eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 32/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2003
321 Gnutzmann Küster Schramm

Bassem Edem ANTIA: Terminology and Language Planning. An Alternative Framework of Practice and Discourse.

121
2003
Bernd Stefanink
Bassem Edem ANTIA: Terminology and Language Planning. An Alternative Framework of Practice and Discourse. Amsterdam: Benjamins 2000 (Terminology and Lexicography Research and Practice; 2) xxix + 261 Seiten [79,- $]
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Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 241 sagen vermag, kann es das Geschlecht." (S. 255). Sie macht deutlich, wie Forschende sich durch ihre eigenen Hypothesen beeinflussen lassen, wenn sie Dinge testen, die sie a priori zu wissen glauben und damit sich selbst erfüllende Prophezeiungen konstruieren, selbst wenn die Ergebnisse ganz andere Schlüsse nahelegen. SCHMENKs Kritik ist sehr heilsam, da sie plausibel macht, daß der bisher eingeschlagene Weg zwangsläufig bereits vorhandene Geschlechtsbilder reproduzieren muß. Sie fordert „die Aufgabe der Vorstellung, daß ,Geschlecht' unmittelbare dichotomisierbare Spezifika aufweist" (S. 225) und schlägt vor, zukünftig vielmehr das Alltagswissen über „Geschlecht" genauer zu erforschen und wie Geschlechterbilder die Wahrnehmung von Fremdsprachenlernern, FSL und fremdsprachlichen Leistungen bei Lehrenden und Lernenden bestimmen und welche Folgen das hat (S. 271). Wer sich zukünftig mit dem Faktor Geschlecht beim FSL beschäftigt, wird an der Arbeit von Barbara Schmenk nicht vorbei können. Leipzig Grit Mehlhorn Bassem Edern ANTIA: Terminology and Language Planning. An Alternative Framework of Practice and Discourse. Amsterdam: Benjamins 2000 (Terminology and Lexicography Research and Practice; 2), xxix + 261 Seiten [79,- $] Bei dem hier zu besprechenden Buch handelt es sich um die leicht überarbeitete Fassung der im Jahre 1999 an der Universität Bielefeld eingereichten Dissertation des Verfassers. Entstanden ist die Arbeit aus dem Bewußtsein eines Bedarfs heraus, dem der Autor in wissenschaftlich fundierter Weise und unter Berücksichtigung neuester Forschungsmethoden gerecht werden will. Im einleitenden Kapitel erläutert Vf. diesen Bedarf, indem er auf die Rolle eingeht, die die Sprachpolitik bei der Identitätsfindung der jüngst entkolonialisierten Länder Afrikas spielt, um dann auf die Bedeutung der Terminologie im Rahmen dieser Sprachpolitik einzugehen: Die terminologische Arbeit soll nicht nur dazu dienen, dem Übersetzer terminologische Ressourcen bereitzustellen; sie soll darüber hinaus den Nachweis erbringen, daß es möglich ist, fachsprachliche Zusammenhänge in der jeweiligen afrikanischen Sprache auszudrücken und so den sozialen Status dieser Sprache zu fördern; schließlich kann sie den Wissenstransfer fördern, der in den jüngeren afrikanischen Demokratien die Beteiligung der weniger sozial favorisierten Bevölkerungsschichten am öffentlichen Leben gewährleistet. Diesem Anspruch werden die bisher erstellten Terminologieressourcen nur in beschränktem Maße gerecht. ANTIA zeigt dies beispielhaft am nigerianischen Quadrilingual Glossary of Legislative Tenns auf, indem er mit Hilfe introspektiver Methoden die Unzulänglichkeit dieser Ressource sowohl als übersetzerisches Hilfsmittel als auch als Mittel zum Wissenstransfer aufzeigt. Die Notwendigkeit dieses Wissenstransfers ergibt sich aber besonders für den Übersetzer, der den zu übersetzenden Text als Laie verstehen muß (wie z.B. von den Theoretikern der „Pariser Schule", auf die sich der Vf. u.a. stützt, immer wieder hervorgehoben wird). Der Grund für diese Unzulänglichkeit liegt wie aus ANTIAs empirischer Untersuchung hervorgeht in der mangelnden wissenschaftlichen Fundierung der Ressourcen und in der mangelhaften Wissenspräsentation: Zum einen bedarf es für den Wissenstransfer einer konzeptuell strukturierten Darstelluhg, in der die vielfältigen Beziehungen zwischen den verschiedenen Termini eines Begriffsfeldes sichtbar werden. Zum anderen benötigt der Übersetzer eine Ressource, in der die Termini als solche aufgrund einer wissenschaftlich fundierten Identifizierung ermittelt werden (was vor allem im Bereich der aus mehreren Elementen bestehenden Termini wichtig ist). Die Termini müssen dabei mit einer Definition versehen, kontextuell und kollokationnel eingebettet und durch Quellentexte belegt sein. ANTIA erstellt eine derartige zweisprachige Ressource beispielhaft für die Sprachen Englisch-Efik / Efik-Englisch. Hervorzuheben sind bei dieser Arbeit drei wesentliche Aspekte, die ihr als einer sprachpolitisch eingebetteten Terminologiearbeit wegweisenden Charakter verleihen: IFLwL 32 (2003) 242 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 1. Die auf empirischer Basis erstellte Bedarfsanalyse ist Garant für Realitätsnähe. Es wird nicht an den Problemen vorbeigeforscht. Nicht unerwähnt bleiben darf, daß erstmals die von KRINGS (1986) zur Erforschung der beim Übersetzen ablaufenden Denkprozesse eingeführte Methode des „Lauten Denkens" auch im Bereich der Übersetzung von Fachtexten angewendet wird, wobei Vf. der an Krings' geübten Kritik insofern Rechnung trägt, als er die mit Hilfe des „Individuellen Lauten Denkens" erzielten Ergebnisse einer Überprüfung durch „Dialogisches Lautes Denken" unterzieht. 2. Die breit angelegte theoretische Diskussion, setzt sich nicht nur eingehend mit der terminologischen Begrifflichkeit auseinander, sondern bettet diese ein in den größeren Rahmen allgemeiner semantischer und textlinguistischer Theorien sowie der Kollokationsforschung neuesten Datums. Desgleichen fußt auch die unter dem Aspekt des Wissenstransfers angelegte Darstellung der Termini in der Ressource auf breiteren Überlegungen epistemologischer Natur. 3. Im Bereich des Terminologiemanagement begnügt sich Antia nicht mit der herkömmlichen Darstellung als Thesaurus bzw. als Terminologiesarnmlung für Übersetzer, sondern testet und vergleicht die neuesten maschinellen Terminologiemanagementsysteme, die sich zum Teil noch im experimentellen Stadium befinden, so z.B. das von Forschem der University of Surrey entwickelte System "Quirk", das über die thesaurierende Funktion hinaus sich auch in ökonomisch optimalen Verfahren mit Problemen der Termextraktion und der graphischen Darstellung von terminologischen Feldern unter dem Gesichtspunkt des Wissenstransfers befaßt. Mit derselben Akribie wurden weitere existierende Terminologiemanagementsysteme untersucht und verglichen, um schließlich für eine Lösung optieren zu können, die sich stark an die von der Firma TRADOS (Stuttgart) unter dem Namen "MultiTerm" entwickelte Software anlehnt. Aufbauend auf diesen Grundlagen wird exemplarisch eine terminologische Ressource erstellt, die (1) die wissenschaftlich erschöpfend fundiert ist und somit einen wertvollen Beitrag zur Terminologieforschung liefert, die (2) dem Praktiker aufgrund ihrer Benutzerfreundlichkeit leicht zugänglich ist (ein für den Übersetzer von Fachtexten äußerst wichtiger ökonomischer Aspekt, da er die zeitraubende Suche nach Originaltexten erspart), und die sich (3) aufgrund ihrer konzeptuell gegliederten und graphisch untermauerten Darstellung, die die vielfachen Beziehungen zwischen den zu einem terminologischen Netz gehörenden Elementen transparent macht, auch vorzüglich zum Wissenstransfer eignet. Die von Antia so erreichte Wissenspräsentation läßt sich leicht auf andere Wissensbereiche übertragen und didaktisch fruchtbar machen. Im politisch-kulturellem Bereich steht Antias Arbeit in vollem Einklang mit dem von der UNESCO angestrebtem Ziel der Förderung afrikanischer Sprachen über das Medium der Terminologiearbeit, wodurch der wissenschaftliche Status dieser Sprachen gehoben wird, wie Vf. es in seiner Arbeit am Beispiel namhafter afrikanischer Intellektueller, die sich für dieses Ziel eingesetzt haben, auch überzeugend dargestellt hat. Insofern ist das hier entwickelte Modell für das Terminologiemanagement in Afrika wegweisend, indem es auf die besonderen Schwierigkeiten in diesem politisch-kulturellen Rahmen eingeht, und zwar in den verschiedenen Stadien der Terminologiearbeit: von der Berücksichtigung der Empfindlichkeiten der verschiedenen am Terminologiemanagement beteiligten institutionellen Akteure, über ein die Belegstellensicherung förderndes Textmanagement, bis hin zu einer die orthographischen Probleme bei der Niederschrift schriftlich oft unzureichend standardisierter Sprachen berücksichtigenden Wissenspräsentation. Fazit: Die Westfälisch-Lippische Universitätsgesellschaft hat ANTIAs Arbeit mit dem Dissertationspreis 1999 gewürdigt. The International Information Centre for Terminology - Infoterm hat ihm den "International Iufoterm Award for Outstanding Achievement in Applied Research and Development in the Field of Terminology" für das Jahr 1999 verliehen. Ein Buch, mit dem sich jeder Terminologe auseinandersetzen sollte. Bielefeld Bernd Stefanink IFLlllL 32 (2003)