Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
1997
261
Gnutzmann Küster SchrammSprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen
121
1997
Willis J. Edmondson
flul2610088
Willis J. Edmondson Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen Abstract. The paper investigates Language Learning Awareness, as reflected in the accounts of their own seconcl/ foreign language learning written by German university students. lt is shown that critical learning experiences can colour this Awareness, and thereby influence attitudes and motivation, in turn affecting learning success. A model for the development of Language Learning Awareness is developed on this basis, and different kinds of Awareness, and their positive ancl/ or negative consequences are documented. lt is suggested finally that although there is no necessary link between teacher input and positive affect, pedagogic opportunities for relevant Awareness-raising appear all too often not to have been taken. 0. Einführung In diesem Aufsatz wird der Frage nachgegangen, ob und wie Reflexionen über die eigenen bisherigen Lernerfahrungen, Lernpräferenzen, Lernmotive und Lernstrategien einen Einfluß auf den späteren Lernerfolg ausüben. Unter „Bewußtheit" wird daher hauptsächlich „Sprachlernbewußtheit" im Sinne der Einleitung zu diesem Band verstanden, wobei relevante Kenntnisse über das Fremdsprachenlernen und die Fremdsprachenlernprozesse eher selbstbezogen sind, d.h., die Bewußtheit ist reflexiver Art, gewonnen durch Introspektion und durch Rückblicke auf eigene Lernerlebnisse statt z.B. aus Kenntnissen, die auf einer Betrachtung der Forschungslage zum Zweitsprachenerwerb basieren. Die Identifikation einer solchen Bewußtheit wird durch die Fähigkeit des Subjekts, darüber zu sprechen, festgelegt. Hinter diesem Kriterium steht keine durchdachte psycholinguistische/ philosophische Theorie, sondern die Notwendigkeit einer pragmatischen Operationalisierung des Begriffs für einen bestimmten Untersuchungszweck. Wie aus meinem Titel ersichtlich wird, ist es eine Grundhypothese dieser Arbeit, daß Sprachlernbewußtheit einen indirekten Einfluß auf das Lernverhalten und den Lernerfolg als intervenierende Variable haben kann und dies hauptsächlich als Auswirkungen auf die Lernmotivation und/ oder verschiedene Einstellungen zu der jeweiligen Fremdsprache, deren Kultur und deren Erlernen. Im folgenden wird der Begriff „Motivation" in keinem streng operationalisierbaren Sinne verwendet. Es ist nichtsdestoweniger sinnvoll, den Begriff für meine Zwecke kurz zu charakterisieren. Informell kann man m.E. innerhalb der Sprachlehrforschung bzw. in der Fremdsprachendidaktik zwischen drei Motivationsbegriffen differenzieren. Zuerst kann unter dem Begriff so etwas wie „Anstrebung" FLuL 26 (1997) Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 89 verstanden werden. Motivation ist in diesem Sinne ein lernerkontrolliertes Merkmal und ist mit Ernsthaftigkeit und Fleiß verbunden. Lehrkräfte bemängeln manchmal, daß Motivation in diesem Sinne bei ihren Adressaten nicht vorhanden ist. Zweitens wird Motivation aber auch als eine Art Reflex definiert, der als Konsequenz eines externen Reizes zustande kommt. Durch diesen Reiz fällt das Erlernen der Fremdsprache relativ leicht, es macht „Spaß". Bei dieser Interpretation wird meistens erwartet, daß die Lehrkraft durch ihre Persönlichkeit und/ oder ihre Auswahl von Lernmaterialien die richtige Motivation weckt. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, bemängeln die Schüler, daß ein bestimmter Lehrer so langweilig sei, er habe die Klasse „überhaupt nicht motiviert". Diese beiden Interpretationen sind selbstverständlich eher informeller Art. Die dritte Interpretation ist ein forschungstechnischer Begriff, dessen Identifizierung und Charakterisierung in der Fachliteratur ständig neu debattiert wird. Bei der Behandlung des Begriffs „Motivation" möchte ich die ersten beiden informellen Perspektiven zwar implizit miteinbeziehen, jedoch eher eine bestimmte Ausprägung der dritten Perspektive übernehmen. Unter Motivation verstehe ich allgemein die Bereitschaft, über einen längeren Zeitraum Zeit, Energie und weitere persönliche Ressourcen zu investieren, um ein bestimmtes Ziel hier selbstverständlich den Fremdsprachenerwerb voranzutreiben. In der Tendenz stimme ich Gardner (1985: 50) zu in der Behauptung: "Motivation involves four aspects, a goal, effortful behaviour, a desire to attain the goal, and favourable attitudes towards the activity in question". Das heißt, mindestens drei Elemente tragen zur Motivation bei: Motive (d.h. die Gründe, weshalb man die Fremdsprache lernen will), die Intensität, mit der man diese Ziele wahrnimmt und durchzusetzen versucht, sowie verschiedene Einstellungen zu der Fremdsprache und dem konkreten Lernkontext. Aus den äußerst zahlreichen Studien zum allgemeinen Thema Motivation beim Fremdsprachenlernen können wir einige Faktoren erwähnen, die zumindest in bestimmten Lernkontexten für bestimmte Lerner eine deutliche Auswirkung auf die Lernmotivation haben können. So wirken sich z.B. Erfolgserlebnisse bei dem Versuch, die Fremdsprache zu verwenden, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schule oft positiv auf die Lernermotivation aus. In einer Studie in Ungarn hat Dörnyei (1990) das Streben nach Erfolg in der Schule insgesamt als wichtigen Motivationsfaktor herausfiltern können. Interessanterweise wird aber in dieser Studie auch ein negativer Faktor betont: Erfahrungen mit Lehrpersonen können langfristig negative Motivationskonsequenzen mit sich bringen. 1 Die Motive für das Fremdsprachenlernen (im Sinne Gardners) werden auch von Dörnyei betont, wobei sein Konstrukt 'instrumental motivational system' sowohl integrative als auch instrumentelle Motive mitenthält. 2 Die Relevanz dieser drei Solche negativen Erlebnisse sind u.a. in Edmondson (1996a) dokumentiert. 2 Die Unterscheidung zwischen instrumentellen/ integrativen Motiven bei Gardner/ Lambert (1972) ist als Opposition längst nicht mehr gültig. Beide Motive spielen in der Motivationsforschung jedoch immerhin eine wichtige Rolle (vgl. Riemer 1997). FLuL 26 (1997) 90 Willis J. Edmondson Aspekte des Konstrukts „Motivation" im Fremdsprachenunterricht wird in dieser Arbeit bestätigt. Nach diesen vorläufigen Definitionen können wir nun informell die Hypothese aufstellen, daß Sprachlernbewußtheit eine Auswirkung auf die Motivation haben kann, da Lernmotive, Lerninteresse, Einsatz und verschiedene Einstellungen dadurch beeinflußt werden. Die Behauptung, daß Einsichten in die eigenen Lernerfolge und Mißerfolge einen Einfluß auf Motivationsfaktoren haben können, ist intuitiv eine plausible wenn nicht triviale - Arbeitshypothese. Trotzdem ist diese Frage zur Rolle der Bewußtheit beim Spracherwerb in der Literatur, soweit ich weiß, eher angedeutet als ausführlich behandelt worden (s. z.B. Crookes/ Schmidt 1991; Dörnyei 1990; Oxford/ Shearin 1994). Die Frage tangiert jedoch verschiedene in der Fachliteratur zum Fremdsprachenlernen diskutierte Themen, zum Beispiel: inwiefern „Sprachbewußtheit" in welchem Sinne auch immer positive Auswirkungen auf das Fremdsprachenlernen hat; inwiefern deklaratives Wissen Einstellungen und andere affektive Dimensionen des Lerners direkt beeinflussen kann; inwiefern durch ein gezieltes "consciousness-raising" über das Fremdsprachenlernen fremdsprachliche Lehrkräfte einen positiven Einfluß auf die Lernmotivation ihrer Adressaten haben können. Insbesondere die letzte Frage scheint erforschungsbedürftig zu sein. Dabei gehe ich davon aus, daß der Begriff „Sprachbewußtheit" mehr bedeutet als explizites sprachliches Wissen über strukturelle Eigenschaften der Zielsprache, etwa im Sinne von z.B. Schmidt (1990; 1994 [vgl. Wolff (1992: 196) und die Einleitung zu diesem Band]). Ich gehe ebenfalls davon aus, daß die Frage nach dem Ertrag einer „Language Awareness" für den Fremdsprachenerwerb die entscheidende Frage bei der gesamten Awareness-Diskussion ist. Für Leser der Zeitschrift Fremdsprachen Lehren und Lernen, die dem Thema „Awareness" eine Ausgabe gewidmet hat, dürfte dies selbstverständlich erscheinen. Um so überraschender ist es dann, daß die Forschungslage zu dieser Frage jedoch recht dürftig aussieht. Daß dies so ist, hängt u.a. mit der Entwicklung des Konzepts „Awareness" zusammen. So liegen zum Beispiel die Wurzeln der sog. "britischen Awareness-Schule" in der allgemeinen sprachdidaktischen Curriculumsdebatte, nicht in der Fremdsprachendidaktik (und schon gar nicht in der Erforschung des Fremdsprachenlernens). Dies wird durch zwei Tendenzen innerhalb der kurzen Geschichte von „Awareness" deutlich. Erstens sind didaktische Konzepte und Materialien entwickelt und eingesetzt worden, bevor theoretische bzw. empirische Begründungen und Berechtigungen vorgelegt worden sind. Zweitens stand die Frage nach dem Ertrag beim Fremdsprachenerwerb in der Berechtigungsdebatte nicht an erster Stelle. James/ Garrett (1991: 17-20) zeigen zum Beispiel allzu deutlich, daß Plädoyers und sogar Empfehlungen auf Regierungsebene für Awarenessprogramme verbreitet worden sind in der Annahme oder Hoffnung, daß hierdurch ein positiver Beitrag zum Fremdsprachen- FLuL 26 (1997) Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 91 lernen geleistet wird. Es ist ferner überraschend, aber bezeichnend, daß James/ Garrett die Frage der Relevanz von Awareness für den Fremdsprachenerwerb als letztes in ihrer Liste von fünf solcher „Domänen" angeben, innerhalb deren Awareness operiert. Die "performance domain" kommt bei J ames/ Garrett (1991: 17) unter 3.5 vor. Aber wie gesagt, aus der Perspektive der Sprachlehrforschung bzw. der Zweitsprachenerwerbsforschung oder der Fremdsprachendidaktik muß die Frage des Ertrags für den Fremdsprachenerwerb an erster Stelle stehen. Dies möchte ich an dieser Stelle unterstreichen. Nehmen wir zum Beispiel an, daß Sprachbewußtheit ein erziehungsrelevantes Lernziel darstellt. Dies ist in sich kein überzeugendes Argument für die Aufnahme von „Awareness"-Modulen bzw. -Inhalten in die Fremdsprachenvermittlung. Der Grund für diese Absage liegt u.a. darin, daß "Awareness" in sich einen Erziehungswert darstellt. Das heißt, es ist schwierig, Werte für die Variable X innerhalb der folgenden These zu finden: In der Allgemeinbildung ist ein Nichtbewußtsein bzw. eine Nicht-Bewußtheit bzgl. X anzustreben gegenüber einem Bewußtsein bzw. einer Bewußtheit darüber. Hieraus schließe ich, daß äußerst viele Bewußtheitswerte pädagogisch relevant sein können, ohne daß ein Bezug zum Fremdsprachenunterricht unbedingt gegeben ist. Ich stelle ferner fest, daß „Sprachbewußtheit" oft so weit konzipiert wird, daß ganz unterschiedliche Inhalte darunter verstanden werden können, wie aus der Diskussion in der Einleitung zu diesem Band ersichtlich ist. Ich stelle weiterhin fest, daß in der Vergangenheit nicht „Awareness", sondern ganz andere pädagogische Werte propagiert wurden, die schwerlich unter den Awareness-Hut zu bringen sind, jedoch zumindest teilweise irgendwie in Zusammenhang mit der Fremdsprachenvermittlung gebracht werden können (und manchmal gebracht worden sind), worüber eine Bewußtheit möglicherweise einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung liefert. Betrachten wir zum Beispiel die Systematik der Grammatik der Zielsprache, eine bestimmte oder mehrere bestimmte Grammatiktheorien (Chomskyscher oder Hallidayscher Prägung zum Beispiel), Kenntnisse über die fremdsprachliche Literatur, die institutionelle Struktur und die Geschichte der Zielkultur, Kolonialismus in der Zielkultur damals und heute, die Landeskunde, die Kulturkunde, die Philosophie, Kunst und Architektur des zielsprachlichen Landes, Aspekte der Volkskultur, Feminismus in der Vergangenheit und in der Zukunft, der Einfluß der Presse und anderer Medien, die Ausübung sozialer Macht durch Sprache usw. usf. Aus diesen Feststellungen schließe ich, daß der Fremdsprachenunterricht nicht beliebige Inhalte, Ansprüche und Zielsetzungen im Namen eines allgemeinen pädagogischen Desiderats zu befriedigen hat. Wenn jedoch gezeigt werden kann, daß eine direkte Verbindung besteht zwischen der pädagogischen Förderung eines bestimmten Konzepts - und hier geht es um Sprachbewußtheit - und den intrinsischen Zielen des Fremdsprachenunterrichts, dann brauchen wir keine zusätzlichen pädagogischen Argumente dafür, daß in der Fremdsprachenlehre eine bestimmte didaktische Richtung eingeschlagen wird. Genau diese Argumentationslinie habe FLuL 26 (] 997) 92 Willis J. Edmondson ich zu verfolgen versucht bzgl. der Rolle der fremdsprachlichen Literatur (eher "klassisch" als „trivial" ist gemeint) und des interkulturellen Lernens im Fremdsprachenunterricht (vgl. Edmondson 1991; 1993a; 1994). Von dieser Position aus möchte ich natürlich nicht verlangen, daß neue Konzepte in der Fremdsprachendidaktik erst dann eingesetzt werden sollen, wenn überzeugende empirische Beweise vorliegen, daß die Qualität der Fremdsprachenvermittlung sich dadurch verbessert. Dies ist unzulässig: erstens, weil die Sammlung relevanter empirischer Ergebnisse durch dieses Kriterium ausgeschlossen wäre, und zweitens, weil wir nach diesem Kriterium höchstwahrscheinlich gar keine didaktischen Entscheidungen treffen könnten. Das heißt, die Tatsache, daß keine klaren Forschungsergebnisse vorliegen, durch die gezeigt werden könnte, daß ein Sprachbewußtsein beim gesteuerten Fremdsprachenerwerb lernfördernd wirkt, ist in sich kein Grund, laufende Projekte innerhalb der Lehrerfortbildung und in der unterrichtlichen Praxis aufzugeben. Mein Punkt hier besagt nur, daß solche Projekte eine Berechtigung nur in der Qualität der Lehre und durch den Erfolg des Fremdsprachenlernens haben. Eine andere Begründung für die Empfehlung bzw. Verbreitung solcher Konzepte gibt es nicht. In diesem Aufsatz wird also versucht, den komplexen Auswirkungen verschiedener Formen von Einsichten über sich selbst als Fremdsprachenlerner und über das Fremdsprachenlernen allgemein (sprich: Sprachlernbewußtheit) auf den Sprachlernerfolg Rechnung zu tragen, auch wenn die hierdurch gewonnenen Hypothesen notwendigerweise einen tentativen Charakter haben müssen und auch wenn die hohen Ansprüche, die gerade in meiner Argumentation gestellt worden sind, sicherlich kaum erfüllt werden können. Im folgenden wird zunächst unter 1. im Rahmen einer kurzen Diskussion der allgemeinen forschungsmethodischen Frage innerhalb der „Awareness"-Forschung meine Datenquelle beschrieben und methodisch begründet. Unter 2. wird ein theoretisches Modell zum Entstehen von Sprachlernbewußtheit vorgelegt, als Rahmen für die im dritten Abschnitt und Hauptteil der Arbeit vorgelegten empirischen Belege, durch die verschiedene Formen von und Entstehensmuster für Sprachlerneinsichten dargelegt werden. Unter 4. werden diese Ergebnisse dann kurz diskutiert und zusammengefaßt. Abschließend werden unter 5. darauf basierende didaktische und forschungsstrategische Verallgemeinerungen entwickelt. 1. Die Daten: Bewußtheit und ihre Erforschung Die Daten, die ich in diesem Aufsatz behandeln möchte, stammen aus sog. Fremdsprachenlernautobiographien, die von Studierenden der Sprachlehrforschung im Rahmen ihres Studiums an der Universität Hamburg geschrieben worden sind. Diese Statements werden den Studenten innerhalb eines einführenden Seminars abverlangt. Die Studierenden werden gefragt, welche Ereignisse/ Faktoren/ Erlebnisse ihrer Entwicklung als Fremdsprachenlerner ihrer Erinnerung nach den eigenen FLuL 26 ( 1997) Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 93 Lernerfolg bzw. Mißerfolg entscheidend mitgesteuert haben. Die resultierenden Dokumente werden anonym verteilt und aus verschiedenen Perspektiven im Rahmen des Seminars diskutiert. Nach Einholen der Zustimmung der Autoren und entsprechender Bearbeitung werden die Dokumente dann in eine annotierte Datenbank eingelesen. Diese Datenbank ist die empirische Grundlage für die folgenden Überlegungen. Bei einer theoretischen Betrachtung der Validität bzw. Relevanz solcher Daten für die erwähnte Fragestellung muß zunächst nochmals auf den Bewußtheitsbegriff eingegangen werden. Es ist meines Erachtens kaum möglich, eine objektiv verifizierbare Differenzierung zu treffen zwischen Bewußtheit, Bewußtsein, Wissen, Einsicht und weiteren im Alltagsgebrauch verwendeten Begriffen. Meinen Sprachlernbewußtheitsbegriff habe ich bereits zumindest implizit eingeführt: Unter Sprachlernbewußtheit verstehe ich Kenntnisse über das Fremdsprachenlernen allgemein und/ oder über das eigene Fremdsprachenlernen, die u.a. aus Erfahrungen und Introspektion gewonnen werden, die nach Auffassung des Subjekts Einfluß auf das Fremdsprachenlernen hatten, haben oder haben können und bei Bedarf artikuliert werden können. Nach diesem Konzept gilt Wissen über das Fremdsprachenlernen nur dann als Sprachlernbewußtheit, wenn eine Relevanz für das Verhalten des Subjekts eintritt, d.h., Einsichten in sich selbst als Lerner können zur Sprachlernbewußtheit beitragen. Diese Charakterisierung soll auf keinen Fall ausschließen, daß Kenntnisse über den Zweitsprachenerwerbsprozeß allgemein, ebenso wie Kenntnisse über verschiedene Lernstrategien bzw. kommunikative Strategien allgemein, auch als Anteil einer Sprachlernbewußtheit wahrgenommen werden können. Nur wenn solches Wissen eine externe Quelle hat, indem man zum Beispiel im Fremdsprachenunterricht darüber berichtet, oder indem man z.B. bei Oxford (1990) darüber liest, ist der Selbstbezug entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob solche neu gewonnenen Kenntnisse als Teil der Sprachlernbewußtheit oder als Wissen über Sprachlernprozesse gelten. Entscheidend ist, ob bzw. inwiefern solche Kenntnisse mit den eigenen Lerngewohnheiten und Lernerfahrungen in Verbindung gesetzt werden können. Dies heißt u.a., daß die Sprachlernbewußtheit eines Lerners zu einem bestimmten Zeitpunkt dafür entscheidend ist, ob bzw. inwiefern Input über das Fremdsprachenlernen als Erweiterung der Sprachlernbewußtheit wirkt oder nicht und ob nach meiner einleitenden Hypothese solches Wissen einen Einfluß auf das Verhalten des Lerners hat bzw. haben wird. Die Validität meiner Daten möchte ich an dieser Stelle nicht ausführlich behandeln. Diese Frage ist intensiv unter der Rubrik „subjektive Theorien" diskutiert worden (vgl. z.B. Grotjahn 1991; Edmondson 1996a; Kallenbach 1996). 3 An dieser Stelle möchte ich nur betonen, daß selbstverständlich nicht davon ausgegangen werden kann, daß alles, was Studierende über sich selbst schreiben, eine objektive Der (von Inez De Florio-Hansen koordinierte) Themenschwerpunkt des Jahrgangs 27 (1998) von Fremdsprachen Lehren und Lernen heißt „Subjektive Theorien von Fremdsprachenlehrern". FLuL 26 (1997) 94 Willis J. Edmondson Validität haben muß im Gegenteil, wir wissen sehr wohl, daß Self-reporting selten objektiv ist; ein Grund, weshalb die Lektüre von Biographien von Persönlichkeiten, die während ihres Lebens ihre eigene Biographie geschrieben haben, so viel Interesse weckt. Andererseits kann in diesem Fall durchaus argumentiert werden, daß die Lernautobiographien, von denen ich Gebrauch mache, per definitionem eine bestimmte subjektive Validität haben müssen. Denn auch wenn Studenten bei der Aufgabenstellung sich selbst mehr oder weniger absichtlich entweder in einem positiveren oder negativeren Licht darstellen (C'est pas mafaute! Ayez pitie de moi! gegenüber Il faut epater le professeur) die Tatsache, daß dies gemacht wird und die Art und Weise, wie dies gemacht wird, kann auch eine Art Sprachlernbewußtheit widerspiegeln; die Annahme zum Beispiel, daß man mit sich selbst durchaus zufrieden sein kann, wenn man fast mit Stolz darüber berichtet, mit wie wenig Interesse man am schulischen Fremdsprachenunterricht beteiligt bzw. eben nicht beteiligt war. Es ist an dieser Stelle auch zu betonen, daß bei der Dateneinholung überhaupt keine inhaltliche Steuerung vorgenommen wurde. Auf Rückfragen wurde grundsätzlich mit „darüber können Sie selbst entscheiden" geantwortet. Das heißt unter anderem, daß der Begriff „Bewußtheit" überhaupt nicht erwähnt wurde. Dies ist vielleicht bei einem Thema wie Sprachbewußtheit besonders wichtig, weil eine direkte oder indirekte Befragung allzu leicht suggestiv wirken kann. Dies liegt unter anderem daran, daß eine negative Antwort auf die Frage „Sind Sie sich darüber bewußt, daß P? " logisch ausgeschlossen ist. 4 Es ist zu betonen, daß „subjektive Daten" auf jeden Fall ihren Platz in der Forschungslandschaft haben, und zwar innerhalb der Erforschung des Fremdsprachenerwerbs allgemein und konkret bei der Awareness-Forschung. Bei letzterer kann man m.E. drei allgemeine Forschungsstrategien ausmachen, die in konzentrierter Form die forschungsmethodische Geschichte der Erforschung des Fremdsprachenlernens zusammenfassen: 1.1 Argumente per Analogie Man kann deduktiv und "top-down" vorgehen, indem Theorien bzw. Forschungsergebnisse aus tangierenden Bereichen übernommen bzw. adaptiert werden. Da wir zur Rolle expliziter grammatischer Kenntisse beim Fremdsprachenerwerb einiges wissen und sehr viel spekulieren, kann man eine Art Generalisierung vornehmen und hierdurch eine theoretische Begründung für Bewußtheitsprogramme anstreben. 5 Die Übernahme einer Theorie für einen Bereich und deren Anwendung auf einen 4 Vgl. Mitchell/ Hooper (1991), denen dieses Problem sehr wohl bewußt ist, und Chryshochoos (1991), bei dem dies nicht zutrifft. 5 Vgl. z.B. den tentativen Versuch von Schmidt (1993), seine eigene Theorie zur Rolle der Grammatik auf Pragmatikkenntnisse auszudehnen. FLuL 26 (] 997) Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 95 anderen ist aber bekanntlich eine unzulässige Forschungsstrategie. Betrachten wir z.B. folgendes Argument: Es wird oft behauptet, daß ein wichtiger erster Schritt beim Gewinn von fremdsprachlichem Wissen darin besteht, eine Diskrepanz wahrzunehmen zwischen dem, was andere Sprecher produzieren, und dem, was man selbst produzieren kann einen Unterschied zwischen z.B. dem Gelernten und dem Gehörten (vgl. das "Notice the gap"-Prinzip von Schmidt/ Frota 1986 oder Newmark/ Reibel 1968). Eine (sicherlich übertriebene) Formulierung von James/ Garrett (1991: 19) ist: "We learn by becoming aware of what we do not know." Auf einer Makroebene wird nun argumentiert, daß die Wahrnehmung einer Diskrepanz zwischen dem, wie man die Fremdsprache hätte lernen können und was man selbst bisher getan hat, auch positive Auswirkungen auf das zukünftige Lernen haben kann. Diese Wahmehmung ist eine Voraussetzung für den Einsatz neuer Lernstrategien und/ oder eine erhöhte Investition von Zeit und Anstrengung beim Fremdsprachenlernen. Das Ergebnis dieser Argumentation mag plausibel klingen, die Logik ist jedoch natürlich schlicht falsch, da man nicht davon ausgehen kann, daß Bewußtheit eine identische Rolle spielt bzgl. dessen, was man lernt und wie man dies tut. 1.2 Psychometrische Studien In einigen sorgfältig strukturierten Studien hat Hecht (Hecht/ Hadden 1992; Hecht/ Green 1993) versucht, den Ertrag von „Awareness" psychometrisch zu überprüfen. Hecht/ Hadden (1992) haben die Verfügbarkeit expliziten (d.h. hier artikulierbaren) Wissens gegenüber implizitem Wissen bei der Identifizierung und Verbesserung von Fehlern untersucht. Die Tatsache, daß bei etwa 50 % der richtigen Verbesserungen die Schüler in der Lage waren, eine relevante sprachliche Regel als Begründung anzugeben, kann so schlagen die Autoren vor als Beweis dafür interpretiert werden, daß explizites grammatisches Wissen von Nutzen sein kann. Das Forschungsdesign läßt aber die Krashensche Kritik zu, daß dieses Regelwissen unter besonderen Bedingungen eingesetzt wurde, d.h., die Bedingungen "Zeit" und "Fokus auf Form" wurden durch das Forschungsdesign gegeben; inwiefern explizites Wissen unter anderen Bedingungen abgerufen werden kann, bleibt daher unklar. Es ist ferner nicht auszuschließen, daß die Abgabe expliziten Wissens eine Art Rationalisierung von implizitem Wissen ist und ferner, daß beide, wie Krashen annimmt, unabhängig voneinander wirken. Hecht/ Green (1993) haben ferner versucht, die Hypothese zu verifizieren, daß sprachliche Kompetenz und Sprachbewußtheit kovariieren. Das Forschungsdesign war nochmals psychometrisch. Die Autoren konnten jedoch keine signifikante Korrelation zwischen den Ergebnissen der eingesetzten Tests zur Operationalisierung beider Begriffe feststellen. Dies überrascht nicht, da der Versuch, zwei abstrakte Konzepte unabhängig von ihrem kontextuellen Entstehen und ihrer individuellen Ausprägung zu messen, kaum FLuL 26 ( 1997) 96 Willis J. Edmondson erfolgreich sein dürfte. Kurz gesagt, es ist zu vermuten, daß psychometrische Forschungsdesigns die Komplexität des Gegenstandes nicht adäquat berücksichtigen können. 1.3 Ethnographische Studien Eine dritte Forschungsstrategie wären ethnographische, "qualitative" Untersuchungen, die das Geschehen im Fremdsprachenunterricht zu erfassen und aus der Perspektive der verschiedenen Beteiligten zu interpretieren versuchen. Uns sind Projekte, die diese Strategie gezielt zur Frage des Ertrags von „Awareness" beim Fremdsprachenerwerb eingesetzt haben, nicht bekannt (s. aber Bahr [et al.] 1996; Tönshoff 1990). Hierbei wäre zu unterscheiden zwischen deskriptiven Projekten, die einen Status quo zu beschreiben und zu dokumentieren versuchen, und intervenierenden Projekten (sog. "action research"), in deren Rahmen neue „Awareness"- Inhalte bzw. Konzepte experimentell erprobt werden. Innerhalb ethnographischer Projekte ist es von zentraler Bedeutung, die Wahrnehmungen der Lernenden zu erfragen. Hierzu sind verschiedene gesteuerte bzw. halbgesteuerte Interviewtechniken und schriftliche Einholungsverfahren bekannt. Die Betrachtung subjektiver Sprachlernbiographien ist forschungsmethodisch innerhalb dieses dritten Ansatzes zu lozieren. 2. Ein Modell für das Entstehen von Sprachlernbewußtheit Die Entwicklung einer Sprachlernbewußtheit ist nicht weniger kompliziert als die Entwicklung anderer kognitiver Strukturen. Sprachlernbewußtheit entsteht aus unterschiedlichen Quellen und kommt auf unterschiedlichen Wegen zustande. Das heißt, wie, woher und in welcher Form Elemente einer Sprachlernbewußtheit sich in einem Individuum realisieren, sind Variablen, die verschiedene Ausprägungen haben können. Bei meinen Daten spielen frühere Lernerlebnisse und/ oder Erkenntnisse über von damals erinnerte, rekonstruierte oder vermutete Lerngewohnheiten, Einstellungen oder Motive eine entscheidende Rolle. In Modell 1 (S. 97) werden verschiedene, sich aus solchen Erkenntnissen ergebende Muster systematisiert. Hierdurch soll ein Rahmen zur Verfügung gestellt werden, innerhalb dessen verschiedene Daten differenziert erfaßt und interpretiert sowie gleichzeitig in einem Schema zusammengestellt werden sollen. Ich möchte jedoch betonen, daß es hier um den Inhalt schriftlicher Dokumente geht. Dies hat zwei Konsequenzen: Erstens, was nicht artikuliert wird bzw. was nicht artikuliert werden kann, ist in das Schema nicht eingebaut, und zweitens, bei dem Versuch, subjektive Daten zu systematisieren bzw. in ihrem Entstehen prozedural zu rekonstruieren, wird grundsätzlich die Frage der Validität der Daten zurückgestellt, auch wenn ich später auf die Validitätsfrage doch zurückkommen möchte. Kurz gesagt, daß verschiedene kognitive Vorgänge, die in Modell 1 nicht FLuL 26 (1997) Sprachlembewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 97 erwähnt werden, beim Entstehen von Sprachlernbewußtheit auch eine Rolle spielen, ist nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich. Mit anderen Worten: Eine kognitiv-psychologische Theorie wird in Modell 1 nicht angestrebt, auch wenn die Abbildung als eine Theorie der Entstehensstruktur Sprachlembewußtheit verstanden werden kann, und zwar in dem Maß, daß das Schema in der Tat alle relevanten Einsichten aus meinen Daten zusammenfaßt. A Input zum Thema Fremdsprachenlernen __________ B Sprachlernerfahrungen C [ + Interpretation/ Erklärung] D [- Interpretation/ Erklärung] E [ + hieraus gewonnene Einsicht damals] G Damalige Betrachtung gilt noch heute F [damalige Einsichten] H Jetzige Betrachtung ist eine andere I [+ neue Einsicht] J [neue Einsicht] Modell 1: Wege zur Sprachlernbewußtheit In Modell 1 wird der Begriff „Einsicht" verwendet, um Erkenntnisse zu kennzeichnen, die ein inhaltlicher Anteil einer Sprachlernbewußtheit sind. Einsichten sind daher als Wissensinhalte zu verstehen, die inhaltlich den Fremdsprachenlernprozeß thematisieren (entweder auf einer selbstbezogenen oder auf einer allgemeinen Ebene) und die für den individuellen Lerner eine bestimmte Gewichtung haben wofür ein Hauptbeweis per definitionem vorliegt, da dieses Wissen innerhalb einer Lernautobiographie thematisiert wurde. Es wird ferner angenommen, daß Einsichten, die auf der Grundlage von Lernerfahrungen zu einer Sprachlernbewußtheit beitragen, sich grundsätzlich in drei kognitiven Schritten entwickeln: Erlebnis, Interpretation und Einsichten. 6 6 Philosophisch betrachtet besagt dieses Modell in etwa, daß die Interaktion zwischen externer Realität und dem menschlichen Geist (the mind) zu gespeicherten Episoden, Schemata, Erinne- FLuL 26 (] 997) 98 Willis J. Edmondson Das heißt, verschiedene oder spezifische Lernerlebnisse (d.h. Sprachlernerfahrungen) müssen zuerst wahrgenommen werden. Ihre Interpretation, d.h. in etwa, eine Assimilation/ Akkommodation/ Integration solcher Erlebnisse in ein größeres erklärendes Schema, wobei solche Erlebnisse nicht nur im episodischen Gedächtnis gespeichert sind, ist dann die Voraussetzung für eine Verallgemeinerung und Gewichtung, wodurch eine „Einsicht" entsteht. Ein Merkmal, durch das sich die Schritte 2 und 3 unterscheiden, ist, daß die Erlebnisse aus der Vergangenheit ebenso wie die damit verbundene bzw. darauf basierende Interpretation entweder eher als punktuell oder als allgemein gültig dargestellt werden. Diese drei Schritte können durch folgende konstruierte Äußerungen exemplifiziert werden: Erlebnis: "Französisch machte mir gar keinen Spaß, und meine Noten lagen zwischen 3 und 5." Interpretation: "Dies lag vor allem daran, daß ich eine höchst inkompetente und mir unsympathische Lehrerin in der sechsten Klasse hatte." Einsicht: "Für mich ist eine gute interpersonelle Beziehung zur Lehrkraft der entscheidende Faktor beim Fremdsprachenlernen." Zugegeben, eine strikte Zuordnung zwischen schriftlicher Äußerung und kognitivem Schritt innerhalb dieses Musters ist nicht immer nachvollziehbar. Das heißt z. B., daß besonders die Grenzen zwischen „Interpretation" und „Einsicht" fließend sind. Das Modell basiert auf weiteren Differenzierungen. So wird postuliert, daß Sprachlerneinsichten aus eigener Lernerfahrung (bzw. Lernerfahrungen, bei denen man selbst ein beobachtender Teilnehmer war) oder aus „Input" resultieren, d.h. mehr oder weniger direkten Hinweisen/ Empfehlungen zum Thema Fremdsprachenlernen, die zum Beispiel von Mitlernern, Lehrkräften, eigener Lektüre, Eltern usw. als Intake wahrgenommen werden. Da sich diese beiden Hauptquellen in der Praxis nicht gegenseitig ausschließen, sind sie mit einem unterbrochenen Pfeil in Modell 1 miteinander verbunden. Es wird ferner unterschieden zwischen in der Vergangenheit gewonnenen Einsichten, die noch gelten, und solchen, die zwar noch in Erinnerung sind, die aber durch eine neuere Betrachtung ersetzt worden sind. Es ist natürlich logisch und erfahrungsgemäß nicht zwingend, daß neue Betrachtungen und Interpretationen früher gewonnene Einsichten ersetzen sie können sich zum Beispiel ergänzen; nur kommen solche Fälle in den vorhandenen Daten nicht vor, und sie werden daher in Modell 1 nicht berücksichtigt. Von der Systematik her ist weiter die Tatsache zu begründen, daß „Input" automatisch zu Einsichten führt, d.h., von A ist eine Verbindung zu E die einzige Möglichkeit. Dabei ist zu bedenken, daß es hier um „Intake" und nicht nur um „Input" geht, und zwar aus dem einfachen Grund, daß nicht wahrgenommener Input innerhalb einer Sprachlernbiographie nicht erwähnt wird. Ferner ist die Polarität der Einsicht im Vergleich zum Input offen. Das heißt, für den Fall, daß ich in Erinnerung habe, daß ein Lehrer irgend etwas zum Fremdsprachenlernen behauptet hat, ich aber der Meinung war bzw. bin, daß dies überhaupt nicht zutrifft, wird nach diesem Schema die Einsicht [nicht-P] aus dem Input [P] gewonnen bzw. bestätigt. Somit scheint eine Verbindung zu E eine Konsequenz daraus zu sein, daß Input zum Thema Fremdsprachenlernen innerhalb einer Lernbiographie thematisiert wird. Modell 1 läßt verschiedene Muster gelten (zwölf insgesamt), wovon einige durch meine Daten nicht exemplifiziert werden, jedoch prinzipiell zulässig sein müßten. Ferner sind einige dieser Möglichkeiten natürlich ziemlich uninteressant bzgl. der Sprachlernbewußtheit, weil gar keine Einsicht entsteht (z.B. die Abfolgen BCFG, BDFG)! Bei der Operationalisierung können wir im rungen, Einstellungen usw. führt. Subjektive Theorien ergeben sich dann aus der Interaktion zwischen solchen Wissensstrukturen/ kognitiven Repräsentationen und dem Bewußtsein (the conscious mind). FLuL 26 (1997) Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 99 voraus damit rechnen, daß eine Unterscheidung zwischen zum Beispiel BCEG und BCFHI nur dann möglich sein wird, wenn das Subjekt seine Einsicht explizit zeitlich markiert "Erst später ist mir eingefallen, daß ..." gegenüber „Ich bin der Meinung, daß ..."). Im Rahmen des in Modell 1 aufgestellten Schemas werden nun unter 3 einige Aspekte einer Sprachlernbewußtheit empirisch dargelegt. Dabei werden einige der im Modell enthaltenen Muster exemplifiziert. 3. "Aus der Vergangenheit lernen": einige Beispiele Bei der Betrachtung der äußerst interessanten Dokumente, die meine Studenten und Studentinnen mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben, kommt man sehr schnell. auf eine Spannung zwischen dem Wunsch, den individuellen Fall in seiner ganzen Reichweite und Komplexität ausführlich darzustellen, und dem Wunsch, Generalisierungen anzustreben. Zum letztgenannten Zweck werden Ausschnitte aus mehreren Dokumenten zusammengesetzt. Ich habe im folgenden hauptsächlich das zweite Ziel verfolgt und erwähne daher vier inhaltliche/ strukturelle Aspekte, die aus mehreren Belegen exemplifiziert werden können. Die Reihenfolge der folgenden vier Abschnitte ist ohne Bedeutung. 3.1 Relevanz der Zielsprache Zuerst ein sehr einfaches Beispiel, wie Einsichten aus den eigenen Lernerfahrungen gewonnen werden können, die dann eine wichtige Rolle bei der zukünftigen Einstellung, Motivation und dem Lernerfolg spielen. 7 Ein Auslandsaufenthalt bringt Einsicht in die Sprache und gleichzeitig eine Begeisterung für das Sprachenlernen, die angeblich seit diesem Erlebnis noch anhält: Al: Erst mit einem neunmonatigen Aufenthalt in englischsprachigen Ländern (USA, Australien, Neuseeland, Singapur) gelang es mir, Sprach- und Sprechbarrieren abzubauen. Im täglichen Umgang mit Englisch als Kommunikationsmittel mit Einheimischen und Reisenden begann ich, Briefe und Tagebuch auf englisch zu schreiben und gelegentlich sogar auf englisch zu träumen. Von dem Zeitpunkt an sah ich Sprache nicht mehr als Hindernis zwischen verschiedenen Kulturen, sondern als Chance und Bereicherung. Die Befähigung, mit fast allen Personen kommunizieren zu können, begeisterte mich. Mein Interesse für Sprache war geweckt und bestimmt bis heute meinen (akademischen) Werdegang ... (W94S7Unit 3). 7 Ausschnitte aus meinen Daten werden mit Al, A2 usw. durchnumeriert. Die in Klammem gesetzten Angaben am Ende eines Exzerpts dienen nur zur datenbankintemen Identifikation (Semester [W/ S], Jahrgang, Subjekt und bei Bedarf Einheit). Interpolationen von mir sind in eckige Klammern gesetzt. FLuL 26 (1997) 100 Willis J. Edmondson Bei diesem Beispiel ist zu vermuten, daß die Einsicht, die positive Einstellung und der Fortschritt beim Sprachenlernen sich gegenseitig bedingen eine zeitliche Abfolge ist nicht feststellbar. Die Einsicht hatte aber sicherlich einen positiven Mitwirkungseffekt beim Lernerfolg und bei der Lernbegeisterung in den verschiedenen englischsprachigen Ländern und noch wichtiger auch langfristig. In A2 wird über eine ähnliche Einsicht berichtet, nämlich über die Einsicht, daß die Fremdsprache mehr als ein Schulfach ist und in der Tat zum Kommunizieren verwendet werden kann. Diese Einsicht gewinnt das Subjekt ebenfalls im Ausland, und es ist anzunehmen, daß die Einsicht und die wachsende Sicherheit bei der Benutzung des Englischen zusammen eine Auswirkung auf das weitere Fremdsprachenlernprofil des Subjekts hatten. A2: Zusammenfassend muß ich feststellen, daß mir der Englischunterricht in den ersten drei Jahren wenig Spaß machte. [...] So kam es, daß mir die englische Sprache zuweilen nicht wie eine Sprache, sondern mehr wie ein abstraktes System vorkam, das man sich „einhämmern" mußte. Zwischen dem 13. und 17. Lebensjahr war ich jedes Jahr einmal in England. [...] Diese Auslandaufenthalte machten aus mir zwar keinen „native speaker", jedoch spürte ich im Laufe der Zeit eine größere Sicherheit in der Benutzung der Sprache. Es klingt vielleicht sonderbar, aber durch diese Auslandaufenthalte wurde mir auch klar, daß Englisch eine lebendige Sprache ist und daß das Lernen dieser Sprache der Kommunikation dient und nicht um seiner selbst willen geschieht. (W96S16Unit 2/ 3) Daß solche Einsichten bzgl. der Funktionsfähigkeit und der Relevanz der Zielsprache entscheidende Momente für das weitere Fremdsprachenlernen sein können, habe ich in Edmondson (1996a/ 1996b) dokumentiert. Dort wird auch gezeigt, daß diese Einsicht auch ohne einen Auslandsaufenthalt gewonnen werden kann. 3.2 Einschätzung der eigenen Sprachleistung Ich möchte Kenntnisse bzgl. der eigenen Lernleistung als potentielle Quelle einer Sprachlernbewußtheit verstehen. Bekanntlich kann Feedback einen Einfluß auf das Lernen und auf die Motivation ausüben (s. z.B. Edmondson 1993b). Es überrascht daher nicht, daß Selbstevaluationen auch unterschiedliche Konsequenzen innerhalb des Motivations-/ Einstellungs-Komplexes haben können. Eine Diskrepanz zwischen bisherigen und neuen Evaluationen kann entweder positiv "Nun ja, ich bin also besser, als ich dachte! ") oder (leider der häufigere Fall) negativ ausfallen, d.h. man merkt, bzw. es wird einem gezeigt oder mitgeteilt, daß man weniger kompetent ist, als man dachte. Die Polarität der Diskrepanz stimmt häufig mit der Polarität der Motivationseffekte überein: Erfolgserlebnisse wirken positiv, Mißerfolge eher negativ. Dies trifft jedoch nicht immer zu: Die Erkenntnis, daß man doch nicht so gut ist, wie man gedacht hat, kann durchaus zu intensiveren Anstrengungen führen; die Erkenntnis, daß man in der Zielsprache ziemlich kompetent ist, kann zur Frage führen, weshalb man in der Schule dann weiterlernen sollte. · Erkenntnisse über die eigenen Leistungen können (nochmals) durch einen Auslandsaufenthalt (A3, A4) oder durch eine neue Lehrkraft (AS) gewonnen werden: FLuL 26 (1997) Sprachlembewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 101 A3: [...] Bei der Korrektur eigens angefertigter Texte wurde in erster Linie auf das Einhalten von Grammatikregeln Wert gelegt, ebenso bei mündlichen Beiträgen. Als Folge entstanden Kommunikationshemmnisse, die mir erst im Kontakt mit Muttersprachlern bewußt wurden. Der Redefluß litt unter ständig vorherrschender Unsicherheit über grammatikalische (Un-)Korrektheit meiner Ausdrucksweise; mein Wortschatz war in Relation zur aufgebrachten Lernzeit gering. (W94S7Unit 2) A4: [...] Gleichzeitig ist mir aber auch bewußt geworden, daß es mir, trotz sechs Jahren Englischunterricht in der Schule und guten erzielten Leistungen, in gewisser Weise schwergefallen ist, mich in Englisch zu unterhalten und Gespräche zu führen, die nicht nur "oberflächlich" sind. [...] (W94S 16Unit5) AS: Durch meine eigene Faulheit und den unorganisierten und unstrukturierten Unterricht fehlten mir wesentliche grammatische Grundkenntnisse. Nach einem Lehrerwechsel wurde mir dies allzu schnell bewußt. [...] (W94Sub18) Daß solche negativen Selbsteinschätzungen unterschiedliche Konsequenzen haben können, wird explizit in A6 gesagt: A6: Daß ich dabei gleichzeitig auch merkte, wie viel ich noch nicht kann, und wie viel ich noch lernen muß, war für mich eher ein Ansporn zum Weitermachen, kann aber sicher auch das Gegenteil bewirken: Frustration und Demotivierung. [...] (S94Sub3) Eine interessante Bestätigung der Möglichkeit unterschiedlicher Reaktionen auf die Erkenntnis, daß man nur begrenzte fremdsprachliche Kenntnisse besitzt, bietet die Lernbiographie, aus der A5 entnommen wurde. Eine Fortsetzung ist in A7 zu lesen. Dieser Student lobt seinen Lehrer für seinen motivierenden Einsatz, auch wenn dies bei ihm selbst offensichtlich nichts bewirkt hat er wählt Französisch ab. Derselbe Student hat übrigens in seiner späteren Laufbahn als Fremdsprachenlerner mit zwei weiteren Fremdsprachen angefangen und damit relativ schnell wieder aufgehört. A7: [...] Nach einem Lehrerwechsel wurde mir dies allzu schnell bewußt. Der neue Lehrer war sehr gut, er verstand es zu erklären, die Schüler durch Urlaubsphotos und andere Medien über Frankreich zu motivieren. Trotzdem fehlte mir der Bezug zur Sprache, und meine anfängliche Abneigung bestärkte sich durch meine plötzlich schlechteren Noten. Ich wählte Französisch, sobald ich dies konnte, ab. (W94Sub18) Andere Lerner haben es offensichtlich leichter, was die direkte Umsetzung von Wissen in effektives Handeln betrifft (vgl. A8), sie sind auch selbst in der Lage zu merken, daß bestimmte Kenntnisse fehlen, die man dann durch den Einsatz gezielter Lernstrategien zu überwinden versucht (A9). AS: Da ich wußte, daß der Grad des Fortschritts von meinem Einsatz abhing, war ich auch motiviert, zu lernen und an mir zu arbeiten. (W93Sub34Unit 9) A9: Ich hatte aber immer noch Schwierigkeiten mit dem schriftlichen Verfassen von Texten, außerdem merkte ich, daß mein Vokabular sich nicht ständig verbesserte, so daß ich versuchte, mehr zu lesen und mir bewußt Vokabeln einzuprägen. (W93Sub28) Daß Erfolgserlebnisse eine positive Auswirkung haben können, ist schon in Al und A2 dokumentiert und diskutiert worden. Eine „Bestätigung" durch das Erreichen eines bestimmten Niveaus kommt in AIO zum Ausdruck: FLuL 26 (1997) 102 Willis J. Edmondson AlO: Ab Ende der zehnten Klasse etwa hat bei mir die Motivation beim Sprachenlernen etwas nachgelassen. Das lag daran, daß ich nun der Ansicht war, mich mehr oder weniger gut im Ausland verständigen zu können. Außerdem war das Erlernen der grammatischen Strukturen und des Grundwortschatzes weitgehend abgeschlossen jedenfalls im Englischen. Das heißt, ich hatte das Gefühl, ich würde nicht mehr viel Neues lernen. (S94Sub 6) 3.3 Positive Interpretationen früher eher negativ empfundener Erlebnisse Ein weiteres Muster baut darauf, daß bestimmte Lernerfahrungen mit negativen Erinnerungen und Einstellungen im Gedächtnis geblieben sind, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt als positiv empfunden werden. Erfolgserlebnisse, die möglicherweise auf frühereren, eher negativen Lernerfahrungen zurückzuführen sind, spielen bei dieser Re-Interpretation oft eine Rolle. Die neu gewonnene positive Einstellung hat dann möglicherweise Auswirkungen auf das zukünftige Fremdsprachenlernen. Der Fall Latein ist hier von Interesse. Eher negative oder resignierte Auffassungen von Latein als Unterrichtsfach werden durch die Einsicht ergänzt, daß die Sprache doch nützlich sei; meistens (All) wird jedoch dieser neue Gesichtspunkt erst nach Abschluß des Lateinstudiums vertreten, aber nicht immer (Al2). All: Was meine schulischen Lernerfahrungen angeht, so möchte ich festhalten, daß ich es trotz allem Schweiß und aller Qual für gut halte, zunächst Latein gelernt zu haben. Es hat mir das Erlernen aller folgenden und weniger komplizierten Sprachen sehr erleichtert. (S95Sub3) A12: [...] Hinzu kommt noch, daß ich eigentlich keinen Sinn darin sah, eine tote Sprache zu erlernen, bis mir auffiel, daß man durch Latein auch einiges für die deutsche Grammatik lernen und sich viele Fremdwörter besser erschließen kann. Diese „Einsicht" hat mich dazu gebracht, ein wenig motivierter an die Sache heranzugehen. (S95S7) Retrospektive Feststellungen wie in All sind natürlich schwer überprüfbar, u.a. deshalb, weil viele Menschen dazu neigen, ihre eigenen formativen Erlebnisse eher positiv zu bewerten, da sie sonst das Ergebnis dieser Erlebnisse (nämlich sich selbst) auch nicht mehr positiv einschätzen würden, d.h., eine defensive psychologische Strategie der Art „Mir hat es nicht geschadet" operiert. Ein anderes Subjekt zum Beispiel (s. Al3) versucht, ganz „objektiv" zu sein, was einen Gewinn aus dem Lateinlernen betrifft: A13: Ich kann nicht sagen, ob mir das Latein beim Erlernen des Englischen half, da ich keine Vergleichsmöglichkeit hatte. Auf jeden Fall fiel mir das Mündliche immer schwerer als das Schriftliche, was aber eher an meiner allgemeinen Introvertiertheit lag. (W96Sll) Eine Übertragung des Falls Latein auf das Erlernen einer modernen Fremdsprache ist natürlich unzulässig, u.a. deshalb, weil im Fall Latein „Schweiß und Qual" nicht deshalb akzeptiert werden, weil sie einen besonderen Beitrag zum Spracherwerb mit sich gebracht haben, sondern weil der Ertrag (die Tatsache, daß man dadurch bzw. trotzdem gelernt hat) als sinnvoll empfunden wird. FLuL 26 (1997) Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 103 Trotz dieses inhaltlichen Unterschieds zwischen dem Fall Latein und dem Erlernen moderner Fremdsprachen kommt eine parallele Struktur vor, die punktuell nicht akzeptierte Belastungen durch die Fremdsprachenvermittlung dann später doch als sinnvoll empfinden läßt. So wird zum Beispiel der Zwang, im Ausland die Landessprache zu benutzen, mehrmals als erschreckend, aber letztendlich als nützlich angesehen (Al4). Aus den Daten selbst erhält man (nochmals) eine gute und passende Beschreibung des psychologischen Musters, das auf mehrere konkrete Fälle gut paßt (AIS): A14: Ich kam Ende August in Denver an. Ich war vom ersten Moment an gezwungen, Englisch zu sprechen. Das war ein sehr merkwürdiges Gefühl. Ich wollte immer mehr sagen, als ich tatsächlich herausbekam. Die ersten zwei Monate waren sehr hart. aber ich habe jeden Tag unbewußt neue Vokabeln gelernt und etwas mehr gesprochen. (W94Sub 31Unit 6) AIS: [...] Für mich bedeutete wie für viele andere bestimmt auch das Telefon geradezu eine Horrorvision. Es kostete mich zu Anfang eine extrem große Überwindung, überhaupt abzunehmen, wenn ich nicht gerade wußte, daß es für mich selbst war. Das Problem war, daß ich mich in dem Moment, in dem ich eine solche Konversation entgegennahm, mich so sehr darauf konzentrierte, jedes einzelne Wort in sich zu verstehen, daß ich den Zusammenhang nicht begriff, geschweige denn, fähig zu einer einigermaßen intelligenten Antwort gewesen wäre. Ich habe später gemerkt, daß gerade diese Situationen, die einem eine ungeheure Anstrengung kosten, sehr wichtig für das sprachliche Selbstbewußtsein sind; das heißt, allerdings erst dann, nachdem man mehrere Erfolgserlebnisse gehabt hat. (W93S 12 Unit7) Das heißt, innerhalb dieses Musters spielen externer Zwang, Erfolgserlebnisse, wachsende Motivation und retrospektive Einsichten alle eine Rolle. Was den ersten Faktor hier informell als „externer Zwang" bezeichnet betrifft, so wird die Akzeptanz eines bestimmten Stresses und einer Unruhe beim Zwang zur Verwendung der Fremdsprache außerhalb des Unterrichts mehrmals mit nur negativen Einschätzungen des aktiven Sprachgebrauchs im Unterricht kontrastiert (vgl. A16): A16: Von mir persönlich ausgegangen, muß ich sagen, daß ich in den Kontexten am meisten gelernt habe, in denen ich nicht auf Lernen vorprogrammiert war, sprich in den Ferien, bei zwanglosen Unterhaltungen. Selbst komplizierte grammatische Konstruktionen sind bei mir abgespeichert worden, ohne daß ich mir dessen anfangs bewußt war. Ansonsten habe ich, wie bereits erwähnt, hauptsächlich Erfahrungen im Fremdprachenunterricht in der Schule gesammelt. Da ich ein schüchternes Kind war, hatte ich eher Probleme mit der Spracherlernung im „freien Gespräch". Wenn eine Frage in den Raum gestellt wurde, war ich meist schon so gehemmt. [...] (W94Sub 9 Unit 7) Der Inhalt von A16 dürfte m.E. auf jeden Fall als Anteil einer Sprachlernbewußtheit gelten, auch wenn eine Erklärung bzw. eine auf diesem Bericht basierende explizite Einsicht nicht zum Ausdruck gebracht wird. Interessant ist vor allem der Kontrast zwischen „zwanglosen Unterhaltungen" und „freien Gesprächen" sowie die Tatsache, daß das Subjekt den zweiten Ausdruck in Gänsefüßchen setzt, wobei es davon ausgeht so könnte man argumentieren -, daß der Leser genau verstehen FLuL 26 (] 997) 104 Willis J. Edmondson wird, was damit gemeint ist, und auch verstehen wird, weshalb kein Widerspruch zwischen den ganz unterschiedlichen Wahmehmungen von Gesprächsmöglichkeiten in den beiden Kontexten besteht. "Der Zwang zur Freiheit" ist offensichtlich für dieses Subjekt kein Widerspruch. In Al 7 wird eine ähnliche Feststellung gemacht: Vor Rollenspielen im Unterricht hatte diese Studentin Angst, während in Iowa das Sprechen Spaß gemacht hat. A17: Hauptproblem war also das mangelnde Selbstvertrauen, das sich auch dadurch äußerte, daß ich sehr starke Angst hatte, vor der doch recht großen Klasse an Rollenspielen (z.B. "den Polizisten nach dem Weg fragen") teilzunehmen. Als ich nach der zehnten Klasse ein Jahr an einer amerikanischen Highschool in Iowa verbrachte, hatte ich ein Sprachlernerlebnis ganz anderer Art: das Lernen ohne bewußte Anstrengung, das Phänomen des „Hineinwachsens" in eine fremde Sprache, in der man sich immer sicherer bewegt. Vor allem aber machte das Sprechen Spaß, da man den praktisch automatischen Fortschritt erlebte und plötzlich mit Menschen in einer Art kommunizieren konnte, wie es nach x Jahren Schulenglisch nicht möglich wäre [...] Ich denke, daß dieser Erfolg die Voraussetzung schaffte, alles um sich herum an Sprachinformation begierig „aufzusaugen." [...] [Zurück in die Schule] [...] Eigenständige Formulierungen und kreatives Sprechen in der Fremdsprache, was zu Kompetenz-Erfolgserlebnissen und dadurch wiederum zu stärkerer Motivation hätte führen können, fehlten entweder völlig oder waren auf die wenigen „Cracks" in der Klasse beschränkt. (S9411) Die Autorin von Al 7 hat aus dem Kontrast zwischen ihren ersten Erfahrungen im Unterricht und im Ausland offensichtlich eine Sprachlerntheorie entwickelt; sie nimmt an, daß der Fremdsprachenunterricht nur dann Erfolgserlebnisse bieten kann, wenn, mehr oder weniger genau wie im Ausland, freie Kommunikation gefördert wird. Diese Theorie scheint konsistent zu sein mit der soeben gemachten Feststellung, daß diese reinterpretativen Muster ausschließlich von negativen Erlebnissen außerhalb des Unterrichts handeln. Anders ausgedrückt, negative Lernerlebnisse im Fremdsprachenunterricht (worüber nicht selten berichtet wird) werden zu einem späteren Zeitpunkt nicht aJs positive Lernerlebnisse reinterpretiert d.h., hierüber wird nicht berichtet. Die affektive Dimension spielt innerhalb dieses Musters selbstverständlich eine entscheidende Rolle vgl. den Hinweis auf „sprachliches Selbstbewußtsein" in AIS, auf „Schüchternheit" in A16, auf „mangelndes Selbstvertrauen" in Al 7. Es dürfte auf jeden FaJl zutreffen, daß negative Erlebnisse im Fremdsprachenunterricht, die eine affektive Komponente tragen, kaum objektiv neu interpretiert werden können, bis die sich daraus ergebenden negativen Affekte im Sinne von z.B. Dörnyei 1990 überwunden worden sind. So berichtet zum Beispiel ein Student über eine Lehrerin, die seine Aussprache vor der Klasse ironisierend parodiert hat. Die Konsequenz wird in A 18 kurz erwähnt: A18: Jedenfalls ist mir heute (vielleicht auf diese Erlebnisse zurückgehend) jede Form von mündlichen produktiven Sprachübungen verhaßt, obwohl mir wohl bewußt ist, daß rein rezeptives Lernen auf Dauer nicht so erfolgreich sein kann und ich auch zugeben muß, daß FLuL 26 (1997) Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 105 es mich immer wieder frustriert, wenn ich mich, sei es im Unterricht oder auch in alltäglichen Lebenssituationen, im Vergleich zu anderen Fremdsprachenlernern nur schlecht und sehr gehemmt artikulieren kann. (W94Sub22) In diesem Fall liegt eine Diskrepanz zwischen Überzeugung und Verhalten vor, d.h., der Student ist nicht in der Lage, seine Kenntnisse über effektive Sprachlernstrategien umzusetzen. Die bisherige Diskussion in dieser Sektion ist konsistent mit der Behauptung, daß der motivationelle Aspekt per definitionem eine andere Ausprägung nimmt, wenn die Fremdsprache für einen außerunterrichtlichen Zweck gelernt/ studiert wird. Diese Einsicht ist durchaus kompatibel mit den anfänglich erwähnten Hinweisen bzgl. Al und A2 d.h. mit der Einsicht, daß die Fremdsprache doch außerhalb des Unterrichts eine Funktion hat. Eine interessante Formulierung ist in A19 zu lesen: A19: Das Schreiben der Lernbiographie gibt mir hier und jetzt die Möglichkeit, Einblicke in meine bisherige Lernerfahrung wieder wachzurufen. [...] Erst als ich nach dem Abitur nach London ging, um dort einige Monate als Au-Pair zu verbringen, wurde mir sehr schnell bewußt, daß sich das Englisch, welches wir in der Schule gelernt haben, um einiges von dem unterschied, was in England tatsächlich gesprochen wurde. [...] [Später] [...] Ich merkte bald, daß mir mein Aufenthalt in London viel gebracht hatte. [...] Während der Zeit auf der Fremdsprachenschule ist mir bewußt geworden, daß das Lernen viel effektiver ist, wenn es aus dem Bewußtsein entsteht, es für sich selbst zu tun. In der Schule geht dieses verloren. (S94 Sub 28) Die kritische Äußerung hier"[...] das Lernen ist viel effektiver, wenn es aus dem Bewußtsein entsteht, es für sich selbst zu tun[ ... ]") läßt sicherlich mehrere Interpretationen zu. Aus dem Kontext heraus und im Rahmen dieser Diskussion ist m.E. darunter ganz einfach zu verstehen, daß Lerner besser lernen, wenn die Motive von den Lernern selbst bewußt ausgehen. 3.4 Lernstrategien Einsichten bzgl. der eigenen bevorzugten bzw. besonders erfolgreichen Sprachlernstrategien können verschiedene Quellen haben. Der Fall, in dem ein expliziter Hinweis von einer Lehrkraft einen erfolgreichen Einfluß auf die Lernmotivation und auf den Lernerfolg ausgeübt hat, kommt in meinen Daten nur einmal vor (A20). Häufiger werden Einsichten als Ergebnisse von Selbstbeobachtungen dargestellt (A21). Dies trifft besonders bei autonomem Sprachlernen zu (A22). Dies ist einleuchtend, da man sich beim selbstdirigierten Lernen möglicherweise viel bewußter darüber ist, was man tut und weshalb man dies tut. A20: Dieser [der Sprachlehrer] gab mir dann, wie sich später herausstellte, den Tip des Jahrhunderts: Schmeißen Sie Ihre Grammatikbücher in die Ecke, kaufen Sie sich ein englisches Buch Ihrer Wahl - Krimi, Schnulze, Vogelkunde - und lesen Sie sich täglich mit lauter Stimme aus diesem Buch vor. Sie werden sehen, daß sich die Sprache, selbst wenn Sie von den Vokabeln am Anfang wenig verstehen, von selbst einschleift. Gesagt, getan: Nach einem halben Jahr und zwei Agatha-Christie-Büchern schrieb ich in einem FLuL 26 (1997) 106 Willis J. Edmondson Aufsatz meine erste Drei [die Noten lagen bisher bei 5] und konnte mich auch mündlich ohne aufsteigende Schamesröte äußern. (W94S 1) A21: Desweiteren habe ich im Laufe der Zeit festgestellt, daß die Grammatik beim Fremdsprachenlernen für mich sehr wichtig ist. Ich habe einige Personen kennengelernt, die aufgrund äußerer Umstände (z.B. Asylbewerber) keine Möglichkeit hatten, Fremdbzw. Zweitsprachenunterricht zu erhalten, aber trotzdem die Zweitsprache sehr gut beherrschen und teilweise auch die grammatischen Regeln unbewußt miterworben haben. Solche Biographien finde ich sehr bewundernswert. Sicherlich würde mir das unter den gleichen Umständen auch gelingen. Aber ich weiß, daß ich immer auf der Suche nach irgendwelchen grammatischen Regeln wäre. (W95S5) A22: Ich vervollständigte also mein Lernmaterial, indem ich Lehrbücher sowie dazugehörige Arbeitsbücher und grammatische Beihefte kaufte und begann, autodidaktisch zu lernen. Hierbei stellte ich fest, daß insbesondere kontrastive Grammatiken hilfreich für mich waren. (W96Sl) 4. Diskussion Es sei nochmals betont, daß die aufgeführten Beispiele durch zwei subjektive Filter ihren Weg in diese Zeitschrift gefunden haben. Zuerst haben die Autoren der Lernbiographien einen subjektiven Filter eingesetzt, zweitens hat der Autor dieses Aufsatzes seinen eigenen Filter darauf gesetzt, indem die Selektion und die Gruppierung der unter 3. gegebenen Exzerpte eine subjektive ist. Damit möchte ich auf keinen Fall die Validität dieser Daten (und dieser Arbeit) grundsätzlich in Frage stellen, aber betonen, daß wir es hier eher mit einem hypothesengewinnenden als mit einem hypothesenüberprüfenden Ansatz zu tun haben. Aus der Diskussion über einzelne Datenausschnitte in 3. ist klar geworden, daß Hypothesen zur Frage des Verhältnisses zwischen Sprachlernbewußtheit und Fremdsprachenerwerb eher interpretativ und nicht deduktiv aus den Daten zu gewinnen sind. So sind Fragen der zeitlichen Abfolge und/ oder kausalen Zusammenhänge aus den Daten häufig nicht objektiv feststellbar. Die folgende Diskussion soll aber einige allgemeine Befunde wiedergeben. Modell 1 (S. 97) scheint in großen Zügen die Daten zu resümieren. Daß unter 3. keine Belege für ein bestimmtes Muster vorgelegt werden, das nach Modell 1 zulässig wäre, kann das Modell selbstverständlich nicht invalidieren. Wie oben erwähnt, ist Modell 1 nicht als implizites psychologisches Modell bzw. Theorie zu betrachten: Deskriptiv mag das Modell zutreffen, erklärend nicht. Die Kategorien Zeit, Input/ Erlebnisse, Interpretation und Einsicht sind zwar wichtig, reichen jedoch nicht aus, wenn man das Entstehen von Elementen einer Sprachlernbewußtheit näher betrachten und besser verstehen will. So spielen Einstellungen, Lernmotive und die allgemeine Lernermotivation eine wichtige Rolle. Eine zeitliche Abfolge der Art „Einsicht ➔ motivationelle Auswirkung ➔ zukünftiger Lernerfolg" kommt sicherlich vor, ist aber nur eine mögliche Konfiguration bei der Zusammenwirkung mehrerer Faktoren. FLuL 26 ( 1997) Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 107 Ebenso vorhersehbar und empirisch bestätigt sind die Effekte positiver Lernerfolge beim Fremdsprachenlernen und bei der Verwendung der Zielsprache außerhalb des Unterrichts; das gleiche gilt für negative affektive Erfahrungen mit der Fremdsprache, die allzuhäufig im Unterricht vorkommen. Ob bzw. wann positive Lernerlebnisse (auch im Fremdsprachenunterricht) trotz früherer, eher hemmender Erfahrungen stattfinden und inwiefern Alter, Curriculum und Lernstufe beim Entstehen sowohl positiver als auch negativer Erfahrungen entscheidend mitwirken, sind Fragen, denen nachzugehen wäre. Aus den Daten ist vor allem Variabilität ersichtlich. Zunächst liegen große Unterschiede bei den Lernern vor, was ihre eigene Sprachlernbewußtheit betrifft. Einige Subjekte sind in der Lage, aus ihren eigenen Erfahrungen allgemeine, ausgeglichene Einsichten zu gewinnen, bei anderen werden die eigenen Erfahrungen im Rahmen sehr allgemeiner lerntheoretischer Behauptungen interpretiert, wobei nicht auszuschließen ist, daß die lerntheoretischen Positionen übernommen worden sind. Bei anderen Subjekten wird nicht versucht, über eigene Erlebnisse hinaus über allgemeine oder selbstbezogene Einsichten zu berichten. Daß individuelle Faktoren die affektive Wahrnehmung von Lernerlebnissen innerhalb und außerhalb des Unterrichts mitsteuern, ist bekannt und empirisch ersichtlich. Variabilität liegt ferner in der Art und Weise vor, ob, wie bzw. was aus bestimmten Arten von Lernerfahrungen gewonnen wird. So können zum Beispiel ähnliche Erlebnisse negativ oder positiv motivierende Auswirkungen haben: Die Wahrnehmung eines Aspekts des Fremdsprachenlernens führt in dem einen Fall zu einer Begeisterung für das Fremdsprachenlernen insgesamt, in dem anderen Fall zum Abbruch des Studiums! Kurz gesagt, die Komplexität des Erwerbs einer Sprachlernbewußtheit spiegelt wie könnte es auch anders sein die Komplexität des Fremdsprachenlernens selbst wider. 5. Resümee: Lost Opportunities Aus dieser Diskussion ist ersichtlich, daß Bewußtheit und Wissen, wie am Anfang dieser Arbeit definitorisch angedeutet wurde, nicht identisch sind. Die Auswirkung eines fremdsprachenlernbezogenen Inputs ist nicht vorhersehbar, es sei denn, eine Menge weiterer Faktoren insbesondere individuelle und externe lernmotivsteuernde Faktoren werden mitberücksichtigt (vgl. z.B. Riemer 1997). Diese Bemerkungen zielen auf die Frage, welche Konsequenzen sich aus dieser Arbeit für die Fremdsprachenlehre ergeben. Bisher habe ich nur angedeutet, daß die Vermittlung allgemeiner Kenntnisse allein "Englisch ist für Ihre Zukunft unheimlich wichtig", "Sie müssen vor allem in der Fremdsprache viel lesen" usw.) nicht zu einer Awareness führt. Bei manchen Lernern können solche Auskünfte eher negative Reaktionen erzeugen. Statt dessen möchte ich aus der bisherigen Diskussion die affektiven und die individuellen Perspektiven hervorheben. Vor allem aber sind Fragen nach den Motiven für das Erlernen der Fremdsprache m.E. entschei- FLuL 26 (1997) 108 Willis J. Edmondson dend. Im tertiären Bereich würde man vielleicht denken, daß die Adressaten genau wissen, weshalb sie eine bestimmte Fremdsprache lernen. Aus den Lernautobiographien ist ersichtlich (wie sicherlich aus der Praxis bestätigt werden kann), daß dies nicht immer zutrifft. Dies alles deutet darauf hin, daß die didaktische Aufgabe durch das Etikett „Awareness" bzw. durch das Konzept einer Sprachlernbewußtheit sicherlich nicht leichter wird. Andererseits heißt dies aber meiner Auffasssung nach auch, daß das Konzept in sich keinen zusätzlichen Inhalt oder zusätzliche Forderungen für die Fremdsprachenvermittlung mit sich bringt, sondern eher eine sehr sinnvolle Unterstreichung der Rolle des Bewußtseins bzgl. der Motive und des Einsatzes für das Fremdsprachenlernen. Ich möchte daher abschließend betonen, daß das Konzept Sprachlernbewußtheit dazu beitragen könnte, die Spachlernmöglichkeiten, die heutzutage offensichtlich (für eine spezialisierte Gruppe von Schülern) reichlich vorhanden sind, besser zu nutzen. Auch wenn unterbrochenes Fremdsprachenlernen nicht immer als Verlust zu bezeichnen ist, auch wenn negative Lernerlebnisse pädagogisch gesehen durchaus von Gewinn sein können und auch wenn wir schließlich aus neuropsychologischen Studien wissen, daß „vergessene" Fähigkeiten und Fertigkeiten im Prinzip immer noch verfügbar sind, so liefern meine Lernbiographien trotzdem immer wieder Fälle, wo man über verlorene Chancen und nicht angenommene Möglichkeiten reden muß. Dies trifft überraschenderweise auch relativ häufig bei einer bilingualen Erziehung zu. So geht zum Beispiel eine in der Kindheit erworbene Sprache „verloren", die dann später auf regulärer Basis wieder gelernt wird. Hierbei spielen natürlich vor allem Einstellungen, motivationelle und soziale Faktoren eine Rolle. Beim Fremdsprachenlernen im Unterricht sind die "lost opportunites" jedoch anderer Prägung. Die Ausschnitte A23 bis A26 erzählen über kritische, verpaßte Momente beim Fremdsprachenlernen: A23: [...] Heute ärgere ich mich, daß ich damals Russisch mehr oder weniger aufgegeben habe. Aber wenn Motivation und Perspektiven gering sind, tritt man irgendwann auf der Stelle. Und ist es nicht so, daß Kinder, wie Erwachsene, sich sträuben gegen Dinge, die ihnen aufgezwungen werden? (W93S13Unit2) A24: [...] Mit 13 Jahren mußte ich dann mit Englisch anfangen. Dort stellte ich dann schnell fest, daß dieser auf mich immer attraktiver wirkende Unterricht für mich äußerst unangenehm war. Es ging primär nicht darum, Strukturen zu durchschauen und sie anzuwenden, sondern wer am besten einen Engländer nachäffen konnte. [...] Ich fand die gute Aussprache von anderen nicht toll, sondern äußerst affig. Ich selber wollte nicht so „affig" wirken und hatte eine sehr schlechte Aussprache, die ständig korrigiert wurde und über die viel gelacht wurde. Dies führte dazu, daß ich immer weniger sprach und das Interesse am Unterricht verlor. [...] [Studentin war trotzdem mehrmals in England, später in Spanien]. [...] Diese Erfolgserlebnisse motivierten mich, und die Sprache begeisterte mich von Tag zu Tag mehr. Also stellte ich mit 20 Jahren endlich fest, daß ich doch in der Lage bin, eine Sprache zu lernen und richtig Spaß daran haben kann. [...] Ich bin mir aber heute sicher, daß dies nicht die letzte Sprache ist, die ich versuchen werde zu erlernen, und daß FLuL 26 (1997) Sprachlernbewußtheit und Motivation beim Fremdsprachenlernen 109 ich auch nie zu alt sein werde, um mit einer weiteren Sprache anzufangen. Ich bin selbstsicherer geworden und weiß, daß eine gute Aussprache nicht „affig" ist. Desweiteren betrachte ich den Unterricht in der Klasse heute als notwendige Stütze, halte mich für fähig, diesen konstruktiv zu kritisieren und das für mich Relevante und Nötige herauszuziehen. (W96S8Unit9) A25: Nachher habe ich an der Schule auch ein Jahr lang Spanisch gehabt. Ich habe damit so schnell aufgehört, weil ich mündlich eine der besten Schülerinnen war, schriftlich aber die Schlechteste, ohne daß ich es mir erklären kann. Jetzt merke ich, daß ich fast alles vergessen habe. (W94Sub30Unitl3) A26: Nach dem Abitur lebte ich für ein Jahr in Norwegen, und das führte dazu, daß ich nun Skandinavistik studiere. Mit anderen Worten, ich habe nunmehr ein philologisches Interesse bekommen, welches als Konsequenz ein Hauptstudium der Skandinavistik nach sich zog. Plötzlich ist das Interesse für eine Fremdsprache vorhanden, so stark eben, daß mein Studium darauf ausgerichtet ist. Das, was Lehrer über Jahre hinweg versuchten, mich zu motivieren, funktionierte nun wie von selbst. Warum ist mir der Sinn einer Fremdsprache erst so spät bewußt geworden? Rückblickend wundert mich es nun doch, daß ich mich so sehr davor sträubte, eine Fremdsprache zu lernen. (S95Sub19) Es ist eine wichtige Aufgabe innerhalb der Fremdsprachenvermittlung (und in der Ausbildung allgemein), durch die Förderung von Bewußtheit über Sprache und vor allem über das Sprachenlemen zu helfen, solche Lost Opportunities möglichst zu vermeiden. Bibliographische Angaben BAHR, Andreas/ BAUSCH, Karl-Richard/ HELBIG, Beate/ KLEPPIN, Karin/ KÖNIGS, Frank/ TöNS- HOFF, Wolfgang (1996): Forschungsgegenstand Tertiärsprachenunterricht. Ergebnisse eines empirischen Projekts. Bochum: Brockmeyer. CHRYSHOCHOOS, Nicholaos (1991): "Leamers' awareness oftheir Leaming". In: JAMES/ GARREIT (eds.) 1991, 148-162. DöRNYEI, Zoltan (1990): "Conceptualising Motivation in Foreign-Language Learning". In: Language Learning 40.1, 45-78. EDMONDSON, Willis (1991): "Sind literarische Texte für den fremdsprachlichen Lehr-Lernprozeß besonders geeignet? " In: BAUSCH, Karl-Richard/ CHRIST, Herbert/ KRUMM, Hans-Jürgen (Hrsg.): Texte im Fremdsprachenunterricht als Forschungsgegenstand. 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