Fremdsprachen Lehren und Lernen
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0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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1998
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Gnutzmann Küster SchrammGabriele KASPER, Eric KELLERMAN (eds.): Communication Strategies: Psycholinguistic and Sociolinguistic Perspectives
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1998
Karin Aguado
Torsten Schlak
Gabriele KASPER, Eric KELLERMAN (eds.): Communication Strategies: Psycholinguistic and Sociolinguistic Perspectives. London/New York: Longman 1997, iX + 398 Seiten
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234 Buchbesprechungen • Tagungsberichte institutionelle Rahmenbedingungen eine wesentliche Rolle spielen. Das Kapitel schließt mit einen Vorschlag für eine tabellarische Stundenskizze, in der die folgenden Aspekte berücksichtigt werden sollten: Thema, Ziele, Verlauf der Stunde: Lernphasen, Lehrer-/ Lerneraktivitäten, Arbeits- und Sozialphasen, Medien. Die beiden letzten Abschnitte dieses Kapitels enthalten die Titel einer 'Auswahl nützlicher Arbeitsmittel für den Unterricht' wie z.B. bibliographische Mittel, fachdidaktische Einführungen und Orientierungen, Fachzeitschriften, Wörterbücher, Grammatiken, Lehrwerke, Materialien zu den sprachlichen Grundfertigkeiten und den sprachlichen Fähigkeiten, Lerntechniken, Sprachmagazine, Landeskunde/ interkulturelles Lernen, Sammlungen von kurzen literarischen Texten, Sprachlernspiele, Modelle und Anregungen für den Unterricht. Ferner werc den Anschriften von einschlägigen Institutionen und Fachverlagen genannt, und es schließt sich ein Sachindex an, der allerdings in Anbetracht der thematischen Fülle der Einführung ein wenig knapp geraten ist. Fazit: Zusammenfassend betrachtet handelt es sich bei der vorliegenden Einführung um ein gut lesbar geschriebenes und äußerst informatives Werk, das einen guten und aktuellen Überblick über die Bandbreite des Arbeitsfeldes Deutsch als Fremdsprache ermöglicht. Es handelt sich um eine differenzierte und kritische Darstellung, die auch die wichtigsten Erkenntnisse neuerer empirischer Forschung miteinbezieht und somit den aktuellen Diskussionsstand reflektiert, wobei ein ausgewogenes Verhältnis zwische theorie- und praxisbezogenen Fragestellungen erreicht wird. Im Sinne eines lernerorientierten Ansatzes kommt es den Autoren darauf an, dem autonomen, selbstgesteuerten Lernen und der aktiven Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand 'Deutsche Sprache und Kultur' eine zentrale Rolle einzuräumen. Insbesondere die Anregungen für den eigenen Unterricht und der umfangreiche Serviceteil - und dabei v.a. die weiterführenden Literaturangaben sind für angehende und bereits in der Praxis stehende DaF-Lehrende von großem Nutzen. Diese Einführung stellt daher eine gute Ergänzung zu den bereits existierenden Einführungen dar und ist Studierenden und Lehrenden des Faches Deutsch als Fremdsprache wännstens zu empfehlen. Bielefeld Karin Aguado Gabriele KASPER, Eric KELLERMAN (eds.): Communication Strategies: Psycholinguistic and Sociolinguistic Perspectives. London/ New York: Longman 1997, iX + 398 Seiten. Der vorliegende Sammelband besteht aus drei großen Teilen (Part I "Psycholinguistic Perspectives", Part II "Expanding the Scope" und Part III "Sociolinguistic Perspectives"), denen jeweils eine kurze Einführung der Herausgeber zu den insgesamt 15 Beiträgen vorangestellt ist. Am Ende des Buches findet sich eine umfangreiche Bibliographie mit über 450 Einträgen sowie ein Sach- und ein Personenregister. Im einleitenden Kapitel ("lntroduction: approaches to communication strategies") befassen sich die Herausgeber u.a. mit Fragen der Definition, Identifikation und Klassifikation von Kommunikationsstrategien [im folgenden KS], ihrer Erwerbsrelevanz und den zu ihrer Erhebung und Analyse verwendeten Methoden und Designs. Kasper/ Kellerman stellen fest, daß KS anfangs in erster Linie als Aktivitäten zum Zwecke der Problemlösung gesehen wurden, als „mentale Pläne" bzw. als psycholinguistische Prozesse der kognitiven Verarbeitung und der Sprachproduktion. Auch wenn diese Sichtweise die Strategienforschung insgesamt dominierte, gab es dennoch schon relativ früh Ansätze zu einer interaktiven Perspektive auf die KS, in denen ihre Verwendung als ein Versuch zur interaktiven Bedeutungsaushandlung gesehen wurde. Solche Interaktionen, für die Modifikationen, Bestätigungen und Verständnisüberprüfungen charakteristisch sind, stellen eine effektive Inputquelle dar und sind somit potentiell erwerbsrelevant, insbesondere wenn sie FLuL 27 (1998) Buchbesprechungen • Tagungsberichte 235 zur Elizitierung positiven Feedbacks sowie Bereitstellung von mehr verarbeitbarem Input dienen und den Lernenden bei der Lösung sowohl rezeptiver als auch produktiver Probleme behilflich sind. Zur Forschungsmethodologie in bezug auf die KS merken die Herausgeber an, daß die meisten Studien auf Problemlösungsaufgaben wie z.B. der Beschreibung eines Gegenstandes zwecks Identifikation durch einen Zuhörer basieren. Zur Verringerung der Künstlichkeit, die mit solchen Aufgaben verbunden ist, ist man im Laufe der Zeit dazu übergegangen, die Probanden Geschichten erzählen, Arbeitsanweisungen formulieren oder abstrakte Figuren beschreiben zu lassen. All dies sind zuverlässige, gut kontrollierbare Möglichkeiten der Datengewinnung, die eine Vergleichbarkeit ermöglichen und die Erhebung und Messung diverser Variablen erlauben. Das Problem der Künstlichkeit bleibt allerdings nach wie vor bestehen. Studien, in denen unter authentischen oder quasi-natürlichen Bedingungen kommuniziert wird, sind zwar wünschenswert, aber eher selten und bringen das Problem der eingeschränkten Kontrollierbarkeit mit sich. Als Ziel neuerer Forschungen beschreiben Kasper/ Kellerman die Suche nach Gemeinsamkeiten strategischen sprachlichen Verhaltens zur Bewältigung verschiedener Aufgaben, unter der Bedingung unterschiedlicher externer Einflußnahme. Part I ("Psycholinguistic Perspectives"): Sämtliche Artikel in diesem Hauptabschnitt thematisieren grundsätzliche konzeptuelle und theoretische Fragestellungen der KS-Forschung und gehen dabei mehr oder weniger explizit auf die Taxonomie der Nijmegen Group (Kellerman [et al.] 1987) ein. Im ersten Artikel ("Investigating communication strategies in L2 reference: pros and cons" [17-30]) liefern George Yule & Elaine Tarone einen ausführlichen Überblick über zwei fundamental verschiedene Traditionen zur Erforschung der KS und erläutern theoretisch-konzeptuelle und methodologische Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Ansätze. Da sind zum einen diejenigen Forscher, die sich im Rahmen der Interlanguage-Forschung mit der Ermittlung variabler Performanz also mit extern beobachtbaren interaktiven Prozessen befassen und deren Forschungsergebnisse dazu führen, bestehende KS-Taxonomien zu erweitern ('the Pros'); und da sind zum anderen diejenigen Forscher, die sich für interne, kognitive Prozesse interessieren, reduktionistisch vorgehen und für die die Generalisierbarkeit und die psychologische Plausibilität der Modellierung von zentraler Bedeutung sind ('the Cons: ). Während die 'Pros' für die Vermittlung von Strategien plädieren, weil diese offensichtlich sprach- und kulturspezifisch und für das Gelingen der Interaktion wichtig sind, lehnen die 'Cons' dies mit dem Argument ab, daß Sprecher in der L2 ohnehin von sich aus dieselben Strategien wie in der Ll anwenden. Allerdings sprechen die Ergebnisse empirischer Forschungsarbeiten dafür, daß die Strategienverwendung aufgaben- und möglicherweise auch designspezifisch ist. In bezug auf zukünftige Forschung plädieren die beiden Autoren für ein stärker ausgeprägtes Bewußtsein für sozio-kulturelle Einflüsse auf die L2-Performanz und deren angemessene Berücksichtigung. Sie erachten den Vergleich im Strategiengebrauch von Muttersprachlern und Nichtmuttersprachlern als eine wichtige Erkenntnisquelle, deren empirische Untersuchung als Basis für didaktische Maßnahmen hinsichtlich der Vermittlung von Strategien fungieren kann. - Eric Kellerman & Ellen Bialystok ("On psychological plausibility in the study of communication strategies" [31-48]) betrachten den Strategiengebrauch von Nichtmuttersprachlern als einen Subtyp des allgemeinen strategischen Sprachverhaltens. Es geht ihnen um die Gemeinsamkeiten, diejeglicher sprachlicher Verarbeitung sei es in der Ll oder in der L2 inhärent sind: Die Autoren bestreiten somit die Spezifik nichtmuttersprachlichen KS-Gebrauchs. Sie unterziehen die von der Nijmegen Group aufgestellte, psycholinguistisch angelegte Taxonomie konzeptueller und sprachlicher Strategien einer näheren Betrachtung und unternehmen den Versuch einer Synthese dieses Modells mit Bialystoks zweidimensionalem Modell der sprachlichen Verarbeitung und Entwicklung, indem sie den KS eine Funktion einräumen für den Fall, daß die Balance zwischen den beiden Dimensionen 'analysis' und 'control' gestört ist. - Nanda Poulisse ("Compensatory strategies and the principles of clarity FLuL 27 (1998) 236 Buchbesprechungen • Tagungsberichte and economy" [49-64]) beschreibt und erklärt die Effekte, die die jeweiligen Aufgabenstellungen auf die Verwendung von KS v.a. von Kompensationsstrategien haben. Sie teilt die Auffassung von Kellerman & Bialystok, daß der fremdsprachliche KS-Gebrauch lediglich ein Spezialfall des allgemein-strategischen Sprachgebrauchs sei. Poulisse zeigt, daß die von Leech (1983) aufgestellten, als universal gültig bezeichneten Prinzipien 'clarity' und 'economy' nicht nur im Ll-, sondern auch im L2-Gebrauch eine wichtige Rolle spielen und sich nicht nur auf den Gebrauch von Kompensationsstrategien beziehen, sondern darüber hinaus auch die Phänomene codeswitching und Selbstkorrekturen bei Versprechern betreffen. Die Bedingungen, die für die Bewältigung ungestörter Kommunikation gelten, sind ebenso auch für Kommunikationsprobleme relevant. Auf der Basis der im Rahmen des Nijmegen-Projekts erhobenen Daten macht Poulisse die Beobachtung, daß der Aufwand für die Reparatur von Versprechern z.T. davon abhängig ist, für wie relevant oder störend sie gehalten werden: Fehler, die Tabuthemen berühren oder sozial nicht akzeptabel wären, werden in jedem Fall repariert. Ferner gibt es einen Unterschied zwischen falschen und unangemessenen Lexemen: während die falschen die Kommunikation stören können und deshalb sofort repariert werden, behindern unangemessene Wörter i.d.R. nicht das Verständnis und werden deshalb häufig zu Ende artikuliert, u.a. um dadurch Zeit für die Suche nach einem besseren Wort zu gewinnen. In bezug auf das code-switching, das häufig unabsichtlich geschieht, merkt Poulisse an, daß davon hauptsächlich Funktions- und Editionswörter betroffen sind undaufgrund ihrer geringen kommunikativen Relevanz nur relativ wenige Inhaltswörter. - George Russell ("Preference and order in first and second language referential strategies" [65- 95]) stellt eine Replikationsstudie zu einer Arbeit von Kellerman [et al.] (1990) vor; in Russells Studie sollten japanische Englischlernende sowohl in ihrer LI als auch in der L2 abstrakte Formen beschreiben. Unabhängig von der jeweiligen Sprache scheint es eine bestimmte Strategienhierarchie zu geben, nach der holistische Strategien an erster, partitive an zweiter und lineare an dritter Stelle stehen. Russell konnte also die zuvor von Kellerman [et al.] aufgestellte Hierarchie bestätigen, räumt allerdings ein, daß die auffällig häufige Verwendung von holistischen Strategien aufgabeninduziert sein könnte und daß zur endgültigen Bestätigung der Hypothese weitere empirische Studien erforderlich seien. Aber auch wenn diese Hierarchie sprachübergreifend gültig sein sollte bzw. sowohl im LI, als auch im L2-Gebrauch beobachtbar sei, stelle sich dennoch die Frage nach der Kulturspezifik der Strategienverwendung. So scheint es sowohl von der Sprachfähigkeit, dem allgemeinen Weltwissen als auch von der Einschätzung bzgl. des Weltwissens des Zuhörers abhängig zu sein, welche Strategien ein Sprecher einsetzt. - Brigitte Stemmer & Yves Joanette ("Strategies in verbal production of brain-damaged individuals" [96-126]) befassen sich mit dem Kommunikationsstrategiengebrauch bei Aphasikern, einer bisher empirisch nur sehr wenig bearbeiteten Thematik. Aufgrund der von Kellerman (1990) kritisierten mangelnden psychologischen Plausibilität der meisten Klassifikationsvorschläge in bezug auf ihre Kompatibilität mit kognitiven und problemlösenden Prozessen bei der Sprachproduktion versuchen die Autoren den psychologischen Ursachen für den Einsatz von Strategien auf den Grund zu gehen. Sie stellen fest, daß auf allen fundamentalen sprachlichen Ebenen (Phonologie, Morphosyntax, Syntax und lexikalische Semantik) sowohl konzeptuelle als auch sprachliche Kompensationsstrategien verwendet werden, räumen allerdings gleich zu Beginn die eingeschränkte Aussagekraft ihrer Ergebnisse ein. Generell gilt, daß Aphasiker dieselben Strategien verwenden wie Nicht-Aphasiker, und es scheint keine systematische Präferenz für die einzelnen Strategietypen zu geben. Allerdings spielt offensichtlich der Aphasietyp eine Rolle bei der Auswahl der jeweiligen Strategien. Abschließend plädieren die Autoren für eine kognitionspsychologisch ausgerichtete Rehabilitation von Aphasikern. Part II ("Expanding the Scope"): In diesem Teil findet eine Erweiterung der Thematik auf Kontexte statt, dien ich t L2-erwerbsspezifisch sind. Es geht aus sehr unterschiedlichen theoretischen Paradigmen heraus um den KS-Gebrauch bei verschiedenen Sprechern i.e. ein- und FLuL 27 (1998) Buchbesprechungen • Tagungsberichte 237 zweisprachige Kinder, erwachsene Ll- und L2-Sprecher im Hinblick auf verschiedene Modalitäten und unterschiedliche Ll und L2. Peter Lloyd ("Developing the ability to evaluate verbal information" [131-145]) befaßt sich u.a. mit den verschiedenen methodologischen Vorgehensweisen bei der Untersuchung referentieller Kommunikation. Er kritisiert insbesondere die Künstlichkeit des Designs der meisten empirischen Studien, v.a. ihren Mangel an Möglichkeiten zur Interaktion und zur Aushandlung und ihre Beschränkung auf Feedback. Die Fähigkeit zur referentiellen Kommunikation, die Entwicklung · autonomer Ressourcen und die Befähigung zur sozialen Aushandlung von Bedeutung wird von Lloyd als eine fundamentale Voraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung schulspezifischer Anforderungen gesehen. Seiner Ansicht nach müßten in bezug auf die Vermittlung auch hier sprach- und kulturspezifische Merkmale berücksichtigt werden. - Werner Deutsch [et al.] ("Can one be more than two? Monoand bilinguals' production of German and Spanish object description in a referential communication task" [146-167]) beschreiben Unterschiede hinsichtlich der Objektbeschreibung bei einsprachigen und zweisprachigen Kindern der Sprachen Deutsch und Spanisch. Untersuchungsgegenstand ist die Verwendung von Farb- und Größenadjektiven in Nominalphrasen, die mittels referentieller Kommunikationsaufgaben elizitiert werden. Im Hinblick auf den funktionalen Aspekt der Referenz konnte kein Unterschied festgestellt werden, im Hinblick auf die Grammatikalität hingegen weisen die bilingualen Kinder Abweichungen bezüglich ihrer 'schwächeren' Sprache (hier Spanisch) auf; die Autoren konstatieren einen unidirektionalen negativen Transfer von Deutsch nach Spanisch. Die einsprachig deutschen Kinder übertrafen die einsprachig spanischen in ihrer referentiellen Fähigkeit, da sie zur Identifizierung des jeweiligen Gegenstandes mehr Informationen lieferten als für das Verständnis erforderlich war. Insgesamt scheint auch diese Studie auf eine kulturspezifisch unterschiedliche Strategienverwendung hinzudeuten, insofern als die spanischsprachigen Kinder der kognitiv-informativen Dimension weniger Aufmerksamkeit widmeten als der interaktiv-emotionalen. - Auf der Basis von Bildbeschreibungen erläutern Ana Maria Rodino & Catherine E. Snow ("Y ... no puedo decir nada mas: distance communication skills of Puerto Rican children" [168-191]) die kommunikativen Fertigkeiten von 20 Unterschichtskindern; die Kontrollgruppe stellen Kinder gleichen Alters aus der Mittelschicht dar. Die von den Probanden produzierten Texte wurden anhand der Kategorien Quantität, Spezifizität, Dichte, Narrativität und Flüssigkeit analysiert. Die Komplexität der produzierten Beschreibungen variiert mit dem Grad der Kontextualisierung, und zwar sowohl in der L1 (Spanisch) als auch in der L2 (Englisch). Unabhängig von der sozialen Schicht jedoch ist bei allen Kindern das Wissen um die Notwendigkeit und die Fähigkeit zur Anpassung an distanzierte Kommunikation vorhanden. Ob die Kinder allerdings in bilingualen oder in nichtbilingualen Programmen unterrichtet werden, spielt offensichtlich keine Rolle, da beide Gruppen schlechtere Leistungen in ihrer L1 Spanisch zeigen: die Beschreibungen sind deutlich kürzer und weisen mehr Fehler auf, während die sprachlichen Leistungen in der 'schwächeren' Sprache Englisch deutlich elaborierter, präziser und flüssiger sind. So kommt es trotz - oder gerade wegen der bilingualen Erziehung zu einer Art Erstsprachenverlust. Die Autorinnen konstatieren somit einen 'negativen' Einfluß der Unterrichtsinstruktion auf die Fähigkeiten in der Ll Spanisch. - Patricia A. Duff ("The lexical generation gap: a connectionist account of circumlocution in Chinese as a second language" [192-215]) unternimmt den Versuch, lexikalische Kommunikationsstrategien, insbesondere die 'circumlocution' -Strategie anhand von tonbandaufgezeichneter 'face-to-face' -Kommunikation zwischen einem wenig kompetenten erwachsenen L2-Sprecher des Chinesischen (mit L1 Englisch) und Muttersprachlern bzw. Zweitsprachenlernern des Chinesischen konnektionistisch zu beschreiben und zu erklären. Sie entscheidet sich dabei für einen 'localist-connectionist' -Ansatz, der u.a. dadurch gekennzeichnet ist, daß auf symbolische Informationen repräsentiert in Form von 'network nodes' zurückgegriffen wird. Fünf relevante Episoden werden analysiert, wobei dazu teilweise einfache semantische Netzwerke erstellt FLuL 27 (1998) 238 Buchbesprechungen • Tagungsberichte werden. Duff nimmt an, daß erfolgreiches lexikalisches Suchen von einer effizienten Aktivierung interkonnektierter semantischer und lexikalischer Merkmale (213) bei gleichzeitiger Hemmung anderer Merkmale abhängt. Wie Duff selbst betont, bleibt ihre Analyse recht spekulativ, eine Computersimulation der angenommenen Zusammenhänge wurde nicht versucht. - In seinem Artikel ("An introspective analysis of listener inferencing on a second language listening task" [216-237]) beschreibt Steven Ross auf der Grundlage introspektiver Daten, mit welchen lnferenzstrategienjapanische ESL-Lerner verschiedener Niveaus an einen mit Bilderindentifikationsaufgaben arbeitenden Hörverstehenstest herangehen. Er sieht in diesem Vorgehen eine Möglichkeit, die 'item response'-Validität der einzelnen Testitems zu erkunden und folgt damit einem Trend der Testforschung, bei der Bestimmung der Validität eines Tests nicht nur externe Kriterien über statistische Verfahren, sondern auch die internen kognitiven Prozesse des Prüflings während der Testbearbeitung zu berücksichtigen. Es stellt sich heraus, daß die Verwendung der ermittelten Strategien vom Schwierigkeitsgrad der einzelnen Testitems und der Sprachkompetenz des jeweiligen Lerners beeinflußt wird. Ross fokussiert dabei sogenannte 'misfits', also von weniger kompetenten Prüflingen überraschenderweise richtig bzw. von kompetenten Lernern überraschenderweise falsch beantwortete Items. Kompetente Lerner waren in der Lage, mehr und komplexere Elemente des auditiven Stimulus zu verarbeiten und in ein referentielles Schema einzuordnen. Auf allen Kompetenzniveaus frequent, jedoch mit unterschiedlichen Funktionen und Konsequenzen, wurde die 'Schlüsselwortstrategie' verwendet. - Der letzte Beitrag von Part II ("Studying language use as collaboration" [238-274]) stammt von Deanna Wilkes-Gibbs und wird von den Herausgebern als eine Art Brücke zwischen der psycholinguistischen und der soziolinguistischen Perspektive der KS-Verwendung bezeichnet. Wilkes-Gibbs betrachtet konversationelle Interaktionen als einen fundamental kollaborativen Prozeß. Um zu einer erfolgreichen Interaktion zu gelangen, passen die Interaktanten ihre Redebeiträge gegenseitig an die von ihnen jeweils gemachten Annahmen an und handeln so nach dem 'Prinzip der gegenseitigen Verantwortung' (239), bei dem interaktiv konstruiertes Wissen die Basis bildet. Auch in diesem Ansatz wird die kognitive Komponente nicht unterschätzt, da es um die gemeinsame Bewältigung einer Aufgabe geht und weniger um den sozialen Aspekt der Interaktion. Part III ("Sociolinguistic Perspectives"): In den vier Beiträgen des letzten Hauptteils geht es um die Funktion von KS in der sozialen Interaktion. Auf der Basis von Interaktionen mit Nichtmuttersprachlern in verschiedenen sozialen und institutionellen Interaktionssituationen werden unterschiedliche Verfahren zu ihrer Beschreibung und Erklärung gewählt, die dementsprechend unterschiedliche Konsequenzen für das Konzept der KS haben. In seinem Beitrag "A sociolinguistic perspective on L2 communication strategies" [279-303] setzt sich Ben Rampton kritisch mit der gegenwärtigen KS-Forschung auseinander und erweitert das Konzept der KS aus soziolinguistischer Perspektive insofern, als nicht mehr allein individuelle, dyadische Kommunikation und Referenzprobleme im Zentrum stehen. Statt dessen berücksichtigt er darüber hinaus auch ritualisierte Kommunikation sozialer Gruppen, verfolgt dabei einen weiten, die interpersonale Kommunikation einschließenden Problembegriff und illustriert anhand verschiedener Studien, daß die Nichtbeachtung außersprachlicher Faktoren die Vielseitigkeit von KS verschleiert. Existierende Taxonomien müßten seiner Auffassung nach um 'resistance' und 'comity' -Strategien erweitert werden. Besonders ausführlich werden in den beschriebenen Studien verschiedene Funktionen und Konsequenzen der Lerneridentität thematisiert, die sowohl Ursache als auch Folge von Kommunikationsproblemen sein kann. Ihre Evaluation hängt von verschiedenen Kontextfaktoren ab, kann sowohl mit Prestige als auch mit Stigmatisierung verbunden sein und ist dabei hochgradig variabel. Abschließend zeigt Rampton Wege auf, wie sich psycho- und soziolinguistische Forschungsansätze fruchtbar miteinander verbinden lassen. - Jessica Williams, Rebecca lnscoe & Thomas Tasker ("Communication strategies in an interactional context: the mutual achievement of comprehension" [304-322]) zeigen in ihrem diskursanalytisch ausgerichte- FLuL 27 (1998) Buchbesprechungen • Tagungsberichte 239 ten Beitrag, daß "international teaching assistants" (ITAs) mit begrenzter mündlicher Sprachkompetenz als Chemielabortutoren erfolgreich mit muttersprachlichen Studierenden kommunizieren können und führen dies auf die Verwendung von der spezifischen Kommunikationssituation angemessenen KS zurück. Deutlich wird auch hier, daß außersprachliche Kontextfaktoren, wie z.B. der Grad an fachlicher Kompetenz in diesem Fall sind die Nichtmuttersprachler die Experten-, von entscheidender Bedeutung für den Verlauf der Kommunikation und die Verwendung von KS sind. Williams [et al.] verstehen unter KS weniger lokale Problemlösestrategien als vielmehr Verfahren der Anpassung an spezifische Kommunikationssituationen. Sie konzentrieren sich dabei auf das partnerschaftliche Aushandeln von Verstehensproblemen statt auf isolierte Produktionsschwierigkeiten und untersuchen nicht nur sprachsondern auch informationsbasierte Lücken. In ihrer Datenanalyse konnten sie feststellen, daß die Kommunikationspartner insgesamt auf eine konservative Fragestrategie zurückgreifen, was sich in der Bevorzugung geschlossener Fragen und einer schrittweisen und partnerschaftlichen Bedeutungsaushandlung niederschlägt. Allerdings muß eingeräumt werden, daß die festgestellte KS zwar zu erfolgreicher Verständigung führt, dem Spracherwerb der ITAs jedoch kaum zuträglich ist. - Johannes Wagner & Alan Firth ("Communication strategies at work" [223-344]) bemühen sich um eine Wiederbelebung und Neuorientierung des interaktionalen KS-Ansatzes. Sie kritisieren, daß dieser Ansatz in der Vergangenheit durch einen Mehrfachfokus auf Verständigungs- und Erwerbsprozesse, auf interaktional-soziale und auf kognitiv-individuelle Aspekte überfrachtet worden ist und fordern eine Konzentration auf interaktionale Verständigungsprozesse. Die Autoren begrenzen den Begriff KS dabei auf Interaktionsphasen, in denen die Interaktionspartner aktuelle, aber auch potentiell zu erwartende Kommunikationsprobleme über Pausen, den Intonationsverlauf, Verzögerungssignale etc. markieren. Sie analysieren authentische 'lingua franca' -Interaktionen und MS-NMS-Telefongespräche und stoßen dabei auf KS-Phänomene, die in einem die Produktionsebene isolierenden psycholinguistischen Ansatz unbemerkt bleiben würden. So können Wagner/ Firth u.a. zeigen, daß KS potentiell mehrdeutige Interaktionsprodukte darstellen und häufig nicht markiert werden, was unterschiedliche Gründe haben kann. - Bezugnehmend auf die Beschreibung der strategischen Komponente in Modellen Kommunikativer Kompetenz macht Gabriele Kasper ("Beyond reference" [345-360] die Vernachlässigung von interpersonalen zugunsten von referentiellen hier v.a. lexikalischen - Kommunikationsproblemen in der KS-Forschung deutlich. Sie zeigt auf, daß interpersonale Probleme durch konfligierende, auf den Ebenen 'interbzw. intrapersonal', 'aktional' bzw. 'relational' anzusiedelnde Ziele entstehen können und daß diese Probleme in intrakultureller Kommunikation weniger wahrscheinlich sind als in interkultureller Kommunikation. Gleichzeitig macht Kasper aber auch deutlich, daß Lernerstatus nicht immer ein Problem sein muß, sondern auch als Ressource genutzt oder völlig unbeachtet bleiben kann. Sie betont, daß Lerneridentität lokal konstruiert und von großer Relevanz für den Kommunikationsverlauf ist. Im Bereich der Pragmatik werden Kommunikationsprobleme und strategisches Verhalten dazu gehören Verbosität und Direktheit von Nichtmuttersprachlern, solidaritätsbildende Strategien, 'code switching' als positive Höflichkeitsstrategie und das Bilden von lokalen, aufgabenorientierten positiven Referenzgruppen durch die Kommunikationspartner primär auf der Grundlage des gegenwärtigen Forschungsstandes der 'Interlanguage Pragmatics' beschrieben und Forschungsperspektiven für die Zukunft aufgezeigt. Fazit: Zusammenfassend ist zu sagen, daß es sich bei dem vorliegenden Band um eine äußerst lesens- und empfehlenswerte Sammlung verschiedenster, z.T. auch kontroverser Ansätze zum Untersuchungsgegenstand „Kommunikationsstrategien" handelt. Die einzelnen Studien geben einen ausgezeichneten Überblick über das breite Spektrum dieser Thematik und spiegeln den aktuellen Forschungs- und Diskussionsstand wider. Die differenzierten und kritischen Darstellungen vermitteln Rezipienten unterschiedlicher Ausrichtungen die neuesten Ergebnisse empirischer Forschung zu verschiedenen psycho- und soziolinguistischen Aspekten der Strategien- FLuL 27 (1998) 240 Buchbesprechungen • Tagungsberichte verwendung. Sowohl hinsichtlich theoretischer als auch empirischer - und dabei insbesondere forschungsmethodologischer - Fragestellungen bietet dieser Sammelband interessante Informationen und zahlreiche wertvolle Anregungen für zukünftige Forschungsaktivitäten. Bielefeld Karin Aguado, Torsten Schlak George YULE: Referential Communication Tasks. Mahwah, N. J.: Erlbaum 1997, IX + 125 Seiten. George Yules Monographie ist der erste Band einer neuen, von S. Gass und J. Sehachter herausgegebenen Reihe (Monographs on Research Methodology), die sich mit der wichtigen und bisher vernachlässigten Thematik der Datenerhebung im Kontext der Zweitsprachenerwerbsforschung beschäftigt. Die Herausgeberinnen sind der Auffassung, daß ein adäquates Verständnis zweitsprachenerwerbsbezogener Forschungsergebnisse eine solide Kenntnis der zu ihrer Ermittlung verwendeten Datenerhebungsinstrumente voraussetzt. Dementsprechend sollen die Leser mit verschiedenen Erhebungsinstrumentarien, ihrer historischen und gegenwärtigen Anwendung, mit ihren Stärken und Schwächen und den Forschungsfragen, zu deren Untersuchung sie eingesetzt werden, vertraut gemacht werden. Yule befaßt sich in seiner lOOseitigen Monographie mit 'Referential Communication Tasks' [im folgenden RCT], einem Instrument, das zumindest von seiner Bezeichnung her - LI- Forschem eher geläufig sein wird als L2-Experten. Mit referentieller Kommunikation bezeichnet man kommunikative Akte, bei denen Informationen zwischen zwei Personen ausgetauscht werden. Entscheidend für den Erfolg solcher Kommunikationssituationen ist, ob es den Interaktionsteilnehmem gelingt, Referenz zu schaffen und aufrecht zu erhalten. Im ersten Kapitel erhalten die Leser einen Überblick über den Forschungsbereich 'Referentielle Kommunikation', dessen historische Entwicklung bis zu Piagets entwicklungspsychologischen Studien zurückverfolgt wird. Zentrale Begriffe wie 'Referenz' und 'Kommunikation' werden definiert, 'referentielle Kommunikationsforschung' von traditioneller Zweitsprachenerwerbsforschung abgegrenzt, typische Forschungskontexte ebenso wie die von den Forschungsteilnehmern eingenommenen Rollen beschrieben und problematisiert. Ferner werden die Unterschiede und Überschneidungen zwischen interpersonaler und referentieller Kommunikation verdeutlicht. Wie jedes Kapitel, so schließt auch dieses mit kommentierten Literaturhinweisen zu den besprochenen Aspekten des Kapitels. Im zweiten Kapitel wird die Entwicklung der Fähigkeit zur referentiellen Kommunikation beim LI-Erwerb beschrieben. Mit ca. sechs Jahren beginnen Kinder gewöhnlich, mehrdeutige von eindeutigen Mitteilungen zu unterscheiden. Yule diskutiert nativistische, soziale und kognitive Erklärungen für diesen Entwicklungsprozeß, wobei er einen multikausalen Zusammenhang annimmt. Es folgt eine Darstellung der späteren Entwicklung referentieller Kommunikationsfähigkeit. Yule betont, daß nicht jeder LI-Sprecher eine umfassende referentielle Kommunikationsfähigkeit erwirbt und diskutiert Konsequenzen dieser Erkenntnis für die L2-Forschung. Im dritten Kapitel erfolgt eine Charakterisierung von RCTs in Abgrenzung von den Datenerhebungsinstrumenten, die für die Erforschung des L2-Morphosyntaxerwerbs eingesetzt werden. RCTs werden dabei u.a. als diskursbasiert, kontextualisiert und die mündliche Kommunikation betonend beschrieben. Yule listet zentrale und allgemein akzeptierte Merkmale solcher Aufgaben auf und nennt eine Reihe von Dimensionen, anhand derer sich einzelne Aufgabentypen unterscheiden lassen. Dementsprechend kann zwischen "one way"- und "two way"-Aufgaben, zwischen offenen und geschlossenen Aufgaben und zwischen Aufgaben mit konvergierender und solchen mit divergierender Zielorientierung unterschieden werden. Zudem thematisiert Yule die FLuL 27 (1998)
