Fremdsprachen Lehren und Lernen
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0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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2002
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Gnutzmann Küster SchrammTorsten SCHLAK: Adressatenspezifische Grammatikarbeit im Fremdsprachenunterricht
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2002
Claus Gnutzmann
Torsten SCHLAK: Adressatenspezifische Grammatikarbeit im Fremdsprachenunterricht. Eine qualitativ-ethnographische Studie. Hohengehren: Schneider Verlag 2000 (Perspektiven Deutsch als Fremdsprache; 14), 291 Seiten [17,50 €]
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264 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel But all in all the book is a successful and admirable compromise between factual information, linguistic reasoning and didactic adaptation. Thanks to its wealth of examples, the international breadth of its horizon, and, above all, its ambitious linguistic problem-raising, Gramley's book, even though an introduction, is still quite challenging to ambitious students of English linguistics, and both instructive and entertaining for university and school teachers ofEnglish world-wide. The exercises are very suitable for classwork. While the general arrangement of the book, due to its complex concept of what lexicology means, is not so obvious at first sight, the author' s argumentation is always competent, fundamentally convincing and great fun to read. Grarnley' s book will probably seil weil. lt definitely deserves to do so. Innsbruck Manfred Markus Torsten SCHLAK: Adressatenspezifische Grammatikarbeit im Fremdsprachenunterricht. Eine qualitativethnographische Studie. Hohengehren: Schneider Verlag 2000 (Perspektiven Deutsch als Fremdsprache; 14), 291 Seiten [17,50 €] Ausgebend von der Erkenntnis, daß es globale Methodenkonzepte oder gar eine optimale Methode des Fremdsprachenlehrens und -lernens nicht gibt, vertritt Torsten Schlak in seiner bei Gert Henrici an der Universität Bielefeld durchgeführten Dissertation das Konzept einer „zielgruppenorientierten Methodikforschung". Dieses zumindest in der deutschen Forschung bisher nur wenig angewandte Konzept wird im 1. Kapitel der Arbeit komprimiert und gut verständlich dargestellt. Die zielgruppenorientierte Methodikforschung, die der ethnographischen Forschungstradition zugerechnet wird, ist der Idee der Faktorenkomplexion verpflichtet und basiert darüber hinaus auf den theoretischen Annahmen des Konzepts subjektiver Theorien, der individuellen Lernstile sowie der Bedarfsanalysen im Kontext von Curriculumentwicklung. Zielgruppenorientierte Methodikforschung versucht, "den aktuellen Forschungsstand zu einem didaktisch/ methodischen [sie] Problembereich mit Blick auf den spezifischen Lernkontext einer konkreten Zielgruppe (empirisch) zu bewerten" (7). Aufgrund dieser Bewertung können dann Empfehlungen im Sinne von Handlungsvorschlägen bzw. Handlungsalternativen „für die Unterrichtspraxis mit dieser [Hervorhebung C.G.] Zielgruppe" (7) abgeleitet werden. Weiterhin heißt es, daß sich die gewonnenen Ergebnisse auf vergleichbare Kontexte übertragen lassen: "Je ähnlicher sich zwei Kontexte sind, desto eher können in dem einen Kontext ermittelte Ergebnisse auf den anderen transferiert werden" (11). Nach welchen Kriterien die Vergleichbarkeit ermittelt werden kann, wird allerdings nicht expliziert. Sie beruht sehr wahrscheinlich auch weniger auf objektivierbaren Kriterien; denn qualitativ-ethnographische Forschung unterliegt der „Subjektivität, den persönlichen Werten, Einstellungen, Interessen, Normen und Orientierungen der forschenden Personen" (64). Ein wichtiges Charakteristikum qualitativ-ethnographischer Forschung besteht darin, daß die Forschenden eine Innenperspektive einnehmen, um „den Zielkontext aus der Perspektive derer, die in ihm agieren, beschreiben und verstehen zu können" (13). Die Tatsache, daß qualitativ-ethnographische Forschung longitudinal angelegt ist, bedeutet für die Erforschung von Fremdsprachenunterricht, daß sich Forscher in der Regel über „ein Semester" (13) in ihrem Forschungskontext aufhalten sollten; die Zeitangabe unterstreicht im übrigen, daß die Erforschung von Sprachlehr- und -lernprozessen in den USA vorrangig im Universitätsbereich stattfindet. Nur durch diesen Aufenthalt im Forschungskontext sei es möglich, eine vertrauensvolle Atmosphäre mit den „Forschungsteilnehmern" (nicht mehr „Probanden") wie Lehrenden und Lernenden aufzubauen, Fehlinformationen zu entdecken und die Glaubwürdigkeit einer Untersuchung zu erhöhen. Letzteres werde vor allem durch Triangulation im Hinblick auf Methoden und Techniken der Datenergebung und durch Theorietriangulation, i.e. durch die „Interpretation eines Datensatzes aus verschiedenen theoretischen Perspektiven" erreicht (13). Warum sich insbesondere in der deutschen Literatur (z.B. Grotjahn 1995) 18 das nominale Derivat von „triangulär" (dreieckig) zum 18 Rüdiger GROTJAHN: "Empirische Forschungsmethoden: Überblick". In: BAUSCH, Karl-Richard/ CHRIST, ]F][,w., 31 (2002) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 265 Ausdruck von „mehr als eins" etabliert hat, bleibt für einen Leser, der die Verwendung fachsprachlicher Begriffe auch im Kontext ihrer sprachlichen Entwicklung verstehen möchte, offen. Wäre es nicht vielleicht günstiger, von einem Prinzip der Triangulation, wie Ellis (1990: 69) 19 es tut, zu sprechen und darunter die (drei) unterschiedlichen Sichtweisen auf Sprachlernprozesse von Lehrenden, Lernenden und Forschenden zu verstehen und in der Folge im Hinblick auf Daten, Methoden, Theorien etc. von mehrperspektischen Zugriffen o.ä. zu sprechen? Die theoretische Zielsetzung einer qualitativ-ethnographischen, die mehrschichtigen Erfahrungen, Einstellungen etc. von Lehrenden und Lernenden einbeziehenden Studie, einer sog. "thick description", hebt weder auf Erklärung noch Vorhersage ab, sondern zielt auf „Interpretation" (20). Dies ist wohl auch der Grund, warum im Kontext eines solchen Forschungsansatzes lieber von „Transferierbarkeit" als von „Generalisierbarkeit" von Ergebnissen gesprochen wird (11). Angesichts einer solchen Ausgangslage erscheint allerdings die Frage, inwieweit die Ergebnisse qualitativ-ethnographischer Untersuchungen in den untersuchten Lerngruppen überhaupt zum Tragen kommen können, schon aus rein praktischen Gründen bedenkenswert, dauert es doch erfahrungsgemäß nach der Erhebung der Daten eine nicht unerhebliche Zeit, diese zu beschreiben, zu analysieren und auszuwerten. Dabei wird mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar davon auszugehen sein, daß in den allermeisten Fällen die untersuchte Lerngruppe, auf der die Studie basiert und für die sie vorrangig durchgeführt wurde, gar nicht mehr existiert, zumindest im Hochschul- und Weiterbildungsbereich. Wenn die Fremdsprachunterrichtsforschung richtigerweise vom Prinzip der Methodenoptimierung Abschied genommen hat, wenn außerdem die Generalisierung bzw. Transferierbarkeit von im Rahmen eines qualitativ-ethnographischen Ansatzes gewonnenen Forschungsergebnissen nur in sehr eingeschränkter Form gegeben ist und die Anwendung dieser Ergebnisse für die untersuchte Zielgruppe erheblichen praktischen Beschränkungen unterliegt, dann wird hieran die Schwierigkeit der wissenschaftlichen Erforschung von Sprachlehr- und -lernprozessen besonders augenfällig. In Kap. 2 werden Fragestellungen, Methodologie und Datengrundlage der Arbeit vorgestellt. Die Untersuchung basiert auf zwei an der Universität Hawaii im „Frühlingssemester" 1997 von amerikanischen Lehrenden unterrichteten Deutschkursen, die von Schlak „beobachtet" wurden. Bei den Sprachkursen handelt es sich um den Kurs „Business German" (14 Teilnehmer) und um die auf diesen Kurs vorbereitende Veranstaltung „Intermediate German" (9 Teilnehmer). Das dem empirischen Teil der Untersuchung vorangehende „Herbstsemester" wurde gemäß den Erfordernissen einer ethnographischen Studie vom Verfasser dazu genutzt, um „Zugang zum Forschungsfeld zu erlangen, das Forschungsfeld und seine wichtigsten Akteure kennenzulernen, Vertrauen mit den Forschungsteilnehmern aufzubauen und eine Pilotstudie durchzuführen" (59). Das Kapitel enthält eine Reihe recht aufschlußreicher Informationen zum Hintergrund der Untersuchung, wie etwa zur ökonomischen und soziokulturellen Situation Hawaiis und zur Stellung des Fremdsprachenlernens in den USA allgemein. Für den kontinentaleuropäischen Leser, der nicht bereits über die Verhältnisse informiert ist, wird die Feststellung überraschend sein, daß in den Jahrgangsstufen 7-12 nur 35,2% und in der Jahrgangsstufe 1-6 sogar lediglich 4,5% der Schüler eine Fremdsprache erlernen. Angesichts solcher Zahlen entbehren im europäischen Kontext gültige Prinzipien wie „Fremdsprachenunterricht für alle! " oder gar „Mehrsprachigkeit" jeglicher Grundlage, von einer Realisierung derselben ganz zu schweigen. Die weitaus überwiegende Mehrheit der Lernenden wird also das erste Mal während ihres Studiums mit einer Fremdsprache konfrontiert, so auch auf Hawaii, wo dann erst an der Universität der Fremdsprachenunterricht in Form eines zweijährigen „language requirements" obligatorisch ist. Der Verfasser war überrascht vom „konservativ erscheinenden Deutschunterricht" und zunächst ebenso von der „Ablehnung der 'Entgrammatisierung' des Deutschunterrichts", die ihn schließlich zu der Herbert/ KRUMM, Hans-Jürgen (Hrsg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht. 3. Auflage Tübingen/ Basel: Francke 1995, 457-461. 19 Rod ELLIS: lnstructed Second Language Acquisition. Oxford: Blackwell 1990. IFlLlllL 31 (2002) 266 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel· Frage führte, "ob es denn überhaupt Sinn machte, gegen Meinungen und Einstellungen der Lehrenden und Lernenden anzukämpfen" (36). Da gegen die „deutliche Grammatikbetonung" nichts auszurichten war, "entstand die Idee, spezifische methodische Vorschläge für die Grammatikarbeit im Wirtschaftsdeutschunterricht an nordamerikanischen Colleges zu entwickeln" (36). Die folgenden Fragestellungen stellten sich im Laufe des Forschungsprozesses als die zentralen heraus (36): 1. Welches Modell für den Wirtschaftsdeutschunterricht eignet sich für die ausgewählte Zielgruppe? 2. Welcher Grammatikbegriff sollte dem Unterricht zugrunde gelegt werden? 3. Ist explizite Grammatikvermittlung für den Unterricht zu empfehlen? 4. Welche grammatischen Phänomene sollten vermittelt werden? 5. (Wie) sollte der Zielgruppe Grammatik im Unterricht erklärt werden? 6. Sollte Grammatik induktiv oder deduktiv vermittelt werden? 7. (Wie) kann autonomes Lernen, insbesondere die Vermittlung von Lernstrategien für die Grammatikarbeit, mit der Zielgruppe realisiert werden? In Kap. 3 werden die Ergebnisse der Arbeit, i.e. die Antworten auf die sieben Fragen, präsentiert. Hierzu wird zunächst die für die jeweiligen Fragestellungen einschlägige Forschungsliteratur herangezogen und so der aktuelle Forschungsstand ermittelt. Die Darstellung und Auswertung der Forschungsstände zu den verschiedenen Fragestellungen dokumentiert die hervorragende Literaturkenntnis des Verfassers wie auch seine Fähigkeit, Forschungsergebnisse in ihrer Genese und in ihren potentiellen Anwendungen zu perspektivieren. Allerdings verhält es sich im Rahmen des qualitativ-ethnographischen Ansatzes nicht so, daß der jeweilige erreichte Stand der Forschung als das maßgebliche Analyse- und Bewertungsinstrument für den erteilten Fremdsprachenunterricht herangezogen wird. Vielmehr liefern die verschiedenen Datensätze, die zur Beschreibung des Unterrichtsgeschehens erhoben worden sind, eine ebenso wichtige Grundlage, um aus der Innenperspektive des beobachteten Fremdsprachenunterrichts Handlungsalternativen für Lehrende und Lernende anzubieten, auf deren Zusammenfassung hier allerdings verzichtet werden muß; denn die im Detail beschriebenen und begründeten Handlungsalternativen „zu den einzelnen Fragestellungen dieser Arbeit sind nur schwer zu komprimieren" (226). Die von Schlak durchgeführten Unterrichtsbeobachtungen wurden ergänzt durch die Heranziehung einschlägiger „Dokumente" (Stellungnahmen von Verbänden, WWW-sites fremdsprachlicher Abteilungen in den USA, Statistiken etc.) sowie durch Interviews, die er mit Lehrenden und Lernenden durchführte. Hierdurch sind umfangreiche und wertvolle Untersuchungsmaterialien gewonnen worden, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Erhebungstechniken und Aufbereitungen und der sich daraus ergebenden multiperspektivischen, sich gegenseitig komplementierenden Zugriffe interessante Einblicke in den Ablauf der stattfindenden Lehr- und Lernprozesse bereitstellen können. Zweifellos ist es Schlak mit dem von ihm gewählten Ansatz in sehr überzeugender Weise gelungen, die Komplexität der Lehr- und Lernprozesse sowie die diese intern und extern beeinflussenden Faktoren in den von ihm untersuchten Lerngruppen deutlich zu machen. Im Gegensatz zu globalen Methodenkonzepten will qualitativethnographische Forschung den Fremdsprachenunterricht nur allmählich und von innen heraus verändern. Das Ziel einer "thick description" und ihrer Interpretation besteht somit darin, methodische Handlungsempfehlungen und -alternativen zu entwickeln, "die mit den Bedürfnissen der Lehrenden und Lernenden und den spezifischen Rahmenbedingungen des untersuchten Fremdsprachenunterrichts harmonieren" (226). Das hat zur Folge, daß sich Fremdsprachenunterricht im Kontext des qualitativethnographischen Ansatzes durchaus von allgemein anerkannten und theoretisch begründeten Prinzipien abwenden kann, ja sogar muß, wie dies Schlak im Hinblick auf die Frage des zugrunde zu legenden weiten oder engen - Grammatikbegriffs vorschlägt. Schlak kommt hier zu dem Ergebnis, daß trotz "überzeugender theoretischer Argumente für die Berücksichtigung eines weiten Grammatikbegriffs ... aufgrund der verwendeten Lehrmaterialien und der Lernerfahrungen der Lehrenden und Lernenden eine Umstellung des Unterrichts auf einen weiten Grammatikbegriff nicht unproblematisch wäre" (226). Die vorliegende Arbeit kann all denjenigen Lesern nachdrücklich empfohlen werden, die sich über den aktuellen Forschungsstand des Grammatikunterrichts informieren möchten. Sie ist darüber hinaus JFJLIUIL 31 (2002) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 267 von hohem forschungsmethodologischen Interesse, weil sie eine komprimierte, aber gleichzeitig fundierte Darstellung der qualitativ-ethnographischen Methode liefert und diese exemplarisch an zwei amerikanischen Lerngruppen aus dem Bereich Wirtschaftsdeutsch empirisch untersucht. Braunschweig Claus Gnutzmann Marcel PERENNEC: Elements de traduction compareefram; ais-allemand. Paris: Nathan 1993 (Langues 128), 128 Seiten [49,- FF] Si je me permets d'attirer l'attention sur ce livre malgre la date de publication relativement ancienne, c' est qu' il est peu connu en Allemagne. Et pourtant, Perennec nous fournit une parfaite demonstration de l'utilite de la stylistique comparee appliquee au fram; : ais et a l'allemand et vient ainsi apporter un complement precieux a la formation de l'etudiant allemand qui prepare son « Staatsexamen » de langue fran1raise. En effet, alors que la traductologie allemande n'a prete qu'une attention passagere aux retombees traductologiques de la stylistique comparee pour se vouer aux apports de la pragmatique et de la linguistique du texte, voire aux recherches sur la creativite, la traductologie fran1raise a su exploiter bien plus intensement les apports de la linguistique au niveau micro-structural, tels qu'ils ont ete introduits dans 1' approche mise en reuvre par Vinay et Darbelnet. Apres nous avoir mis en garde contre le malentendu qui consisterait a croire qu'apprendre a traduire se reduirait a maitriser les « techniques de transposition » qu'il nous presente, Perennec nous apprend a analyser contrastivement les structures linguistiques du fran1rais et de l' allemand, nous permettant ainsi de justifier un certain nombre de nos choix traduisants par des explications grammaticales tres pertinentes. Chacun de ces phenomenes grammaticaux est illustre par de nombreux exemples et chaque chapitre est suivi d'exercices de reemploi, permettant de tester et de fixer l'acquis. Les corriges de ces exercices, a la fin du livre, en font un outil parfait pour un auto-apprentissage de ce que Wilss a appele des« Fertigkeiten » elementaires, permettant de ne pas se perdre dans le dedale des problemes grammaticaux pour mieux se consacrer aux problemes fondamentaux faisant appel a la creativite du traducteur. Aucun bilingue n' etant a l' abri des interferences, on en trouvera aussi chez Perennec : « Am Himmel folgten sich Dunst, Hitze und Regen» (110) est certainement du au fran1rais « La brume, 1a chaleur et la pluie se succederent dans le ciel ». Malgre cet appel a la vigilance, en ce qui conceme le caractere idiomatique des exemples allemands (qui ne representera cependant pas un probleme majeur pour le locuteur natif allemand), cet ouvrage est a recommander pour l'entrainement a la traduction du point de vue micro-structural autant pour l'autoapprentissage que pour l' utilisation en salle de classe. Bielefeld Bernd Stefanink lFLIDIL 31 (2002)