Fremdsprachen Lehren und Lernen
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0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2001
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Gnutzmann Küster SchrammRadegundis STOLZE: Die Fachübersetzung. Eine Einführung
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2001
Bernd Stefanink
Radegundis STOLZE: Die Fachübersetzung. Eine Einführung. Tübingen: Narr 1999 (Narr Studienbücher). 278 Seiten [DM 39,80]
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266 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel vorziehen, in die das Handbuch unterteilt ist. Der Praktiker schließlich wird nicht nur Hilfsmittel, wie Tabellen zu „Maßeinheiten und Umrechnungsfaktoren" vorfinden, sondern auch einen ganz praktischen Informationen gewidmeten Teil mit Kapiteln zum „Berufsbild", zur „Marktsituation des Übersetzers" bzw. des „Konferenzdolmetschers", zur Ausbildungssituation usw. sowie Adressen von Berufsverbänden, wissenschaftlichen Gesellschaften usw. Inhaltlich fällt auf, dass die „Pariser Schule", die E.S.I.T., lediglich durch Karla DEJEANLEFEAL im Bereich Dolmetschdidaktik vertreten ist, womit man ihr in keiner Weise gerecht wird. Die von SELESKO- VITCH und LEDERER erarbeitete und auf den im Bereich Simultandolmetschen gewonnen Erkenntnissen aufbauende « approche interpretative » wird im deutschen Sprachraum kaum zur Kenntnis genommen. 14 Die Darstellung der E.S.I.T. im Kapitel „Ausbildungssituation in Europa" stellt die "ESIT (Sorbonne)" neben die "ISIT" ohne darauf hinzuweisen, dass die ISIT der privaten Universite Catholique angegliedert ist und im Unterschied zur ESIT keine eigene Theorie entwickelt hat. Bei den ausführlichen Literaturangaben, die die insgesamt 114 Artikel liefern, fällt auf, dass häufig die gleichen Standardwerke oder Aufsatzartikel zitiert werden. Für eine Neuauflage empfiehlt sich eine Gesamtbibliographie am Ende des Buches, die wie das Beispiel von Baker's Routledge Encyclopedia ofTranslation (1998) zeigt einen besseren Überblick über die Fachliteratur gewährleistet. Fazit: Das Handbuch Translation besticht durch die Klarheit, mit der die grundlegenden Fragen der Translationswissenschaft kompetent dargestellt sind. Es bestätigt und illustriert den interdisziplinären Charakter dieser Wissenschaft, indem es die facettenreichen Beziehungen zu Nachbardisziplinen aufzeigt. Zudem eröffnet es insofern Forschungsperspektiven, als es den aktuellen Forschungsstand klar umreißt und die sich daraus ergebenden Forschungsdesiderate dezidiert formuliert. Aufgrund dieser inhaltlichen Qualitäten sowie einer benutzerfreundliche Konzeption ist das Buch nicht nur Praktikern und Studierenden, sondern auch Lehrenden und Forschem ohne Einschränkung zur Lektüre zu empfehlen. Radegundis STOLZE: Die Fachübersetzung. Eine Einführung. Tübingen: Narr 1999 (Narr Studienbücher). 278 Seiten [DM 39,80] Stolzes „Einführung" ist mehr als eine „Sensibilisierung für die Gesamtproblematik" (12) fachsprachlichen Übersetzens, wie sie bescheiden vorausschickt. Nachdem sie Translation, im Sinne von Holz- Mänttäri, als Handlungsgefüge dargestellt hat, in dem die fachsprachliche Kommunikation angesiedelt ist, macht S. auf die Schwierigkeiten der Abgrenzung von Fachsprache und Gemeinsprache aufmerksam. Sie geht dann systematisch auf die verschiedenen Aspekte der Fachsprachen ein, von der Wortebene über den Funktionalstil und die Rolle der Textsorten bis hin zur Ebene der kulturell geprägten Textrhetorik. Aufjeder dieser Stufen werden die verschiedenen, für den Übersetzer relevanten Faktoren vorgestellt und kontrastiv Vorgehensweisen anderer Sprachen (Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Portugiesisch) präsentiert. Dabei wird oft beispielhaft ins Detail gegangen. Dies alles nicht im Sinne eines verordnenden Regelwerks, sondern auch mit der nötigen Sensibilisierung für stilistische Markierung, die nicht etwa schmückendes Beiwerk ist, sondern zum Sinn beiträgt (251). Dabei werden Thesen nicht einfach übernommen, sondern kritisch reflektiert 15 so z.B. was die neuesten Forschungsergebnisse im 14 Vgl. dazu auch meine Besprechung von R. STOLZE: Übersetzungstheorien. Tübingen 1994 (in: FluL 25 (1996), 250-253). In der 2. verb. Auflage hat die « approche interpretative » immerhin Berücksichtigung gefunden. 15 Als einen Ausrutscher, der in diese kritisch fundierte Darstellung nicht passt, würde ich die Pauschalisierung des „osteuropäischen Stils" ansehen, der als „umständlich" und elaboriert beschrieben wird (215). Als Beispiel nennt Stolze Litauen und die östlichen Bundesländer, wobei sie für Litauen „wissenschaftliche Texte" anführt, während bei den östlichen Bundeländem von „politischen Funktionären" und deren „gestanztem Kanzleideutsch" die Rede ist (216). Auf den Wissenschaftsstil der rumänischen Linguisten trifft diese Behauptung mit Sicherheit nicht zu. lFLIIIL 30 (2001) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 267 Bereich der Interkulturalität angeht (142-144 und 210-211) - und entsprechende Forschungsdesiderate formuliert. So plädiert S. z.B. für eine systematische Analyse des sprachlichen Niederschlags kultureller Stereotype in bestimmten Metaphern (233), denn es gibt eine kulturspezifische bildhafte Rede, die in jeder Kultur durch eine andere Tradition geprägt ist und die der Übersetzer kennen muss. Entgegen mancher Vorurteile, die den Fachsprachen den metaphorischen Charakter auf Grund des Präzisionsgebotes absprechen wollen, sind Metaphern nicht nur ein Stilphänomen, sondern bilden sogar einen konstitutiven Bestandteil des fachwissenschaftlichen Verständnisses. Fazit: Die gelungene Kombination von trefflich verarbeiteten theoretischen Ansätzen und einer Vielzahl veranschaulichender Beispiele macht diese Studie sowohl zur Einführung als auch als Überblick über den Forschungsstand zu einer empfehlenswerten Lektüre. Heidrun GERZYMISCH-ARB0GAST, Daniel GILE, Juliane H0USE, Annely R0THKEGEL (Hrsg.): Wege der Übersetzungs- und Dolmetschforschung. Jahrbuch Übersetzen und Dolmetschen. Bd. 1. Tübingen: Narr 1999, 344 Seiten [DM 98,-] Es handelt sich um die erste Publikation der neu gegründeten Deutschen Gesellschaft für Übersetzungs- und Dolmetschwissenschaft, die hiermit die Reihe der Jahrbücher eröffnet, in der Aufsätze zum Stand der Dolmetsch- und Übersetzungsforschung themenbezogen veröffentlicht werden sollen. Hauptanliegen ist dabei die Stärkung des Forschungsprofils und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Der Band besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil (1-165) ist der Übersetzung von Fachtexten gewidmet, der zweite beschäftigt sich mit Fragen der Dolmetschforschung. Die verschiedenen Beiträge spiegeln den Stand der Forschung und zeigen zukunftsorientiert Forschungsdesiderata auf. Da eine angemessene Behandlung sämtlicher Artikel den Rahmen dieser Besprechung sprengen würde, werde ich mich auf einige wenige Artikel aus dem Bereich Übersetzungswissenschaft beschränken, die schwerpunktmäßig vom Umgang mit makrostrukturellen Konventionen bei der Übersetzung von Fachtexten handeln und die im Rahmen dieses Werkes eine Einheit von Theorie und praktischer Anwendung bilden. Die verschiedenen Beiträge gehen auf die nach Sprachen jeweils anders geprägte Fachtextrhetorik ein, der der Übersetzer Rechnung tragen muss. So macht Juliane H0USE auf die Missverständnisse aufmerksam, die bei der Missachtung derartiger unterschiedlicher Konventionen entstehen. Unter Berufung auf Clyne, Hall und ihre eigenen Forschungen, führt sie die üblicherweiser hervorgehobenen Charakteristika auf, die die englische Textrhetorik von der deutschen unterscheiden "Direktheit" vs. "Indirektheit", "Ich- Orientiertheit" vs. "Adressaten-Orientiertheit", usw. [49]) und stellt eine intensivere Forschung auf diesem Gebiet als Desideratum dar. Silke BUHL liefert anhand von vergleichenden Statistiken zu ausgewählten Textparametern in Russels und Einsteins Texten zur Relativitätstheorie den zahlenmäßigen Nachweis zu einigen dieser Charakteristika. Von Einsteins Darstellung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift über seine vulgarisierende Version für ein breiteres Publikum bis hin zu Russels populärwissenschaftlicher Version nimmt der Grad der Leserbezogenheit in Bezug auf die Informationsgliederung und Informationsverpackung kontinuierlich zu. Dagegen wirkt eine deutsche, "dem Original stark nachempfundene Übersetzung [i.e. von Russels Text] durch den ausgeprägten Leserbezug eher fremd" (138). Auch Klaus MUDERSBACH beschäftigt sich mit der kulturell bedingten unterschiedlichen Strukturierung wissenschaftlicher Texte, die dazu führen kann, dass der zielsprachliche Leser die Informationen nicht da vorfindet, wo er sie seiner Erwartungshaltung gemäß finden sollte. M. ruft daher zu einer "effizienten" ökonomischen Gestaltung fachsprachlicher Texte auf, die einem „Holistischen Denkprinzip" entsprechend „universal strukturiert" (15) werden müssten, denn so M. - "wir [haben] im Denken alle dieselben prinzipiellen Denkstrukturen" (15). Das von ihm vorgestellte Strukturierungsmuster bleibt allerdings sehr allgemein und bringt außer der Terminologie nichts, was wir nicht bereits von der Skopostheorie her kennen: Der Text bildet ein 'Holon', d.h. einen Gedankenkomplex, der einem 'Zweck' untergeordnet ist; er ist aus 'Holemen' aufgebaut, d.h. aus funktionalen Teilen, die mit ihrer jeweiligen Teilfunktion die Gesamtfunktion des Textes unterstützen. Den universalen Denkstrukturen gemäß ist FLll! L 30 (2001)