Fremdsprachen Lehren und Lernen
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0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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1997
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Gnutzmann Küster SchrammKarl-Richard BAUSCH, Herbert CHRIST, Frank G. KÖNIGS, Hans-Jürgen KRUMM (Hrsg.): Erforschung des Lehrens und Lernens fremder Sprachen
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1997
Krzysztof Nerlicki
Karl-Richard BAUSCH, Herbert CHRIST, Frank G. KÖNIGS, Hans-Jürgen KRUMM (Hrsg.): Erforschung des Lehrens und Lernens fremder Sprachen. Zwischenbilanz und Perspektiven. Arbeitspapiere der 16. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Narr 1996 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 160 Seiten [DM 36,-]
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250 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel fremdsprachlicher Rezeptions- und Produktionsfähigkeiten - und dessen Erforschung, Beschreibung und Erklärung geht es jedoch insgesamt eher weniger. Bielefeld Karin Aguado Karl-Richard BAUSCH, Herbert CHRIST, Frank G. KÖNIGS, Hans-Jürgen KRUMM (Hrsg.): Erforschung des Lehrens und Lernens fremder Sprachen. Zwischenbilanz und Perspektiven. Arbeitspapiere der 16. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Narr 1996 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 160 Seiten [DM 36,-]. In den letzten zwanzig Jahren hat die wissenschaftliche Erforschung des Lehrens und Lernens fremder Sprachen erheblich an Bedeutung gewonnen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe. Fest steht, daß unser Wissen über Sprachlehr- und -lernvorgänge deutlich zugenommen hat. Dazu hat auch die deutsche Sprachlehr- und -lernforschung beigetragen. Ein Beleg dafür sind die seit sechzehn Jahren vorgelegten Ergebnisse der jährlich stattfindenden Frühjahrskonferenz. Die Papiere der 16. Frühjahrskonferenz, die vom 15. bis 17. 2. 1996 stattfand, stellen eine Art Zwischenbilanz dar, die auf erreichte Untersuchungsergebnisse zurückschaut und auf mögliche Zukunftsperspektiven hinweist. Die einerseits nach 'innen' (d.h. auf die Fremdsprachenlehr- und -lernforschung selbst) und andererseits nach 'außen' (interdisziplinär) ausgerichteten Sichtweisen vermitteln einen guten Überblick über die Vielfalt der Untersuchungsgegenstände. Es ist nicht verwunderlich, daß viele der auf der Konferenz zur Sprache gebrachten Probleme auf einer geschichtlich untermauerten Grundlage basieren und somit auch die Entwicklungsperioden des jungen wissenschaftlichen Faches referieren. Dies gilt besonders für den Aufsatz von Karl-Richard Bausch, der in einer chronologischen Darlegung die Ergebnisse der Sprachlehrforschung innerhalb der letzten 22 Jahre verfolgt. Werner Bleyhl greift eine seit langem die Fremdsprachenforschung beschäftigende Problematik auf, nämlich das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis, das er als 'Kraftfeld' der Fachdidaktik versteht (19). Sowohl die bisherige Unterrichtspraxis und ihre Erkenntnisse als auch deren theoretische Basis werden von ihm eher skeptisch betrachtet. Den Grund für nicht selten vorkommende Fehlentwicklungen sieht er in der viel zu wenig stattfindenden simultanen Betrachtung der in der Sprachlehr- und -lernforschung mit zu berücksichtigenden relevanten Bezugswissenschaften. Auch im Beitrag von Wolfgang Börner wird diese Problematik angesprochen. Der Autor gibt zu bedenken, ob die bisherige Einteilung der Forschung in einen deskriptiv-erklärenden und einen präskriptiven Teil zur Kennzeichnung der Disziplin ausreicht. Die dreigliedrige Ebenendifferenzierung - 1. als Ebene des Unterrichts im Klassenzimmer, 2. als Ebene der Lehrkonzepte, 3. als Ebene der Erforschung der Ebene 1 und z.T. 2 scheint ihm zur Charakterisierung der Verhältnisse zwischen Theoretikern und Forschern einerseits und den Praktikern andererseits aufschlußreicher und ergebnisversprechender zu sein. Lothar Bredella zweifelt an einer direkten Übertragung der Forschungsergebnisse in die Praxis, weil"[...] das Verhältnis komplexer als das eines bloßen Umsetzens von Forschungsergebnissen" ist (36). Am Beispiel einer hermeneutischen Landeskunde- und Literaturdidaktik verdeutlicht er das Verhältnis von Verstehen, Verständigung und Einverständnis im Dienste einer interkulturellen Kompetenz, wobei er auch auf bestehende Gefahren, z.B. den Zusammenhang von Macht und Verstehen, hinweist. Herbert Christ fokussiert seine Konzeptdarstellungen auf eine weniger scharfe Trennung zwischen Fremdsprachenunterricht und anderen Formen des Erwerbs von Fremdsprachen. Den von ihm genannten Faktoren, z.B. Lerner, Lehrer, Lehrmaterialien, Rahmenbedingungen usw., werden die fremdsprachenunterrichtlichen Dimensionen wie Zeit und Kulturraum gegenübergestellt (48), die durch ineinandergreifende Beziehungen den Forschungskomplex FLuL 26 (1997) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 251 konstituieren. Willis Edmondson betrachtet die Ergebnisse der letzten 20 Jahre aus der Perspektive der fremdsprachlichen 'Praxiseffekte', die „ein Maßstab für die Effektivität bzw. Förderungswürdigkeit" der Forschungen sein sollten (54). Die Erträge der Forschung für die Praxis beurteilt er aus verschiedenen Gründen als nicht zufriedenstellend. Claus Gnutzmann weist auf politische Rahmenbedingungen hin, unter denen die Disziplin arbeiten muß und die sich nachteilig für sie auswirken. Er plädiert für eine empirisch begründete Forschung, die sich gegen rezeptologische Vorgehensweisen wendet (64 f). Gert Henrici berichtet über Forschungsinteressen, -erträge und daraus resultierende Perspektiven, die die Bielefelder Arbeitsgruppe Fremdsprachenerwerb zur theoretischen und vor allem empirischen Debatte in den letzten 10 Jahren beigetragen hat. Juliane Hause hebt unter den vielen Forschungsaspekten der letzten 20 Jahre die Lernerzentriertheit als eines der wesentlichen Untersuchungsthemen hervor. Frank G. Königs beschäftigt sich mit der auch von Werner Bleyhl und Wolfgang Börner gestellten Frage nach den Beziehungen zwischen Forschung und unterrichtlicher Praxis. Der Fremdsprachenunterricht wird als Ganzes „in einem global-konzeptuellen Sinne" betrachtet (92). Einigen Untersuchungsfeldern wie Methoden, Medien, Lehrwerken und -materialien sowie Lernkonzepten sollte mehr Platz eingeräumt werden. In der Zukunft bedürften 'Fehlerkorrekturen', 'Übersetzen', 'bilingualer Unterricht', 'interkulturelle Kommunikation' der gründlichen Erforschung. Hans-Jürgen Krumm erörtert drei Orientierungen, die den Fremdsprachenunterricht und seine Gestaltung wesentlich mitgeprägt hätten: die Lerner 0 orientierung, die kommunikative Orientierung, die interkulturelle. Orientierung (96). Mit eher skeptischem Blick bewertet er die bisherige Umsetzung der theoretisch-empirischen Befunde in die fremdsprachenunterrichtliche Praxis und versucht ausgehend von .der eigenen Erfahrung, wonach „die notwendige Wechselbeziehung zwischen Forschung und Praxis bislang nur in raren Einzelfällen funktioniert" (97) -, neue Wege und Maßnahmen zu skizzieren. Friedhelm Lach stellt in Form einer persönlichen Bilanzierung seines Tätigkeitsbereichs neuere Unterrichtskonzepte vor. Gundula List thematisiert ihre Unzufriedenheit mit den bisherigen Sprachlehrforschungsergebnissen unter drei Aspekten: 1. der schulischen Sprachenpolitik, 2. den unzulänglichen Bedingungen zur Förderung der fremdsprachlichen Kommunikation, 3. der fehlenden interkulturellen Vermittlung von Sprachen. Franz-Joseph Meißner analysiert die Entwicklung der Fremdsprachendidaktik nach ihren sozial-organisatorischen, forschungsmethodologischen Erträgen der letzten zwei Jahrzehnte. Gerhard Neuner verfolgt die Ergebnisse der letzten Jahre aus drei Perspektiven: 1. Forschungsfelder/ Forschungsaufgaben, 2. Forschungsmethoden, 3. Arbeitsbereiche und Projekte. Der Beitrag von Peter Scherfer widmet sich eher der Weiterentwicklung des Fremdsprachenunterrichts und orientiert sich an zwei Gesichtspunkten: 1. neue Trends des Fremdsprachenunterrichts, 2. Perspektiven für die Forschung. Nach seiner Auffassung gehören zu den neuen relevanten Ansätzen: Fremdsprachenunterricht durch Interaktion, bilingualer Unterricht und autonomes Fremdsprachenlernen, die seiner Meinung nach „einen Kompromiß zwischen der Tradition und einigen der angedeuteten Erkenntnisse bilden" (135). Helmut J. Vollmer hebt in seinem Beitrag hervor, daß das Lehren und Lernen einer Fremdsprache eine starke Fokussierung auf den Lerner voraussetzt, der nicht nur an der Dynamik des Lernprozesses teilnehmen solle, sondern die Gelegenheit erhalten müsse, ihn in großem Maße mitzugestalten. Insgesamt werden in den Beiträgen des Bandes die wesentlichen Erträge und die noch bestehenden Defizite in der Erforschung des Fremdsprachenerwerbs erfaßt. Trotz der thematischen Disparatheiten und der heterogenen Perspektivierungen diese spiegeln den aktuellen Stand der Erforschung des Fremdsprachenerwerbs durch die Disziplinen Sprachlehr-/ -lernforschung und Fremdsprachendidaktik wider vermittelt die Lektüre des Sammelbandes interessante Einblicke und Einsichten. Bielefeld KrzysztofNerlicki FLuL 26 {1997)