eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 36/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2007
361 Gnutzmann Küster Schramm

Bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel – Alles nur „Theater“?

121
2007
Heike Wedel
flul3610159
HEIKE WEDEL * Bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel - Alles nur„ Theater"? Abstract. Drama activities have had a long history in language teaching in Germany. They have been used for various purposes and employ various techniques. Today they are applied in language classes to develop pupils' oral skills, to work with literature and to promote intercultural understanding. lt is increasingly obvious that drama activities have always been used to focus on subsidiary goals, such as "fostering self-esteem and confidence" and "facilitating the formation of a bonded group, which leams together" (Malay/ Duff2005: 1 t) as well as meeting teaching objectives in the fields ofpolitical and social education (e.g. Antigewalttraining) and the learning of foreign languages. This has been critizised throughout the development of „Darstellendes Spiel" (drama) as a separate subject at German schools. Today the idea of drama as a CLIL subject again poses the problem of the relationship between theatrical and language leaming. This paper argues that only by stressing theatre as an art form within a CLIL subject can this special kind of teaching produce a meaningful result. 1. Einleitung Die Doppeldeutigkeit des Titels verweist auf die Zielstellung dieses Beitrags. Es geht um den Bilingualen Unterricht Darstellendes Spiel (BUDS) und darum, worin er sich von den wichtigsten Ansätzen zum Theaterspielen innerhalb des etablierten Englischunterrichts und des Schulfaches Darstellendes Spiel (DS) unterscheidet. Nach einem kurzen Rückblick auf die Vergangenheit von darstellendem Spiel als Methode und Unterrichtsprinzip geht es um den von viel Enthusiasmus und dem Bemühen um Systematisierung, aber auch von Widersprüchen und Ungenauigkeiten geprägten Einsatz von Theaterformen im Fremdsprachenunterricht Englisch und Deutsch. Im Anschluss daran rückt das Schulfach Darstellendes Spiel ins Zentrum der Analyse. Der Vergleich einiger Merkmale von DS als Fach einerseits und Formen des Theaters im Fremdsprachenunterricht andererseits soll Aufschluss über die grundlegenden Merkmale des in der Konzeption befindlichen Faches BUDS geben. Hintergrund für dieses Vorgehen ist die Erkenntnis, dass sich ein zusätzliches Fach BUDS nur rechtfertigen lässt, wenn eine Integration der beiden Einzelfächer (Englisch und Darstellendes Spiel) in punkto Ziele, Inhalte, Kompetenzerwerb und Verfahren möglich ist. Erst dann, so wird vermutet, kann sich eine neue Qualität von Unterricht einstellen, die über die Potenziale der beiden Einzelfächer hinausweist. Korrespondenzadresse: Heike WEDEL, wiss. Mitarbeiterin, Humboldt-Universität zu Berlin, Philosophische Fakultät II, Anglistik/ Amerikanistik, Fachdidaktik Englisch, Unter den Linden 6, 10099 BERLIN. E-mail: heike.wedel@rz.hu-berlin.de Arbeitsbereiche: Lehrerbildung, Bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel, Frühenglisch. lFLwL 36 (2007) 160 Heike Wedel Der Begriff Darstellendes Spiel wird von mir hier in Großschreibung nur für das Unterrichtsfach verwendet. Alle anderen Übungsformen und Verfahren, die als Formmerkmal eine Darstellung von Handlungen vor Zuschauern aufweisen, werden im Rahmen dieses Beitrags als Formen des Theaterspiels bezeichnet. Die in diesem Zusammenhang in Literatur und Praxis anzutreffende Begriffsfülle und Definitionsnot wird im weiteren Verlauf des Beitrags thematisiert. 2. Das darstellende Spiel in Verbindung mit dem Lernen und Lehren fremder Sprachen im Rückblick Das Theaterspielen erfüllte schon im 16. und 17. Jahrhundert einen Zweck beim Spracherwerb allerdings vor allem beim Erwerb der lateinischen Sprache im Rahmen von Schuldramaaufführungen an den Universitäten und humanistischen Schulen. Über das sprachliche Lernen hinaus ging es auch schon damals um die Verbesserung von Rhetorik und Merkfähigkeit, um die Gewöhnung an öffentliche Auftritte und um eine Erziehung zu Moral und Humanität (MACHT 1977: 7). Im Ergebnis der schulischen Reformbemühungen am Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das darstellende Spiel vor allem als didaktisches Prinzip verstanden, das in möglichst vielen Unterrichtsbereichen bildend im Geiste der Reform wirken und nicht Gegenstand eines besonderen Faches sein sollte (HESSE 2005: 176). Darstellendes Spiel als Unterrichtsprinzip verweist auf die besonders im Grundschulalter ausgeprägte Durchdringung allen schulischen und außerschulischen Lernens mit gestaltenden bzw. gestalterischen Aktivitäten sei es nun Zeichnen, Singen oder Spielen. Musische Aktivitäten gehören entwicklungsbedingt zu den selbstverständlichen Lebensäußerungen von Grundschulkindern (HESSE 2005: 257). Als Unterrichtsprinzip erstreckte sich die musische Erziehung auch auf andere Fächer und wurde dadurch in Unterrichtsbereichen verwendet, die über die im engeren Sinne mit dem Musischen verwandten Fächer hinausgehen, wie z.B. Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Religion, Zeichnen und Werken, Musik und Leibeserziehung (HESSE 2005: 266, 270). Schon in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde fächerübergreifend an der Produktion eines schulischen Bühnenspiels gearbeitet (HESSE 2005: 120). Darstellendes Spiel sei per se fächerübergreifend, da es Raum, Sprache, Licht, Farbe, Musik mit einbeziehe und damit in die Zuständigkeiten des Kunst-, Deutsch-, Sport- und Musikunterrichts eingreife (HESSE 2005: 436). Nach dem II. Weltkrieg wird darstellendes Spiel z.B. in den Hamburger Lehrplänen für den Deutschunterricht als Methode zur Sprachgestaltung in den Klassen 5 und 6 empfohlen (HESSE 2005: 257 f). 1966 erscheinen für das Hamburger Schulsystem bundesweit die ersten Richtlinien für das darstellende Spiel in der Schule, in denen seine Funktion als Unterrichtsprinzip und Unterrichtsmethode festgeschrieben wird. Spielformen für den Deutsch- und den Fremdsprachenunterricht werden genannt (HESSE 2005: 279). In den 50er und 60er Jahren fand das Konzeptdrama in education in Großbritannien Verbreitung. Das Theaterspielen mit Laien wurde im Hinblick auf seine persönlichkeitslFLlllL 36 (2007) Bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel -Alles nur„ Theater"? 161 bildenden Potenzen entdeckt und in den Unterricht mit einbezogen (DOUGILL 1987: 2 f). Das eigentlich aus dem Bereich des sozialen Lernens stammende Verfahren des Rollenspiels, das auch von einigen Autoren mit zum Darstellenden Spiel gezählt wird, fand seinen Weg aus den USA nach Deutschland und dort ebenfalls Eingang in den kommunikativen Fremdsprachenunterricht, der auf der Suche nach neuen Methoden war (KOCHAN 1974: 250 f). In Deutschland steigt das Interesse an dramabzw. theaterverwandten Unterrichtsformen erkennbar erst wieder mit dem Einfluss alternativer Sprachlehr- und Sprachlernmethoden auf den Fremdsprachenunterricht in den 80er Jahren an (SCHEWE 1993: 28). In den 90er Jahren berichten Fachzeitschriften für den Fremdbzw. Englischunterricht in regelmäßigen Abständen über Projekte und Unterrichtsversuche, in denen aus Sicht der Beteiligten die Einbeziehung von Theaterformen in den Fremdsprachenbzw. in den Englischunterricht mit dem vorrangigen Ziel der (mündlichen) Sprachförderung gelungen ist. Dieser Trend hält bis heute an (vgl. SCHERER 2004; 2005). Sogar einige Themenhefte zu theaterverwandten Themen entstanden. Mit der Neubesinnung auf die Bedeutung literarischer Texte im Rahmen von schülerorientiertem Fremdsprachenunterricht gesellten sich zu den analytischen Methoden der Textarbeit auch solche mit handlungsorientiertem Schwerpunkt. Zu der letzteren Gruppe gehören z.B. das „Erlesen" oder „Erspielen" eines Textes, die „Darstellung eines Textes durch Bewegung und Tanz", die „szenische Umsetzung der von einem Text vorgegebenen Themen / Konflikte", die „Darstellung eines Textes oder Textteils als Puppen-, Marionetten- oder Schattenspiel" und die „Umgestaltung eines Textes in ein anderes Medium" (NÜNNING/ SURKAMP 2003: 155). Für den noch relativ jungen Unterricht im Frühenglisch der 3. und 4. Klassen empfehlen MINDT/ SCHLÜTER (2003: 30 f) nachgeahmte Bewegungen, Pantomime und Spiele mit einzubeziehen sowie einfache Handlungen szenisch darzustellen. In jüngster Zeit hat die Hinwendung zum interkulturellen Lernen innerhalb des Fremdsprachenunterrichts zu einem verstärkten Interesse an produktiven Übungsformen aus dem Bereich des Theaters geführt (vgl. SURKAMP 2001). Parallel dazu entdecken die Theaterpädagoginnen und -pädagogen in der Sprachförderung vor allem von jüngeren Kindern und Kindern mit Migrationshintergrund (vgl. W ARDETZKY 2006) ein lohnenswertes Betätigungsfeld, was sich schon allein aus der Ankündigung von drei Tagungen zu diesem Thema für das Jahr 2007 ablesen lässt: "Theaterspiel und Sprachlust" im April in Remscheid, "Theaterpädagogische Methoden und Spracherwerb" im Mai in Wolfenbüttel und „Sprachen lernen durch Theater" im November in Berlin. Aus einer Vielzahl von diesen Einflüssen sind im Verlaufe der Jahrzehnte verschiedene Konzepte für den Englischunterricht entwickelt worden, die mit unterschiedlicher Akzentuierung Verfahren aus dem Bereich des Theaterspielens einsetzen. Auch wenn diese Konzepte fast ausschließlich mit der Förderung der Fremdsprache befasst sind, gibt es doch Unterschiede in den Zielsetzungen und Inhalten vor allem aber in der Bezeichnung der Konzepte und Verfahren. Zu den schon von MACHT (1977) aufgelisteten Begriffen Nachahmungs-, Rollen-, Illusionspiel, Darstellendes Spiel, szenisches Spiel, szenische Darstellung und StegreiflFLIIIL 36 (2007) 162 Heike Wedel spiel (MACHT 1977: 7) sind noch hinzugekommen: dramatische Aktivitäten, Inszenierungen, Improvisationen, Dramapädagogik und Theaterspielen im Fremdsprachenunterricht. Diese Begriffe lassen sich derzeit kaum voneinander abgrenzen. Häufig werden sie als Synonyme gebraucht. Die über die Jahrzehnte erhofften Wirkungen vom Einsatz der Mittel des szenischen Spiels im Fremdsprachenunterricht haben sich kaum verändert. Auch heute noch verspricht man sich von der Einbeziehung von Theaterformen und -elementen in den Fremdsprachenunterricht vor allem eine Unterstützung und Förderung des sprachlichen Lernens. Eine Verbesserung der Motivation und der allgemeinen Lern- und Behaltensfähigkeit wird durch aktives sprachliches Handeln, verbunden mit Bewegung und eingebettet in eine Situation, angestrebt. Das Selbstbewusstsein und die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler sollen durch das Theaterspielen günstig beeinflusst werden. Der Einsatz des Theaterspielens als Methode im Englischunterricht soll im nächsten Abschnitt näher untersucht werden. 3. Darstellendes Spiel als Methode im Englischunterricht Die in der Fachliteratur vorherrschende Motivation für die Einbeziehung von Mitteln aus dem Theater in den Englischunterricht ist in der Regel ein in der einen oder anderen Hinsicht als defizitär beschriebener Fremdsprachenunterricht. Das Theater soll z.B. eine Kompensationsfunktion ausüben für einen kopflastigen und bewegungsarmen Fremdsprachenunterricht (vgl. DOUGILL 1987), für ,blutleere' Lehrbuchübungen ohne Kontext (vgl. DOUGILL 1987; vgl. KURTZ 2001) oder für ein ungünstiges Lernklima (vgl. NEUMANN-ZÖCKLER 1981). Außerdem soll es den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit bieten, auch parasprachliche Mittel einzusetzen (vgl. für den Französischunterricht: RATTUNDE 1993 und für den Englischunterricht: SCHERER 2005). DOUGILL (1987) betont sogar, dass dies Schülerinnen und Schülern über mangelnde fremdsprachliche Kompetenz hinweghelfen könnte. Darüber hinaus soll die Einbeziehung darstellender Methoden in den FSU nicht nur etwas kompensieren, sondern sie soll auch etwas liefern wie z.B. Kontext, Motivation, Sprech- und Schreibimpulse, Texte, Übungen, Methoden und Verfahren sowie Gelegenheit zur ästhetischen Verwendung von Sprache geben. Verblüffend ist nicht nur die Vielzahl der Aufgaben, die dem theaterspielenden Fremdsprachenunterricht immer wieder zugedacht wird, sondern zuweilen auch deren Gegensätzlichkeit. In manchen Konzepten soll das Theaterspielen bewirken, dass die Schülerinnen und Schüler für sich und als sie selbst sprechen (vgl. LEISINGER 1966), in anderen Konzepten hingegen geht es gerade um die Übernahme einer fremden Rolle oder gar um eine Einfühlung (vgl. SURKAMP 2001; NÜNNING/ SURKAMP 2003). Oft wird gewünscht, dass die Schülerinnen und Schüler in realen Situationen mittels szenischen Spiels auf die außerschulische sprachliche Realität vorbereitet werden (vgl. KURTZ 2001). Ein anderes Mal besteht der Vorteil des szenischen Spiels gerade darin, dass die Schülerinnen und Schüler eine fiktive Realität kreieren, die ihnen auch einen gewissen Schutz bietet (vgl. LÖFFLER 1979). Die Verwendung des Begriffes Als-ob-Realität gibt Rätsel auf, weil er lFlLuL 36 (2007) Bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel-Alles nur „Theater"? 163 unterschiedlich definiert wird: als Abbildung der Wirklichkeit und als fiktive Realität, die sich gerade von der Wirklichkeit abhebt (vgl. KocHISTREISAND 2003), oder als Raum, den sich jeder Sprachlerner beim Kennenlernen einer anderen Sprache und Kultur schafft (vgl. für DaF: HUBER 2003). Ebenso unterschiedlich wird die Zielsetzung von Theater im Fremdsprachenunterricht formuliert: Zum einen sollen die Spieler und Zuschauer in eine fiktive Realität versetzt werden (vgl. WELSCHER-FORCHE 1999), zum anderen soll gerade das im Schulspiel vermieden werden (vgl. HESSE 2005 mit Bezug auf LUSERKE). Unterschiedliche Ansichten herrschen auch darüber, ob sich Theaterformen eher zum Training von spontanen oder von gelenkten mündlichen Äußerungen eignen, sowie generell über den Stellenwert von (schriftlich fixierten) Texten im Rahmen von Theaterarbeit (vgl. HEISING 1991; KURTZ 2001). Wenige Konzepte favorisieren eine Aufführung im Fremdsprachenunterricht (vgl. LEISINGER 1966; SCHERER 2004), andere halten sie für entbehrlich (vgl. MALEYIDUFF 1985 für Englisch und RATTUNDE 1993 für Französisch). Und noch andere sehen in der Aufführung vor allem eine Bestätigung für die Schülerinnen und Schüler. Viele Konzepte gehen von der Sprache eines Theaterstücks oder einer selbstentwickelten Bühnenvorlage aus, selten erfolgt ein erster Zugang über das Spiel (vgl. SCHERER 2004). Alle im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts Englisch entwickelten Konzepte haben allerdings eines gemeinsam: Sie fragen nicht nach der Funktion und Wirkungsweise von Theater, wie Ulrike HENTSCHEL mit Blick auf verschiedene Unterrichtsfächer kritisiert (1996: 122): Es scheint, als könne theaterpädagogische Arbeit sowohl Lernfortschritte in den unterschiedlichsten Unterrichtsfächern bewirken als auch erzieherische Ziele für den einzelnen und für die Gruppe/ Gemeinschaft verwirklichen. Darüber hinaus scheint es möglich, mit theaterpädagogischen Mitteln auch Ziele im Bereich der politischen Bildung und Lösungen für gesellschaftliche Probleme anzustreben. Ansätze, die an theaterspezifische Qualitäten anknüpfen und diese zum Ausgangspunkt einer genuin ästhetischen Bildung durch Theaterspielen machen sind nur vereinzelt anzutreffen. "Spiel", "Laienspiel", "Schulspiel", "Darstellendes Spiel" sind dann auch Bezeichnungen für eine Praxis, die den Bezug zu den ästhetischen Anforderungen des Theaters bewusst vermeiden möchte. Die Arbeit an der Fremdsprache bleibt bei den meisten Konzepten Gegenstand des Unterrichts und besitzt höchste Priorität. Lediglich am Rande wird auf die Wichtigkeit von körpersprachlichen Mitteln hingewiesen (vgl. LÖFFLER 1979; WELSCHER-FORCHE 1999; SCHERER 2004). Selten werden sie zum Gegenstand des Trainings gemacht. Noch seltener finden sich Anklänge an den ästhetischen Gebrauch der Sprache auf der Bühne (vgl. für den Französischunterricht: RATTUNDE 1993). In keinem Fall wird ausreichend reflektiert, dass Sprache nur ein theatrales Gestaltungsmittel unter vielen ist (vgl. dazu WEDEL 2007). lFL1lJIL 36 (2007) 164 Heike Wedel 4. Dramapädagogik, Wahrnehmung und Theater im Unterricht Deutsch als Fremdsprache Im Gegensatz zu der eher pragmatisch und einseitig auf Sprachzuwachs und Literaturverstehen konzipierten Ausrichtung des Einsatzes von Theaterformen im Englischunterricht hat das darstellende Spiel im Unterricht Deutsch als Fremdsprache eine etwas andere Entwicklung genommen. Vor allem mit dem Namen Manfred Schewe ist die Begründung einer dramapädagogischen Lehr- und Lernpraxis verbunden (SCHEWE 1993). Ausgebend von einer Kritik an einem "verkopften" (SCHEWE 1993: 63) und um seine körpersprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten beraubten Fremdsprachenunterricht und an Lehrbuchdialogen und Rollenspielen, die jegliches.dramatische Potenzial vermissen lassen, entwickelte Schewe seine am kommunikativen Fremdsprachenunterricht ausgerichtete Unterrichtskonzeption. Dafür rezipierte er ausführlich die englischen Entwicklungslinien des drama in education (Dramapädagogik) als,erziehungswissenschaftliche Teildisziplin (SCHEWE 1993: 13) und bezog die Überlegungen um das Stegreifspiel in Deutschland zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in seine gedankliche Auseinandersetzung mit ein. In Abgrenzung vom Rollen- und Planspiel beschreibt Schewe, dass es nicht so sehr um die „Einübung in bestimmte Spielformen institutionellen bzw. gesellschaftlichen Handelns" gehe, sondern um „die Konstruktion von neuem (dramatischen) Sinn, um einfür den ästhetischen Bereich typisches - Experimentieren im nicht nur seienden, sondern auch möglichen Raum menschlicher Erfahrung". Die dabei entstehenden Situationen laden zu intensivem, sprachlichem Handeln ein (SCHEWE 1993: 284). „Die kreative Erarbeitung einer situations-, text- oder themenbezogenen Inszenierung steht im Zentrum der Unterrichtsarbeit. Die Fremdsprache ist in der Regel nicht der explizite Gegenstand des Unterrichts, vielmehr wird die Fremdsprache verwendet und geübt, während Inszenierungen vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet werden." (SCHEWE 1993: 406) Schewe geht von einem weiten Kommunikationsbegriff aus, der auf den Einsatz aller zur Verfügung stehenden Ausdrucksmittel setzt (SCHEWE 1993: 74). Er plädiert dafür, diese nicht nur als Kompensationsmittel für fehlende verbale Ausdrucksmöglichkeiten zu legitimieren (SCHEWE 1993: 75). Schewe wendet sich gegen eine Funktionalisierung ästhetischen Lernens und plädiert dafür, das ästhetische Lernen in seinem Eigenbzw. Erkenntniswert ernstzunehmen (SCHEWE 1993: 77). Schewes Verdienst besteht darin, das Lernen mit den Formen des Theaters im Fremdsprachenunterricht um deren ästhetische Dimension erweitert und praktische Möglichkeiten ihres Einsatzes systematisiert zu haben. In seinen praktischen Ausführungen gewinnt dann aber doch wieder die Arbeit an der sprachlichen Förderung die Oberhand: Im dramapädagogischen Unterricht nutzen Lehrer und Schüler bis zu dem Grade, der ihnen möglich ist, das methodische Know-How einer Dramatikerin, Regisseurin und Schauspielerin zur Inszenierung von Lernprozessen. Im Vordergrund steht dabei nicht wie im Theater bzw. in theaterpädagogischen Projekten die künstlerische Qualität einer Aufführung, sondern die pädagogische Qualität von Lernprozessen. (SCHEWE 1993: 112) lFJLIIL 36 (2007) Bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel -Alles nur„ Theater"? 165 Ruth Huber beginnt ihre Arbeit zur Wahrnehmung und zum Theater im Fremdsprachenunterricht 10 Jahre später mit einer Kritik am kommunikativen Fremdsprachenunterricht und entwickelt daraus ihre Forderung nach einem Fremdsprachenunterricht im Sinne einer Wahrnehmungsschulung. Dabei spielt das ästhetische Lernen und das Lernen in und mit Theaterformen eine wichtige Rolle. Im kommunikativen Fremdsprachenunterricht herrscht insgesamt eine enge Auffassung von Kommunikation vor. Sprache wird auf die verbale Aussage reduziert und Kommunikation auf ein Austauschen von Bedeutungseinheiten, [...]. Dass Kommunikation ein kooperativer, von Interaktions- und Kontextvariablen beeinflusster Prozess ist, der die Bedeutungsaushandlung erst in Gang setzt, ging nur selten in die didaktischen Rezeptsammlungen ein. (HUBER 2003: 58) Sie betont, dass nicht jedes Sprechen mit Intentionen verbundenes.Sprechen ist und dass gerade der spielerisch-improvisatorische Gebrauch der Sprache die dem Lernen so förderliche Entspannung bringen kann. Außerdem arbeitet sie heraus, dass ein Unterricht, der die Informationsübertragung in den Mittelpunkt stellt, wichtige Bereiche der Sprache wie die auditive und visuelle Wahrnehmung ausblendet und somit nur zu einer inadäquaten Meisterung der Fremdsprache führen kann. „Leider existieren keine Untersuchungen darüber, ob und in welchem Maße die physische Unbeweglichkeit im Fremdsprachenunterricht die Lernenden in ihrer Ausdrucksfähigkeit behindert[...]" (HUBER 2003: 59 f). In ihrem Ansatz geht Huber davon aus, dass alle Sinne besonders Seh-, Hör-, und Körpersinn im Fremdsprachenunterricht entwickelt werden müssen. Sehen kann man mit Hilfe von Bildern, hören mit Hilfe von Musik und Körpersinn mit Hilfe von Theater entwickeln. Bei all diesen Prozessen spielt das kreative Schreiben eine Rolle und die Aushandlung von Bedeutungen. Sie lehnt sich an das konstruktivistische Lernermodell an, welches sie im Einklang mit neuesten neurologischen Befunden sieht. Ein weiterer innovativer Ansatz ihres Buches besteht darin, die Lernersprache nicht als eine defizitäre Sprache zu sehen, sondern als eine Sprache zwischen den Kulturen. Die mit den Lernenden gemeinsam durchgeführte Bedeutungshinterfragung sorgt für produktive Lernprozesse. Mehr noch, sie kategorisiert die Lernersprache als eine poetische Sprache und setzt den Lerner mit einem Schriftsteller gleich. Huber kommt zu dem Schluss, dass auf Korrektheit dressiertes Sprechen ohne melodisch-expressive Qualitäten im höchsten Maße antikommunikativ ist, und muss feststellen, dass in der kommunikativen Didaktik kaum kohärente Konzepte existieren, wie der Körper zum Sprechen gebracht werden könnte. Statt nur das muttersprachlich Vor-Arrangierte umzubenennen, kann der Lernende andere, exotisch erscheinende Wirklichkeitskonstruktionen kennenlernen und sich in ihnen bewegen, er kann ungewohnte Rollenangebote wahrnehmen und seine verinnerlichten kulturspezifischen Verhaltensnormen revidieren, zudem hat er in der Fremdsprache ein Medium zur Hand, mit dem er neue Welten einer dritten Art konstruieren und darin selber ein Anderer werden kann. Kurz, er hat die Chance, anders zu erfahren, neu zu sehen und zu hören, als ein Anderer zu handeln, und im hier vorgestellten Konzept wird er durch Wahrnehmungssensibilisierung und Theater angeleitet. (HUBER 2003: 74) IFLllliL 36 (2007) 166 Heike Wedel 5. Zur Entwicklung des Schulfaches Darstellendes Spiel Parallel zu den Entwicklungen als Methode im Fremdsprachenunterricht ist das Fach Darstellendes Spiel seit Ende der 70er Jahre dabei, sich als Schulfach in der bundesdeutschen Schullandschaft zu etablieren. Dieser Prozess hat sich seit Beginn der 90er Jahre auch auf die neuen Bundesländer übertragen, in denen es zwar bis 1989 kein Schulfach Darstellendes Spiel gab, wo aber die Kinder mit Theaterspielen entweder im Deutschunterricht, in Arbeitsgemeinschaften oder in Jugendklubs sowie beim Besuch von Vorstellungen der staatlich geförderten Kinder- und Jugendbühnen oder der städtischen Theater in Berührung kamen. Darstellendes Spiel erhielt über die Jahrzehnte seiner Entwicklung Impulse aus verschiedenen Bereichen, so z.B. vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus an Bewegung und rhythmischer Gestaltung orientierten Strömungen wie das Bewegungsspiel der Spielleiter Luserke und später Giffei (HESSE 2005: 177). Eine andere Quelle stellten Bemühungen dar, den Spieltext vornehmlich unter literarischen Gesichtspunkten und als Ausdruck der Literaturverehrung auf die Schulbühne zu bringen (HESSE 2005: 176). Die Tendenz zur Aufführung ganzer, ursprünglich für das professionelle Theater verfasster Stücke mit Laiendarstellern wurde schon damals von einigen Fachvertretern als Überforderung der Schülerinnen und Schüler kritisiert. Die Entwicklung von Darstellendem Spiel zu einem Unterrichtsfach wurde von Anfang an auf Grund seiner Position zwischen Kunst und Pädagogik von einer Reihe von Disputen begleitet. So wollte Luserke das Theaterspiel der Laien streng von der Theaterkunst unterschieden wissen. Seine Aufführungen bezeichnete er dann auch als „Veranstaltungen", in denen die Spieler den Zuschauern keine Illusion vorgaukeln wollten (HESSE 2005: 248). Zu bestimmten Zeiten wurde die pädagogische Seite des darstellenden Spiels betont, zu anderen Zeiten stand die Besinnung auf die Gesetze der Kunst und des Theaters sowie die Betonung ästhetischer Qualitäten im Mittelpunkt (HESSE 2005: 274). In den 50er Jahren ist im Laienspiel eine verstärkte Beachtung von Theatergesetzen und Theaterhandwerk zu beobachten. Diese Akzentverlagerung war auch ein Ergebnis der Begegnung mit ausländischen Spielgruppen, denen die ungleiche Gewichtung von Form und Aussage fremd war (HESSE 2005: 275). Die bis in die 70er Jahre hinein entstandenen Konzepte für das darstellende Spiel lassen sich in zwei Grundrichtungen einteilen: als Mittel des sozialen Lernens oder als künstlerische Tätigkeit. Als soziales Lernen lässt sich darstellendes Spiel in allen Bildungs- und Unterrichtsprozessen einsetzen, als künstlerische Tätigkeit verlangt es nach einem eigenen Fach, in welchem die spezifischen Ausdrucksmöglichkeiten gezielt geschult werden können (HESSE 2005: 378 f). Den Vertretern der ersten Richtung ging es darum, Verhalten mittels Theaterspielen zu trainieren und somit die Sozialisation der Schülerinnen und Schüler zu beeinflussen. Die Vertreter der künstlerischen Ausrichtung plädierten für eine Akzentverlagerung bei der Wahl der künstlerischen Mittel hin zu von Schülerinnen und Schülern zu bewältigenden Mitteln, damit auch das Laientheater zu einer ästhetisch überzeugenden Wirkung gelangen kann. lFLl.llL 36 (2007) Bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel -Alles nur„ Theater"? 167 In den Lehrplänen setzte sich die Präferenz theatral-ästhetischer Aspekte durch (HESSE 2005: 393), auch abzulesen an der Arbeit auf eine Aufführung hin, die traditionell auf ästhetische Maßstäbe hinweist. 6. Von der Methode im Fremdsprachenunterricht und dem Schulfach in der Muttersprache hin zum Bilingualen Sachfach Darstellendes Spiel Wie die vorangegangenen Abschnitte gezeigt haben, sind die Beziehungen zwischen dem Theaterspielen und dem Fremdsprachenlernen vielfältig und blicken auf eine lange Geschichte zurück. Unterschiedliche Traditionslinien und Kontroversen führten und führen zu den heute bestehenden mannigfaltigen Erscheinungsformen von Theater in Verbindung mit dem Fremdsprachenlernen. Wie im dritten Abschnitt beschrieben, entsprang und entspringt die Einbeziehung von Methoden und Verfahren aus dem Theaterbereich in den Englischunterricht eher einer Defizitorientierung im herkömmlichen Englischunterricht. Es wird in der Regel gefragt, wie Theatermittel bestehende Schwierigkeiten überwinden helfen können, anstatt nach dem originären Bildungspotential von Theater zu fragen. Auch in Anlehnung an die Einflüsse des Rollenspiels und der Literaturdidaktik hat sich dieser pragmatische Zugriff erhalten. Theaterspielen dient im Englischunterricht nach wie vor in erster Linie der Sprachförderung oder der spielerischen Aneignung von Literatur. In jüngster Zeit geht es auch um die Einfühlung in eine andere Rolle zum Zwecke des interkulturellen Lernens. All diese Erscheinungsformen instrumentalisieren das Theaterspielen und fragen in der Regel nicht oder nur am Rande nach den theatereigenen Gesetzmäßigkeiten. Im Unterricht Deutsch als Fremdsprache wurde ein etwas anderer Akzent gesetzt. In den dort verankerten didaktischen und methodischen Hinweisen zum Einsatz des Theaterspielens waren verstärkt seit den 90er Jahren Überlegungen zu ästhetischen Aspekten und deren Funktion bei der Förderung der Fremdsprache präsent. In diesem Zusammenhang wurde auch nach dem Wesen des Theaterspielens gefragt und eine Instrumentalisierung desselben zumindest theoretisch abgelehnt (vgl. SCHEWE 1993; HUBER 2003). Ulrike HENTSCHEL (1996: 135 f.), die von einem theaterpädagogischen Standpunkt her argumentiert, sieht die Besonderheiten des Theaters u.a. in Folgendem: Bei einer Theateraufführung handelt es sich um eine Form direkter Kommunikation, befinden sich doch Sender und Empfänger zur selben Zeit am selben Ort. Das Ereignis einer Theatervorstellung ist unwiederholbar, da es lediglich für die Dauer einer Aufführung für ein bestimmtes Publikum stattfindet. Auch mit Hilfe der technischen Aufzeichnungsmöglichkeiten lässt sich das Ereignis nicht in allen Details wiederholen. Das Theater ist wie keine andere Kunstform abhängig von der „aktuellen geistigen und körperlichen Verfassung der Beteiligten und von ihren situativen Wahrnehmungs- und Verstehensbedingungen" (HENTSCHEL 1996: 136). Dieser ,flüchtige' Charakter des Theaterereignisses ist Grundbedingung der Rezeption [sie] erschwert aber das alltägliche und das wissenschaftliche Reden über das Rezipierte. Gleichzeitig lFlLlllL 36 (2007) 168 Heike Wedel wird es aber dadurch, mehr als andere Kunstformen, für die Rezipienten - und stärker noch für die Produzenteneinem Erlebnis vergleichbar, das von der körperlichen Anwesenheit im Augenblick des (ästhetischen) Erlebens nicht zu trennen ist (HENTSCHEL 1996: 135). Die theatrale Kommunikationsstruktur zeichnet sich durch eine Doppelschichtigkeit aus. Nicht nur die Spielenden sind doppelt vorhanden - und zwar einmal als sie selbst und einmal als Bühnenfigur -, auch die verwendeten Zeichen wie Bühnemaum, Requisiten, Kostüme, gesprochene Worte und Sätze existieren zum einen „als ,Wirklichkeit des Bühnenraumes', als Materialien und Äußerungen des Schauspielers [...] aber auch als ,Wirklichkeit des Spiels"' (HENTSCHEL 1996: 139). Aus dieser Doppelung erwächst auch die Fähigkeit von Theater, alltägliche Zeichen mit nicht-alltäglichen Bedeutungen zu versehen und somit festgefahrene Wahrnehmungs- und Denkstrukturen aufzubrechen (HENTSCHEL 1996: 138f.). Die Spezifik des Theaters ergibt sich demnach aus der „Untrennbarkeit von Subjekt und Objekt des künstlerischen Prozesses und aus der zeitlichen und räumlichen Identität von Rezeption und Produktion" (HENTSCHEL 1996: 141). Die Wirkung von Theater hängt entscheidend davon ab, dass sowohl Zuschauer als auch Darsteller diese erzeugte Wirklichkeit, diesen Als-ob-Zustand, für die Dauer der konkreten Vorstellung akzeptieren und sich entsprechend verhalten; es ist eine bewusste Vereinbarung. Auch wenn es sich hierbei um eine fiktive Situation handelt, ist dies nicht gleichbedeutend mit „unwirklich" oder „unernsthaft" (HENTSCHEL 1996: 141). Vielmehr wird im Spiel eine eigene theatrale Wirklichkeit erzeugt (HENTSCHEL 1996: 141 f). In ihrer weiteren Argumentation führt Hentschel aus, dass Theaterspiel auch im nichtprofessionellen Bereich nur dort seine bildende Wirkung entfalten kann, wo eben diese Grundbedingungen von Theater beachtet werden. Auch in pädagogischen Zusammenhängen eingesetztes Theater bleibt seinem Wesen nach Theater mit all seinen Gesetzmäßigkeiten. Doch weder im Englischunterricht noch im Unterricht Deutsch als Fremdsprache wird den Grundbedingungen von Theater besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Das kann erst in einem Zusammenhang geschehen, in dem sowohl das sprachliche als auch das theatrale Lernen zwei gleichberechtigte Zielperspektiven darstellen, wie das im bilingualen Unterricht Darstellendes Spiel der Fall wäre. Es wäre dann nicht mehr zu fragen, wie das Theaterspielen die vorhandenen Defizite im Fremdsprachenunterricht beheben könnte, sondern welchen Beitrag das spezifische Bildungspotenzial von Theater und die damit verbundenen Verfahren und Arbeitsweisen auch in Bezug auf das (fremd-)sprachliche Lernen entfalten könnten. Ausgangspunkt aller Überlegungen wäre dann nicht mehr ein von „außen" vorgegebener Stoff oder ein effektvolles Verfahren, sondern das Kommunikationsbedürfnis der Schülerinnen und Schüler mittels des Mediums Theater, das Sprache mit dem Ziel einer Wirkung auf das Publikum einsetzt. Aus der Perspektive der Didaktik des Darstellenden Spiels wäre der Einsatz von Sprachen im Unterricht zu bedenken. Während es durchaus möglich und legitim ist, die zu verwendende(n) Unterrichtssprache(n) im Sinne der Zielstellungen des jeweiligen bilingualen Modells festzulegen, wird sich die Wahl der auf der Bühne verwendeten Sprache eher an der beabsichtigten Wirkung beim Publikum orientieren. Diese Sichtweise eröffnet dem Theaterspielen im Zusammenhang mit dem Lehren und Lernen fremder Sprachen Möglichkeiten, die weit JFJLllL 36 (2007) Bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel -Alles nur „Theater"? 169 über das Lernen von Einzelsprachen in Einzelfächern hinausgehen und der Pflege und Förderung von Mehrsprachigkeit und der Erziehung zu selbiger wertvolle Impulse geben können (vgl. auch MAIROSE-PAR0VSKY 2000). Die im Titel des Beitrags gestellte Frage lässt sich nun folgendermaßen beantworten: Ja, im bilingualen Sachfachunterricht Darstellendes Spiel muss (fast) alles Theater sein, d.h. das gemeinsame Arbeiten an der Sprache und an den anderen theatralen Zeichen in diesem Fach steht im Dienste einer theatralen Wirkung als grundlegendem Merkmal theatraler Gestaltung. Bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel ist deshalb vor allem und in erster Linie THEATER im ursprünglichen Sinne, gekoppelt mit der Möglichkeit, neben dem Erwerb des Wissens um theaterspezifische Wirkungsweisen auch die Fähigkeit zu gewinnen, sich in einer Fremdsprache wirkungsbewusst ausdrücken zu können. Somit kann bilingualer Unterricht Darstellendes Spiel einen Rahmen bilden, in welchem sprachliches und theatrales Lernen für Schülerinnen und Schüler in einzigartiger Synergie erlebbar wird. Literatur DOUGILL, John (1987): Drama Activities for Language Leaming. London/ Basingstoke: Macmillan Publishers LTD. 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