Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
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Narr Verlag Tübingen
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2010
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Gnutzmann Küster SchrammWolfgang BUTZKAMM, John A. W. CALDWELL: The Bilingual Reform. A Paradigm Shift in Foreign Language Teaching. Tübingen: Narr 2009 (Narr Studienbücher), 260 Seiten [19,90 €]
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2010
Claus Gnutzmann
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216 Buchbesprechungen C Rezensionsartikel 1 Wolfgang B UTZKAMM : Aufgeklärte Einsprachigkeit. Zur Entdogmatisierung der Methode im Fremdsprachenunterricht. Heidelberg: Quelle & Meyer 1973/ 1978; Ders.: Praxis und Theorie der bilingualen Methode. Heidelberg: Quelle & Meyer 1980; Ders.: Psycholinguistik des Fremdsprachenunterrichts. Natürliche Künstlichkeit: Von der Muttersprache zur Fremdsprache. Tübingen: Franke 1989/ 2002. 39 (2010) auf vorangehende Kapitel (so z.B. auf S. 322) ist zwar sachangemessen, lässt dabei aber auch die Frage aufkommen, wie sinnvoll es ist, derartige Fragen in diesem Zusammenhang zu stellen und beantworten zu wollen. Ich bin da wirklich gespalten. Das gilt auch für die Zusammenstellung von Definitionen einiger Fachbegriffe, die im Band Verwendung finden (S. 325-332). Die Fülle der Impulse, Themen und Begriffe, die im gesamten Band eine Rolle spielen, wird nur rudimentär durch dieses Glossar widergespiegelt: Ob Evaluation so ohne Weiteres mit Leistungsermittlung gleichgesetzt werden kann, sei dahin gestellt; dass ‚Konstruktivismus‘ als Begriff auftaucht, ‚Behaviorismus‘ oder ‚Instruktivismus‘ aber nicht, fällt ebenso auf wie die Erledigung von ‚Testaufgaben‘ durch den Verweis auf ‚Lernaufgaben‘, die aber gerade nicht Testaufgaben sein wollen, wie der Text ausführt. Wie aber sehen dann Testaufgaben aus? Mein Fazit: Rezensenten tun genau das, von dem die Herausgeber im Vorwort zu Recht annehmen, dass es eigentlich bei einem solchen Band in der Regel nicht passiert, nämlich das Buch von vorne bis hinten durchzulesen, und sie tun dies natürlich aus ihrer je spezifischen Sicht auf das Fach und den Spanischunterricht. Ich halte den vorliegenden Band trotz einiger kritischer Bemerkungen für ein wichtiges und gutes Buch, dem man in allen Phasen der Fremdsprachenlehrerausbildung eine breite Leserschaft wünschen sollte. Es füllt seinem Anspruch gemäß eine wichtige Lücke und gibt zahlreiche gute Hinweise für die Durchführung eines modernen, lernerorientierten und wissenschaftlich fundierten Spanischunterrichts. Und das ist eine ganze Menge! Marburg F RANK G. K ÖNIGS Wolfgang B UTZKAMM , John A. W. C ALDWELL : The Bilingual Reform. A Paradigm Shift in Foreign Language Teaching. Tübingen: Narr 2009 (Narr Studienbücher), 260 Seiten [19,90 €] Kein anderer deutscher Fremdsprachendidaktiker hat sich in den letzten drei Jahrzehnten so kritisch, ausführlich und engagiert mit dem Prinzip Einsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht auseinandergesetzt wie Wolfgang B UTZKAMM . Seine Auseinandersetzung mit der Einsprachigkeit und die Entwicklung der „bilingualen Methode“ als Alternative dazu erstrecken sich sowohl auf die theoretische Grundlegung wie auch auf die Praxis des Fremdsprachenunterrichts (vgl. hierzu B UTZKAMM 1973/ 1978, 1980, 1989/ 2002) 1 . Das jetzt gemeinsam mit John C ALDWELL verfasste Studienbuch versteht sich gewissermaßen als ‚das letzte Wort‘ zur Kontroverse um die Einsprachigkeit: „This book has been written to resolve the long-standing debate over the role of the mother tongue (MT) in the foreign language (FL) classroom“ (13). Ob man allerdings bei einem Thema wie der Einsprachigkeit und ihrer höchst kontroversen Sichtweisen in der Geschichte des Fremdsprachenunterrichts auf ein Ende der Debatte setzen kann, erscheint vielleicht nicht ganz realistisch, wenngleich man angesichts des enthusiastischen Plädoyers für die aufgeklärte Einsprachigkeit den Optimismus der Autoren durchaus nachvollziehen kann. Inwieweit mit der auf Englisch verfassten und (zunächst) für einen vorrangig deutschen Leserkreis gedachten Publikation („Studienbuch“) der Einsprachigkeit (in einem nicht-schulischem Kontext) möglicherweise Vorschub geleistet wird, kann hier nicht diskutiert werden. Zugegebenermaßen ist jedoch das Englische die einzige Möglichkeit, um international als Wissenschaftler wahrgenommen zu werden, und dieses wäre dem Buch zu wünschen. Wer das Buch mit der ihm zustehenden Gründ- Buchbesprechungen C Rezensionsartikel 217 39 (2010) lichkeit liest, wird feststellen, dass hier zum einen Bilanz gezogen wird, dass der internationale Forschungsstand, vor allem anhand englischsprachiger Veröffentlichungen sehr gut abgedeckt wird. Dass es aber auch eine Reihe deutschsprachiger Veröffentlichungen zum Einsatz der Muttersprache beim Fremdsprachenlernen in den letzten 30 Jahren gegeben hat, wird durch die Bibliographie nicht entsprechend dokumentiert. Während die Muttersprache, einmal abgesehen von ganz orthodoxen Auffassungen des einsprachigen Lernens, praktisch nie vollständig aus dem fremdsprachenunterrichtlichen Klassenzimmer ausgeklammert wurde, z.B. bei Erklärungen grammatischer Phänomene, oder als ‚letzter Strohhalm‘ verwendet wurde, wenn die einsprachige Kommunikation ‚am Ende‘ war, geht es den Autoren jedoch um mehr, um eine fundamental andere Einschätzung der Muttersprache, nämlich um ihre Funktion als Wegbereiter für das Erlernen von Fremdsprachen: „[W]e only learn language once. […] Our first language lays the foundation for all other languages we might want to learn“ (13). Somit wird die Muttersprache nicht mehr als Störfaktor, sondern als eine wertvolle Ressource für das Erlernen weiterer Sprachen angesehen. Schon Grundschulkinder - so die Autoren - verfügen über ein immenses Reservoir von semantischen und grammatischen Bedeutungen, die im Fremdsprachenunterricht in die Zielsprache transferiert werden müssten. Dies würde von den Lernenden größtenteils intuitiv geleistet und ermögliche erst fremdsprachliches Lernen, das ansonsten - ohne den Rekurs auf die Muttersprache - ein hoffnungsloses Unterfangen sei. Insbesondere komme der Anwendung bilingualer Techniken, die den Lernenden helfen, mit Rückgriff auf die Muttersprache fremdsprachliche Kompetenzen zu erwerben, besondere Bedeutung zu. Da diese zum Fundament des Sprachenlernens zählen, sei es notwendig, dass Lehrer diese Techniken beherrschen. Diese „neue“ Rolle der Muttersprache verschafft nicht nur einen schnellen Zugang zu den Bedeutungen der Fremdsprache, sondern erweist sich als „the magic key that unlocks the door to FL grammars“ (14). Dieser bilinguale Ansatz ist eingebettet in eine von der kognitiv-funktionalen Linguistik und den Neurowissenschaften inspirierten Sprachauffassung, für die Form- Bedeutungs-Paare, „constructions“, als Grundeinheiten von Sprache wie auch des Sprachenlernens angesehen werden: „In other words, meaning is central to language, and meaning-conveyance comprises both lexicon and grammar“ (14). Die Betonung von Lexis und Grammatik, wie sie sowohl in diesem Zitat als auch in der Darstellung der bilingualen Methode deutlich wird, mag zwar etwas außerhalb des ‚mainstream‘ des derzeitig herrschenden fremdsprachendidaktischen Diskurses liegen, fokussiert aber tatsächlich die Bereiche, in denen die Lernenden vor allem ihre ‚Lernarbeit‘ zu erledigen haben: „Communicative competence remains an overriding goal, while at the same time ‚constructions‘ have to be restored to the core of FL competence“ (15). Insofern überrascht es nicht, dass der Index des Buches zahlreiche Einträge für „grammar“ und „vocabulary“, aber keinen für „interkulturelles Lernen“ aufweist, wohl aber verschiedene für „cultural issues/ differences“, die vor allem im Zusammenhang mit Fragen der Übersetzung und der Semantisierung fremdsprachlicher Ausdrücke und Redewendungen behandelt werden. „Making the MT the corner stone in the architecture of FLT“ (15) wird von den Autoren - aus ihrer persönlichen Sicht der Dinge nicht unverständlich - den Lesern als „a true paradigm shift“ kommuniziert. Nach ‚konventionellem‘ wissenschaftstheoretischem Verständnis tritt ein Paradigmenwechsel dann ein, wenn ein altes Paradigma durch ein neues abgelöst wird, weil die Erklärungsmächtigkeit des alten nicht mehr ausreicht, um die in einem Fach existierenden Probleme wissenschaftlich zu erklären. Erst das neue Paradigma, das von der Wissenschaftsgemeinde des betreffenden Faches akzeptiert sein muss, kann dieses leisten und stellt somit die Basis für die weitere Entwicklung der Forschung in diesem Fach bereit. Die Frage, die sich im Zusammenhang mit der heutigen Rezeption von Thomas K UHN (1962) stellt, ist, ob es in einem Fach nur ein Paradigma gibt und - wenn ja - ob die „scientific community“ in diesem Fall bereit wäre, den Gegenstand und die Theorie des Fremdsprachenlernens auf die Paradigmen Einsprachigkeit und 218 Buchbesprechungen C Rezensionsartikel 2 Thomas K UHN : The Structure of Scientific Revolutions. Chicago: University of Chicago Press 1962 [Deutsche Übersetzung: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt/ M.: Suhrkamp 1967]. 39 (2010) Zweisprachigkeit zu reduzieren. 2 Da sich in dem Buch weder ein Hinweis auf den Begriff Paradigma noch auf K UHN finden, wird Paradigma hier wahrscheinlich eher mit der Bedeutung eines radikalen Wechsels in einem wichtigen Teilbereich des Faches gebraucht. Aber trotz der unzweifelhaften Bedenkenswertigkeit der Argumentation für die „bilinguale Reform“ sieht es derzeit nicht danach aus, dass die wissenschaftlichen Fachvertreter der Fremdsprachenforschung in ihrer Mehrheit bereit wären, den Wechsel zum bilingualen Paradigma nachzuvollziehen, weder im deutschsprachigen und noch viel weniger im internationalen Kontext, wie die Autoren selbst feststellen: „The Anglo-American mainstream simply moves on undaunted“ (22). In der Einleitung des Buches („A red card for the mother tongue? “) wird das Phänomen der Einsprachigkeit zunächst aus der Lehrerperspektive kritisiert. Lehrer werden in zwei Gruppen eingeteilt, von denen die erste die Muttersprache im Fremdsprachenunterricht verwendet, allerdings in unsystematischer, undifferenzierter und destruktiver Weise. Diesen Lehrern wird vorgeworfen, sich ihrer Verpflichtung für eine fremdsprachliche Atmosphäre in ihrem Unterricht zu entziehen. Die zweite Gruppe, die es darauf anlegt, die Muttersprache aus dem Klassenzimmer zu verbannen, besteht aus zwei Gruppen. Es handelt sich zum einen um ständig im Ausland lebende muttersprachliche Lehrer, die die Sprache ihrer Schüler und Studenten nicht kennen und so faktisch aus dieser Unkenntnis das Prinzip Einsprachigkeit legitimieren. Zum anderen handelt es sich um Lehrer, die aufgrund von behördlichen Richtlinien und Erlassen einsprachig unterrichten müssen und denen somit die bilinguale Alternative verwehrt ist. Für die seit Ende des 19. Jahrhunderts durch die direkte bzw. natürliche Methode propagierte Einsprachigkeit stellte sich die Muttersprache als Hauptfehlerquelle dar und war deshalb im Unterricht zu vermeiden. Für die Praxis galt: „MT use is generally regarded as an evasive manoeuvre only to be used in emergencies, as little as possible. Maximise the use of the FL, minimize the L1, and use your common sense, is the advice most frequently given“ (18). Die Fragwürdigkeit der einsprachigen Semantisierung verdeutlichen die Autoren durch das folgende Beispiel: „It is even more revealing when accomplished teachers learn a new language and realize that, as learners, they want the very thing they are denying their own pupils“ (20). Es ist eine Beobachtung, die wohl von vielen gemacht wurde und die umständliche, die Bedeutung von Wörtern und Sätzen verhindernde ‚radikale‘ einsprachige Bedeutungsvermittlung ad absurdum führt. Das Insistieren auf Einsprachigkeit wird von den Autoren als „professional neurosis“ interpretiert, wobei dies wohl insbesondere für den Englischunterricht galt bzw. gilt: „,English only‘ became a badge of honour among EFL teachers, and MT free lessons almost a religious principle for those who were capable of teaching in this way“ (24). Als Alternative hierzu wird eine Theorie entwickelt, die die Muttersprache als Stützfaktor des Fremdsprachenlernens sieht, die „einsprachige Orthodoxie“ hingegen für unhaltbar erklärt: „This is the essence of our theory: The knowledge and skills acquired through and with the MT provide the foundation for FL learning and teaching“ (25). Der Kern des Buches besteht aus 14 Kapiteln, die sich der Umsetzung und Exemplifizierung dieser Theorie aus unterschiedlichen Blickwinkeln widmen. Wie bereits im vorangehenden Teil der Besprechung angeklungen ist, so gilt auch für das Buch insgesamt, dass es in einem argumentativen und engagiert-persuasivem Stil gehalten ist. Dies zeigt sich schon in den Überschriften der Kapitel, die häufig in programmatischer, hypothesenhafter, den Leser ansprechender Form den Inhalt und den Argumentationsgang antizipieren: „Chapter 1: Teaching English through English - with the help of the mother tongue“, „Chapter 2: How learners break into the speech code: the principle of dual comprehension“, „Chapter 3: We only learn language once“, „Chapter 4: Communicative equivalence and cross-linguistic networks“, „Chapter 5: The mother tongue as the magic key to Buchbesprechungen C Rezensionsartikel 219 39 (2010) foreign grammars“, „Chapter 6: How to teach structures the bilingual way“, „Chapter 7: Dialogues, drama and declamation“, „Chapter 8: Language learning as skill learning“, „Chapter 9: Maximising high-quality input via the mother tongue“, „Chapter 10: Translation as a fifth skill“, „Chapter 11: More bilingual practice“, „Chapter 12: The ,natural‘ method“, „Chapter 13: Ideas for multilingual classes“, „Chapter 14: Directions for future work“. Das Buch endet mit einem Epilog „Capitalising on a priceless legacy“, einer Bibliographie sowie einem Sachindex. Aus Platzgründen kann eine Erörterung der einzelnen Kapitel nicht erfolgen. Ich beschränke mich auf die Darlegung einiger einschlägiger bilingualer Techniken, wie sie zentral für die bilinguale Methode sind. Als eine effektive Möglichkeit zum Erwerb unbekannter Redewendungen wird die „sandwich technique“ empfohlen, weil sie den schnellsten Weg zur authentischen Unterrichtskommunikation ermöglicht: German teacher of English: “You’ve skipped a line. Du hast eine Zeile übersprungen. You’ve skipped a line.” - “I mean the last but one word. Das vorletzte Wort. The last but one word” (33). Der Lehrer produziert die Äußerung in der Zielsprache (L2), reformuliert sie in der Muttersprache der Schüler (L1) und reproduziert sie noch einmal in L2. Die „sandwich technique“ verfügt auf der Schülerseite über einen bilingualen Gegenpart, z.B. wenn Schüler aus Unkenntnis der L2-Formulierung auf ihre L1 zurückgreifen: German pupil: “Können wir mal was anderes machen? ” Teacher: “You mean: Can’t we do something else? ” (34) Da Fremdsprachenunterricht bedeutungs- und verstehensorientiert sein soll, raten die Autoren dringend, dass es Schülern freigestellt sein muss, die Lehrer nach zielsprachlichen Formulierungen zu fragen oder einfach die muttersprachliche Wendung zu benutzen. Wenn Lehrer und Schüler sich beide der Prämisse der Bedeutungsorientierung verpflichtet fühlen und diese entsprechend umsetzen wollen, ist dies ein probater Weg zur authentischen Kommunikation. Der von Kritikern vorgebrachte Einwand, dass durch ein solches Verfahren der Muttersprache Tür und Tor geöffnet werden, ist nicht ganz von der Hand zu weisen, insbesondere bei Klassen, die sich weniger auf die Prämisse der Bedeutungsorientierung festlegen und deren Drang sich in der Fremdsprache auszudrücken - aus welchen Gründen auch immer - begrenzt ist. Im Gegensatz zu den „pattern drills“ der audiolingualen Methode, die darauf abzielten, Strukturen ohne kommunikativen Bezug ‚einzuschleifen‘, zeichnen sich die „semi-communicative drills“ (124-130) dadurch aus, dass Strukturen manipuliert werden, mit Ideen gespielt und das semantische Potenzial einer Struktur ausgetestet wird. Vgl. hierzu das folgende Beispiel, in dem es um die Auslassung des Relativpronomens geht: All I want is a room. *Alles ich will ist ein Zimmer. Alles, was ich will, ist ein Zimmer. Durch die Nennung des ungrammatischen deutschen Satzes wird den Schülern die Struktur des englischen Relativsatzes deutlich, im Anschluss daran die deutsche Entsprechung einsichtig. Da es sich hier um einen wichtigen strukturellen Unterschied zwischen dem Englischen und Deutschen handelt, könnte sich zur Festigung der Zielstruktur folgende Sequenz anschließen: Teacher prompt Student response *Alles ich will ist ein Zimmer. All I want is a room. *Alles ich will ist ein Tisch und ein Stuhl. All I want is a table and a chair. 220 Buchbesprechungen C Rezensionsartikel 3 Wilhelm V IËTOR : „Der Sprachunterricht muss umkehren. Ein Beitrag zur Überbürdungsfrage (1882/ 1886)“. In: Werner H ÜLLEN (Hrsg.): Didaktik des Englischunterrichts. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1979 (Wege der Forschung; Band 513), 9-31. 39 (2010) Hier werden vom Lehrer fehlerhafte Sätze in Kauf genommen, weil den Schülern durch die Grammatikverstöße im Vorgabesatz die Zielstruktur leichter bewusst wird. Um sich stärker authentischem Sprachgebrauch anzunähern, kann der Lehrer dann zu idiomatischen Vorgaben übergehen, um nach der Absicherung der Form jetzt den Fokus auf fluency zu lenken: Ich will ja nur eine Tasse Tee. All I want is a cup of tea. Ich will ja nur eine Tasse Kaffee. All I want is a cup of coffee. Ich will ja nur ein Glas Milch. All I want is a glass of milk. Somit können „semi-communicative drills“ die Lücke zwischen Manipulation und Kommunikation überbrücken. Im Gegensatz zu den Repräsentanten einer natürlichen Methode vertreten B UTZ - KAMM / C ALDWELL die Auffassung, dass Lernende sich „realem“ Sprachgebrauch, aber auch dem sprachlichen Üben aussetzen müssen. Wenn Lernende die Grammatik einer Fremdsprache über die Muttersprache kennenlernen, so die Autoren, kann hierdurch eine Basis für lebenslanges Lernen geschaffen werden. Dies ist eigentlich kein revolutionärer Vorschlag, aber die Aussage ist passend und notwendig - angesichts des Zurückfahrens von systematischem Grammatikunterricht, herbeigeführt durch natürliche, der dogmatischen Einsprachigkeit verpflichtete Sprachlehrmethoden und z.B. aufgabenbasiertes Sprachenlernen sowie sanktioniert durch die Bildungsstandards und daraus hervorgehende Lehrpläne und Kerncurricula. Ursprünglich ausgelöst durch die Rezeption der Grammatik-Übersetzungsmethode war neben der Grammatik die Übersetzung der zweite große ‚Buhmann‘ im Fremdsprachenunterricht. Interessanterweise hat sich schon V IËTOR nicht gegen die Übersetzung schlechthin ausgesprochen: „Die Übersetzung in fremde Sprachen ist eine Kunst, welche die Schule nichts angeht“ (V IËTOR 1882/ 1886, in H ÜLLEN 1979: 30 [Hervorhebung CG]) 3 . Die Rezeption dieses Zitats läuft im Allgemeinen (auch heute noch) gegen eine pauschale Ablehnung der Übersetzung hinaus. Zurecht erinnern B UTZKAMM / CALDWELL an das Übersetzen als „forgotten art“ (196) und das Potenzial dieser 5. Fertigkeit, z.B. als „the most rigorous test of understanding“ (196). Bedenkt man, dass es beim Übersetzen um das ,Austarieren‘ von Bedeutungen geht, nicht selten im Kontext einer Lerngruppe, dann handelt es sich beim Übersetzen um höchst kommunikative Handlungen, und man kann durchaus geneigt sein, der folgenden Einschätzung zuzustimmen: „The elimination of translation as a special skill from FL curricula can only be called a scandal“ (197). The Bilingual Reform ist eine sehr engagierte, anspruchsvolle und bedenkenswerte Auseinandersetzung mit dem Dogma der Einsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht. Nach meiner Kenntnis gibt es im internationalen Kontext keine Publikation zu diesem Thema, die an Breite und Tiefe der Darstellung an sie heranreicht. Insofern wäre es ihr zu wünschen, dass sie auch eine internationale Leserschaft erreicht. Das als Studienbuch konzipierte Werk fordert seinen studentischen Lesern einiges ab. Die im Laufe des Textes immer wieder platzierten Zusammenfassungen, die Schlussfolgerungen am Ende von Kapiteln sowie insbesondere die nach jedem Kapitel zu bearbeitenden „study questions and tasks“ bieten jedoch wirkungsvolle Hilfe beim Verstehen des Textes und lassen die exzellenten hochschuldidaktischen Qualitäten der Autoren erkennen. Braunschweig C LAUS G NUTZMANN
