Fremdsprachen Lehren und Lernen
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Narr Verlag Tübingen
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2006
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Gnutzmann Küster SchrammJörg ROCHE: Fremdsprachenerwerb – Fremdsprachendidaktik. Tübingen und Basel: Francke 2005 (UTB Basics 2691), 282 Seiten [14,90 €]
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2006
Lisanne Klein Gunnewiek
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Buchbesprechungen • Rezensionsartikel Jörg ROCHE: Fremdsprachenenverb - Fremdsprachendidaktik. Tübingen und Basel: Francke 2005 (UTB Basics 2691), 282 Seiten [14,90 €] Erfreulicherweise kann man nun auch eine umfassende deutschsprachige Einführung in die Grundlagen des Fremdsprachenerwerbs und der Fremdsprachendidaktik zur Hand nehmen. Denn ROCHEs Monografie fasst die wichtigsten lerntheoretischen Fragen und Grundlagen der Spracherwerbsforschung, der Sprachlehr- und -lernforschung sowie der Fremdsprachendidaktik zusammen und liefert einen anschaulichen Überblick über das Gebiet des Lernens und Lehrens von Fremdsprachen. Das in leicht verständlicher Sprache gehaltene Buch richtet sich durchaus an ein breites Publikum, obwohl doch vor allem Fremdsprachenlehrende und -studierende von der Lektüre profitieren dürften. Die insgesamt acht Kapitel enthalten jeweils theoretische Ausführungen mit Beispielen aus der Praxis, einige festigende Übungsaufgaben zur Wissenskontrolle sowie eine Liste mit weiterführender Literatur. Die Kapitel behandeln folgende Bereiche: Lerntheorien und Fremdsprachenerwerb; Lernervariablen; Lernuniversalien; Fremdsprachenerwerb; Sprache; Lehr- und Lernziele; Interkulturelle Sprachdidaktik; Medien. Darüber hinaus findet sich ein Anhang mit Lösungen zu den in den einzelnen Kapiteln aufgeführten Übungsaufgaben, einem Register und einer Liste deutschsprachiger Grundlagenliteratur. ROCHE führt in jedem Kapitel zunächst in den zu behandelnden Bereich kurz ein. Danach werden die wichtigsten Begriffe mit Hilfe von Grafiken erläutert und/ oder Beispiele für den Unterricht gegeben. Am Ende jedes Kapitels gibt es einige Übungsaufgaben und 2 bis 25 im Schnitt 12 - Angaben zu weiterführender Literatur, die sich hauptsächlich auf deutschsprachige Veröffentlichungen beziehen. Dies ist ein Aufbau, der für eine grundlegende Einführung sehr geeignet ist. Im ersten Kapitel „Lerntheorien und Fremdsprachenerwerb- Überblick" werden die wichtigsten lerntheoretischen Ansätze vorgestellt: die Grammatik-Übersetzungsmethode, das behavioristische, das kognitivistische und das konstruktivistische Verfahren, der moderate Konstruktivismus, die kommunikative Didaktik und alternative Methoden sowie einige aus heutiger Perspektive wichtige Elemente der Fremdsprachendidaktik. Der Überblick über die bedeutendsten Lerntheorien wird verständlich und mit anschaulichen Beispielen und Schemata dargeboten. Einflüsse auf die Lerntheorien aus Sprachwissenschaft und Psychologie werden jedoch kaum explizit erwähnt, und es finden sich nur selten Literaturverweise. Im zweiten Kapitel „Lernervariablen" werden relevante Faktoren der Lernerpersönlichkeit dargestellt, die einen Einfluss auf das Erlernen einer (Fremd-)Sprache ausüben. Behandelt werden dabei sowohl Personenmerkmale wie z.B. Lernfähigkeit, Lernbereitschaft, Neugier, Interesse, Motivation, emotionelle Einstellungen des Lerners-als auch die Variablen Lerntradition, Lernertyp, Alter, Sprachlernvermögen (von ROCHE als Sprachanlage bezeichnet) und Geschlecht. Auch in diesem Kapitel sind allerdings nur wenige Literaturverweise zu finden. Im dritten Kapitel „Lernuniversalien" werden Prozesse der Sprach- und Informationsverarbeitung behandelt. Nach einer Erläuterung des Aufbaus und der Funktionsweise des Gehirns wird ausführlich auf die Konstruktion von Bedeutung, die Rolle der Aufmerksamkeit, die Informationsspeicherung und die Koordination von Sprach- und Bildverarbeitung eingegangen. Anhand eines Modells der Sprachverarbeitung erläutert ROCHE die Prozesse des Sprachverstehens und der Sprachproduktion und erklärt dann, warum die Organisation des mentalen Lexikons und der Zugang zum Wortschatz beim Sprachenlernen eine bedeutsame Rolle spielen. Schließlich werden FLuL 35 (2006) 282 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel auf der Basis von den zuvor behandelten theoretischen Grundlagen didaktische Vorschläge zur Wortschatzvermittlung und Fehlerkorrektur im Fremdsprachenunterricht dargeboten. Der Schwerpunkt des vierten Kapitels „Fremdsprachenerwerb" liegt auf Studien zum natürlichen Spracherwerb, deren Ergebnisse aus Sicht RocHEs zu einem effizienteren Fremdsprachenunterricht beitragen können. Hier wird aber leider nicht auf die an verschiedenen Stellen geführte Diskussion über die (ungewisse) Relevanz dieser Studien für den Fremdsprachenunterricht verwiesen 1. Die bekanntesten Hypothesen zum Fremdsprachenerwerb, die in der Fremdsprachenforschung mehr oder weniger intensiv diskutiert wurden oder werden - Kontrastivhypothese, Identitätshypothese, Monitorhypothese, Interaktionshypothese, Pidginisierungshypothese, Akkulturationshypothese, lnputhypothese, Outputhypothese und Interlanguagehypothese -, werden berücksichtigt und verständlich beschrieben. Leider bleiben Literaturverweise hierzu jedoch aus. So wären wenigstens bei den sehr wichtigen Hypothesen wie beispielsweise bei der Interlanguagehypothese ein Verweis aufSelinker (1972) 2 und bei der Monitorhypothese sowie bei der Inputhypothese Literaturhinweise aufKrashen (1982, 1985) 3 zu erwarten gewesen. Der Beschreibung der kognitiven Entwicklung des Kindes in Anlehnung an Piaget folgt eine Zusammenfassung von Studien zu Erwerbssequenzen, die Einsichten in die Fehlerursachen von Fremdsprachenlernern liefern soll. Schließlich werden die Begriffe Mehrsprachigkeit und Input und daraus abgeleitete Empfehlungen für den Fremdsprachenunterricht einleuchtend dargestellt. Das fünfte Kapitel „Sprache" präsentiert verschiedene Möglichkeiten, Sprache als Zeichensystem zu beschreiben. Gelungen thematisiert werden Sprachnormen, Allgemeinsprache, Fachsprachen, Sprachvariation und Sprachwandel sowie die Bereiche der Sprache wie z.B. Semantik und Syntax. Unterschiedliche Beschreibungsansätze von Grammatiken sowie die Rolle der Grammatik im Fremdsprachenunterricht werden anhand von vielen praxisorientierten Beispielen eingehend erläutert. Sehr anschaulich stellt R0CHE dar, was einen Text ausmacht und welche Rolle Texte im Fremdsprachenunterricht spielen oder eigentlich spielen sollten. Außerdem hebt er die Wichtigkeit der Einbeziehung von Erkenntnissen aus der Pragmatik im kommunikativen Fremdsprachenunterricht hervor. Im sechsten Kapitel „Lehr- und Lernziele" werden für die Praxis des Fremdsprachenunterrichts relevante Aspekte angesprochen. Dabei werden einerseits bildungspolitische Ziele und zu erreichende Kompetenzen anhand von Beispielen übersichtlich dargestellt und andererseits die einzelnen Fertigkeiten prozessorientiert und aus methodisch-didaktischer Sicht beschrieben. Auf einleuchtende Weise legt R0CHE dar, welche Rolle das Übersetzen im Fremdsprachenunterricht hat oder haben könnte. Bei der Behandlung der Themen Methodik und Handlungsorientierter Unterricht gibt er überzeugende Empfehlungen, wie im Fremdsprachenunterricht prozessorientiert und handlungsorientiert vorgegangen werden könnte. Vgl. z.B. Artikel 1, 2, 5, 6 und 80 in Karl-Richard BAUSCH, Herbert CHRIST und Hans-Jürgen KRUMM (Hrsg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Francke (4., vollständig neu bearbeitete Auflage) 2003; Catherine J. DOUGHTY: "Instructed SLA: constraints, compensation, and enhancement". In: DOUGHTY, C. J. / LONG, M. H. (eds.): The Handbook of Second LanguageAcquisition. Oxford: Blackwell (2003), 256-310; Rod ELLIS: Second Language Acquisition. Oxford: Oxford University Press 1997; Peter ROBINSON: Cognition and Second Language Instruction. Cambridge: Cambridge University Press 2001; Nina SPADA: "Form-focussed instruction and second language acquisition: a review of classroom and laboratory research". In: Language Teaching 30 (1997), 73-87. 2 Larry SELINKER: "Interlanguage". In: ! RAL 10.2 (1972), 209-231. Stephen KRASHEN: Principles and Practice in Second Language Acquisition. Oxford: Pergamon 1982; Stephen KRASHEN: The Input Hypothesis: Issues and Implications. London: Longman 1985. JFLuL 35 (2006) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 283 In Kapitel sieben wird der Ansatz „Interkulturelle Sprachdidaktik" ausführlich dargestellt. Dass Sprache (sowie Bilder) und Kultur untrennbar zusammengehören, wird anhand von illustrativen Beispielen gezeigt. Bei seinen Ausführungen über Interkulturelle Vermittlung macht ROCHE deutlich, von welch hoher Relevanz die Entwicklung interkultureller Kompetenz bei den Fremdsprachenlernern ist. Außerdem wird die Landeskunde aus der Sicht der interkulturellen Sprachdidaktik anhand mehrerer Praxisbeispiele (Kulturstudien, Tübinger Modell einer integrativen Landeskunde, Interkulturelle/ transkulturelle Landeskunde) behandelt. Leider werden nur Beispiele im Bereich Deutsch als Fremdsprache aufgeführt, wodurch die Leser aus anderen fremdsprachlichen Bereichen sich möglicherweise weniger angesprochen fühlen. Im letzten Kapitel „Medien" werden der Einsatz von (elektronischen) Medien und deren Beitrag zum Fremdsprachenlernen in knapper Form dargestellt. Außerdem werden sowohl die Vorteile von elektronischen Medien als auch die Faktoren, die das Lernen in virtuellen Klassenverbänden fördern, anhand von Beispielen erläutert. Anschließend geht ROCHE ausführlich auf elektronische Lernplattformen ein, um dann das Thema Tandem anzureißen; wobei er jedoch nur auf das Tandem-Projekt der Universität Bochum verweist. ROCHE ist eine übersichtliche sowie verständlich geschriebene Darstellung zum Thema Fremdsprachenerwerb und Fremdsprachendidaktik gelungen. Aktuelle sowie illustrative Grafiken und Beispiele unterstützen den Text. Die wichtigsten theoretischen Grundlagen werden anschaulich erklärt, und erfolgreich ist auch ROCHEs Unternehmen, Möglichkeiten darzustellen, wie sich theoretische Erkenntnisse im Fremdsprachenunterricht praktisch umsetzen lassen, indem er klare didaktische Empfehlungen mit theoretischen Grundlagen in Verbindung setzt. Leider fehlt es an vielen Stellen an Literaturverweisen, die man in anderssprachigen Einführungen zu den jeweils behandelten Themen zumeist findet4, und an einigen theoretischen Hintergründen, insbesondere zum gesteuerten Fremdsprachenerwerb. Dazu kommt, dass sowohl die Literaturangaben am Ende jedes Kapitels als auch die empfohlene Grundlagenliteratur im Anhang sich größtenteils auf deutschsprachige Veröffentlichungen beschränken. Ebenso beziehen sich die didaktischen Empfehlungen vor allem auf den Unterricht Deutsch als Fremdsprache, wodurch Lehrende anderer Fremdsprachen etwas zu kurz kommen. Das soll aber ROCHEs Verdienst nicht schmälern, denn sein Buch ist eine empfehlenswerte Einführung in das Gebiet des Lernens und Lehrens von Fremdsprachen insbesondere des Deutschen als Fremdsprache. Marburg L! SANNE KLEIN GUNNEWIEK Britta HUFEISEN, Madeline LUTJEHARMS (Hrsg.): Gesamtsprachencurriculum - Integrierte Sprachendidaktik - Common Curriculum. Theoretische Überlegungen und Beispiele der Umsetzung. Tübingen: Narr 2005 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 148 Seiten [26,00 €] Geduld wird belohnt! Denn ein Sammelband zum wichtigen Thema ,Gesamtsprachencurriculum' liegt nun vor. Der Begriff ,Gesamtsprachencurriculum' (auch ,Integrierte Sprachendidaktik' genannt) wird im ersten Beitrag erläutert: "Damit ist gemeint, dass wir die verschiedenen Sprachen in einem Lernumfeld, in Individuen, in Curricula nicht mehr getrennt betrachten, sondern den 4 Vgl. z.B.: Keith JOHNSON: An Introduction to Foreign Language Learning and Teaching. London: Longman 2001; Diane LARSEN-FREEMAN, Michael H. LONG: An Introduction to Second Language Acquisition. New York: Longman 1991; Juana M. LICERAS: La adquisicion delas lenguas extrariferas, Madrid: Visor 1991; Patsy M. LIGTHBOWN, Nina SPADA: How Languages are Learned. Oxford: Oxford University Press 1999; Anne VERMEER, Rene APPEL: Tweede-Taalverwerving en Tweede-Taalonderwijs. Bussum: Coutinho 1994. FLuL 35 (2006)
