er sukzessive zerlegend „von Kopf bis Fuß" 48 vor; Bild und beistehender Text bilden eine Informationseinheit, wobei der Text Kriterien des Ersehens bietet und Bedeutungsinterpretationen liefert, die ihrerseits dann oft Anlaß für Handlungsempfehlungen geben. Nachfolgendes Beispiel aus Reutler (31989: 65): 46 Die Bezeichnung 'Intensivkurs' ist durch nichts gerechtfertigt und deshalb natürlich völlig abwegig. Dennoch: Die thematisch geordnete Sammlung vermittelt sich dem Betrachter in dem unausweichlichen Sinn, daß man die italienische Körpersprache kennenlernen soll, sie ersehen inöge und dann vielleicht sogar verstehen könnte. 47 Dies neben einem vierzigseitigen Teil „Einführung in die Körpersprache", der seinerseits ebenfalls mit Bildern gestützt ist. 48 Dieses Verfahren über den Ausdrucksträger (vgl. 3.2) ist recht beliebt. Eines der weitverbreiteten populärwissenschaftlichen Werke, Morris (1986), geht ebenso vor. Vielleicht ist das ein didaktisches Prinzip mit Blick auf den Laien-Rezipienten. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... \\'irLI im Verlauf der Unterhaltung die Position von ,.Angesicht zu Angesicht" von einem der Parrncr aufgegeben, indem er Oberkörper und Kopf (nnd damit aud1 den Blick) seitlich vom Partner abwendet, dann ist eine Verminderung seines Interesses zu vcrnnttcn oder eine heimliche Mißbilligung. Es kann aber auch nur der Wunsch zugrunde liegen, einen Augenblick losgelöst vom Partner über das Oesa\! tc nad1zudcnken wie im hier gezeigten Fall: Die lci~ht zusammengezogenen Augenbrauen und der Zeigefinger an der Schläfe verhelfen uns zu dieser , eindeutigen Interpretation. \'orsil'ht, wenn ein solches seitliches Abdrehen mit dncm verstohlenen Blick Ober die Schuhcr vcrhun- , den ist! Dann mißlraul man Ihnen, oder man verachtet Sie sogar. 167 Wenn die Absichten über die Thesaurierung hinausgehen, kann eigentlich nur ein funktionaler Aspekt im Vordergrund stehen. Hier läßt sich zum Thema 'Körpersprache im eigenen Kulturumfeld' nur an diagnostische Anliegen und therapeutische Einflußnahmen denken (vom Erkennen über bewertendes Interpretieren zu bewußtem, eventuell korrigiertem Verhalten). Und in der Tat ist das Schema 'Wenn dann' 49 gerade hier sehr beliebt, und zwar bei den Publikationsangeboten wie bei der Leserakzeptanz. Der große Verkaufserfolg (man beachte die Auflagenhöhen! ) und somit die breite Resonanz auf das Thema liegen nicht bei den wissenschaftlichen Werken, sondern deutlich bei den populärwissenschaftlichen Büchern, die ich allerdings eher als im allgemeinen populistische Bücher qualifizieren möchte, auch wenn man damit hier und da einem Taschenbuch aus einem Massenvertriebsverlag Unrecht täte 50• Der Grund für diese Einschätzung ist der Anspruch, den solche Bücher verkaufswirksam vertreten: Sie wollen mit der Kenntnis, die sie (angeblich) vermitteln, den Leser instand setzen, den Partner zu durchschauen, hinter seine Geheimnisse zu kommen, sein wahres Gesicht zu erkennen, das Rollenverständnis des anderen zu unterlaufen, dabei dann aber die eigene Persönlichkeit zu stärken und im Verhalten erkennbare Schwächen zu verstecken oder zu überspielen oder aber wegzutrainieren. 51 Sie wollen der an einfachen Rezepten interessierten Leserschaft (vgl. 3.4) 49 Typ: 'Wenn ich ein Problem in der Interaktion habe, dann finde ich hier Lösungswege'; 'Wenn ich mich so und so verhalte, dann schätzen die anderen mich so und so ein'; 'Wenn ich bei meinem Gegenüber dies oder jenes Ausdrucksverhalten bemerke, dann kann ich auf die und die bestimmten Einstellungen schließen (und mich darauf mit meinem Verhalten und meiner Handlungsweise einstellen)'. 50 Hierzu ist z.B. Schober (1989) zu rechnen. 51 Zum Beispiel Fast (1971), bei dem auf dem Schutzumschlag ausdrücklich geworben wird: "Julius Fast dechiffriert die stummen Signale des Körpers die geheimen Motive von Fremden, Freunden und Freundinnen"; Bierach (1990); Birkenbihl ( 6 1990); Fast (1988); Lauster ( 15 1990); Molcho (1990); Reutler (31989); Rückle ( 8 1991); Schwertfeger/ Lewandowski (1990); Stangl (1992); und viele weitere mehr. - Heidemann ( 4 1992: 93) entwickelt über solche diagnostische FLuL 24 (1995) 168 Hartwig Kalverkämper beibringen, wie man sich für das Bewerbungsgespräch beim Personalchef am günstigsten in körpersprachlicher Bewußtheit wappnet, wie man seinen Vorgesetzten am besten durchschauen und seine geheimen Regungen erlauern kann, wie man sich, umgekehrt, am geeignetsten gegen solch ein Ausleuchten schützt, indem man bewußt körpersprachliche Gegenstrategien unternimmt oder bestimmte Verhaltensweisen unterläßt oder gezielt einsetzt, oder wie man, als letztes Beispiel, in geschickter, weil körperbewußter Weise mit dem andern Geschlecht umgeht, hier natürlich weil verkaufsträchtig mit dem angepriesenen Ziel, so schneller und effektiver „zum Ziel zu gelangen". Letztlich erinnern solche Ziele wieder an die Position der Physiognomikwie bei Lavater im 18. Jahrhundert (s. 4.2) -, die vom Äußeren auf das Innere des Menschen schloß und glaubte, mit ihren Regeln und generalisierten Beobachtungen die Trennung von Öffentlichkeit (des Gesichts) und Persönlichem (des Seins, des Könnens, des Meinens) eines Menschen, von Maske und Wahrheit, von Verheimlichen und Offenbaren aufzuheben. Anliegen wie diese treiben dann hermeneutische Blüten, wie sie sich wie belegbar besonders in hierarchiebestimmten (Typ: 'Kleiner Mann will etwas vom großen Chef'/ 'Wie durchschaue/ verschleiere ich beim Einstellungsgespräch die wahren Absichten? ') oder in sexusbzw. erosbetonten Publikationen (Typ: 'Was der Po über die Frauen verrät'/ 'Sind Männer mit Glatze bessere Liebhaber? ' 52) verdummend verbreiten. In .der Tat: Es sind naive Deutungsversuche und Gleichsetzungen von Ausdruck und Ausdrucksbedeutung (vgl. 3.4), die ihrerseits, in der Tradition der Wahrheitssuche per Körpersignale stehend, helfen sollen, mit der Aufdeckung von Emotionen und geheimen(! ) Regungen hinter Lügen oder Falschheiten oder Verstellungen beim Gegenüber zu schauen: eine Tradition übrigens, wie sie aus der forensischen Beurteilung von Glaubwürdigkeit des Zeugen bekannt ist. 53 Gleichungen (vgl. 3.4) - 'den Mundwinkel heben: Zynismus, Arroganz, Überlegenheitsgefühl', 'den Zeigefinger heben: Belehrung, Tadel' - "Rückschlüsse [...] für das Training" des eigenen bewußt kontrollierten körpersprachlichen Verhaltens (vgl. 5.1). - Auch ein feministischer Tenor ist hier gern eingebunden: so mit der Grundintention der kriterienbezogenen Verhaltensveränderung von Frauen: Wex (1980), Henley (1988). 52 Berger (1990) nur ein Beispiel aus einer Vielzahl gleichgearteter Machwerke, deren Aufführen ich mir hier erspare. Das einschlägige Thema als solches ist für das kaufende Publikum immer wieder interessant, wie die Vielzahl der Titel und die Auflagenhöhen belegen; es kann natürlich auch seriöser behandelt werden, wie z.B. Fast/ Bernstein (1984) belegt. 53 Wobei auch hier die Ambivalenz deutlich wird: 'Erröten' z.B. wird in einer Liebesbeziehung als Signal der Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und des Bekennens speziell der Frau gedeutet, in der forensischen Beurteilung aber als Zeichen des Lügens angesehen. - Die Körpersprache in die Wahrheitsabschätzung von Zeugenaussagen vor Gericht einzubeziehen, läßt sich bis in die Antike zurückverfolgen: Quintilian verbreitet sich dazu in dem testimonia-Kapitel seiner "Institutio oratoria" (V 7) mit subtilen Hinweisen und zuratenden Beobachtungen. Natürlich sind dann die Inquisition im Mittelalter, die gerichtlichen Gebärdenprotokolle (seit Kaiser Karl V., mit Geltung in Deutschland noch bis ins ausgehende 19. Jahrhundert! ) sowie, in moderner Variante, der Lügendetektor in dieser Tradition eines auf körpersprachlichen Signalen beruhenden „Gewährleistungsbedürfnisses" zu sehen. - Als juristisch und rechtshistorisch angelegte Arbeit empfiehlt sich zu dem Thema 'Körpersprache als Indiz vor Gericht' die Arbeit von Schneider (1991); vgl. dazu auch Kalverkämper (1994: 144-148).-Zur Körpersprache als Indiz vor der Klasse, wo der Lehrer z.B. die Lüge des Schülers über dessen Körpersignale entlarven kann, Heidemann ( 4 1992: 92t). FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 169 5.3.1.2 Modeme Reiseführer haben ihr Gesicht inzwischen deutlich zu einer pädagogischen Haltung des Verständnisses·für die fremde Kultur verändert. Hierzu wäre durchaus einmal eine systematische Forschung angeraten. Aus der Vielzahl von Vorkommen sei das Büchlein von Gabriele Kalmbach (1990) gewählt, das die „Gestik, Mimik, Körpersprache" (der Franzosen) als einen Bestandteil zum „Kulturschock Frankreich" behandelt (48-50). Dieser Begriff des Buchtitels verlangt in der Tat eine prinzipiell kontrastive: Darstellungsweise hier: französische Kultur im Vergleich mit deutschkulturellen Gepflogenheiten; Und so werden in kurzweiligem Geplauder einige offensichtliche Unterschiede angesprochen, wobei im Hintergrund die sehr richtige Beobachtung steht: "Selbst wer eine Fremdsprache perfekt beherrscht, behält seine typischen Bewegungen bei. Gestik, Mimik und Körpersprache sind. jeweils charakteristisch für eine Kultur und am schwierigsten zu verändern. [...]. Als Ausländ~r kann man Gestik und Mimik leider mir schwer nachträglich erlernen, aber ihre Kenntnis hilft zur Orientierung; so läßt sich das Verhalten der 'Eingeborenen' richtig interpretieren, um Mißverständnisse zu vermeiden." (S. 48) Daß dabei auch diachrone Aspekte zum Tragen kommen können, in einer Art 'entlehnter Körpersprache', wird mit einem Zitat von Theodore Zeldin klar (ebd. 48)54: "Es gibt zwei Gesten, die heute als typisch französisch angesehen werden: der Kuß zur Begrüßung und der häufige Handschlag. Beide waren einst typisch englisch und lösten bei französischen Reisenden große Verwunderung aus." Kulturem-Interferenz, interkulturelle Auffälligkeiten, "Kulturschock" die Beachtung und Beobachtung des den Gegenüber als 'fremd' identifizierenden Ablaufs • muß mit körpersprachlich geschultem 'Ersehen' als relevant ('emisch') oder aber als bloß individuelle Verhaltensvariante des Gegenüber eingeschätzt werden können, • der gesehene Ablauf muß dann in einen Bewertungsrahmen dieser Fremderfahrung als kulturspezifisches Verhalten eingeordnet werden können • und muß schließlich innerhalb eines so erstellten und gefestigten Rasters des nachvollziehenden Verstehens mit einer entsprechenden Reaktion der Toleranz, des Interesses, der Angemessenheit gegenüber dem Partner bedacht werden. Und das geschieht ausschließlich durch Bewußtmachung der signifikanten, also systematischen (nochmals: 'emischen', nicht-individuellen) Formen, Abläufe und Zusammenhänge von Körperausdruck innerhalb dieser bestimmten Kultur. Und diese Bewußtmachung wiederum ist, was den hier anstehenden Fall 'Körperspra- 54 In diesem kulturhistorischen Zusammenhang ist auch der Hinweis beachtenswert, den Korte (1993: 13) gibt: "Ein britischer Autor, der vor 200 Jahren beschrieb, daß eine Frau steht, geht oder sitzt, dürfte eine andere Vorstellung von diesem Stehen, Gehen und Sitzen gehabt haben als ein heutiger Leser." FLuL 24 (1995) 170 Hartwig Kalverkämper ehe' betrifft, kriteriengeleitet nur sinnvoll durch eine didaktisch reflektierte Lehre des körpersprachlichen Verhaltens, durch eine eigen- und fremdkulturell kontrastive Körpersprachen-Didaktik. Eine einfache Aufzählung von Auffälligkeiten ist da ganz amüsant, ja interessant, aber das ist ja noch keine Lehre. Und so hat man eigentlich wenig davon, zu erfahren, daß es als typisch französische körpersprachliche Ausdrucksform gilt, wenn ... ... -, und daß diese Ausdrucksform die und die Bedeutung hat. 55 Diese Kritik gilt generell, ·insbesondere für populistisch sich gebende, sich einer breiten Interessentenschaft anbietende Kultur-Publikationen, wie noch ein anderes Beispiel illustrieren mag: Im Vorwort zu seinem Büchlein „ Vorsicht Fettnäpfchen. Fremde Liinder, andere Sitten" (1989) schreibt Roger E. Axtell (S. 7), daß sein Buch im Idealfall dem (Welt-) Reisenden helfen werde, "eine kleine, unsichtbare Antenne auszufahren, die sorgfältig alle kulturellen Unterschiede und Nuancen registriert. Respektvolles Verständnis für diese Unterschiede wird Verärgerungen, wird Mißverständnissen und auch geschäftlichen Fehlschlägen vorbeugen helfen." Dies läßt eine 55 Eine solche Kasuistik von Gleichungen (vgl. 5.3.1.1) ist (Kalmbach 1990: 49): - "Wenn man mit dem Zeigefinger ein unteres Augenlid herunterzieht, dann heißt das: 'Versuch nicht, mich über's Ohr zu hauen, ich durchaue dich'. - Der nach oben gerichtete Daumen soll zeigen, daß etwas okay ist, prima oder in Ordnung. - Mit dem Daumen am Kinn signalisiert ein Franzose 'ätsch! ', 'siehste! '. - Mit Zeigefinger und Daumen wird ein O gebildet. In manchen Ländern ist das eine Beleidigung; in Frankreich heißt es 'super', 'perfekt! '. - Kurz über die eigene Wange streicheln, signalisiert dem Gegenüber: 'Alle Hochachtung! ' - Wenn jemand seine Hand sehr schnell schüttelt, heißt das ohlala! , also 'Aufgepaßt! ', 'Vorsicht ist angebracht'. - Die beliebteste Geste der Franzosen beim Autofahren ist der angewinkelte Arm, an dessen Oberarm man mit der anderen Hand faßt, heißt soviel wie 'Du Vollidiot! '. Was sie von unserer Fahrweise halten, wollen sie uns auch deutlich machen. Dafür kurbeln sie glatt ihr Fenster herunter und hängen sich halb aus dem Auto, damit man auch ja begreift, was für ein mieser kleiner Autofahrer man ist. Richtig böse Auseinandersetzungen gibt es im Straßenverkehr aber selten." Es gilt aber auch hier, wie schon in Abschnitt 5.1 kritisch bemerkt, daß die Orchestrierung des körpersprachlichen Gesamtverhaltens bei solchen Vokabularien vergessen und die hauptaussagende körpersprachliche Regung dabei ungebührlich isoliert wird. Es kann sich somit um nicht mehr als eine Orientierungshilfe für das verstehende Einschätzen einer solchen Geste handeln; nachahmen läßt sie sich jedenfalls von einem fremdkulturellen Lerner als ein aussagerelevantes Körperverhalten nicht.- Auch einige impressionistisch mitgeteilte Beobachtungen helfen da nicht weiter, eben weil sie aphoristisch, nicht systematisch sind; nur als eines solcher Beispiele, hier: zur Körperhaltung (S. 50): „Auch das relaxte Zurücklehnen, während man die Hände hinter dem Kopf verschränkt, mag in Deutschland als entspannte Sitzhaltung gelten, in Frankreich überschreitet man damit die Regeln des höflichen Verhaltens. [...]. Auffallend viel drücken die Franzosen mit ihren Schultern aus. Sie sind ein Instrument der Kommunikation wie die Hände. Zum Beispiel sind die nach oben gezogenen Schultern, begleitet von geöffneten Handflächen und einem Ausatmen, eine typisch französische Geste, die meint: 'Weiß ich auch nicht, kann ich auch nicht ändern'." FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 171 didaktische Zielsetzung und eine pädagogische Durchformung des Themas 'Körpersprache' oder, noch komplexer, 'Kultureme' vermuten. Doch: Im 2. Kapitel „Riskante Signale: Handzeichen und Körpersprache" wird zwar mit netten Zusammenstellungen für eine kulturendifferenzierte Bewußtheit geworben 56, aber dem "'Wörterbuch' der Gesten" fällt auch nichts Anderes ein als eine simple onomasiologische Auflistung von Kulturemensplittern. 57 Es ist offensichtlich leichter, ein paar Unterschiede oder ein paar Spezifika körpersprachlichen Verhaltens in einem exotischen Florilegium von Tonga über Peru und Island, Tunesien und Griechenland bis zum Nahen Osten zu bieten und damit bei der Stufe der vereinzelten Bewußtmachung anzuhalten, als wirklich jenes bei Axtell formulierte, gerade zitierte Anliegen zu verfolgen; das würde dann nämlich eine dosierte und systematische und konsequente Beschäftigung mit dem körpersprachlichen Ausdruck und seiner Bedeutung und seiner Situation bzw. Anwendung, mit dem körpersprachlichen Ausdrucksverhalten also, verlangen. 58 So vermitteln populistische (meist: Tas<; ; hen- )Bücher5 9 wie dieses allenfalls das Bewußtsein für kulturelle Differenzen in möglichen (Einzel-)Fällen 6°, .aber keineswegs eine Kenntnis davon, geschweige denn ein fundiertes und kritierienbegründetes Wissen dazu. 5.3.1.3 Es ist bedeutsam, daß das Thema 'Körpersprache' und die mit ihr verbundenen Konflikte im interkulturellen Verstehen gerade die Praktiker fesselt. Aller- 56 Zum Beispiel S. 52: "Wie Männer reagieren, wenn sie eine schöne Frau sehen: Der Amerikaner zieht die Augenbrauen hoch. Der Italiener bohrt seinen Zeigefinger in die rechte Wange. Der Grieche streicht seine Wange. Der Brasilianer hält ein imaginäres Fernrohr ans Auge. Der Franzose küßt seine Fingerspitzen. Der Araber greift sich an den Bart." 51 Zum Beispiel (57-61): "Hochziehen der Augenbrauen heißt in Tonga 'ja' oder 'Ich stimme zu'. In Peru bedeutet es 'Geld' oder auch 'Bezahlen Sie'.[ ... ].- Zurückwerfen des Kopfes wird in Süditalien, Griechenland, in Tunesien und auf der Insel Malta als Verneinung verstanden, in Deutschland und in Skandinavien als eine einladende Geste, und in Indien als 'ja'. - Fingerkreis (Daumen und Zeigefinger formen einen Kreis, die anderen Finger zeigen ausgestreckt nach oben): Das ist das US-Signal für 'okay'. Aber in Brasilien ist es eine eindeutig obszöne Geste, in Griechenland und in der Sowjetunion gilt sie zumindest als taktlos, in Japan bedeutet sie 'Geld', und in Südfrankreich 'null' oder 'wertlos'." 58 Als in diesem Sinne gelungenen Kompromiß schätze ich Oksaar (1988) ein. 59 Sie finden sich auch meist in entsprechenden Verlagen, wie z.B. Edition abenteuer & reisen, Bastei Lübbe, Heyne Taschenbücher, Verlag Modeme Industrie, Verlag Management u.a. 60 Nochmals mit dem durchaus anregenden Taschenbuch von Axtell (1989) belegt: Das 3. Kapitel dort lautet schon verräterisch: "Ende gut, alles gut: Ein Schnellkurs". Und es geht um einen „Streifzug durch die Kontinente: Pünktlichkeit, Namen, Gastfreundschaft, Schenken, Unterhaltung, Trinkgeld, Besonderheiten"; das sind eben genau die Bereiche der touristischen Begegnungsmöglichkeiten bis hin zu den Anlässen wirtschaftlicher Kontakte (vgl. Chu 1993; Rowland 1994). Und dann finden sich zu den Themen die Kulturräume aufgelistet und auf 35 Taschenbuchseiten behandelt: Europa, Afrika, Naher Osten, Asien, Australien/ Ozeanien, Mittel- und Südamerika, Karibik, USA, Nordamerika. FLuL 24 (1995) 172 Hartwig Kalverkämper dings sind sie es ja auch, die die Folgen der kulturdifferenziell bedingten Kommunikationskonflikte ertragen (Blamage, Bloßstellung, Isolation, Abbruch von Verhandlungen, Verzögern oder gar Versagen von Unterschriften unter Verträge, Aufkommen von Antipathie, usw.) und schließlich aufwendig glätten müssen (Entschuldigungen, Ausräumen von Mißverständnissen, Neubeginn, usw.). Die auf Effizienz, Ökonomie und beständige Kooperation bedachte internationale Wirtschaft und Industrie ist deshalb daran interessiert, mögliche Konflikte im vorhinein bewußt zu erkennen und durch Lehren und Lernen zu vermeiden (vgl. 5.2). So sind inzwischen Rhetorik-Schulungen für höhere, international tätige Führungskräfte in ihrem Lehrstoff deutlich erweitert worden durch Komponenten wie 'Interkulturelle Wirtschaftskommunikation' (die es ja auch schon an einigen Universitäten als Studiengang gibt, z.B. in Bayreuth oder Jena 61 ), 'Kulturenspezifisches Verhaltenstraining', 'Etikette-Schulung' oder 'Kinesik für Auslandskontakte'. Inzwischen hat aber auch der Buchmarkt diese Angebotslücke entdeckt und die Herausforderung mit einschlägigen Lehrwerken für das interkulturelle Management angenommen. Sie sind den Trainingsseminaren, die lebendig, (lern- )gruppenbezogen ablaufen und mit Rollenspielen und nachgestellten Situationen und die Sinne anregenden Lernumgebungen 62 dem körpersprachlichen Erfahrungsraum naturgemäß am nächsten stehen, in diesen Komponenten unterlegen. Sie kompensieren dies mit anderen Vorteilen wie Preis, ständige Verfügbarkeit, Freiheit in der Rezeption, Souveränität des Lesers bei der Auswahl des Stoffes, und dann natürlich auch mit deutlich erkennbarer Antizipation des interessierten Lesepublikums, indem es mit seinen Überlegungen und Schwierigkeiten ausdrücklich thematisiert und im Schreibstil angesprochen und als Wirkgröße für den Text einbezogen wird. In diesem Sinn kann man auf zwei jüngere Werke hinweisen - Chu (1993) und Rowland (1994) 63 -, im Original beide bezeichnenderweise amerikanische, englischsprachige Bücher. So 61 Vgl. zum Beispiel Müller (21993); dort auch sein Aufsatz „Die Bedeutung der interkulturellen Kommunikation für die Wirtschaft" (27-51). 62 Zum Beispiel: "typisch" japanischer Verhandlungsraum; Ablauf einer Teezeremonie; Art der Verpackung von kleinen Geschenken und Formen der Übergabe an die Hausherrin; usw. 63 Unter den hier interessierenden Gesichtspunkten der Interkulturalität und der Bewußtheit gegenüber Körpersprache erscheint mir das Buch von Rowland (1994) besser gelungen. Vgl. auch Kalverkämper (1994: 161 f). Die Selbstortung und der Eigenanspruch sowie die Rechtfertigung eines fremdkulturellen "Knigge" sind so interessant (und entlarvend), daß ich sie die als Werbetext auf dem Vorsatzblatt stehen hier vorstelle: "Das Riesenreich China ist ein zunehmend interessanter Handelspartner. Wer nach China exportieren oder dort investieren will, braucht intime Kenntnisse der chinesischen Mentalität. Die liefert Chin-Ning Chu in diesem praktischen Führer. Sie hilft Europäern, die Chinesen und ihre Einstellungen zu allen wirtschaftlich bedeutenden Fragen zu verstehen, und behandelt soziale Erwartungen, Etikette und Verhaltensweisen." (Chu 1993). "Wer mit Japan Geschäfte machen will, muß seine Partner und ihre Einstellungen zu allen wirtschaftlich bedeutenden Themen verstehen können. Diana Rowland behandelt alle wichtigen FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 173 führt Rowland für den amerikanisch-japanischen Kontakt und dessen „letztendliches Ziel" (nämlich: Vertragsabschluß und effiziente Handelsbeziehungen) recht systematisch in die (japanische) Fremdkultur ein und beschäftigt sich mit Formen der Kontaktaufnahme (Grüßen, Verbeugen, Etikette, Einladungen), mit der Kommunikation, wobei die .nonverbalen Aussagen (Schweigen, Mimik, Proxemik, Berührungen, Gesten, Stimme, Kleidung u.a.) beschreibend, belehrend und mögliche Probleme vorwegnehmend berücksichtigt sind, schließlich mit den verschiedenen Komponenten von Verhandlungen (Geschäftsethos, Team, Frauen, Etikette, Taktik, Vertragsabschluß u.a.) und ganz Management mit der sozialen Seite des Geschäfts (Nachtleben, Diner, Geschenke, Besuche, Teezeremonie), um dann mit grundlegenden Besonderheiten der japanischen Unternehmenskultur abzuschließen. Es ist also der übergeordnete pragmatische Rahmen, der das außerhalb der Wissenschaften angesiedelte Interesse an Körpersprache bestimmt. Dies dürfte aber, gerade auch über Wege wie die 'Interkulturelle Wirtschaftskommunikation', als Impuls auf die Angewandten Disziplinen zurückwirken, so daß hier im gemeinsamen Interesse eine ausbaufähige Grundlage für ein vernetztes, interdisziplinäres Zusammenwirken von Wissenschaft, Angewandten Disziplinen (mit ihren Zielsetzungen der Lehre) und Wirtschaft gegeben ist. 5.3.2 Sprachvermittelnde Lehrwerke der eigenen Sprache oder einer Fremdsprache mit pädagogischem Anspruch, mit didaktischer Konzeption und methodischer Reflexion zeigen beim Thema 'Körpersprache' gewaltige Defizite. Gerade bei der Fremdsprachenvermittlung oder der Vermittlung der eigenen Sprache als Fremdsprache muß für die Zukunft diese Lücke geschlossen werden. 64 Dieser Aufgabe widmet sich mit. einem eigenen Themenband zur französischen Expression intonative et mimique sowie mit einem eigenen Lehrerhandbuch das achtzig Seiten umfassende französische Lehrbuch von Calbris/ Montredon (1980). Es tritt mit dem Anspruch an: "Ameliorez votre fran1; ais". Der spezifische Blick ist auf die eigenkulturellen Besonderheiten gerichtet, indem man richtigerweise davon ausgeht (s. Preface), daß "les mimiques sont [...] originales pour chaque culture, c'est pourquoi elles sont difficiles a interpreter". Deshalb rechtfertigt sich ein solcher Band im Rahmen von 'Französisch als Fremdsprache', 'Fran1; ais Langue Etrangere'. Allerdings wird recht grob dieses Selbstverständnis eher in dem Sinn verstanden, daß das Buch sich für einen generelleren Einsatz, z.B. in multikulturellen "internationalen") Klassen, als eine Art Kontrastfolie zu den dort jeweils vertretenen Kulturen empfiehlt. Doch wird mit diesem wichtigen Schritt der Lehrer, eher aber noch der Selbstlerner, allein gelassen, und es dürfte wohl kaum ausreichen, den hier vorgestellten französischen Fällen jeweils einfach einen z.B. nordafrikanischen (arabokulturellen) Parallelfall zur Seite zu stellen. Letztlich bleibt es hier also bei der selbstbespiegelnden Präsentation von Körpersprache, und zwar dies (natürlich) in der francokulturellen Optik. Fragen in bezug auf soziale Erwartungen, Etikette und Verhaltensweisen. [ ... ]." (Rowland 1994). 64 Dies vertritt, auch mit Blick auf die eigene Sprache und Kultur, der für die Thematik Signal setzende Band von Rosenbusch/ Schober (Hrsg.) (1986), der 1995 in überarbeiteter und erweiterter zweiter Auflage erschienen ist. FLuL 24 (1995) 174 Hartwig Kalverkämper Das Beispiel macht gerade dies neben den Präsentationsweisen deutlich: Unite phonetique 2 (S. 19-33) z.B. bietet drei prosodisch-mimisch aussagestarke Einheiten: A.: "Mais si, je t'assure! " (Insistance devant doute. Complement: expressions linguistiques); - B. "Na na na! " (Triomphe ironique); - C.: "Partir ...? " (Question a soi-meme)l"Partir"! (Exclamation de refus. Complement: expressions linguistiques). Ausgewählt sind hier einige Teile der Einheit B (24-29). . • ·' . B triomphe ironique "na na na" 01, 1a 1a, dl'·Si~» - T"as vu, hein ' Qu 'est-ce q11 eile est Jurte 1 Peuh, c 'est rien ' i I l 'friomphc ironique "Na na na '.": avoir rai ... on. -..c moqul'r dl' qudqu'un -.an" mfrhanl'L"tl! . l'n riant. Za: il• .J1on rril .' Essaye Wl peu .' - Mon a: il . 1 FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... CARTE SYNTHESE En general, on dit 11111111 IUI ! en frottant Je dessous du menton avec Je pouce (2eme image). Dans certaines regions on frotte trois fois l'index gauche avec l'index droit (4eme image). Beaucoup d'enfants s'amusent a faire Je pied de nez (2) (lere image) ou a tirer Ja langue (3eme image) dans Je dos de Jeur professeur quand il Jeur a fait un reproche par exempJe. Entre enfants, et avec Je sourire, cela veut dire : je t'ai eu, je suis plus fort que toi ! . (2) Pied de nez : Un ncz d'un pied de long. On rencontre l'attitude de triomphe (1) ironique surtout chcz les cnfants qui jouent enhc eux. llsdi! >enlnaflllna ! ounaMnhe! en chantant pour se moquer de \eur camaradc de jeu el en mCmc temps, ilS frottent 1rois fois Je dessous du menton avec le pouce. Vous remarquerez que Je rythme gestuel est paraJ. li: le au rylhme vocal : le geslc est rCpit6 trois fois comme la syllabe na. (1) Triomphe: vkloire 175 Au plan prosodit1ue, si vous "chontn" 1111c phrase de la mCmc maniCre que na na 1111 ! . clle devient iro111q11e. Par exemplc : Y'cnaplus! _ rna na na signifie: Y'cn a plus pour loi et je suis cmuent : j'ai mange Je dcrnier ! ou bien : Je tc l'avais dil et tu vois hien : y'en a plus! C0,1/ Pl.DIENT: E"XPRESS/ ONS 1./ NGUISTIQUES ~------ EXCLAMATION SCANDALIStE DE REFUS ------"' - {'a,jamais ! - ,a va pas, ,wn ! - Vous ttu folfe (fou) I - Non, m11is ! - Non, mais alors ! - ('a ne roume pas ronJ l -- ('a suffit, vous l - Pas questüm ! Commcntaire : il refuse de(+ infinitif) il refuse (+ nom) Sie vermittelt für die ironisch triumphierende Reaktion auf eine Herausforderung drei körpersprachliche Verhaltensweisen in drei Situationsblöcken, von denen hier zwei vorgestellt sind. Wichtig ist die eng verbundene Kombination verschiedener medialer und motivischer Präsentationsweisen65, Situationen bzw. Situationsausschnitte sowie die Versprachlichung des Gezeigten, hierbei als Dialogsequenz oder wie bei den Unterschriften zu den Photos als (wiederum: in onomasiologischer Blickrichtung) Bedeutungsangabe des erstarrten mimisch-gestischen Ausdrucks. Auf diese Weise werden an didaktisch plausiblen Leistungen angeboten: • Situierung von Körpersprache mit einer bestimmten Ausdrucksabsicht ('ironischer Triumph') in einer Erlebnis- oder Lebenssituation; • Festlegen der begleitenden lautsprachlichen Aussagen und über Kassettenband der entsprechenden Intonation; • Erkennendes Bewußtmachen durch Zusammenstellung der konstitutiven Komponenten körpersprachlich und intonatorisch bedeutungsvoller Abläufe (in den Explications); • Interpretation und komplexe Zusammenstellung von Ausdruck, Ausdrucksträger und Ausdrucksbedeutung (in der Carte synthese). Dies erscheint als ein Programm, das im Sinne der hier vorgestellten Abläufe zur Kulturspezifik, zur Kategorisierung, zum Erkennen und zum Interpretieren die angemessenen Schritte unternimmt, um körpersprachliche Phänomene in der Eigenkultur für fremdkulturelle Lerner transparent werden zu lassen. 65 Zeichnungen und Photos; Situationen und Fokussierungen daraus (im Sinne eines filmischen Zooms). FLuL 24 (1995) 176 Hartwig Kalverkämper Die Ausbeute bei deutschsprachigen Lehrwerken für Ausländer ist zum Thema 'Sensiblisierung bzw. lehrendes Bewußtmachen von kultureingebundener Körpersprache' ausgesprochen mager, ganz abgesehen davon, daß es ein solches 'Körpersprache-Lehrbuch' wie das französische nach meinen Recherchen bislang noch nicht auf dem Markt für Deutsch als Fremdsprache gibt. Von den DaF-Lehrwerken 66 beachten „Stufen" 67 und „Sprachbrücke" 68 körpersprachlich signifikante Ausdrucksweisen deutschkultureller Kontexte. Allerdings sind diese Lehrinhalte, übrigens sogar selbst in DaF-Lehrwerken zur Wirtschaftskommunikation69, in verschämte Ecken gedrückt und äußerst karg gehalten und im einzelnen auch sehr zu kritisieren. Nachfolgend einige Beispiele aus „Stufen": 2. Gestik-Mimik (Bd. 1. S. 21) Wie zeigt man das bei Ihnen? ~'; ) ~- ,Ja.' @ ,Nein.' • ,Ich? ' ,Wie bitte? · ,Bitte langsam! ' Zählen von 1-IO 2. Gestik- Mimik (Bd. 1, S. 39) (S Wiezeigtmandasbeilhnen? ~=11, ·, / '! ,Sehrgut.' y ~, ► ~ ,Ein bißchen.' ·'" ,Du/ Sie•. 1 ,Da kann man nichts machen.' U, 2.Gestik-Mimik (Bd.1. S. 95~~ ; · Wie zeigt man das bei Ihnen? ,Wie spät haben Sie? ' ,Machen Sie schnell! ' ,Ich höre nichts.' t' . : t: ~~~: : t! / Mist! ' / ! l: : ) 2. Gestik-Mimik (Bd. 1. S. 131) Wie zeigt man das bei Ihnen? ,Hallo, (Peter)! ' ,Guten Tag, (Frau Kieser) ! ' ,Prima! ffoll! / Super! ' ,Ich hoffe, alles geht gut! / Viel Glück! ' ,.., 3. Gestik- Mimik (Bd. 2, S. 67) Wie zeigt man das bei Ihnen? ,Kommen Sie herein! ' ,Nehmen Sie Platz! ' ,Darf ich rauchen? ' ,Das geht leider nicht.' 3. Gestik - Mimik (Bd. 2. S. 97) Wie zeigt man das bei Ihnen? ,Herr Ober/ Fräulein! ' ,Ich habe Hunger.' ,Ich möchte etwas trinken.' ,Noch ein Bier, bitte! ' ,Herr Ober/ Fräulein, ich möchte zahlen.' 3. Gestik - Mimik (Bd. 2, S. l 24) Wie zeigt man das bei Ihnen? ,Sie hat viel Geld. Sie ist reich.' ,Ich habe kein Geld./ Jch habe keinen Pfennig.' ,Er hat das gestohlen.' ,Beeil dich! ' 3. Gestik-Mimik (Bd. 2, S. 152) Wie zeigt man das bei Ihnen? ,Das sieht sehr gut aus! ' ,Das gefällt mir nicht.' ,Das geht leider nicht.' 66 Eine erste Orientierung über das Angebot gewinnt man bei Ickler (1985: 61-63). 67 „Stufen. Kolleg Deutsch als Fremdsprache". Von Anne Vorderwülbecke/ KlausVorderwülbecke. Stuttgart: Klett Edition Deutsch 1986-1987 (hier: Band 1 und 2). 68 „Sprachbrücke. Deutsch als Fremdsprache". Stuttgart: Klett Edition Deutsch 1987 (hier Band 1, S. 86f). 69 Zum Beispiel der Videosprachkurs für Wirtschaftsdeutsch „Geschäftskontakte. Begleit- und Arbeitsbuch", von Wolfgang Krause/ Ann-Christin Bayard unter Mitarb. v. Hans-Heinrich Rohrer. Berlin [usw.]: Langenscheidt 1992. Dort sind hier und da mal unter dem generellen, in den einzelnen Themenbereichen (wie „Im Hotel", "In der Bank", "Geschäftsessen", "Auf der Messe") auftauchenden Titel „Cross Cultural Training" Aspekte des Höflichkeitsverhaltens und des ritualisierten Umgangs angesprochen und in dem Sinn 'Wie ist das bei Ihnen? ' abgehakt. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 177 So genügt es nicht, den Lerner einfach aus der Sicht der deutschen sozialen und kulturellen Gepflogenheiten fragend zu stimulieren „Wie zeigt man das bei Ihnen? " und dabei sprachliche Kürzesttextchen situationslos und blaß anzubieten, bei denen man selbst als Deutscher nicht genau weiß, wie man körpersprachlich dazu agieren soll. Die ambivalenten Bildchen, ebenfalls situations- und kontextlos dahingestellt, helfen ebenfalls nicht weiter; und ob der fremdkulturelle Lerner überhaupt etwas mit dem dort gezeigten Verhalten anfangen kann, bleibt dahingestellt. Auch ist es, bei aller grundlegenden Wichtigkeit, doch deutlich zu wenig, wenn das körpersprachliche Verhalten (wie in „Sprdchbrücke", Bd 1, S. 86t) lediglich eingeschränkt aufgefaßt wird als kulturspezifisch bei Begrüßungsritualen und Höflichkeitsformen "So begrüßt man sich in Deutschland"); ein Vergleich mit den Gepflogenheiten in anderen Kulturen darf auch nicht oberflächlich hinsehend und verbal spekulierend verlaufen "Ich glaube, so begrüßt man sich in ... ") und kann ,sich in den Spezifika kaum ausreichend und nachvollziehbar mitteilen, wenn lediglich ein starres Einzelbilq~hen diese Gepflogenheit repräsentiert "So begrüßt man sich in Arabien" - "So begrüßt man sich in Thailand" u.a. das sind doch Abläufe und Zusammenhänge, und die bereiten das, was man als Bild sieht, vor und lassen ebendiese Bildsituation in einer bestimmten Weise, die natürlich auch wichtig, weil konstitutiv für den gesamten Begrüßungsakt, ist, weiterlaufen und enden! ) Bei derartigen unbedachten Lehreinheiten fällt ins Gewicht, daß sie im Grunde gar nicht wegen des Lehrinhalts 'Körpersprache', sondern primär wegen der dazu sprachlich sehr· gut passenden grammatischen Strukturen (Reflexive/ reziproke Verben: sich verbeugen, sich begrüßen) eingesetzt werden. 6. Resümee Die Körpersprache als ein äußerst wichtiges und sozial höchst sensibles Kulturem muß deutlich mehr beachtet werden: in der Forschung, die dann interdisziplinär ausgerichtet und interkulturell angelegt sein sollte; und in der Lehre, hier insbesondere in der Fremdsprachenlehre, zu der die Vermittlung von Kulturemen als ein beständiger und ernstzunehmender Bestandteil hinzutreten muß. Hierzu wäre eine Didaktik der Körpersprache anzustreben, und zwar unter dem Leitaspekt der Kontrastivität, und das kann hier nur besagen: der Interkulturalität. Sie hätte sich zu definieren innerhalb eines umfassenderen Rahmens einer Kultureme-Didaktik. Dieser Beitrag hier hat sich darum bemüht, einige Bausteine zur Anregung und zur Umsetzung sowie zur kritischen Sicht auf die Phänomene anzubieten. Die wirklichen Herausforderungen zu dem Thema in Theorie und Praxis stehen aber noch bevor und warten noch auf Einlösung. Bibliographische Angaben ALT, Robert [Bearb.] (1946): Johann Heinrich Pestalozzi. 1746 bis 1827. Zum Gedächtnis. Bearb. u. zus.gest. v. Robert Alt. Berlin/ Leipzig: Volk und Wissen. BAUSCH, Karl-Richard/ CHRIST, Herbert/ KRUMM, Hans-Jürgen (Hrsg.) (31995): Handbuch Fremdsprachenunterricht. 3., überarb. u. erw. Aufl. Tübingen/ Basel: Francke. BERGER, Erika (1990): Die Körpersprache der Erotik. Genf/ München: Ariston. FLuL 24 (1995) 178 Hartwig Kalverkämper BIERACH, Alfred J. (1990): In Gesichtern lesen. Menschenkenntnis auf den ersten Blick. Genf/ München: Ariston. BIRDWHISTELL, Ray L. (1952): Introduction to Kinesics. Washington D.C.: U.S. Department of State Foreign Service Institute. BIRDWHISTELL, Ray L. (1970): Kinesics and Context. Essays on Body-Motion Communication. Philadelphia: University of Pennsylvania Press. BIRKENBIHL, Vera F. ( 6 1990): Signale des Körpers. Körpersprache verstehen. 6. Aufl. München: Modeme Verlagsgesellschaft. CALBRIS, Genevieve/ MONTREDON, Jacques (1980): Oh la la! Expression intonative et mimique. (Cours de Niveau 2). Livre de l'eleve. Paris: CLE International. CALBRIS, Genevieve/ MONTREDON, Jacques (1981): Oh la la! Expression intonative et mimique. (Cours de Niveau 2). Livre du professeur. Paris: CLE International. CANGELOSI, Don/ DELLI CARPINI, Joseph (1991): Italienisch ohne Worte. Ein Intensivkurs in Körpersprache ganz ohne Bü.ffeln. Bergisch Gladbach: Lübbe. CHU, Chin-Ning (1993): China-Knigge für Manager. Übers. v. Thorsten Schmidt. Frankfurt/ M. & New York: Campus [Amerikan.: The Asian Mind Game. New York: Rawson 1991]. CICERO, Marcus Tullius [ 2 1981]: De oratore - Über den Redner. [Entstanden 55 v. Chr.]. Lateinisch deutsch. Übers. u. hrsg. v. Harald Merklin. 2. durchges. u. bibliograph. erg. Aufl. Stuttgart: Reclam [ 1 1976]. CICERO, Marcus Tullius [ 2 1980]: Orator. [Entstanden 46 v. Chr.]. Lateinisch deutsch. Hrsg. v. Bernhard Kytzler. 2. Aufl. München: Heimeran [ 1 1975]. DARWIN, Charles (1872): The Expression of the Emotions in Man and Anima! . London: Murray. EIBL-EIBESFELDT, Irenäus (1973): Der vorprogrammierte Mensch. Das Ererbte als bestimmender Faktor im menschlichen Verhalten. Wien/ München/ Zürich: Molden. EIBL-EIBESFELDT, lrenäus (1983): "Das nichtverbale Ausdrucksverhalten. Die Körpersprache". In: Kindlers Enzyklopädie „Der Mensch". Band 5: Soziales und geschichtliches Verhalten des Menschen. Hrsg. v. H. Wendt & N. Loacker. Zürich: Kindler, 186-222. EKMAN, Paul (1988): Gesichtsausdruck und Gefühl: Paderborn: Junfermann. EKMAN, Paul/ FRIESEN, Wallace V. (1969): "The Repertoire of Nonverbal Behavior: Categories, Origins, Usage, and Coding". In: Semiotica 1, 49-98. EKMAN, Paul/ FRIESEN, Wallace V. (1975): Unmasking the Face: A Guide to Recognizing Emotions from Facial Cues. Englewood Cliffs, N.Y.: Prentice-Hall. EKMAN, Paul/ FRIEsEN, Wallace V./ ELLSWORTH, Phoebe (1972): Emotions in the Human Face. Guidelines for Research and an Integration of Findings. New York [Dt.: Gesichtssprache. Wege zur Objektivierung menschlicher Emotionen. Übers. v. Beate Minsel & Alfred Stabel. Wien/ Köln/ Graz 1974]. FAST, Julius (1971): Körpersprache. Übers. v. Jürgen Abel. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt [Amerikan.: Body Language. New York: Evans 1970]. FAST, Julius (1988): Körpersignale der Macht. Der kreative Weg zu mehr Erfolg und Einfluß. Übers. v. Günter Hehemann. München: Heyne [Amerikan.: Body Politics. 1980]. FAST, Julius / BERNSTEIN, Meredith (1984): Körpersignale der Liebe. Aus dem Amerikanischen von Roswitha Enright. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt [Amerikan.: Sexual Chemistry. New York: Evans 1983]. FREY, Siegfried (1984): Die nonverbale Kommunikation. Stuttgart: SEL-Stiftung für technische FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 179 und wirtschaftliche Kommunikationsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. GüLICH, Elisabeth/ RAIBLE, Wolfgang (1977): Linguistische Textmodelle. Grundlagen und Möglichkeiten. München: Fink. HALL, Edward T. (1959): The Silent Language. Garden City, N.Y: Doubleday. HAMMERSCHMIDT, Anette (1994): Fremdverstehen. Eine Untersuchung über das Verhältnis von Eigenem und Fremdem im Hinblick auf Bedingungen und Möglichkeiten des Verstehens. Diss. Hamburg [Zitiert nach Krumm (1995, 160)]. REGELE, Innintraut/ POMMERIN, Gabriele (1983): Gemeinsam Deutsch lernen. Interkulturelle Spracharbeit mit ausländischen und deutschen Schülern. Heidelberg: Quelle & Meyer. HEIDEMANN, Rudolf (1992): Körpersprache vor der Klasse. Ein praxisnahes Trainingsprogramm zum Lehrerverhalten. 4. durchges. Aufl. Heidelberg/ Wiesbaden: Quelle & Meyer [ 1 1983]. HENLEY, Nancy M, (1988): Körperstrategien. Geschlecht, Macht und nonverbale Kommunikation. Aus dem Amerikanischen von Helga Herborth. Frankfurt/ M.: Fischer [Amerikan.: Body Politics. New York: Simon & Schuster 1977]. HÜLLEN, Werner (1995): "Sprachliches Curriculum". In: Bausch/ Christ/ Krumm (Hrsg.) 3 1995, 508-513. ICKLER, Theodor (1985): Bibliographie Deutsch als Fremdsprache. Kritischer Führer durch die Literatur. Tübingen: Niemeyer. KALVERKÄMPER, Hartwig (1981 a): Orientierung zur Textlinguistik. Tübingen: Niemeyer. KALVERKÄMPER, Hartwig (1981 b): "Der Bestand der Textlinguistik. I, II". In: Deutsche Sprache 9, 224-270 (1), 329-379 (II). KALVERKÄMPER, Hartwig (1983): "Gattungen, Textsorten, Fachsprachen. Textpragmatische Überlegungen zur Klassifikation". In: Hess-Lüttich, Ernest W.B. (Hrsg.) (1983): Textproduktion und Textrezeption. Tübingen: Narr, 91-103. KALVERKÄMPER, Hartwig (1989): "Körpersprache in der europäischen Literatur". In: Dies academicus 1989. Vorträge. Hagen: FernUniversität (= Hagener Universitätsreden. 14), 51-91. K.ALVERKÄMPER, Hartwig (1991): "Literatur und Körpersprache". In: Poetica 23, 328-373. KALVERKÄMPER, Hartwig (1994): "Die Rhetorik des Körpers: Nonverbale Kommunikation in Schlaglichtern". In: Rhetorik. Ein internationales Jahrbuch. 13: Körper und Sprache, 131-169. KORTE, Barbara (1993): Körpersprache in der Literatur. Theorie und Geschichte am Beispiel englischer Erzählprosa. Tübingen/ Basel: Francke. KRUMM, Hans-Jürgen (1995): "Interkulturelles Lernen und interkulturelle Kommunikation". In: Bausch/ Christ/ Krumm (Hrsg.) 3 1995, 156--161. KRuscHE, Dietrich (1980): "Die Kategorie der Fremde: Eine Problemskizze". In: Wierlacher (Hrsg.) 1980 (1), 46--56. KRUSCHE, Dietrich (1983): "Das Eigene als Fremdes - Zur Sprach- und Literaturdidaktik im Fache Deutsch als Fremdsprache". In: Neue Sammlung 23, 27-41. LANDAU, Terry (1993): Von Angesicht zu Angesicht. Was Gesichter verraten und was sie verbergen. Aus dem Englischen übers. v. Brigitte Dittami. Mit einem Nachtrag v. Karl Grammer. Heidelberg/ Berlin/ Oxford: Spektrum Akademischer Verlag. LAUSTER, Peter (1 5 1990): Menschenkenntnis. 15. Aufl. Düsseldorf/ Wien: Econ [ 1 1985]. LAVATER, Johann Caspar (1775-1778): Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. I - IV. Leipzig/ Winterthur: Weidmann und Steiner. FLuL 24 (1995) 180 Hartwig Kalverkämper MEYER, Hilbert (21989): Unterrichtsmethoden II: Praxisband. 2., durchges. Aufl. Frankfurt/ M.: Scriptor [ 1 1987). MOLCHO, Samy (1983): Körpersprache. München: Mosaik. MOLCHO, Samy (1988): Körpersprache als Dialog. Ganzheitliche Kommunikation in Beruf und Alltag. München: Mosaik. MOLCHO, Samy (1990): Partnerschaft und Körpersprache. München: Mosaik. MORRIS, Desmond (1986): Körpersignale. Bodywatching. Übers. v. Monika Curths / Ursula Gnade. München: Heyne [Engl.: Bodywatching. A Field Guide to the Human Species. London: Cape 1985]. MORRIS, Desmond (1994): Bodytalk. Meaning of Human Gestures. New York: Crown Trade. MÜLLER, Bernd Dietrich (Hrsg.) (21993): Interkulturelle Wirtschaftskommunikation. 2., überarb. u. erw. Aufl. München: Iudicium [ 1 1991). NEUMANN, Ursula (1995): "Zweitsprachenunterricht Deutsch". In: Bausch/ Christ/ Krumm (Hrsg.) 3 1995, 95-99. ÜKSAAR, Els (1983): "Sprachkontakte im Rahmen von Kulturkontakten: Verhaltens- und Strukturmodelle". In: Neide, Peter H. (Hrsg.) (1983): Theorien, Methoden und Modelle der Kontaktlinguistik. Bonn: Dümmler, 95-107. ÜKSAAR, Els (1985): "Sprachkultur und mündliche Kommunikation". In: Der Deutschunterricht 37, 6-20. ÜKSAAR, Els (1988): Kulturemtheorie. Ein Beitrag zur Sprachverwendungsforschung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht(= Berichte aus den Sitzungen der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften, Hamburg 6, 1988, Heft 3). PIKE, Kenneth Lee (1967): Language in Relation to a Unified Theory of the Structure of Human Behavior. The Hague/ Paris: Mouton. POYATOS, Fernando (Ed.) (1983): New Perspectives in Nonverbal Communication: Studies in Cultural Anthropology, Social Psychology, Linguistics, Literature, and Semiotics. Oxford: Pergamon. POYATOS, Fernando (Ed.) (1988): Cross-Cultural Perspectives in Nonverbal Communication. Toronto/ Lewiston, N.Y. & Göttingen/ Zürich: Hogrefe. QUINTILIANUS, Marcus Fabius [1972-1975): Institutiones oratoriae libri XII/ Ausbildung des Redners. Zwölf Bücher. Hrsg. u. übers. v. Helmut Rahn. I, II. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. REUTLER, Bernd H. (31989): Körpersprache im Bild: Die unbewußten Botschaften. Ihre Merkmale und Deutung auf einen Blick. 3. überarb. Aufl. Wiesbaden: Englisch. ROSENBUSCH, Heinz S. (1985): "Zur Funktion nonverbaler Kommunikation im Unterricht". In: Unterrichtswissenschaft 5, 42-54. ROSENBUSCH, Heinz S. / SCHOBER, Otto [Hrsg.] (1986): Körpersprache in der schulischen Erziehung. Pädagogische und fachdidaktische Aspekte nonverbaler Kommunikation. Baltmannsweiler: Schneider [2., vollst. überarb. u. erw. Aufl. Baltrnannsweiler: Schneider 1995). ROWLAND, Diana (1994): Japan-Knigge für Manager. Übers. v. Friedrich Mader. Frankfurt/ M. & New York: Campus [Amerikan.: Japanese Business Etiquette. New York: Warner Books 1993). RÜCKLE, Horst ( 8 1991): Körpersprache für Manager. Signale des Körpers erkennen und erfolgreich umsetzen. 8. Aufl. Landsberg/ Lech: Verlag Modeme Industrie. FLuL 24 (1995) Kultureme erkennen, lehren und lernen ... 181 RUESCH, Jürgen/ KEES, Weldon (1956): Nonverbal Communication. Notes on the Visual Perception of Human Relations. Berkeley/ Los Angeles: University of Califomia Press. SCHEFLEN, Albert E. (1976): Körpersprache und soziale Ordnung. Kommunikation als Verhaltenskantrolle. Übers. v. Wolfgang Krege. Stuttgart: Klett [Amerikan.: Body Language and Social Order. New York 1972]. SCHERER, Klaus R./ EKMAN, Paul (Eds.) (1982): Handbook of Methods in Nonverbal Behavior Research. Cambridge: Cambridge University Press & Paris: Editions de la Maison des Sciences de l'Homme. SCHNEIDER, Lothar (1991): Nonverbale Zeugnisse gegen sich selbst. Zur Bedeutung nichtsprachlicher Begleiterscheinungen der Aussage für die forensische Glaubwürdigkeitsbeurteilung. Tübingen: Attempto. SCHOBER, Otto (1986): "Körpersprache als Gegenstand des Deutschunterrichts". In: Rosenbusch/ Schober (Hrsg.) 1986, 110-133. SCHOBER, Otto (1989): Körpersprache. Schlüssel zum Verhalten. Bedeutung und Nutzen der Körpersprache im Alltag. München: Heyne. SCHWERTFEGER, Bärbel (21989): Macht ohne Worte. Wie wir mit dem Körper sprechen. 2. Aufl. München: Heyne [ 1 1988]. SCHWERTFEGER, Bärbel/ LEWANDOWSKI, Norbert (1990): Die Körpersprache der Bosse. Düsseldorf/ Wien/ New York: Econ. STANGL, Anton (1992): Die Sprache des Körpers. Menschenkenntnis für Alltag und Beruf Düsseldorf/ Wien/ New York: Econ. TOEPFFER, Rodolphe (1982 [1845]): Essai de Physiognomonie / Essay zur Physiognomonie. [1845]. Aus dem Französischen übertragen v. Wolfgang und Dorothea Drost. Mit einem Nachwort v. Wolfgang Drost & Karl Riha. Siegen: Machwerk. TRAMITz, Christiane (1993): Irren ist männlich. Weibliche Körpersprache und ihre Wirkung auf Männer. München: C. Bertelsmann. WATZLAWICK, Paul/ BEAVIN, Janet H./ JACKSON, Don D. ( 4 1974): Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. 4. unveränd. Aufl. Bern/ Stuttgart/ Wien: Huber [Amerikan.: Pragmatics of Human Communication. A Study of Interactional Patterns, Pathologies, and Paradoxes. New York: Norton 1967]. WEINRICH, Harald (1976): Sprache in Texten. Stuttgart: Klett. WEINRICH, Harald (1980): "Forschungsaufgaben des Faches Deutsch als Fremdsprache". In: Wierlacher (Hrsg.) 1980 (1), 28-45. WEINRICH, Lotte (1992): Verbale und nonverbale Strategien in Fernsehgesprächen. Eine explorative Studie. Tübingen: Niemeyer. WEX, Marianne (21980): " Weibliche" und „männliche" Körpersprache als Folge patriarchalischer Machtverhältnisse. 2. Aufl. Frankfurt/ M.: Frauenliteraturvertrieb. WIERLACHER, Alois (Hrsg.) (1980 I, II): Fremdsprache Deutsch: Grundlagen und Verfahren der Germanistik als Fremdsprachenphilologie. I, II. München: Fink. WINKLER, Peter (Hrsg.) (1981): Methoden der Analyse von Face-to-Face-Situationen. Stuttgart: Metzlersche Verlagsbuchhandlung. ZIMMER, Dieter E. (1982): Unsere erste Natur. Die biologischen Ursprünge menschlichen Verhaltens. Frankfurt/ Berlin/ Wien: Ullstein. FLuL 24 (1995)
