eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 36/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2007
361 Gnutzmann Küster Schramm

Eva NEULAND (Hrsg.): Variationen im heutigen Deutsch: Perspektiven für den Sprachunterricht. Frankfurt/M.: Peter Lang 2006 (Sprache - Kommunikation - Kultur, Soziolinguistische Beiträge; Band 4), 565 Seiten [78,- €]

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2007
Ernesta Raciené
flul3610259
Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 259 Jose Maria DOMINGUEZ, Miguel V ALLE: Spanische Üburtgsgrammatik far Fortgeschrittene mit Lösungsschlüssel. 3., überarb. Auflage. Berlin: Erich Schmidt Verlag 2006, 201 Seiten [17,80 €] Die dritte überarbeitete Auflage der 1994 erstmals publizierten Übungsgrammatik bietet vor allem eine Sammlung klar strukturierter, aber nicht kontextuell eingebundener Grammatikübungen, deren Lösungen im Anhang des Buches zu finden sind. Die 28 Kapitel sind nach grammatischen Phänomenen unterteilt und werden von ausgesprochen knappen aber treffsicheren Grammatikerläuterungen eingeleitet. Die Autoren erklären den Minimalismus der größtenteils auf Spanisch verfassten Grammatikerklärungen mit einem Verweis auf die beiden, im gleichen Verlag erschienenen Basiswerke Spanische Übungsgrammatik für Anfänger I und II, deren Ausführungen zur Grammatik sie als weitgehend bekannt voraus setzen. Verwunderlich erscheint in diesem Zusammenhang allerdings, dass sich im Kapitel zu den Vergangenheitszeiten kein Hinweis auf die höchst unterschiedliche Frequenz des preterito perfecto in Spanien und Lateinamerika findet. Sehr kompakt, aber in diesem Fall vollkommen ausreichend sind die Ausführungen zum Gebrauch des preterito imperfecto (einleuchtend die Erklärung des imperfecto als "Ambientador de una acci6n terminada") gehalten. Insgesamt beweisen die Autoren ein profundes Wissen um alle Fallstricke, die das Spanische für den deutschen Sprachlerner bereithält. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Integration von Kapiteln, die in anderen Grammatiklehrwerken oftmals nur kursorisch behandelt werden, wie feste Redewendungen, Konjunktionen und Wortbildungsmuster. Interessant erscheint auch die ausführliche Aufstellung der Verben, die im Spanischen einen anderen grammatischen Fall bzw. eine andere Präposition als im Deutschen erfordern. Der Übungsteil zu den einzelnen grammatischen Phänomenen enthält bis zu 14 ein- und zweisprachige Übungsformen, unter denen sich auch in fast allen Kapiteln eine Übersetzungsaufgabe befindet. Sehr übersichtlich aufgebaut ist das Kapitel zu Prosodie und Rechtschreibung, in dem auch ein Abschnitt den Streitfällen im Bereich der Zusammen- und Getrenntschreibung gewidmet ist. Zusätzliches Übungsmaterial u.a. zum oftmals vernachlässigten Kapitel der Interpunktion bietet das Kapitel Ejercicios suplementarios, dessen Aufbau allerdings keiner inneren Logik zu folgen scheint. Bedauerlich ist, dass diese übungsgrammatikfar Fortgeschrittene auf Grund des fehlenden Index als Nachschlagewerk für Zweifelsfälle nur bedingt zu gebrauchen ist. Geeignet erscheint sie vor allem für weit fortgeschrittene Lerner zum selbstständigen Vertiefen einzelner Grammatikaspekte und als Zusatzmaterial in Kursen an Dolmetscherinstituten und in sprachpraktischen Übungen an Universitäten. Für den Einsatz an allgemein bildenden Schulen und Volkshochschulen bietet sich das Buch wegen der fehlenden kontextuellen Einbettung der Übungen und der sprachlich anspruchsvollen spanischen Grammatikerklärungen weniger an. Kassel SABINE WOLF-ZAPPEK Eva NEULAND (Hrsg.): Variationen im heutigen Deutsch: Perspektivenfar den Sprachunterricht. Frankfurt/ M.: Peter Lang 2006 (Sprache - Kommunikation - Kultur, Soziolinguistische Beiträge; Band 4), 565 Seiten [78,- €] Der Titel des vorliegenden Sammelbandes ruft gemischte Gefühle hervor. Einerseits fragt man sich, ob es über einen so allseitig erforschten Bereich wie ,Variationen im heutigen Deutsch' noch etwas Neues zu sagen ist, andererseits macht die Ankündigung ,Perspektiven für den Sprachunterricht' gespannt auf das umfangreiche Buch. Das Erscheinen eines solchen Bandes lag schon seit langem in der Luft: auf zahlreichen Konferenzen, die den Problemen der Germanistik im In- und Ausland gewidmet waren, wurden die Fragen der Variationen und ihrer Relevanz für den Deutschunterricht aufgeworfen. Und man soll der Herausgeberin, die in ihrer Person beide Forschungsrichtungen lFLlllL 36 (2007) 260 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel vertritt, besonders aus der Sicht der Auslandsgermanistik danken, dass sie sich dieser/ Aufgabe angenommen hat, und zugleich auch gratulieren, dass es ihr gelungen ist, eine derart brette Palette von Aspekten dieser Thematik in einem Buch zu vereinen. Ein Sammelband von diesem Umfang ist in einer Rezension von wenigen Seiten nicht/ im Detail zu besprechen, so dass es bei einer kurzen Vorstellung der Beiträge bleiben muss. Das Buch besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil "Sprachenvielfalt und Mehrspraehigkeit") werden allgemeine Probleme der Sprachpolitik in Europa und des Sprachunterrichts für den mehrsprachigen Lerner behandelt. Diesen Teil eröffnet der Artikel von G. Lüm über die Sprachenvielfalt-und Mehrsprachigkeit in Europa und deren Konsequenzen für Sprachpolitik und Sprachunterricht. Der Autor vertritt die Meinung, dass die von Medien und zahlreichen Meinungsträgern und sogar Sprachwissenschaftlern propagierte Konzentration aller Kräfte auf den Erwerb einer lingua franca - und zwar des Englischen "Euro-English") die Sprachenvielfalt hochgradig gefährdet. Einer solchen negativen Entwicklung in der Sprachenpolitik kann nur durch eine europaweite Förderung der individuellen Mehrsprachigkeit begegnet werden. Kommunikationskompetenz in drei Sprachen sollte für alle Schulabgänger die Zielsetzung sein. D. WOLFF geht in seinem Beitrag „Mehrsprachigkeit, Spracherwerb und Sprachbewusstheit" auf die allgemeinen Probleme des Spracherwerbs einer zweiten oder weiteren Sprache ein, behandelt die durch Migration entstandene Mehrsprachigkeit, andere Formen der individuellen Mehrsprachigkeit und ihren Stellenwert in der Fremdsprachendidaktik. Der Autor bestätigt noch einmal die allgemein bekannte Erkenntnis, dass Mehrsprachige bessefeSprachlerner sind als monolinguale Sprecher; man sollte dieses Potenzial stärker im Fremdsprachenunterricht nutzen. G. LIST behandelt auf dem Hintergrund der psychologischen Forschung über den Primärspracherwerb die spezifische Lernbereitschaft der Kinder aus zugewanderten Familien und die Notwendigkeit, sie in vorschulischen Bildungseinrichtungen für Schulunterricht in der deutschen Sprache vorzubereiten. Die Aufgabe der bildungspolitischen Institutionen in Deutschland ist es, dafür zu sorgen, dass bereits in vorschulischen Einrichtungen gezielt Bildungsarbeit bei der Förderung mündlicher Literalität geleistet wird. Nur so kann das Ziel erreicht werden, die Kinder aus zugewanderten Familien auf „gute Deutschkenntnisse" zu verpflichten, ihnen gute Ausbildung zu vermitteln. Im letzten Artikel dieses Teils liefert J. ROCHE Überlegungen zur natürlichen Mehrsprachigkeit als Mittel der Integration. Der Beitrag stellt dar, worin die natürliche (muttersprachliche) Mehrsprachigkeit der Kinder besteht, wie sie gefördert werden und wie sie sich zu einer (fremdsprachigen) Mehrsprachigkeit weiter entwickeln kann. Der Autor zeigt das Potenzial der natürlichen Mehrsprachigkeit, das im wesentlichen ungenutzt beim Fremdsprachenerwerb bleibt, behandelt die Sprachvariation als Ausdruck innerer Mehrsprachigkeit und ihre Rolle bei Spracherwerb und Sprachvermittlung. Der zweite Teil "Norm, Variation und Wandel im heutigen Deutsch: Ausgewählte Gegenstände") ist in acht Unterteile gegliedert, die außer den traditionellen Themen der sprachlichen Varietäten auch einige neue Themenbereiche behandeln, wie z.B. Sprache in der Literatur - Literatursprachen, Variation und Wandel in gesprochener und geschriebener Sprache, Norm und Variation in der Grammatik. Im ersten Unterteil behandeln vier Autoren die allgemeinen Probleme der nationalen Varietäten. U. AMoN führt in die Thematik ein, gibt einen fundierten Überblick über die allgemeinen Fragen der nationalen Standardvarietäten in deutschsprachigen Ländern, erläutert die grundlegenden Termini „sprachliche Varietäten", Varianten, Variablen, onomasiologische-semasiologische Variation, bespricht ausführlicher die Funktionen und die Rolle der nationalen und regionalen Variation des Standarddeutschen, führt Beispiele an und stellt das Variantenwörterbuch (WWB) des Deutschen vor. Der Artikel eignet sich besonders gut auch für Laien als Einstieg in das Thema. Für DaFler aktuell ist der darauf folgende Artikel „Deutsche Standardsprache und Registervielfalt im DaF-Unterricht", in dem M. DURELL seine auf zahlreichen Symposien zum Ausdruck gebrachte lFlL1.IIL 36 (2007) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 261 Überzeugung bekräftigt, dass die Standardsprache nicht die Grundlage des DaF-Unterrichts bilden sollte. Da „die Gebrauchsnormen der alltäglichen Sprechsprache auch gebildeter Muttersprachler markant von den kodifizierten Normen der Hochsprache abweichen" (S. 112), plädiert der Autor dafür, im DaF-Unterricht das gesprochene Deutsch als sprachliches Register zu vermitteln. Die Diskussion über die Einstellung zur sprachlichen Variation im Deutschen und zur sprachlichen Erscheinungsform, die dem Deutschunterricht für Ausländer zu Grunde gelegt werden soll, ist nicht neu. Jeder erfahrene Deutschlehrende weiß und vermittelt seinen Schülern, dass man nicht so „spricht wie man schreibt". Die Beispiele zur Varietät des gesprochenen Deutsch, die der Autor zur Verdeutlichung seiner Ausführungen anführt, sind bekannt und werden im DaF seit der kommunikativen Wende teilweise auch in den Lehrwerken berücksichtigt. Die Diskussion war besonders aktuell in Ost- und Mitteleuropa in der Zeit der geschlossenen Grenzen, als Deutschlernende und Deutschlehrende nicht oder nur selten in die deutschsprachigen Länder reisen durften, kein deutsches Fernsehen sehen konnten, usw. Mittlerweile wird man bei der Deutschlehrerausbildung allerdings damit konfrontiert, dass die Studienbewerber infolge ihrer Aufenthalte in deutschsprachigen Ländern nur dieses sprechsprachliche Register beherrschen und dass ihnen nunmehr die Standardsprache beigebracht werden muss. Immerhin liefert der Artikel aufschlussreiche und für den DaF-Unterricht wichtige Erkenntnisse. L. H0FER berichtet über den Erwerb der Standardsprache in der Schweiz. Dabei geht er ein auf die Fragen der Kodifizierung des Deutschen in der Schweiz, die Tradition der Erstellung von Lehrmitteln für den Deutschunterricht. Berührt werden auch Aspekte des Erwerbs und des Gebrauchs der Standardsprache in der deutschen Schweiz sowie des DaF-Unterrichts für Migrant(inn)en und Schüler(innen) in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz. Der letzte Artikel dieses Unterteils stammt von Ingrid KüHN und berichtet über die Varietäten Westdeutsch-Ostdeutsch. Die Autorin stellt kurz die Forschungsliteratur zu der Frage vor, gibt Beispiele von Texten, die von unterschiedlichen Kommunikationskulturen in Ost und West zeugen, und behandelt dann den Sprachgebrauchswandel in den neuen Bundesländern. Der Artikel stellt einen konzentrierten und informativen Überblick über die Problematik dar. Der zweite Unterteil ist dialektalen Varietäten und regionalen Umgangssprachen gewidmet. J. MAcHA setzt sich in seinem Artikel das Ziel, Auskunft zu Polymorphie und Dynamik des Sprachgebrauchs in Deutschland zu geben. Dargestellt werden aktuelle Veränderungstendenzen in den verschiedenen Spielarten regional geprägter Sprache sowie dj.e heutige Akzeptanz traditioneller Mundart in der Gesellschaft. N. BEREND und E. KNIFF-KüMLÖSI beleuchten die sprachliche Variation des Deutschen aus der Perspektive des Deutschunterrichts in Osteuropa. Sie gehen auf einige Aspekte des Umgangs mit Variationen ein und zeigen, welche Relevanz sie im heutigen Deutschunterricht haben bzw. haben sollten. Die Autorinnen besprechen die Situation der Variationen im Deutschunterricht in Osteuropa vor und nach der Wende, stellen die Resultate der Umfrage unter Deutschlehrer(inne)n zur sprachlichen Variation vor und versuchen anhand der Beispiele zu zeigen, welche Varianten im DaF-Unterricht in Frage kommen. Obwohl hier nur die Situation in Ungarn beleuchtet wird, lassen sich die Aussagen zweifellos für ganz Osteuropa verallgemeinern. Mit einigen Behauptungen kann man jedoch nicht ganz übereinstimmen, so etwa mit „Das Konzept der sprachlichen Variation des Deutschen war [...] in den mitteleuropäischen Ländern vor der Wende völlig unbekannt, denn weder in der Schule noch in der universitären Ausbildung wurde dem Thema der Variation, geschweige der Distinktion zwischen geschriebener und gesprochener Sprache, Beachtung geschenkt" (S. 162). Wenigstens bei uns in Litauen hat man seit Mitte der 80er Jahre versucht, dem Problem gerecht zu werden und die Variationen geschriebenes-gesprochenes Deutsch bei der Lehrerausbildung zu beachten und zu vermitteln. Der durchaus interessante und lesenswerte Artikel liefert zum Schluss auch ein kleines Programm, wie man angesichts der unbefriedigenden Lage der Behandlung von sprachlichen Variationen im DaF-Unterricht vorgehen sollte. Dem Thema der regionalen Sprachvarietäten im muttersprachlichen Deutschunterricht ist der lFLuL 36 (2007) 262 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel Artikel von E. NEULAND und R. HOCHHOLZER gewidmet. Beleuchtet wird die jüngere Geschichte des Verhältnisses der Standardsprache und Dialekte im Deutschunterricht. Es werden auch einige unterrichtliche Möglichkeiten der Einbeziehung der Dialekte in den Deutschunterricht aufgezeigt. Im dritten Unterteil "Soziolektale Varietäten, soziale Stile") werden zwei Varietäten, und zwar Frauensprache und Jugendsprache, näher vorgestellt. Eröffnet wird dieser Teil mit dem einführenden Artikel von B. HENN-MEMMESHEIMER und M. HOFER über Varietätenwahl und Lernmotivation. Betrachtet werden Beziehungen zwischen Standard und Nonstandard, Semantik von Sprechweisen und ihre Dimensionen, Unterrichtsgespräche und die Chatkommunikation in Deutschland und die darin enthaltenen Abweichungen vom Standard, sowie zwischen Werten und Lernmotivation. Als eine wichtige Konsequenz für den Unterricht schlussfolgern die Autoren, dass der Unterricht an die Lebenswelt der Schüler anknüpfen soll, auch indem Lehrer sprachliche Variationen gezielt einsetzen. Der Artikel von M. LUTJEHARMS und C. SCHMIDT behandelt das Thema Sprache und Geschlecht sowie die Relevanz der linguistischen Gender-Forschung für Deutsch als Fremdsprache. Die Autorinnen geben einen Überblick über Themenbereiche der Gender-Forschung und gehen ausführlicher auf Grammatik, Kommunikationsstile und Repräsentation der Geschlechter in DaF-Lehrwerken ein. Diese drei Bereiche scheinen den Autorinnen für die Vermittlung der Variationen des Deutschen besonders wichtig. Um Jugendsprache geht es im Beitrag von E. NEULAND. Nach einer knappen aber informativen Skizze zum Entwicklungsstand der linguistischen Jugendsprachforschung werden fachdidaktische Unterrichtsvorschläge für muttersprachlichen Deutschunterricht und für DaF-Unterricht unterbreitet und Anregungen für einen eigenständigen Unterricht gegeben. Ein in jeder Hinsicht empfehlenswerter Artikel der Spezialistin, die auf diesem Gebiet besonders ausgewiesen ist. Der vierte Unterteil behandelt situative Varietäten und funktionale Stile. Im einleitenden Beitrag erläutert U. Fix, was unter Stil zu verstehen ist, und betrachtet das Phänomen Stil unter funktionalem und pragmatischem Aspekt. Sie legt den Schwerpunkt auf die Tatsache, das Stil immer zusätzlich zum Mitgeteilten eine sekundäre, soziale Information vermittelt, was am Beispiel der Textanalysen verdeutlicht wird. Der Artikel bildet eine gute Grundlage für die weiteren zwei Beiträge des vierten Unterteils. Ausgehend von der These, dass Normen oder Sprachgebrauchsgewohnheiten sich nur auf der Textebene verdeutlichen und vermitteln lassen, widmen sich K. ADAMZIK und E. NEULAND der Linguistik und Didaktik von Textsorten und richten dabei ihre Aufmerksamkeit auf Unterrichtstexte. Sie beleuchten die Impulse der Textlinguistik für den Deutschunterricht und betrachten eingehend die neuere intensive Entwicklung der Textlinguistik, namentlich ihre Verbindung mit den variationslinguistischen Fragestellungen und Veränderungen des Textbegriffs- und Textverständnisses infolge der „digitalen Revolution". Untersucht werden darüber hinaus Unterrichtstexte (mit Beispielen aus dem Sach- und Deutschunterricht) in neueren Schulbüchern, die als Textkonglomerate bezeichnet werden. Unterrichtstexte dieser Art stellen hohe Ansprüche an die linguistische und didaktische Textkompetenz praktizierender und vor allem angehender Lehrkräfte, was nicht ohne Folgen für die Lehrerausbildung bleiben kann. Der letzte Beitrag "Stil als Ware - Variation in der Werbung") stammt aus der Feder von N. JANICH. Sie analysiert ausführlich den Stil von zwei Werbetexten mit einem Ausblick auf den Unterricht in Deutsch als Mutter- und als Fremdsprache. Thema des fünften Unterteils sind die Fachsprachen. H. R. FLUCK informiert über Fachsprachen und ihre gesellschaftliche Bedeutung, über den Fachsprachenbegriff und über Fachspracheneigenschaften. Der Autor betont die zunehmende nationale und internationale gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung von Fachsprachen und ihre Rolle im Sprachunterricht. Ausführlich werden die Aspekte der Beschäftigung mit Fachsprachen im Sachunterricht, im Deutschunterricht und im DaZ-/ DaF-Unterricht behandelt. D. HELLER wendet sich der Wissenschaftskommunikation zu. Der Beitrag vermittelt aus der Sicht der Auslandsgermanistik gezielte Einblicke in dieses lFL1111L 36 (2007) Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 263 Varietätenspektrum und geht dabei insbesondere auf Konventionen des wissenschaftlichen Schreibens ein. Die Verfasserin stellt die wichtigsten wissenschaftlichen Textsorten vor und behandelt exemplarisch textsortenübergreifende sprachliche Mittel, die in wissenschaftlichen Texten verwendet werden. Dabei stützt sie sich auf praktische Erfahrungen mit italienischen Erasmusstudent(inn)en. Als Konsequenz für die universitäre Sprachdidaktik ergibt sich die Aufgabe, Konzepte zu entwickeln, die den Studierenden den Einstieg in den Universitätsbetrieb im Ausland erleichtern und die ihnen die Möglichkeit geben, an der dort praktizierten Wissenschaftskommunikation aktiv und erfolgreich zu partizipieren. J. V0LMERT befasst sich mit dem politischen Sprachgebrauch als einem aktuellen Thema für den Sprachunterricht. Der Leser bekommt einen guten Überblick über Definitionsprobleme des Phänomens ,politische Sprache', über Besonderheiten des politischen Wortschatzes, das Verhältnis zwischen der Rhetorik und der Politiksprache, der Situativität und Inszeniertheit politischen Sprachgebrauchs sowie über die Entwicklung des Umgangs mit politischem Sprachgebrauch im Deutschunterricht. Von besonderem Interesse sind die Überlegungen und Vorschläge zu Unterrichtseinheiten und Projekten in diesem Lernbereich. Der sechste Unterteil ist den Literatursprachen gewidmet. A. BETTEN behandelt Sprachstile literarischer Texte, wobei sie einen hervorragenden literaturgeschichtlichen Überblick über verschiedene Konzepte von Literatursprache bietet und dabei zeigt, wie verschiedene Sprachvarietäten an der Sprache des literarischen Textes beteiligt werden können. Für DaFler sind die Ausführungen insoweit interessant, als in diesem Bereich weiterhin häufig mit literarischen Texten gearbeitet wird. N. R. WOLF legt in seinem „Sprache als Kunst und Kunst als Spiel" überschriebenen Artikel eine faszinierende linguo-stilistische Analyse des Gedichts von C.F. Meyer „Der römische Brunnen" vor. Gezeigt wird, wie der Dichter die vielfältigen sprachlichen Möglichkeiten nutzt, um ein bestimmtes Bild zu schaffen, das eine allgemeine Bedeutung, einen symbolischen Sinn übernimmt. Unterschiede zwischen einem literarischen Text und einem Werbetext werden aufgedeckt, Spiel mit sprachlichen Mitteln am Beispiel eines Textes der experimentellen Lyrik demonstriert. Die Problematik des literarischen Übersetzens und der Sprachvariation im Deutschen bildet den Gegenstand des Beitrags von M. SIGUAN. Die Verfasserin plädiert für literarische Übersetzungsübungen oder -analysen im philologischen Fremdsprachenstudium auf der Fortgeschrittenenstufe. Sie beschreibt einige Problemkreise, die man beim Übersetzen berücksichtigen muss, und zeigt an Beispielen, dass das literarische Übersetzen eine gründliche Analyse des Textes und ein Verständnis von der sprachlichen Varianz in all ihren Dimensionen erfordert. Im siebten Unterkapitel geht es um Variation und Wandel in gesprochener und geschriebener Sprache. Ch. DÜRSCHEID grenzt die Begriffspaare gesprochene Sprache und geschriebene Sprache, Mündlichkeit und Schriftlichkeit ab und zeigt, wie sich Äußerungsformen im Kontinuum von Mündlichkeit und Schriftlichkeit einordnen lassen. Auch die sprachdidaktischen Aspekte des Themas kommen nicht zu kurz. Die Autorin unterstreicht, dass es in einer Zeit des zunehmenden Wandels von Sprachgebrauch wichtig ist, das Sprach(variations)bewusstsein der Schüler zu fördern und auf die Veränderungen der sprachlichen Normen im Sprachunterricht Bezug zu nehmen. J. SCHWITALLA und R. BETZ befassen sich in ihrem Artikel mit den Ausgleichsprozessen zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit in öffentlichen Texten. Neben Ursachen für den verstärkten Trend von Textsorten der Öffentlichkeit zur Informalität und Mündlichkeit, werden Oberflächenunterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache beschrieben. An zahlreichen Beispielen aus Kommunikationsbereichen wie Zeitungstexte, Dialoge in Werbeanzeigen, Sprechen mit dem Anrufbeantworter, Dialoge in Fernsehserien, Kabarettrnonolog und Internet-Chats führen die Autoren die Wechselbeziehungen zwischen den Formen der Mündlichkeit und der Schriftlichkeit vor. Mündlichkeit und Schriftlichkeit in der SMS-Kommunikation aus der kontrastiven deutschjapanischen Sicht untersuchen P. SCHL0BINSKI und M. WATANABE. Beispiele aus beiden verglichenen Sprachen zeigen die konzeptionelle Mündlichkeit der medial schriftlichen SMS-Texte. lFLIIL 36 (2007) 264 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel "Norm und Variation in Grammatik" stehen im Zentrum des achten Unterkapitels. C. DI MEOLA setzt sich zum Ziel, am Beispiel der schwankenden präpositionalen Rektion im Deutschen die normativen Vorgaben dem realen Sprachgebrauch gegenüberzustellen. Der Artikel beeindruckt durch eine detaillierte Analyse einer breiten Materialbasis. Einige didaktische Vorschläge zum DaF-Unterricht werden ausgearbeitet. P. C0LLIANDER thematisiert Lernerprobleme bei grammatischer Variation im Deutschen aus dänischer Sicht. Zuerst stellt er die Frage, ob Sprachvariation auch im DaF-Unterricht im nichtdeutschsprachigen Raum von Interesse ist, dann definiert er das, was er unter „grammatischer Sprachvariation" versteht und bespricht im Anschluss drei Beispiele grammatischer Variation, die den dänischen Deutschstudenten Schwierigkeiten bereiten. A. GREULE behandelt das Phänomen der Parenthese als Objekt der Beschreibung von Norm und Variation im Grenzbereich von Syntax und Textgrammatik. Der dritte Teil "Norm, Variation und Wandel im Deutschen: unterrichtsbezogene Anwendungsfelder") besteht aus zwei Unterteilen. Im ersten geht es um Sprachunterricht und Sprachvermittlung. H.-J. KRUMM stellt im Titel seines Artikels die Frage, welches Deutsch der DaF-Unterricht lehren soll. Der Fremdsprachenunterricht ist auf präskriptive Normierung angewiesen, aber damit werden zwei für das Fremdsprachenlernen zentrale Aspekte außer Acht gelassen: sprachliche Kreativität und plurizentrische Orientierung. Der Autor plädiert für die Einbeziehung der nationalen und regionalen Varietäten des Deutschen in die Didaktik des DaF-Unterrichts und in die Lehrerausbildung sowie für einen Perspektivenwechsel in der Vermittlung der Fremdsprache Deutsch: eine häufig immer noch monolinguale und monokulturelle Germanistik muss sich zu einer Wissenschaft entwickeln, deren Gegenstand die deutsche Sprache in einer vielsprachigen Welt ist, deren Individuen multilinguale und multikulturelle Identitäten entwickeln. E. WERLEN behandelt die curricularen Aspekte der Mehrsprachigkeit und Sprachendidaktik. Im Einzelnen sind dies: der Paradigmenwechsel der sprachlichkommunikativen Bildung, die europäische Dimension im Bildungswesen, die fachdidaktische Position, die Konzeption von Synergien zwischen den Sprachfächern, die Konzeption von Deutsch als Leitfach und das didaktische „Instrument" eines regionalen Sprachenportfolios. W. DA VIES unternimmt den Versuch, die Rolle von Deutschlehrkräften (in Deutschland) als. Normvermittler zu beleuchten. Die Ausführungen über Normbewusstsein, Normkenntnis und Normtoleranz von Deutschlehrkräften basieren auf den Ergebnissen der vom Autor durchgeführten Umfragen. Größere Normtoleranz sollte mit einem Unterricht einhergehen, der die soziale und geschichtliche Einbettung von Einstellungen gegenüber Sprachvarianten thematisiert und reflektiert und der einen kritischen Umgang mit Normen fördert. Der Autor vertritt die Meinung, dass diese Themen auch für den DaF-Unterricht im Ausland relevant sind, weil sich der Erwerb einer Fremdsprache nicht auf den Erwerb linguistischer Kompetenz in einer Standardvarietät beschränken sollte. An diese Thematik knüpft unmittelbar der Beitrag von L KöSTER über Sprachvariation als Gegenstand der (außer-universitären) Sprachvermittlung im Ausland an. In ihrem für DaFler im Ausland lesenswerten Artikel führt die Autorin Beispiele für die Beschäftigung mit Varietäten aus der Lehrerfortbildungspraxis an und reflektiert die Berücksichtigung nationaler Varietäten in den Prüfungen des Goethe-Instituts, besonders im Zertifikat Deutsch. In den Schlussfolgerungen zeigt die Autorin eine realistische Perspektive für die Beschäftigung mit Varietäten im DaF auf, der die Rezensentin dank ihrer langjährigen Erfahrung beipflichtet: "Insgesamt wird sich in der Spracharbeit im Ausland die Beschäftigung mit Varietäten auf Information und Sensibilisierung konzentrieren" (S. 503). Das zweite Unterkapitel vereint drei Beiträge zum allgemeinen Thema Curriculum-und Lehrwerkkonstruktion. P. BEKES und E. NEULAND behandeln die Problematik Norm und Variation in Lehrwerken und im muttersprachlichen Unterricht. Überblicksartig dargestellt werden die fachdidaktischen Entwicklungen im Deutschunterricht, die heutigen curricularen Rahmenvorgaben sowie die Unterrichtseinheiten in aktuellen Lehrwerken für Mittelstufe und Oberstufe von Gymna- FLuL 36 (2007) Neuerscheinungen • Eingegangene Bücher 265 sien und Gesamtschulen. F. G. KÖNIGS befasst sich mit Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit als Problem und Chance der Lehrwerkkonstruktion. Nach einer Reihe begrifflicher Klärungen werden ausgewählte, zurzeit in der Fachliteratur diskutierte lerntheoretische Strömungen vorgestellt. Im Folgenden betrachtet der Autor fremdsprachliche Lehrwerke unter dem Gesichtspunkt der Mehrsprachigkeitsdidaktik und stellt fest, dass der Befund eher unbefriedigend ist. Auf diesem Hintergrund werden konkrete Vorschläge für die Gestaltung von Lehrwerksübungen gemacht. Der Beitrag ist ein leidenschaftliches Plädoyer für das Prinzip des Einbezugs anderer vorhandener Sprachen und Sprachkenntnisse beim Weiterlernen von Fremdsprachen und liefert Ideen und Anregungen für das Gestalten des eigenen Unterrichts. Im Beitrag von T. STUDER und E. WIEDEN- KELLER geht es um das bisher kaum in der Fachliteratur diskutierte Thema „Sprachvariation und standardisierte Prüfungen". Am Beispiel des Zertifikats Deutsch (ZN) und des Zertifikats Deutsch für Jugendliche (ZN j) wird der Umgang mit den nationalen Standardvarietäten und der Jugendsprache in Prüfungstexten analysiert. Resümierend lässt sich sagen: der Band hat Handbuchcharakter und liefert eine systematische sowie umfassende Behandlung der Thematik; er bietet dem Leser die Möglichkeit, sich mit grundlegenden Erkenntnissen und aktuellen Fragestellungen im Bereich der Variationen im heutigen Deutsch und ihren Perspektiven für den Sprachunterricht vertraut zu machen. Die Autoren sind ausgewiesene Experten auf ihrem Gebiet. Besonders zu empfehlen ist das Buch für Auslandsgermanisten und DaF-Lehrkräfte, weil es teilweise Antworten auf viele uns bewegende Fragen gibt und uns zur aktiven Auseinandersetzung mit den besprochenen Problemen anregt. Vilnius ERNESTA RACIENE Eingegangene Bücher * ETIINGER, Stefan / NUNES, Manuela: Portugiesische Redewendungen. Ein Wörter- und Übungsbuch für Fortgeschrittene. Hamburg: Buske 2006, 152 Seiten.(*) HAUSMANN, Franz Josef: Collocations, phraseologie, lexicographie. Etudes 1977-2007 et Bibliographie, editees par Elke Haag. Aachen: Shaker 2007 (Wortschatz Lernen Französisch, Band 4, 198 Seiten.(**) INTEMANN, Frauke / KÖNIGS, Frank G. (Hrsg.): Ach/ texte - Didak-Tick der modernen, unmodernen und außerirdischen Sprachen. Eine etwas andere Festschrift für Claus Gnutzmann zum 60. Geburtstag (und zu allen weiteren). Bochum: AKS-Verlag 2006 (Fremdsprachen in Lehre und Forschung; 41), XX+ 229 Seiten.(*) KEßLER, Jörg-Ulrich: Englischerwerb im Anfangsunterricht diagnostizieren. Linguistische Profilanalysen am Übergang von der Primarstufe in die Sekundarstufe I. Tübingen: Narr 2006 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 320 Seiten. (*) LANGENSCHEIDTS e-Wörterbuch Italienisch. Italienisch-Deutsch, Deutsch-Italienisch. Völlige Neuentwicklung. Berlin 6 München: Langenscheidt 2003. NEULAND, Eva (Hrsg.) : Variationen im heutigen Deutsch: Perspektiven für den Sprachunterricht. Frankfurt/ M.: Peter Lang 2006 (Sprache - Kommunikation - Kultur, Soziolinguistische Beiträge; Band 4), 565 Seiten. (*) Das Sternchen(*) hinter einem Buch verweist auf den Rezensionsteil. Ein doppeltes Sternchen(**) deutet an, dass eine Besprechung für den Jahrgang 37 (2008) vorgesehen ist. lFLlllL 36 (2007)