Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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1999
281
Gnutzmann Küster SchrammSherry SIMON: Gender in Translation
121
1999
Bernd Stefanink
Sherry SIMON: Gender in Translation. Cultural Identity and the Politics of Transmission. London: Routledge 1996 (Translation Studies), 208 Seiten [15,99 £]
flul2810237
Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 237 Im Index ist leider der Begriff der Intuition nicht aufgeführt, der im Übersetzungsprozeß immer mehr Beachtung findet und auch mehrmals im Text vorkommt (114, 264 et passim), allerdings nicht ausführlich erörtert ist. Überhaupt wird man bedauern, daß dem Begriff nicht ein ganzer Artikel gewidmet wurde. Auch die äußerst reichhaltige, gut angelegte Bibliographie 9 spricht für die Anschaffung dieses Werkes, das in keiner übersetzungswissenschaftlichen Bibliothek fehlen sollte. Sherry SIMON: Gender in Translation. Cultural ldentity and the Politics ofTransmission. London: Routledge 1996 (Translation Studies), 208 Seiten [15,99 f] Wer sich mit Theorie befaßt, um Erkenntnisse für eine Übersetzungsdidaktik abzuleiten, wird hier schwerlich auf seine Kosten kommen. Verächtlich wird die "traditional question which has preoccupied translation theorists 'How should we translate, what is a correct translation? '"(7) in den Wind geschlagen. Die „Bipolarisierung" zwischen "literalism and freedom" wird als ein "sterile standoff' (36) abgetan. "Translation is not a carrying across, but a reworking of meaning" zitiert die Vf. Godard (1995: 73) auf Seite 23. Der Übersetzer ist schöpferisch tätig, wie ein Autor: "The process of translation must be seen as a fluid production of meaning, similar to the other kinds of writing" (12). Die Suche nach dem Sinn nach dem „Gemeinten im Gesagten", wie es die Hermeneutikerin Radegundis Stolze nennen würdewird den geistigen Kleinkrämern überlassen: "[... ] meaning is no longer a hidden truth to be 'discovered' but a set of discursive conditions tobe 're-created'"(l 3); "translation" wird als "re-writing" (VIII) aufgefaßt. Ein Schlag ins Gesicht des „Hermeneutikers" George Steiner, der laut Vf. mit seiner machistisch-aggressiven Sicht des Translationsakts, mit seinem "thrust", "supposes the perspective of masculine sexuality" (29), obwohl seine Theorie vorgibt "gender-free" zu sein. Frauen sind da ehrlicher: "feminist translators quite willingly acknowledge their interventionism (29), wie es z.B. die Übersetzerin de Lotbiniere-Harwood praktiziert: "We need to resex language" (1991: 117) (20). Die Vf. zitiert eine Reihe von Beispielen solcher "re-sex"-Prozesse: "author" wird "auther" geschrieben, wenn es sich um eine Frau handelt, die lesbische Liebhaberin wird als "shelove" statt "amante" bezeichnet, das feminine "aube" des Französischen wird normgerecht mit "dawn" wiedergegeben, aber als "she" pronominalisiert, "these feminization strategies make it possible for target-language readers to identify the lesbian in the text" (de Lotbiniere-Harwood 1995: 162) (21). Das erklärte Ziel derartiger sprachlicher Kreativität gibt Harwood im Vorwort zu einer ihrer Übersetzungen an: "My translation is a political activity, aimed at making language speak for women. So my signature on a translation means: this translation has used every translation strategy to make the feminine visible in language" (15), nach dem Motto: "Translators have all the rights as long as their game is played up front" (36). ' 0 In diesem Sinne wird dann auch eine sicherlich informative historische Darstellung weiblicher Übersetzer geliefert, wobei sich als Charakteristikum weiblicher Übersetzungim Gegensatz zu Steiners machistischer Erobererhaltung in Bezug auf den quellensprachlichen Text ein Sich-durch-den-Text-erobern-lassen herauskristallisiert: "The translator must 'surrender' to the text" (144), wie es die von der Vf. zitierte Übersetzerin Gayatri Spivak formuliert, für die das "total surrender" in einer "first translation at top speed" ( 144) besteht. "Translation is not a communicative act" ( 143), sondern der Quellentext und sein "Schatten" stehen in einer Liebesbeziehung zueinander, bei der "respect for the irreducibility of otherness (143) die Aufrechterhaltung der Erotik in der Beziehung gewährleistet. Tout un programme! Fazit: Das Buch macht bewußt, daß häufigbewußt oder unbewußt - Übersetzung als kulturpolitisches Instrument mißbraucht wird, hauptsächlich von Männern, wie z.B. ,bei der Bibelübersetzung. Diesen Mißbrauch nun, im Gegenzug, programmatisch auf die Fahnen der Frauenbewegung zu schreiben, scheint mir den Teufel mit Belzebub austreiben zu wollen. Mit Sätzen wie "contemporary translation studies are struggling against 'the old binary concept of translation [which] saw original and translated texts as two Stärend wirkt die Uneinheitlichkeit bei den Angaben der Vornamen (ausgeschrieben vs. Initialen), Bei Krings 1988 fehlen die Seitenzahlen (393-410); auf S. 190 sind in der Bibliographie zu ergänzen: Krings 1986 und Juliane House, 10 Die Vf zitiert hier Berman (1995: 92). IFILruuL 28 ( 1999) 238 Neuerscheinungen • Eingegangene Bücher poles" ( 12) (ein Zitat aus Bassnet 1992: 66) werden fundamentale praxisrelevante Konzepte übersetzerischen Vorgehens etwas frühzeitig zu Grabe getragen. Ersetzt werden sie durch Metaphern wie die einer '"orgasmic' theory of translation" (13) (aus Bassnet 1992: 72), die weder in der übersetzerischen Praxis noch im Rahmen der Übersetzungsdidaktik von Nutzen sind. Wenn man jedoch auf diesen praktischen Nutzen verzichten kann, dann liest sich das Buch als eine interessante kulturhistorische Studie. [Zitierte Literatur] GENTZLER, Edwin (1993): Contemporary Translation Theories. London: Routledge GERZYMISCH-ARBOGAST, Heidrun ( 1994): Ubersetzungswissenschaftliches Propädeutikum. Tübingen: Francke (UTB 1782). GERZYMISCH-ARBOGAST, Heidrun / MUDERSBACH, Klaus (1998): Methoden des wissenschaftlichen Übersetzens. Tübingen: Francke (UTB 1990). NORD, Christiane (1991a): Textanalysis in Translation. Amsterdam: Rodopi. REISS, Katharina (1971): Möglichkeiten und Grenzen der Übersetzungskritik. Kategorien und Kriterienfitr eine sachgerechte Beurteilung von Übersetzungen. München: Hueber. REISS, Katharina/ VERMEER, Hans ( 1984): Grundlegung einer Translationstheorie. Tübingen: Narr. HÖNIG, Hans G. / KußMAUL, Paul ( 1982): Strategie der Übersetzung. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Tübingen: Niemeyer. STEFANINK, Bernd: ( 1991) "Vom Nutzen und der Notwendigkeit der Theorie für den universitären Übersetzungsunterricht". In: The Role ofTranslation in Foreign Language Teaching, TRIANGLE 10. Paris: Didier Erudition, 59-84. STEFANINK, Bernd (1993): "Übersetzen als fünfte Fertigkeit". In: Zielsprache Französisch, Heft 2. STEFANINK, Bernd (1995): "L'ethnotraductologie au service d'un enseignement de la traduction centre sur l'apprenant". In: Le langage et l'homme, n° 4 (octobre), 265-293. STEFANINK, Bernd ( 1999a): "Analyse conversationnelle et didactique de la traduction". In: Studica Romanica Posnaniensa 1999 [im Druck]. STEFANINK, Bernd (1999b): "Langue et identite nationale en Roumanie au 19' siecle". [Erscheint in: ] Societe et Langage. Paris 1999. Eingegangene Bücher * BREDELLA, Lothar/ DELANOY, Werner (Hrsg.): Interkultureller Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Narr 1999 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 530 Seiten. (**) DE CILIA, Rudolf/ FISCHER, Gern/ ANZENGRUBER, Grete: Lehren und Lernen fremder Sprachen in Österreich. Wien: Pädagogischer Buchversand 1997 (Schulheft 88), 183 Seiten. DRETZKE, Burkhard: Modem British and American English Pronunciation. A Basic Textbook. Paderborn [etc.]: Schöningh 1998 (UTB 2053), 247 Seiten.(*) Langenscheidts Power Wörterbuch Französisch. Französisch-Deutsch, Deutsch-Französisch. Völlige Neuentwicklung 1999. Herausgegeben von der Langenscheidt-Redaktion. Berlin [usw.]: Langenscheidt 1999, 480 Seiten. Das Sternchen(*) hinter einem Buch verweist auf den Rezensionsteil. Ein doppeltes Sternchen(**) deutet an, daß eine Besprechung für den Jahrgang 29 (2000) vorgesehen ist. IFIL11llL 28 ( 1999)