eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 31/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2002
311 Gnutzmann Küster Schramm

Käthe HENSCHELMANN: Problem-bewußtes Übersetzen: Französisch-Deutsch.

121
2002
Bernd Stefanink
Käthe HENSCHELMANN: Problem-bewußtes Übersetzen: Französisch-Deutsch. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Narr 1999 (Narr Studienbücher), 261 Seiten [17,40 €]
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Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 257 jeweiligen Problems in der linguistischen Forschung gegeben? In welcher Form erfolgen die Hinweise? Wird eine „Regel" präsentiert oder werden mehrere Ansätze nebeneinander dargestellt? Gibt es ein Literaturverzeichnis? Welchen Umfang hat es? Das 3. Kapitel "Die Grammatiken") ist das Kernstück des Buches. In ihm werden auf der Grundlage der Kriterienkataloge die folgenden didaktischen, in drei Schwierigkeitsstufen unterteilte Grammatiken analysiert. Grundstufe: Fandrychffallowitz, Häussermann/ Kars, Reimann; Mittelstufe: Dreyer/ Schmitt, Gloyer, Latour, Rug/ Tomaszewski; Oberstufe: Buscha [et al.], Engel/ Tertel, Hall/ Scheiner, Helbig/ Buscha, Heringer, Schauen. Linguistische Grammatiken: Drosdowski, Eisenberg, Engel, Flämig, Götze/ Hess-Lüttich; Hentschel/ Weydt, Sommerfeldt, Weinrich, Zifoun. Die Analysen und Bewertungen der einzelnen Grammatiken zeichnen sich trotz der aus dem Charakter der Untersuchung ergebenden notwendigen Kürze durch einen hohen Grad an Informativität und Differenziertheit aus, sie sind zweifelsohne hilfreich für diejenigen Lehrenden und Lernenden, die sich auf der Suche nach einer ihren spezifischen Ansprüchen genügende didaktischen oder linguistischen Grammatik befinden. Das von der Verfasserin gesteckte Ziel, interessierten Lesern praktische und begründete Entscheidungshilfe bei der Wahl einer geeigneten Grammatik für ihre jeweiligen Anwendungen zu liefern, erfüllt das Buch zweifellos. Es ist verständlich geschrieben und klar strukturiert, die Kriterienkataloge sind plausibel und von der anvisierten Zielgruppe des Buches gut handhabbar. Aber das Buch könnte noch mehr leisten: Zum Beispiel wäre es möglich, wenn man der Publikation eine stärkere theoretische Fundierung geben möchte, die Kriterien mit Bezug auf theoretische Konzepte linguistischer und didaktischer Grammatiken herzuleiten und zu legitimieren. Auch die derzeit anvisierte Leserschaft wäre sehr wahrscheinlich in der Lage, dieses theoretische Additum zu verkraften. Für eine wünschenswerte weitere Auflage sollte das Buch um eine Zusammenschau der Einzelanalysen bereichert werden. Wenn es gelänge, in diesem Kapitel, die wichtigsten Ergebnisse der Einzelanalysen zusammenzutragen und zu verallgemeinern, dann wäre hiermit zusätzlich ein bisher noch ausstehender Beitrag zu einer empirisch fundierten Unterscheidung von linguistischer und didaktischer Grammatik geleistet. Es würde sich in diesem Fall sehr wahrscheinlich auch zeigen, daß diese Unterscheidung sich in vielen Fällen lediglich als eine idealtypische und empirisch nicht immer haltbare erweist. Insbesondere für das von der allgemeinen Linguistik ausgegebene Credo der Deskriptivität würde sich zeigen, daß auch so genannte wissenschaftliche Grammatiken vielfach präskriptive Züge zeigen. Diese manifestieren sich in der Auswahl der zugrunde gelegten Varietät(en), aber auch in der selbst für ein grammatisches Handbuch notwendigen Reduktion der grammatischen Komplexität der behandelten Phänomene. Insofern wäre es wahrscheinlich angemessener, den Gegensatz deskriptiv-präskriptiv nicht als Ausschlußbeziehung, sondern als eine Beziehung des Mehr-oder-Weniger zu betrachten. Diese Entwicklung wird von der Verfasserin durchaus erkannt, wenn sie beispielsweise der Grammatik von Helbig/ Buscha attestiert, "den „didaktischen Filter" und Wissenschaftlichkeit zu vereinen, so daß ihre Grammatik sowohl didaktische als auch linguistische Grammatik" (101) ist. Insgesamt handelt es sich bei dem „Grammatikenführer" um ein seiner Zielsetzung voll gerecht werdendes Buch, dessen Potential für eine empirische Erforschung der Beziehung von linguistischer und didaktischer Grammatik noch weiter genutzt werden könnte. Braunschweig Claus Gnutzmann Käthe HENSCHELMANN: Problem-bewußtes Übersetzen: Französisch-Deutsch. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Narr 1999 (Narr Studienbücher), 261 Seiten [17,40 €] Arbeitsbücher auf dem Gebiet der deutsch-französischen Übersetzung, die die Erkenntnisse übersetzungstheoretischer Forschung der letzten vier Jahrzehnte didaktisch umsetzen, sind seit langem ein Desiderat, das auf Grund mangelnder Wirtschaftlichkeit (so die Antwort eines Verlegers auf einen entsprechenden Vorschlag) wohl nicht so schnell erfüllt werden wird. Schon allein aus diesem Grund ist das vorliegende Arbeitsbuch willkommen zu heißen. Gegenüber den bisher bekannten Vertretern dieser Gattung im deutsch-französischen Bereich beschränkt es sich nicht auf das klassische Muster 'ausgangslFLl.llL 31 (2002) 258 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel sprachlicher Text - Musterübersetzung - Anmerkungen (hauptsächlich grammatikalischer und synonymischer Art)', sondern verarbeitet Forschungsergebnisse der letzten vier Jahrzehnte in den „Einführungen" zu den jeweiligen Punkten, auf die dann ein oder mehrere Texte mit Übersetzung und Kommentaren folgen. Anregungen zu nachbereitenden Aufgaben, mit denen u.a. erfreulicherweise auch die für das übersetzerische Handeln so wichtige Formulierungskompetenz trainiert werden kann und die das Bewußtsein für die jeweils angesprochene Problematik schärfen, vervollkommnen den didaktischen Ansatz. Die zahlreichen Literaturhinweise liefern dem Lehrenden eine ausführliche Dokumentation zur Vorbereitung seiner Veranstaltung. Dieser Dokumentation bedarf es allerdings kaum, da es sich bei den durchschnittlich fünfzehn Seiten langen „Einführungen" um regelrechte Abhandlungen zur jeweiligen Thematik handelt, in denen die dazugehörige Fachliteratur (bis hin zu kontrastiv angelegten Listen mit den in beiden Sprachen zur Verfügung stehenden lexikalischen oder grammatikalischen Möglichkeiten) didaktisch aufbereitet ist. Dies gilt vornehmlich für den ersten, auf sprachliche Strukturen abgestimmten Teil, wobei unter grammatikalischen Elementen selbstverständlich auch makrostrukturelle Gliederungselemente und neuere Erkenntnisse der Textlinguistik (z.B. Fragen der ebenfalls kontrastiv behandelten Textkohärenz) mit einbezogen werden. Gegenüber anderen Arbeitsbüchern, vor allem aus dem deutsch-englischen Übersetzungsbereich, die ebenfalls übersetzungswissenschaftliche Erkenntnisse neueren Datums verarbeiten, zeichnet sich das vorliegende Werk durch die systematische Behandlung mikrostruktureller Probleme aus, die der zweisprachige routinierte Übersetzer sicher intuitiv löst, die den Lerner jedoch immer wieder zu interferenzbedingten stilistischen Fehlern verleiten. Es handelt sich um die aus der Unterrichtspraxis bekannten Alltagsprobleme, wie etwa den semantischen Wert des Numerus, z.B. Plural als Steigerung oder Intensivierung (la lenteur die Langsamkeit vs. les lenteurs de l 'administration die Schwe,fälligkeit). Auch wenn die Vfin. immer wieder vor klischeehaften Vorstellungen, wie „Abstraktheit der französischen Sprache" (68, 109) warnt, sieht sie diese einzelnen Phänomene vor dem Hintergrund allgemeiner richtungweisender Tendenzen, die beim Übersetzen aus dem Französischen ins Deutsche im Auge behalten werden sollten. So wird die Übersetzung von information durch Berichterstattung einem im Deutschen stärker ausgeprägten Charakterisierungsbedürfnis zugeschrieben "Charakterisierungsschub", 108), welches zu Übersetzungen wie forets - Waldbes(and, industries - Industriezweige, usw. führt. Auch Begriffe aus der 'Stylistique comparee' werden wieder aufgegriffen, wie z.B. 'animisme"Innenschau") des Französischen vs. "Außenschau" des Deutschen (si le temps le permet bei günstiger Witterung). Manchmal ist die Darstellung dieser allgemeinen Tendenzen jedoch widersprüchlich. Einerseits werden Behauptungen bezüglich der „naiven These von der 'Abstraktheit der franz. Sprache"' (109) oder das von der 'Stylistique comparee' beschriebene französisch-deutsche „Implizitäts-Explizitäts-Gefälle" (123) verurteilt. Andererseits ist im Kapitel 'Abstraktionshierarchie der Kulturvermittlung' zu lesen: "Der Druck (Kommunikationsgewohnheiten des Durchschnittssprechers) weist im Französischen eher in Richtung Abstraktion/ Reduktion, im Deutschen eher in Richtung Konkretisierung/ Charakterisierung (vgl. Einführung Text 4)" (142). Der Querverweis auf die Einführung zu Text 4 bestätigt nur diesen Widerspruch, denn offensichtlich bezieht er sich auf die Passage, in der die Vfin. die oben dargestellte Dichotomie der 'Stylistique comparee' "Innenschau (frz.)/ Außenschau (dtsch)"] übernimmt und somit dieses Paar praktisch dem Paar „Abstraktheit (frz.) - Konkretheit (dtsch)" gleichstellt. Auch Sätze wie „Das Phänomen der Verweisung und Gliederung mittels Abstrakta [...] ist nur ein Teilaspekt dessen, was ohnehin französische Sprechergewohnheit ist" (107), oder Formulierungen wie „Präferenz des Deutschen zur Präzisierung" (150) tragen insofern zur Unklarheit bei, als sie die Vorstellung von der Abstraktheit des Französischen noch verstärken. Der von Vfin. geprägte Begriff eines „taciteischen Stiiideals" (108), mit dem sie das „jahrhundertealte kulturelle Ausdrucksideal der Sparsamkeit" (107) bezeichnet, das sie dem Französischen zuschreibt, geht in die gleiche Richtung. Inwiefern sich allerdings die verallgemeinernde Vorstellung eines derartigen taciteischen Stilideals mit der im Bereich der Satz- und Textverknüpfung festgestellten „größeren Präferenz für die Unterordnung" im Französischen vereinen läßt, wird nicht erklärt; es heißt nur: "Die mehr unterordnende Sinnverknüpfung im Französischen steht der mehr ]F]Lw, 31 (2002) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 259 gleichordnenden Sinnverknüpfung [im Deutschen] gegenüber" (124). Entspräche da nicht die von der Vfin. dem Deutschen zugeschriebene Parataxe eher dem Verständnis des taciteischen Sparsarnkeitsideals, so wie sie es verstanden haben will? Sowohl der den sprachlichen Mikro- und Makrostrukturen (32-138) als auch der den Aspekten des Kulturkontextes gewidmete Teil (138-194) erweisen sich durch die zahlreichen Beispiele als ein wertvoller Führer auf dem Weg zur Bewußtmachung der durch die kulturelle Markiertheit von Texten aufgeworfenen Übersetzungsprobleme. Allerdings herrscht erneut Unklarheit, wenn es ums Grundsätzliche geht. Bekanntlich stehen sich in der Übersetzungswissenschaft die Anhänger von zwei diametral entgegengesetzten Überzeugungen gegenüber: diejenigen, die sich dem Ausgangs-Text verpflichtet fühlen, und diejenigen, die empfängerbezogen übersetzen, 'sourciers' und 'ciblistes' (in der Terminologie von J.-R. Ladmiral). Die Vfin. liefert uns in dieser Beziehung keine klaren Entscheidungskriterien. Nachdem sie textimmanente Funktionstypen herausgearbeitet hat, die als Steuerungselemente "intertextuelle Filter") bei der Übersetzung richtungweisend sein sollen (196, 207), setzt sie diese teilweise wieder außer Kraft, indem sie sie als „nichts als eine Orientierungsgröße für die zu fällende Grundsatzentscheidung: Festhalten am Primat der zielkulturellen Normen oder am Primat der ausgangskulturellen Normen" (205) darstellt. Unsicherheit zeigt sich auch in Sätzen wie: "Wohl aber neigt sich das Pendel bei der Wahl der Übersetzungsverfahren immer häufiger vom Primat der Ausgangssprache[ ... ] zum Primat der Zielsprache" (151). Daneben wird immer wieder auf den Zielempfänger verwiesen, für den die Übersetzung „nachvollziehbar" sein muß (148, 149, 153). Wäre es da nicht sinnvoll, die Prinzipien der Skopostheorie darzulegen, die vom Auftraggeber ausgeht und „Wirkungsgleichheit" bei gleichbleibender Funktion fordert, aber auch Funktionsänderung durch den Auftraggeber zuläßt? Die von Vfin. aufgeworfene Problematik der ausgangstextbzw. zieltextorientierten Übersetzung würde damit in einen größeren Rahmen gestellt, der auch die Entscheidungskriterien liefert. Damit würde auch die in ihrer Verallgemeinerung irreführende Behauptung, daß bei der Übersetzung von Urkunden das „Primat der ausgangssprachlichen Normen" gilt (206), hinfällig. Damit eine Urkunde Rechtskraft erlangt, ist häufig eine Anpassung an die zielsprachliche Norm zwingend erforderlich; beispielsweise wäre die evozierte „Destandardisierung" (206) bei der Übersetzung von notariellen Urkunden zu Immobilienkäufen aus dem Französischen ins Portugiesische fehl am Platz. Eine stärkere Fokussierung der sprachlich-kulturellen Information auf die das jeweilige Kapitel bestimmende Thematik in den sehr ausführlichen einführenden Bemerkungen sowie im abschließenden Übersetzungsbeispiel würden zur Schärfung des Problembewußtseins des autonomen Lerners beitragen, der manchmal klare, allgemein richtungweisende Übersetzungsprinzipien vermissen wird (wie z.B. im oben erwähnten Fall der ausgangs- oder zieltextorientierten Übersetzung). Statt dessen finden wir zahlreiche Listen von mikrostrukturellen Entsprechungen zwischen beiden Sprachen, deren Nutzen als Problemlösungsverfahren auf mikrostruktureller Ebene unbestritten ist, die aber Gefahren bergen: Paarweise Zumdnungen (wie z.B.: en outre des weiteren neben ensuite darüber hinaus, S. 125) erwecken beim Lerner, der aufgrund seiner „Übersetzungsmaximen" ausgangssprachlichen Wörtern zielsprachliche feste Entsprechungen zuordnet, den Eindruck, als handele es sich hier um zwei semantisch unterschiedliche Verknüpfungselemente. Besser wäre eine Darstellung in Form von Thesauri, wie sie Dobrovol'skij für die kontrastive Darstellung von Phraseologismen empfiehlt. Sinnvoll wäre auch eine soziolektale Markierung sowie Frequenzangaben (nach Möglichkeit mit einem kontextualisierten Beispiel). Leider finden sich (auch) in den französischen Texten zahlreiche (Druck-)Fehler. Bei einer Neuauflage sollten zumindest die folgenden ausgemerzt werden: V.T.T. = velo a tout transporter (154)-+ velo tout terrain bzw. velo tous terrains, avoir quelque chances de (91)-+ avoir quelque chance de,faire le point de qch. (226) -+ faire le point sur qch., concuire (239) --+ conduire,fait leve (88) -+ fait lever, gfcle (101)-+ gicle, ma"itresse (148, zweimal)-+ maftresse, reconna"itre (156, dreimal)-+ reconnaitre, on (103,4)-+ ont,foret (211) -+ foret, decentralisaiton (171) -+ decentralisation, noyan (38)-+ noyau, les collecitvites locales (169)-+ ! es collectivites locales, enegie (64) -+ energie. Schließlich: Les eleves se ruent dehors la classe zur Übersetzung von Die Schüler rennen in die Pause (238) klingt sehr archaisch. Besser wäre: se ruent dans la cour de recreation. FILI.IL 31 (2002) 260 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel Fazit: Trotz der erwähnten Schwächen ist das Buch als Übungsbuch zu empfehlen. Einerseits gibt es dem Lerner ein Instrumentarium an die Hand, das das einschließt, was Wilss „Fertigkeiten" nennt, und mit dem sich Routineprobleme lösen lassen; auf einer höheren Ebene vermittelt es ihm andererseits Problembewußtsein und versetzt ihn dadurch in die Lage, seine Übersetzungsvorschläge theoretisch zu untermauern und mit Hilfe der dargestellten kontrastiven Analysen auch empirisch zu fundieren. Wer allerdings Asterix übersetzen will und nach Kreativität sucht, der sollte sich mit der halben Seite, die hier der Intuition gewidmet ist, nicht zufriedengeben. Bielefeld Bernd Stefanink Gisela THOME, Claudia GIEHL, Heidrun GERZYMISCH-ARBOGAST (Hrsg.): Kultur und Übersetzung. Methodologische Probleme des Kulturtransfers mit ausgewählten Beiträgen des Saarbrücker Symposiums 1999. Tübingen: Narr 2002 (Jahrbuch Übersetzen und Dolmetschen 2/ 2001), X+ 349 Seiten [49,- €] Das im Titel dieses Bandes angesprochene Thema verspricht Antworten auf hochaktuelle Forschungsfragen. Insofern kommt den Aufsätzen von Klaus Mudersbach [= K. M.] (mit fast 60 S.) und Georgio Floms [= G. F.] (20 S.), in denen ein für den Übersetzer relevantes Konzept von Kultur inklusive theoretischer Begründung und methodologisch fundierter Gebrauchsanwendung (Mudersbach) sowie beispielhafter Praxisanwendung (Floms) dargestellt wird, eine zentrale Bedeutung zu (S. VII). K. M. präsentiert eine elaboriertere Form seines bereits in Ansätzen bekannten Konzepts der die verschiedenen Lebensbereiche einer Kulturgemeinschaft strukturierenden Kultursysteme. Diese Kultursysteme sollen das Hintergrundwissen darstellen, das der Verfasser und der Rezipient des ausgangssprachlichen Textes besitzen und von dem jeweils nur einzelne Elemente im Text aktualisiert sind. G. F. nennt die so auf der Textebene aktivierten kulturellen Elemente die „kulturelle Konstellation" des Textes. Laut K. M. und G.F. beruht das Textverständnis auf diesem Kohärenz stiftenden Hintergrundwissen. G. F. versucht, dies an einem Beispiel deutlich zu machen. Es handelt sich um einen Werbetext für die "Lufthansa Card": Wer mit dieser Card seinen Flug bucht, kann sicher sein, daß ihm keine „Meilen" (etwa aus Unachtsamkeit) verlorengehen. Nach meinem Verständnis ist dies eigentlich das zu übersetzende «Rhema» des Textes. 14 Das Hintergrundwissen, das im einführenden Satz dieses Werbetextes - "Was bringt der Euro? Meilen! " angesprochen wird, ist die Unsicherheit, die die Eurobenutzer verspüren, wozu die Sicherheit, die ihnen dagegen die Lufthansa Card bietet, im Kontrast steht. Dies wird im abschließenden zentralen Satz durch das Englische noch unterstrichen deutlich: Buy now, fly later. Dieser Satz muß selbstverständlich als ein Pastiche des in der Werbesprache bereits als Phraseologismus eingebürgertem Buy now, pay later verstanden werden; er stellt eine werbeträchtige 'connivence' mit Meilen hortenden Vielfliegern her, denen das Englisch dieser Werbesprache und der entsprechende Werbeslogan geläufig sind. Die appellative Wirkung dieser 'connivence' soll zum Kauf animieren. Soweit mein Verständnis dieses Textes und die Aspekte, für die der angehende Übersetzer eines solchen Textes sensibilisiert werden müßte. G. F. erwähnt diese Aspekte mit keinem Wort. Sein einziger Kommentar zu diesem Satz, nachdem er das Buy now aus der phraseologischen Struktur herausgelöst hat: Buy now ist die Aktualisierung des Aspektes „Offizielles Zahlungsmittel", der sich aus dem Kultursystem zum Lebensbereich „Euro" ergibt. In Anwendung der Mudersbachschen Methode hat G. F. nämlich das Wort „Euro" zum Anlaß genommen, eine elaborierte Darstellung des 'Kultursystems' "Europäische Währung" vorzunehmen, in der mit etwa 20 Elementen alle Aspekte angeführt werden, die auch nur im entferntesten mit dem Euro zu tun haben: von der Geschichte der Einführung des Euro (1. Phase, 2. Phase, Vorläufer ECU, usw) bis hin zu den Beziehungen der an diesem Währungssystem beteiligten Staaten zueinander. Der Bezug zum Rhema und zur Funktion des Textes geht dabei unter. Inwieweit ist 14 Vgl. hierzu Bernd Stefanink: « Traduire le rheme ». In: In Memoriam Emilia-Rodica Iordache. Craiova: Analele Universitatii din Craiova 1999 (Seria "Langues et Litteratures Romanes" An III, Nr. 4), 122-136. lFILtU! L 31 (2002)