Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2009
381
Gnutzmann Küster SchrammMichael K. LEGUTKE (Hrsg.): Kommunikative Kompetenz als fremdsprachendidaktische Vision. Tübingen: Narr 2008 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 149 Seiten [24,80 €]
121
2009
Dagmar Silberstein
flul3810260
260 Buchbesprechungen Rezensionsartikel 38 (2009) von Schülern (und Lehrern), 2. Thematisierung von Lernstrategien und Lerntechniken im Klassenzimmer und darüber hinaus (Fokus auf Problembereiche und ihre Lösungsmöglichkeiten), 3. Bedeutung des inzidentellen Wortschatzerwerbs. Komplettiert wird der Band durch ein Abbildungsverzeichnis, (S. 367-368), ein Tabellenverzeichnis (S. 369-370) und das 14 Seiten umfassende Literaturverzeichnis (S. 371-384). Leider findet sich kein die Arbeit abschließendes Kapitel mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick. Die Zusammenfassung hätte die bisherigen und die neuen Kenntnisse dem Leser bzw. der Leserin gebündelt präsentieren können; im Ausblick hätte der Blick auf neu aufgeworfene Fragen oder Perspektiven geweitet werden können. Helga H AUDECK belässt es hingegeben bei einem allgemein gehaltenen Schlusssatz: „Aufgrund der Individualität und Komplexität des Themenbereichs bleibt die Fragestellung auch in Zukunft ein wichtiges Beschäftigungsfeld für alle, die sich - beruflich oder privat - mit der fremdsprachlichen Wortschatzarbeit von Schülerinnen und Schülern auseinandersetzen“ (S. 365). Dies ist umso bedauerlicher, als dass die Arbeit ein durchaus weites Feld an weiteren Anknüpfungspunkten öffnet, wie z.B. die Fragen, welche Rolle die Familie bei der Wortschatzarbeit außerhalb des Klassenzimmers spielt, wie sie die Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen kann oder inwiefern das Audio-Tagebuch andere Reflexionen von Lernenden über das eigene Sprachenlernen evoziert als ein schriftliches Lerntagebuch. Erwähnt wird allerdings von der Autorin an anderer Stelle (Ende Kapitel 5), dass für weitere Untersuchung u.a. bildgebende Verfahren der Neurokognition denkbar seien, wobei sie interdisziplinäre Zugänge, wie sie z.B. im Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen in Ulm praktiziert werden, als „zukunftsweisend“ (S. 204) bezeichnet. Die (wenigen) kritischen Anmerkungen zur Dissertation von Helga H AUDECK sollten nicht den Blick dafür verstellen, dass es sich um eine sehr empfehlenswerte Arbeit handelt, die einen sorgfältig und akribisch aufgearbeiteten Forschungsüberblick zur Wortschatzarbeit außerhalb des Klassenzimmers bietet. Die von der Forscherin durchgeführte Studie ist durch ihren Fokus auf die konkreten Vokabellernaktivitäten von Schülerinnen und Schülern im familiären Kontext als innovativ zu bezeichnen. Dazu trägt in großem Maße das von ihr entwickelte Erhebungsinstrument des Audio-Tagebuchs bei, das sicherlich auch ein erhebliches Potential als Förderinstrument hat. Marburg A NTJE S TORK Michael K. L EGUTKE (Hrsg.): Kommunikative Kompetenz als fremdsprachendidaktische Vision. Tübingen: Narr 2008 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 149 Seiten [24,80 €] Das Lernziel kommunikative Kompetenz ist fest verknüpft mit dem Namen des 2004 verstorbenen Fremdsprachendidaktikers Hans-Eberhard P IEPHO , wurde die kommunikative Wende in Deutschland doch zu großen Teilen von ihm in die Wege geleitet. So entstanden die meisten der in diesem Band publizierten Beiträge auch für ein Festkolloquium, das Piepho zu Ehren 2006 an der Justus- Liebig-Universität Gießen stattfand. Da das Konzept der kommunikativen Kompetenz in fachdidaktischen Debatten sowie in der praktischen Umsetzung im Laufe der Jahre eine gewisse Abnutzung und Verflachung erfahren hat, erkunden die Autorinnen und Autoren in ihren Beiträgen - ausgehend von den Originalschriften Piephos - die ursprünglichen Aussagen und Konzepte Piephos, weisen auf Missverständnisse und verkürzte Lesarten hin und zeigen die Bedeutung seiner Gedanken für die heutige Fremdsprachendidaktik auf. Dabei beleuchten sie verschiedene Aspekte seines Schaffens und seiner Persönlichkeit, so dass mit der Lektüre dieses Bandes ein umfassendes Bild von Piephos Werk und seiner Person entsteht. Nachdem L EGUTKE in der Einleitung die Inhalte der einzelnen Beiträge treffend zusammengefasst hat, argumentiert er in seinem Beitrag, dass für ein angemessenes Verständnis des Lernziels Buchbesprechungen Rezensionsartikel 261 1 Die in den Beiträgen verwendete Literatur wird hier bibliographisch nicht nachgewiesen. 2 Die Seitenzahlen beziehen sich auf die jeweiligen Beiträge. 38 (2009) kommunikative Kompetenz die Kenntnis des historischen Kontexts, in dem Piepho seine Ideen entwickelte, notwendig ist. So gibt er einen Überblick über die bildungspolitische Reformphase der 1970er und 1980er Jahre und weist auch auf die besondere Bedeutung der Bundesarbeitsgemeinschaften (BAG) in dieser Zeit hin, da in diesem Rahmen viele neue Ideen diskutiert wurden. Legutke liefert hier wichtiges Hintergrundwissen, um Piephos Ideen besser verstehen und einordnen zu können. Da Kritiker diesen Aspekt oft ignoriert haben, geht es Legutke desweiteren darum zu zeigen, dass kommunikative Kompetenz für Piepho nicht nur ein theoretisches Konstrukt, sondern immer mit konkreten Unterrichtsvorstellungen verbunden war. Dies verdeutlicht er an mehreren Beispielen: Zum einen entwickelten Piepho und die BAG Englisch - ausgehend von einer Kritik an konstruierten Lehrwerktexten, die allein der Illustration grammatischer Phänomene dienten - zahlreiche ergänzende Unterrichtsmaterialien, die die Ausbildung kommunikativer Kompetenzen ganz konkret befördern sollten. Zum anderen entwarfen sie kommunikative Übungsformen, um die Lernenden zum Sprechen und Schreiben zu motivieren. Als Ergebnis erschien 1978 die Übungstypologie Kommunikativer Englischunterricht. Prinzipien und Übungstypologie (BAG 1978) 1 , die 1981 auch für Deutsch als Fremdsprache adaptiert wurde (N EUNER [et al.] 1981) (S. 28). 2 Darüber hinaus prägten Piepho und die BAG die heute vertretenen Auffassungen vom Klassenzimmer als Textwerkstatt, Bühne und Ort des Probehandelns (S. 33), denn schon von ihnen wurden die Bedeutung der Simulation kommunikativer Aktivitäten und ihrer Anwendung in realen Situationen herausgearbeitet. Abschließend weist Legutke darauf hin, dass noch zu wenig darüber bekannt ist, was im Fremdsprachenunterricht an den Schulen wirklich passiert. Deshalb seien Projekte erforderlich, die im Sinne Piephos an den konkreten Erfahrungen der Lehrenden anknüpfen und in denen Sprachlehrforscher und Sprachlehrkräfte gemeinsam „die Dimension der kommunikativen Kompetenz heute im Handlungsraum Klassenzimmer [...] beschreiben und ihre Wirksamkeit unter je spezifischen Bedingungen [...] ergründen“ (S. 37). Dieser Forderung kann nur zugestimmt werden. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit Piephos Texten aus den 1970er Jahren (1974, 1979) findet sich im Beitrag von B REDELLA . Im ersten Teil wird gezeigt, wie Piepho in Bezug auf Habermas sein Konzept der kommunikativen Kompetenz entwickelte. Das Konzept liegt zwar bei Habermas und bei Piepho auf unterschiedlichen Ebenen, beinhaltet aber bei beiden weit mehr als nur ein Bündel von sprachlichen survival skills. Sprachunterricht sollte somit nach Piepho nicht nur die sprachlichen Fertigkeiten trainieren, sondern auch die Persönlichkeit der Lernenden ansprechen und erziehend verändern (S. 55). Ziel ist es, die Schüler zur Diskurstüchtigkeit zu erziehen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit Piephos Kritik am Grammatikunterricht, mit der er der Grammatik eine dienende Funktion zuschreibt und sich gegen stures Einpauken von Regelwissen wendet. Die Vermittlung sprachlicher Regularitäten sei stets an motivierende Inhalte zu knüpfen, eine Forderung, die sich auch in der aktuellen Debatte um Inhalte im Fremdsprachenunterricht wiederfindet. Im dritten Teil setzt sich Bredella mit Piephos Bestimmung der Fachdidaktik Englisch auseinander und verweist auf die Bedeutung des Klassenzimmers als Ort, an dem sich die kommunikative Kompetenz unter schulischen Bedingungen entfalten muss. Wie Legutke unterstreicht auch Bredella, dass Piepho nicht nur an theoretischen Diskussionen zur kommunikativen Kompetenz interessiert war, sondern dass es ihm stets um Konkretisierungen für den Unterricht ging und „dass er wie kein anderer in unermüdlichem Einsatz und mit unerschöpflicher Phantasie Theorie und Praxis aufeinander bezogen hat“ (S.62). Darin besteht auch eine Herausforderung, der sich die gegenwärtige Fremdsprachendidaktik zu stellen hat. 262 Buchbesprechungen Rezensionsartikel 38 (2009) H UNFELD nähert sich Piepho in seinem - sehr persönlichen - Text, indem er Bruchstücke eines Piepho-Bildes entwirft, die andeuten, was Piepho in der Zukunft für die Fremdsprachendidaktik bedeuten kann. Zunächst betont auch er, dass für Piepho immer die konkrete Umsetzung von kommunikativen Zielen im Unterricht Vorrang hatte und kritisiert Stimmen, die sich an rein theoretischen Diskussionen des Konzepts aufhalten: „Während sie [die „spitzfindige Philologie“, DS] noch seinen Kompetenzbegriff penibel auf Unstimmigkeiten, Widersprüche und theoretische Defizite überprüft, ist er längst dabei, die nicht nur sprachliche Kompetenz derjenigen ganz praktisch zu fördern, die er stets ernster nimmt als die eifrigen Sortierer von Wörtern und Begriffen: seine zahllosen Lerner“ (S. 65). Danach schildert er die Widerstände, auf die Piephos Ideen zu Anfang gestoßen sind, weist auf die verengte Piepho-Rezeption hin und erwähnt auch, dass Piepho sich dieser Fehlinterpretationen sehr wohl bewusst war: „Es ist nicht zu verkennen, daß der sogenannte Kommunikative Ansatz viele Kolleginnen und Kollegen zu Praktiken verführt hat, die sich modern gerieren, aber eigentlich nichts anderes sind als der tote Drill von aneinandergeketteten Satzmustern, die lediglich mit einer scheinbar neuen Begründung als functions bezeichnet werden (Piepho 1979: 9)“ (S. 71 f). Anschließend reflektiert Hunfeld die über 30 Jahre geführte Diskussion mit Piepho zu unterschiedlichen Sprachlehrverfahren: Während Piepho im Rahmen des kommunikativen Ansatzes die Lerner sprachhandelnd von Sprachhemmungen befreien will, spricht sich Hunfeld innerhalb der skeptischen Hermeneutik für den Einsatz von Literatur für die Sprachlehre und als Quelle landeskundlicher Informationen aus. Zum Schluss arbeitet er heraus, dass beiden Ansätzen bei aller Unterschiedlichkeit ein übergreifendes Sprachlehrziel gemeinsam ist: „Dafür zu sorgen, dass man nicht nur sprechen kann, sondern dabei auch etwas zu sagen hat“ (S. 73) - ein Ziel, das auch im heutigen Fremdsprachenunterricht anzustreben bleibt. Der Begriff der Diskurstüchtigkeit steht im Mittelpunkt der Überlegungen von H ALLET . Für Piepho ist dies eine metakommunikative Kompetenz, die die Lernenden dazu befähigt, Sprachhandlungen zu kommentieren, zu hinterfragen und zu legitimieren, wodurch dieser Begriff eine emanzipatorische Dimension erhält. Hallet weist darauf hin, dass der Diskursbegriff heute verschiedene Konzepte bezeichnet und unterscheidet drei Verwendungsweisen: (1) den sprachpragmatisch-narratologischen Diskursbegriff, wie er vor allem in der Angewandten Sprachwissenschaft vorkommt und der sich auf das Verhältnis von Satz und Text bezieht (‚discourse with a small d‘), (2) den auf Foucault zurückgehenden Diskursbegriff, der auf den Zusammenhang von Text und Diskursgemeinschaft abzielt (‚Discourse with a capital D‘) und (3) den Diskursbegriff von Habermas, der metakommunikative Aspekte umfasst. Dieser Diskursbegriff ist es auch, auf den Piepho sich bezieht. Hallet kritisiert, dass gerade diese metakommunikative, emanzipatorische Dimension des Begriffes im Rahmen der Bildungsstandards vernachlässigt wird: So bewegen sich die als „modellbildend konzipierten Musteraufgaben nirgends in der Nähe der kommunikativen Anforderungen von Alltagssituationen, sondern auf der Ebene von stimulus and response oder bloßer Informationsentnahme, obwohl die Aufgabenstellungen doch kommunikative skills repräsentieren“ (S. 77). Genau hier liegt auch eine Herausforderung für die Fremdsprachendidaktik: sich für das Einbeziehen der reflexiven, metakommunikativen Dimension in den Unterricht stark zu machen, da ohne sie „gelingende Kommunikation schwerlich vorstellbar ist“ (S. 93). Der Beitrag von K LIPPEL widmet sich den historischen Wurzeln des Lernziels Kommunikationsfähigkeit. Sie argumentiert, dass in der Geschichte des Sprachenlernens stets zwei Perspektiven vorhanden waren, die jedoch für unterschiedliche Zielgruppen und Sprachen galten: die marketplace tradition, die auf moderne Sprachen und Alltagsgespräche abzielte, und die monastery tradition, in der die klassischen Sprachen und das Studium der Grammatik im Vordergrund standen. Anhand von Beispielen aus frühen Gesprächsbüchern und Sprachlehren illustriert sie dann sehr anschaulich, wie im Rahmen der marketplace tradition Alltagskommunikation vermittelt wurde. Dabei wird deutlich, dass schon damals - in einer Sprachlehre aus dem 18. Jahrhundert - Buchbesprechungen Rezensionsartikel 263 38 (2009) über die Dialoge auch landeskundliche Informationen transportiert wurden (S. 98). Darüber hinaus zeigt sie, dass die in den Gesprächsbüchern enthaltenen Dialoge nicht nur sprachlich, sondern auch sozialhistorisch interessant sind, da sie Rückschlüsse darauf erlauben, was thematisch als wichtig und sachlich als angemessen galt. Auch weisen sie auf sich verändernde Zielgruppen hin. So wendet sich ein Gesprächsbuch von 1809 u.a. an Mütter, die mit Kindern reisen, und ab Anfang des 20. Jahrhunderts passen sich die Gespräche an die Lebenswelt von Kindern an, allerdings ist in diesen Texten der pädagogische Zeigefinger stets präsent: Kinder werden dazu angehalten, fleißig ihre Hausaufgaben zu erledigen und sich mit kaltem Wasser abzuhärten (S. 109). Klippel verdeutlicht, dass in den Gesprächsbüchern der vergangenen Jahrhunderte das Bemühen steckt, die Sprache zum Zweck der Verständigung zu lehren, und dass Kommunikationsfähigkeit eigentlich eine alte Idee ist. Bei der Diskussion zukünftiger Herausforderungen und Ziele der Fremdsprachendidaktik lohnt es sich also zurückzublicken, wenn auch, um sich von bestimmten pädagogischen Färbungen abzusetzen. R ÖSLER beschäftigt sich in seinem Beitrag mit dem Lernziel kommunikative Kompetenz aus der Perspektive des Deutschlernens außerhalb des deutschsprachigen Raumes. Dabei betont er, dass der kommunikative Ansatz den Deutschunterricht genau wie jeden Fremdsprachenunterricht positiv verändert hat, indem heute Simulationen, Projekte, Rollenspiele, sprachliches Handeln in Begegnungen und kreatives Schreiben ganz selbstverständlich zum Unterrichtsalltag gehören (S. 116). Er weist aber auch auf problematische Aspekte des Ansatzes hin, wie z.B. die Abwertung der Verwendung literarischer Texte und eine Vernachlässigung der sprachlichen Form, die den Lernzielen nicht immer angemessen ist. Darüber hinaus wird das diskursive Element oft verflacht - also ohne den gesellschaftlichen Bezug, der für Piepho entscheidend war - verwendet, wenn z.B. der Begriff Diskursmittel als Synonym zum Begriff Redemittel eingesetzt wird, wie in der Fernstudieneinheit Sprechen von Schatz (2005: 80) (S. 119). Darüber hinaus kritisiert Rösler das Konzept der kommunikativen Progression und fordert, dass Übungen für formbezogene Aspekte nicht hinter dem Label „kommunikativ“ versteckt werden sollten: „Vielleicht könnte man ja, statt zu versuchen, pseudo-kommunikative Übungen zu produzieren, einfach provisorisch akzeptieren, dass es für bestimmte strukturelle Gegebenheiten in der Zielsprache für die Lernenden sinnvoll sein kann, selbstbestimmt auf die Form zu fokussieren“ (S. 127). Daraus ergibt sich dann für die Fremdsprachenforschung die Aufgabe herauszufinden, wann diese Art von Üben sinnvoll ist und wann nicht. Die Frage nach der Entwicklung von Lehrkompetenz steht im Mittelpunkt des Beitrags von S CHOCKER - V . D ITFURTH . Ausgehend von der Lehrerpersönlichkeit Piephos, der in seiner Lehre praktisch vorlebte, was aktuelle Kompetenzmodelle für die Lehrerbildung heute fordern (S. 132), beschäftigt sie sich mit der Frage, wie angehende Englischlehrer darin unterstützt werden können, sich zu kompetenten Lehrerpersönlichkeiten zu entwickeln. Dafür stellt sie ein Modell vor, das sie anhand eigener empirischer Forschungen zur Lehrerbildung an der Pädagogischen Hochschule Freiburg entwickelt hat. Eine zentrale Rolle spielt dabei, die Studenten mit ihren Biographien und Erfahrungen ernstzunehmen und sie anzuleiten, ihre eigenen Erfahrungen mit den wissenschaftlichen Aspekten zu verknüpfen und zu reflektieren. Piephos Forderung, die Schüler ernstzunehmen, wird bei Schocker-v. Ditfurth also auf die Studenten übertragen. In diesem Zusammenhang kritisiert sie etablierte Formen der Lehrerausbildung, da sie die Studenten als „unbeschriebene Blätter“ (S. 141) nicht ernst nimmt und Fragen nach der Praxisorientierung der Wissenschaft und der Fachdidaktik ausblendet. Als Forderungen ergeben sich ein verändertes Selbstverständnis der Hochschullehrer sowie ein konsequentes Einbeziehen der persönlichen Erfahrungswelten der Studenten in die Lehrerausbildung. Abschließend sei erwähnt, dass die in diesem Band publizierten Beiträge jeder auf seine Weise verdeutlichen, dass Piepho seiner Zeit weit voraus war und dass es sich lohnt, seine Ideen - so wie 264 Buchbesprechungen Rezensionsartikel 3 So z. B. P IEPHO (1974: 9 f) auf den Seiten 20 und 68 und P IEPHO (1974: 35) auf den Seiten 20 und 55. 4 Alex H OUSEN / Michael P IERRARD (Hrsg.): Investigations in Instructed Second Language Acquisition. Berlin/ New York: Mouton de Gruyter 2005. 38 (2009) er sie formulierte und umsetzte - wieder in Erinnerung zu rufen. Piephos theoretische Schriften, seine Praxisorientierung, die sich wie ein roter Faden durch die Beiträge zieht, sowie seine Handlungsmodelle für den Unterricht haben es den Fremdsprachenlehrern leichter gemacht, ihren Unterricht lebendig, motivierend, handlungsorientiert und lernerzentriert zu gestalten. Insofern hat Piepho entscheidend dazu beigetragen, die Praxis des Fremdsprachenunterrichts zu verbessern. Insgesamt bieten die Beiträge interessante und anregende Auseinandersetzungen mit den Ideen und Konzepten Piephos und zeigen auch aktuelle Herausforderungen für die Fremdsprachendidaktik auf. Kritisch anzumerken wäre lediglich, dass sich einige Beiträge inhaltlich etwas überschneiden. So wird Piephos Diskursbegriff und sein Bezug auf Habermas mehrmals diskutiert, was dann auch zum Zitieren identischer Textstellen führt. 3 Das inhaltliche Spektrum des Bandes hätte durch die Aufnahme eines Beitrags, der sich der Diskussion der Communicative Competence außerhalb des deutschsprachigen Raumes widmet, erweitert werden können. Auch hätte ein Beitrag zur Unterrichtsforschung - wie kommunikative Kompetenz im Unterricht heute umgesetzt wird - siehe z.B. die Artikel in H OUSEN / P IERRARD (2005) 4 , das Bild noch weiter abrunden können. Marburg D AGMAR S ILBERSTEIN Brigitte H ANDWERKER , Karin M ADLENER : Chunks für DaF. Theoretischer Hintergrund und Prototyp einer multimedialen Lernumgebung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2009 (Perspektiven Deutsch als Fremdsprache; 23), 140 Seiten + DVD [18,- €] Um es gleich vorwegzunehmen: der auf den ersten Blick mit 119 Seiten (plus zwölf Seiten Abbildungs-, Tabellen- und Literaturverzeichnis sowie vier Seiten Index) vergleichsweise dünne Band und die beiliegende DVD haben es in sich! Anders als die meisten Arbeiten, in denen Chunks (= als Ganzes gespeicherte zielsprachliche Sequenzen) in erster Linie als Mittel zur Förderung flüssigen Sprechens und kommunikativer Angemessenheit betrachtet werden, verfolgen die Autorinnen Brigitte H ANDWERKER und Karin M ADLENER mit der vorliegenden Arbeit das Ziel, „Instrumente bereit zu stellen, die der Weiterentwicklung der lexikalisch-grammatischen Kompetenz durch Chunking dienen und die gleichzeitig die Effekte des Lernens mit Chunks überprüfbar machen“ (S. 1). Mittels eines massiven Angebots an situativ eingebetteten Chunks, die aus Konstruktionen des Verbs sein mit dem Partizip I und dem Partizip II psychischer Wirkungsverben (wie z.B. begeistern, langweilen, enttäuschen oder erheitern) bestehen, sollen Lernende ihre sprachliche Kompetenz weiterentwickeln, indem sie die in den Konstruktionen enthaltenen grammatischen Informationen nutzen. Einem kurzen Überblick, in dem die Zielsetzung und der Aufbau sowohl der Monographie als auch der beigefügten DVD skizziert werden, folgen in Teil I „Die Grundlagen des Chunk-Ansatzes“; im ersten Kapitel werden zunächst die wichtigsten Forschungsergebnisse zu dem Themenkomplex „Fremdsprachenlernen mit Chunks“ zusammengefasst. Die Beobachtung, dass die kompetente - korrekte, idiomatische und flüssige - Sprachverwendung von L1-Sprechern zu einem nicht unerheblichen Anteil auf deren Kenntnis und Nutzung vorgefertigter Formulierungen zurückzuführen ist sowie die Erkenntnis, dass die meisten nicht-kindlichen L2-Lernenden eher „Word- Watcher“ als „Chunk-Sammler“ (S. 6) sind, nahmen die Autorinnen zum Anlass, durch die Bereitstellung eines massiven Angebots an strukturgleichen Sequenzen, expliziten grammatischen
