Fremdsprachen Lehren und Lernen
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Narr Verlag Tübingen
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2006
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Gnutzmann Küster SchrammClaus GNUTZMANN, Frauke INTEMANN (eds.): The Globalisation of English and the English Language Classroom. Tübingen: Narr 2005, 287 Seiten [48,00 €]
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2006
Karlfried Knapp
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Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 291 Nützlichkeit, der Status, das Image und der Klang einer Sprache, als auch auf die positiven Auswirkungen von z.B. dem Setzen von Nahzielen, der Pflege der Herkunftssprachen und des bilingualen Unterrichts (in dem die jeweilige Landessprache und eine Herkunftsbzw. Nachbarsprache unterrichtet werden). Anschließend erinnert die Autorin daran, dass „dem Zweit- und Fremdsprachenerwerb besonders in mehrsprachigen Ländern viel Bedeutung beigemessen wird" (S. 139) und dass in (offiziell) einsprachigen Gebieten das Interesse für die Mehrsprachigkeit der Schüler/ innen durch den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen sowie die Empfehlungen von Europarat und EU deutlich erhöht wurde. Sie betont jedoch, dass die Sprachenwahl noch stark traditionsorientiert und Englisch meistens die erste Fremdsprache ist, aber auch Beispiele von variiertem Sprachangebot in der Schulpraxis zu finden sind. Im vierten Kapitel schneidet sie das Thema ,Alter beim Fremdsprachenerwerb' an. Dabei verweist LUTJEHARMS u.a. auf gemachte Erfahrungen sowie aufschon in den Beiträgen des Sammelbandes erwähnte - Vorschläge und auf weitere Studien zu diesem Thema. Außerdem nennt sie auch einige Faktoren, die den Erfolg des Erwerbsprozesses bedingen, wie z.B. lernerbedingte Faktoren, der Grad der Sprachverwandtschaft zwischen schon erworbenen und noch zu erwerbenden Sprachen, die Art des Inputs und die Dringlichkeit des Erwerbs der betreffenden weiteren Sprache. Im fünften Kapitel weist die Autorin auf Entwicklungen und Modelle im Bereich der Mehrsprachigkeitsdidaktik hin, bei denen es um die Förderung des Erwerbs von mehr als einer Fremdsprache und einer mehrsprachigen Kompetenz sowie um rezeptiv orientierte Ansätze geht. In diesem Kontext unterstreicht sie u.a., dass neben den Fremdsprachen auch die Muttersprache in das gemeinsame sprachliche Curriculum einbezogen werden müsse, dass eine gute muttersprachliche Kompetenz die Grundlage für die Entwicklung der individuellen Mehrsprachigkeit bildet und dass der Muttersprachenunterricht den späteren Fremdsprachenerwerb vorbereiten sollte. Das letzte Kapitel bezieht sich auf die Umsetzung der Mehrsprachigkeit und einer Mehrsprachigkeitsdidaktik in die Schulpraxis. Mängel und Schwierigkeiten, die in Beiträgen des Sammelbandes besprochen wurden, werden hier zusammengefasst genannt. Abschließend plädiert Lutjeharms für eine weitere Erforschung der Hintergründe und Möglichkeiten von Mehrsprachigkeit und fordert die Umsetzung von entsprechenden Konzepten in die Schulpraxis, wobei sie davon ausgeht, dass hierfür noch viel Überzeugungsarbeit bei der Politik, bei den Eltern, bei den Schulbehörden und auch bei den Lehrkräften zu leisten ist. HUFEISEN und LUTJEHARMS haben einen informationsreichen und empfehlenswerten Band zum Thema ,Gesamtsprachencurriculum' zusammengestellt. Die Beiträge des Bandes bestehend aus den überarbeiteten Referaten der Sektion Gesamtsprachencurriculum des 20. Kongresses der DGFF (Deutsche Gesellschaft für Fremdsprachenforschung) und hinzugekommenen Beiträgen aus Irland, Belgien und der Schweiz liefern ein anschauliches Gesamtbild des Entwicklungsstandes von Gesamtsprachencurricula und von bisher entworfenen Mehrsprachigkeitsdidaktik-Konzepten in europäischen Staaten und deutschen Bundesländern. Hoffentlich werden die in dem Band angesprochenen Konzepte, Ideen und Erfahrungen die Praxis und die Forschung zu weitreichenden Entwicklungen von Gesamtsprachencurricula anregen! Marburg LISANNE KLEIN GUNNEWIEK Claus GNUTZMANN, Frauke INTEMANN ( eds.): The Globalisation of English and the English Language Classroom. Tübingen: Narr 2005, 287 Seiten [48,00 €] Keine andere Sprache ist heute weltweit geographisch verbreiteter, existiert in so vielen unterschiedlichen regionalen Standardvarietäten und wird von mehr Sprechern als zweite oder fremde Sprache gesprochen als das Englische, und auch keine Sprache wird heute weltweit so häufig als FLuL 35 (2006) 292 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel lingua franca zwischen Sprechern unterschiedlicher Muttersprachen benutzt. Englisch ist heute ohne Zweifel eine globale Sprache, wenn nicht gar die globale Sprache schlechthin. Dieser Sachverhalt hat sich auf den Englischunterricht an Schulen und Hochschulen allerdings bislang nur sehr wenig ausgewirkt. Zwar fordern Richtlinien für den schulischen Englischunterricht seit einigen Jahren, auch die Rolle des Englischen als Medium der weltweiten Verständigung zu berücksichtigen, aber in der Praxis besonders der schulischen Fremdsprachenvermittlung wie auch im Anglistikstudium dominiert irnrner noch die traditionelle philologische Ausrichtung auf die (Standard-)Sprache und Kultur Großbritanniens und der USA. Dabei dies macht auch das sehr lesenswerte Einleitungskapitel der beiden Herausgeber dieses Buches deutlich wirft die Globalisierung des Englischen wichtige Fragen auf, die die Fremdsprachendidaktik bedenken müsste: So etwa die nach dem Standard oder den Standards, die gelehrt werden sollen, den unterschiedlichen Anforderungen an Korrektheit und Verständlichkeit in der Kornrnunikation mit non-native speakers im Vergleich zu native speakers, die Relevanz von allgemeinem pragmatischen gegenüber kulturspezifischem Wissen für den Gebrauch des Englischen in interkultureller Kornrnunikation, den formalen und funktionalen Eigenschaften von Englisch als lingua-franca (ELF) oder ob das Englische für die Lerner als Fremd- oder als Zweitsprache fungiert. Dass diese Fragen von der Fremdsprachdidaktik bisher kaum reflektiert werden, ist allerdings auch der Tatsache geschuldet, dass die Rolle des Englischen als globale Sprache und insbesondere als internationale lingua franca erst seit wenigen Jahren intensiver diskutiert wird. Auch das vorliegende Buch, das sei hier vorweggenornrnen, ist überwiegend ein Beitrag zu dieser Diskussion. Es ist aus einer Tagung zurn gleichem Thema entstanden, die 2003 von den Herausgebern an der Universität Braunschweig organisiert wurde, und umgreift in fünf Abschnitten die Vielfalt der Aspekte der Globalisierung des Englischen von sozio-politischen Gesichtpunkten bis zur Lehrerbildung. Es entspricht dem Stand der Diskussion, dass die einzelnen Beiträge sich nicht zu einem einheitlichen Bild zusarnrnenfügen, sondern oft durchaus kontroverse Standpunkte erkennen lassen. So weist etwa Janina BRUTT-GRIFFLER im ersten Abschnitt Political and Sociocultural Dimensions an einem Beispiel von Townshipbewohnern in Südafrika auf, dass die Argumentation der Vertreter des linguistischen (Anti-) Imperialismus und der linguistic human rights, wonach eine Schulausbildung in einer Nicht-Muttersprache wie dem Englischen zu einer sprachlichen und intellektuellen Deprivation führe und deshalb vermieden werden sollte, an den realen Bedürfnissen der Betroffenen nach sozialem Aufstieg, der Englischbeherrschung erfordert, vorbei geht. Dagegen betont Mahendra K. VERMA am Beispiel Indiens, dass das Investment in Englischkompetenz dort derzeit nur den ohnehin privilegierten Sektoren der Gesellschaft nützt und dass ein Anhalten der Dominanz des Englischen in den zukunftsträchtigen Bereichen der Ökonomie den Ausbau der autochthonen indischen Sprachen gefährdet. Der zweite Abschnitt versarnrnelt Beiträge, die linguistische und soziolinguistische Konsequenzen des Kontakts zwischen dem Englischen und anderen Sprachen exemplifizieren. Ulrich BUSSE kommt bei seiner Analyse lexikalischer Entlehnungen aus dem Englischen ins gegenwärtige Deutsch zu dem Ergebnis, dass Anglizismen im Deutschen nur periphere Bereiche des Vokabulars wie technische Ausdrücke und informelle, modischen Einflüssen unterworfenen Register (wie die Sprache von Jugendlichen oder der Werbung) betreffen und damit die Substanz des Deutschen weit weniger beeinflussen als vielfach befürchtet. Ein Abweichung von verbreiteten Annahmen ist auch das Ergebnis der empirischen Untersuchung von Frauke lNTEMANN zurn tatsächlichen Vorkornrnen des im internationalen Luftverkehr verwendeten, in seinem Gebrauch genau reglementierten Aviation English: insbesondere native speakers des Englischen halten sich häufig nicht an den vorgeschriebenen Code und erschweren so die Kommunikation für Nicht-Muttersprachler. Hintergrund des Beitrags von Christiane MEIERKORD bildet die Frage, wieweit sich aus dem ZusarnrnenlFLuL 35 (2006) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 293 treffen der verschiedenen muttersprachlichen, zweitsprachlichen und lernersprachlichen Varietäten in Interaktionen, die in internationalen Kontexten in Englisch stattfinden, ein Bestand an geteilten lexikalischen Elementen ergibt, der für die Vorbereitung auf die Kommunikation mit ELF im Unterricht genutzt werden könnte. Am Beispiel von spontanen Alltagsgesprächen zwischen Sprechern indigenisierter (nigerianische, pakistanische) und europäisch-lernersprachlicher Varietäten des Englischen weist sie auf, dass das vorkommende Vokabular überwiegend beschränkt, morphologisch einfach, unidiomatisch, kulturell neutral und vor allem instabil im Sinne von „nicht antizipierbar" ist. Nur dort, wo z.B. durch gemeinsame Arbeit eine über einen längeren Zeitraum eine stabile Kommunikationsgemeinschaft entsteht, bildet sich auch ein für diese Gemeinschaft charakteristische Varietät des Englischen mit einem spezifischen Bestand an teils innovativen lexikalischen Mitteln heraus. Da es in Meierkords Beitrag um potentiell gemeinsame Merkmale der vielen verschiedenen, im internationalen Kontakt zusammentreffenden Varietäten geht, hätte er auch gut in den dritten Abschnitt des Buches gepasst, der dem Thema der Standards des Englischen gewidmet ist, die dem Englischunterricht im Zeitalter der Globalisierung zugrunde liegen sollten, und der inhaltlich wie qualitativ den Schwerpunkt dieses Bandes darstellt. Im Zentrum dieses Abschnittes steht die Frage, wieweit sich für den Gebrauch des ELF charakteristische strukturale Eigenschaften identifizieren lassen bzw. ob man ELF als eine oder mehrere Varietät(en) des Englischen ansehen kann. Die Antwort hierauf ist entscheidend dafür, ob und wie man Englisch als eine globale Sprache lehren soll und kann. Auch hier sind die vorgetragenen Positionen kontrovers. Angesichts der Heterogenität des weltweit gesprochenen English bestreitet Claus GNUTZMANN die Möglichkeit, International English oder ELF den Status einer Varietät zuzusprechen. In seinem Beitrag vergleicht er das Konzept des „Standard English" mit dem von David Crystal eingeführten Konzept des „World Standard Spoken English" einer regional neutralen Variante des Englischen für die internationale Kommunikation - und kommt zu dem Ergebnis, dass ein Standard wie das britische oder amerikanische Englisch sowohl im herkömmlichen, auf den Kontakt mit native speakers und ihrer Kultur vorbereitenden Fremdsprachenunterricht als auch bei Unterricht, der auf den Gebrauch von ELF vorbereitet, als sprachliches Modell dienen soll. Zugleich jedoch plädiert er dafür, die Norm der Standardsprache nicht zu Dogma zu machen. Angesichts des nachfolgenden Kapitels von Svenja ADOLPHS erscheint dies auch durchaus notwendig: Sie weist auf, dass längerer Kontakt mit realen native speakers und der dabei wahrgenommenen soziolektalen wie dialektalen Variation Lerner dazu führt, ihre persönlichen Lernziele weg vom Ideal einer standardsprachlichen native-speaker- Norm zugunsten einer größeren Verständlichkeit im internationalen Kontext zu verändern. Dass native-speaker-Standards gerade für solche Kontexte irrelevant sind, in denen ELF gebraucht wird, arbeitet auch Barbara SEIDELHOFER mit ihrer fundierten Kritik an Randolph Quirk heraus, der in seinen Schriften stets die Befolgung dieses Standards propagiert. Sie weist auf den Widerspruch hin, dass die Normen des Gebrauchs des Englischen immer noch ausschließlich von den native speakers dieser Sprache und damit einer Minderheit ihrer Sprecher bestimmt werden und begründet so die Notwendigkeit für empirische Beschreibungen der Merkmale von ELF als Grundlage für den Sprachunterricht. Auf einige der strukturellen Gemeinsamkeiten, die empirische Analysen von ELF-Daten auf allen linguistischen Beschreibungsebenen von der Phonologie bis zur Pragmatik für die unterschiedlichsten ELF-Vorkommen bisher ergeben haben, weist Allan JAMES zunächst in seinem Beitrag zu diesem Abschnitt hin.ffiEr arbeitet dann heraus, dass diese vom britischen oder amerikanischen Standard abweichenden Gemeinsamkeiten je nach Diskurstyp und Grad der Sprachbeherrschung variieren und versucht, diese für ihn typisch postmoderne - Heterogenität der Erscheinungsformen von ELF mit den Varietätentypen „Dialekt", "Register" und „Genre" zu erfassen. lFLuL 35 (2006) 294 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel Im Vergleich zu diesen recht globalen Diskussionen über Standards beantwortet das Kapitel von Jennifer JENKJNS die Frage, was das Vorkommen von ELF konkret für den English Language Classroom bedeutet, noch am ehesten. Unter Bezug auf ihre eigene Forschung zum linguafranca core der Menge von Phonemen, die für Verständlichkeit von englischsprachigen Äußerungen essentiell sind und zu denen z.B. die standardenglischen / 8/ und / ö/ nicht gehören, die durch lt! bzw. / d/ zu ersetzen sindargumentiert Jenkins dafür, dass ELF-Aussprachen legitime Varianten des Englischen sind und dass der Beitrag der Aussprache zu erfolgreicher Kommunikation in ELF stärker von Kriterien der Verständlichkeit und der wechselseitigen Akkommodation der Gesprächspartner abhängt als von der Imitation der Akzente von englischen Muttersprachlern. Die Beiträge in den beiden folgenden Abschnitte behandeln sehr unterschiedliche Themen. So beschreibt Janet ENEVER die Schulfremdsprachenpolitik und die Einstellungen von Eltern in Ungarn gegenüber dem Frühbeginn des Englischunterrichts. Margie BERNS und Kees DE BOT zeigen auf, dass Jugendliche in Europa in verschiedenen Ländern in unterschiedlichem und teils so erheblichem Umfang außerhalb der Schule mit Englisch in Kontakt kommen, dass Englisch mitunter den Status einer Zweitsprache einnimmt. Elizabeth J. ERLING berichtet von einer Umfrage unter Studierenden der Anglistik und Amerikanistik der FU Berlin, aus der hervorgeht, dass ein substantieller Teil der Befragten weder besonders an der britischen oder amerikanischen Kultur interessiert sind noch einen native-speaker-Standard anstreben, sondern Englisch eher als lingua franca wahrnehmen. Ulrike JESSNER beschreibt aus der Sicht der Mehrsprachigkeitsforschung Aspekte des Erwerbs des Englischen als dritte Sprache. Angelika KUBANEK-GERMAN argumentiert dafür, das Thema des Global English in den generellen Kontext einer Erziehung zum Weltbürger zu stellen und im Unterricht anhand von zeitgenössischer anglo-indischer, anglo-afrikanischer oder karibischer Literatur die Welten von jugendlichen Immigranten in Großbritannien erfahrbar zu machen. Maike GRAU untersucht die Haltung von Anfängern des Studiums für das Englisch- Lehramt gegenüber der Rolle des Englischen als globaler Sprache und stellt fest, dass die zukünftigen Lehrer zwar allgemein internationale Verständlichkeit als wichtiger einschätzen als die Einhaltung muttersprachlicher Normen, jedoch im konkreten Einzelfall für Aussprache und Grammatik die Einhaltung gerade dieser Normen präferieren. George BRAINE beschreibt abschließend Untersuchungen zum Selbstbild und zur Wahrnehmung von non-native speakers als Englischlehrern. Die in diesem Buch versammelten Beiträge machen deutlich, dass die Globalisierung des Englischen ein äußerst facettenreiches Thema darstellt. Die für einen Tagungsband typische und angesichts des gegenwärtigen Diskussionsstandes wohl auch unvermeidbare inhaltliche Heterogenität lässt gleichwohl erkennen, dass die gegenwärtig interessantesten Themen in den ersten drei Abschnitten des Buches abgehandelt werden. Besonders die dort abgedruckten Beiträge sind von hoher Qualität und liefern einen fundierten Eindruck vom state-of-the-art. Man mag es bedauern, dass die Beiträge zu den eingangs erwähnten, für das Lehren des Englischen als globaler Sprache wichtigen Fragen nur wenige eindeutige Antworten geben noch weniger praktische Konsequenzen daraus erkennen lassen. Doch angesichts der Kontroversen, die noch zu grundlegenden Konzepten bestehen, wären solche Antworten möglicherweise vorschnell. Es ist zweifellos ein Verdienst der Herausgeber, mit ihrem Band zu dieser konzeptuellen Diskussion beigetragen zu haben. Erfurt KARLFRIED KNAPP FLuL 35 (2006)