Fremdsprachen Lehren und Lernen
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0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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1999
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Gnutzmann Küster SchrammMartin STEGU, Rudolf DE CILLIA (Hrsg.): Fremdsprachendidaktik und Übersetzungswissenschaft
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1999
Bernd Stefanink
Martin STEGU, Rudolf DE CILLIA (Hrsg.): Fremdsprachendidaktik und Übersetzungswissenschaft. Beiträge zum 1. Verbal-Workshop, Dezember 1994. Frankfurt/M.: Peter Lang 1997 (Sprache im Kontext), 358 Seiten [DM 89,-]
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Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 231 naiven Ratschläge teilweise zum Widerspruch reizen. So sind z.B. Zeitungsberichte keine gängigerweise „zur Veröffentlichung bestimmte[n]" (113) Übersetzungstexte, zumal sie nicht auf empirischen Untersuchungen basieren, sondern auf zwei spärlichen Zitaten von Königs und Nord. 3 Martin STEGU, Rudolf DE C! LLIA (Hrsg.): Fremdsprachendidaktik und Übersetzungswissenschaft. Beiträge zum 1. Verbal-Workshop, Dezember 1994. Frankfurt/ M.: Peter Lang 1997 (Sprache im Kontext), 358 Seiten [DM 89,-] Es handelt sich um Beiträge zum 1. Workshop des österreichischen Verbands für Angewandte Linguistik (VERBAL). Der Titel ist etwas irreführend. Der Leser erwartet Beiträge, die zwischen den beiden im Titel aufgeführten Wissenschaftsbereichen eine enge Verbindung herstellen und zu didaktischen Schlußfolgerungen gelangen, wie sie sich aus den jüngeren übersetzungstheoretischen Erkenntnissen ergeben. Dieser Vorstellung entsprechen allerdings nur 4 Beiträge, die unter dem Obertitel „Übersetzungsunterricht" (91- 150) zusammengefaßt sind. Daneben gibt es drei weitere Bereiche, die sich diesem Thema zumindest vom Titel her verpflichtet fühlen, nämlich: "Theorie des Fremdsprachenlernens und Spracherwerb" (29-91), "Fachsprache und Fremdsprachenunterricht" ( 151-207) und „Aus der Praxis des Fremdsprachenunterrichts" (207-345). Die nachfolgenden Anmerkungen beziehen sich ausschließlich auf die übersetzungsdidaktischen Artikel im engeren Sinn. Der Aufsatz von Klaus KAINDL: "Translatorische Kompetenz mit beschränkter Haftung? Zur Konzeptionslosigkeit des universitären Übersetzungsunterrichts" (91-105) endet mit dernicht mehr ganz neuen -Feststellung: "Der Übersetzungsunterricht muß umkehren! " Völlig zu recht verurteilt Kaindl die aktuelle Situation des universitären Übersetzungsunterrichts. Angesichts der Fortschritte in der Übersetzungstheorie hat die Übersetzungsdidaktik kaum Fortschritte zu verzeichnen. Die Ursachen sieht Kaindl einerseits in der „Theoriescheue" ( I00) der Lehrenden an den Übersetzer- und Dolmetscherinstituten, andererseits in der mangelnden Abgrenzung der Inhalte, Zielsetzungen und didaktischen Methoden dieser Institute gegenüber den Fremdsprachencurricula an den Universitäten (99). Vehement wendet sich Kaindl gegen den Anspruch einiger Übersetzungsdidaktiker (er nennt: Königs, Klein-Braley/ Smith, Grelle! , House, Stefanink, Beier/ Möhn), im Rahmen der Fremdsprachenausbildung auch translatorische Kompetenz zu vermitteln. Eine solche, den Kontext der Zitate ins Gegenteil verfälschende Kritik kann nicht unwidersprochen bleiben. So wirft mir Kaindl eine „laienhafte Auffassung [vom Übersetzen vor], die davon ausgeht, daß Übersetzen im Austauschen von Wörtern besteht" (93). Bei sorgfältiger Lektüre des zitierten Artikels aus dem Jahre 1993 wäre Kaindl aufgefallen, daß ich genau das Gegenteil zu zeigen versucht habe, nämlich, daß es bei der übersetzerischen Kompetenz nicht auf die Kenntnis des einen oder des anderen Wortes ankommt, sondern auf die idiomatische, situationsadäquate Wiedergabe der Mitteilung in der Zielsprache, wie eindeutig aus dem Beispiel, auf das Bezug genommen wird, hervorgeht. Kaindl verspricht sich einiges von Krings' introspektivem Ansa'lz und bedauert seine mangelnde Weiterentwicklung. Hier sei auf Stefanink (1991, 1995 und 1999a) verwiesen, wo dieser Ansatz für übersetzungsdidaktische Zwecke weiterentwickelt wird. Auch was die wissenschaftliche Fundierung des Übersetzungsunterrichts an der Hochschule angeht, hat sich einiges getan; da Kaindl die Literatur bis einschließlich 1994 rezipiert hat, ist es um so bedauerlicher, daß die Saarbrücker Bemühungen um eine wissenschaftlich fundierte Übersetzungsdidaktik unerwähnt bleiben, die in Gerzymisch-Arbogast ( 1994) dokumentiert sind. Konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Übersetzungsdidaktik an der Hochschule sind in diesem Artikel nicht zu finden. So wie Kaindl kritisiert auch Gerhard PISEK (106 ff) die Universitätsdozenten, die versuchen, in den im Rahmen der Fremdsprachenausbildung an den Universitäten angebotenen Veranstaltungen zum Übersetzen, neuere Erkenntnisse der Übersetzungsdidaktik zu vermitteln. "Trotz der tristen Ergebnisse der Übersetzungskurse" (118) scheinen ihm die Übersetzungskurse im „universitären Sprachunterricht" durchaus „sinnhaft", „da Übersetzungen als Ausgangspunkt für Diskussionen jeglicher Art dienen können, seien diese nun Der Band ist im großen und ganzen ordentlich redigiert. Hingewiesen sei auf die fehlende bibliographische Angabe zu Larson (] 984) [S. 608] (= Mildred Larson: Meaning-based Translation: A guide to Cross / anguage Equivalence. New York: Lanham & London: Univers Equity Press of America), die man in der Bibliographie vergeblich sucht. IFLll! L 28 (1999) 232 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel grammatikalischer, stilistischer oder sozio-kultureller Natur" ( 118). Pisek verurteilt zwar-ebenso vehement wie Kaindl die mangelnde Unterscheidung von „pädagogischem Übersetzen" und „professionellem Übersetzen", räumt schließlich aber in einer Fußnote ein, daß das, was für den professionellen Übersetzer gilt, nämlich „daß er lernen müsse, zu verstehen, seine Enzykloplädie sei wichtiger als sein Wörterbuch", „in vielleicht etwas abgeschwächter Form, auch für die Sprachstudenten" ( 119) gilt. Ist damit nicht der erste Schritt in Richtung eines sogenannten „professionellen Übersetzens" getan? Auf keinen Fall haben wir es dann nämlich mit dem „pädagogischen Übersetzen" zu tun, das lediglich der Überprüfung der Sprachbeherrschung dient, wie es von den Vertretern dieser Unterscheidung definiert wird. Pisek zitiert R. Cunningham, der das Übersetzen als "the supreme test of knowledge of two languages" ( 118) bezeichnet. Sollte man da nicht "and of two cultures" hinzufügen? Dann kämen wir nämlich zu der in Stefanink (1993) aufgestellten Behauptung, daß auch für den Philologiestudenten die Übersetzung die "voie royale du test des connaissances" darstellt. Allein dies geht nicht ohne einen theoretischen Hintergrund, der eben klarmacht, daß beim Übersetzen dem kulturellen Faktor Rechnung zu tragen ist, wie z.B. von Vermeer (1986) vorgetragen wird, den Pisek selbst zitiert (allerdings wiederum nur in einer Fußnote). Meine persönliche Erfahrung mit dem universitären Übersetzungsunterricht widerspricht Piseks Behauptungen. Es ist durchaus möglich, in den zwei von ihm als obligatorisch angegebenen Veranstaltungen zur Übersetzung die zum Übersetzen erforderlichen theoretischen Grundlagen zu vermitteln, wenn man sich auf die didaktisch relevanten Punkte der übersetzungstheoretischen Diskussion konzentriert, die dann auch für die Praxis relevant sind, zumal die Fremdsprachenstudenten/ -innen im Rahmen ihres Studiums mit diesen Gebieten der Linguistik, Landeskunde und Literatur vertraut gemacht worden sind. Ich denke da z.B. an die Textsortentheorie von Reiss (1971 ), an die Skopostheorie von Reiss/ Vermeer (1984) und an Überlegungen von Hönig/ Kußmaul (1982). Selbst wenn letztere inzwischen in Bezug auf die semantische Grundlagenforschung etwas hinterherhinken, wirken sie in anderen Bereichen wie etwa hinsichtlich der Berücksichtigung der "speech acts"-Theorie beim Übersetzen überzeugend. Mary SNELL-HORNBY bedauert die mangelnde Umsetzung derübersetzungstheoretischen Fortschritte der letzten dreißig Jahre in die Unterrichtspraxis; dies sowohl im Angebot für Berufsübersetzer als auch für Philologen, die sie streng voneinander unterschieden wissen möchte. Sie ist jedoch vom „didaktischen Potential des Übersetzungsunterrichts, auch im Rahmen eines Philologiestudiums[ ... ] überzeugt nicht jedoch als 'Testverfahren', sondern um die Einsicht in die Gesetzmäßigkeiten der beiden betroffenen Sprachen und in die unterschiedlichen Ausprägungen kultureller Normen (von Textsortenkonventionen bis zu Verhaltensnormen) zu fördern" (132). Martin STEGUS Beitrag (135-147) wirft die Frage der Abgrenzung zwischen Übersetzungswissenschaft und Linguistik auf. Angeführt werden die Argumente der Linguisten, die die Übersetzungswissenschaft als Teildisziplin der Linguistik ansehen, und die Argumente der Übersetzungswissenschaftler, die ihre Domäne als eine eigenständige Disziplin auffassen. Gewarnt wird vor zu aggressiven Abgrenzungsversuchen gegen eine falsch verstandene (strukturalistisch konzipierte) Linguistik, ohne daß man den neueren Entwicklungen der Textlinguistik oder der Pragmalinguistik Rechnung trägt. Da Stegu sich nicht für eine eindeutige Zuordnung entscheiden kann, führt er Vor-und Nachteile der beiden Zuordnungsalternativen auf. Fazit: Für den Übersetzungsdidaktiker, der sich durch den Titel hat verlocken lassen, ist der Ertrag etwas mager. Für den Fremdsprachendidaktiker allgemein gibt es Berichte aus der Praxis zu den verschiedenen Bereichen des Fremdsprachenerwerbs von der Phonetik über die Fehleranalyse zur kulturellen Kommunikation und zum Computereinsatz im Fremdsprachenunterricht. Besonders interessant scheint mir die Aufforderung von Philip Herdina und Ulrike Jessner den Multilinguismus nicht als „doppelten Monolinguismus" (45) zu behandeln, sondern ein eigenes „systemtheoretisches Modell des Multilingualismus" (58) zu entwerfen, womit die Vf. sich zur Zeit befassen. Douglas ROBINSON: Becoming a Translator. An Accelerated Course. London: Routledge 1997, 330 Seiten [f: 14,99] Die Tatsache, daß fast gleichzeitig zwei Übersetzungslehrbücher erscheinen, die beide den Anspruch erheben, die Ausbildung von Übersetzern beschleunigen zu wollen und dabei extrem gegensätzliche Metho- IFJLIIIL 28 (1999)