Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1995
241
Gnutzmann Küster SchrammMichaela HEINZ: Les locutions figurées dans le «Petit Robert»
121
1995
Ekkehard Zöfgen
Michaela HEINZ: Les locutions figurées dans le «Petit Robert». Description critique de leur traitement et propositions de normalisation. Tübingen : Niemeyer 1993 (Lexicographica. Series Maior 49), XI + 387 Seiten [DM 146,-]
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Buchbesprechungen • Rezensionsartikel Michaela HEINZ: Les locutions figurees dans le «Petit Robert». Description critique de leur traitement et propositions de normalisation. Tübingen: Niemeyer 1993 (Lexicographica. Series Maior 49), XI+ 387 Seiten [DM 146,-]. Die Zahl der Arbeiten, die sich mit Idiomatik/ Phraseologie beschäftigen, ist in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen. Auch die beeindruckende Anzahl von Tagungen und Kongressen, die dieser Thematik gewidmet sind1, sowie der im zweijährigen Rhythmus Stattfindende seit 1988 unter dem Begriff Europhras in die Literatur eingegangene - Gedankenaustausch zwischen (vornehm-' lieh germanistischen und slawistischen) Phraseologieforschern 2 unterstreichen, daß diese relativ junge Teildisziplin längst nicht mehr zu den Randgebieten der sprachwissenschaftlichen Forschung gehört. Daß die angedeutete Entwicklung an der Lexikographie nicht spurlos vorbeigegangen ist, sondern daß ganz im Gegenteil auch dort eine verstärkte Hinwendung zu den idiomatischen Verbindungen zu beobachten ist, läßt sich an einer Fülle phraseologischer Wörterbücher ablesen, die gerade in jüngster Zeit erschienen sind. Für die lexikographische Praxis ist die in den letzten Jahren intensivierte phraseologische Forschung von erheblichem Interesse, wenngleich das Dilemma, in dem sich der Lexikograph befindet nämlich „gleichzeitig wissenschaftlichen Ansprüchen zu genügen und die Benutzbarkeit für den 'Normalverbraucher' zu gewährleisten" 3 aufgrund der Komplexität dieser Forschungsdisziplin besonders groß ist und wenngleich ein wirklicher Durchbruch bei der Integration phraseologischer Forschungsergebnisse in die Wörterbücher bislang nicht erreicht worden ist. Was die Darstellung von Phraseologismen in einsprachigen Spezial- und Gesamtwörterbüchern des Deutschen angeht, so überwiegen die Stimmen, die zu einer eher negativen Einschätzung kommen oder die sogar von einem desolaten Zustand sprechen. Ein ähnlich düsteres Bild ergibt sich aus einer Analyse der französischen Lernerwörterbücher, die beim Umgang mit dieser Angabenklasse keinerlei klares Konzept erkennen lassen. 4 Offen bleibt, inwieweit auch die allgemeinen einsprachigen Gesamtwörterbücher des Französischen von einem solchen Vorwurf Vgl. etwa: Mannheim 1981, Zürich 1984, Oulu 1986, Lyon 1992, Leeds 1994. Zu erwähnen ist darüber hinaus der seit 1991 bestehende Westfälische Arbeitskreis „Phraseologie/ Parömiologie", der sich zu seinem vierten Treffen im Januar 1995 in Bielefeld einfand, sowie der (für die 25. Jahrestagung der GAL 1994 eingerichtete) Arbeitskreis 1 "Phraseologische Fragestellungen". 2 1988 in Klingenthal (vgl. Gertrud Greciano (ed.): Europhras 88. Phraseologie contrastive. [...]. Strasbourg: Universite des Sciences Humaines 2 1994 [11989]), 1990 in Aske/ Schweden (vgl. Christine Palm (Hrsg.): Europhras 90 [...] Uppsala: Almqvist & Wiksell 1991 (Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Germanistica Upsaliensia; 32)), 1992 in Saarbrücken (vgl. Barbara Sandig (Hrsg.): Europhras 92. Tendenzen der Phraseologieforschung. Bochum: Brockmeyer 1994 (Studien zur Phraseologie und Parömiologie; 1), 13.-19. September 1995 (nicht 1994) in Graz. 3 Klaus Dieter Pilz: "Allgemeine und phraseologische Wörterbücher. Brauchen wir überhaupt phraseologische Wörterbücher? " In: Jarmo Korhonen (Hrsg.): Beiträge zur allgemeinen und germanistischen Phraseologieforschung. [...] Oulu 1987, 129-154 (hier: 139). 4 Vgl. Ekkehard Zöfgen: Lemerwörterbücher in Theorie und Praxis.[...] Tübingen: Niemeyer 1994 (Lexicographica. Series maior; 59), 211-220. FLuL 24 (1995) 268 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel getroffen werden. Eine umfassende Antwort liefert Michaela Heinz, die für ihre wörterbuchkritische Analyse einen prominenten Vertreter dieser Gruppe, nämlich die 2. Auflage des Petit Robert [PR] von 1977 (in der aktualisierten Ausgabe von 1988), ausgewählt hat und die sich zum Ziel setzt, Inkohärenzen bei der lexikographischen Behandlung der bildlichen Redensarten aufzuzeigen und zugleich Vorschläge für deren konsistentere Bearbeitung zu unterbreiten. Schon das 1. Kapitel (Essai d'une typologie des locutions [5-48]) macht deutlich, daß sich die Probleme in der Phraseographie z.T. völlig anders stellen als in der Phraseologie und daß mithin die ungenügende Berücksichtigung linguistischer Erkenntnisse längst nicht in jedem Fall der Grund für die im Verlaufe der Untersuchung aufgedeckten systematischen Schwächen des PR ist. Ersichtlich sind linguistisch motivierte Klassifikationsmodelle, die mit Hilfe semantischer, syntaktischer oder pragmatischer Kriterien den Bereich der Phraseologismen gegenüber konkurrierenden syntagmatischen Verbindungen scharf abzugrenzen und jede Redewendung einer bestimmten Klasse möglichst eindeutig zuzuordnen suchen, für lexikographische Zwecke denkbar ungeeignet. Denn abgesehen davon, daß sie dem intuitiven Verständnis, das der durchschnittliche Benutzer von dieser 'Kategorie' hat, zuwiderlaufen, fehlt ihnen jene Flexibilität, die für den Lexikographen unverzichtbar ist, um ggf. ein und dieselbe Redewendung unter mehreren Aspekten betrachten zu können.- Diesen spezifischen Bedingungen des lexikographischen Tuns versucht M.H., mit der Unterscheidung von insgesamt acht Typen von Redewendungen Rechnung zu tragen 5: A. DENO- TATIVE (langue-adressierte): (1) Orthonymische (z.B. mettre les bouts), (2) Allusive (z.B.franchir le Rubicon), (3) Gestische (z.B. serrer les dents), (4) Remotivierbare (z.B. noyer le poisson), (5) Metaphorische (z.B. garder une poire pour la soij); B. PRAGMATISCHE (parole-adressierte): (6) Situationelle (z.B. revenons a nos moutons), (7) Emotionelle (z.B. J'en donnerais ma tete a couper), (8) Einschätzende (z.B. (c'est) un vieux tableau). Bewußt in Kauf genommen wird dabei, daß sich je nach Analyseintention für die eine oder andere »locution« verschiedene Zuordnungsmöglichkeiten ergeben: So ist se mettre a table (i.S.v. 'avouer'). eine «locution orthonymique» "quand on l'analyse du point de vue du concept exprime"; hingegen gehört sie zu den «locutions remotivables» "quand on l'opposera a la collocation homonyme se mettre a table" (7), während etwa tuer la poule aux ceufs d'or sowohl als metaphorische wie auch als allusive Redewendung typisiert werden kann. Natürlich wirft selbst eine solche 'anpassungsfähige' Typologie zahlreiche ungelöste Probleme auf. Dies beginnt bereits bei der Frage, inwieweit bei den als «remotivables» bezeichneten Redewendungen tatsächlich immer ein erkennbarer Zusammenhang zwischen dem "sens propre" und dem "sens figure" (27) besteht. Bei se faire tout petit ist dies zweifellos der Fall, und selbst bei se mettre a table ließe sich auf dem Umweg über mettre sur table so etwas wie semantische Durchsichtigkeit leicht 'herstellen'. Gilt dies bei strikt synchroner Perspektive aber auch für mettre de l'eau dans son vin, zumal die wörtliche Bedeutung meistens ganz anders, nämlich mit couper, tremper le vin, ausgedrückt wird? Einen Perspektivwechsel nimmt die Vf. im vier Kapitel umfassenden Hauptteil der Arbeit vor, in dem sie nunmehr konsequent aus der Sicht des PR selbst argumentiert. Die gewählte Reihenfolge kann man insofern als "ordre «naturel»" (49) bezeichnen, als sie in etwa der Struktur einer Nachschlagehandlung entspricht, die durch eine 'phraseologische Lücke' ausgelöst wird. Folgerichtig ist das 2. Kapitel [49-113] dem Verweissystem gewidmet. Aufgrund ihres theoretischen Status als autonome Zeichen bedürfen Phraseologismen nicht nur einer gesonderten Behandlung; sie sollten eigentlich auch typographisch als zur Makrostruktur gehörige Einheiten gekennzeichnet sein. Daß der PR von einer solchen Identifikationsmöglichkeit in nur sehr be- 5 Ein Resümee der in diesem Kap. angestellten Überlegungen zu einer „anwendungsbezogenen Typologie" der bildlichen Redensarten ist zwischenzeitlich in dem von B. Sandig herausgegebenen Sammelband (Europhras 92 [...], 281-301 [vgl. oben Anm. 2]) erschienen. FLuL 24 (1995) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 269 schränktem Maße Gebrauch macht, kommt zwar der Umfangsverringerung zugute, ist aber unter linguistischen Vorzeichen mehr als nur ein Schönheitsfehler. Demgegenüber gibt es gute Gründe, Redewendungen in aller Regel dennoch nicht in der Makrostruktur zu verzeichnen. Von dieser anerkannten Praxis ist auch der PR nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen. Nicht beantwortet ist damit allerdings die Frage, unter welchem Lemma wir z.B. bei der Suche nach laver son linge sale en famille fündig werden. Da es sich ein einbändiges Wörterbuch nicht leisten kann, den Phraseologismus unter jedem seiner konstituierenden Elemente zu behandeln, wird die Wahl des "richtigen" Stichwortes zur alles entscheidenden Frage. Wenngleich sich formale Ordnungskriterien hier bewährt haben, bleibt der PR seiner konzeptuellen Linie treu und favorisiert semantische Gesichtspunkte, mit denen zwangsläufig recht subjektive Entscheidungen verbunden sind, die deshalb auch höchste Anforderungen an ein funktionierendes, Makro- und Mikrostruktur gleichermaßen einbeziehendes Verweissytem stellen. Wie viele andere Wörterbücher ist leider auch der PR in diesem Punkt alles andere als zuverlässig. Die Liste der Monita reicht von fehlenden, über zirkuläre bis hin zu trügerischen «renvois». Unbehagen bereitet daneben die Vielfalt der Verweisformen mit je unterschiedlicher, jedoch längst nicht immer eindeutiger Funktion. Ein «mini-dictionnaire» mit avouer als Ausgangslemma und begrifflichem Konzept, das den Abschluß des Kapitels bildet, faßt die Argumente bündig zusammen und führt dem Leser nochmals vor Augen, mit welch vergleichsweise geringem lexikographischen Aufwand sich das Verweissystem optimieren und ausbauen ließe. Davon sind die «renvois analogiques» keineswegs ausgenommen, die ja bekanntlich zu den besonderen Vorzügen der Wörterbücher aus dem Hause Le Robert zählen und mit denen der PR ein für die Textproduktion hilfreiches komplexes Netzwerk von onomasiologischen Bezügen zwischen den «locutions» entfaltet. Um einen Phraseologismus im Wörterbuch aufzuspüren, genügt es nicht zu wissen, in welchem Artikel der Phraseologismus verzeichnet ist. Gerade bei Wörterbüchern mit intensiver Mikrostruktur spielen deshalb die Kriterien, die seine artikelinterne Plazierung bestimmen und die im wesentlichen die Thematik des 3. Kapitels [115-163] sind, eine wichtige Rolle. Da sich die Bedeutung mehrgliedriger Ausdrücke nur selten aus der Summe der beteiligten Elemente erschließen läßt, sind Versuche, sie in die polyseme Struktur des Wörterbuchartikels einzupassen, entweder von vornherein zum Scheitern verurteilt oder aber so arbiträr, daß entsprechende Zuordnungen für den Benutzer kaum nachvollziehbar sind und ihn zur Lektüre des kompletten Textes zwingen. Einige Wörterbücher haben daraus die notwendigen Konsequenzen gezogen. Anstatt Phraseologismen im Rahmen der „Kontextsphäre" des Stichwortes zu erläutern, werden sie vom Wörterbuchartikel regelrecht abgetrennt, um sie dann als sog. 'annektierter Block' sublemmatisch zu adressieren. Demgegenüber hält der PR unbeirrt an seiner semantischen Konzeption fest und integriert die «locutions» nach historisch-semantischen Gesichtspunkten in den lexikographischen Artikel mit der Folge, daß diese Angabenklasse nunmehr in einer für den Benutzer nicht vorhersehbaren Weise über die semasiologische Struktur verstreut ist (vgl. als extreme Beispiele s.v. pave und chauffer [129]). Aufgrund dieses Anordnungsverfahrens, das im übrigen ein hohes Fehlerrisiko birgt (vgl. das s.v. chaise, statt s.v. chaise a porteurs verzeichnete mener une vie de baton in der 3. Aufl. von 1993 übrigens korrigiert) und das außerdem mit z.T. absurden Remotivierungen einhergeht (vgl. s.v. pendule, wo remettre les pendules a ['heure in die Nähe von consulter, regarder la pendule gerückt wird [137] oder s.v. envoyer [141]), ist damit zu rechnen, daß die Suche nach einem Phraseologismus im PR gelegentlich zu einem wahrhaft frustierenden Unternehmen gerät (vgl. tirer sur laficelle s.v. tirer). Wenn Phraseologismen wie im PR geschehen als 'beispielhafte' Verwendungen des Lemmazeichens interpretiert werden und demzufolge vom Demonstrationsteil nur sporadisch suprasegmental (nämlich durch Verwendung von KAPITÄLCHEN) abgehoben sind, ist eine Kennzeichnung mittels 'Loc.', 'Phras.', 'Idiom.' o.ä. geradezu zwingend. Die Politik, die der PR bei der. formalen Indikation des phraseologischen Status von Mehrwortgefügen verfolgt, steht im FLuL 24 (1995) 270 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel Zentrum des 4. Kapitels [165-233]. Zu Recht wird die Vielfalt der zum Einsatz kommenden Indikatoren (z.B. Loc., Loc. fig., Prov. usw.) gerügt, bei denen die Unterschiede hinsichtlich ihres je verschiedenen Anwendungsbereiches im dunkeln bleiben und bei denen sich der PR wiederholt in Widersprüche verwickelt (vgl. etwajeter le manche apres la cognee: s.v. apres = Loc.; s.v. jeter = Loc. fig.; s.v. cognee = PRov. [186]). Erschwerend kommt hinzu, daß wir dem Indikator 'Loc.' auch dort begegnen, wo er völlig fehl am Platz ist, nämlich bei zusammengesetzten Wörtern, Kollokationen und Sprichwörtern (vgl. die Übersicht auf S. 189). Damit aber nicht genug! Nicht selten verschwimmt die Grenze zwischen Indikatoren und Markern («marques d'usages»), denen es vorbehalten ist, Angaben über Verwendungsrestriktionen zu machen, und deren Funktion gerade nicht darin besteht, eine bestimmte Angabenklasse zu typisieren (vgl. etwa s.v. sophistique 2° Litter. Par ext. et pej. La sophistique du barreau [207]). Zu den schwierigsten und bislang nicht zufriedenstellend gelösten Problemen zählt die Frage, wie die Bedeutung von Phraseologismen mit Hilfe von Bedeutungsparaphrasenangaben am adäquatesten zu umschreiben ist. Hier findet der unbefriedigende Forschungsstand auf dem Gebiet der phraseologischen Semantik seinen sichtbarsten Niederschlag. Mit der lexikographischen 'Definition' von «locutions (figurees)» beschäftigt sich das nicht nur mit Abstand umfangreichste, sondern auch thematisch am weitesten gespannte - 5. Kapitel [235-337]. Ein längerer Abschnitt befaßt sich mit den verschiedenen 'Adressenformen', d.h. mit dem unterschiedlichen formalen Erscheinungsbild der Redewendungen, auf die die Definition 'adressiert' ist. Relevant ist dieser Fragenkomplex insofern, als für die Form (und z.T. auch Qualität) einer lexikographischen 'Erläuterung' durchaus von Belang ist, ob wir es mit einer Langue- oder mit einer Discours- Adresse (cracher dans la soupe vs. ll n'a pas invente la poudre) bzw. mit einer kontextuellen oder kontextfreien Adresse (Elle se refait lafarade vs. Elle est allee se refaire lafarade) zu tun haben. Gleiches gilt für die Art der Adresse, durch die eine mehr oder weniger enge Beziehung zwischen Adresse und Definition geschaffen wird (feste Verklammerung durch Mittel der Kohäsion [Pronominalisierung, Ellipse] vs. loses Nebeneinander wie etwa bei demenager a la cloche de bois: demanger en cachette [263]). Den Bogen zum 1. Kapitel schlägt M.H. schließlich dort, wo sie auf Probleme eingeht, die die Definition selbst betreffen, und wo sie die Abhängigkeiten aufzeigt, die zwischen Definition und Redewendungstyp bestehen. So werden um nur zwei Ergebnisse herauszugreifen - «locutions orthonymiques» in aller Regel mittels Synonym 'definiert', während sich der Lexikograph bei der Gruppe der sog. «locutions pragmatiques» entweder einer satzähnlichen Umschreibung (paraphrase) oder einer metasprachlichen, auf das Zeichen als Ganzes bezogenen Bedeutungsangabe (vgl. etwa: Un ange passe, se dit quand il se produit dans une conversation un silence gene et prolonge [298]) bedient. Das Spektrum von Fehlern, das uns die Vf. in diesem Zusammenhang an einschlägigen Beispielen vorführt, reicht von (a) fehlender und bei Paraphrasierung unter verschiedenenen Lemmata nicht übereinstimmender Definition über (b) Sinn entstellende Remotivierung und zu weite Definition bis hin zu (c) der verbreiteten lexikographischen Unsitte, die Bedeutung der jeweiligen Redewendung mit Hilfe eines weiteren Phraseologismus zu 'erläutern'. Die abschließend aus der Sicht des (fremdsprachigen) Textproduzenten unterbreiteten Vorschläge zur Optimierung der Definition von «locutions figurees» gehen in drei Richtungen: (1) Ausführliche Bedeutungserläuterungen auch und gerade bei den scheinbar so banalen komparativen Phraseologismen des Typs noir comme (jais, ['ebene, du cirage, etc.), was u.a. durch insgesamt genauere und möglichst standardisierte Kotextangaben zu bewerkstelligen wäre (vgl. battre la chamade: se dit du creur qui bat violemment); (2) Streichung der etymologischen Angaben, wobei der so gewonnene Platz für eine Erhöhung der Zahl von (zeitgenössischen) Belegen genutzt werden sollte; (3) Aktualisierung der Definition in den Fällen, in denen der Phraseologismus aufgrund der Sprachentwicklung eine andere Bedeutung angenommen hat (vgl. redorer son blason, das in der Aufl. von 1993 ganz im Sinne von M.H. auch mit der 'modernen' Bedeutung «PAR EXT. Retablir son prestige par une reussite» belegt ist). FLuL 24 (1995) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 271 Eine ausführliche deutsche Zusammenfassung und ein wesentlich kürzerer englischer Abstract sowie ein nützlicher Index der im Textteil der Arbeit erwähnten Redewendungen beschließen den Band, der zweifellos einen wichtigen und gelungenen Beitrag zur metalexikographischen Forschung darstellt. In formaler Hinsicht verdient die heute keineswegs mehr selbstverständliche - Tatsache Erwähnung, daß das Buch sorgfältig redigiert und in einem klaren, gut lesbaren Französisch abgefaßt ist. 6 Inhaltlich überzeugt es durch die scharfsinnigen, bis ins kleinste Detail an reichem Beispielmaterial illustrierten (Fein-)Analysen, auch wenn man der Vf. nicht in jedem Punkt folgen mag und die Argumentation gelegentlich ein wenig zu 'spitzfindig' ist (etwa im Hinblick auf angeblich 'unvollständige' und deshalb inkriminierte Adressen in Kap. 5.3.4.2.4). Offensichtlich hat aber selbst der Verlag Le Robert die alles in allem von Sinn für das .lexikographisch Machbare zeugende Kritik als so konstruktiv empfunden, daß er M.H. im Rahmen der Neubearbeitung des PR Gelegenheit gab, einen Teil der Verbesserungsvorschläge praktisch umzusetzen. Um so mehr wird man es bedauern, daß bei weitem nicht alle Anregungen aufgegriffen und daß vor allem auch zahlreiche der von M.H. namhaft gemachten Inkonsistenzen und Widersprüche bei der Behandlung der Phraseologismen in der dritten Auflage nicht beseitigt wurden 7 sei es, daß sie zu spät kamen, um noch berücksichtigt werden zu können, sei es, daß sie substantieller Natur sind und eingreifende konzeptuelle Modifikationen nach sich gezogen hätten. Insofern haben die hier resümierten Überlegungen nichts von ihrer Aktualität verloren, und insofern gilt, daß "les problemes evoques dans le present travail restent sensiblement les memes dans le Nouveau Petit Robert" (4, Anm. 2). Bielefeld und Kiel Ekkehard Zöfgen Wolfgang LÖRSCHER: Translation Performance, Translation Process, and Translation Strategies. A Psycholinguistic Investigation. Tübingen: Narr 1991 (LiP), XII+ 307 Seiten [DM 76,-] Es handelt sich um die zweite umfangreiche Publikation, die sich mit der Erforschung dessen befaßt, "was in den Köpfen von Übersetzern vorgeht". Sie erscheint sowohl von der Zielsetzung als auch von der Tragweite der erzielten Ergebnisse her anspruchsvoller als die von Krings (1986) durchgeführten Untersuchungen und regt zu einer eingehenden Auseinandersetzung mit den Zielen und Arbeitsmethoden dieses Forschungszweiges an. Eine gerechte Beurteilung setzt eine Auseinandersetzung mit den Zielen, der Datengewinnung und der Dateninterpretation sowie mit den Ergebnissen voraus. 1. Zielsetzung: Obwohl auch Lörscher [= L.] sich die Erforschung dessen "what goes on in the translator's head" (7) zum Ziel setzt, distanziert er sich von Krings (den er zu Unrecht als 6 Bis auf ein kleines Versehen (Car il n'y aucune autre unite codee ➔ lies: i1 n'y a aucune [75]) sind uns keine Druckfehler aufgefallen. Stilistisch ist die Arbeit ebenfalls untadelig. In der deutschen Zusammenfassung hat uns lediglich das Wort zuordenbar (? ) [353] irritiert. 7 Vereinheitlicht wurde im NPR insbesondere das System der «renvois formels». Klarer gekennzeichnet ist nunmehr auch der phraseologische Status von «locutions», wobei KAPITÄLCHEN allerdings weiterhin in einer für den Benutzer nicht zu durchschauenden Weise verwendet werden. In anderen Bereichen etwa bei den Adressenformen oder bei den «renvois analogiques» beschränken sich die Veränderungen auf Korrekturen im Detail, die in aller Regel nicht weit genug gehen. FLuL 24 (1995)
