Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
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Narr Verlag Tübingen
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2004
331
Gnutzmann Küster SchrammZur Einführung in den Themenschwerpunkt
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2004
Erwin Tschirner
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Wortschatz - Wortschatzerwerb - Wortschatzlernen Erwin Tschirner Zur Einführung in den Themenschwerpunkt Arbeiten zum (bilingualen) mentalen Lexikon, zur Gliederung von Wortschätzen und zur Theorie und Praxis des Wortschatzerwerbs und -lernens häufen sich seit Anfang der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts, vor allem in der englischsprachigen Literatur, und der Wissenszuwachs auf diesen Gebieten ist gewaltig. Trotz des enormen wissenschaftlichen Interesses für diesen Gegenstand musste jedoch noch im Jahr 2000 der Reihenherausgeber, Jack Richards, in seinem Vorwort für das in diesem Band von Jens BAHNS rezensierte Buch Vocabulary in Language Teaching (SCHMITT 2000) feststellen: "There is a curious absence in the curriculum of many MA TESOL programs and similar courses for second and foreign language teachers. Although such courses typically include required courses on grammar, phonology, and discourse analysis, vocabulary is often dealt with only incidentally in the preparation of language teachers." Die Lage in den deutschsprachigen Ländern scheint nicht anders zu sein. Hier fehlen oft sogar noch die Veröffentlichungen, die in der englischsprachigen Literatur mittlerweile so zahlreich sind, dass man fast wie Bahns in diesem Band geneigt ist zu sagen: "not another dozen books on vocabulary leaming ! " Im Handbuch Fremdsprachenunterricht (BAUSCH [et al.] 4 2003) findet man unter 140 Beiträgen einen einzigen dreiseitigen Beitrag zu diesen Thema mit dem bezeichnenden Titel „Wortschatzübungen". Im sehr ambitionierten Internationalen Handbuch Deutsch als Fremdsprache (HELBIG [et al.] 2001) findet man unter 182 Artikeln zwar zwei Artikel zu „Kontrastivität in der Lexik" und „Kontrastivität in der Phraseologie", aber was die Bereiche Wortschatzdidaktik und Wortschatzerwerb angeht, muss man sich ebenfalls mit einem einzigen Artikel, diesmal mit dem Titel „Wortschatzvermittlung" zufrieden geben. Es ist nicht verwunderlich, dass in diesem Artikel von Lutz KöSTER vor allem Defizite in Forschung und Lehre und die fast ausschließliche Behandlung dieser Thematik in der englischsprachigen Literatur beklagt wird. So scheint es an der Zeit, diesem wichtigen Thema nach Wortschatz und Wortschatzlernen* einen weiteren thematischen Schwerpunkt zu widmen. Der vorliegende Band stellt theoretische und empirische Arbeiten zu den Bereichen, die relevant für das fremdsprachliche Wortschatzlehren und -lernen sind, zusammen. Dazu gehören linguistische Arbeiten vor allem in den Bereichen Lexikologie und Lexikographie, aber auch welche, die sich mit der Grammatik-Lexik-Schnittstelle auseinander setzen. Weiterhin gehören Fremdsprachen Lehren und Lernen 16 (1987), herausgegeben von Ekkehard ZöFGEN. lFlLlllL 33 (2004) 4 Erwin Tschirner dazu psycholinguistische, kognitions- und neurowissenschaftliche Arbeiten, die sich mit dem bilingualen mentalen Lexikon befassen, seiner Entstehung, seinen Merkmalen und seiner Organisation, und allgemein mit der Verarbeitung, Speicherung und Aktivierung von Lemmata im Gehirn. Darüber hinaus gehören dazu Arbeiten aus der Fremdsprachenerwerbsforschung, sowohl aus kognitiver als auch aus soziokultureller Perspektive, aus der Didaktik/ Methodik und aus der Testforschung. Die dreizehn Beiträge in diesem Themenband geben theoretisch reflektierte und empirisch fundierte Antworten auf vielfältige Fragen, die sich aus der Beschäftigung mit Wortschatz, Wortschatzerwerb und Wortschatzlernen ergeben, aus einer großen Vielzahl unterschiedlicher theoretischer Perspektiven und mit Blick auf unterschiedliche Fremdsprachen, insonderheit des Deutschen als Fremdsprache, des Englischen, Französischen, Italienischen und Spanischen. Die beiden ersten Beiträge von LUTJEHARMS und BICKES geben zusammen genommen einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zum bilingualen mentalen Lexikon. Lutjeharms konzentriert sich dabei auf die lexikalische und teilweise auf die lexiko-grammatische Ebene, während Bickes den Blick erweitert und über kognitionswissenschaftliche Perspektiven hinaus auf evolutionsbiologische und soziokulturelle Aspekte eingeht. Madeline LUTJEHARMS (Vrije Universiteit Brüssel) beschäftigt sich mit grundlegenden Fragen der Linguistik und der Psycholinguistik zum Wort und zum Wortschatzerwerb, bevor sie aktuelle Erkenntnisse aus den Kognitionswissenschaften zur Struktur des mentalen Lexikons, insbesondere des bilingualen Lexikons präsentiert. Ihre Hauptfrage in Bezug auf das mehrsprachige mentale Lexikon ist die, welche Art der Speicherung und Aktivierung wahrscheinlicher ist, die gemeinsame oder getrennte Speicherung bzw. die parallele oder sprachspezifische Aktivierung. Sie geht weiterhin auf die unterschiedliche Rolle der Mutterbzw. Primärsprache im Laufe des Fremdsprachenerwerbs ein und auf Unterschiede zwischen auditiver und visueller Verarbeitung bzw. Produktion. Im zweiten Teil ihres Beitrags widmet sich Lutjeharms vor allem der Frage, was ist Wortschatzerwerb in der Fremdsprache und welche allgemeinen Prinzipien und speziellen Vorschläge zur Übungsgestaltung lassen sich daraus für fremdsprachliche Lehr- und Lernmaßnahmen ableiten. Sie geht dabei auf die positiven Einflüsse der Muttersprache bzw. anderer bereits gelernter Fremdsprachen ein, auf den Stellenwert der morphologischen Ebene und auf die Wichtigkeit multimodaler, insbesondere auditiver Maßnahmen, auch beim Erwerb von Lese- und Übersetzungskompetenzen. Hans BICKES (Universität Hannover) beginnt seinen tour d'horizan im Hinblick auf das bilinguale mentale Lexikon mit einem Verweis auf den Europäischen Referenzrahmen und seiner Vision einer plurikulturellen und mehrsprachigen Zukunft aller Bürgerinnen und Bürger Europas. Ausgehend von den evolutionsbiologischen Arbeiten von John L. LOCKE (1996, 1997, 1999) und der These, dass das Kind seine Muttersprache nicht erwirbt, um seine Gedanken mitzuteilen, sondern um seine affektiven Bedürfnisse zu erfüllen, spannt Bickes einen weiten Bogen von soziokulturellen zu kognitions- und neurowissenschaftlichen Perspektiven auf Mehrsprachigkeit. Einerseits geht er dabei Fragen von Identität in plurikulturellen Gesellschaften und von Mehrsprachigkeit als sozialer Praxis nach, andererseits greift er die bereits bei Lutjeharms begonnene DiskuslFlLllL 33 (2004) Zur Einführung in den Themenschwerpunkt 5 sion zu modularen und konnektionistischen Erklärungsansätzen im Zusammenhang mit dem bilingualen mentalen Lexikon wieder auf und skizziert die Ablösung des revidierten hierarchischen Modells von KROLL [et al.] (1994) durch das Bilingual Interactive Model von DIJKSTRA [et al.] (1999) und vergleicht es mit dem psycholinguistischen Modell von DE BOT (1992), das auf LEVELTs (1989) Sprachproduktionsmodell basiert. In seinen Handlungsempfehlungen im Hinblick auf den Wortschatzerwerb hebt Bickes, ähnlich wie Lutjeharms, die Wichtigkeit multimodaler Erfahrungen und autonomer Lernmöglichkeiten hervor. Die zweite Gruppe von Beiträgen befasst sich mit empirische Untersuchungen zum Wortschatzlernen, zwei davon mit dem beiläufigen Wortschatzlernen beim Lesen, einer mit Wortschatzständen von Erstsemesterstudierenden und insgesamt drei mit Wortschatzlernverhalten in fremdsprachenphilologischen Studiengängen. Zwei der Beiträge widmen sich dem Englischen als Fremdsprache, einer dem Französischen, einer dem Deutschen und einer dem Englischen und den romanischen Schulfremdsprachen. Ziel des Beitrags von Angelika RIEDER (Universität Wien) ist, es ein umfassendes, kognitiv-konstruktivistisches Modell des Prozesses des Wortbedeutungsaufbaus während des Lesens zu skizzieren, sowie die Beziehungen zwischen Merkmalen dieses Prozesses, Lernerstrategien und Auswirkungen auf den Vokabelerwerb genauer zu untersuchen. Ihre Probanden sind Studierende anglistischer und nicht-anglistischer Fächer, vor allem fortgeschrittene Lerner des Englischen, ihre Analyse stützt sich vor allem auf LD-Protokollen (Lautes Denken). Rieder beschäftigt sich intensiv mit der Mikrostruktur des Erschließungsprozesses und teilt ihn in eine Eingangsphase und eine Hauptphase. In der Eingangsphase entscheidet es sich, ob die Aufmerksamkeit eines Lesers / einer Leserin auf ein Wort fällt, in der Hauptphase, ob das Wort erschlossen wird, und wenn ja, ob und wie gut es gelernt wird. Unterschiedliche Lernerstrategietypen operieren dabei auf unterschiedlichen Ebenen der Wortbedeutung und Textbedeutung. Zentrale Zusammenhänge zwischen Phasen,' Strategietypen, Erschließungsebenen und beiläufigem Wortschatzerwerb werden in diesem Beitrag herausgearbeitet. Claudia SCHMIDT (Universität Freiburg) interessiert sich ebenfalls für den beiläufigen Wortschatzerwerb beim Lesen und dabei gerade für die Bereiche, die in Rieders Beitrag ausgespart wurden, nämlich die Rolle des Hintergrund- und Sprachwissens der Lernenden und die Rolle des Kontextes (bei Rieder „textuelle Hinweiskonstellationen" genannt). Die Teilnehmer der Studie von Schmidt sind sehr fortgeschrittene japanische DaF- Lernende in Deutschland, ihre Kontrollgruppe deutsche Studierende mit einer ähnlichen Altersstruktur. Ihre Forschungsfragen beschäftigen sich mit der Rolle des Kontextes, der Komplexität der Wortbedeutung, deren quantitativen und qualitativen Bestandteilen, sowie mit den Beziehungen zwischen Wortschatzwissen, Lesekompetenz und dem erfolgreichen Erschließen unbekannter Wortbedeutungen aus dem Kontext. Ein besonders interessantes Ergebnis ihrer Studie ist dabei, dass die japanischen DaF-Lernenden trotz signifikant schlechterer Wortschatzkenntnisse als die muttersprachliche Kontrollgruppe fast genauso erfolgreich im Erschließen unbekannter Wörter aus dem Kontext waren wie diese. Ausgangspunkt des Beitrags von Ines DE FLORIO-HANSEN (Universität Kassel) ist die lFLuL 33 (2004) 6 Erwin Tschirner häufig gemachte Erfahrung, dass sich fremdsprachliche Kompetenzen, darunter auch Wortschatzwissen, im Englischen und in den romanischen Schulfremdsprachen bei vielen Studierenden während ihres Studiums nur kaum verbessern. Im Rahmen einer groß angelegten explorativen Studie mit 72 Teilnehmer/ -innen geht sie u.a. folgenden Fragen nach: Wie oft und wie lange wird Wortschatzarbeit betrieben? Woher stammen die lexikalischen Einheiten? Nach welchen Kriterien werden sie ausgewählt? Wie wird das Lernen vorbereitet, durchgeführt und überprüft? Wie steht es mit der Zufriedenheit bzw. dem Erfolg der Bemühungen? Ihre Ergebnisse deuten vor allem auf zwei Problemfelder im universitären Studienalltag hin, zum einen die fehlende regelmäßige Wortschatzarbeit bei einem Großteil der Studierenden, zum anderen ein nur mangelhaftes Wissen über Wortschatzlernstrategien. Erwin TSCHIRNERs (Universität Leipzig) Beitrag weist darauf hin, dass die zwei Probleme der fehlenden Wortschatzarbeit und des mangelhaften Wissens über Wortschatzlernstrategien möglicherweise bereits Probleme der schulischen Fremdsprachenausbildung sind. Sein Ziel war es, eine Bestandsaufnahme der Wortschatzgröße von Abiturienten im Fach Englisch an der Schnittstelle zwischen Gymnasium und Universität zu machen. In seiner Studie erfasste er die produktiven und rezeptiven Wortschatzstände von ca. einem Drittel der Erstsemesterstudierenden der Fächer Englisch (Lehramt), Anglistik und Amerikanistik an der Universität Leipzig. Neben der Darstellung der Wortschatzstände und ausgewählter Ergebnisse eines Fragebogens zur Erfassung von Lernverhalten und anderer relevanter Daten befasst sich der Beitrag mit dem Verhältnis der Testergebnisse zu (lern-)biographischen Daten wie Auslandsaufenthalten, Anzahl gelesener Bücher pro Jahr, Vokabellernstrategien u.a. Christiane NEVELING (FU Berlin) widmet sich, im Rahmen einer Pilotstudie zum Erwerb französischer Wörter mit Hilfe des Wörternetzverfahrens, grundlegenden Fragen des Forschungsdesigns im Hinblick auf die Erforschung des mentalen Lexikons. Ausgehend von den Gütekriterien der Validität, Reliabilität, Ökonomie und Nützlichkeit (siehe hierzu auch den Beitrag von Karin Aguado in diesem Band) stellt sie Desiderata für gute Forschungsmethoden zum mentalen Lexikon auf. Im zweiten Teil ihres Beitrags stellt sie ihre Pilotstudie und das Wörternetzverfahren vor und überprüft dann dieses Verfahren mit Hilfe der von ihr im ersten Teil entwickelten Gütekriterien. Sie kommt zu dem Schluss, dass das Wörternetzverfahren ihre Kriterien in hohem Maße erfüllt und damit einen Zugewinn in der Forschungsmethodik darstellt. Die nächsten drei Beiträge ergänzen die sprachlerntheoretischen und empirischen Beiträge der ersten zwei Gruppen mit sprachwissenschaftlichen Aspekten. Zwei davon widmen sich lexikologischen und lexikographischen Fragen, während einer sich mit der Schnittschnelle zwischen Grammatik und Lexikon beschäftigt. Einer der Beiträge befasst sich mit den romanischen Schulfremdsprachen und zwei mit dem Deutschen als Fremdsprache. Franz-Joseph MEljJNER (Universität Gießen) nähert sich einer Beschreibung des romanischen Wortschatzes aus einer didaktischen Sicht und beschäftigt sich vor allem mit der hohen Interlexik der romanischen Sprachen im schriftsprachlichen Bereich und der gleichfalls hohen Divergenz zwischen sprechsprachlichem und schriftsprachlichem ]F[,u][, 33 (2004) Zur Eiriführung in den Themenschwerpunkt 7 Wortschatz. Meißner bezeichnet die Internationalität zumindest was die europäischen Sprachen betrifft als das eigentliche Charakteristikum des romanischen Wortschatzes. So beziffert man die Konvergenz zwischen den häufigsten 1000 Wörtern des Umgangswortschatzes des Spanischen und des Französischen auf über 90 Prozent. Vor allem das Französische mit seinen im Bereich des Grundwortschatzes sehr hohen Prozentsätzen an Transferbasen sowohl zu seinen romanischen Schwestersprachen als auch zum Englischen nimmt hier eine Schlüsselstellung ein, das es eigentlich zu einem besseren Kandidaten für die 1. Fremdsprache machen würde als z.B. das Englische. Im letzten Teil seines Beitrags geht Meißner auf das für die Didaktik der romanischen Sprachen noch weitgehend ungelöste Problem der hohen Divergenz zwischen gesprochener und geschriebener Sprache ein, das zu einem Auseinanderklaffen zwischen dem schulischem (schriftsprachlichem) Input und dem ebenfalls schulischen Ziel der mündlichen Handlungsfähigkeit führt. Randall JONES (Brigham Young University) greift eine der nach Bickes (in diesem Band [S. 47]) zentralen Aufgaben von Lehrenden auf, nämlich die „Reichhaltigkeit und z. T. chaotisch anmutende Vielfalt sprachlicher Einheiten und Strukturen durch eine durchdachte Auswahl auf ein[ ...] förderliches Maß zu reduzieren". Ausgebend von Studien zur Häufigkeitsverteilung von Wörtern in Texten zeigt er, wie dieses „förderliche Maß" durch Häufigkeitswörterbücher erreicht werden kann. Er befasst sich zuerst mit der Geschichte von Häufigkeitswörterbüchern des Deutschen und geht dann auf ein aktuelles Projekt, ein Häufigkeitswörterbuch zu erstellen, ein. Dabei beschäftigt er sich vor allem mit der Frage der Korpuserstellung, insbesondere im Hinblick auf die Erstellung eines repräsentativen Korpus der deutschen Sprache der Jetztzeit. Außerdem geht er auf Fragen der Lemmatisierung ein und welche Probleme sich dabei speziell für das Deutsche stellen. Brigitte HANDWERKER (Humboldt-Universität) weitet den Blick von der Lexik und Interlexik auf das Verhalten von Wörterri in Anwendungssituationen und befasst sich mit der Frage, wie neben Form und Bedeutung die Verwendungspotentiale von Wörtern mit erworben werden, konkret: wie in Satzzusammenhängen neue Wörter durch das Erfassen von Ähnlichkeiten der semantischen, syntaktischen und morphologischen Eigenschaften innerhalb einer Wortklasse verstanden und benutzt werden können. Am Beispiel der psychischen Wirkungsverben (begeistern, enttäuschen, u.v.a.) stellt sie überzeugend dar, wie in Kombination mit der expliziten Vermittlung semantischer und morphosyntaktischer Verbeigenschaften die lexikalisch-grammatische Kompetenz des Lerners in einer Weise gefördert werden kann, wie sie weder in Lehrbüchern noch in gängigen Lerngrammatiken bis dato angeboten wird. Handwerkers Beitrag weist sowohl den Weg zu einer linguistisch und lerntheoretisch fundierten Wortschatzarbeit in Satz- und Textzusammenhängen wie auch zu einer lexikalischen Grammatik des Deutschen, im Sinne der Pattern Grammar von HUNSTONIFRANCIS (2004) für das Englische. Die vierte und letzte Gruppe von Beiträgen befasst sich mit didaktisch-methodischen und testtheoretischen Fragestellungen; Fragestellungen, auf die bereits in mehreren anderen Beiträgen hingewiesen wurde, die aber noch nicht zentral im Mittelpunkt der Diskussion standen. lFbilL 33 (2004) 8 Erwin Tschirner Jens BAHNS (Universität Kiel) vermittelt im Rahmen einer Sammelrezension einen umfassenden Überblick über den Stand des Wissens und der Forschung im Bereich der englischen Wortschatzdidaktik. Aus der Vielzahl neuerer und neuester Arbeiten zum Thema Wortschatz wählt er für drei Bereiche jeweils ein repräsentatives Werk, nämlich JACKSON/ ZE AMVELA (2000) für die Lexikologie, SCHMITT (2000) für die angewandtlinguistische Perspektive und THORNBURY (2002) für die didaktisch-methodische Perspektive. Neben einer detaillierten und kritischen Betrachtung dieser exemplarisch ausgewählten Bücher geht er zusätzlich der Frage nach, wo sich neue Elemente bei der Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht ausmachen lassen. Er vergleicht dazu das eben besprochene Buch von THORNBURY (2002) mit Dort (1971), dem Klassiker der Wortschatzvermittlung in der deutschsprachigen Englischdidaktik, wobei er sich vor allem auf die Stichwörter Semantisierungstechniken, Lernertraining und Verarbeitungstiefe konzentriert. Peter ECKE (University of Arizona) befasst sich intensiv mit einer Lernstrategie, die in vielen der Beiträge dieses Bandes genannt wird, nämlich der Schlüsselwortstrategie. Er beschäftigt sich vor allem mit zwei Varianten dieser bekannten Mnemotechnik, die visuelle und die verbale, die speziell für die Effektivierung des fremdsprachlichen Lexikerwerbs entwickelt und intensiv in empirischen Untersuchungen getestet wurden. Diese Untersuchungen berichten in ihrer Mehrheit von einer beeindruckenden Überlegenheit der Schlüsselwort-Methode gegenüber anderen Lexiklerntechniken. Ecke resümiert ausführlich und umfassend den Stand der Forschung, geht auf offene Fragen zur Anwendung und Wirkung der Schlüsselwort-Methode ein und verweist auf Anwendungsmöglichkeiten beim Lernen und Lehren von Wortschatz, die unter dem gegenwärtigen Erkenntnisstand als angemessen erscheinen. Karin AGUADOs (Universität Bielefeld) Beitrag zu testtheoretischen und testmethodischen Fragestellungen im Bereich des fremdsprachlichen Wortschatzerwerbs gibt nicht nur einen umfassenden Überblick über den Stand der Forschung in diesem Bereich, sondern greift noch einmal wesentliche Fragestellungen vorhergehender Beiträge zu Wortschatzkompetenz und Wortschatzerwerb aus einer testtheoretischen Perspektive auf. Nach einer grundlegenden Diskussion von Gütekriterien für fremdsprachliche Wortschatztests geht sie auf ausgewählte Fragen und Schwierigkeiten bei der Konstruktdefinition und bei den Messverfahren von Wortschatztests ein. Sie diskutiert in diesem Zusammenhang ausführlich Probleme der Bestimmung der Komponenten der Wortschatzkompetenz, der Verfügbarkeit des Wortschatzwissens und des Umfangs und der Tiefe des Wortschatzes. Dabei formuliert sie das unterstützenswerte Desiderat, dass die Evaluation der Wortschatzkompetenz künftig stärker das Resultat kooperativer Zusammenarbeit zwischen Testmethodikern und Fremdsprachenerwerbsforschern sein sollte, bei der das Expertenwissen aller Beteiligten maximal genutzt werden kann. lFILwL 33 (2004) Zur Einführung in den Themenschwerpunkt 9 Literatur BAUSCH, Karl-Richard/ CHRIST, Herbert/ KRUMM, Hans-Jürgen (Hrsg.) (2003): Handbuch Fremdsprachenunterricht, 4. Auflage. Tübingen: Francke. 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