eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 34/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2005
341 Gnutzmann Küster Schramm

Diskursfunktionen in einem analytischen curricularen Zugriff auf Textvarietäten und Aufgaben des bilingualen Sachfachunterrichts

121
2005
Wolfgang Zydatiß
flul3410156
Wolfgang ZYDATiß * Diskursfunktionen in einem analytischen curricularen Zugriff auf Textvarietäten und Aufgaben des bilingualen Sachfachunterrichts Abstract. Language is the medium of content learning in all institutional settings, with an increasing number of leamers doing their academic tasks in a second language or in some other language of which they have only a limited proficiency. Content and language integrated leaming is therefore a goal that all educational and institutional settings will have to strive for, including those grassroots curricular concepts at the German secondary school level which are equivalent to what is known as "late partial immersion" in the anglophone world (= bilingualer Sachfachunterricht). Drawing on the insights of sociocultural theory, systemic functional linguistics and the genre approach, the article puts forward a framework for the integration of content, thought and language in "bilingual" subject-matter teaching. The intersection ofthe three domains yields a curricular unit (called discourse functions) which is of great "scaffolding" value in an analytic text and task based syllabus geared towards the integration of content and language. 1. Ausgangsthese: Das integrierte Sach-Sprachlemen als Herausforderung für einen „neokommunikativen Sprachunterricht" Das deutsche Bildungswesen von den Vorschuleinrichtungen bis zur Hochschule steht das soll die These dieser einleitenden Bemerkungen sein durchgehend vor einer strukturell-curricularen Herausforderung, die sich daraus ergibt, dass in allen institutionell gesteuerten Vermittlungskontexten auf die Sprachlichkeit von Lehr-Lernprozessen (als zentralem Faktor von Unterricht und Erziehung) reagiert werden muss. Da dieses Phänomen (Sprache als Medium inhaltsbezogenen Lernens) von den Beteiligten nicht selten als problernhaft wahrgenollllllen wird (nicht nur in Deutschland sondern weltweit: z.B. aufgrund von zunehmender beruflicher Mobilität, von Migration und der Existenz von nicht-autochthonen Amts- und Verkehrssprachen), stellt sich unseren Bildungseinrichtungen die Aufgabe, ihr Bildungsangebot unter dem Aspekt eines integrierten Sach- Sprachlernens (= content and language integrated learning) zu reflektieren und zu modellieren. Dies betrifft inzwischen alle Unterrichtssituationen; unabhängig davon, ob das Deutsche für die Lernenden Muttersprache oder Zweitsprache ist, ob es um Sprachunterricht (im engeren Sinne) oder Fachunterricht geht (in den vermeintlich nichtsprachlichen Fächern), oder ob eine 'fremde' Sprache als so genannte Arbeitssprache im Unter- Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Wolfgang ZYDATiß, Univ.-Prof., Freie Universität Berlin, Didaktik der Englischen Sprache und Literatur. Habelschwerdter Allee 45, 14195 BERLIN. E-Mail: WBKZydatiss@t-online.de Arbeitsbereiche: Lemersprachenforschung, integrierte Text-Spracharbeit, Evaluation von Schulversuchen (i.A. bilingualer Unterricht) lFLllllL 34 (2005) Diskursfunktionen in einem analytischen curricularen Zugriff auf Textvarietäten ... 157 richt benutzt wird: wie etwa in den Immersionskonzepten genuin 'bilingualer Schulen' (ZYDATiß 2000) oder im 'bilingualen Sachfachunterricht' weiterführender Schulen (WILDHAGE/ ÜTTEN 2003). 2. Problemaufriss: Integriertes Sach-Sprachlernen als curriculares Desiderat in unserem Bildungswesen Nachstehend sollen einige Problemareale benannt werden; Unterrichtskontexte, in denen sich unser Bildungswesen den Herausforderungen im Hinblick auf die Verzahnung von Inhalt und Sprache stellen muss: Der inhaltliche Bildungsauftrag von Kindergärten und Kindertagesstätten, die in Zukunft Kinder nichtdeutscher und deutscher Herkunftssprache nicht mehr allein nach dem Leitbild einer rein spielerisch-nonverbalen Betreuung 'versorgen' dürfen. - Der Aufbau einer flüssigen wie differenzierten (alters- und situationsgerechten) mündlichen Alltagssprache bei Kindern aus unterprivilegierten Familien, nicht zuletzt was die 'oralen Vorformen' der Alphabetisierung in der Eingangsphase der Primarstufe angeht. Die Bewältigung des vorfachlichen Unterrichts in den sachbezogenen Lernbereichen der Grundschule, insbesondere wiederum in den multiethnischen, mehrsprachigen Klassen mit nicht wenigen Kindern aus eher bildungsfernen Schichten. Der Aufbau 'literaterTechniken' der mündlichen und schriftlichen Unterrichtssprache, wie sie im Fachunterricht vorausgesetzt bzw. eingefordert werden (vgl. CUMMINS 1978, 1979: 'Cognitive Academic Language Proficiency' oder CALP); PORTMANN- TSELIKAS 2002; ZYDATiß 2004 (Textbzw. Diskurskompetenzen). Schwierigkeiten von Sekundarschülern mit grammatischen Instruktionstexten im Fremdsprachenunterricht (ZIMMERMANN 1998, 1999) oder mit naturwissenschaftlichen Lehrbüchern (SUMFLETH/ SCHÜTTLER 1995, LABUDDE 1997 und CLARKIRu- THERFORD 2000). Immersionskonzepte an genuin bilingualen Schulen (vgl. ZYDATiß 2000 zur 'Staatlichen Europa-Schule Berlin') und natürlich der 'bilinguale Unterricht' der weiterführenden Schulen (vgl. WILDHAGE/ ÜTTEN 2003). Die Existenz der 'neuen' elektronisch-digitalen Medien, die authentisches Material in Fülle bereitstellen und die die Schule in die Pflicht nehmen, die dafür notwendigen Texterschließungstechniken zu vermitteln. Die Notwendigkeit, im Studium und in qualifizierten Ausbildungsberufen immer mehr Fachliteratur in einer Fremdsprache lesen zu müssen (mit Englisch an vorderster Stelle). Die Ausweitung des Angebots an fremdsprachlichen Lehrveranstaltungen und ganzen Teilstudiengängen im tertiären Sektor der Hochschulen und Universitäten (mit weitreichenden Konsequenzen für die akademisch-konzeptuelle Sprachhandlungsfähigkeit im rezeptiven wie im produktiven Bereich). JFLIIIIIL 34 (2005) 158 Wolfgang Zydatiß Wir brauchen didaktische Zugänge zur Verzahnung von Sache und Sprache, die die Sprachlichkeit der Unterrichtsgegenstände und der Lehr-Lernprozesse ernst nehmen. Die meisten Elemente eines verstärkten Sach-Sprachlernens können im Vorfeld des Unterrichts antizipiert werden; und zwar er einen 'analytischen' Zugriff auf die textgebundenen Unterrichtsmaterialien. Die 'analytisch' vorgehende curriculare Planung von Unterrichtsvorhaben führt zu einem gezielten 'Abgleich' der fachlichen und der sprachlichen Lernziele; wobei sich dieser Begriff an der bereits 1976 von WILKINS eingeführten Unterscheidung eines 'synthetischen' (= bottom up) und eines 'analytischen' (= top down) Lehrplans (= syllabus) orientiert. Das implementierte Curriculum eines Faches manifestiert sich in den textgebundenen Materialien (z.B. in den Lehrbüchern und lehrwerksergänzenden Artefakten: Quellen, Atlas, Graphiken, Schaubilder, Filme, Versuchsanordnungen und dergleichen) zusammen mit dem damit einhergehenden Unterrichtsdiskurs, der seinerseits ganz erheblich von der jeweiligen Aufgabenstellung für die Lernenden geprägt wird. Die Aufgabe(= task) ist die Basiseinheit der schulisch-fachlichen Unterrichtsarbeit: mit Anforderungen an das Sachwissen(= content domains), das Denken (thought processes bzw. cognitive operations) und den rezeptiven wie produktiven, text(sorten)gebundenen Sprachgebrauch (= meaning-making): realisiert als Sinn stiftendes Verstehen von Sachtexten oder als kohärentes diskursives Sprachhandeln über fachbezogene Inhalte. 3. Theoretische Verankerung: Interdependenzen von soziokultureller Theorie, funktionaler Linguistik und Genre-Ansatz 3.1 Soziokulturelle Theorie Spracherwerb ist Teil des Sozialisationsprozesses eines Menschen: des primären in der Familie, des sekundären in der Schule und des tertiären in nachschulischen Kontexten. Sprache und Denken sind nicht allein endogene Charakteristika des Individuums, sondern sie entwickeln sich in der sozialen Interaktion des Kindes und (später) des Heranwachsenden mit anderen Mitgliedern einer Sprach- und Kulturgemeinschaft; insbesondere mit den erwachsenen Bezugspersonen und/ oder weiter entwickelten peers (verallgemeinert: 'Novize/ Lerner' und 'Experte/ Lehrer'). Die Position einer 'soziokulturellen Theorie' (auch als 'sozialer Konstruktivismus' bezeichnet: 'a sociocultural theory of mind') wurde bereits in den 20er und 30er Jahren von WYGOTSKIJ in der Auseinandersetzung mit PIAGET erarbeitet, erlangte jedoch erst durch die englischen Übersetzungen seiner (russischen) Schriften eine breitere Beachtung (vgl. VYGOTSKY 1978, WERTSCH 1985). Die soziokulturelle Theorie unterstreicht die kooperativen Momente des Umgangs von 'Experten' und 'Novizen' und sieht in der Erziehung einen soziokulturell vermittelten, komplementär aufeinander bezogenen Instruktions- und Konstruktionsprozess. Spracherwerb und Sachlernen vollziehen sich im Rahmen situativ kontextualisierter, interaktiver Handlungsmuster (BRUNER 1983: 'formats'), die für den Novizen wie Unterstützungssysteme(= 'scaffolding') wirken, sukzessiv höhere, reifere und eigenständigere Leistungen (verbaler und nonverbaler Art) zu erbringen. Das soziale Miteinander befördert die lFLlUllL 34 (2005) Diskursfunktionen in einem analytischen curricularen Zugriff auf Textvarietäten ... 159 Entwicklung des Novizen erheblich mehr (da eine 'zane of proximal development' konstituiert wird) als das rein individuelle Lernen (wenn ein 'Zögling' auf sich allein gestellt die 'gleichen Dinge' lernen müsste). In den Spracherwerb (als Sozialisationsprozess betrachtet) geht sowohl das interaktive Aushandeln von Bedeutungen(= a social meaning-making process) als auch das von Identitäten ein(= representations of seif and social roles). Sprache, Identität und Kultur sind engstens miteinander verwoben. Lernen wird dementsprechend als komplexe, soziokulturell eingebettete Tätigkeit gesehen (= activity theory), die immer individuelle (kognitive wie affektive), soziale, gesellschaftliche und historische Momente miteinschließt. Das Handeln in sozial-situativen Kontexten wird über 'kulturelle Werkzeuge' vermittelt (= mediation by cultural tools), von denen Sprache das wichtigste ist. Sobald dem Individuum Sprache als Mediationsinstrument für die jeweiligen Ziele (= goals) funktional verfügbar ist (mediation: the ability to use mental capacity or cognitive disposition), erlaubt sie ihm, inhaltliche Beziehungen zur außersprachlichen Welt und zu anderen Menschen aufzunehmen und zu erhalten sowie Erfahrungen, Einstellungen, Einsichten und Haltungen in das eigene Bewusstsein zu überführen bzw. seine 'nach außen' gerichteten Interessen und Aktivitäten zu organisieren. Themenzentrierte, zwischenmenschliche Interaktionsprozesse erweitern und differenzieren die Sprache als Kommunikationsmittel und als kognitives Werkzeug der Erschließung von Welt. Spracherwerb hat folglich sehr viel mit sozial situierter Tätigkeit, mit sozialen Rollen, mit Akkulturation und mit einer soziokulturell eingebetteten Identitätsfindung zu tun. 3.2 Funktionale Sprachtheorie Funktionale Sprachtheorien, für die exemplarisch die 'systemic functional linguistics' von HALLIDAY (1985) genannt sein soll (ferner HALLIDAY/ HASAN 1989, HALLIDAY/ MARTIN 1993) überwinden die strukturalistisch-systemlinguistische Dichotomie von Kompetenz und Performanz, indem sie zu explizieren versuchen, wie Sprecher und Schreiber Bedeutungen 'erzeugen' können (= what speakers can mean). Kommunikativer Sprachgebrauch materialisiert sich in Texten als Ausgangs- oder End'produkt' eines diskursiven, soziokulturell eingebetteten Prozesses der rezeptiven oder produktiven Sprachverwendung, in dessen Vollzug Bedeutungen 'konstruiert' werden. Sprache wird als ein Bedeutungen generierendes sozio-semiotisches System gesehen(= a meaning-making system). Diskursive Prozesse sind grundsätzlich zweck- und adressatenorientiert; d.h. sie realisieren spezifische Funktionen des Sprachgebrauchs im Kontext eines situativ eingebetteten, inhaltsbezogenen zwischenmenschlichen Handelns, das seinerseits für die an der sozialen Interaktion Beteiligten sinnvolle Bedeutungen erzeugt(= 'making sense'). HALLIDAY unterscheidet drei Hauptfunktionen von Sprache(= metafunctions): lFLllllL 34 (2005) 160 Wolfgang Zydatiß Textuelle Funktion / (textualfunction / meaning) ' / ._ __ _.~ Kognitiv-referentielle Funktion (ideational I reflective meaning) Adressatenbezogenes Sprachhandeln (interpersonal function) Abb. 1: Übergeordnete Funktionen von Sprache (nach HALLIDAY 1985) Die textuelle Funktion, die die zu transportierenden Informationen kohärent vermitteln muss (über die linguistischen Subsysteme der thematischen Progression, der Informationsstruktur, der Kohäsion und Kohärenz= 'texture'), ist das Bindeglied zwischen den beiden anderen Bedeutungskomponenten: Sie vermittelt einerseits zwischen der Sachebene sprachlichen Handelns, für die Funktionsbestimmungen wie referential, cognitive, epistemic, heuristic oder eben ideational in der Linguistik üblich sind (als Verweis auf externe oder interne außersprachliche Realitäten). Sie stellt andererseits Verbindungen zur Beziehungsebene der sprachlichen Tätigkeit her, wenn Sprache als Mittel der sozialen Zuordnung(= tie, identity bzw. contactfunction) oder als Instrument der sozialen Kontrolle bzw. Beeinflussung eingesetzt wird (= regulatory, directive, instructive functions ). Im sozio-semiotischen Ansatz der Beschreibung und Erklärung von Sprache-in- Gebrauch kommt der Primat der zwischenmenschlichen kommunikativen Interaktion in einer bestimmten Situation zu. Die Grundfrage diskursiven Handelns ist folglich die: Wer produziert für wen unter welchen Bedingungen einen inhaltlich 'bedeutsamen' (= Sinn stiftenden) Text? HALLIDAY bezeichnet diese komplexe Konfiguration von Thema(= field), Konstellation sozialer Rollen(= tenor) und Modalität der Sprachverwendung(= mode) als 'Register'(= register). Die linguistische Konkretion des 'Registers' (als Netzwerk bestimmter Bedeutungsressourcen) ist eine spezifische Textvarietät(= genre), die in einem gewissen Ausmaß (situationsabhängig) konventionalisiert ist(= generic). Dabei ist für den hier gegebenen Diskussionszusammenhang wichtig, dass man von einem erweiterten Textbegriff ausgehen muss. Es gibt mit anderen Worten einerseits eine Vielzahl schriftlicher Textsorten (PISA spricht von 'kontinuierlichen' Fließtexten), aber auch mündliche Diskursgenres (wobei der „Gemeinsame europäische Referenzrahmen" die didaktisch sinnvolle Unterscheidung von monologisch-zusammenhängenden und dialogisch-interaktiven Textarten eingeführt hat: vgl. COUNCIL OF EUROPE 2001 ). Andererseits ist es insbesondere für den Sachfachunterricht hilfreich (vgl. DEUTSCHES PISA- KONSORTIUM 2001), daneben von 'diskontinuierlichen' Text- oder Materialsorten zu sprechen, die abgesehen von sprachlichen Elementen immer auch nonverbale, visuelle Komponenten enthalten: Graphiken, Diagramme, Tabellen, Bilder, Karten, Karikaturen, Dokumentarbzw. Spielfilme (mit fließenden Grenzen zum fiktionalen Sprachgebrauch). lFLllL 34 (2005) Diskursfunktionen in einem analytischen curricularen Zugriff auf Textvarietäten ... 161 3.3 Genre-Ansatz und Diskursgemeinschaften Register- und Genrebegriff orientieren sich an sozial-kommunikativen Aspekten des Sprachgebrauchs, die zum einen zur Variabilität der linguistischen Realisierung beitragen, die zum anderen jedoch Normen für die Angemessenheit der Sprachverwendung in bestimmten, sich teilweise wiederholenden situativ-diskursiven Kontexten darstellen. Dies führt zu einem gruppenbezogenen Konzept von Sprachverwendern, den so genannten 'discourse communities', insbesondere was den textgebundenen Sprachgebrauch in spezifischen Schul-, Studien-, Ausbildungs- und Berufskontexten betrifft. Schulfächer und wissenschaftliche Disziplinen konstituieren ihre 'eigenen' soziokulturellen Domänen (ebenso wie die Politik, die Presse, die Werbung oder einzelne Freizeitbereiche) mit sehr spezifischen Fragestellungen, Intentionen, Problemen, Daten, Begrifflichkeiten, Erklärungsmustern und Argumentationsstrategien (sprich: mit sehr spezifischen Diskursen). Der Textproduzent geht dabei durch eine Abfolge von rhetorisch-pragmatischen 'Stufen' (= stages), um die für das Genre distinktive Textstruktur zu realisieren, die die funktionale Einheit des Textes in Ausrichtung auf den kommunikativen Zweck der Interaktion gewährleistet. Der Primat liegt bei der Textpragmatik und Textsemantik, demgegenüber die linguistischen Entscheidungen auf der Satz-, der Satzglied- und der Wortebene nachgeordnet sind (Syntax, Lexik, Wortbildung und Idiomatik). An dieser Stelle kommt das integrierte Sach-Sprachlernen im 'bilingualen Unterricht' ins Spiel, und zwar im Sinne eines analytischen top down-Zugriffs auf die Textbzw. Materialsorten der verschiedenen Fächer. Dies betrifft sowohl das Dekodieren als auch das Enkodieren der fachspezifischen Genres. Die PISA-Studien haben uns gezeigt, dass Defizite in der Lesekompetenz (d.h. in der schriftsprachlichen Literalität: literacy) für die Lerner Schwierigkeiten in Schule und Ausbildung beinhalten. Wer dagegen als Leser/ Hörer oder Sprecher/ Schreiber über die entsprechenden Kompetenzen verfügt, dem eröffnen sich Möglichkeiten für eine erfolgreiche Teilhabe am schulischen wie nachschulischen gesellschaftlichen Leben. Schulfächer können bzw. müssen diese grundlegenden, aber transferfähigen 'literaten' Techniken vermitteln. Sie tun das üblicherweise über curricular-kommunikative Aufgaben(= tasks), die über eine spezifische Anweisung(= rubric) eine bestimmte Ausrichtung erfahren. Zwischen den übergeordneten Funktionen von Sprache (gemäß Abb. 1 [S. 160]) und dem Registerbegriff, der über die drei Variablen.field, tenor und mode den Situationskontext des Sprachgebrauchs konstituiert, gibt es enge Beziehungen. Diese gehen ihrerseits in der komplexen, durchstrukturierten Ganzheit des Genres auf, wobei die jeweilige Text- oder Materialsorte das linguistisch-textuelle Substrat (inklusive graphisch-nonverbaler Elemente) der sozialen Interaktion darstellt (vgl. Abb. 2 [S. 162]). lFLllllL 34 (2005) 162 Wolfgang Zydatiß ideational meaning textual meaning interpersonal meaning Functions of representations of providing text-bound establishing or maintaining Language experience (extemal messages in context and social interactions: contact and intemal) creating textual coherence and control field mode tenor Register content, topic or the medium of language in relationships among the subject matter the situation: oral / written, people involved: role, status, verbal / visual, planned / age, gender, formality etc. unplanned etc. Genre varieties of texts involve all three types of meaning and address all three situational variables Abb. 2: Textvarietäten (genres) und funktionale Sprachtheorie Da es in diesem Beitrag um einige grundlegende Überlegungen zum integrierten Sach- Sprachlernen im Rahmen des bilingualen Sachfachunterrichts gehen soll (also vorrangig um den Inhaltsaspekt fachlichen Lernens: content bzw. subject matter), wird die weitere Diskussion mit fachbezogenen Beispielen auf die kognitiv-referentielle Funktion von Sprache fokussiert (HALLIDA YS ideational meaning ). Der sachfachliche Lehrgang ist mit anderen Worten für die Lernenden so etwas wie ein Initiationsprozess in eine spezielle Diskursgemeinschaft, in der bestimmte Arten gegenstandsbezogenen Denkens sowie spezifische Formen des rezeptiven wie produktiven textgebundenen Sprachgebrauchs 'üblich' sind(= 'how language is done'). 4. Lösungsansatz: Diskursfunktionen als curriculares Bindeglied zwischen fachbezogenen Inhalten, kognitiven Operationen und sprachlicher Realisierung Vorarbeiten zur nachfolgenden Darstellung lassen sich in ZYDATiß (2002) nachlesen, aufgenommen und in Planungsfelder für ein systematisch verzahntes Sach-Sprachlernen integriert bei WILDHAGE (2003: 91). Im Folgenden soll der Ansatz vertieft begründet und an ausgewählten Beispielen weitergeführt werden. 4.1 Wechselbeziehungen zwischen Sprache, Inhalt und Denken Den Ausführungen der ersten drei Teilkapitel entsprechend geht es in erster Linie darum, Sprache als kognitives 'Werkzeug' inhaltsbezogenen Lernens in einer Weise zur Geltung zu bringen und zu unterstützen, dass damit sachangemessene, pädagogisch zufriedenstellende Leistungen im schulischen Fachunterricht ermöglicht werden, und zwar vor allem dann, wenn die Sprachfähigkeit (= proficiency) in der jeweiligen UnterrichtslFLuruL 34 (2005) Diskursfunktionen in einem analytischen curricularen Zugriff auf Textvarietäten ... 163 sprache (noch) nicht auf einem altersbzw. schulgerechten Entwicklungsstand sein sollte. In unterrichtlichen Kontexten greift die jeweilige Aufgabenstellung (= task) eines bestimmten Lern- oder Ausbildungsbereichs bzw. eines spezifischen Schul- oder Studienfaches fokussiert auf eine spezifische Text- oder Materialsorte(= genre) auf die drei Parameter des inhaltlichen, kognitiven und sprachlichen Lernens zu (Abb. 3 [S. 164]). Die dabei entstehenden Schnittflächen sind für den (bilingualen) Sachfachunterricht besonders interessant und relevant, denn in diesen Bereichen kann bzw. muss das integrierte Sach-Sprachlernen didaktisch-intentional inszeniert werden. Dies betrifft gleichermaßen die fachspezifischen Notionen (also die generellen und die speziellen Konzepte sowie die basalen Kategorien eines Faches), die fachspezifischen Methoden und Arbeitstechniken sowie die kognitiven Operationen als Realisierung übergreifender Klassen von Wissensstrukturen (vgl. Abb. 3 bei WILDHAGE 2003: 90 f, der am Beispiel des Faches Geschichte ein Planungsmuster zur Verzahnung von Sprache und Inhalt vorlegt). Es ist den Arbeiten von Bernard MOHAN zu verdanken (1986, 1990, 1998; weitergeführt von HUANG 2002, 2004 sowie MOHAN/ HUANG 2002 und HUANG/ MORGAN 2003), darauf verwiesen zu haben, dass die referentielle Bedeutungskomponente in einer funktionalen Sprachtheorie (HALLIDAY: 'ideational meaning') in inhaltlich-themenfundierten Kontexten (HALLIDAY: 'field'), die diskursiv-textuell transportiert werden, ein kognitives Äquivalent in einer bestimmten Systematik von Wissensstrukturen haben (MOHAN: 'knowledge structures'): siehe Abb. 4 [S. 167]. Die kognitiven Operationen beruhen auf Strukturen und Prozessen des Denkens, das seinerseits auf 'organisierte' Wissensschemata (deklarativer wie prozeduraler Natur) zurückgreifen kann. Die gemeinsame, zentrale Schnittmenge von Sprache, Inhalt und Denken bilden die so genannten Diskursfunktionen (siehe das innerste, durch : : ): : : : : (: : : gekennzeichnete Feld der grau unterlegten Fläche in Abb. 3). Wenngleich in ihrer Anzahl begrenzt dürften sie auf eine Vielzahl von fachlichen Kontexten transferfähig sein. Die stärkste Affinität haben die Diskursfunktionen sicher zur kognitiven und zur sprachlichen Ebene, weil sie kognitive Operationen in einer spezifischen lexikogrammatischen Realisierung widerspiegeln (die inhaltliche Dimension kommt über die fachlichen Gegenstände mit den entsprechenden Konzept- und Begriffsbildungen zum Tragen). Diskursfunktionen sind im bilingualen Sachfachunterricht besonders zu reflektieren, da sie eine zentrale Gelenkstelle zum integrierten Sach-Sprachlernen darstellen; und zwar zum einen über ihre linguistischen Exponenten und zum anderen über graphische Repräsentationen, die in vielen Fällen möglich sind. Beide Aspekte können in Unterrichtssituationen (im Sinne des scaffolding der soziokulturellen Theorie) als verbale und/ oder visuelle Unterstützungssysteme für die kognitive wie sprachliche Verarbeitung der Inputmaterialien bzw. für die sprachlichinhaltliche Realisierung des Output der Lernenden dienen. lFLllllL 34 (2005) Fachspezifische Notionen (concepts & categories) Aufgabe (task) INHALT (content) SPRACHE (language) Fachspezifische Methoden und Arbeitstechniken (modes of enquiry & study skills) Wissensstrukturen und kognitive Operationen (knowledge structures) DISKURS- FUNKTIONEN (discourse functions) DENKEN (thought) Abb. 3: Aufgaben und Textvarietäten im Spannungsfeld von Sprache, Inhalt und Denken im Sachfachunterricht Diskursfunktionen in einem analytischen curricularen Zugriff auf Textvarietäten ... 165 In sachfachlichen Unterrichtskontexten sollte mit anderen Worten den Lernenden deutlich werden, dass es systematische Beziehungen zwischen dem sprachlichen Ausdruck und der sprachlichen Bedeutung auf der einen Seite sowie den themenzentrierten Fachinhalten und kognitiven Prozessen auf der anderen Seite gibt. Das materiell-linguistische Korrelat und Bindeglied dafür ist (vgl. HALLIDAY 1985) die situativ-diskursiv eingebrachte sachfachliche Text- oder Materialsorte, die es im Sinne einer bestimmten Aufgabe zu verstehen, zu interpretieren, zu reflektieren und zu bewerten gilt, was immer auch sprachproduktive, textgebundene Leistungen beinhaltet und freisetzt: im Unterrichtsgespräch wie in schriftlichen Lernzielkontrollen oder (später) in Klausuren. Diskursive Sprache ist im Sozialisationsprozess eines Kindes und Heranwachsenden sowohl das Mittel als auch das Ziel eines familiär wie institutionell gesteuerten Entwicklungsvorgangs (BRUNER 1983 spricht von 'highly framed situations'), zusammen mit vielfältigen konstruktiven Eigenleistungen des Individuums. Diskursiver Sprachgebrauch spielt einerseits eine zentrale Rolle für das Hineinwachsen in eine bestimmte soziokulturelle Realität; und er ist andererseits die Voraussetzung dafür, zu 'kompetenten' (d.h. 'literaten') Mitgliedern spezifischer sozialer Gruppen bzw. Diskursgemeinschaften zu werden: sicherlich mit die wichtigste erzieherische Aufgabe von Schule und Unterricht überhaupt. 4.2 Ein Referenzrahmen für Wissensstrukturen und kognitive Operationen im sachfachlichen Unterricht Aufbauend auf der funktional-pragmatischen Bildungstheorie von John DEWEY (1900, 1938) sieht M0HAN (1986) Erziehung als Einführung(= 'initiation') von Lernenden in die Aktivitäten einer Gesellschaft, wobei diskursiver Sprache die zentrale Rolle zufällt, für ein Verständnis auf Seiten der Lernenden im Hinblick auf den Stellenwert gesellschaftlich relevanter Tätigkeiten, Fähigkeiten, Haltungen und Wissenskomplexe zu sorgen. M0HAN unterscheidet deshalb sehr sorgfältig zwischen einer eher praktischen Ebene des erfahrungsgestützten Verhaltens und Lernens(= action or modes of conduct) und einer stärker theoretischen Ebene des generalisierten, symbolisch vermittelten Verstehens über verbal-literate Techniken und reflektierendes Denken (= reflective thought and deeper understanding). Beide Ebenen sind im Curriculum zusammenzuführen, und zwar über eine didaktisch reflektierte Serie von Aufgaben (academic tasks oder activities), die Inhalt, Denken und Sprache miteinander integrieren. Der entsprechende Referenzrahmen für Wissensstrukturen (Mohan: "knowledge framework: ' siehe Abb. 4) spiegelt die übliche Klassifikation der Makrofunktionen des 'bilingualen Unterrichts' wider (z.B. bei WILDHAGE 2003: 93): DESCRIBE, EXPLAIN, CONCLUDE, EVALUATE. Es dürfte ferner interessant sein hervorzuheben, dass sich die fachspezifischen graphisch-visuellen Materialsorten (in Abb. 4 in englischer Sprache, Kursiv- und Fettdruck) in gewissen Grenzen durchaus der eher konkreten oder der stärker abstrakten Ebene zuordnen lassen (was zum Teil ihren Stellenwert in der Progression fachspezifischer Lehrgänge erklärt), wobei letztendlich darüber allerdings die Formulierung der Aufgabe entscheidet. Aus dem Referenzrahmen für Wissensstrukturen der Abb. 4 [S. 167] lassen sich nunmehr sachfachlich relevante kognitive Operationen gewinnen (Abb. 5 [S. 168]), JFLlJIL 34 '2CXE) 166 Wolfgang Zydatiß wobei an dieser Stelle einige Fragen offen bleiben müssen, etwa wie universell ein derartiges System ist, oder ob man die verschiedenen Kategorien eher vernetzt bzw. überlappend sehen muss. Sehr schwierig ist in einem solchen 'Raster' die Frage der Theoriebildung (in einer spezifischen Disziplin) zu handhaben. Man sollte damit nicht zu schnell und leichtfertig umgehen. In der Regel folgt der Datensammlung in einer Domäne eine Analyse dieser Daten mit der Formulierung einer Hypothese im Hinblick auf einen erwarteten bzw. einen vorhergesagten Zusammenhang. ➔ Abb. 4 [S.167] Induzierte oder deduzierte Zusammenhänge können aber auch in ein Konstrukt oder ein Modell einmünden. Hypothesen oder Konstrukte können (empirisch) überprüft werden, was zur Ablehnung, Untermauerung oder Modifizierung der ursprünglichen Hypothese führen kann. Theorien sind üblicherweise aus vielen Zusammenhängen und Hypothesen abgeleitet, und sie sind deshalb 'mächtiger' (in ihrer Gültigkeit), so(dass man ihnen gewissermaßen mehr 'glaubt' als Hypothesen. Allerdings können und müssen auch Theorien immer wieder empirisch überprüft werden, und die Befunde ziehen dann eine Bestätigung oder Zurückweisung der Theorie nach sich. Das Verstehen oder Anwenden von Konstrukten, Modellen und übergreifenden Theorien liegt 'quer' zur Systematik der Abb. 5. Es bleibt abzuwarten, ob sich dafür linguistische Operationalisierungen finden lassen im Hinblick auf funktionale Kategorien wie Zweifel, Skepsis, Risiken, Streitfragen und dergleichen dürfte das sicherlich möglich sein. 4.3 Sprachliche Realisierung und graphische Visualisierung von Diskursfunktionen in einem analytischen Zugriff auf einen geographischen Sachtext In der Abb. 3 wurden die Diskursfunktionen als zentrale Schnittstelle der sich überlappenden Parameter von Inhalt, Sprache und Denken im sachfachlichen Unterricht herausgestellt. Damit ist ein hoher Konkretisierungsgrad für das integrierte Sach-Sprachlemen erreicht, zumal Diskursfunktionen immer über sprachliche Exponenten verfügen und häufig auch einprägsame graphische Repräsentationen erlauben, die sowohl eine Visualisierung der Textstruktur ermöglichen als auch eine Hilfe bei der sprachlichen Eigenleistung der Schüler(innen) darstellen können (= scaffolding). Da gerade der 'bilinguale Unterricht' einen analytischen top down-Zugriff auf die fachbezogenen Sachtexte braucht, lässt sich hiermit das zweitsprachenerwerbstheoretisch wichtige Prinzip des noticing bestens einlösen (vgl. SCHMIDT 1990, SKEHAN 1998). Das Prinzip der 'Aufmerksamkeitslenkung' beinhaltet eine Form der Bewusstmachung im Hinblick auf das Prototypische in der spezifischen Sprachgebung einer bestimmten Textart. Die Identifizierung von Diskursfunktionen stellt zugleich eine didaktisch-methodische Vorkehrung dar, die funktionale Verfügbarkeit über die kognitiven Strukturen und Operationen der Fächer einzuleiten (was ein übergeordnetes Ziel eines jeden Sachfachunterrichts ist). Da diese Wissensstrukturen aufgrund ihrer Abstraktheit nicht direkt 'beobachtbar' sind, müssen konkrete Operationalisierungen gefunden werden. ➔ Abb. 5 [S. 168] lFLllllL 34 (2005) ~ "' .,. 1 Spezifische und praktische Handlungssituationen BESCHREIBUNG/ DESCRIPTION ZEITLICHE REIHENFOLGE / ENTSCHEIDUNGEN/ CHOICE SEQUENCE orDECISION Wer, was, wo? Was geschieht (als nächstes)? Welche Alternativen, Konflikte, Individuelle Objekte, Personen, Materialien, Wie ist der Ablauf einer Handlung bzw. Problemlösungen, Wahl- oder Szenen, Schauplätze; spezifischer Zeitbezug eines Vorgangs oder Geschehens? Welche Entscheidungsmöglichkeiten gibt es? Prozesse, Routinen, Prozeduren, Zeitabläufe gibt es? Was ist deren interne Struktur? Materialien: pictures, photographs, Materialien: time-line, action strips, Materialien: flowchart decision, decision diagrams, maps flowcharts etc. tree / table etc. KLASSIFIKATION und PRINZIPIEN/ PRINCIPLES BEWERTUNGEN/ EVALUATION KONZEPTUALISIERUNG / CLASSIFICATION and CONCEPTS Welche Klassifikationen sind möglich? Welche Prinzipien, Regeln, Gesetze, Welche Ziele, Werte oder Standards sind Welche Kategorien und Konzepte gelten? In Normen, Strategien, Methoden, Techniken angemessen? Was kann als 'gut' bzw. welchen Beziehungen stehen sie zueinander: gibt es? Wie stehen Ursache-Wirkung oder 'schlecht' gelten? Was sind übliche oder z.B. Inklusion, Exklusion, Hierarchien? Mittel-Ziel zueinander? Gibt es kausale akzeptable Begründungen für bestimmte Ketten? Welcher Art sind die notwendigen, Präferenzen? Was sind Kriterien für hinreichenden oder wahrscheinlichen nachhaltige Entscheidungen? Bedingungen für bestimmte Vorgänge und Entwicklungen? Materialien: tree / venn diagram, table Materialien: line graph, graph of function Materialien: rank ordering, rating scale, headings etc. etc. value labelling etc. Generalisiertes und theoretisches Hintergrundwissen Abb. 4: Ein Referenzrahmen für Wissensstrukturen ("knowledge framework" nach MOHAN 1986) t, ~ " '? [. ~ ; : , s· "' s· ~ ~ ~ ~- " ~ ; : , " ~ I'; · : : , [ ; : , ~ ~ ~ .: , q., ~ ~ : : ? . "' B: ~ ,_. 2l 8, .g N' § ~ ~ 00 \0 .-< BESCHREIBUNG: ERKLÄRUNG: BEWERTUNG: 1 Klassifikationen und Konzeptbildung Zeitliche Reihenfolge und Prinzipien Wahlmöglichkeiten und Entscheidungen 1. Klassifikation 1. Interpretieren von Daten und 1. Äußern von Meinungen und Präferenzen "1- "' ~ . observing objects, persons, situations ... Schlussfolgerungen . forming and expressing personal opinions . describing objects: number, size, shape, . chronology of a chain of events . checking facts and ideas dimensions, weight, colour, material, . describing a process: stages, phases, . giving evidence on the basis of facts, appearance ... duration figures or sources . describing movement: location, relative . distinguishing different types of . distinguishing between fact and opinion (or position, direction processes belief) . describing use or function ... . giving and following instructions . expressing and justifying preferences, . classifying: taxonomies . processes and their results attitudes or choices . comparisons and contrasts, similarities . interpreting data (including tables, . assessing the truth of statements, making and differences graphs, charts) qualified statements . part-whole relations . drawing conclusions 2. Gewichtungen und Bewertungen 2. Kategoriensysteme . making inferences . ranking and rating of objects or opinions . identifying individuals, groups, types, 2. Generieren und Testen von . establishing and applying criteria for classes, symbols, dates ... Hypothesen evaluation . identifying stance, position, perspective, . formulating and testing hypotheses . judging and criticizing sources, methods point of view ... . refuting or modifying a hypothesis and presentations . correspondence, equivalence . prediction of changes and . critical reading and appreciation of texts or 3. Konzeptbildung developments studies . naming things, people ... . explaining processes 3. Lösungen und Entscheidungen . labelling objects, drawings ... . explaining the structure or function of . analysing and understanding goals, policies . understanding, applying, developing adevice or strategies concepts 3. Generalisierung . deciding on values . defining: using operational and formal . causes and their effects or . suggesting and justifying solutions or definitions consequences recommendations . developing generalizations about . building up complex arguments for and motives, means or purposes against something continuity and change Abb. 5: Kognitive Operationen im sachfachlichen Unterricht Diskursfunktionen in einem analytischen curricularen Zugriff auf Textvarietäten ... 169 Nachstehend soll ein Beispiel aus dem 'bilingualen' Erdkundeunterricht 1 angeführt werden, das die bisher vorgetragenen Überlegungen hoffentlich überzeugend und anschaulich 'auf den Punkt bringt'. Die Aufgaben strukturieren auf präzise aber subtile Weise das Textverstehen und die Textproduktion, wobei die dabei geforderten sprachlichen Veränderungen auf tiefer gehende inhaltlich-kognitive Verarbeitungsprozesse hindeuten. Basistext: "Chinese Agriculture -A Success Story? " Throughout Chinese history there have been different systems of land ownership. Tue communist govemment which took power in 1949 organisedall the small farmers into communes with about 15,000 people each. The land and equipment was all owned by the state and it was not possible for individual farmers to own land or grow what they wanted. Since the early 1980s the system has begun to change. Under what is called the "responsibility system", the land is still owned by the commune, but individual farmers can now make a 15-year-contract with the commune. The farmers can lease some land for themselves. They must agree to sell a certain amount, they can sell whatever they want on the free market where prices are set by supply and demand and not by the state. Many farmers have become relatively rich through this system. They can afford to build new houses and have more than one child. But there are also many poor families, those who have not been able to adapt well to the new system, especially those who live far away from towns where they can sell their goods and who live where the land is poor. On the whole, Chinese agriculture has improved greatly in the last years. Since farmers have been able to work independently, they have produced much more than before. China can grow enough food to feed its own people as well as some agriculture products for export, such as tea, spices and vegetables. In: W. BIEDERSTÄDT / K. CARLSON-KREIBOHM / D. HAUPT (Hg.) (1999): Around the World. Vol. 2. Berlin: Comelsen, S. 50. Tasks 1. Describe the old system of land ownership in China. 2. Explain the new system of land ownership in China, especially the farmers' rights and obligations. 3. Name the conditions that create winners and losers ofthe "responsibility system" in Chinese agriculture. 4. Draw conclusions as to the effects and consequences of the new system of land ownership. 5. On the basis of the information provided in the text, give a personal evaluation of the overall efficiency of the new system. Weitere Beispiele für Texte des Geschichtsunterrichts finden sich in ZYDATiß (2005, in Vorber.). JFL111L 34 (2005) 170 Wolfgang Zydatiß Erwartungshorizont Aufgabe 1 • das zentrale Datum (1949), Größe der Kommunen, Staatsbesitz • Verwendung der past tense als Bezug auf 'abgeschlossene' Vorgänge in der Vergangenheit Aufgabe2 . definition: dass characteristics "the responsibility system is a system under which ..." ~ "can be defined as a system ...", "is known as ...", "means that ...", " ... is definable as ..." etc. • X y whichlwho ... concept . permission +modality ➔ obligation - " ... can make a contract with" - " .. .must agree to sell a - " ... can sell any amount of .. " certain amount at fixed - " ... can lease their own private prices" land! ' Aufgabe3 . "winners" +contrasts ➔ "losers" - "some have become rich" - "some are still poor" - "some have built new houses" - "some live far away from - "some have more than one child! ' towns and markets" . N.B.: present perfect = - "some own very poor land" 'achievement' . N.B: simple present = 'states' . Focus on conjunctions and sentence adverbs expressing contrast: but, unlike, by / in contrast to, however, whereas etc. . Conditionals (realistic conditions): focus on if-clauses (type 1) The farmers can lease some land for if they agree to seil a certain amount of their themselves, crops to the state at a fixed price (and to pay taxes). If they produce more than that amount, they can seil whatever they want on the free market. Many farmers cannot adapt weil to the new ifthey live far away from town and markets system where they can seil their goods. if they live in areas where the land is poor. lFLlllL 34 (2005) Diskursfunktionen in einem analytischen curricularen Zugriff auf Textvarietäten ... 171 Aufgabe4 CAUSE / CONDITION 1 EFFECT/ CONSEQUENCE A C ~ D E ........ t------------ --., ······························································► etc. • Causal chains: focus on conjunctions and sentence linking adverbs CAUSES EFFECTS/ CONSEQUENCE The Communist govemment of China owned so that it was not possible for individual the land and equipment farmers to own land or grow what they wanted. Because of the "responsibility system" individual farmers can now make a contract with the commune and lease some land for themselves. Some farmers have not been able to adapt weil } to the new system. Some farmers live far away Therefore they are poor. from town and market places. Some farmers live on poor land. Aufgabe5 • Giving reasons and explanations Since farmers have been able to work they have produced much more than before. independently, As a result, Chinese agriculture has improved greatly in the last years. Because of / due to improvements in China can grow enough food to feed its people agriculture (and can also export some of its products). • Conclusions, summary statements on the whole, all in all, in sum, to sum up A B thus, and therefore, hence (it can be concluded) • Duration since [point of time] for [period oftime], throughout 1980s since I*. NOW lFlLllllL 34 (2005) 172 Wolfgang Zydatiß 5. Ausblick: Aspekte des Fachwortschatzes Vergleichsweise wenig fokussiert wurden in diesem Beitrag Aspekte des Fachwortschatzes, weil dafür eigene detaillierte Ausführungen notwendig sind. An dieser Stelle sollen einige Hinweise genügen. Die Grenzen zwischen allgemein- und fachsprachlichem Vokabular sind fließend, wobei ein Großteil des so genannten semi-technical vocabulary einen hohen Transferwert auf eine Vielzahl von fachsprachlichen Kontexten hat: z.B. Begriffe wie factor, method, growth, development, tendency; rise, raise, expand, produce, occur; absolute, relative, intense, dense u. dgl. einschließlich vieler Kollokationen wie build up, break up, bring s.th. about, lead to, have effects on s.th., agree with; pass an act, impose a tax on, be at war usw. Weiterhin sollten im 'bilingualen Unterricht' gezielt (sprich: relativ früh) Wortbildungsprozesse reflektiert werden, da dies der eigenständigen Bedeutungserschließung von Komposita, Ableitungen und Wortfamilien (d.h. dem Aufbau eines potentiellen Wortschatzes) sowie dem Textverständnis (insbesondere beim Lesen) dienlich ist. Literatur BRUNER, Jerome S. (1983): Child's Talk: Learning to use language. Oxford: Oxford University Press. 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