eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 39/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2010
391 Gnutzmann Küster Schramm

Sprache, Literatur, Lehrerbildung

121
2010
Friederike Klippel
flul3910040
* Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Dr. h.c. Friederike K LIPPEL , LMU München, Department für Anglistik und Amerikanistik, Schellingstraße 3, 80799 M ÜNCHEN . E-Mail: klippel@lmu.de Arbeitsbereiche: Geschichte des Fremdsprachenunterrichts, Lehrerbildung, Methodik, interkulturelles Lernen, Unterrichtsforschung. 1 Mein wissenschaftliches Interesse an den Entwicklungen des Fremdsprachenunterrichts im 19. Jahrhundert und den Anteilen, die Ludwig Herrig und Hermann Breymann daran hatten, besteht schon seit vielen Jahren. So motivierte ich Esther K AUSCHKA (2001) zur Untersuchung des Herrigschen Seminars im Rahmen einer wissenschaftlichen Hausarbeit und Michael R IEDL (2004) zu einer Dissertation, deren Thema die Analyse des Wirkens von Breymann im Kontext der Neusprachlichen Reform darstellt. Auf diese Vorarbeiten konnte ich mich für diesen Beitrag stützen, und ich danke meinen beiden früheren Studierenden dafür, dass sie meine wissenschaftliche Neugier geteilt und wertvolle Vorarbeiten geleistet haben. 39 (2010) F RIEDERIKE K LIPPEL * Sprache, Literatur, Lehrerbildung: die Leistungen von Ludwig Herrig und Hermann Breymann im Prozess der Professionalisierung im 19. Jahrhundert Abstract. In the 19th century modern language teaching was established at German secondary schools. This development was supported by changes in teaching materials as well as by the increasing attention paid to teacher education and professional exchange. Within this period highly motivated and highly competent language teachers and university professors played a crucial role as authors, policy makers, (academic) teachers and teacher educators. The article focuses on Ludwig Herrig and Hermann Breymann, two influential figures of the time, whose importance has not been fully recognized in historical research so far. It is argued that their involvement in practical questions of teaching and training may have been more influential than that of mere theorists. 1. Einleitung Bei jeder Untersuchung von historischen Entwicklungen stellt sich die Frage nach den Faktoren, die diese Entwicklungsprozesse angestoßen, vorangetrieben oder verzögert haben. Der gewählte historiographische Ansatz bedingt, ob politische Ereignisse, institutionelle Entwicklungen, technischer Fortschritt, Demographie, wirkmächtige Theorien oder Ideen, soziale Gegebenheiten oder einzelne Personen im Mittelpunkt der Erkenntnisinteressen stehen. Mit Ludwig H ERRIG und Hermann B REYMANN 1 , deren Namen in Verbindung mit der Entwicklung des Unterrichts in den modernen Sprachen und der Ausbildung der Fremdsprachenlehrer weniger häufig genannt werden als etwa die von Karl M AGER (vgl. H ÜLLEN 2008), Wilhelm V IËTOR , Karl E LZE oder Gustav K ÖRTING (vgl. F INKENSTAEDT 1983: 77 ff) soll zwei Neuphilologen Aufmerksamkeit geschenkt werden, die man als Eckpunkte der Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts in den lebenden Sprachen und der Etablierung einer gleichermaßen wissenschaftlich fundierten Sprache, Literatur, Lehrerbildung ... 41 2 Eine Fußnote zur geschlechterneutralen Sprachregelung erübrigt sich, da im 19. Jahrhundert nur Männer studieren und an Gymnasien und Realanstalten unterrichten durften. Zur Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts für Mädchen und der Lehrerinnenbildung siehe D OFF (2002). 39 (2010) und praxisorientierten Lehrerbildung verstehen kann. Das heißt selbstverständlich nicht, dass sich diese Entwicklung linear, ohne Brüche oder Kontroversen vollzogen oder es zur damaligen Zeit keine Opposition zu den Ideen und Aktivitäten von Herrig und Breymann gegeben hätte. Beide waren dennoch - jeder auf seine Weise - in erheblichem Maße an der Gestaltung des Unterrichts und an der Vorbereitung von Lehrern 2 für diesen Unterricht beteiligt. 2. Der historische Kontext Im 19. Jahrhundert ist der Fremdsprachenunterricht durch zwei institutionelle und bildungspolitische Prozesse gekennzeichnet: Zum ersten war dies die stetig wachsende Bedeutung der modernen Sprachen, insbesondere an den Realanstalten, an denen auch das Englische ab 1859 neben dem Französischen verpflichtend wurde (vgl. K LIPPEL 1994: 287 ff). Verknüpft damit wächst die Regelungsaktivität des Staates, diesen Unterricht durch Lehrpläne und Verordnungen zu vereinheitlichen und auf gemeinsame, schulformspezifische Ziele auszurichten (vgl. die Dokumentation von C HRIST / R ANG 1985). Der zweite, zeitlich versetzte Prozess ist für die Lehrerbildung und die Etablierung von neuphilologischen Professuren an den Universitäten zu beobachten. Mit der Einführung des Lehrerexamens - pro facultate docendi - durch Humboldt in Preußen im Jahre 1810 war der erste Schritt getan, grundsätzliche Anforderungen an den Berufseintritt zu formulieren (M ANDEL 1989: 26 ff). Dieses Examen verlangte von den Kandidaten philologische, mathematische und historische Kenntnisse sowie eine Probe der „Lehrgeschicklichkeit“ (M ANDEL 1989: 27). „Dies war in nuce der Anfang einer Entwicklung, die erst im Laufe der nächsten Jahrzehnte zum Fachwissenschafts- und Fachlehrersystem gleicherweise auf der Universität wie in den gelehrten Schulen geführt hat“ (M ANDEL 1989: 27). Zwar wollte man um der pädagogischen Bestimmung der Gymnasien willen so weit wie möglich ein Fachlehrersystem vermeiden, doch war eine Ergänzung der universitären Studien gerade in den Fächern dringend geboten, in denen an den Universitäten aus Mangel an einschlägigen Professuren gar keine Ausbildung erfolgen konnte. Das betraf insbesondere die modernen Fremdsprachen, denn neuphilologische Professuren gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts kaum. Erst ab der Mitte des Jahrhunderts wurden sie sukzessive eingerichtet (vgl. H AENICKE 1979; F INKENSTAEDT 1983). In den Überlegungen zur Lehrerbildung spielte damals wie heute des Weiteren die Frage nach dem Verhältnis von Wissenschaft und Praxis eine Rolle. Ging es doch nicht nur darum, dass angehende Lehrer über ausreichendes Wissen verfügten, sie benötigten „praktische“ und „methodische“ Fähigkeiten. Bereits im 18. Jahrhundert hatte Friedrich Gedike am Friedrichswerderschen Gymnasium in Berlin ein Seminar für die praktische Ausbildung der Lehrer errichtet (M ANDEL 1989: 9 ff). Ludwig Herrig führte diese Tradi- 42 Friederike Klippel 39 (2010) tion mit einer fachlichen Schwerpunktsetzung fort, als er 1860 ein sprachpraktischliterarästhetisches Seminar zur Ausbildung von Fremdsprachenlehrern in Berlin gründete (H AENICKE 1979: 119). Der Aufschwung des modernen Sprachunterrichts an den höheren Schulen mit steigenden Schüler- und Studentenzahlen erforderte Unterrichtsmaterialien in größerem Umfang, als dies in der Zeit autodidaktischen Sprachenlernens im 18. Jahrhundert der Fall gewesen war. Zugleich mit der Professionalisierung des Lehrkörpers erfolgte daher eine Ausweitung und Differenzierung der Sprachlehren, Chrestomatien und Übungsbücher, deren erfolgreichste hohe Auflagen erreichten (vgl. K LIPPEL 1994: 314 ff). Ein als Lehrgang organisierter Schulunterricht konnte sich nicht länger auf Werke stützen, die keinerlei Rücksicht auf sprachliche Progression nahmen, wie dies etwa in den weit verbreiteten Grammatiken von A RNOLD (1736) und K ÖNIG (1706) oder den Sammlungen von Lesetexten durch T OMPSON (1737) oder E BELING ( 4 1784) hundert Jahre früher die Regel war. Schulbücher müssen die zu lernenden grammatischen Regeln und Vokabeln sowie die Texte didaktisch aufbereitet darbieten. In dieser von großen Debatten und Veränderungen im Schulwesen beeinflussten Zeit des 19. Jahrhunderts haben einerseits Schulmänner und Wissenschaftler den Diskurs geprägt, die lautstark für Veränderungen stritten wie Wilhelm V IËTOR , Carl M AGER (H ÜLLEN 2008) oder Julius O STENDORF (O STERMEIER 2008), andererseits erkennt man im historischen Rückblick aber auch, dass langfristige oder breite Wirkung auch von den Menschen ausging, die beharrlich und auf der Basis fester Überzeugungen in schriftstellerischer, schulischer und universitärer Praxis gewirkt haben. Dort haben sie in verschiedenen Funktionen - etwa als Wissenschaftler und Hochschullehrer, Lehrerbildner, Autor, Lehrplangestalter, Herausgeber, Mitwirkender an bildungspolitischen Prozessen - sowohl direkt als auch mittelbar die Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts beeinflusst. Zwei herausragende Beispiele für solch nachhaltiges Wirken finden sich im Leben und Werk von Ludwig Herrig und Hermann Breymann. 3. Biographischer Abriss Will man im historischen Rückblick die Kreise der Wirkungen von Personen erforschen, so muss die jeweilige Biographie Teil der Darstellung sein. Bevor daher in den auf diesen folgenden Abschnitten besonderes Augenmerk den Arbeiten und Leistungen von Ludwig Herrig und Hermann Breymann gewidmet wird, sollen deren Lebensstationen kurz skizziert werden (zu Herrig vgl. v.a. S CHMIDT 1889 und F INKENSTAEDT / H AENICKE 1992: 106 f; zu Breymann vgl. v.a. R IEDL 2004 und 2005). Ludwig Herrig wurde 1816 in Braunschweig geboren und besuchte dort nach dem Obergymnasium auch das Collegium Carolinum, aus dem später die Technische Hochschule erwuchs. Für die Förderung des Englischen spielte das Collegium Carolinum bereits im 18. Jahrhundert eine wichtige Rolle, als einer der ersten Shakespeare-Übersetzer, Johann Joachim Eschenburg (vgl. dazu u.a. M AURER 1987: 292 ff; K LIPPEL 1994: 43 u.ö.), dort unterrichtete. Herrig befasste sich in seinem knappen Jahr am Collegium Sprache, Literatur, Lehrerbildung ... 43 39 (2010) Carolinum nicht nur mit der Literatur und den Sprachen des klassischen Altertums sondern daneben auch mit dem Englischen, Französischen, Italienischen, Hebräischen, Spanischen und Arabischen (vgl. S CHMIDT 1889: IV). Sein Studium der Theologie und Klassischen Philologie absolvierte er in Göttingen und Halle. Er schloss es 1837 ab und begann 1838 als Gymnasiallehrer am Katharineum in Braunschweig; im gleichen Jahr erfolgte die Promotion in Philosophie in Tübingen. Dem Lehrberuf blieb er über zahlreiche Stationen treu: ab 1838 Braunschweig, dann ab 1841 Elberfeld (Real- und Gewerbeschule), ab 1851 in Berlin an Realschulen und Töchterschulen, ab 1854 am Friedrichs- Gymnasium in Berlin und später an der dortigen Kadetten-Anstalt und der Kriegsakademie. Das Lehrerexamen bestand er 1842 in einer Reihe von Fächern, darunter die Sprachenfächer Deutsch, Lateinisch, Französisch und Englisch. Bis zu seinem Tod (1889) war er als Pädagoge aktiv. Neben seiner Unterrichtstätigkeit in öffentlichen Schulen setzte er seine fremdsprachendidaktischen Ideen auch in der von ihm 1859 gegründeten Privatschule um, dem Viktoria-Institut. Über einen längeren Auslandsaufenthalt Herrigs ist nichts bekannt. Anders als einige seiner Zeitgenossen, etwa Christian Friedrich Falkmann (vgl. K LIPPEL 1992), ging er nach dem Studienabschluss offenbar nicht als Haus- oder Privatlehrer nach England oder Frankreich. Typisch für Lehrerkarrieren der Zeit sind allerdings die Ortswechsel und die Tätigkeiten an mehreren Schulformen, wobei gerade die Real-, Gewerbe- und Töchterschulen eine wichtige Rolle spielen, da an diesen Schulen der Unterricht in den modernen Fremdsprachen stärkere Berücksichtigung fand als an den meisten Gymnasien der Zeit. Zwischen Ludwig Herrig (1816 bis 1889) und Hermann Breymann (1843 bis 1910), dem knapp drei Jahrzehnte Jüngeren, bildet die Stadt Braunschweig einen Berührungspunkt, denn auch Breymann ging dort zur Schule, und zwar zunächst bei Ludwig Lemcke, der später als Ordinarius der Neuphilologie in Marburg und Gießen lehrte und dessen Student Breymann in Marburg war. Zuvor verbrachte er jedoch einige Zeit als Schüler in Lüttich in Belgien, eher er Neuphilologie, insbesondere die romanische Philologie in Bonn (bei Diez), in Marburg (bei Lemcke), Göttingen (bei Delius und Theodor Müller) sowie in Paris und Manchester studierte. Im Jahre 1868 wurde Breymann in Göttingen mit einer romanistischen Arbeit promoviert. Anschließend verbrachte er fünf Jahre in England, und zwar zunächst als Hauslehrer in London und Manchester, wo er dann ab 1873 als Lecturer am Victoria College lehrte. Dort fand sein Interesse für Altfranzösisch und Provençalisch allerdings wenig Resonanz bei den Studierenden (vgl. R IEDL 2005). Im Oktober 1875 wird Hermann Breymann zum Ordinarius für romanische und englische Philologie an der Universität München ernannt (F INKENSTAEDT / H AENICKE 1992: 47). An der Münchener Universität vertritt er von 1890-1892 auch die germanische Philologie, ab 1892 jedoch nur noch die romanische, weil mit Emil Koeppel ein Professor für englische Philologie ernannt wird (H AENICKE 1979: 159). Während seiner Professur bekleidet er die Position des Vorstands des Seminars für neuere Sprachen und Literatur. In die Kultus- und Bildungspolitik der Stadt München ist er als Vertreter für die neueren Sprachen im Obersten Schulrat und als Ministerialkommissar für die Absolutorialprüfungen (Abitur) eingebunden. Als Mitbegründer und Ehrenpräsident des Bayerischen Neu- 44 Friederike Klippel 39 (2010) philologenverbandes wirkt er über die Universität und die Stadt München hinaus für den Fremdsprachenunterricht und die Fremdsprachenlehrerausbildung in Bayern. Hermann Breymann stirbt 1910; in den 35 Jahren seiner Tätigkeit an der Münchener Universität hat er 52 Dissertationen zur französischen, englischen, spanischen und italienischen Philologie betreut. Mit diesem kurzen Überblick sind die Lebens- und Wirkungsstationen von Ludwig Herrig und Hermann Breymann umrissen, die etwa 100 Jahre der Entwicklung der Neuphilologie und des Unterrichts in den modernen Fremdsprachen umfassen und damit die Epoche, die für die Konsolidierung dieser Fächer in Schule, Lehrerbildung und Forschung ausschlaggebend waren. So wie die Lebensläufe fast als prototypisch auch für andere Vertreter der Neuphilologie und der neueren Fremdsprachen in den Schulen gelten können, nämlich durch langjährige Auslandserfahrungen und den damit verbundenen Erwerb exzellenter Sprachkompetenz wie im Falle von Breymann einerseits und durch die Sammlung von Unterrichtserfahrungen in unterschiedlichen Orten und Bildungsstätten wie bei Herrig andererseits, so spiegeln auch die Veröffentlichungen und die fachbzw. bildungspolitischen Aktivitäten von Breymann und Herrig zum ersten die beeindruckende Breite und den sprachenübergreifenden Charakter der Fachinteressen, zum zweiten das in Wissenschaft und Praxis gleichermaßen starke Engagement, wie es für andere Neuphilologen ebenfalls typisch war. Zum dritten stellt für beide die Frage der Ausbildung der Lehrer für den Fremdsprachenunterricht einen Brennpunkt ihrer Tätigkeit dar. Um das Wirken und die Wirkung beider Persönlichkeiten verstehen zu können, soll auf diese Aspekte im Folgenden näher eingegangen werden. 4. Kenntnisreich und vielfältig belesen: Sprachen und Literaturen Wie bereits die Lebensläufe von Ludwig Herrig und Hermann Breymann belegen, waren beide außerordentlich breit interessiert. Während bei Herrig das Engagement für Englisch und die englischsprachigen Literaturen sein Interesse für Französisch übertraf, lagen Breymanns Forschungsinteressen stärker auf romanistischem Gebiet. Als wissenschaftlich gebildete, auslandserfahrene (im Breymanns Fall), überaus belesene Fachexperten stellten sie die positive Seite der vielfach noch umstrittenen Neuphilologie dar. M ANGOLD (1902) schildert Herrig folgendermaßen: Ludwig Herrig verkörperte als Professor, Examinator und Mitglied der Prüfungskommission jahrzehntelang in Preußen die junge, noch nicht zur Geltung gekommene Wissenschaft. Er gab treffliche Bücher heraus, die damals einzig in ihrer Art waren und zum Teil noch benutzt werden, wie La France littéraire und British classical authors, Première lectures françaises and First English reading book (M ANGOLD 1902: 193). Herrig war vor allem ein Kenner der Literaturen Englands, Frankreichs und Amerikas. Seine höchst erfolgreichen und langlebigen Anthologien haben den Englisch- und Französischunterricht mehr als 100 Jahre lang begleitet. Insbesondere The British Classical Authors (H ERRIG 1849, 3 1852) hat zahlreiche Neuauflagen und Bearbeitungen erfahren. Sprache, Literatur, Lehrerbildung ... 45 39 (2010) Die Geschichte dieses Schulbuchs, das Herrigs Namen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts bekannt machte (die 101. Auflage erschien 1947, eine weitere Bearbeitung 1965) und die Rezeption der englischen Literatur im Schulunterricht viele Jahrzehnte hindurch beeinflusste, müsste dringend geschrieben werden. Herrig sieht das Ziel seiner Anthologie als etwas umfassender an, als es die Tradition der bekanntesten Chrestomathie des ausgehenden 18. Jahrhunderts von N OLTE / I DELER ( 2 1808 und 3 1811) darstellt, die die literarischen Texte als Sprachlernhilfe und als chronologischen Überblick über die besten Autoren der englischen Literatur ausgewählt haben. Herrig argumentiert: If the study of modern languages may lay claim to intrinsic value and an honourable position in our educational establishments, equal to that of the classic languages, they should be taught so as to impart with the language, both the general information possessed by the respective people, and their history which is always found embodied in their literature. The language of a people elucidates only one point of its existence, is inseparable from it, and becomes, as it were, the corporeal mind of the nation; whilst the various phases of that mind indicate the nation’s history. Hence the teaching of a language imparts not the language alone, but - and this more particularly - furnishes the pupil with a key to the civilization, the social habits and the political organization of the people, all of which are most faithfully reflected in the national literature (H ERRIG 1852: X). Sein Modell ist das deutsche Lesebuch von W ACKERNAGEL (1835-41) (vgl. H ERRIG 1852: XI). Herrigs Anthologie setzt mit Chaucer ein, weil er die englische Literatur des Mittelalters ausschließlich als Domäne des Universitätsstudiums ansieht. Zu jeder Epoche liefert er Beispiele aus Prosa, Lyrik und Drama; von Shakespeare druckt er Richard II als Ganztext ab. Mit über 300 Seiten des insgesamt 726 Seiten umfassenden Werks ist die zeitgenössische Literatur (von 1780 bis zum Erscheinungsdatum) sehr umfangreich vertreten. Herrigs Anthologie der amerikanischen Literatur (H ERRIG 1854) war jedoch kein Erfolg beschieden, und er fügte den späteren Auflagen der British Classical Authors einen Anhang zur amerikanischen Literatur an. Seinen didaktischen Auftrag formulierte er klar: My object has been to present the student with a full picture of social, political, moral and intellectual life in England, to serve as an introduction to a more comprehensive and accurate study of English literature in general (H ERRIG 1852: VIII). Herrigs übrige Publikationen werden von den literarischen Textsammlungen fast überschattet. Mit seiner Bearbeitung von Karl Franz Christian W AGNER s Grammatik der englischen Sprache (1857) bewies er dem Grammatiker der Jahrhundertwende seine Reverenz, der in Deutschland als die weitgehend unangefochtene Autorität der englischen Sprache galt (K LIPPEL 1994: 180 ff), und stellt sich - bewusst - in eine Tradition der Förderung der englischen Sprache mit einer Vorbemerkung im Vorwort (H ERRIG 1857: VI). Herrig war Englischlehrer und als solcher vertraut mit den Anforderungen des Unterrichts. Neben den Anthologien und der Wagnerschen Grammatik verfasste er weitere Lehrbücher, darunter eine Übungssammlung mit Texten zum Übersetzen (H ERRIG 7 1864a, 46 Friederike Klippel 39 (2010) 15. Aufl. 1902), ein Lesebuch (H ERRIG 1864b, 24. Aufl. 1904); als Herausgeber war er für eine der erfolgreichen Tauchnitz Lektürereihen verantwortlich und bearbeitete dafür einen Text von Thomas Carlyle (H ERRIG 1886). Betrachtet man die Zahl und die Breite der Publikationen Ludwig Herrigs, die über fast ein halbes Jahrhundert den Fremdsprachenunterricht mitgestaltet haben, so muss man bedenken, dass in einer Zeit, in der die wissenschaftliche Lehrerbildung in der Neuphilologie nur sehr langsam durch die sukzessive Einrichtung von Professuren ab der Mitte des Jahrhunderts etabliert wurde (vgl. F INKENSTAEDT 1983: 54 ff; H AENICKE 1979: passim), den Lehrmaterialien in den Händen von schlecht oder kaum ausgebildeten Lehrern eine viel größere Leitwirkung für den Unterricht zufällt als heutzutage, wenn Lehrkräfte über ein wissenschaftliches Studium und somit hinreichendes Fachwissen und fremdsprachendidaktische Kompetenz verfügen. Des Weiteren waren gerade die Lehrer der modernen Fremdsprachen aus eigenem Interesse und aufgrund des fast schon missionarischen Eifers, mit dem sie für den Ausbau des Fremdsprachenunterrichts eintraten, viel stärker als die heutige Lehrerschaft in die Entwicklung der neuphilologischen Wissenschaft - sei es Literatur- oder Sprachwissenschaft - eingebunden. Es überrascht daher nicht, wenn eine der frühen Enzyklopädien der Neuphilologie (S TORM 1896), die einen Überblick über die junge Wissenschaft liefert, Herrigs „Classical Authors“ als einzige in Deutschland erschienene, wichtige literarische Anthologie aufführt (S TORM 1896: 664). Auch Hermann Breymann war Lehrbuchautor, was damals für einen Ordinarius an der Universität weniger ungewöhnlich war als heute. Breymanns wissenschaftliches Interesse galt sowohl der altfranzösischen Literatur als auch insbesondere der Sprachwissenschaft, die er auf historischer Grundlage betrieb. Zu seinen Veröffentlichungen zählen u.a. die Herausgabe eines handschriftlich überlieferten altfranzösischen Gedichts (B REYMANN 1874), mehrere Schriften zu seinen akademischen Lehrern Diez und Lemcke (B REYMANN 1878, 1883, 1885a), Arbeiten zur französischen Grammatik (B REYMANN 1882, 1884), Herausgaben von Marlowe (B REYMANN 1889) sowie eine Bibliographie zur Calderón Literatur (B REYMANN 1905a). Dazu treten zahlreiche Lehrbücher des Französischen (B REYMANN / M ÖLLER 1890 u.ö.), fremdsprachendidaktische Schriften und das Werk, dessentwegen man seinen Namen heute noch kennt, die überaus akribische Bibliographie der neusprachlichen Reformliteratur (B REYMANN 1895, 1900). Dieser kurze Abriss verdeutlicht die Spannbreite des Schaffens von Hermann Breymann und belegt, dass die Neuphilologen des 19. Jahrhunderts sich mit sprach- und literaturwissenschaftlichen, fremdsprachendidaktischen und bildungspolitischen Fragen gleichermaßen beschäftigten. Für Breymann bildete die Grammatik - ähnlich wie es die Literatur für Herrig tat - den Brennpunkt seiner fremdsprachendidaktischen Überlegungen zum Sprachunterricht. Sein Ansatz lässt sich als etymologisch-vergleichend beschreiben, was bedeutet, dass er die bei Gymnasiasten der Zeit gegebenen Vorkenntnisse der lateinischen Sprache als Lernhilfe im Französischunterricht nutzen wollte. Wer hat es nicht schon oft aussprechen hören, dass die Kenntnis des Lateinischen von gar großem Nutzen für die Erlernung des Französischen sei! Das hat auch seine volle Richtigkeit. Um so mehr ist es daher zu bedauern, dass die Kenntnis des Lateinischen bei der praktischen Erlernung des Französischen so gut wie gar nicht verwerthet wird, und zwar aus dem Grunde nicht verwerthet Sprache, Literatur, Lehrerbildung ... 47 39 (2010) wird, weil nur eine verschwindend kleine Zahl von Lehrern es für der Mühe werth halten, ihre Schüler auf die zwischen jeden beiden Sprachen bestehenden Analogien aufmerksam zu machen (B REYMANN 1876: 18 f). Breymann hat zwar die Schriften der Neusprachenreformer und die ihrer Gegner akribisch bibliographiert und kommentiert, zählt aber mit seinem eigenen Ansatz keineswegs zu den radikalen Reformern, sondern eher zum Lager derer, die eine sogenannte vermittelnde Methode vertreten. „Die radikale Reform [ist] für die gedeihliche Fortentwicklung des neusprachlichen Unterrichts wenig günstig. [...] Ein völliger Bruch mit den historisch Gewordenen, [...] ist weder wünschenswert noch überhaupt ausführbar“ (B REYMANN 1905b: 2). In seinen Französischlehrbüchern vertritt Breymann insofern eine vermittelnde Methode, als er die zusammenhängende Lektüre von Texten für zentral hält, was ihn mit den Reformern verbindet und von der auf dekontextualisierten Einzelsätzen basierenden Methode von Plötz (P LÖTZ 1848) unterscheidet. Im Gegensatz zu den Reformern schreibt er der Grammatik jedoch nicht nur eine dienende Funktion zu. Zwar schlägt er ein induktives Vorgehen vor, empfiehlt jedoch intensives Üben und Lernen der aus den Texten abstrahierten Regeln (B REYMANN 1907: IV). In Weiterentwicklung der bis ins 19. Jahrhundert üblichen Darstellung der Grammatik anhand der Wortarten stützt sich Breymanns Lehrbuch auf eine grammatische Progression, die von der Syntax, und zwar konkret vom Prädikat und damit vom Verb ausgeht. Nur so sei seiner Ansicht nach bei den Schülern ein Verstehen der „syntaktischen Verhältnisse“ (B REYMANN 1907: V) zu erreichen. Denn Breymann geht es nicht nur um ein Memorieren der grammatischen Regeln, sondern um einsichtiges Lernen (vgl. B REYMANN 1876: 17), um - modern ausgedrückt - language awareness. 5. Im Zentrum: die Lehrerbildung Das 19. Jahrhundert brachte die Konsolidierung des Unterrichts in den modernen Fremdsprachen in den höheren Schulen, wobei das Englische als Schulfach fast überall dem Französischen nachgeordnet blieb. Die steigenden Schülerzahlen und vor allem der Aufschwung der Realschulen erforderten eine große Anzahl an Lehrkräften. Karl Elze verwies in seiner 1864 veröffentlichten Denkschrift zur Lage der englischen Sprache und Literatur in Deutschland darauf, dass die Mehrzahl der Englischlehrer Autodidakten seien, weil die moderne Philologie noch immer nicht als Wissenschaft anerkannt sei (vgl. E LZE 1864: 82). Schon sechzehn Jahre zuvor hatten Ludwig Herrig und Heinrich Viehoff in der von ihnen 1845 gegründeten ersten neuphilologischen Zeitschrift Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen vehement für ein wissenschaftliches Studium der neueren Sprachen und eine wissenschaftliche Lehrerbildung in diesen Fächern plädiert: Die Wichtigkeit der neueren Sprachen, besonders der germanischen und romanischen, für unsere Gymnasien sowohl, als ganz besonders für die Realschulen, scheint hiermit genügend angedeutet 48 Friederike Klippel 3 Zur 150jährigen Geschichte der Herrigschen Gesellschaft vgl. S CHELER (2007). 39 (2010) und es ist unerklärlich, wie es einerseits die Behörden bis jetzt ruhig ansehen, daß der Unterricht in so vielen Anstalten noch so ganz jämmerlich und handwerksmäßig betrieben wird, andererseits aber wenig oder fast gar nichts thaten, um tüchtige Lehrer für diesen Unterrichtszweig zu gewinnen und sie gründlich für den Beruf vorzubereiten (H ERRIG / V IEHOFF 1848: 225). Die Autoren beklagen die Tatsache, dass es an den Universitäten bestenfalls Lektoren für Französisch und Englisch gebe, aber kaum Professoren, die für eine Ausbildung in der Literatur sorgen könnten. Man benötige zum ersten eine bessere Ausstattung der Universitäten, damit die zukünftigen Lehrer dort „eine gründliche philologische Kenntnis dieser Sprachen und Literaturen (H ERRIG / V IEHOFF 1848: 229) gewinnen können. Dazu müssten zum zweiten sprachpraktische Übungen treten und eine fachdidaktische Ausbildung, die die „schulmäßige Behandlung dieses ganzen Unterrichtszweiges“ (ebd.) betrifft. Zum dritten fordern Herrig und Viehoff Reisestipendien für die tüchtigen Studenten, damit diese ins Zielland fahren könnten. Nur wenn die Lehrer gut ausgebildet seien, könnte der Fremdsprachenunterricht seine bildende Wirkung entfalten. Es reiche jedoch nicht aus, allein die Universitätsstudien zu etablieren, man benötige für die gute Ausbildung der Lehrer auch eine Art Seminar, das eine doppelte Aufgabe erfüllen sollte: Sprachpraxis im mündlichen und schriftlichen Gebrauch der Fremdsprache einerseits und pädagogisch-didaktische Ausbildung andererseits (vgl. H ERRIG / V IEHOFF 1848: 233). Ein solches Seminar gründete Herrig im Jahr 1860; allerdings gelang es ihm nicht, das Seminar an die Universität anzugliedern - trotz oder wegen seines Renommees als Schulmann (so C HRISTMANN 1985: 32). Es bestand am Berliner Friedrichs-Gymnasium bis 1877, als die Berliner Universität schließlich nach anderen Universitäten ein romanisch-englisches Seminar einrichtete (H AENICKE 1979: 224 ff). In den achtzehn Jahren seiner Seminarleitung bildete Ludwig Herrig mehr als zweihundert Lehrer aus (vgl. H AENICKE 1979: 225 f), so dass er in Preußen auf indirekte Weise einen beträchtlichen Einfluss auf den Fremdsprachenunterricht an den Schulen ausgeübt haben muss, denn im Jahr 1864 schätzt Elze, dass es in Deutschland insgesamt etwa fünfbis siebenhundert Englischlehrer (von denen die meisten auch Französischunterricht erteilten) gebe (vgl. E LZE 1864: 82). Mit der Zeitschrift Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen schuf Herrig zusammen mit Viehoff ein wissenschaftliches Organ für den Fachdiskurs vor allem der Fremdsprachenlehrer. Die Seminargründung legte den Grundstock für eine wissenschaftliche und praxisbezogene Lehrerbildung. Im Jahre 1857 rief Ludwig Herrig zusammen mit Georg Büchmann und Karl Sachs die „Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen“ ins Leben, die durch Vorträge bei einem breiteren Publikum Interesse an den neueren Sprachen weckte und - so wie von Herrig und Viehoff 1848 gefordert - Reisestipendien für begabte Studenten bereitstellte. 3 Ludwig Herrig hat seine Energie buchstäblich bis zum letzten Atemzug in die Verbesserung des Unterrichts und die Lehrerbildung investiert, weil er es als seine Lebensaufgabe verstand, für die neueren Sprachen einzutreten. Sprache, Literatur, Lehrerbildung ... 49 39 (2010) Ähnlich stand es auch um das Engagement von Hermann Breymann, wenn auch auf anderen Ebenen. Breymann wollte angehende Lehrer der neueren Sprachen auf der Universität möglichst umfassend und gründlich ausbilden, wobei auch die Vorbereitung auf die Schulpraxis sein Anliegen war. Als Doppelziel des neuphilologischen Studiums sieht Breymann sowohl die theoretisch-wissenschaftliche Bildung als auch die (sprach-) praktische. Eine vorrangige Berücksichtigung der fremdsprachlich praktischen und (fach-)didaktischen Ausbildungsteile hält er für falsch, denn sonst „erzieht man keine Philologen, sondern die genugsam bekannten Sprachmeister, denen noch niemand nennenswerte Erfolge im Unterrichte, eine allgemein bildende, tiefgehende, segensreiche Einwirkung auf die heranwachsende Jugend, oder eine Hebung der neusprachlichen Unterrichtsdisziplin nachgerühmt hat“ (B REYMANN 1885b: 6 f). Um diese Ziele zu erreichen, forderte Breymann eine bessere sprachliche Vorbildung an den Schulen, die Einrichtung von Professuren für das Englische und Französische sowie die Anstellung wissenschaftlich und sprachlich kompetenter Dozenten (vgl. B REY - MANN 1885b: passim). Seine eigene Lehre an der Münchener Universität spiegelt seine Zielvorstellungen in hohem Maße wieder, da er neben Überblicksvorlesungen zu Sprache(n) und Literature(n) Übungen zu bestimmten Werken, Gattungen, Epochen oder Autoren anbot, daneben auch sprachpraktische und fremdsprachendidaktische Veranstaltungen (vgl. R IEDL 2005: 241). Viele seiner außeruniversitären Tätigkeiten als Prüfer, Mitwirkender bei Lehrplänen, Lehrbuchautor und Vorsitzender des Bayerischen Neuphilologenverbandes verstärken den Eindruck, dass Breymann mit einigem Erfolg seine wissenschaftlichen und bildungspolitischen Vorstellungen umsetzen konnte. Die Tatsache, dass Hermann Breymann allenthalben für seine hervorragende Sprachkompetenz im Englischen und Französischen gerühmt wurde, mag als Marginalie erscheinen, doch dürfte diese gelebte Mehrsprachigkeit auf angehende Fremdsprachenlehrer ihre Wirkung im Zuge des Lernens am Modell nicht verfehlt haben, auch wenn sich so etwas kaum empirisch nachweisen lässt. Hermann Breymann und Ludwig Herrig waren sich des Qualitätskreislaufs zwischen Schule, Universität und Lehrerbildung bewusst. Guter Unterricht in den modernen Fremdsprachen in den Schulen führt zu besseren Studienergebnissen und wiederum zu einer guten Vorbereitung der Lehrer, die in Folge einen besseren Unterricht halten können. 6. Fazit Entwicklungen im Bildungswesen und in der Wissenschaft werden von vielen Faktoren ausgelöst und angetrieben, unter anderem durch Entdeckungen und neue Ideen, durch staatliche Regelungen und die Umgestaltung von Institutionen, durch Ausweitung oder Verengung der gesellschaftlichen Nachfrage und Wertschätzung. Für die Neuphilologie und den Fremdsprachenunterricht waren die Veränderungen im 19. Jahrhundert dramatischer als in dem Jahrhundert zuvor oder seitdem. Im 19. Jahrhundert wurden die Grundlagen des heutigen Fremdsprachenunterrichts an den Schulen und der heutigen Lehrer- 50 Friederike Klippel 39 (2010) bildung gelegt. Die Suche nach den treibenden Kräften dieser Entwicklungen richtete sich in der Historiographie des Fremdsprachenunterrichts bislang tendenziell auf die großen Theorienentwürfe und die innovativen Ideen (wie bei H ÜLLEN 2005 oder H OWATT 2005), während das Wirken einzelner Schulmänner, Wissenschaftler oder Lehrbuchautoren und die Diskurse, die in den Fachzeitschriften und entstehenden Verbänden und Vereinen geführt wurden, noch kaum in großem Umfang Gegenstand des historiographischen Interesses waren. Nach heutigen Erkenntnissen wissen wir, wie sehr uns die Menschen beeinflussen, denen wir in der Schule und der Ausbildung begegnen, die uns fördern und als beispielhaft und nachahmenswert empfunden werden. Könnte es nicht sein, dass das Verhältnis von (akademischen) Lehrern und Schülern auch schon vor 150 Jahren zu lebenslangen Prägungen und beruflichen Weichenstellungen geführt hat? Wenn man dieser Annahme folgt, dann könnte eine genauere Untersuchung des Lebens und Wirkens solcher Lehrerpersönlichkeiten in der Frühphase des schulischen Fremdsprachenunterrichts und der Fremdsprachenlehrerbildung weiteren Aufschluss über die treibenden Kräfte einer breiten Entwicklung geben. Ludwig Herrig und Hermann Breymann waren zwei herausragende, einflussreiche Neuphilologen, deren breite und langfristige Wirkungen auf junge Fremdsprachenlehrer und die Gestaltung des Unterrichts man nicht unterschätzen sollte. Es ist an der Zeit, sich mit solchen Persönlichkeiten im Kontext des historischen Diskurses näher zu beschäftigen. Literatur 1. Quellen: A RNOLD , Theodor (1736): Grammatica Anglicana Concentrata. Leipzig: Frommann. B REYMANN , Hermann (Hrsg.) (1874): La Dime de Pénitance. Altfranzösisches Gedicht verfasst im Jahre 1288 von Jehan von Journal und aus einer Handschrift des British Museum. Tübingen: Fues. B REYMANN , Hermann (1876): Sprachwissenschaft und neuere Sprachen. München: Ackermann. B REYMANN , Hermann (1878): Friedrich Diez: Sein Leben, seine Werke und deren Bedeutung für die Wissenschaft. München: Ackermann. B REYMANN , Hermann (1882): Die Lehre vom französischen Verb auf der Grundlage der historischen Grammatik. München und Leipzig: Oldenbourg. B REYMANN , Hermann (Hrsg.) (1883): Friedrich Diez' kleinere Arbeiten und Recensionen. München: Oldenbourg. B REYMANN , Hermann (1884): Über Lautphysiologie und deren Bedeutung für den Unterricht. München: Oldenbourg. B REYMANN , Hermann (1885a): „Ludwig Lemcke“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Ltteraturen 39, 109-114. B REYMANN , Hermann (1885b): Wünsche und Hoffnungen betreffend das Studium der neueren Sprachen an Schule und Universität. München: Oldenbourg. B REYMANN , Hermann (1895): Die neusprachliche Reform-Literatur 1876-1893. Eine bibliographischkritische Übersicht. Leipzig: Deichert. B REYMANN , Hermann (1889): Marlowes Werke II: Doctor Faustus. Heilbronn: Henninger. Sprache, Literatur, Lehrerbildung ... 51 39 (2010) B REYMANN , Hermann (1900): Die neusprachliche Reform-Literatur 1894-1899. Eine bibliographischkritische Übersicht. Leipzig: Deichert. B REYMANN , Hermann (1905a): Die Calderón-Literatur. Eine bibliographisch-kritische Übersicht. München: Oldenbourg. B REYMANN , Hermann (1905b): Das neue bayerische Lehrprogramm für den Unterricht in den neueren Sprachen. München: Oldenbourg. B REYMANN , Hermann (1907): Französisches Lehr- und Übungsbuch für Gymnasien. 6. Aufl. München: Oldenbourg. B REYMANN , Hermann / M ÖLLER , Hermann (1890): Französisches Elementarbuch Ausgabe A. 3. Aufl. München: Oldenbourg. E BELING , Christoph Daniel (1784): Vermischte Aufsätze in englischer Prose. 4. Aufl. Hamburg: Herolds Wittwe. E LZE , Karl (1864): Die englische Sprache und Literatur in Deutschland. Dresden. H ERRIG , Ludwig (1852): The British Classical Authors. Select Specimens of the National Literature of England from G. Chaucer to the Present Time. 3. Aufl. Braunschweig: Westermann [1. Aufl. 1849]. H ERRIG , Ludwig (1854): The American Classical Authors. Select Specimens of the Anglo-American Literature. Braunschweig: Westermann. H ERRIG , Ludwig (1857): Karl Franz Christian Wagner's Grammatik der Englischen Sprache. Neu bearbeitet von Ludwig Herrig. 6. Aufl. Braunschweig: Vieweg und Sohn. H ERRIG , Ludwig (1864a): Aufgaben zum Uebersetzen aus dem Deutschen ins Englische. 7. Aufl. Iserlohn: Bädeker (1. Auflage 1844). H ERRIG , Ludwig (1864b): First English Reading Book. Braunschweig: Westermann. H ERRIG , Ludwig (1886): Thomas Carlyle: The French Revolution. The Reign of Terror. Leipzig: Tauchnitz. H ERRIG , Ludwig / V IEHOFF , Heinrich (1848): „Wünsche für das Studium der neueren Sprachen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. 4. Band, 225-234. K ÖNIG , Johann (1706): Der getreue Englische Wegweiser, oder kurtze, doch gründliche Anleitung zur Englischen Sprache für die Teutschen. Leipzig: Jacobi. N OLTE , Hermann / I DELER , Ludwig (1808, 1811): Handbuch der Englischen Sprache und Literatur. Prosaischer Teil. Poetischer Teil. 3. Aufl. Berlin: Nauck. P LÖTZ , Carl Julius (1848): Elementarbuch der französischen Sprache. Berlin: Herbig. S TORM , Johan (1896): Englische Philologie. Teil I. Die lebende Sprache. 2. Aufl. Leipzig: Reisland. T OMPSON , John (1737): English Miscellanies. Göttingen: Vandenhoeck. W ACKERNAGEL , Wilhelm (1835-1841): Deutsches Lesebuch. 3 Teile. Basel: Schwabe. 2. Sekundärliteratur C HRIST , Herbert / R ANG , Hans-Joachim (Hrsg.) (1985): Fremdsprachenunterricht unter staatlicher Verwaltung 1700 bis 1945. Eine Dokumentation amtlicher Richtlinien und Verordnungen. 7 Bände. Tübingen: Narr. C HRISTMANN , Hans Helmut (1985): Romanistik und Anglistik an der deutschen Universität im 19. Jahrhundert. Wiesbaden: Steiner. D OFF , Sabine (2002): Englischlernen zwischen Tradition und Innovation. Fremdsprachenunterricht für Mädchen im 19. Jahrhundert. München: Langenscheidt-Longman. D OFF , Sabine / H ÜLLEN , Werner / K LIPPEL , Friederike (Hrsg.) (2008): Visions of Languages in Education. Visionen der Bildung durch Sprachen. München: Langenscheidt. F INKENSTAEDT , Thomas (1983): Kleine Geschichte der Anglistik in Deutschland. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 52 Friederike Klippel 39 (2010) F INKENSTAEDT , Thomas / H AENICKE , Gunta (1992): Anglistenlexikon 1825-1990. Augsburg: Universität Augsburg. H AENICKE , Gunta (1979): Zur Geschichte der Anglistik an deutschsprachigen Universitäten 1850-1925. Augsburg: Universität Augsburg. H OWATT , A.P.R. with W IDDOWSON , Henry G. (2005): A History of English Language Teaching. Second edition. Oxford: Oxford University Press. H ÜLLEN , Werner (2005): Kleine Geschichte des Fremdsprachenlernens. Berlin: Schmidt. H ÜLLEN , Werner (2008): „Karl Magers Vision einer Bürgerschule mit Unterricht in den neu-europäischen Sprachen“. In: D OFF / H ÜLLEN / K LIPPEL (Hrsg.), 13-34. K AUSCHKA , Esther (2001): Ludwig Herrig - ein Pionier der Englischdidaktik in Deutschland. Unveröffentlichte wissenschaftliche Hausarbeit, LMU München. K LIPPEL , Friederike (1992): „Christian Friedrich Falkmann: ein Fremdsprachendidaktiker des frühen 19. Jahrhunderts“. In: B UTTJES , Dieter / B UTZKAMM , Wolfgang / K LIPPEL , Friederike (Hrsg.): Neue Brennpunkte des Englischunterrichts. Festschrift für Helmut Heuer. Frankfurt/ Main: Lang, 252-263. K LIPPEL , Friederike (1994): Englischlernen im 18. und 19. Jahrhundert. Die Geschichte der Lehrbücher und Unterrichtsmethoden. Münster: Nodus. M ANDEL , Hans Heinrich (1989): Geschichte der Gymnasiallehrerbildung in Preußen - Deutschland 1787-1987. Berlin: Colloquium. M ANGOLD , Wilhelm (1902): „Der Unterricht im Französischen und Englischen“. In: L EXIS , Wilhelm (Hrsg.): Die Reform des höheren Schulwesens in Preußen. Halle: Buchhandlung des Waisenhauses, 191-226. M AURER , Michael (1987): Aufklärung und Anglophilie in Deutschland. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. O STERMEIER , Christiane (2008): „Französisch statt Latein: der Reformplan Julius Ostendorfs (1823- 1877)“. In: D OFF / H ÜLLEN / K LIPPEL (Hrsg.), 157-168. R IEDL , Michael (2004): Hermann Breymann - Aspekte eines Gelehrtenlebens im Kontext der neusprachlichen Reformdiskussion. Diss. phil. München. R IEDL , Michael (2005): „Hermann Wilhelm Breymann (1843-1910) - Ein bayerischer Neuphilologe und Hochschulreformer“. In: H ÜLLEN , Werner / K LIPPEL , Friederike (Hrsg.): Sprachen der Bildung - Bildung durch Sprachen im Deutschland des 18. und 19. Jahrhunderts. Wiesbaden: Harrassowitz, 229-246. S CHELER , Manfred (2007): „Zur Geschichte der Herrigschen Gesellschaft“. In: K INZEL , Till (Hrsg.): 150 Jahre Herrigsche Gesellschaft. Münster: LIT, 11-82. S CHMIDT , Immanuel (1889): „Ludwig Herrig“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, Bd. 82, I-XXIV.