Fremdsprachen Lehren und Lernen
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0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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2006
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Gnutzmann Küster SchrammBritta HUFEISEN, Madeline LUTJEHARMS (Hrsg.): Gesamtsprachencurriculum – Integrierte Sprachendidaktik – Common Curriculum. Theoretische Überlegungen und Beispiele der Umsetzung. Tübingen: Narr 2005 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 148 Seiten [26,00 €]
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2006
Lisanne Klein Gunnewiek
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Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 283 In Kapitel sieben wird der Ansatz „Interkulturelle Sprachdidaktik" ausführlich dargestellt. Dass Sprache (sowie Bilder) und Kultur untrennbar zusammengehören, wird anhand von illustrativen Beispielen gezeigt. Bei seinen Ausführungen über Interkulturelle Vermittlung macht ROCHE deutlich, von welch hoher Relevanz die Entwicklung interkultureller Kompetenz bei den Fremdsprachenlernern ist. Außerdem wird die Landeskunde aus der Sicht der interkulturellen Sprachdidaktik anhand mehrerer Praxisbeispiele (Kulturstudien, Tübinger Modell einer integrativen Landeskunde, Interkulturelle/ transkulturelle Landeskunde) behandelt. Leider werden nur Beispiele im Bereich Deutsch als Fremdsprache aufgeführt, wodurch die Leser aus anderen fremdsprachlichen Bereichen sich möglicherweise weniger angesprochen fühlen. Im letzten Kapitel „Medien" werden der Einsatz von (elektronischen) Medien und deren Beitrag zum Fremdsprachenlernen in knapper Form dargestellt. Außerdem werden sowohl die Vorteile von elektronischen Medien als auch die Faktoren, die das Lernen in virtuellen Klassenverbänden fördern, anhand von Beispielen erläutert. Anschließend geht ROCHE ausführlich auf elektronische Lernplattformen ein, um dann das Thema Tandem anzureißen; wobei er jedoch nur auf das Tandem-Projekt der Universität Bochum verweist. ROCHE ist eine übersichtliche sowie verständlich geschriebene Darstellung zum Thema Fremdsprachenerwerb und Fremdsprachendidaktik gelungen. Aktuelle sowie illustrative Grafiken und Beispiele unterstützen den Text. Die wichtigsten theoretischen Grundlagen werden anschaulich erklärt, und erfolgreich ist auch ROCHEs Unternehmen, Möglichkeiten darzustellen, wie sich theoretische Erkenntnisse im Fremdsprachenunterricht praktisch umsetzen lassen, indem er klare didaktische Empfehlungen mit theoretischen Grundlagen in Verbindung setzt. Leider fehlt es an vielen Stellen an Literaturverweisen, die man in anderssprachigen Einführungen zu den jeweils behandelten Themen zumeist findet4, und an einigen theoretischen Hintergründen, insbesondere zum gesteuerten Fremdsprachenerwerb. Dazu kommt, dass sowohl die Literaturangaben am Ende jedes Kapitels als auch die empfohlene Grundlagenliteratur im Anhang sich größtenteils auf deutschsprachige Veröffentlichungen beschränken. Ebenso beziehen sich die didaktischen Empfehlungen vor allem auf den Unterricht Deutsch als Fremdsprache, wodurch Lehrende anderer Fremdsprachen etwas zu kurz kommen. Das soll aber ROCHEs Verdienst nicht schmälern, denn sein Buch ist eine empfehlenswerte Einführung in das Gebiet des Lernens und Lehrens von Fremdsprachen insbesondere des Deutschen als Fremdsprache. Marburg L! SANNE KLEIN GUNNEWIEK Britta HUFEISEN, Madeline LUTJEHARMS (Hrsg.): Gesamtsprachencurriculum - Integrierte Sprachendidaktik - Common Curriculum. Theoretische Überlegungen und Beispiele der Umsetzung. Tübingen: Narr 2005 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 148 Seiten [26,00 €] Geduld wird belohnt! Denn ein Sammelband zum wichtigen Thema ,Gesamtsprachencurriculum' liegt nun vor. Der Begriff ,Gesamtsprachencurriculum' (auch ,Integrierte Sprachendidaktik' genannt) wird im ersten Beitrag erläutert: "Damit ist gemeint, dass wir die verschiedenen Sprachen in einem Lernumfeld, in Individuen, in Curricula nicht mehr getrennt betrachten, sondern den 4 Vgl. z.B.: Keith JOHNSON: An Introduction to Foreign Language Learning and Teaching. London: Longman 2001; Diane LARSEN-FREEMAN, Michael H. LONG: An Introduction to Second Language Acquisition. New York: Longman 1991; Juana M. LICERAS: La adquisicion delas lenguas extrariferas, Madrid: Visor 1991; Patsy M. LIGTHBOWN, Nina SPADA: How Languages are Learned. Oxford: Oxford University Press 1999; Anne VERMEER, Rene APPEL: Tweede-Taalverwerving en Tweede-Taalonderwijs. Bussum: Coutinho 1994. FLuL 35 (2006) 284 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel Forschungsergebnissen der Spracherwerbsforschung folgend sie als Teile eines Ganzen, einer Einheit wahrnehmen. Die Veränderungen einer der involvierten Variablen kann eine Änderung des gesamten Prozesses nach sich ziehen" (HUFEISEN, S. 9). Der Band bietet einen guten Überblick über die bisherigen Entwicklungen im Bereich des Sprachencurriculums in Richtung einer Integrierung der (in einer Institution oder einer individuellen Sprachenbiografie) vorhandenen Sprachen miteinander oder mit anderen Fächern - Entwicklungen, die zur Konzeption eines Gesamtsprachencurriculums, einer integrativen Sprachendidaktik oder eines Common Curriculum führen. In den Beiträgen geht es um Entwicklungen sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Ländern, in denen es vorbildliche Initiativen in diesem Bereich gibt (Irland, Schweiz und Belgien). Der Sammelband gliedert sich in vier Teile. Im ersten Teil führen die beiden Herausgeberinnen in den Band ein. Der zweite Teil enthält Beiträge zu theoretisch-allgemeinen, sprachenpolitischen und curricularen Aspekten. Die Beiträge des darauf folgenden angewandten, didaktisch-methodischen dritten Teils befassen sich mit Grundsätzlichem sowie mit Fallbeispielen und empirischen Projekten. Im vierten Teil schließt LUTJEHARMS den Band mit einer Art Zusammenfassung aller Beiträge und einen Blick auf Zukunftsperspektiven ab. Im ersten Beitrag beschreibt Britta HUFEISEN sehr überzeugend das Sich-Abzeichnen eines Paradigmenwechsels in der Spracherwerbsforschung und einer curricularen Trendwende. Dies untermauert sie zum einen anhand eines anschaulichen Überblicks über rezente Spracherwerbsmodelle, die im Gegensatz zu den bisherigen mehr als zwei Sprachen mit einbeziehen und die nicht implizieren, dass jeder weitere Spracherwerb wie der Erwerb der ersten Fremdsprache verläuft. Zum anderen zeigt sie das Sich-Abzeichnen einer curricularen Trendwende, indem sie neuere Entwicklungen didaktisch-methodischer Konzepte vorstellt, die die Sprachen in einer Institution oder in einem Individuum nicht mehr getrennt voneinander betrachten: So werden z.B. in der Lehrerausbildung Lehrveranstaltungen phasenweise fächerübergreifend angeboten, und im Fremdsprachenunterricht wird auf alle im Kopf der Lernenden vorhandenen Sprachen zurückgegriffen. Bei der Entwicklung eines Gesamtsprachencurriculums bedarf es laut HUFEISEN des Zusammenspiels folgender Akteure und Institutionen: Sprachenpolitik, Spracherwerbsforschung, Lehreraus- und -fortbildung, Curriculumentwicklung, Lehrmaterialentwicklung, Didaktik und Methodik sowie Unterrichtspraxis. HUFEISEN plädiert dafür, dass ein Gesamtsprachencurriculum den planerischen Rahmen schaffen müsse, in dem „die VertreterInnen der jeweiligen Sprachen untereinander und die VertreterInnen der Sprach- und Sachfächer miteinander arbeiten können" (S. 13). Für den Schulalltag hieße dies u.a., dass die Fremdsprachenkonferenzen fächerübergreifend und gemeinsam mit Lehrenden von bilingual unterrichteten Sachfächern stattfinden, dass alle Fremdsprachenlehrenden sich auf eine einheitliche grammatische Terminologie einigen und sich auf gleiche Konzepte zu Lerntechniken und -strategien, Sprach- und Lernbewusstmachungsstrategien beziehen, dass sprachenübergreifende Projekte sowie Fremdsprachen und andere Fächer verzahnende Unterrichtsprojekte organisiert werden, dass Lehrende verschiedener Sprachen ihren Unterricht eng aufeinander abstimmen und dass alle Lehrenden über Kenntnisse in der Didaktik und Methodik von Deutsch als Zweitsprache (DaZ) verfügen, um allen Lernenden gerecht werden zu können. Außerdem sollte sich nach Ansicht der Autorin die Standardbeschreibung eines solchen curricularen Rahmens am Europäischen Referenzrahmen orientieren und Sprachenportfolio, TANDEM und Lernberatung mit einbeziehen. HUFEISEN schließt ihren Beitrag mit einem spannenden Ausblick: dass im Rahmen eines curricular verankerten Mehrsprachigkeitskonzepts Sprachen anders, aber auch mehr Sprachen gelernt werden und dass Sprachen nicht miteinander konkurrieren, sondern aufeinander aufbauen und alle Muttersprachen (Deutsch und Herkunftssprachen) sowie DaZ miteinbezogen werden. FLuL 35 (2006) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 285 Monika METTLER stellt in ihrem klar strukturierten Beitrag das Schweizer Gesamtsprachenkonzept vor. Einleitende Bemerkungen zum schweizerischen Bildungswesen beziehen sich auf die landesspezifische Situation der Mehrsprachigkeit sowie auf das föderalistische Bildungssystem. Anschließend wird die Entstehung des Gesamtsprachenkonzepts (durchgängig als GKS von Mettler abgekürzt) zusammenfassend dargestellt, das in der Schweiz in breiten Kreisen diskutiert wurde und der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) zur Formulierung von politischen Empfehlungen zur Koordination des Sprachenunterrichts in der obligatorischen Schule diente. Diese Empfehlungen wiederum stellen für die Kantone eine Planungshilfe dar. Darauffolgend erläutert METTLER die Grundsätze des Sprachenkonzepts, die sich auf die Auswahl und Reihenfolge der zu erlernenden Sprachen sowie auf die zu Grunde liegenden Ziele beziehen. Dabei liegt die Priorität in der Entwicklung der Erstsprachen, d.h. in der ersten und in einer zweiten Landessprache. Außerdem sollen die schweizerischen Lernenden mindestens zwei Fremdsprachen lernen und die Gelegenheit haben, fakultativ eine dritte Fremdsprache zu lernen. Die Ziele des Schweizer Sprachenkonzepts orientieren sich am Europäischen Referenzrahmen und geben die zu erreichenden Kompetenzniveaus an, die für die verschiedenen Sprachen unterschiedlich hoch angesetzt werden. METTLER hebt hervor, dass das GKS die Förderung der Migrationssprachen vorschlägt, dies aber auf Ablehnung gestoßen ist. Außerdem listet sie auf, welche Mittel und Wege in der Schweiz genutzt werden (sollen), um den Fremdsprachenunterricht qualitativ zu verbessern: die Förderung des metalinguistischen Bewusstseins ab dem Kindergarten, eine integrierte Sprachendidaktik, Formen des außerschulischen Lernens (z.B. Austauschprogramme), die gezielte Anwendung verschiedener Sprachlehrund-lernformen sowie eine regelmäßige Evaluation des Sprachunterrichts. Diese Ziele sollen bis 2012 (und bis 2016/ 17 vollständig) umgesetzt werden. Dazu sind noch Anpassungen in verschiedenen Bereichen nötig, z.B. in der Lehreraus- und -fortbildung, bei den Lehrmitteln und Ressourcecentren sowie im Hinblick auf die Entwicklung einer Didaktik der Mehrsprachigkeit. Vorhaben des GKS, die in der Schweiz derzeit umgesetzt werden, sind eine Bewusstseinsbildung für die Bedeutung der Mehrsprachigkeit, die Vorverlegung des Beginns des Fremdsprachenunterrichts auf das dritte Schuljahr, eine Integration der Konzepte ,language awareness' und ,Immersion' in den Unterricht, die Entwicklung von kantonalen Konzepten in Übereinstimmung mit dem Schweizer GKS sowie die Anpassung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung an das GKS. Schließlich erwähnt die Autorin einige Hindernisse bei der Umsetzung des GKS, die im Kern Uneinigkeit und Widerstand in der Praxis bezüglich einiger Vorschläge des GKS zum Ausdruck bringen. Hans-Jürgen KRUMM hält ein überzeugendes Plädoyer zur Notwendigkeit der Entwicklung einer curricularen Mehrsprachigkeit, in der die Minderheiten-, Migranten- und Nachbarsprachen einbezogen werden. Anhand des ,Arbeitsprogramms des Europäischen Rates zur Umsetzung der Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung im Hinblick auf das Jahr 2010' stellt er zunächst fest, dass das darin festgehaltene Ziel, Europas Mehrsprachigkeit zu sichern, indem europäische Bürger mindestens zwei Fremdsprachen beherrschen, nur unzureichend verfolgt wird. In Österreich und in der Bundesrepublik werde die Mehrsprachigkeitsvermittlung meist von der englischen Sprache dominiert, gefolgt von Französisch, wohingegen andere Sprachen wie die Minderheitensprachen, Sprachen der Zuwanderer oder Sprachen der mittel-, süd- und osteuropäischen Nachbarländer eher vernachlässigt würden. Drei Begründungen können laut Krumm diese Entwicklung, d.h. das Misslingen von Mehrsprachigkeit im Bildungswesen, erklären: Zunächst bemängelt er die Einführung des Englischen als erste Fremdsprache, die durch ihren leichten Zugang und ihre universelle Anwendbarkeit für das Erlernen weiterer Sprachen demotivierend wirken kann. Weiterhin sieht er als Manko die ungenutzten Möglichkeiten der vorhandenen Mehrsprachigkeit unter den Schülern. Als Drittes spricht er den unterschiedlichen Status von Sprachen an, denn es seien vor allem nützliche Sprachen, die die Menschen lernen wollen. AnlFLulL 35 (2006) 286 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel schließend plädiert Krumm für eine Sprachenpolitik auf allen Ebenen, die die Mehrsprachigkeit im Bildungswesen verwirklichen könnte. Sein Plädoyer unterstützt er mit praktischen Empfehlungen. Außerdem führt er an drei Punkten aus, aufweiche Weise ein Umdenken in der Sprachlehr- und Spracherwerbsforschung sowie in der Fremdsprachendidaktik stattfinden müsse, damit eine curriculare Mehrsprachigkeit funktionieren kann. Als ersten Punkt nennt Krumm die Notwendigkeit, Sprachlehr- und Sprachlernprozesse vielsprachiger Menschen intensiver zu erforschen; als zweiten Punkt die Abwendung von der weit verbreiteten Orientierung an der Sprachbeherrschung der Muttersprachler sowie an dem Modell des monolingualen Muttersprachlers. Als dritten Punkt führt er die Notwendigkeit auf, die Defizithypothese und die Forderung der ,Near Nativeness' für den Sprachlernprozess zu korrigieren. Schließlich folgen einige Vorschläge zur konkreten Umsetzung der curricularen Mehrsprachigkeit. Diese betreffen nicht nur die Sprachenpolitik und die Bildungsverwaltung, sondern auch den fremdsprachlichen Unterricht sowie die Lehreraus- und fortbildung. Waltraud HOFMANN (vom hessischen Kultusministerium) gibt in ihrem Beitrag einen Einblick in die (Fremd-)Sprachenpolitik des Bundeslandes Hessen. Sie beschreibt, welche sprachlichen Angebote hessischen Schülern gemacht, welche Wege beschritten und Ziele verfolgt werden (sollen) und welche Schwierigkeiten in der Praxis zu bewältigen sind. Der hessische Ansatz von Mehrsprachigkeit orientiere sich am Europäischen Referenzrahmen, was „einen Paradigmenwechsel im Spracherwerb und somit auch im Fremdsprachenunterricht" bedinge (S. 38). Dies bedeutet, dass der Fremdsprachenunterricht noch gezielter auf kommunikative Basiskompetenzen fokussieren sollte und eine gezielte Qualifizierung der Lehrerinnen gewollt sei. Ein wichtiges Ziel ist die möglichst frühzeitige Förderung des Erwerbs der deutschen Sprache, damit alle Kinder schon am ersten Schultag Deutsch sprechen. Außerdem sollen Kinder mit Migrationshintergrund zur Förderung ihrer gesellschaftlichen Integration zusammen mit Kindern deutscher Muttersprache unterrichtet und zu den gleichen Abschlüssen geführt werden. Auf der einen Seite soll die Unterrichtssprache Deutsch zur Förderung der gesellschaftlichen Integration von Kindern nicht-deutscher Muttersprache beitragen; auf der anderen Seite soll das frühe Fremdsprachenlernen für interkulturelle Kommunikation sensibilisieren und zu Toleranz sowie Aufgeschlossenheit gegenüber anderen Kulturen und Sprachen beitragen. Das frühe Fremdsprachenlernen wird als „Grundlage für die Erziehung zur Mehrsprachigkeit, die Basis für lebenslange Sprachlernbereitschaft" (S. 40) gesehen. Darüber hinaus präsentiert die Autorin anhand von Tabellen das fremdsprachliche Bildungsangebot der Sekundarstufen I und II an hessischen Schulen, wobei die angebotenen Fremdsprachen sowie die Sprachenwahl der Schüler und bilinguale Bildungsangebote für Gymnasium, Mittleren Bildungsgang und Grundschule aufgeführt werden. In allen Tabellen ist die Dominanz der Fremdsprache Englisch festzustellen, sowohl als angebotene wie auch als gewählte Fremdsprache. Und da Englisch eher als eine lingua franca gilt, könnte das politische Ziel der Erziehung zur Mehrsprachigkeit und der Aufgeschlossenheit gegenüber anderen Kulturen in Hessen schwer erreichbar sein. Statt mit einer Schlussfolgerung beendet HOFMANN ihren Beitrag mit einigen Vorschlägen zur Verbesserung der (Fremdsprachen-)Lehrerbildung, die sie stichwortartig aufführt (Einführung eines Auslandssemesters als integraler Bestandteil der Lehrerbildung, Entwicklung von Didaktiken für den bilingualen Unterricht u.a.). Muiris 6 LAOIRE beschreibt in seinem interessanten Beitrag zunächst die Struktur des irischen Schulsystems, um danach ausführlicher über das irische (Fremd-)Sprachencurriculum und dessen Umsetzungen in die Praxis innerhalb der letzten 15 Jahre und schließlich über neue Entwicklungen zu berichten. Ein wichtiges Thema im irischen Fremdsprachencurriculum ist das Verhältnis zwischen Englisch und Irisch als Ll bzw. L2 und der dritten und vierten Sprachen, zu denen u.a. Französisch, Deutsch, Spanisch und Italienisch gehören. Der Mitte der l 980er und Anfang der lFLuL 35 (2006) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 287 1990er Jahren eingeführte Lehrplan für die dritten und vierten Sprachen (d.h. erste und zweite Fremdsprachen) enthält Inhalte, die auf einem kommunikativen Ansatz basieren. In der Oberstufe sollen z.B. Konzepte wie ,language awareness' und ,cultural awareness' vermittelt werden allerdings scheint die Vermittlung dieser Konzepte in der Praxis wenig Anklang zu finden. Folglich besteht das Problem der isolierten Vermittlung der Fremdsprachen ohne jeden Bezug auf die Ll und L2 (Englisch und Irisch). Wie diesem Zustand entgegegengewirkt wird, erläutert 6 LAOIRE anhand von mehreren seit Ende der 1990er Jahren durchgeführten Studien zum förderlichen Einfluss des metalinguistischen Bewusstseins auf das Lernen (von Fremdsprachen). In seiner Schlussfolgerung erwähnt er das Mehrsprachigkeitsmodell von HERDINAIJESSNER (2001 ), das die Weiterentwicklungen des Sprachencurriculums beeinflusst. Außerdem nennt er einige fortschrittliche Initiativen im Bereich der Grundschule und der Sekundarstufe, die „hopeful signs of movement towards a more dynamic view of multilingualism being implemented in our classroom" (S. 49) darstellen. Schließlich plädiert er für weitere und systematische Forschung zur Mehrsprachigkeit und zu den irischen Lernenden, die alle drei Sprachen lernen. Gerhard NEUNER nennt in seinem praxisorientierten Beitrag zuerst zwei grundlegende sprachenpolitische Empfehlungen zum Mehrsprachigkeitsskonzept im europäischen Rahmen (bessere Kenntnis moderner europäischer Fremdsprachen, Schutz der Sprachen und Kulturen in Europa). Daraus leitet er sieben überzeugende Perspektiven für die Auswahl und Gewichtung der Fremdsprachen im schulischen Bereich ab. So plädiert eru.a. dafür, Englisch als Folge-und nicht als erste Fremdsprache und nicht nur zahlenmäßig stark vertretene Sprachen, sondern auch z.B. Nachbar- und Nachbarschaftssprachen anzubieten. Anschließend geht er der Frage nach, wie sich die sprachenpolitischen Vorgaben des Europarats mit der Sprachenpolitik der Schweiz abstimmen lassen. Dabei stellt er fest, dass ein neuartiges didaktisch-methodisches Gesamtkonzept des integrierten Sprachenlernens entwickelt und auf dieser Grundlage eine spezifische Tertiärsprachendidaktik entfaltet werden muss. Im Anschluss daran erörtert NEUNER sehr ausführlich die Grundzüge der Tertiärsprachendidaktik und -methodik. Dabei zieht er als Beispiel das Sprachenangebot in den Schulen der Westschweiz heran, wo Französisch als Muttersprache, Deutsch als erste und Englisch als zweite Fremdsprache angeboten werden. Bei der Tertiärsprachendidaktik soll der Grundsatz gelten, dass alle im Schulbereich zeitlich nacheinander einsetzenden Sprachen so gelehrt und gelernt werden, "dass sie nicht isoliert voneinander bleiben, sondern aufeinander bezogen sind und aufeinander aufbauen und so die sprachliche Kommunikationsfähigkeit der Lernenden insgesamt beständig erweitern" (S. 57). Anhand von anschaulichen Beispielen geht NEUNER auf einige Grundlagen zur Planung des Gesamtsprachencurriculums und zur Entwicklung des didaktischen Mehrsprachigkeitskonzepts ein: Entfaltung von deklarativem Wissen (durch Vergleich der Sprachsysteme von L 1, L2 und L3, Interkulturelles Lernen u.a.) und Entfaltung von prozeduralem Wissen (z.B. durch Entwicklung des Sprachlernbewusstseins). Aus den skizzierten Grundlagen werden folgende sechs Prinzipien der Tertiärsprachendidaktik und-methodik am Beispiel der Konstellation L2 Englisch - L3 Deutsch abgeleitet und erläutert Kognitives Lehren und Lernen (Vergleichen und Besprechen), vom Verstehen zur Äußerung t! Besprechen/ Diskutieren), Inhaltsorientierung, Textorientierung, Ökonomisierung des Lernprozesses und Aktivierung der Lernenden. Auf Grundlage dieser Ausführungen schließt N euner auf ein besonderes Profil der Tertiärsprachendidaktik bei der Konstellation ,Englisch nach Deutsch', bei dem Veränderungen der Progression der Lehrstoffe vor allem im Anfangsunterricht-, der Unterrichtsmethodik (z.B. zweisprachige/ dreisprachige Wortschatzarbeit) und der Profilbildung bei der Entwicklung der sprachlichen Fertigkeiten (z.B. diskursives Sprechen neben partnerbezogenem Sprechen) vorgenommen werden (sollten). Christine LE P APE RACINE berichtet über ein interessantes einjähriges Projekt (2002-2003), in dem französischsprachige Kinder im Kanton Neuenburg (Schweiz) im Kindergarten sowie in der lFLulL 35 (2006) 288 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 1. und 2. Klasse in einem frühen Minimal-Immersionsprogramm Deutschunterricht erhielten, mit dem Ziel, die Begegnung mit der Nachbarsprache Deutsch und auf spielerische Art und Weise das Hörverstehen, die Aussprache sowie .den Erwerb realistischer kultureller Repräsentationen zu fördern. Die Autorin stellt die äußeren Rahmenbedingungen und Variabeln von immersivem Unterricht anhand einer Tabelle dar und beschreibt anschaulich den Verlauf des Projektes, einschließlich vieler der behandelten Themen und Aktivitäten in den einzelnen Lerngruppen. Anschließend geht sie ausführlich auf die Anwendung der Methode im Unterricht ein, wobei sie die didaktische Behandlung der kommunikativen Fertigkeiten, des Wortschatzes und der Grammatik nachvollziehbar wiedergibt. Sie nennt einige Erkenntnisse und Phänomene, die sich während des Projekts ergeben bzw. gezeigt haben, wie z.B. die Übertragung des französischen Akzents der Kinder auf die deutschen Lehrpersonen, deutsch-französische Unterschiede in der Unterrichtskultur und im Lehrplan, Unterschiede in der Lehrer-Schüler-Beziehung und Unterschiede in den Traditionen. Als Ergebnis wird u.a. festgehalten, dass die Zielsetzungen bei den Kindern in unterschiedlichem Maße erreicht wurden"... viele Kinder haben Freude gezeigt und viel gelernt, für andere war der Deutsch-Unterricht eine unangenehme Pflicht", S. 84) und dass die Kinder im folgenden Fremdsprachenunterricht weniger Angst vor der Sprache und dem Sprachenlernen hatten, woraus die Autorin schließt, dass die Sensibilisierung ohne Druck und Noten durchaus erfolgreich war. Ingrid GüGOLIN beschäftigt sich in ihrem informativen Beitrag mit der bilingualen Literalisierung. Zunächst berichtet sie über den Stand der Bildungsforschung und der Zweisprachigkeitsforschung im Hinblick auf Leistungsdisparitäten zwischen Kindern und Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Dabei erinnert sie an die u.a. durch die PISA-Ergebnisse deutlich gewordene Tatsache, dass das deutsche Bildungssystem erhebliche Schwächen im Hinblick auf die schulische Förderung von Schüler/ innen mit Migrationshintergrund aufweist, und erwähnt u.a. ein Ergebnis aus der Internationalen Grundschul-Leseuntersuchung, nach dem Deutschland zu der Ländergruppe gehört, "die die höchste Leistungsdifferenz zwischen den Kindern aus zugewanderten Familien und denen ohne Migrationshintergrund erzeugt" (S. 90). Darüber hinaus gibt die Autorin wichtige Forschungsergebnisse zur schulischen Sprachförderung und zweisprachigen Entwicklung wieder. So hätten sich in einschlägigen Untersuchungen die Merkmale zweitsprachenspezifischer Fördermaßnahmen als einflussreiche Faktoren auf den Schulerfolg erwiesen, und in mehreren Studien sei das Bestehen eines engen Zusammenhangs zwischen dem Erwerb einer Zweitsprache und dem der jeweiligen Erstsprache festgestellt worden. GOGOLIN listet kurz auf, unter welchen Bedingungen die Förderung in der Erst- oder Familiensprache positive Auswirkungen hat. Dies sei dann der Fall, wenn z.B. der Unterricht beider Sprachen möglichst koordiniert vonstatten geht und eine Dauer von etwa sechs Jahren hat; am besten schneiden nach Aussage der Autorin aber diejenigen bilingualen Modelle ab, "die einen kontinuierlichen Unterricht in beiden Sprachen anbieten" (S. 93). Im Anschluss an diese Ausführungen stellt Gogolin einen vielversprechenden Modellversuch zum bilingualen Unterricht in Hamburg vor, dessen Ziel die Literalisierung in den beiden unterrichteten Sprachen ist, wobei .es sich um die Sprachenpaare Deutsch und eine ,mitgebrachte' Sprache von Zuwanderern, z.B. Italienisch, Portugiesisch, Spanisch oder Türkisch handelt. Am Beispiel einer deutsch-portugiesischen Schule werden die bisher gemachten Beobachtungen und Resultate zur Entwicklung von Literalität in beiden Sprachen geschildert. So sei z.B. "bei den Schriftsprachenproduktionen am Ende des zweitens Schuljahres ein leichter Kompetenzvorsprung der zweisprachigen Kinder mit lebensweltlich erworbenen Kompetenzen in beiden Sprachen feststellbar" (S. 97), und es gebe ein Indiz dafür, "dass die Kompetenzen im Schriftlichen eher eine Aussage über die allgemeine Sprachkompetenz der Kinder zulassen als ihre sprechsprachlichen Fähigkeiten" (S. 97). Daraus wird die These abgeleitet, "dass frühe Schriftorientierung das Sprachlernen im Sinne schulischer Leistungsfähigkeit nachdrücklicher unterstützt lFJLuL 35 (2006) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 289 als die Entwicklung mündlicher Fähigkeiten" (S. 98), die in weiteren Untersuchungen verfolgt wird. Am Schluss des Beitrags stellt die Autorin fest, dass die bisherigen Resultate die aus der internationalen Forschung vorliegenden Ergebnisse bestätigen: "Koordinierte Literalisierung in beiden Sprachen scheint ein erfolgversprechender Weg der Sprachentfaltung bei Kindern mit Migrationshintergrund zu sein" (S. 98). Siegfried SEYLER beschreibt in seinem Beitrag eingängig eine mögliche Umsetzung der Zielsetzung der individuellen Mehrsprachigkeit in die Praxis am Beispiel der Europaschule Gladenbach. Zunächst gibt er den Hintergrund und die bildungspolitischen Ziele kurz wieder. Seit 1994 wird Englisch ab dem 1. Schuljahr und seit 1989 wahlweise Französisch ab dem 3. Schuljahr im Sinne eines europaorientierten Curriculums unterrichtet, damit die Schüler/ innen u.a. mit anderen europäischen Schüler/ innen korrespondieren und so andere kulturelle Traditionen kennen lernen können. Parallel zur Einführung des Englischen im ersten Schuljahr wurden 1994 bilinguale Klassen im Gynmasialzweig eingerichtet, in denen die Fächer Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde im Wechsel auf Englisch unterrichtet werden. Frühenglisch im Wahlpflichtangebot des bilingualen Zuges wird verstärkt fortgesetzt, was größtenteils auch für den Realschulzweig gilt, in dem seit 1999 die Fächer Sozialkunde und Arbeitslehre auf Englisch zur Wahl angeboten werden. Nach der erfolgreichen Einführung von Englisch ab dem 1. Schuljahr sollte dann ein Gesamtsprachenprogramm entwickelt werden, das einerseits den Gegebenheiten einer kooperativen Gesamtschule mit Grundschulen im Verbund und andererseits den Anforderungen eines modernen Fremdsprachenunterrichts genügt. Ausgehend von der ,Weilburger Erklärung' des Hessischen Kultusministeriums (2001) zielt das Sprachprogramm der Europaschule Gladenbach darauf ab, dass europäische Bürger neben der Muttersprache über Kenntnisse in zwei Fremdsprachen verfügen. Dabei kommt der Einbeziehung der Herkunftssprachen der Schüler/ innen im Rahmen eines integrativen Mehrsprachigkeitskonzepts eine große Bedeutung zu so werden z.B. Russisch und Türkisch (für Muttersprachler) als zweite Fremdsprache in Klasse 5 angeboten. Darüber hinaus listet der Autor weitere Entwicklungsabsichten des integrativen Mehrsprachigkeitskonzepts auf, wobei zusammengefasst versucht wird, "Synergieeffekte im Sprachenlernen durch unterschiedliche Progressionen und curriculare Schwerpunktsetzungen zu erzielen" (S. 103). Anschließend diskutiert SEYLER eine mögliche Übertragbarkeit des Gladenbacher Modells auf verschiedene Schulformen, Regionen oder ganz Deutschland, wobei er wohl überlegt verschiedene Aspekte anspricht. Im abschließenden Ausblick werden die laufenden Entwicklungsschritte der Umsetzung des integrativen Mehrsprachigkeitskonzepts vorgestellt. Als Anlage ist der Schulversuchsantrag ,Fremdsprachenfolge und Mehrsprachigkeit an der Europaschule und im Schulverband' angehängt (S. 106-117). Katja LOCHTMAN gibt in ihrem Beitrag einen guten Überblick über den (mehrsprachigen) Fremdsprachenunterricht in Belgien, sowohl über den state-of-the-art als auch über zukünftige Perspektiven. Die übliche Form des belgischen Fremdsprachenunterrichts sei (noch) die traditionelle. Diese Situation wird auf die (sprach-)politische Geschichte Belgiens zurückgeführt und auf die Tatsache, dass Sprachgesetze aus den 1960er Jahren noch jetzt die Organisation des dort vorherrschenden Fremdsprachenunterrichts beeinflussen. Obwohl Belgien ein dreisprachiges Land ist, werde dies bislang (noch) kaum für eine mehrsprachigkeitsbasierte Fremdsprachendidaktik genutzt. Die Autorin weist daraufhin, dass das ,Weißbuch der Europäischen Kommission' von 1995, in dem die Bedeutung der (individuellen) Mehrsprachigkeit der europäischen Bürger (Ll plus zwei Fremdsprachen) hervorgehoben wird, u.a. 1998 in der Französischen Gemeinschaft zu einem Dekret führte, das Schulen ermöglicht, bilingualen Sachfachunterricht anzubieten. Auch die Lage in Flandern ändere sich, denn seit April 2004 dürfen in der Grundschule neben Französisch auch andere Fremdsprachen in den Klassen 5 und 6 unterrichtet werden. Unter dem Begriff ,mehr- FLuL 35 (2006) 290 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel sprachiger Unterricht' (MSU) wird in Belgien gefasst, was in Deutschland unter dem Begriff ,bilingualer Sachfachunterricht' verstanden wird. Beim MSU werden die Fächer Geschichte oder Geographie in einer anderen Sprache als in der L1 unterrichtet, wobei es sich um eine Form des inhalts- oder erfahrungsbezogenen Fremdsprachenunterrichts handelt. Darüber hinaus wird der MSU in Belgien als eine Kombination von Immersionsunterricht und traditionellem Fremdsprachenunterricht, die parallel organisiert werden, sowie als ein erfahrungsbezogener Fremdsprachenunterricht auf kognitiver Grundlage verstanden. Im Anschluss an diese Ausführungen beschreibt LOCHTMAN einige schon vorhandene neue Wege im belgischen Fremdsprachenunterricht, d.h. Entwicklungen im Bereich des MSU. Sie berichtet über Projekte mit Migrantenkindern, die schon seit Anfang der 1980er Jahren praktiziert werden, und über jüngere Projekte für den MSU, wie z.B. das Projekt STIMOB, in dem niederländischsprachige Grundschulen in Brüssel im ersten und zweiten Schuljahr den Mathematikunterricht sowohl auf Niederländisch als auch auf Französisch organisieren. Außerdem präsentiert die Autorin erste Forschungsergebnisse zum belgischen MSU: Einige Studien deuten z.B. darauf hin, dass Zweisprachigkeit keinen negativen Einfluss auf die Intelligenz hat, dass Zweisprachige insgesamt keinen Rückstand, sondern sogar eine höhere kognitive Flexibilität aufweisen als Einsprachige. Außerdem wird auf eine kleine Studie verwiesen, in der sich gezeigt hat, dass die zweisprachigen - Schüler/ innen aus dem MSU sowohl im Hinblick auf Sachkenntnisse als auch hinsichtlich der Beherrschung der L1 statistisch nicht signifikant schlechter abschneiden als Schüler/ innen im monolingualen Unterricht. Schließlich erwähnt Lochtman den Einfluss der zweisprachigen Bürgerinitiative zur Förderung der Mehrsprachigkeit in ganz Belgien, was Anlass zur Hoffung für die Zukunft gibt. Franz-Joseph MEißNER kritisiert in seinem Beitrag u.a. die zögerliche Umsetzung der europäischen Sprachpolitik in Bezug auf die Anwendung der Mehrsprachigkeitsdidaktik in der Praxis. Er weist darauf hin, dass insgesamt neben der lingua franca Englisch kaum andere Fremdsprachen gelernt werden und dass das deutsche Schulwesen „statistisch nur eingeschränkt den Leitlinien der Europäischen Union" entspricht (S. 129). Meißner nennt mehrere positive Auswirkungen des Mehrsprachigkeitsbzw. des Interkomprehensionsunterrichts auf das Fremdsprachenlernen und bemerkt, dass ein erfolgreicher Mehrsprachigkeitsunterricht das Erlernen von zwei modernen Fremdsprachen voraussetzt. Darüber hinaus geht er ausführlich auf lehrseitige Defizite ein und verbindet dies mit Impulsen für die Lehreraus- und -fortbildung sowie für die Optimierung des Fremdsprachenunterrichts. Dabei führt er erstens verschiedene Nachteile des traditionellen im Vergleich zum mehrsprachigkeitsbasierten Fremdsprachenunterricht auf, wie z.B. die nur schwache Förderung des Fremdensprachenlernens. Zweitens spricht er die vermeintliche Begrenztheit der Mehrsprachigkeit auf Seiten der Lehrenden an und verweist auf deren methodische Unsicherheit im Umgang mit den Lehrverfahren der Mehrsprachigkeitsdidaktik, die er auf eine mangelnde Vermittlung der Mehrsprachigkeitsdidaktik in der Aus- und Fortbildung sowie in den aktuellen Lehrwerken der romanischen Sprachen und des Englischen zurückführt. Abschließend erwähnt MEißNER im Kapitel ,Ausblick' die Absicht, "die Interkomprehensionsmethode innerhalb eines Lehrernetzwerks Mehrsprachenunterricht auszubauen und empirisch zu beschreiben" (S. 134). Madeline LUTJEHARMS fasst in ihrem Beitrag die bisherigen Entwicklungen im Bereich der Mehrsprachigkeit, der integrierten Sprachendidaktik und des schulischen Fremdsprachenunterrichts zusammen, wobei sie mehrmals Bezug auf die Beiträge des Sanunelbandes nimmt. Im Kapitel ,Mehrsprachigkeit in Europa' verweist sie u.a. darauf, dass gegenwärtig in fast jedem europäischen Staat viele Zwei- und Mehrsprachige leben und dass bei der Förderung der Mehrsprachigkeit „oft die Einbeziehung der Herkunftssprachen als Zielsetzung" gilt (S. 137). In dem sich anschließenden Kapitel werden Faktoren aufgeführt, die den (Fremd-)Sprachenerwerb motivieren. Dabei verweist LUTJEHARMS sowohl auf schon im Sanunelband genannte motivationale Faktoren, wie z.B. die FLuL 35 (2006) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 291 Nützlichkeit, der Status, das Image und der Klang einer Sprache, als auch auf die positiven Auswirkungen von z.B. dem Setzen von Nahzielen, der Pflege der Herkunftssprachen und des bilingualen Unterrichts (in dem die jeweilige Landessprache und eine Herkunftsbzw. Nachbarsprache unterrichtet werden). Anschließend erinnert die Autorin daran, dass „dem Zweit- und Fremdsprachenerwerb besonders in mehrsprachigen Ländern viel Bedeutung beigemessen wird" (S. 139) und dass in (offiziell) einsprachigen Gebieten das Interesse für die Mehrsprachigkeit der Schüler/ innen durch den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen sowie die Empfehlungen von Europarat und EU deutlich erhöht wurde. Sie betont jedoch, dass die Sprachenwahl noch stark traditionsorientiert und Englisch meistens die erste Fremdsprache ist, aber auch Beispiele von variiertem Sprachangebot in der Schulpraxis zu finden sind. Im vierten Kapitel schneidet sie das Thema ,Alter beim Fremdsprachenerwerb' an. Dabei verweist LUTJEHARMS u.a. auf gemachte Erfahrungen sowie aufschon in den Beiträgen des Sammelbandes erwähnte - Vorschläge und auf weitere Studien zu diesem Thema. Außerdem nennt sie auch einige Faktoren, die den Erfolg des Erwerbsprozesses bedingen, wie z.B. lernerbedingte Faktoren, der Grad der Sprachverwandtschaft zwischen schon erworbenen und noch zu erwerbenden Sprachen, die Art des Inputs und die Dringlichkeit des Erwerbs der betreffenden weiteren Sprache. Im fünften Kapitel weist die Autorin auf Entwicklungen und Modelle im Bereich der Mehrsprachigkeitsdidaktik hin, bei denen es um die Förderung des Erwerbs von mehr als einer Fremdsprache und einer mehrsprachigen Kompetenz sowie um rezeptiv orientierte Ansätze geht. In diesem Kontext unterstreicht sie u.a., dass neben den Fremdsprachen auch die Muttersprache in das gemeinsame sprachliche Curriculum einbezogen werden müsse, dass eine gute muttersprachliche Kompetenz die Grundlage für die Entwicklung der individuellen Mehrsprachigkeit bildet und dass der Muttersprachenunterricht den späteren Fremdsprachenerwerb vorbereiten sollte. Das letzte Kapitel bezieht sich auf die Umsetzung der Mehrsprachigkeit und einer Mehrsprachigkeitsdidaktik in die Schulpraxis. Mängel und Schwierigkeiten, die in Beiträgen des Sammelbandes besprochen wurden, werden hier zusammengefasst genannt. Abschließend plädiert Lutjeharms für eine weitere Erforschung der Hintergründe und Möglichkeiten von Mehrsprachigkeit und fordert die Umsetzung von entsprechenden Konzepten in die Schulpraxis, wobei sie davon ausgeht, dass hierfür noch viel Überzeugungsarbeit bei der Politik, bei den Eltern, bei den Schulbehörden und auch bei den Lehrkräften zu leisten ist. HUFEISEN und LUTJEHARMS haben einen informationsreichen und empfehlenswerten Band zum Thema ,Gesamtsprachencurriculum' zusammengestellt. Die Beiträge des Bandes bestehend aus den überarbeiteten Referaten der Sektion Gesamtsprachencurriculum des 20. Kongresses der DGFF (Deutsche Gesellschaft für Fremdsprachenforschung) und hinzugekommenen Beiträgen aus Irland, Belgien und der Schweiz liefern ein anschauliches Gesamtbild des Entwicklungsstandes von Gesamtsprachencurricula und von bisher entworfenen Mehrsprachigkeitsdidaktik-Konzepten in europäischen Staaten und deutschen Bundesländern. Hoffentlich werden die in dem Band angesprochenen Konzepte, Ideen und Erfahrungen die Praxis und die Forschung zu weitreichenden Entwicklungen von Gesamtsprachencurricula anregen! Marburg LISANNE KLEIN GUNNEWIEK Claus GNUTZMANN, Frauke INTEMANN ( eds.): The Globalisation of English and the English Language Classroom. Tübingen: Narr 2005, 287 Seiten [48,00 €] Keine andere Sprache ist heute weltweit geographisch verbreiteter, existiert in so vielen unterschiedlichen regionalen Standardvarietäten und wird von mehr Sprechern als zweite oder fremde Sprache gesprochen als das Englische, und auch keine Sprache wird heute weltweit so häufig als FLuL 35 (2006)