Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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1997
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Gnutzmann Küster SchrammFremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß
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1997
Werner Bleyhl
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~----D_is_k_u_s_s1_· o_n_•_M_e_in_u_n_g_e_n_•_Kr __ i_ti_k ____ ~I Werner Bleyhl Fremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß oder: weshalb die Bilanz des traditionellen Unterrichts und auch die der Fremdsprachenforschung „nicht schmeichelhaft"· sein kann Abstract. Learning a foreign language is conceived as a dynarnic, non-linear and non-trivial process. Within a cybemetic-systemic frame the logical consequence is the autonomous learner and the understanding of language acquisition as a process of self-organization. The essential limits of empirical research based on traditional linear causality can only be alluded to. Moving onto a more general scale, a sketch is provided for a theory of foreign language acquisition as part of cognitive science within the comprehensive science continuum of biology, evolutionary psychology and social science. lt is a trite but true observation, that examples work more forcibly on the mind than precepts. (Henry Fielding, 1762) To a scientist interested in how complex biological systems work, differences between individuals are so boring! (Steven Pinker, 1994: 428) 0. Vorbemerkungen Dem traditionellen schulischen Fremdsprachenunterricht liegt das Konzept zugrunde, wonach (a) der Sprachlemprozeß von außen gesteuert werden könne, (b) der Sprachlemprozeß in einer linearen Progression erfolge und (c) dieser Sprachlemprozeß relativ undifferenziert von.der allgemeinen Kognition abhänge. Bestätigen die schulischen Erfahrungen aber diese Vorstellung? Und entspricht dieses Lehrkonzept unserem Wissen vom Menschen? Die folgenden Ausführungen nehmen die von Tirnm/ Vollmer (1993) vorgetragene Aufforderung auf, grundlegende Positionen der Fremdsprachenforschung zu diskutieren und für die Disziplin 'lemer- und handlungsorientiert' fruchtbar weiterzuführen. Dabei wird, ausgehend von theoretisch begründeter Praxis zu Grundsätzlichem führend, an folgenden Stationen verweilt: 1. Praxis: Eine explorative Studie über Fremdsprachenerwerb als einem nichtlinearen Prozeß 2. Analyse: Der Fremdsprachenunterricht zwischen Linearität und Nichtlinearität, zwischen Trivialität und Nichttrivialität So das Urteil von Segermann (1996). FLuL 26 (1997) 220 Werner Bleyhl 3. Skizze für eine Theorie des Fremdsprachenerwerbs im bio-psycho-sozialen Kontinuum, im Kontinuum Biologie evolutionäre Psychologie - Sozialwissenschaften 4. Konsequenzen für Fremdsprachenforschung und -unterricht. 1. Praxis: Explorative Studie über Fremdsprachenerwerb als einem nichtlinearen Prozeß The proof of the pudding is in the eating. Diesem Sprichwort gemäß wurde im Schuljahr 1988/ 89 in einer Hauptschulklasse, zwei Realschulklassen und einer Gymnasialklasse im ersten Lernjahr Englisch als erste Fremdsprache in einem nichtlinear konzipierten Unterricht gelehrt, bei dem der Nachdruck auf das Verstehen gelegt wurde und die Lerner zur inneren Erarbeitung des Sprachsystems herausgefordert wurden. In der Kontrollklasse war am traditionellen linearen Konzept des Präsentierens, Übens und Produzierens festgehalten worden. In den Versuchsklassen wurde zusätzlich zum Lehrbuch, das erst nach ca. sechs Wochen in den Unterricht Eingang fand, intensiv mit total physical response (Asher 1982) gearbeitet, bei dem das Sprechen des Schülers zunächst nicht vom Lehrer gefordert wird. Außerdem wurde das für den Erwachsenen-Selbstlernunterricht konzipierte Lehrmaterial LEARNABLES (Winitz 1990) eingesetzt. Hierbei wurde jede Woche eine Lektion mit 100 Sätzchen, jeweils von einem Bildchen begleitet, vom Band vorgespielt bzw. gezeigt. Nach jeder zweiten Lektion erfolgte ein Verstehenstest. Die Durchnahme einer Lektion dauerte etwa 15 bis 20 Minuten und ist vergleichbar dem Vorlesen aus einem Bilderbuch für die Vorschulkinder. Dieses Vorgehen entspricht der Beobachtung, daß diejenigen Vorschulkinder, denen am meisten vorgelesen wurde, auch die besten Schüler werden (Barnes et al. 1983). Hier wurde während des Schuljahres Stoff angeboten, der, linear durchgenommen, die doppelte Stundenzahl erfordert hätte. Ihn zu bewältigen war möglich, weil bei den neuen sprachlichen Erscheinungen eben nicht gleich zur Produktion, zur Performanz geschritten wurde. Es reichte, wenn die Schüler verstanden hatten und während des Verstehens, das sie durch ihr Verhalten unter Beweis stellten, ihre Sprachkompetenz aufbauten. Die fremdsprachendidaktisch-methodischen Prämissen für diese Versuchsanordnung waren folgende: daß Sprachverstehen zum Spracherwerb führt, wie es Wolff (1990) und Vogel (1993) aus kognitionspsychologischer Sicht begründen, daß dabei der Lerner in sich das System der neuen Sprache in einem nichtlinearen Prozeß des laufenden Vergleichens mit bereits Bekanntem und Erschlossenem zu konstruieren hat, daß dem Lerner am meisten geholfen ist, wenn er viel Vergleichsmaterial hat. Dieses muß zumindest subjektiv mit Sinn belegt werden, weshalb handlungsorientiertes Unterrichten (Bleyhl 1993a) effektiver ist als verbal symbolisches. FLuL 26 (1997) Fremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß 221 In der Kontrollgruppe wurde traditionell nach den Lehrbüchern unterrichtet. Leider hatte nur ein verwendetes Lehrbuch, und zwar Let's go (Klett) für die Hauptschule, eine Testserie zum Lehrbuch herausgebracht. Deswegen konnte als vergleichbare Kontrollgruppe nur die mit demselben Buch im Jahr zuvor unterrichtete Klasse desselben soziokulturellen Hintergrundes fungieren. Der Lehrer dieser Kontrollklasse hatte das Buch gewissenhaft durchgenommen, die traditionell grammatik-orientierten - Tests jeweils genau vorbereitet, während dies in der Versuchsklasse nicht der Fall war. Dort wurden nach Abschluß der Lektionen die jeweiligen Tests durchgeführt. Vielleicht sollte noch erwähnt werden, daß die Kontrollklasse (wie im gewissenhaft durchgeführten traditionellen Unterricht nicht selten) mit dem ganzen Lehrbuch während des Schuljahres nicht fertig wurde und zwei Lektionen aus Zeitmangel nicht mehr bewältigen konnte. In der Versuchsklasse dagegen wurden alle Lektionen im Buch durchgenommen und zusätzlich zur Präsentation der zeitaufwendigen LEARNABLES (ca. eine Stunde pro Woche) noch drei Lektüreheftchen gelesen. Folgende Notenschnitte der Tests wurden in den beiden Klassen erreicht: Kontrollklasse Versuchsklasse Test nach Unit: 3 4 5 6 7 8 9 2,8 2,9 2,8 2,7 3,0 2,6 2,4 1,9 2,0 2,6 2,4 2,1 Bei einem nichtlinearen Verständnis vom Sprachenlernen, etwa gemäß der Verstehensmethode (Winitz 1981, Courchene et al. 1992), geht das Verstehen funktionalen Sprachgebrauchs dem Sprechen voraus. Dem Lerner wird viel Gelegenheit für das Hörverstehen gegeben. Der Lerner wird auch nie sofort zu einer bestimmten sprachlichen Form in der Produktion gezwungen. Es wird ihm stattdessen erlaubt, die neuen Spracherscheinungen erst dann zu benützen, wenn er sich seiner Sache einigermaßen sicher ist. Bei einem Vorgehen dieser Art sind eine Reihe von Unterschieden zum herkömmlichen Unterricht zu beobachten: - Die Schüler haben am Fremdsprachenunterricht deutlich mehr Spaß als üblich, weil viel mehr Interessantes angesprochen, weil mehr Welt ins Klassenzimmer geholt werden kann. - Die Schüler haben eine deutlich bessere Aussprache, weil die neuen sprachlichen Erscheinungen zuerst von den sichereren Schülern gesprochen werden und so die anderen nicht so viele Fehler hören. Der Input ist somit qualitativ besser, die Anzahl der positiven Vorbilder höher, Anlässe für eventuelle Korrekturen reduzieren sich deutlich. Die Schüler üben ihr motorisches Programm für das Sprechen zunächst im geschützten privaten Raum zu Hause (und zwar weit mehr als die älteren Geschwister, nach Aussage der Eltern aller Versuchsklassen), wobei sie im Unterricht selbst die Kategorien, die Prototypen, bilden und verinnerlichen. Der Unterricht macht in der Vorbereitung dem immer nur die Fremdsprache FLuL 26 (1997) 222 Werner Bleyhl benützenden - Lehrer wegen des größeren Aufwandes an Materialien im ersten Jahr mehr Arbeit, insgesamt aber mehr Freude, weil er mehr Erfolg erfährt. - Die Durchnahme des Pensums ist überhaupt kein Problem. Es wird viel mehr Sprache umgesetzt, Wortschatz und Strukturen werden in immer verschiedenen Situationen erfahren und damit vielfältiger vernetzt und behalten. Schon nach einem halben Schuljahr zeigt sich: Die Schüler werden viel selbständiger, weil sie sich von Anfang an stärker zum Mitdenken aufgefordert fühlen; nicht nur ihre schriftlichen, auch ihre mündlichen Leistungen sind besser, und ihre Sprechbereitschaft ist höher. Konsequenzen für das Verständnis des Fremdsprachenunterrichts Der traditionelle, lineare Fremdsprachenunterricht verfährt nach dem Prinzip: Isolieren der Spracherscheinungen, dann Präsentieren, Üben und Absichern der einzelnen Sprachhäppchen. Es ist ein Vorgehen nach dem Motto „Eile mit Weile" (Bleyhl 1994), das den Lerner in den Eiskanal des Lernens zwingen will. Dagegen entspricht ein Vorgehen nach dem nichtlinearen Prinzip dem Prinzip allen Lebens und Lernens, vom Rudern eines Einzellers bis zur Arbeit an einem wissenschaftlichen Problem. Das Grundprinzip des Vorgehens lautet: Unterscheiden, Erkennen, Auswählen. Auf das Fremdsprachenlernen bezogen bedeutet dies: Beobachten, Hypothesen bilden, Ausprobieren. Nichtlinearer Fremdsprachenunterricht verbindet Sprache mit Welt; funktionales Weltwissen ist der Schlüssel zur neuen Sprache. Dabei kann dieses Sprachmaterial durchaus den herkömmlichen Lehrplänen entsprechend strukturell progressiv geordnet sein. In diesem Material kann also etwa im Englischunterricht erst die Verlaufsform angeboten werden; wesentlich ist aber, daß der Unterricht, ehe diese Verlaufsform vom Lerner produktiv verlangt wird, auch die simple form erfahren läßt, damit der Lerner Orientierungsmarken zur Unterscheidung erhält, um die entsprechenden inneren Kategorien aufzubauen. Auf der Ebene der Lexik muß sich der Lehrer ebenfalls darüber im klaren sein, daß seine Schüler, wenn sie einen aktiven Wortschatz von 400 - 600 Wörtern in einem Schuljahr erwerben sollen, gleichzeitig einen Wortschatz kennengelernt haben müssen, der ein Mehrfaches dieses aktiven Wortschatzes sein muß (vgl. Bleyhl 1995c). Es gibt eben keinen aktiven Wortschatz ohne den Hof eines weit umfangreicheren 'rezeptiven' (früher: 'passiven') Wortschatzes. Für die Unterrichtspraxis hat dies große Vorteile: Der Unterricht wird bewegter (mittels total physical response können in kürzester Zeit 20, 30 Vokabeln eingeführt werden), zusätzliche Lektüren bringen weitere Welt ins Klassenzimmer, und das Lehrbuch wird auch noch durchgenommen. Dabei empfiehlt es sich, die Spracherscheinungen des Lehrbuchs zum allergrößten Teil schon vorher handlungsorientiert an Bildern oder agierend vorzustellen und sie an das Weltwissen der Lerner 'anzubinden'. Das Lehrbuch kann anschließend weit mehr zu einem Lesebuch werden, Übungen soweit sie sinnvoll sind (vgl. Weskamp 1995) können von den Schülern meist selbständig zu Hause bear- FLuL 26 (1997) Fremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß 223 beitet werden; auch wenn Rechtschreibung weitgehend eine Frucht der Selbstorganisation während des Lesens ist (Bleyhl 1996b, Brinkmannn 1996), hilft eigenes Schreiben zur Sicherung. Ein solches Vorgehen erweist sich übrigens auch im Erwachsenenunterricht als erfolgreich. 2. Analyse: Der Fremdsprachenunterricht zwischen Linearität und Nichtlinearität, zwischen Trivialität und Nichttrivialität 2.1 Die wissenschaftstheoretischen Voraussetzungen und eine Ortsbestimmung 1 Der hier gegebene Raum erlaubt nicht im erforderlichen Maße, auf die Grundvoraussetzungen unseres Wissenschafts- und Kausalitätsverständnisses und die seit über einem Jahrhundert geführte Diskussion über die Leistungsfähigkeit von Natur- und Geisteswissenschaft einzugehen. Wenige Hinweise auf markante Wegmarken müssen genügen. Nach der spätscholastischen Differenzierung zwischen einerseits der ratio infe 0 rior, Verstand, (für Fakten, Tatsachen) und andererseits der ratio superior, Vernunft, (für das Ganze, den Glauben) war mit der cartesischen Spaltung zwischen der res extensa, der Materie, und der res cogitans, dem Geist, als unabhängig voneinander existierenden Substanzen die Spaltung des Weltbildes in Natur- und Geisteswissenschaften erfolgt. Wissenschaftsmethodisch entwickelten in den letzten Jahrhunderten Natur- und Geisteswissenschaften verschiedene Idealvorstellungen, um durch Reduzierung der Komplexität über die Welt wissenschaftliche Aussagen machen zu können. Verkürzt zusammengefaßt und ohne auf die deduktiv-nomologische und die induktiv-probabilistische Variante einzugehen, galt für die Naturwissenschaften der Positivismus: Jede wissenschaftliche Erklärung muß kausal sein; individuelle Sachverhalte können allgemeinen Gesetzen untergeordnet werden; nur kausalistische Erklärungen gelten als wissenschaftlich, intentionale Zweck- oder Zielvorstellungen dagegen als unwissenschaftlich. Die Gegenbewegung zum Positivismus war die Hermeneutik, die Kunst der Auslegung, der Interpretation. Ihre Methode war die des Verstehens. Die psychologische Dimension der Einfühlung, des innerlichen Nachvollziehens der Motive, Gedanken, Gefühle, der Intentionalität wurde hier zentral. Schon Ende des 19. Jahrhunderts bahnte sich die Infragestellung der Dominanz der Kausalität an. Maxwell und Poincare wiesen auf ihre Grenzen im mechanischen Dieser Abschnitt kann vom philosophisch weniger interessierten Leser übersprungen werden. Auch wenn man herkömmlicherweise in der Didaktik auf Fundamente faktisch verzichten zu können meint, soll hier lediglich angedeutet werden, wo die tragenden Fundamente der skizzierten Konzeption liegen. FLuL 26 (] 997) 224 Werner Bleyhl Bereich hin. Mit Heisenbergs Unschärferelation verlor sie ihre Macht in der Mikrophysik. Freud und die Psychoanalyse schrieben dagegen unbewußten Prozessen kausale Wirksamkeit zu. Russell zeigte das Kausalitätsprinzip als Relikt vergangener Zeit auf, ehe Wittgenstein den Glauben an den Kausalnexus als Aberglauben apostrophierte. Den unfruchtbaren Gegensatz zwischen positivistischer und hermeneutischer Wissenschaft aber gilt es zu überwinden, und dies gelingt nur über eine Klärung und Absage an die Enge des Kausalitätbegriffs. "Jede Wissenschaft, die Vorhersagen machen möchte, muß [...] nicht nach den vermeintlichen 'kausalen' Verknüpfungen irgendwelcher Ereignisse suchen, sondern funktionale, d.h. logischmathematische Verknüpfungen analysieren" (Simon 1995: 95). Betrachtet man die Art der Gesetze und Regeln in der Welt, so lassen sich mit Simon (1995) drei unterscheiden: (1) Die Naturgesetze. Sie geben die Grenzen der Verhaltensmöglichkeiten an. Sie sind deskriptiv, bei beobachteten Unregelmäßigkeiten müssen sie neu geschrieben werden. (2) Die ethischen, moralischen, staatlichen Gesetze. Sie sind präskriptiv. Sie können befolgt werden, müssen aber nicht. Sie haben den Zweck, auf das Verhalten der Menschen einzuwirken. (3) Die Gesetze der Logik und Mathematik. Nach Lüdtke und Keller (Keller 1994) gehören auch die Gesetze der Sprache, eines „Brauchs", zu diesen Gesetzen der dritten Art. Sie sind sowohl deskriptiv als auch präskriptiv. Keine dieser beiden Funktionen ist der anderen über- oder unterzuordnen. Sie sind so etwas wie Spielregeln. Sie sind nur verbindlich für den, der Interesse daran hat, ein Spiel zu spielen, das diesen Regeln folgt. Für die Wissenschaft bilden nun genau die „Spielregeln", die Logik und Mathematik zur Verfügung stellen, den formalen Rahmen, innerhalb dessen Fragestellungen wissenschaftlich behandelt werden können. Weder Kausalität, wie Russell gezeigt hat, noch Intentionalität sind aber mathematische Kategorien. Beide müssen (vgl. Simon 1995), soll Wissenschaftlichkeit gewahrt werden, eben durch die Betrachtung von Funktionen, d.h. durch die Betrachtung von Zuordnungsvorschriften „wenn 'a' dann 'b'", ersetzt werden. Der Gegensatz von Erklären und Verstehen hebt sich damit auf. Beide Typen von Gesetzen können somit als Bestandteile von „Spielregeln" analysiert und aufeinander bezogen werden. Entsprechend kann dann auch das menschliche Verhalten als gewissen „Spielregeln" folgend erklärt und verstanden werden. Und genau das leistet der kybemetisch-systemische Ansatz. 2.2 Der kybernetisch-systemische Ansatz Die Regelung von Verhalten, das Involviertsein im scheinbaren Chaos der überaus komplexen sozialen Interaktion (Markl 1995, Bleyhl 1997), ist nur versteh- und erklärbar, wenn man nichtlineare Rückkoppelungsprozesse annimmt. Alle Ereig- FLuL 26 (1997) Fremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß 225 nisse sind zugleich bewirkt und ursächlich. Alle sind zugleich Henne und Ei. Nur in willkürlich isolierten Folgen, durch willkürliche 'Interpunktion', ist lineare Kausalität aufzeigbar. Daß jedoch im Verhalten eine gewisse Stabilität zu beobachten ist, läßt sich allein über die zirkuläre Organisationsform seiner Rückkoppelungsprozesse erklären. Ob das Verhalten des einzelnen oder das einer Gruppe beobachtet wird, das eine wie das andere läßt sich als System verstehen, das sich immer wieder auch auf sich selbst bezieht. So ergibt sich insgesamt eine paradox anmutende Situation: Einerseits ist das Verhalten im jeweiligen Moment nicht vorhersagbar. Andererseits bewirkt diese selbstbezügliche Rückkopplung Stabilität des Systems getreu des generellen Evolutionsprinzips von Variation, Selektion und Stabilisation, das auf der biologischen Makroebene (Mayr 1982) wie der neuronalen Mikroebene (Changeux 1984) gilt. Wie Bateson (1987) in seiner 'ökologischen Erkenntnistheorie' gezeigt hat, ist diese rekursive, rückgekoppelte Organisationsform zudem das Charakteristikum für geistige Prozesse. 2.3 Trivialität und Nichttrivialität oder weshalb der Lerner autonom und damit nicht steuerbar erscheint und weshalb er bei hinreichender Sozialisation doch ein stabiles Sozialverhalten zeigt Offensichtlich ist menschliches Verhalten nicht allein durch Naturgesetze bestimmt. Es sind nicht nur äußerlich feststellbare Ereignisse, die bewirken, wie sich ein Mensch in einer bestimmten Situation verhält. Diese Unbestimmtheit wird häufig mit dem Konzept des freien Willen belegt. Dieser unbestimmte, unberechenbare, d.h. nicht durch positives Wissen füllbare Raum wird aber durch die Etablierung präskriptiver Gesetze in ein Ordnungssystem eingebunden und damit erklärbar zu machen versucht. Heinz von Foerster (1981) betont, daß das Nervensystem als Ganzes so organisiert sei (sich so organisiere), daß es eine stabile Realität er-rechne. Dabei bedeutet 'Er-Rechnen' einer stabilen Realität nichts anderes als funktionale Verknüpfungen und Transformationsregeln zu konstruieren, Korrelationen zwischen den verschiedenen Ereignissen vorzunehmen und zu überprüfen. Nun haben sich zur Er-Rechnung der Realität unterschiedliche Methodiken entwickelt, unterschiedlich ja nach den oben genannten Paradigmen von Positivismus und Hermeneutik. Allein unter formalen Gesichtspunkten ist der Unterschied prinzipiell. Er entspricht dem, in der von Alan Turing verwendeten Terminologie, zwischen einer 'trivialen Maschine' und einer 'nichttrivialen Maschine'. Der Biokybernetiker Heinz von Foerster hat diesen Unterschied mehrfach dargestellt (1984, 1988, 1996). Bei einer 'trivialen Maschine' besteht zwischen Input und Output, dank einer stabilen Funktion, eine zwangsläufige und vollständig voraussagbare Beziehung. FLuL 26 (1997) 226 Werner Bleyhl Funktion Input x ➔ f ➔ Output y Abb. l Die Annahme eines derartigen linear kausalistischen Funktionsablaufs findet sich in vielen Bereichen des positivistischen Denkens. Schematisch läßt sich dies folgendermaßen darstellen (vgl. H. v. Foerster 1984): X ➔ Input unabhängige Variable Ursache Stimulus Motivation Ziel f Operation Funktion Naturgesetz Zentrales Nervensystem Charakter System ➔ y Output abhängige Variable Wirkung Response Verhalten Handlung Das Verhalten einer solchen 'trivialen Maschine' ist somit (a) voraussagbar, (b) von seiner Vergangenheit unabhängig, (c) synthetisch determiniert, (d) analytisch bestimmbar. Natürlich ist es eine Alltagserfahrung, daß sich gerade das „Operationsprogramm" des Menschen nicht so leicht fassen läßt. Trotzdem hält man vielfach an diesem Funktionsmodell fest und erklärt die Unvorhersagbarkeit des Output (Ausgabe, Verhalten) eben damit, daß der Input (Eingabe) aus einem Faktorenbündel bestehe, diese 'Faktorenkomplexion' sich in der Wirklichkeit schlecht auflösen lasse und auf Grund der Schwierigkeit ihrer Auflösung eben die Probleme etwa der Forschung speziell im sozialwissenschaftlichen Bereich entstünden. Nichts ist menschlicher, als daß wir es mit einer Welt zu tun haben wollen, die kalkulierbar ist, die möglichst genau unseren Erwartungen entspricht: wir verlangen, daß unser Auto immer erwartungsgemäß funktioniert, daß wir uns jedem Aufzug, den wir betreten, anvertrauen können. Ein Chirurg, der den Blinddarm operieren soll, hat dies optimal zu leisten; ein Schüler, der lernen soll, hat sein Bestes zu geben. D.h. wir gehen davon aus, das Verhalten der Rollenträger sei vorhersagbar, bestimmbar und im Grund unabhängig von zeitlichen Einflüssen; wir unterstellen, daß das Verhalten von einem durchschaubaren Ursache-Wirkung- Gesetz bestimmt ist. Dieses Funktionsmodell, dieses lineare Gleichungsmodell ist aber für menschliches Verhalten nicht anwendbar. Die mentalen Prozesse im Menschen laufen nicht in einer solchen trivialen Weise ab. Der Mensch ist keine 'triviale Maschine'. Ein bestimmter Stimulus ruft beim selben Menschen eben nicht immer dieselbe Antwort hervor, auch nicht unter den vermeintlich selben Bedingungen. Daß Menschen nicht sicher vorhersagbar reagieren, suchen wir seltsamerweise zu verdrängen. Die FLuL 26 (1997) Fremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß 227 mentalen Prozesse im Menschen, wie sie etwa seinem Verhalten zugrunde liegen, folgen keinen solchen trivialen Funktionen, es sind 'nicht-triviale Prozesse'. Was heißt das? Heinz von Foerster hat dies an folgendem Modell verdeutlicht (1984: 11): Figure 5: Non-trivial Machine X y Z' Abb.2 Der Unterschied dieses 'nicht-trivialen' Systems zur 'trivialen Maschine' besteht darin, daß der innere Zustand des Systems zusammen mit dem Input x die Funktion F beeinflußt. Dabei werden die jeweiligen inneren Zustände (z, z') aber vom Input x ebenfalls mit-bestimmt. Innerhalb des Systems befindet sich sozusagen nochmals ein System, das sich selbst mit-bestimmt. Dies heißt, in einem solchen nicht-trivialen System beeinflussen sich die inneren Zustände selbst; sie wirken auf sich selbst zurück, sind rückgekoppelt, selbstreferent. Das hier verborgene „Identifikationsproblem" für nicht-triviale Maschinen ist faktisch unlösbar. Die prinzipielle Unmöglichkeit, aus einer begrenzten Anzahl von Reaktionen, von Verhaltensweisen, von Tests, die internen Vorgänge eines solchen 'nicht-trivialen' Systems, alias einer Person, erschließen zu wollen, hat von Foerster (1984, 1996) mathematisch beschrieben 2• Allein zwei Inputsymbole und zwei Outputsymbole ergeben als Zahl 65.536 unterschiedliche mögliche 'nicht-triviale' Systeme. Schon bei jeweils vier verschiedenen Inputbzw. Outputmöglichkeiten liegt die Zahl mit 10 hoch 2466 jenseits jeder Handhabbarkeit. Es muß somit als mathematisch bewiesen gelten, daß die Erschließung dieser inneren Funktionen auf Grund einer endlichen Anzahl von Testläufen im Prinzip unmöglich ist. Ein empirisches Forschungsvorhaben dieser Art durchführen zu wollen, gleicht dem Auslöffeln des Meeres. Das Verhalten eines solchen 'nicht-trivialen' Systems ist damit (a) unvorhersagbar, (b) von seiner Vergangenheit abhängig, (c) synthetisch determiniert, (d) analytisch unbestimmbar. So ist auch erklärlich, weshalb faktisch alle Detailuntersuchungen im Bereich der Fremdsprachenforschung unterschiedliche Ergebnisse ergeben und ergeben müssen. 2 Leider ist es aus Platzgründen hier nicht möglich, den rechnerischen Ansatz zu erläutern. Es sei auf die angegebene Literatur verwiesen. FLuL 26 (1997) 228 Werner Bleyhl Wenn dagegen globalere Untersuchungen stabilere Ergebnisse zeigen, so liegt es an folgendem: Ist man des o.a. Rückkoppelungscharakters aller geistigen Prozesse und der solcherweise erreichten Stabilisierung eingedenk, ist es gar nicht mehr so erstaunlich, wenn der Bio-Mathematiker weiterrechnet und mehrere 'nicht-triviale' Systeme mittels rekursiver, also nicht-linearer, Operationen interagieren und dabei den Output der einen in einem Netzwerk laufend zum Input der anderen werden läßt. Dabei ist es sogar letztlich gleichgültig, ob nur ein solches nicht-triviales System oder zwei oder mehr im Netz geschaltet sind; der Output wird eben immer wieder zu neuem Input. Nach relativ wenig Durchgängen entwickeln sich rasch aus chaotischen Zahlenfolgen stabile „Eigenwerte" und damit Regelmäßigkeiten. Mittels der rekursiven Operation als einem Prinzip der Selbstorganisation tauchen aus dem Chaos plötzlich Strukturen auf, kristallisieren sich Stabilitäten heraus. Diese Phasenübergänge vom Chaos zu einer Ordnung sind bekanntlich nicht auf die Mathematik beschränkt. Es ist faszinierend, hier Parallelen zu erkennen, die sich in verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten ergeben. In der Physik sind es die Phasenübergänge etwa beim Laser, bei Flüssigkeiten (Haken 1981). Das in der theoretischen Physik entwickelte mathematische Instrumentarium und die von Hermann Haken begründete Synergetik, die Lehre vom Zusammenwirken, bewährten sich auch zunehmend außerhalb der Physik, etwa in der Biologie oder bei wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftlichen Problemen, wo etwa durch wechselseitige Beeinflussung der Individuen kollektive Phänomene ähnlich jener mit chaotischen Zwischenzuständen verbundene Phasenübergänge entstehen können. Selbst in die Bereiche Kognition und Verhalten greift sie aus (Haken 1990). In der Chemie findet sich parallel dazu das Phänomen der chemischen Uhren (Prigogine und Stengers 1981). Im biologischen Bereich prägte Konrad Lorenz bei plötzlichem Entstehen neuer Qualitäten aus dem Zusammentritt von Systemen, in welchen diese Qualitäten auch nicht in Spuren vorhanden sein konnten, den Begriff 'Fulguration' (Riedl 1985). Ebenso ist dieses Phänomen des qualitativen Sprungs in bezug auf Sprachsicherheit zu beobachten. Es ist Grundschullehrern, die mit Zweitsprachenlernern erfahren sind, wie Fremdsprachenlehrern wohl vertraut. In der Didaktik hingegen blieb dieses Phänomen des qualitativen Sprungs, wie schon beklagt, nahezu unbeachtet, obwohl Pike (1960) dieses Phänomen mit dem Begriff „nucleation" belegt und beschrieben hat: Die vorher relativ frei beweglichen, instabilen Einzelmomente haben sich plötzlich zu einer Struktur zusammengefunden, sie funktionieren automatisch, das Wachstum erfolgt nun mit relativ hoher Geschwindigkeit. Zwei Konsequenzen dieser Überlegungen drängen sich auf: (1) Die Folgen eines einzelnen Inputs, einer singulären Anrede an einen Menschen, sind nicht mit Sicherheit vorhersagbar. Dies wird augenfällig und, wie zu sehen war, mathematisch beweisbar, wenn man das biokybernetische Konzept mit dem Begriff des 'nicht-trivialen' Systems anwendet. Extrapoliert auf den Fremdsprachenerwerb heißt dies: Fehler sind anfangs selbstverständlich gegeben. FLuL 26 (1997) Fremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß 229 (2) Das anfänglich chaotische, nichtvorhersagbare Verhalten wird, unter der Voraussetzung, daß eine gewisse, hinreichend große Menge an lntake stattfindet, genügend umfangreiche Information eingeht, zu regelmäßigem Verhalten. Im Bereich Rechtschreiben in der Muttersprache Deutsch wurde dies etwa von Brügelmann (1983) und Brinkmann (1996) aufgezeigt, deren Ergebnisse im Grunde denen Jungs (1980) im Fremdsprachenunterricht entsprechen. Denn auch im Fremdsprachenunterricht ist zu beobachten: Erst nachdem der Lerner eine hinreichend große Menge an Input als lntake aufgenommen hat (erinnert wird an die gegenüber traditionellem Unterricht deutlich erhöhte Inputmenge beim suggestopädischen Unterricht), erfolgt auf der Mikroebene eine allmähliche Differenzierung (vgl. Scherfer 1995) und schließlich ein qualitativer Umschlag, die Stabilisierung, die „nucleation", der Fremdsprache, die dann plötzlich als Kommunikationsmittel relativ sicher benutzt werden kann. Auf der Makroebene der Methodik entspräche dies dem Beachten einer 'Inkubationszeit' der neuen Sprachphänomene, dem Gewähren einer 'passiven' Verstehensphase. Somit ergibt sich, daß die beiden eingangs erwähnten Grundprinzipien des traditionellen schulischen Fremdsprachenunterrichts, wonach (a) der Sprachlemprozeß von außen gesteuert werden könne und (b) der Sprachlernprozeß in einer linearen Progression erfolge, weder empirisch (vgl. Ellis 1994, Diehl 1995, VanPatten 1991/ 1992), noch logisch (vgl. auch Wolff 1994) länger haltbar sind. 3. Gedankensplitter zur Skizze für eine Theorie des Fremdsprachenerwerbs im bio-psycho-sozialen Kontinuum, im Kontinuum Biologie evolutionäre Psychologie - Sozialwissenschaften 3.1 Ausgangslage Für die Wissenschaft ergeben sich Konsequenzen bei der Erklärung von Phänomenen, die mit Komplexität zu tun haben. Diese geraten bislang, wenn sie sich nicht problemlos reduktionistisch auf einzelne Aspekte beschränken, sofort in Gefahr, außerhalb der Reichweite traditioneller Wissenschaft zu geraten. Dabei tun sich jene Wissenschaftszweige wie die Synergetik (Haken 1981), die sich mit solchen Phänomenen der Gleichzeitigkeit befassen, sehr schwer, im Bewußtsein der Zeitgenossen überhaupt wahrgenommen, geschweige in ihrer Bedeutung erkannt zu werden. Das Überraschende ist, daß viele der in unserem Jahrhundert diskutierten Entdeckungen just mit dieser Synchronizität zu tun haben, nämlich mit Phasensprüngen, mit Emergenz, mit Kooperation. Es sind Phänomene, die eben nicht mit linearer Kausalität zu erklären sind, jedoch beschrieben werden können als Phänomene der Selbstorganisation (Singer 1989), als rekursive Prozesse mit Spiralen der Wechselwirkungen, wofür die Organisation des Gehirns als Paradebeispiel gelten kann. Es sei gestattet, an einzelne Erkenntnisse zu erinnern: FLuL 26 (1997) 230 Werner Bleyhl - Die biologische wie auch die sozio-kulturelle Evolution erfolgt über den Dreischritt: Variation, Selektion, Stabilisation erfolgreicher Selektionen. Genau so geschieht auch Lernen, wie die Neurowissenschaften im einzelnen aufzeigen konnten (Changeux 1984). Alle Einzelphänomene des Lebens (auch die des Lernens) sind in ihrer jeweiligen Erscheinungsform akzidentiell, unvorhersagbar. Oder wie es ein Biologe global formuliert: Es bestehe heute die „wissenschaftliche Einsicht in die Unvorherbestimmtheit und daher Unvorhersagbarkeit der komplexen, nichtlinear dynamisch evolvierenden Welt" (Markl 1995: 51). - Ein Literaturwissenschaftler formuliert: "(D)ie Wahrheitsfähigkeit kausalwissenschaftlicher Erklärungen setzt invariante Beziehungen zwischen bestimmten Ursachen und bestimmten Wirkungen voraus. Das führt zur Konstruktion linearer Kausalketten. Für die Erklärung sozialer Zusammenhänge wie Politik oder Verbrechen greift diese Analysetechnik zu kurz, weil sie Rückkoppelungseffekte, Querverbindungen unter den Ursache-Wirkungsketten, Motivationen als Ursachen ihrer Bewirkung und Muster der Interdependenz nicht mehr innerhalb ihres Prinzips befriedigend formulieren kann" (Schwanitz 1990: 39). Der Mensch ist keine tabula rasa (D. E. Brown 1991). Er wird mit einer Grundausstattung zur weiteren Anpassung an die jeweilige Lebenswelt geboren. Im Bereich Sprache z.B. mit der Fähigkeit, sämtliche Phoneme der natürlichen Sprachen zu unterscheiden (Eimas), die signifikanten Intonationskurven zu deuten (Papousek 1989, Kuhl 1992, Fernald 1992), sich auf Sprachrhythmus einzustellen (Condon) etc. - Ein Menschenbild, das annimmt, der Mensch sei kulturell so einfach programmierbar, ist unangebracht (Tooby and Cosmides 1992). (Nebenbemerkung: Man betrachte nur das beunruhigende Schweigen der traditionellen Pädagogen oder Psychologen zur Schwierigkeit der Jugend, mit der modernen Großstadt fertigzuwerden, d.h. sich ihr anzupassen.) Mit anderen Worten, komplexe psychische Ereignisse wie etwa das Erlernen einer Sprache in ein Prokrustesbett linearer Kausalbezüge pressen zu wollen, ist unangemessen. 3.2 Wie kommt Ordnung in das Chaos? Zunächst gilt festzuhalten: "Prozesse sind Sequenzen irreversibler Ereignisse, bei denen ein Ereignis zur Prämisse für die Selektion des nächsten Anschlußereignisses wird" (Schwanitz 1990: 68). Dies bedeutet für den Sprachlernprozeß, daß bei jedem Voranschreiten eine selbstbezügliche Rückwendung, eine Selbstbeobachtung gegeben ist. Das Erkennen der Mechanismen der Variation und der Stabilisierung sowie der Idee des permanenten Problemdrucks als Selektionsprinzip verbindet nicht nur die Systemtheorie mit der Evolutionstheorie. Im Erkennen der Informationsverarbeitungsmechanismen, wie sie die Evolution für die Lösung fundamentaler Problemla- FLuL 26 (1997) Fremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß 231 gen in den menschlichen Gehirnen etabliert hat, zeigt sich auch der Schlüssel für das Ver~tändnis des Verhaltens des Menschen als des Besitzers eines angepaßten Geistes (Barkow et al. 1992). Es sei gestattet, einige 'stepping stones' in bezug auf eine Integration der Fremdsprachenforschung in den Kontext der Gesamtwissenschaft anzuführen: - Es gibt keine bekannte wissenschaftliche Alternative zu der Theorie, daß die menschliche Natur das Produkt der natürlichen Selektion ist (Symons 1992: 147). - Darwins Theorie der natürlichen Auswahl wirft Licht auf das Verhalten des Menschen, insofern sie Licht auf die Anpassungen wirft, die die menschlichen Verhaltensprogramme bestimmen. „There is no such thing as a 'general problem solver' because there is no such thing as a general problem" (Symons 1992: 142). Es gibt kein allgemeines Verhaltensprogramm und auch kein allgemeines Lernprogramm, sondern jeweilige Spezialprogramme (mit Unterprogrammen), die, kooperativ vernetzt, bei Bedarf aktiviert werden. - Diese genetisch angelegten Programme wirken wie Selektionsprogramme und werden durch die jeweiligen Umwelterfahrungen aufgerufen. Sie wirken als Steuermechanismus bei der Erfahrung der akzidentiellen Lebenserfahrungen, filtern das relevant Prototypische heraus und bilden die Grundlage beim Aufbau der jeweiligen Verhaltensprogramme. Sie machen es möglich, daß aus Erfahrung gelernt wird, daß das 'Lernen' als Selbstorganisationsprozeß abläuft. Die Disziplin, die die Brücke schlägt zwischen der Biologie (geprägt durch Darwin vgl. Mayr 1983) und den Sozialwissenschaften, ist die evolutionäre Psychologie (Barkow et al. 1992). In ihr findet auch die Spracherwerbsforschung ihren Platz als Teil der Kognitionswissenschaft. Sprache ist neben dem Programm für allgemeine Kognition, dem für Partnerwahl u.a., ebenfalls ein Bereich, für den die Evolution den Menschen mit einem speziellen Programm ausgestattet hat. Wie sehr der Erst-Spracherwerb auf angeborener Grundausstattung fußt, hat die Forschung der letzten dreißig Jahre gezeigt (Pinker und Bloom 1992, Pinker 1994). Angeborene Fähigkeiten (z.B. Sehen) haben 'kognitive Fenster'. Im Bereich Sprache gibt es sogar mehrere verschiedene, wie gerade die Zweitsprachenerwerbsforschung gezeigt hat: für Phonologie bis etwa 6 Jahren, für Morphologie oder Syntax bis etwa 15 Jahren (Newport 1990). "(T)here is a sensitive period for [language] learning [...] exposure needs to occur before age 6 to guarantee that an SL [= second language] phonology can become native-like (given sufficient opportunity), before age 15 if the morphology and syntax are to be native-like, and somewhat between those ages for the remaining linguistic domains. That is to say, there is probably not just one sensitive period for SLA [= second language acquisition], but several: one for phonology, one for morpho-syntax, and so on" (Long 1990: 274). FLuL 26 (1997) 232 Werner Bleyhl Aber auch die pathologische Spracherwerbsforschung (etwa in bezug auf die fehlende Anlage für bestimmte sprachliche Morphologie (Gopnik 1990) oder in bezug auf Legasthenie (Shaywitz 1997)) zeigt den in den Unterschieden erkennbar werdenden Modulcharakter der Sprachfähigkeit. Wie Scovel (1988) ausführte, behält der Fremdsprachenlerner ab der Pubertät einen Akzent, den er praktisch nicht mehr verliert. Die Natur alias Evolution wollte es also, daß der inzwischen sozialisierte Mensch ab dem Moment, wie er zum Genpool seines Stammes beitragen kann, gerade an seiner Sprache als Angehöriger seines Stammes zu erkennen ist. Damit hat der Fremdsprachenunterricht für ältere Lerner faktisch ein Handicap. Er wird aber am meisten erreichen, wenn er nicht gegen, sondern mit der Natur arbeitet. Gegen die Natur heißt unökologisch und auch unökonomisch, auch wenn es mit der kognitiven Brechstange versucht wird. Solches wird des öfteren im Fremdsprachenunterricht unternommen, wo mittels Regeln gearbeitet wird, die nur solche der Beschreibung, aber nicht der Produktion sind, also keiner psycholinguistischen Wirklichkeit entsprechen (Bleyhl 1995a). 4. Konsequenzen für Fremdsprachenforschung und -unterricht Doch bleiben wir auf der makroskopischen Ebene des Alltags. Wann je sind die Ausgangskonstellationen der jeweils involvierten Faktoren gerade bei einem Sprachlernprozeß identisch? Wann lassen sie sich so genau beschreiben und erfassen, daß sie vergleichbar werden? Wann sind die internen wie externen Veränderungen der Lerner während eines Lernprozesses faßbar? Gerade die komplexen Abhängigkeiten der Größen untereinander und die Unmöglichkeit, die Wirkungen all dieser Größen im einzelnen, geschweige in ihren simultanen Wechselbeziehungen, zu erfassen, vereiteln jede präzise Voraussage. Zudem wissen wir um die hochempfindliche Abhängigkeit dynamischer Systeme von ihren Anfangsbedingungen. - Und Lerner wie Klassen können durchaus als solche dynamischen Systeme verstanden werden (Bleyhl 1989b). Allein das Eingeständnis, daß es sich etwa bei der im Fremdsprachenunterricht allgemein so wichtig erachteten Motivation um ein Wechselwirkungsprodukt zwischen Motiven im Lerner und den Anregungsbedingungen der Situation (Zimmermann nach Karbe 1994: 308) handelt, um ein (post hoc geschaffenes) "hypothetisches Konstrukt zur Erklärung beobachtbaren Verhaltens" (Lukowski 1976), um die Summe aller Faktoren, die Verhalten auslösen oder in irgendeiner Weise beeinflussen, macht offensichtlich, daß das Unterrichten nicht als ein linear kausal erklärbares Geschehen verstanden werden kann, sondern eher als eine 'Kunst'. Das konter-intuitive, nicht-lineare, nicht-triviale Verhalten eines komplexen, dynamischen Systems, etwa einer Klasse, macht es ja eben so schwierig, die Beeinflussung adäquat zu bestimmen. FLuL 26 (1997) Fremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß 233 Im Bereich des Fremdsprachenerwerbs wurden die für dynamisches Geschehen typischen Phasensprünge, also (nichtlineare) Qualitätssprünge, mit 'nucleation' (Pike 1960, Belasco 1965, 1981), auch mit 'watershed effect' (Higgins 1988) benannt. In der Fremdsprachenforschung Deutschlands weigert man sich aber, solche Phänomene im Sprachlernprozeß zur Kenntnis zu nehmen. 3 Palmer (1925) und Billows (1961) benützten für die vorproduktive Verarbeitungsphase eines zu lernenden Sprachphänomens den Begriff der 'incubation period', und Winitz/ Reeds (1973), Postovsky (1974) oder Gary (1978) zogen daraus die methodische Konsequenz des 'delayed oral practice' (vgl. Bleyhl 1982). Methodisch ist dies die Konsequenz aus dem Verständnis des Spracherwerbs als eines 'Selbstorganisationsprozesses' (Wildgen 1990), was auch für den Fremdsprachenerwerb (Bleyhl 1989b, 1993b, 1995b) gilt. Der Punkt, um den es geht, ist, daß sich das Denken in der Fremdsprachenforschung von der naiven Vorstellung eines linearen kettenförmigen Kausalgeschehens lösen muß. Generell läuft das Denken gerade in der Sprachforschung Gefahr, einem simplen Input-Output-Schema anzuhängen. Die linguistisch orientierte Erwerbsforschung weigert sich bislang, zur Kenntnis zu nehmen, daß der Sprachproduktion in den „prelinguistic stages oflanguage acquisition" (Wildgen 1990) bereits komplexe Denk- und Lernoperationen vorausgegangen sein müssen (vgl. Papousek 1989). Es sei daran erinnert, daß schließlich empirisch aufgezeigt wurde, wie beispielsweise im Bereich Wortverstehen das Durchschnittsalter des Kindes für die ersten 10 Wörter 10.5 Monate, für die ersten 50 Wörter 13.2 Monate beträgt; im Bereich Wortproduzieren liegt der Durchschnitt für die ersten 10 Wörter bei 15.1 Monaten, für die ersten 50 Wörter bei 19.6 Monaten (Kuhl et al. 1992: 608). Dies heißt grosso modo, daß ein Wort erst einige Zeit dem Bereich des passiven Wortschatzes angehört, ehe es aktiv gebraucht wird (vgl. Bleyhl 1995c). Dieses Prinzip gilt für den gesamten Sprachbereich, auch für Lautung, Lexik oder Syntax im Zweit- und Fremdsprachenerwerb. Für den Umgang mit Deklinationen stellt Diehl etwa fest: "Der Erwerb hängt also dem Lernen offenbar vier bis fünf Jahre nach" (1994: 140). Diehl hat auch aufgezeigt, daß eine Existenz von Erwerbssequenzen zwar nicht in Frage zu stellen ist, die Übergänge aber fließend sind und die Lerner gleichzeitig mit mehreren Hypothesen arbeiten. Eine Erklärung all dieser Beobachtungen läßt sich eben nicht mit einem linearen Lernkonzept bewerkstelligen. Der aufmerksame Leser wird vielleicht rekursiv erkennen, daß die Opposition zwischen dem traditionellen linearen Fremdsprachenunterricht und dem nichtlinearen Fremdsprachenunterricht den Umbruch vom klassisch mechanistischen Ursache-Wirkungs-Denken zum globaleren, ganzheitlichen Denken in Netzbeziehungen reflektiert, den vom mechanistischen Weltbild zum quantenphysikalischen. 3 Erfreulicherweise scheint man sich jedoch in der Disziplin Deutsch als Fremdsprache des Phänomens bewußt zu werden, wo etwa Diehl (1994: 141) Beispiele von 'sprunghaftem Erwerbsfortschritt' aufzeigt. FLuL 26 (1997) 234 Werner Bleyhl Eine Aufgabe des linearen Fremdsprachenunterrichts zugunsten eines nichtlinearen Fremdsprachenunterrichts bedeutet, daß Abschied genommen wird von der Baukastenmentalität. Es wird nicht vorgegangen nach dem Schema des Mauerbaus, bei dem Stein auf Stein gesetzt werden soll. Sprachphänomene sind eben keine Steine, sondern 'unscharfe Mengen' (Bleyhl 1989a), jene 'fuzzy sets' gemäß der Fuzzy-Logik, die aus ihrer Vernetztheit im so komplexen Sprachsystem leben, die die Eingebundenheit in die Situation brauchen und das Mitdenken der Beteiligten erforderlich machen. Sie können nicht einzeln herausgebrochen und isoliert gelernt oder gelehrt werden. Dies macht ja das Sprachlernen zu einem nichtlinearen Prozeß. Je häufiger, vielgestaltiger und intensiver der Lerner dabei Umgang mit Sprache hat, je mehr Erfahrung er mit Sprache erlebt, desto schneller und auf um so höherem Niveau stabilisiert sich seine Sprachkompetenz (vgl. Bleyhl 1996b). Die Einsicht in das Wesen des Sprachenlernens als eines ganz persönlichen Konstruktionsprozesses bedeutet aber nicht nur die Anerkennung des autonomen Lerners (etwa Little 1994), sondern auch die Anerkennung der Autonomie des Lehrers mit seiner Verantwortung und Aufgabe, den Lernern die jeweils angemessene Herausforderung zur mentalen Aktivität mittels der Fremdsprache zuteil werden zu lassen. Auch das ein weites Feld, das hier abzuschreiten nicht mehr möglich ist. Fazit: Es ist bedauerlich, wenn gerade Geisteswissenschaftler in ihren Forschungsbemühungen den Geist auf jenes Prokrustesbett der Linearität und damit auf eine mechanistisch verstandene Kausalität zwängen. Nach allem, was wir zunehmend sicherer aus den Ergebnissen der Neurobiologie und Kognitionswissenschaft wissen, können wir davon ausgehen, daß unser Gehirn, auch beim Sprachenlernen, simultan mehrdimensional, eben nichtlinear arbeitet. Linearität, Sequentialität kann gerade bei etwas derart Komplexem wie Sprache (auch wenn diese paradoxerweise beim Sprechen selbst linear in der Zeit fließt) für die Vermittlung von Sprache nicht optimal sein. Eingebettet in Raum und Zeit, in Funktionalität und Sinn kommt das Gehirn der Lerner mit 'Zufall' und 'Notwendigkeit' besser zurecht, als dies die sich auf Linearität beschränkenden Forscher meinen. Coda: Wem das hier erörterte Anliegen, daß im Grunde ein anderes Verständnis des Sprachlernprozesses notwendig ist, zu theoretisch erscheint, dem sei zum Schluß noch ein Bild angeboten. In seinem nachdenklichen Buch über die Schule heute erinnert Papert (1993) daran, daß bei dem Versuch des Menschen, den Vögeln das Fliegen nachzumachen, nicht das Prinzip des Flügelschlagens das erfolgreiche war, sondern die banal erscheinende aber viel fundamentalere - Erkenntnis des Prinzips, daß Vögel in der Luft auch gleiten können, weil es eben einen Trageeffekt, einen Aufwindeffekt der Luft gibt, und daß diese Flugart die viel ökonomischere ist. Wenn man nun diese Einsicht auf das Sprachenlernen übertragen wollte, dann entspräche der traditionelle Fremdsprachenunterricht, wie das schulische Lernen meist, dem flügelschlagenden Fliegen. Das ist beschwerlich, verlangt selbstverständlich Mühen wie Wörter- und Grammatikpauken und ist letztlich von einem unter Optimierungssgesicht'spunkten fragwürdigen Verhältnis zwischen Aufwand an FLuL 26 (1997) Fremdsprachenlernen als dynamischer und nichtlinearer Prozeß 235 Energie und Erfolg gekennzeichnet. Im natürlichen Spracherwerb lernt man Wörter und Strukturen, ohne bewußt Mühen auf sich zu nehmen, aber das ist ja etwas anderes als Schule. Und wie wäre es, wenn man auch in der Schule dem Lerner eine anfängliche Erfahrung des Aufwindeffekts mittels Weltwissen (Bleyhl 1994b und 1995) gestattete, wenn man dem Lerner eine Verarbeitungszeit, eine 'Inkubationszeit' für die neuen Phänomene erlaubte? Das wäre für Lerner wie Lehrer nicht nur ökonomischer, es wäre effektiver und auch den Lerngesetzen des Gehirns entsprechender. Weit mehr als der Flügelschlag eines Vogels, der im Loch sitzt, vermag der Flügelschlag bei einem gleitenden Vogel zu verändern (und vielleicht sogar ein bewußtmachender Hinweis bei einem erfahrenen Lerner). Bauen wir doch die Nester für unsere Jungvögel nicht in windgeschützte Mulden, sondern auf Dächer und Baumwipfel, jedenfalls hoch hinauf, wo die Jungen den Trageeffekt der Luft bei den Alten sehen und selbst spüren, sowie sie den Kopf über den Nestrand recken. 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