eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 25/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1996
251 Gnutzmann Küster Schramm

Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache

121
1996
Ingeborg Hofmann
flul2510211
Ingeborg Hofmann Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache Abstract. The paper reports on results of a student inquiery conceming cornmunicative requirernents in Gerrnan for special purposes and is rneant as an invitation to discussion. Representative inquieries by rneans of a questionary are to find out the students' needs for language courses at colleges and universities. 1. Einleitende Bemerkungen Ansätze zu einer Hochschuldidaktik für die Vermittlung von Fachsprachen sind zwar vorhanden, beziehen sich aber zumeist auf allgemeine methodische Grundsätze (vgl. Fluck 1992). "So bleibt es mehr oder weniger dem Geschick und Einfühlungsvermögen der Lehrenden überlassen, wie sie ihr Fachwissen auf sprachlicher Ebene vermitteln. [...] Umfassendere Untersuchungen der in diesem Zusammenhang bestehenden fachsprachlichen Handlungsmuster und fachsprachlichen Vermittlungspraxis liegen bisher nur in geringer Zahl vor [...]" (Fluck 1992: 75 ff; vgl. Spiegel Spezial 1/ 1990: 108-111 ). Diese kritische Bestandsaufnahme bezieht sich weitgehend auf die Situation der Jahre 1983-1990 an westdeutschen Hochschulen. Erschwert sind die derzeitigen Bedingungen an ostdeutschen Universitäten. Finanzielle Aufwendungen für personellen Bestand werden auf ein Minimum reduziert, so daß die Kapazität der Lehrgebiete Deutsch als Fremdsprache an den einzelnen Universitäten für Vorbereitungskurse zur PNdS und deren Durchführung weitgehend aufgebraucht ist und nur darüber hinausgehende minimale 'freie' Stunden der Lehrkräfte für die Fachsprachenvermittlung genutzt werden können. Die Lösung von Forschungsaufgaben ist unter diesen Bedingungen nur in begrenztem Rahmen möglich und muß über Drittmittel angeschoben bzw. realisiert werden. Im Lehrangebot der Hochschulen ist Fachsprachenunterricht meist fakultativ. Da ein Rahmenplan für ein in der Bundesrepublik Deutschland anerkanntes Fachsprachenzertifikat nicht existiert, können die Studenten bestenfalls ein universitätsinternes Zertifikat erwerben, dessen allgemeine Wertigkeit eingeschränkt ist. Der Nachweis fachsprachlicher Kompetenz in einem bestimmten Sachgebiet könnte allerdings die Berufschancen der Absolventen vermehren und wird nach Aussagen ausländischer Studenten (vgl. Befragungsresultate, S. 220 ff) häufig für den späteren beruflichen Einsatz in ihren Heimatländern gewünscht. Leider aber berücksichtigen die Universitäten diesen Bedarf nicht in genügendem Maße; Fachsprachenunterricht ist zumindest im Osten gewissermaßen zum FLuL 25 (1996) 212 Ingeborg Hofmann "Anhängsel" hochschulpolitischer Maßnahmen geworden. Dennoch werden bestimmte Forschungsschwerpunkte gesetzt, wie der folgende Beitrag beweist. Er enthält einige Überlegungen zu grundlegenden Fragestellungen eines sich an der realen fachlichen Interaktion im Hochschulbereich orientierenden und auf die Entwicklung sprachlicher Handlungsfähigkeit im Studienfach zielenden Sprachunterrichts. Die Erforschung der heterogenen Bedingungen eines fachsprachlich orientierten Unterrichts ist nur in einem interdisziplinären Ansatz möglich, der fachwissenschaftliche, linguistische, psychologische und didaktische Gesichtspunkte vereint. Wir formulieren im folgenden einige allgemeine didaktische Kriterien, die in ganzheitlicher Betrachtungsweise den Bogen spannen von der studentischen Kommunikationspraxis im Fach zu einem die Sprache als Mittel der Kommunikation und Kognition lehrenden Sprachunterricht. Wir unterscheiden: Kriterien der Thematizität, lnformativität, Akzeptabilität, Funktionalität, Intentionalität, Situativität, Texthaftigkeit (vgl. dazu auch Blei 1989: 74; Hoffmann 1984: 357). Im einzelnen bedeuten diese: (1) Kriterium der Thematizität: Der Sprachunterricht muß, wenn er motiviert von den Studenten bestimmter Fachdisziplinen angenommen werden soll, fachliche Objekte und Sachverhaltsbeziehungen zugrunde legen. Diese müssen bei der Erstellung von Curricula in Kooperation mit den entsprechenden Hochschullehrern der einzelnen Ausbildungsprofile bestimmt werden; andererseits sollten die so definierten Lerninhalte durch individuelle Wünsche der Studenten ergänzt werden. Die Lernergruppen sind nach Fachrichtungen zu konstituieren. (2) Kriterium der Informativität: Der Sprachunterricht für Lerner unterschiedlicher fachlicher Provenienz hat sowohl (fach)sprachliches Wissen als auch fachliche Kenntnisse, nicht unbedingt in fachsystematischer Abfolge, zu festigen bzw. zu systematisieren. Er soll Schritt für Schritt Sprachkompetenz an fachlichen bzw. fachübergreifenden, die Persönlichkeitsentwicklung des Studenten fördernden Themen ausbilden; so wird er informativ im Sinne des weiteren Aufbaus der fachwissenschaftlichen Wissensbasis "es lohnt sich" für den Studenten, in Informationsaustausch zu treten, da die Inhalte dem Fachstudium unmittelbar dienen). (3) Kriterium der Akzeptabilität: Um Akzeptanz beim Lerner zu gewährleisten, sollten Befragungen durchgeführt werden, die zu bestimmten didaktischen Konsequenzen führen müssen. So kann aus Lernersicht der Prozeßcharakter der fachsprachlichen Interaktion charakterisiert werden; der Lerner muß auf der Grundlage seines subjektiven Erfahrungswissens in Fach und Sprache neues Wissen aufbauen (vgl. dazu auch Wolff, 1994: 416). Dazu kann er Aussagen machen zu geforderten rezeptiven und produktiven Sprachabläufen im Fach (vgl. den auf S. 216 ff vorgestellten Fragebogen). In der didaktischen Umsetzung der Befunde kann der Sprachunterricht optimiert werden. Die Exploration sollte Erwartungen der Studenten vom (fachbezogenen) Sprachunterricht klären sowie den gewünschten Fachlichkeitsgrad des Sprachunterrichts verdeutlichen. Aus der Bewältigung der Studienanforderungen im Fach ergeben sich unterschiedliche Gewichtungen geforderter FLuL 25 (1996) Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache 213 Sprachhandlungen für den Sprachunterricht. Sind diese Größen bekannt, kann der Lehrer die Probleme des Studenten bei der Ausübung kommunikativer Handlungen im Fachstudium minimieren helfen. (4) Kriterium der Intentionalität: Der Sprachunterricht muß sich an den Intentionen der Sprachteilnehmer fachlicher Interaktion orientieren. Es sind dies Intentionen des Beschreibens, Definierens, Klassifizierens, Verallgemeinerns, Schlußfolgems u.a. Im produktiven Bereich wird vom Studenten gefordert, eigene Bewußtseinsinhalte zu versprachlichen, um bestimmte sprachliche, aber auch mit seinem Studium korrelierende außersprachliche Zwecke zu erreichen (z.B. Informationen einholen und geben, Wünsche mitteilen, Bewertungen vornehmen, Meinungen äußern, ... ; manuelle Handlungen im Labor auf der Basis sprachlicher Information vollführen, ... ; Prüfung bestehen mittels sprachlich-geistiger Operationen, ... ). Im rezeptiven Bereich der Sprachausübung hat der Student die sprachlich materialisierten Intentionen der Interaktionspartner zu interpretieren sowie die damit verbundenen sprachlich vermittelten Gegenstands- und Sachverhaltsbilder geistigsprachlich zu verarbeiten. (5) Kriterium der Funktionalität: Die Sprache des betreffenden Faches muß in ihrer Funktion als Kommunikations- und Kognitionsmittel betrachtet, analysiert und gelehrt werden. Dies setzt die Ermittlung und Beschreibung typischer fachsprachlicher Mittel und Verwendungsweisen in Textenffextsorten voraus. In der didaktischmethodischen Aufbereitung dann können diese Mittel unter funktionalen Gesichtspunkten gebündelt und vermittelt werden. Da erwachsene Lerner mehr Kognition als Imitation beim Spracherwerb wünschen, müssen die (fach)sprachlichen Mittel funktional und formal bewußt gemacht und durch adäquate Übungs- und Aufgabengestaltung gefestigt werden. (6) Kriterium der Situationalität: Typische Sprachverwendungssituationen in den unterschiedlichen Kommunikationsereignissen eines Studiums (vgl. Möhn/ Pelka, 1984: 41 f) sind zu erfassen und zu beschreiben, um ihre Spezifika in den Unterricht zu transponieren (betr. Lehrwerksgestaltung, Texte, Übungen, Aufgaben). Die Beschreibung der äußeren Bedingungen spezieller Fachkommunikation erfolgt durch sprachliche Parameter, abgeleitet aus der Kommunikationspraxis des Fachstudiums. (7) Kriterium der Texthaftigkeit: Die Ermittlung und partielle Beschreibung relevanter Fachtextsorten des betreffenden Studienfaches ist zur wissenschaftlichen Grundlegung des Sprachunterrichts notwendig. Die Texte bestimmter Fachtextsorten sind u.a. durch Tätigkeitssituationen des Studiums determiniert; Fachtextsorten sind modellhaft für die Fachkommunikation und demzufolge als Lehrgegenstände zu bezeichnen (vgl. Hoffmann 1992). Im Fachsprachenunterricht sollten weitgehend authentische Texte zugrunde gelegt werden, deren sprachlicher und fachlicher Schwierigkeitsgrad den Anforderungen des Studiums, aber auch der individuellen kognitiven und sprachlichen Wissensbasis des Studenten adäquat ist. FLuL 25 (1996) 214 Ingeborg Hofmann 2. Einige Ermittlungen zur Umsetzung der Kriterien 2.1 Im folgenden soll eine praktische Verfahrensweise demonstriert werden, mit der relativ einfach quantitative und qualitative Verhältnisse zwischen studienrelevanten Sprachhandlungen der rezeptiven und produktiven Kommunikation erfaßt werden konnten. Die Methode wurde praktiziert in empirischen Untersuchungen zur Bedarfsermittlung auf der Grundlage umfangreicher Hospitationstätigkeit in Vorlesungen und Seminaren und eines nach Studienrelevanz erstellten Textkorpus geschriebener und gesprochener Texte sieben Textsorten des Biologiestudiums (vgl. Hofmann 1989: 76; Hofmann 1991: 29). Projekte mit ähnlicher hochschuldidaktischer Zielstellung wurden von Buhlmann (1985) zu technisch-wissenschaftlichen Fachsprachen und 1991 an der TU Berlin zu ingenieurwissenschaftlichen Fachsprachen in Angriff genommen (vgl. Fluck 1992: 76). Eine Zusammenführung der Ergebnisse bzw. der interdisziplinäre Vergleich wären in jedem Falle wünschenswert. Exemplarisch soll im folgenden für die Erstellung von Curricula gezeigt werden, in welchen Graduierungen studienspezifische Sprachhandlungen Übungseinheiten darstellen müssen; Schlußfolgerungen gelten nicht nur für den Fachsprachenunterricht studienbegleitender Form sondern auch für PNdS-Kurse und dafür bestimmte Lehrwerke, um die „Studierfähigkeit ausländischer Studenten" gezielt zu verbessern (vgl. Tab. 1 auf S. 215 sowie Abschn. 2.2). Aus dieser einfachen Auflistung, die im Zusammenhang mit den Ergebnissen einer Studentenbefragung gesehen werden muß (vgl. 2.2), lassen sich gewisse Schlußfolgerungen ziehen : 1. Produktive und rezeptive Sprachhandlungen in mündlicher/ schriftlicher Verlaufsform sind in einem ausgewogenen Verhältnis gleichranging zu entwickeln, was einer einseitigen Schwerpunktlegung eines Kurses auf Lesen/ Sprechen entgegensteht. Zu bevorzugen ist ein integrativer Ansatz, der einer zeitweiligen Akzentuierung dieser oder jener Sprachtätigkeit zum Zwecke der Übung im Unterricht Raum läßt. 2. Dem Hören und Schreiben (dem „freien", zur Materialisierung eigener Gedanken schöpferischen Schreiben, auch dem Mitschreiben und Verkürzen) ist eine größere Rolle im Unterricht beizumessen als bisher vielleicht praktiziert. Die zur Verfügung stehenden Lehrwerke (z.B. Wege, Sprachkurs I, II, III, Deutsch-Aktiv) schenken der Ausbildung des Hörens von Fach-/ Sachtexten - Textsorten: Vorlesung, Seminargespräch, Gespräch zur Steuerung manueller Tätigkeiten im Praktikum etc. (bei gleichzeitigem Mitschreiben unter bestimmten Aufgabenstellungen) geringe oder keine Aufmerksamkeit. 1 Vgl. die kritischen Anmerkungen von Kalverkämper (1990: 101 f) zur „Kommunikationspragmatik" vorhandener Lehrwerke. FLuL 25 (1996) Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache Sprachhandlung Fachtextsorte mit Merkmale - Elemente didaktischer Funktion V Vorlesung ZIELTEXT (Z) 1 rezeptiv 5 schriftlich s Seminar (= von den Studenten zu 2 reproduktiv 6 monologisch V-N Vor- und Nachproduzierender Text) 3 produktiv 7 dialogisch bereitung GRUNDLAGENTEXT (G) 4 mündlich (Selbststudium) (= von den Studenten zu rezipierender Text) 1 2 3 4 5 6 V Hören Vorlesungstext (G) + + + Abschreiben (Folien-)Fachtext Definition, ... (G) (+) + + + Mitschreiben Vorlesungsmitschrift (Z) (+) + + + Lesen s.o. + + + V-N Lesen Vorlesungsmitschrift (Z) + + + Lehrbuchtext (G) + + + Fachzeitschriftentext (G) + + + Konspektieren Konspekt (Z) (+) (+) + + + Exzerpieren Exzerpt (Z) (+) (+) + + + Resümieren Resümee (Z) (+) (+) + + + Hören + Sprechen Fachgespräch (G/ Z) + (+) + + s Hören Fachtext/ Vortrag (G) + + + Hören + Sprechen Fachgespräch (G/ Z) + (+) + + Sprechen Fachtext/ Vortrag (Z) + + + Abschreiben Fachtext/ Folie/ fafel) (G) (+) + + + + Mitschreiben Mitschrift (Z) , (+) (+) (+) + + Schreiben Klausur (Z) (+) + + + + V-N Lesen Mitschrift (Z) + + + Lehrbuchtext (G) + + + Konspektieren Konspekt (Z) (+) (+) + + + Exzerpieren Exzerpt (Z) (+) (+) + + + Resümieren Resümee (Z) (+) (+) + + + Hören + Sprechen Fachgespräch (G/ Z) + (+) + + Sprechen Fachtext, Vortrag (Z) + + + Tab. 1: Verhältnis von Sprachrezeption und -produktion in Vorlesung und Seminar Charakterisierung der Textarten nach didaktischen Gesichtspunkten FLuL 25 ( 1996) 215 7 + + + 216 Ingeborg Hofmann 3. Beim Lesen und Hören überwiegt in der studentischen Kommunikationspraxis der monologische gegenüber dem dialogischen Fachtext; die Befähigung zur fachlichen Interaktion im Bereich der Gesprächsführung gelingt nicht, wenn man den „lemmotivierten und sachinteressierten Zugriff auf die fremde Sprache [ ... ]" (Kalverkämper, ebenda) von Studenten nicht beachtet. 4. Aus der Auflistung (Tab. 1) wird ersichtlich, daß zumindest in den hier dargestellten Kommunikationsereignissen schriftlich repräsentante Fachtexte höhere Frequenz aufweisen, d.h. die Beschäftigung der Studenten mit Texten aus Textsorten des schriftsprachlichen Bereichs überwiegt, wobei zu unterscheiden ist, ob diese Grundlagentext- oder Zieltextfunktion haben, was Konsequenzen für Sprachrezeption und -produktion im Sprachunterricht hat. 2.2 Diese empirischen Untersuchungen (vgl. Hofmann 1989) sind ergänzt durch Befragungsresultate einer an der TU Dresden und Emst-Moritz-Amdt-Universität Greifswald in den Jahren 1986/ 1987 durchgeführten Ermittlung (vgl. Hofmann 1989, Anlage 3). Der Fragebogen, der als Grundlage für die Studentenbefragung in den achtziger Jahren diente, soll im folgenden vorgestellt werden. Verbunden werden soll die Darstellung mit dem Impuls an den Fachverband DaF, weiterreichende Bedarfsermittlungen durch Studentenbefragungen an mehreren/ allen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland zu unterstützen bzw. zentral zu leiten. Die Zusammenstellung der nun folgenden Fragen könnte als Basis für eine modifizierende bzw. erweiternde Fragebogenerfassung dienen. FRAGEBOGEN ZUR ERMITTLUNG VON LERNSCHWIERIGKEITEN Name: Land: Fach: Alter: Studienjahr: Dauer der bisherigen sprachlichen Ausbildung (Gesamtstundenzahl ) : Bereits absolvierte Sprachkurse in : 1. Haben Sie Schwierigkeiten im HOREN D SPRECHEN D LESEN D SCHREIBEN? D (Kreuzen Sie an! Geben Sie eine Rangfolge an, wenn das möglich ist! 1 = größte Schwierigkeit, 2 = mittlere Schwierigkeit, 3 = geringere Schwierigkeit, 4 = keine Schwierigkeit) FLuL 25 (1996) Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache 217 2. Auf welchen Gebieten liegen Ihre größten Probleme im 2.1 HORVERSTEHEN (Geben Sie eine Rangfolge [s.o.] durch Ziffern an! Sie können auch die gleiche Zahl mehrmals einsetzen.) - Hören in der Vorlesung (ohne Mitschreiben) - Hören in der Vorlesung (bei gleichzeitigem Mitschreiben) - Hören im Seminar? 2.2 SPRECHEN IM SEMINAR (Geben Sie eine Rangfolge [s.o.] durch Ziffern an! ) dial./ polylogisches Sprechen im Seminar/ Fachgespräch mit Seminarleiter und Kommilitonen dial./ polylogisches Sprechen im Fachgespräch mit Kommilitonen monologisches Sprechen im Seminar (Vortrag) mit Konspekt monologisches Sprechen im Seminar ... ohne Konspekt? 2.3 SCHREIBEN (Bitte Rangfolge durch Ziffern [s.o.]! ) - Anfertigen einer Mitschrift zu Gehörtem (Vorlesung) - Anfertigen eines Konspekts zu Gelesenem (Lehrbuch ...) freies Schreiben zu einem (fachlichen) Thema? 3. Worin sehen Sie die Ursachen für Ihre Probleme? 3.1 BEIM HÖREN UND GLEICHZEffiGEN MITSCHREIBEN (Bitte ankreuzen! ) - Das Tempo des Vortragenden ist zu hoch. - Die Satzstrukturen sind zu kompliziert. - Sie können die Aussprache des Sprechers nicht verstehen. - Die Termini sind Ihnen zu einem großen Teil unbekannt. - Sie haben Konzentrationsschwächen, einer längeren Vorlesung zu folgen. - Sie verstehen, können aber das Wesentliche nicht so schnell mitschreiben. - Sie haben Probleme beim Aufschreiben unbekannter Wörter/ fermini. - Die Verkürzung der Wörter und Sätze nach bestimmten Abkürzungsmethoden berei- D D D D D D D D D D D D D D D D D tet Ihnen Schwierigkeiten, da nicht oder zu wenig im Sprachunterricht geübt. D - Sehen Sie andere Ursachen? Welche? D 3.1 BEIM SPRECHEN (Bitte ankreuzen! ) • Sie verstehen zwar die Äußerung Ihres Gesprächspartners, können aber nicht so schnell sprachlich reagieren, weil Ihnen die Wörter fehlen D die grammatische Verknüpfung der Wörter Schwierigkeiten bereitet unklar ist, was Sie fachlich/ sachlich sagen sollen. FLuL 25 (1996) D 0 218 Ingeborg Hofmann • Sie ergreifen im Fachgespräch oft die Initiative (d.h. beginnen/ greifen ein in das Gespräch) manchmal die Initiative selten die Initiative nicht die Initiative, • weil Sie sprachliche Probleme bei der Formulierung haben - Hemmungen/ Angst haben. - Sehen Sie andere Ursachen? Welche? • Beim monologischen Sprechen mit Konspekt haben Sie - Schwierigkeiten keine größeren Schwierigkeiten große Schwierigkeiten. • Beim monologischen Sprechen ohne Konspekt (freier Vortrag) haben Sie 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 - Schwierigkeiten 0 keine größeren Schwierigkeiten 0 große Schwierigkeiten. 0 • Ursachen sehen Sie darin, daß - Sie sich zu sehr auf den Inhalt konzentrieren müssen und dabei die Sprache vernachlässigen 0 - Ihnen die Termini/ fachtypischen Wendungen fehlen 0 die Anwendung grammatischer Kenntnisse beim Sprechen Probleme bereitet. 0 4. Wie schätzen Sie die Qualität Ihrer Mitschrift ein? (Bitte ankreuzen! ) (betr. Vorlesung, Seminar, ... ) • Schreiben Sie selbst mit, oder lassen Sie mitschreiben? - Ich schreibe selbst mit. - Ich lasse mitschreiben. • Ihre Mitschrift hat eine solche Qualität, daß Sie nach der Vorlesung damit arbeiten können. -Ja - Nein 5. Welche Funktion soll der Deutschunterricht nach Ihrer Meinung haben? (Bitte ankreuzen! Beachten Sie, daß Sie nur 100% vergeben können! ) 0 0 0 0 Soll er in erster Linie die sprachlichen Voraussetzungen für Ihr Studium verbessern helfen, ohne den fachlichen/ sachlichen Aspekt zu akzentuieren? -Ja 0 - Nein 0 Soll er auch fachliche Lücken ausgleichen helfen, indem bestimmte Sachprobleme, die mit Ihrem Studium in Verbindung stehen, behandelt werden? FLuL 25 (1996) Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache -Ja - Nein 219 0 0 Könnte der Deutschunterricht überhaupt aus Ihrer Sicht Ihre fachlichen Probleme klären helfen? -Ja 0 -Nein 0 Welchen Charakter sollten die Texte haben, mit denen Sie sich im Deutschunterricht beschäftigen? - 90% Fachtexte/ Originaltexte 0 - 75% Fachtexte/ Originaltexte 0 - 50% Fachtexte/ Originaltexte 0 - 50% Texte aus Wirtschaft, Politik, Kultur, ... 0 - 25% Texte aus Wirtschaft, Politik, Kultur, ... 0 - 10% Texte aus Wirtschaft, Politik, Kultur, ... 0 überwiegend Texte allgemeinwissenschaftlichen Inhalts, die sich nicht auf Ihr Studienfach beziehen 0 6. In welchen Graduierungen sollten nach Ihrer Meinung die einzelnen Sprachtätigkeiten geübt werden? (Geben Sie eine Rangfolge an! Sie können auch die gleiche Ziffer mehrmals vergeben: z.B. 1 = erste Priorität [am meisten], ..., 4 = vierte Priorität [am wenigsten].) HOREN LESEN SPRECHEN SCHREIBEN 0 0 0 0 Um die Ergebnisse der Befragung (121 Studenten des ersten und zweiten Studienjahres verschiedener Fachrichtungen (siehe unten) aus Asien, Afrika, Mittelamerika, Europa) einem größeren Leserkreis zuzuführen, werden sie hier vorgestellt. Danach werden einige relevante Schlußfolgerungen abgeleitet. Technische Daten der Auswertung sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Zahl der Befragten Länder Hochschule Fachrichtung Studienjahr 13 6 Univ. Greifswald Medizin/ Stomat. 1986/ 87 66 25 TU Dresden 16 techn. Fachrichtungen 1986/ 87 30 15 TU Dresden 8 techn. Fachrichtungen 1986/ 87 12 7 Tu Dresden 4 techn. Fachrichtungen 1986/ 87 Tab. 2: Technische Daten der Auswertung FLuL 25 (1996) 220 Ingeborg Hofmann ERGEBNISSE DER BEFRAGUNG 1. AUSWERTUNG des ersten Fragenkomplexes (Schwierigkeiten in den Sprachtätigkeiten)2 Schwierigkeitsgrad Sprachtätigkeit Keine Angaben Pos. 1 Pos. 2 Pos. 3 Pos. 4 Hören 16 Studenten (13,22%) 62 (51,24%) 28 (23,14%) 13 (10,74%) 2 (1,65%) Sprechen 32 Studenten (26,45%) 44 (36,36%) 21 (17,36%) 12 (9,92%) 12 (9,92%) Lesen 48 Studenten (39,67%) 17 (14,04%) 21 (17,36%) 16 (13,22%) 19 (15,7%) Schreiben 52 Studenten (42,98%) 18 (14,88%) 18 (14,88%) 21 (17,36%) 12 (9,92%) 2. AUSWERTUNG des zweiten Fragenkomplexes 2.1 Hörverstehen 3 Schwierigkeitsgrad Sprachtätigkeit Keine Angaben Pos. 1 Pos. 2 Pos. 3 Pos. 4 Hören in Vorles. 56 Studenten 19 29 17 - (ohne Mitschrift) 46,28% (15,70%) (23,97%) (14,04%) - Hören in Vorles. 18 Studenten 75 23 5 - (mit Mitschrift) 14,88% (61,98%) (19%) (4,13%) - Hören im Seminar 35 Studenten 38 29 19 - 28,93% (31,40%) (23,97%) (15,70%) - 2.2 Sprechen im Seminar Schwierigkeitsgrad Sprachtätigkeit Keine Angaben Pos. 1 Pos. 2 Pos. 3 Pos. 4 Sprechen 33 Studenten 49 21 18 - (Dialog/ Seminar) 27,27% (40,50%) (17,36%) (14,89%) - Sprechen (Dialog/ 57 Studenten 11 19 14 20 außerhalb Seminar) 47,10% (9,09%) (15,70%) (11,58%) (16,52%) 2 Pos. 1 bedeutet: die betreffende Sprachtätigkeit erscheint dem Studenten am schwierigsten; Ziffer bedeutet: Anzahl der Studenten, die in der betreffenden Position Schwierigkeiten angeben. 3 Ziffer bedeutet: Anzahl der Studenten, die der Sprachtätigkeit X bestimmte Schwierigkeitsgrade beimessen; Pos. 1 bedeutet: höchster Schwierigkeitsgrad. FLuL 25 (1996) Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache 221 Schwierigkeitsgrad Sprachtätigkeit Keine Angaben Pos. 1 Pos. 2 Pos. 3 Pos. 4 Sprechen (Monolog/ 58 Studenten 10 29 15 9 Seminar/ mit Konspekt) 39,67% (8,26%) (23,97%) (12,40%) (7,44%) Sprechen 28 Studenten 62 22 4 5 (Monolog/ Seminar) 42.98% (51,24%) (18,18%) (3,31%) (4.13%) 2.3 Schreiben Schwierigkeitsgrad Sprachtätigkeit Keine Angaben Pos. 1 Pos. 2 Pos. 3 Pos. 4 Schreiben/ Mitschreiben 15 Studenten 60 34 12 - (Gehörtes) 12,40% (49,59%) (28,10%) (9,92%) - Schreiben/ Konspektie- 55 Studenten 14 25 27 ren (Gelesenes) 45,45% (11,57%) (20,66%) (22,31 %) freies Schreiben 14 Studenten 72 18 17 - (Klausur/ Belegarbeit) 11,57% (59,50%) (14,88%) (14,05%) - 3. AUSWERTUNG des dritten Fragenkomplexes 3.1 Hörverständnis (Ursachen für Probleme beim Hören) Anzahl % ► Das Sprechtempo des Vortragenden erscheint zu hoch. 84 69,42% ► Die Satzstrukturen sind zu kompliziert. 48 39,67% ► Die Aussprache des Sprechers wird nicht verstanden. 51 42,15% ► Die Termini sind z.T. unbekannt. 46 38,02% ► Es bestehen Konzentrationsschwächen. 33 27,27% ► Das Verständnis ist gegeben, das Wesentliche kann aber nicht so schnell mitgeschrieben werden. 84 69,42% ► Es bestehen Probleme beim Aufschreiben unbekannter Wörter. 58 47,93% ► Die Verkürzung der Wörter und Sätze bereitet Schwierigkeiten. 28 23,14% • Andere von den Studenten beigefügte Ursachen: ► Keine Gewöhnung an die deutsche Sprache ► Vortragsweise ► Lärm im Hörsaal 3.2.1 Ursachen für verzögerte/ keine sprachliche Reaktion auf verstandene Äußerung des Partners ► Lexik nicht verfügbar 92 76,03% ► Schwierigkeiten bei der Verknüpfung der Wörter 59 48,76% ► fachliche Lücken 64 52,89% FLuL 25 (1996) 222 • Andere von den Studenten beigefügte Ursache: ► zu viel Zeit für Übersetzungsprozesse 3.2.2 Ergreifen der Initiative im Fachgespräch ► oft ► manchmal ► selten ► nicht Gründe: ► sprachliche Probleme bei der Formulierung ► Hemmungen/ Angst ► andere von den Studenten nicht benannte Gründe 3.2.3 Monolog mit Konspekt ► Schwierigkeiten ► keine größeren Schwierigkeiten ► große Schwierigkeiten ► keine Angaben 3.2.4 Monolog ohne Konspekt ► Schwierigkeiten ► keine größeren Schwierigkeiten ► große Schwierigkeiten Gründe für 3.2.3 und 3.2.4: Ingeborg Hofmann Anzahl % 3 2,48% 6 4,96% 62 51,24% 37 30,58% 16 13,22% 78 64,46% 44 36,36% 13 10,74% 46 38,02% 64 52,90% 3 2,48% 8 6,61% 61 50,41% 26 21,49% 34 28,09% ► Konzentration auf den Inhalt bei Vernachlässigung der sprachlichen Form 58 47,93% ► Termini/ fachtypische Wendungen nicht verfügbar ► Probleme bei der Anwendung grammatischer Kenntnisse • Andere von den Studenten beigefügte Ursachen: ► zu geringer Wortschatz ► fehlende sprachliche Grundkenntnisse ► persönliche Gewohnheiten ► fachliche Probleme inhaltlich nicht verstanden ► Schwierigkeiten beim schnellen Formulieren 4. AUSWERTUNG des vierten Fragenkomplexes 4.1 Mitschrift 101 Studenten schreiben selbst in der Vorlesung mit 16 Studenten schreiben teilweise mit/ lassen mitschreiben 4 Studenten schreiben selbst nicht mit 4.2 Qualität der Mitschrift (aus Studentensicht) 82 Studenten können nach der Vorlesung mit der von ihnen angefertigten Mitschrift arbeiten 51 63 42,15% 52,07% 83,47% 13,22% 3,30% 67,77% FLuL 25 (1996) Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache 15 Studenten können nach der Vorlesung mit der Mitschrift nicht arbeiten 24 Studenten können nach der Vorlesung mit der Mitschrift teilweise arbeiten 5. AUSWERTUNG des fünften Fragenkomplexes 5.1 Funktion des fachsprachlichen Deutschunterrichts keine Angaben ja ► Verbesserung sprachlicher Voraussetzungen 5 Studenten 109 für das Studium 4,13% 90,08% ► Klärung fachlicher Probleme 4 Studenten 76 3,31% 62,80% ► Fachlichkeitspotenz des Unterrichts 4 Studenten 71 3,31% 58,7% 223 12,40% 19,83% nein 7 5,79% 41 3,89% 46 38,0% 5.2 Charakter der Texte (VERHAL1NIS: Fachtext/ Originaltext des Studienfaches zu Text aus Wirtschaft, Politik, Kultur,Wissenschaft ► 75% : 25% gewünscht von ► 50% : 50% gewünscht von ► mehr als 50% Texte mit allgemein interessierender Problematik 6. AUSWERTUNG des sechsten Fragenkomplexes 38 Studenten 31,40% 53 Studenten 43,80% 5 Studenten 4,13% Gewünschte Graduierung der Übung der Sprachtätigkeit ... (aus Studentensicht) 4 Sprachtätigkeit Keine Angaben Pos. 1 Pos. 2 Pos. 3 Pos. 4 Hören 12 Studenten 57 36 12 4 9,92% (47,11%) (29,75%) (9,92%) (3,31%) Sprechen 6 Studenten 66 24 19 6 4,96% (54,55%) (19,83%) (15,70%) (4,96%) Lesen 21 Studenten 14 36 28 22 17,36% (11,57%) (29,75%) (23,10%) (18,20%) Schreiben 19 Studenten 19 31 26 26 15,70% (15,70%) (25,60%) (21,50%) (21,50%) 4 Ziffer bedeutet: Anzahl der Studenten, die die spezielle Sprachtätigkeit zu einem bestimmten Grade zu üben wünschten; Pos. 1: mit der größten Intensität, ... - Errechnung der Prozentwerte: Für die Positionen wurden Punkte erteilt: 1. Position = 4 Punkte; 2. Position = 3 Punkte; 3. Position: 2 Punkte; 4. Position = 1 Punkt. Die Anzahl der Studenten, die die Übung in bestimmten Graden (Position) wünschten, wurde mit der jeweiligen Punktzahl multipliziert. Die Ergebnisse wurden mit folgenden Resultaten addiert: Hörverständnis= 364 Punkte (29,52%); Sprechen = 380 Punkte (30,82%); Leseverständnis = 242 Punkte (19,63%); Schreiben = 247 Punkte (20,03%). 100% entsprechen 1233 Punkten. FLuL 25 (1996) 224 Ingeborg Hofmann 3. Interpretation und Schlußfolgerungen für didaktische Maßnahmen Die Resultate der oben dargestellten Studentenbefragung liefern empirische Daten, um die Relationen von fachsprachlicher Interaktion und Lernen als prozeßhaftem Wissenserwerb im Studium besser klären zu helfen. Das kritische Resümee zur diesbezüglichen Forschungssituation von Henrici (1993: 230) ist auch für die fachsprachliche Lehre prinzipiell zutreffend. Henrici beklagt, daß wir noch weit davon entfernt seien, sichere Aussagen über den Prozeßcharakter von Interaktionen zu machen, da empirische Belege zu dürftig seien. Angemessene methodologische Vorgehensweisen sowie adäquate methodische Untersuchungsverfahren müßten gefunden werden, um den wechselseitigen Verstehens- und Produktionsprozeß sensibel rekonstruieren zu können. Unsere in diesem Beitrag vorgestellten Resultate gestatten, gewisse Tendenzen aus Lernersicht für den Erwerb fachsprachlicher Kompetenz im Studium aufzuzeigen. Sie sollen wie folgt zusammengefaßt werden 5: (1) Die vier sprachlichen Grundtätigkeiten sind in der realen Kommunikationspraxis eines Studiums gefordert und werden subjektiv von den Studenten als mehr oder weniger schwierig empfunden; Hörverstehen besitzt den höchsten Schwierigkeitsgrad (36,10%), gefolgt von Sprechen (27,58%), Leseverstehen (18,25%) und freiem Schreiben zu einem fachlichen Thema (18,05%). Für den Sprachunterricht kann daraus eine entsprechende Schwerpunktsetzung bei der Ausbildung der einzelnen Komponenten fachsprachlicher Kommunikation erfolgen. (2) Das verstehende Hören und gleichzeitige Mitschreiben der in der Vorlesung des Faches übermittelten Inhalte wird von den Studenten schwieriger bewertet als beispielsweise verstehendes Hören im Seminar, d.h. im dialogischen/ polylogischen Geschehen, wo möglicherweise außersprachliche und paralinguale Mittel den Verstehensprozeß begünstigen. Auch die Rückkopplung könnte im Seminar stärker als in der Vorlesung gegeben sein (vgl. die von den Studenten angegebenen Schwierigkeitsgrade für: Hören in Vorlesung/ Monolog/ ohne Mitschrift (23,09%), Hören in Vorlesung/ Monolog/ mit Mitschrift (44,05%), Hören in Seminar/ Polylog (32,47%). Didaktische Schlußfolgerung: Um den Wissenserwerb über die bzw. mittels der Fremdsprache in der Vorlesung zu begünstigen, muß der Sprachunterricht gezielt das Hören und Mitschreiben von Vorlesungen ausbilden. Es sollte eine didaktisch aufbereitete Abfolge von Vorlesungstexten mit entsprechend studienrelevanten fachlichen Inhalten erarbeitet werden, die eine den Voraussetzungen der Lerner angemessene Schwierigkeitsprogression inhaltlich und sprachlich (betr. Lexik/ Termini, Satzbau; allmählicher Abbau sprachlicher Redundanzen, Periphrasen, Wiederholungen, Reduzierung des sprachlichen Inputs) aufweist. Die Vorlesungstexte sollten an Länge zunehmen (Textrepräsentationen bis zu 45 Minuten), womit psycho-physische und intellektuelle Anforderungen an die Studenten erhöht wür- 5 Die Prozentzahlen entsprechen den Angaben der Fragebogenauswertung (siebe oben). FLuL 25 (1996) Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache 225 den: (a) Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisleistungen; (b) intellektuelle und schreibmotorische Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten bei der Rezeption und beim zeitlich parallel ablaufenden Prozeß der gedanklich-sprachlichen Reduktionen für die Mitschrift und schließlich (c) der motorische Ablauf des Notierens in der Fremdsprache mit einer notwendigen Geläufigkeit. 6 (3) Tendenziell lassen sich folgende Aussagen der Studenten zu den ursächlichen Zusammenhängen beim Auftreten von Schwierigkeiten in den verschiedenen Sprachtätigkeiten zusammenfassen 7: • Beim Hören und Mitschreiben der Fachvorlesung resultieren die Probleme aus: dem hohen Sprechtempo der Vortragenden, auf das die Studenten durch möglicherweise zu starke Rücksichtnahme wegen des noch vorhandenen Verstehensdefizits im Sprachunterricht nicht genügend vorbereitet sind (69,42% gaben dies als gravierende Ursache an); ungenügend ausgebildeten Fähigkeiten bei der schriftlichen Speicherung der Information (bei 69,42% der befragten Studenten); - Rezeptionsschwierigkeiten durch phonetische und intonatorische Besonderheiten der muttersprachlichen Sprecher/ Hochschullehrer (bei 42,15% der Studenten); offensichtlich wird nur Hochlautung problemlos verstanden; ungenügenden sprachlichen Kenntnissen und Fertigkeiten zur semantischen Erfassung schwieriger Satzkonstruktionen (von 39,67% der Studenten als Ursache erkannt); - Konzentrationsschwächen der Studenten (betr. 27,27%); - Nicht-Beherrschung von Termini und typischen fachsprachlichen Mitteln u.a. • In bezug auf Sprechen im Fachgespräch (Seminar, ...) sind die Angaben der Studenten insofern aufschlußreich, als deutlich wird, daß gewisse „Sprechbarrieren" hemmend sind, die sich trotz eines bestimmten erreichten Sprachniveaus bei den Studenten gehalten oder sogar ausgebaut haben. 51,24% geben an, sich nur „manchmal" im Seminar zu äußern; 13,22% werden „gar nicht" sprecherisch produktiv; nur 4,96% der Studenten „wagen" sich „oft", im Seminar die sprecherische Initiative bei der fachlichen Interaktion zu ergreifen. Für den Sprachunterricht bedeutet dies, das Sprechen durch sprachliche Hilfen zu entwickeln und die mündliche Kommunikation nicht dem „Selbstlauf' zu überlassen, sondern Sprechanlässe durch fachlich interessante Aufgabenstellungen und motivierende Texte zu schaffen (kein „Kommunikativismus", sondern Aufbau von Sprechmustern und Integration der sprachlichen Arbeit in Sprechzusammenhänge, wie sie die Praxis im Studium vorgibt). 6 Detalliertere Interpretationen und didaktisch-methodische Umsetzungen finden sich bei Hofmann (1989). 7 Vgl. Auswertung des dritten Fragenkomplexes im Fragebogen. FLuL 25 (1996) 226 Ingeborg Hofmann (4) Offensichtlich bestehen zu Beginn eines Fachstudiums trotz Bestehen der Prüfung zum Nachweis deutscher Sprachkenntnisse bei der Mehrzahl der Studierenden (noch) erhebliche sprachliche Defizite, die als eine Art von "Studierschwelle" gewertet werden müssen. 47,93% der Studenten beobachten bei sich eine die sprachliche Formgebung hemmende Konzentration auf den Inhalt, wenn sie sich monologisch äußern wollen. Für 42,15% sind die Termini und fachsprachlichen Wendungen nicht schnell abrufbar (Problem der Einspeicherung ins Gedächtnis); 52,07% der Befragten können die z.T. nur schematisch erworbenen grammatischen Kenntnisse zur sprachlichen Formulierung ihrer Gedanken nicht/ nicht schnell genug anwenden. - Dieser kritischen Bestandsaufnahme (s.o.) sollen einige psychologische und didaktische Überlegungen folgen. Aus meiner Sicht kommt es darauf an, formale und funktionale Merkmale sprachlicher Mittel und Strukturen, besonders deren kommunikative Leistung, bewußtzumachen, denn während beim Erwerb der Muttersprache der Weg von den Bewußtseinsinhalten zu deren Versprachlichung zunächst mehr oder weniger unbewußt durchlaufen wird und erst zu einem späteren Zeitpunkt (etwa im Muttersprachunterricht) eine gezielte und systematisierende Bewußtmachung erfolgt, steht beim Erwerb einer Fremdsprache frei beherrschtes Sprachmaterial a priori nicht zur Verfügung; "[...] so beginnt die Entwicklung der Fremdsprache mit der bewußten Einsicht in die Sprache und ihrer willkürlichen Beherrschung und schließt mit der freien spontanen Sprache ab" (Vygotskij 1964: 230). Wird eine fremde Sprache erlernt, so sind psychologisch betrachtet komplexere Sprachhandlungen über die zunächst isolierte und dann integrierte Ausbildung von Teilhandlungen erlernbar, die mit Zunahme der Handlungsbefähigung zu Operationen werden. Jedoch sollten „bereits operationalisierte Prozesse" wieder auf die Stufe bewußter Handlungen gehoben werden, um sie auf dieser Stufe für sich weiter auszubilden und sie später erneut zu operationalisieren (vgl. Blei 1983: 62). Dieser theoretische Ansatz folgt der sog. Tätigkeitspsychologie von Leont'ev (1979) zur Struktur menschlicher Tätigkeit, nach der Handlungen und Operationen unterschieden werden, die wechselseitig transformierbar sind. Eine Handlung wird als ein einem bewußten Ziel untergeordneter Prozeß bezeichnet. "Eine Handlung hat neben ihrem intentionalen Aspekt (was erreicht werden soll) auch einen operationalen Aspekt (wie, auf welche Weise dies erreicht werden soll), der nicht durch das Ziel, sondern durch die gegenständlichen Bedingungen bestimmt wird, unter denen das Ziel erreicht wird. [...] Die Verfahren zur Realisierung einer Handlung bezeichnen wir als Operationen [...]" (Leont'ev 1984: 24). Operationen sind das Ergebnis der Transformation einer Handlung, "[ ...] die sich durch deren Einbeziehung in eine andere Handlung vollzieht und als deren 'Technisierung' auftritt" (Leont'ev 1984: 25). Kann man diese Theorie in bestimmten Positionen auf Sprachunterricht übertragen? Was ist für den Erwerb bzw. für die Vermittlung von (Fremd-)Sprachen ableitbar? FLuL 25 (1996) Zur Didaktik der Fachsprachen im Bereich Deutsch als Fremdsprache 227 Eine Leitlinie unseres Unterrichts (Zielgruppe: erwachsene Lerner, Studierende eines Faches) muß meines Erachtens ein vernünftiges Verhältnis von Bewußtheit und Automatisierung "Technisierung" bei Leont'ev) sein, damit bis zu einem hohen Grade frei anwendbare, vom Studenten beherrschte Sprachmittel zur Verfügung stehen, so daß Kommunikationsprozesse im Studium befördert werden. Ich will versuchen, diese These an einem Beispiel zu verdeutlichen. Zunächst bildet sich jedes Operieren mit einer bestimmten sprachlichen Erscheinung (z.B. Bildung und Verwendung des Passivs, einer typisch fachsprachlichen Realisierungsform) als Handlung heraus. Die Übung des Passivs stellt psychologisch betrachtet das Ziel der Handlungsausführung auf der Basis einer bewußtgemachten Orientierungsgrundlage dar. Diese beinhaltet Funktion, Form und Bildungsweise des Passivs bzw. seiner „Ersatzformen". Durch wiederholten, bewußten Vollzug der Handlung (Bildung und Anwendung passivischer Strukturen) wird diese schließlich als untergeordnete Teilhandlung in komplexere Handlungsabfolgen einbezogen. Die normgerechte Anwendung des Passivs wird durch eine entsprechende Aufgabenstellung in den Vollzug einer Gesamthandlung integriert, z.B.: "Beschreiben Sie den Entwicklungszyklus des Krankheitserregers [...] unter Verwendung des Passivs! " In diesem Stadium verläuft das Operieren mit den Sprachzeichen (passivischen Konstruktionen) nicht mehr vordergründig als bewußter, dem Ziel der Aneignung des Passivs untergeordneter Prozeß, sondern als integrierte Operation (als automatisiertes Verfahren, das nunmehr der Kontrolle durch das Bewußtsein unterliegt) zur Realisierung einer komplexen sprachlich-kommunikativen Handlung. Folgen wir der Theorie Vygotskijs (1964) vom „aktuell bewußt erfaßten Inhalt", so befinden sich beispielsweise die zu erlernenden sprachlichen Mittel (Passiv) zunächst „im Brennpunkt des Bewußtseins" bei der Übungstätigkeit im Unterricht. Später kann so Vygotskij der „aktuell bewußt erfaßte Inhalt" auf eine mehr „elementare" Ebene „gesenkt" werden. D.h., die im Unterricht vermittelte und zu einem gewissen Grade automatisierte sprachliche Erscheinung zieht nicht mehr die ausschließliche Konzentration des Sprachlerners auf sich. Sie dient vielmehr als Mittel zur sprachlichen Exteriorisierung von Bewußtseinsinhalten beim Sprechen und Schreiben bzw. dem Verständnis der sprachlich übermittelten Sachinformation beim Hören und Lesen. Sprache kann in diesem Sinne als Kommunikations- und Kognitionsmittel gelehrt werden, und die Synthese von Sach- und Sprachunterricht zur Überwindung der „Studierschwelle Deutsch/ Fachdeutsch" sollte so besser gelingen. Der Beitrag stellte Ergebnisse einer studentischen Befragung zu Anforderungen der Kommunikationspraxis an Fachsprachenunterricht vor und ist von der Formulierung didaktischer Kriterien ausgehend als Anregung zur Diskussion zu verstehen. Durch weiterreichende repräsentative Untersuchungen mittels eines hier vorgestellten Fragebogens sollten Bedüifnisse der Studenten für den das Fachstudium in einer bestimmten Anfangsphase begleitenden Sprachunterricht an Hochschulen ermittelt werden, um fundiert Schlußfolgerungen für die Lehre ziehen zu können. FLuL 25 (1996) 228 Ingeborg Hofmann Bibliographische Angaben BLEI, Dagmar (1989): "Lehren und/ oder Lernen nach Sprachhandlungstypen? " In: Deutsch als Fremdsprache, 26.2, 70-76. BUHLMANN, Rosemarie (1985): "Merkmale geschriebener und gesprochener Texte im Bereich naturwissenschaftlich-technischer Fachsprachen. Eine Betrachtung unter didaktischen Gesichtspunkten". In: Special Language/ Fachsprache 7.3-4, 98-125. FLUCK, Hans-Rüdiger (1992): Didaktik der Fachsprachen. Tübingen: Narr (Forum für Fachsprachenforschung; 16). BAUSCH, Karl-Richard/ CHRIST, Herbert/ HULLEN, Werner/ KRUMM, Hans-Jürgen (1989): Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Narr. HENRICI, Gert (1993): "Fremdsprachenerwerb durch Interaktion? Zur Diskussion und Überprüfung einer Hypothese aus der Forschung zum gesteuerten Zweitspracherwerb". In: Fremdsprachen Lehren und Lernen 22, 215-237. HOFFMANN, Lothar (1984): Kommunikationsmittel Fachsprache. Eine Einführung. Berlin (Ost). 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