Fremdsprachen Lehren und Lernen
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Narr Verlag Tübingen
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Gnutzmann Küster SchrammFremdsprachenunterricht und Forschung in den Beneluxländern: ein Überblick
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Madeline Lutjeharms
Katja Lochtman
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40 (2011) • Heft 1 © 2011 Narr Francke Attempto Verlag M ADELINE L UTJEHARMS , K ATJA L OCHTMAN * Fremdsprachenunterricht und Forschung in den Beneluxländern: ein Überblick Abstract. After some information on native languages in the Netherlands, Belgium and Luxemburg a state of the art of foreign/ second language teaching in these countries is presented (from kindergarten to universities), followed by a survey of research on foreign/ second language acquisition and teaching. The main L1 in the Benelux-countries is Dutch. As Dutch is not an internationally important language foreign language teaching is considered an important aspect of education. In the Netherlands English is the first foreign language, the other school languages being German and French. In Flanders French is the first foreign language, in Wallonia either Dutch or English. German as an L4 is on offer in most Flemish schools, in French-speaking schools it has become rare. In trilingual Luxemburg English is as an L4 the first foreign language. Most of the research is carried out in the Netherlands, the largest country. In Brussels, Wallonia and Luxemburg some expertise with bilingual education has been acquired. 1. Muttersprachen in den Beneluxländern 1.1 Was ist Benelux? Benelux ist die Bezeichnung für eine Institution, die vor allem wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit in einigen kleinen Nachbarländern fördert. In der Geschichte dieser Länder lassen sich wechselnde Gemeinsamkeiten aufzeigen. In der Periode, in der die burgundischen und dann die (österreichisch) habsburgischen FürstInnen in den Niederlanden regierten, bildete der größte Teil der heutigen Beneluxländer eine politische Einheit. Im 16. Jahrhundert unter den spanischen Habsburgern trennten sich die Nördlichen von den Südlichen Niederlanden. Nach dem Wiener Kongress wurden beide Teile der Niederlande kurzfristig wieder vereint. 1830 entstand Belgien als selbständiger Staat im Süden. Auch Luxemburg hat eine sehr wechselhafte Geschichte erlebt. Ein großer Teil des ursprünglichen Großherzogtums ist heute eine belgische Provinz. Sprachlich betrachtet ist das Gebiet der Benelux sehr komplex. * Korrespondenzadressen: Prof. Dr. Madeline L UTJEHARMS , Vrije Universiteit Brussel, Taalen Letterkunde, Pleinlaan 2, B-1050 B RÜSSEL E-Mail: Madeline.Lutjeharms@vub.ac.be Arbeitsbereiche: Psycholinguistik (die unteren Verarbeitungsebenen beim Lesen einer Fremdsprache), Didaktik des Fremdsprachenunterrichts, Gender-Linguistik. Prof. Dr. Katja L OCHTMAN , Vrije Universiteit Brussel, Taalen Letterkunde, Pleinlaan 2, B-1050 B RÜSSEL E-Mail: Katja.Lochtman@vub.ac.be Arbeitsbereiche: DaF, Didaktik des FSU, Mehrsprachigkeit 30 Madeline Lutjeharms, Katja Lochtman 40 (2011) • Heft 1 1.2 Die offiziellen Sprachen in den 3 Staaten Die heutigen Niederlande haben 2 anerkannte Sprachen, das Niederländische und das Friesische. Das (West-)Friesische ist auf eine Provinz (Friesland) beschränkt, wo allerdings nur etwa die Hälfte der Bevölkerung diese Sprache spricht, während fast alle (gleichzeitig auch) niederländischsprachig sind. Das heutige Belgien, die früheren Südlichen Niederlande, hat drei offizielle Sprachen: Niederländisch, Französisch und Deutsch. Die belgischen Deutschsprachigen sind mit etwa 70 000 eine sehr kleine Sprachgruppe, die im Laufe der Zeit mehrmals die Staatsangehörigkeit gewechselt hat und keine einheitliche Geschichte aufweist. Niederländisch, die Sprache der Mehrheit, und Französisch sind die Hauptsprachen. Das zweisprachige Brüssel, eine ursprünglich niederländischsprachige Stadt, ist seit 1830 allmählich mehrheitlich französischsprachig geworden, hat also einen Sprachwandel erlebt. Auf politischer Ebene umfasst der Bundesstaat Belgien heute drei autonome Gemeinschaften (die flämische, die französische und die deutschsprachige Gemeinschaft). Die Gemeinschaften verfügen über politische Eigenständigkeit, was die Angelegenheiten im Bildungswesen und Fragen in Bezug auf Sprache und Kultur betrifft. In den 1960er Jahren begann der Föderalisierungsprozess, der zu einigen großen Staatsreformen geführt hat. So wurden in den Jahren 1962-1963 auf Bundesebene Sprachgesetze verabschiedet, die bestimmen, dass der Unterricht nur in der für die jeweilige Gemeinschaft offiziellen Sprache stattfinden darf (L OCHTMAN 2009). Im kleinen Luxemburg ist die Sprachsituation womöglich noch komplexer. Die anerkannten Sprachen sind Luxemburgisch (erst seit 1984 gesetzlich festgelegt) sowie Französisch (Sprache der Gesetzgebung) und Deutsch. Luxemburgisch spielt als Schriftsprache in der Schule nur eine sehr untergeordnete Rolle, wird in den neuen Medien allerdings häufig verwendet (W AGNER 2010). 1.3 Andere Muttersprachen Besonders in den größeren Städten des gesamten Benelux-Gebiets werden durch die Einwanderung natürlich noch viel mehr Muttersprachen gesprochen. Diese spielen im öffentlichen Leben kaum eine Rolle, erschweren aber oft die Einschulung in den Landessprachen. In den Niederlanden sprechen 30% der SchülerInnen zu Hause eine andere Sprache statt des oder neben dem Niederländischen. Nur kurzfristig (1998-2004) wurden die Erstsprachen von Kindern mit Migrationshintergrund gefördert. Seit 2006 können diese Sprachen (Arabisch, Italienisch, Russisch, Spanisch, Türkisch) aber später im Studium eventuell noch gewählt werden (B ROEDER / VAN W IJK 2009: 41). Zum Erwerb des Niederländischen als L2 durch Migrantenkinder wird in den Niederlanden relativ viel Forschung betrieben (besonders in Tilburg und Nimwegen, siehe V ERSPOOR / C REMER 2008: 183, 185 ff). In Brüssel wurde schon Anfang der achtziger Jahre im niederländischsprachigen Unterricht mit Projekten für italienisch-, spanisch- und türkischsprachige Kinder von ImmigrantInnen angefangen. Dabei handelt es sich um die sogenannten OETC-Projekte. OETC heißt Onderwijs in Eigen Taal en Cultuur (Unterricht in der eigenen Sprache und Kultur). Kinder aus diesen Einwandererfa- Fremdsprachenunterricht und Forschung in den Beneluxländern: ein Überblick 31 40 (2011) • Heft 1 milien 1 erhalten in den drei Jahren des Kindergartens 2 sowie in der Grundschule (d. h. im Alter von 3 bis 12) neben dem niederländischsprachigen Unterricht (zusammen mit den niederländischsprachigen Kindern) auch Sachfachunterricht in der Muttersprache (L OCHTMAN 2005). Der Hintergrund war damals u.a. auch, mehr Kinder für niederländischsprachige Schulen zu gewinnen. Seit 2007 besteht in Wallonien das LCO- Programm (cours de Langue et Culture d’Origine), wobei Grund- und Sekundarschulen die Möglichkeit geboten wird, auch Sprachunterricht für Spanisch, Griechisch, Italienisch, Arabisch, Türkisch, Portugiesisch oder Rumänisch einzurichten. 3 1.4 Einführung zum Fremdsprachenunterricht und zur Forschung Die „klassischen“ Sprachen Latein und Griechisch gelten nicht als Fremdsprachen. Daher wird im Niederländischen von moderne vreemde talen gesprochen. 1.4.1 Zur Unterrichtsmethodik Während im belgischen Sprachunterricht in den 1950er und 60er Jahren neue Methoden wie die audiolinguale und audiovisuelle schnell aufgegriffen wurden - wenn auch natürlich bei weitem nicht von allen Lehrkräften -, blieb man in den Niederlanden noch lange der grammatischen und Übersetzungsmethode verhaftet. Im sogenannten „Mammutgesetz“ (mammoetwet) 1968, das das Unterrichtswesen reformieren sollte, wurde hervorgehoben, dass Sprache ein Kommunikationsmittel ist. In der Praxis standen und stehen Grammatik und Wortschatzerwerb jedoch noch im Mittelpunkt ebenso wie der Frontalunterricht (W ESTHOFF in NaB 1: 106f) 4 . Es bestehen aus methodischer Sicht zielsprachenbedingte Unterschiede. So gilt der Englischunterricht in Flandern 1 Die Kinder marokkanischer Herkunft in Brüssel besuchen hauptsächlich die französischsprachigen Schulen. 2 In Belgien können Kinder schon mit 2,5 Jahren in den Kindergarten gehen. 3 http: / / www.enseignement.be/ index.php? page=24435&navi=411 (Zugriff am 28.12.2010) 4 Eine wichtige Quelle für die Situation des Fremdsprachenunterrichts in den Niederlanden sind die Veröffentlichungen des Nationaal Bureau Moderne Vreemde Talen, dessen Auftraggeber das Bildungsministerium (OCW) war. 1996 gegründet wurde es 2009 wieder aufgehoben. Der Auftrag war, ein Bindeglied zwischen Politik, Forschung und Praxis zu bilden, beratend und erneuernd zu wirken. So wurden beispielsweise einige Sprachportfolios entwickelt. Webseite des NaB: http: / / www.nabmvt.nl/ publicaties/ (Zugriff am 14.10.2010). Auf dieser Webseite findet man auch die Bücher, die im Auftrag des NaB herausgegeben wurden, so Vreemdetalenonderwijs in Nederland. Een situatieschets (Enschede, 2004). Herausgeber dieser Bestandaufnahme sind Peter E DELENBOS und John H.A.L. DE J ONG . Am Ende des Buches schlägt Gerard J. W ESTHOFF noch Diskussionsthemen vor. Weitere Mitarbeitende sind u.a. Kees DE B OT und Nanda P OULISSE . Diese Quelle wird im Folgenden als NaB 1 zitiert. Die Seitenangaben sind die der Buchausgabe. Die letzte größere Publikation ist De toekomst van het talenonderwijs: Nodig? Anders? Beter? (Enschede/ Utrecht, 2009). Herausgeber sind Rick DE G RAAFF und Dirk T UIN . Diese Arbeit entstand anlässlich der Beendigung der Arbeit des NaB-MVT und der Emeritierung von Gerard J. W ESTHOFF , dem Direktor des NaB-MVT. In dieser Ausgabe geht es um Fremdsprachenunterricht und -didaktik sowie um Sprachpolitik und Zukunftsvisionen. Zu diesem Buch haben neben schon erwähnten AutorInnen u. a. auch Jan H ULSTIJN , Peter B IMMEL , Marjolijn V ERSPOOR und Theo VAN E LS beigetragen. Hier wird auf die einzelnen Aufsätze verwiesen, es werden also die AutorInnen zitiert. 32 Madeline Lutjeharms, Katja Lochtman 40 (2011) • Heft 1 (L3) als didaktisch viel fortschrittlicher als der Französischunterricht (L2). Auch in den Niederlanden hat der Englischunterricht (L2) das Image, moderner zu sein ( DE B OT / M ALJERS 2009: 133). Von den älteren Methoden werden, so DE B OT / M ALJERS (ebd.: 134), vor allem folgende drei Aspekte noch heute beibehalten: - Texte stehen im Mittelpunkt und explizite grammatische Kenntnisse werden als unumgänglich betrachtet (Grammatik-Übersetzungsmethode). - Bevor schwierigere Übungen eingesetzt werden, werden solche mit Minimaländerungen zum Einüben verwendet. Die Bedeutung des Kontrasts wird hervorgehoben (audiolinguale Methode). - Zunächst soll die Sprachform, erst dann die Sprachfunktion erworben werden (frühe kommunikative Periode). Eine Schülerbefragung 2004 ergab, dass im Englischunterricht nur wenig Interaktion stattfindet und Gruppenarbeit äußerst selten ist. Die Lehrkräfte begründen das mit Disziplinproblemen. Anders als in Belgien wird die Zielsprache besonders im Unterricht in Deutsch und Französisch auch heute noch zu wenig als Unterrichtssprache eingesetzt (NaB 1: 60, 67, 83). Sogar im Falle der stärksten Fremdsprache Englisch wird sie nur wenig verwendet (M EIJER 2009). Dies begründen die Lehrkräfte mit der zu niedrigen Sprachkompetenz. Von Lehrkräften, SchülerInnen und Schulleitungen wird Frontalunterricht als normal betrachtet. In der Schule solle zudem Grammatik und Wortschatz beigebracht werden, die Anwendung der Kenntnisse könne außerhalb der Schule stattfinden ( DE B OT / M ALJERS 2009: 135). Autonomes Lernen und CALL (Computer Assisted Language Learning) sind - abgesehen von einigen Projekten - auf nur wenig Begeisterung gestoßen (ebd.: 136). Für CALL fehlen meist die materiellen Möglichkeiten (ebd. 140 f). Im Sprachunterricht wird sogar noch mehr mit Lehrmaterialien auf Papier gearbeitet als bei den anderen Fächern (M EIJER 2009: 166). Die Idee des studiehuis zur (fachübergreifenden) Förderung der Selbständigkeit und Verantwortung für den eigenen Lernprozess bei den SchulerInnen hat die Erwartungen nicht erfüllt. Beim studiehuis handelt es sich nicht um ein Haus, sondern um Maßnahmen und Materialien zur Unterstützung der Schülerautonomie sowie um Lehrmittel und ICT (information and communication technology), wobei teilweise auch Räume mit solchen Hilfsmitteln zur Verfügung gestellt werden. Zum studiehuis gehören zudem nützliche Webseiten, mit für die jeweiligen Sprachen online-Wörterbüchern, Zeitungen, Suchmaschinen, Lernmaterialien u.ä. 5 B IMMEL (2009) zeigt, wie wenig empirische Forschung zum selbständigen Fremdsprachenerwerb besteht und erwähnt bei der Übersicht keine niederländischen (oder belgischen) Studien. Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen (GeR) und Portfolios sind natürlich bekannt und werden auch immer mehr benutzt, sind aber nicht mit allgemeiner Begeisterung aufgegriffen worden (B ROEDER / VAN W IJK 2009). 5 Siehe http: / / www.studiehuis.net/ (Zugriff am 21.10.2010), dort talen wählen und beispielsweise Duits - es sind nur die am häufigsten gewählten/ angebotenen Sprachen vertreten: Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch. Fremdsprachenunterricht und Forschung in den Beneluxländern: ein Überblick 33 40 (2011) • Heft 1 Solche Beobachtungen und Feststellungen zum Fremdsprachenunterricht in den Niederlanden sind wohl kaum länderspezifisch. Sowohl in den Niederlanden als auch in Belgien lässt sich im Allgemeinen in der Schulpraxis wenig Begeisterung für Innovationen feststellen. Von ,oben‘ beschlossene Reformen haben daher nur wenig Chancen. Außerdem wird eine interaktivere Unterrichtsform durch die materielle und psychologische Schulumgebung kaum gefördert (NaB 1, 85). Auch im belgischen Fremdsprachenunterricht herrscht der Frontalunterricht vor (L OCHTMAN 2005). Allerdings sind die Curriculumvorschriften der belgischen Kultusministerien auf einen kommunikativen und interkulturellen Fremdsprachenunterricht ausgerichtet. 6 In Anlehnung an den GeR und dessen Niveaus ist dabei von ,funktionalen Kenntnissen‘ statt ,Grammatikkenntnissen‘ die Rede, wobei der kommunikativen und interkulturellen Kompetenz eine wichtige Rolle zugesprochen wird. Traditionell ist aber immer noch die Aufteilung in die vier Fertigkeiten (Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben) zu beobachten, wobei allerdings auf den Einsatz der funktionalen Kenntnisse und auf den Wortschatzerwerb als eigenständige Zielsetzungen hingewiesen wird. D E B OT und M ALJERS (2009: 137 ff) sehen nur auf einem Gebiet eine gelungene Erneuerung: beim CLIL in der Sekundarstufe und beim sehr frühen Kontakt zur Fremdsprache. 1.4.2 CLIL, Sachfachunterricht und Immersion Was den Sachfachunterricht betrifft, mit dem besonders der französischsprachige Grundschulunterricht in Belgien für Niederländisch und Englisch als Fremdsprachen Erfahrungen sammelt, bestehen in Belgien einige Forschungsprojekte 7 (S ERCU / S TROBBE 2010; K ERSTEN et al. 2010, 35-76; http: / / www.elias.bilikita.org/ ). Eine den Immersionsunterricht fördernde Initiative in Belgien ist TIBEM. Das Akronym steht für Tweetaligheid in Beweging - Bilinguisme en Mouvement (Zweisprachigkeit in Bewegung) und ist eine 1998 gegründete Bürgerinitiative zur Förderung der Zwei- und Mehrsprachigkeit in ganz Belgien (TIBEM). 8 Es ist aber vor allen Dingen auch ein Elternverein, der sich für die Organisation des Immersionsunterrichts an den belgischen Grund- und Sekundarschulen einsetzt. Wenn man ein neues Unterrichtsmodell durchzusetzen versucht, ist es unerlässlich, die Eltern einzubeziehen, sie zu informieren und überzeugen. Im Moment setzt sich der Verein vor allem für eine Änderung der Sprachgesetze in Belgien ein, damit an allen belgischen Schulen (also auch in Flandern) der Immersionsunterricht möglich wird. In Brüssel besteht eine Art ungesteuerte Immersion, da in den niederländischsprachigen Schulen, die einen besseren Ruf als die französischsprachigen Schulen haben, zu Hause Französisch sprechende Kinder seit mehreren Jahren eine Mehrheit in den Klassen bilden. Inzwischen haben auch Eltern mit Migrationshintergrund diese Schulen entdeckt. Deren Kinder wachsen oft dreisprachig auf: Heimsprache, Französisch auf der Straße und Niederländisch in der Schule. Im 6 Siehe dazu auch http: / / www.ond.vlaanderen.be/ dvo/ secundair/ index.htm bzw. http: / / www.enseignement. be/ index.php? page=24435&navi=411 (Zugriff am 28.12.2010) 7 http: / / www.enseignement.be/ index.php? page=23793 (Zugriff am 28.12.2010) 8 http: / / www.tibem.be/ (Zugriff am 27.10.2010) 34 Madeline Lutjeharms, Katja Lochtman 40 (2011) • Heft 1 Falle Luxemburgs werden in der Schule selbst 3 Sprachen verwendet (siehe Abschnitt 4). Man könnte hier von einer ganz besonderen Form der Immersion sprechen. In den Niederlanden kommt der zweisprachige Unterricht mit Deutsch oder Französisch vereinzelt in den Grenzgebieten (zu Deutschland und Wallonien) vor. Mit Sachfachunterricht im Englischen wird immer mehr experimentiert. Immersionsunterricht im Englischen ist im Prinzip immer möglich, schon in der Grundschule oder sogar im Kindergarten. 2008 boten in der Sekundarstufe ungefähr 100 Schulen (mit etwa 11.000 SchülerInnen) Immersionsunterricht an, fast ausschließlich (zu 99%) für Englisch (siehe O ONK 2009). Es wurde festgestellt, dass dieser Unterricht in der Sekundarstufe zu einer höheren Sprachkompetenz für Englisch führt, die Kompetenz im Niederländischen und in anderen Fächern jedoch nicht beeinträchtigt wird (ebd.; DE B OT / M ALJERS 2009: 140 f). Auch in einer ersten, beschränkten Untersuchung in der Schule Frasnes-lez- Avaing in Wallonien hat sich herausgestellt, dass die SchülerInnen aus dem bilingualen Sachfachunterricht sowohl für Sachkenntnisse als auch für die Beherrschung der L1 zwar etwas weniger gut, jedoch statistisch nicht signifikant schlechter abschnitten als ihre MitschülerInnen im monolingualen Unterricht ( BRAUN et al. 2001). Dafür waren sie aber zweisprachig (vgl. L OCHTMAN 2005). In einem Kindergarten und in einer Grundschule in Clabecq, Ecole Communale de Clabecq, die 2008-2010 im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts ELIAS 9 untersucht wurde, wurden ähnliche Ergebnisse bei sehr jungen Kindern gefunden. In der niederländischen Grundschule wurde anfänglich relativ spät (im europäischen Vergleich) mit Englisch L2 angefangen (mit 10bis 12-Jährigen). Dieser Unterricht war wenig erfolgreich. Eins der Probleme war die geringe Sprachkompetenz und die fehlende Ausbildung der Lehrkräfte. Inzwischen wurde die Politik geändert. Es wird nichts auferlegt, Schulen und Lehrkräfte entscheiden selbst, was zu viel mehr Begeisterung und Einsatz führt. Zudem wird (freiwillig, nicht an allen Schulen) schon mit den 5bis 6-Jährigen angefangen ( DE B OT / M ALJERS 2009: 137 f). V ERSPOOR und E DELEN - BOS (2009) fanden beim Sachfachunterricht im Englischen erheblich bessere Ergebnisse für die Englischkompetenz als beim traditionellen Unterricht. 1.4.3 Zur besonderen Situation des Englischen Alle Niederländischsprachigen - im Norden und im Süden - können heute relativ gut Englisch. Dies hängt nicht nur mit dem Unterricht und mit der Sprachverwandtschaft zusammen. Wichtig ist auch, dass in kleineren Sprachgebieten im Fernsehen die Originalsprachen beibehalten werden, es wird nicht nachsynchroniert, nur untertitelt. Die häufigste Originalsprache in den Medien ist nun einmal Englisch, das so zum Teil nebenbei, also inzidentell im außerschulischen Kontext, erworben wird. Die Schule vermittelt den Niederländischsprachigen (in beiden Ländern) zwar den größten Anteil am Englischerwerb (58-59%), doch das ist erheblich weniger als in Deutschland, im französischsprachigen Belgien und in Frankreich (72, 77 und 82%, siehe DE B OT et al. 9 http: / / www.elias.bilikita.org/ (Zugriff am 28.12.2010) Fremdsprachenunterricht und Forschung in den Beneluxländern: ein Überblick 35 40 (2011) • Heft 1 2007: 68). Obwohl in Flandern Kinder schon in der Grundschule Französisch lernen und die Stundenzahl insgesamt viel höher ist als die für Englisch, sind (abgesehen von Brüssel und Umgebung) die Englischkenntnisse der SchülerInnen besser (K EMPS et al. 2009). 1.4.4 Zur Unterrichtssituation und Forschung 10 Aufgrund der sprachlichen und politischen Situation, die Folgen für den Fremdsprachenunterricht hat, werden die 3 Staaten im Folgenden getrennt behandelt, zudem die 2 größeren viel ausführlicher als Luxemburg. Zuerst wird jeweils die Situation im Fremdsprachenunterricht dargestellt, dann wird die didaktische Forschung und die zum Spracherwerb erörtert. Dabei soll der Nachdruck auf Englisch und Deutsch als Fremdsprache liegen, doch die wichtigen Fremd-/ Zweitsprachen Niederländisch und Französisch können bei der Darstellung besonders der Unterrichtssituation nicht völlig außer acht gelassen werden. Zudem sind Forschungsergebnisse oft übertragbar auf den Erwerb anderer Fremdsprachen. In den Niederlanden besteht seit Jahrzehnten ein zentrales Testinstitut (CITO, Centraal Instituut voor Toetsontwikkeling), das auch über das Testen der Sprachfertigkeit forscht und natürlich Sprachtests entwickelt. In Belgien wird auf diesem Gebiet wenig geforscht (aber siehe D ECLOEDT / S ERCU 2006), und es werden keine zentralen Sprachtests hergestellt, es sei denn für Niederländisch als Fremdsprache, wofür die international anerkannte Prüfung Certifikaat Nederlands als Tweede taal entwickelt wurde (ein Projekt der Nederlandse Taalunie, Zentrum an der Katholieke Universiteit Leuven; http: / / www.cnavt.org/ main.asp). Bei der Besprechung der Forschung können natürlich nur einige Hinweise gegeben werden. Es ist nicht möglich, alle Forschenden im Fachgebiet zu erwähnen und die Wahl wird zwangsläufig subjektiv sein. Luxemburg hat fast keine nennenswerte Forschung im Bereich des Fremdsprachenerwerbs oder -unterrichts. Für die Niederlande und Belgien wird versucht, einige Tendenzen anzudeuten sowie einige der wichtigen AutorInnen zu erwähnen, aus Platzgründen möglichst mit nur einem Literaturhinweis. Interessierte finden weitere Informationen auf den Webseiten der jeweiligen AutorInnen. Zudem beschränken wir uns vorwiegend auf die vergangenen 20 Jahre. Eine sehr nützliche Informationsquelle für die Forschung in den Niederlanden ist V ERSPOOR / C REMER (2008). Sie berichten auf Englisch über in niederländischer Sprache veröffentlichte Forschungsberichte der Periode 2002-2006. In den Niederlanden besteht im Fachgebiet eine starke Forschungstradition, was sich u.a. darin zeigt, dass Forschende mit internationaler Bekanntheit keine Ausnahme bilden und dass an vielen größeren Projekten gearbeitet wird. 10 Für nützliche Hinweise und Korrekturen danken wir Prof. Dr. Jan H ULSTIJN , Universiteit van Amsterdam. 36 Madeline Lutjeharms, Katja Lochtman 40 (2011) • Heft 1 2. Niederlande 2.1 Fremdsprachenunterricht Die politische Aufmerksamkeit für den Fremdsprachenunterricht hat seit den 1990er Jahren stark zugenommen. Dazu hat das Nationaal Bureau Moderne Vreemde Talen mit mehreren Veröffentlichungen, wie mit einer Bestandsaufnahme und Anregungen, beigetragen (siehe Anmerkung 4). 2.1.1 Sekundarstufe und Universität In den Niederlanden ist Englisch heute unumstritten die erste Fremdsprache. Aber so wie es die EU empfiehlt, sollen im Prinzip 3 Sprachen (Schulsprache und 2 Fremdsprachen) auf allen Unterrichtsstufen unterrichtet werden. Die nach Englisch am häufigsten gewählten/ angebotenen Fremdsprachen sind immer noch die traditionellen Nachbarsprachen, Französisch und/ oder Deutsch. In der allgemeinbildenden Schule (vwo, 20% der SchülerInnen) sind diese 3 Fremdsprachen Pflichtfach, allerdings mit viel mehr Stunden für Englisch als für Französisch bzw. Deutsch (400 versus jeweils 160). Als Wahlfach kann eventuell noch eine weitere Sprache gewählt werden. In den Schultypen, wo nach Englisch meist nur eine weitere Fremdsprache gewählt wird (havo, etwa Mittel- oder Realschule, 20% und vmbo, Berufsschule, 60% der SchülerInnen), hat Deutsch erheblich mehr Erfolg als Französisch. So machten im havo 2002 nur 38% der SchülerInnen die Schlussprüfung Französisch, dagegen 70% die für Deutsch (NaB 1: 22). Im Berufsleben ist die Nachfrage nach Deutsch höher, besonders im Osten und an der Küste. In der Praxis scheint die Sprechfertigkeit im Deutschen relativ gut zu funktionieren, doch das Kenntnisniveau im Französischen reicht für Gespräche nicht aus (ebd. 33). Während die Sprachfertigkeit für Englisch gleich geblieben ist, ist das Niveau für Deutsch und Französisch zurückgegangen (C ANTON / K LEIN 2009). Die CITO-Tests für Deutsch und Französisch sind leichter geworden, die Testergebnisse allerdings nicht besser. Auch die Lehrkräfte beobachten den Rückgang. C ANTON und K LEIN (2009) empfehlen, wie in Flandern die Sprachkenntnisse sehr regelmäßig zu testen. Seit 2009 werden die Ergebnisse der CITO-Tests in die Leistungsniveaus des GeR umgesetzt (TaalstERK, ERK= GeR). Dies wird auch für die Schulresultate angestrebt. Fast alle Lernenden sind im Stande, einen GeR-Leistungsnachweis zu erreichen und also ein Zertifikat zu erhalten, auch bei einer sehr niedrigen Sprachkompetenz. Das dürfte motivierend wirken. Die Autoren schlagen auch noch einige Projekte vor, die die Motivation erhöhen könnten. In einer Empfehlung für das Parlament (Tweede Kamer) 2008 (http: / / www.onder wijsraad.nl, anklicken: publicatie, 2008, Vreemde talen in het onderwijs 19 juni 2008) wird vorgeschlagen, weiterhin Englisch als erste Fremdsprache anzubieten. In Grenzgebieten können allerdings auch Deutsch oder Französisch gewählt werden. Damit das Curriculum nicht erschwert wird, soll schon in der Grundschule bis zu 15% des Unterrichts in der ersten Fremdsprache stattfinden (Sachfachunterricht). Der Fremd- Fremdsprachenunterricht und Forschung in den Beneluxländern: ein Überblick 37 40 (2011) • Heft 1 sprachenunterricht soll früher anfangen und länger fortgesetzt werden. Auch in den Berufsschulen soll eine 2. Fremdsprache gelernt werden. Wichtig ist die Weiterbildung der Lehrkräfte, besonders die der Grundschule, die bis jetzt nur wenig bis überhaupt nicht für den Fremdsprachenunterricht ausgebildet wurden. Die Empfehlung fängt mit der Feststellung an, dass in den Niederlanden die Fremdsprachenkompetenz nicht so gut ist, wie es die Selbsteinschätzung vermuten lässt, und dass eine bessere Fremdsprachenbeherrschung für die Wirtschaft unerlässlich ist. An den Universitäten findet der Sprachunterricht meist in halbautonomen Sprachinstituten statt. Besonders in wirtschaftlichen Fachrichtungen ist Fremdsprachenunterricht gefragt. Die angebotenen Fremdsprachen sind neben den 3 traditionellen meist noch Spanisch, Italienisch und Russisch. Die für das akademische Studium erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse sind in allen Fällen natürlich Englisch, aber zusätzlich gelegentlich auch Lesefertigkeit in Deutsch, nur selten in anderen Sprachen (NaB 1: 99 f). Bei Sprachstudierenden ist das für ein BA-Diplom erforderliche Niveau rezeptiv fur Englisch, Französisch und Deutsch gleich (Hörverständnis C1, Leseverständnis C2). Aber während für Englisch bei Sprech- und Schreibfertigkeit C1 erwartet wird, ist das für die beiden anderen Sprachen nur B2 (NaB 1: 31). 2.1.3 Lehreraus- und Weiterbildung In der Fremdsprachenlehrerausbildung außerhalb der Universitäten (Pädagogische Hochschulen) sind die Studentenzahlen für Englisch und Französisch bis 2001 etwas gesunken, für Deutsch stabil aber auch niedriger geblieben (NaB 1: 25). An den Universitäten ist das Interesse für Deutsche Sprache und Kultur seit Jahren äußerst gering. 2001 fingen (alle Unis zusammengezählt) 57 Studierende mit Deutsch an (ein weiterer Rückgang, aber seitdem scheint der Tiefpunkt überwunden zu sein), 120 mit Spanisch, 131 mit Französisch und 494 mit Englisch (NaB 1: 27). Die Tatsache, dass von diesen Studierenden nur eine Minderheit die Lehrerausbildung wählt, führt zu einem allgemeinen Mangel an Sprachlehrkräften, besonders aber für Deutsch (NaB 1: 84; Zitat der Bildungsministerin in E DELENBOS / DE JONG 2009: 266). Die mangelnde Attraktivität des Lehrerberufs könnte damit zusammenhängen, dass Lehrkräfte in den Niederlanden 30% mehr Unterrichtsstunden als im EU-Durchschnitt haben und 30-40% mehr SchülerInnen. Die Weiterbildung geschieht vorwiegend in den betreffenden Lehrkräfteverbänden. Weitaus der wichtigste Verein ist Levende Talen (VLLT, Verein der Lehrkräfte moderner Sprachen, übrigens nicht nur der Fremdsprachen, auch des Niederländischen als L1 und L2, http: / / www.levendetalen.nl/ ), der sprachübergreifend arbeitet. Die Zielsetzungen des Vereins sind: - die Förderung und Entwicklung des Sprachunterrichts in allen modernen Sprachen - das Vereinen und Informieren der Sprachlehrkräfte - die Vertretung der Interessen der Sprachlehrkräfte. 38 Madeline Lutjeharms, Katja Lochtman 40 (2011) • Heft 1 Levende Talen organisiert viele Studientage. Die Zeitschrift mit demselben Namen besteht seit 1911. Es ist die wissenschaftliche Zeitschrift, die 4x im Jahr erscheint. Bei vielen Beiträgen geht es um Berichte empirischer didaktischer Forschung. Heute sind die älteren Jahrgänge on-line zugreifbar (über die Webseite http: / / www.ltprojecten.nl/ tijdschrift). Zudem erscheint 8x im Jahr das Magazine, die stärker praxisorientierte Zeitschrift (Webseite http: / / www.ltprojecten.nl/ magazine). Levende talen zeugt davon, dass gelegentlich auch Lehrkräfte aus der Sekundarstufe sich an didaktischer Forschung beteiligen. Die niederländische AILA-Abteilung (Anéla, http: / / www.anela.nl) ist viel stärker als die belgische ABLA, die hin und wieder Phasen der Nicht-Aktivität erlebt. ABLA- Mitglieder beteiligen sich übrigens oft an Anéla-Studientagen. Die Anéla-Zeitschrift TTWiA (Toegepaste (= angewandte) Taalwetenschap in Artikelen) erscheint 2x im Jahr und richtet sich stärker als Levende Talen nur an Lehrende und Forschende an den Universitäten. Dreimal im Jahr veröffentlicht Anéla ein Infobulletin. Weitere hier relevante Fachverbände sind: - VLoD: Verband der Ausbildenden für Deutsch an Pädagogischen Hochschulen (Vereniging van Lerarenopleiders Duits). Zur Zeit beschäftigt sich der Verband u.a. mit der Entwicklung von Tests für Studierende der PHs. - VEDOCEP: Netzwerk der Englischlehrkräfte an pädagogischen Hochschulen. Der Verein gehört inzwischen zu Levende Talen und setzt sich besonders für die Förderung der Qualität des Englischunterrichts in der Grundschule ein. - GermanistInnen an den Universitäten sind in VGNU (Vereniging van Germanisten aan de Nederlandse Universiteiten) vereinigt. VGNU beschäftigt sich allerdings nicht direkt mit Sprachunterricht und -erwerb. 2.1.4 Der Mangel an DaF-Lehrkräften Durch den geringen Erfolg des Deutschstudiums an der Universität herrscht für Deutsch Lehrermangel. Womit hängt die Unbeliebtheit des Deutschen zusammen? Es ist wohl ein Zusammenspiel vieler Faktoren. Einige seien hier (spekulativ und im Vergleich zu Belgien) erwähnt. Der 2. Weltkrieg spielt, wenn auch inzwischen abnehmend, immer noch eine Rolle. Seit Napoleon hatten die Niederlande keinen Krieg mehr erlebt, wodurch diese Kriegserfahrung wohl als einschneidender erlebt wurde als in Belgien, das immer wieder überfallen worden ist. Deutschland ist auch der große Nachbar, unverzichtbar für die Wirtschaft, aber eben nicht unbedingt beliebt. Für Belgien ist die deutsche Wirtschaft auch sehr wichtig, aber das Land hat in Frankreich einen weiteren großen Nachbarn. Deutsch ist durch die enge Sprachverwandtschaft insgesamt für Niederländischsprachige keine sehr fremde Sprache. Syntaktisch bestehen kaum Unterschiede, der Wortschatz ist in großen Teilen verwandt, nur das Deklinationssystem ist neu und bereitet große Schwierigkeiten. Darum gilt Deutsch, das für Niederländischsprachige eigentlich nicht schwer ist, doch als schwierige Sprache. Die Beliebtheit in den Niederlanden von Listen mit falschen Freunden dürfte auch zu diesem Ruf beigetragen haben (für Literaturangaben dazu siehe L UTJEHARMS 2011). Fremdsprachenunterricht und Forschung in den Beneluxländern: ein Überblick 39 40 (2011) • Heft 1 2.2 Unterrichtsbezogene Forschung Die Methodik ist seit Ende der 1980er Jahre kein Streitpunkt mehr und wird in der Fachliteratur kaum noch berücksichtigt. Lernziel bleibt die kommunikative Kompetenz. Forschung zur Rolle von Lehrmaterialien hat gezeigt, dass sie als einzelner Faktor wenig Gewicht haben. Am wichtigsten ist, wie sie im Unterricht eingesetzt werden. Wichtige Eigenschaften von Lehrmaterialien sind die Klarheit und Ordnung von Lernzielen und Inhalten sowie die Verwendung von advance organizers und von Evaluierungen kombiniert mit Rückmeldung und der Vorgabe korrigierender Hinweise (NaB 1: 59 f). Empirische Forschung besteht u.a. zur Rolle des Kontextes beim Wortschatzerwerb (M ONDRIA 1996), zur Rolle des Unterrichtens beim Erwerb grammatischer Strukturen (H ULSTIJN / DE G RAAFF 1994) und zu Lesestrategien (M ULDER 1996; B IMMEL 1999, der für Englisch nicht ohne Weiteres Transfer der muttersprachlichen Lesefertigkeit fand). Viele AutorInnen haben über Leseverständnis, über Wortschatzerwerb und über explizites Lernen (u.a. H ULSTIJN ) veröffentlicht. Die Zielsprache war Französisch (M ONDRIA 1996, M ULDER 1996) oder Englisch (NaB 1: 61). Für Deutsch berichtet S ASSEN (2001), dass der Einsatz von E-Mail mit MuttersprachlerInnen die kommunikative Kompetenz erhöht. Vor allem Englisch und Französisch sind jedoch Zielsprachen (das zeigt sich auch bei den Beiträgen der Zeitschrift Levende talen, siehe auf der Webseite: Archief). In der empirischen Forschung kommt Deutsch nur selten vor (eine Ausnahme bildet K LEIN G UNNEWIEK 2000). Dies könnte mit der geringen Studentenzahl für Deutsch zusammenhängen, denn die Forschung wird vor allem in der Form von Doktorarbeiten durchgeführt. Auch Traditionen in den Sprachabteilungen der Universitäten könnten eine Rolle spielen. Einige Universitäten sind in der Forschung besonders aktiv. V ERSPOOR und C REMER (2008: 183) erwähnen für den fremdsprachlichen Bereich Groningen und die beiden Amsterdamer Universitäten. Da nur eine Minderheit der Lehrkräfte sich gelegentlich an Fortbildungsaktivitäten beteiligt (W ESTHOFF in NaB 1: 109, 25%), kommen sie eher selten mit wissenschaftlichen Erkenntnissen in Berührung. 2.3 Fremdsprachenerwerbsforschung Psycholinguistische Forschung ist gut vertreten in den Niederlanden. Dazu hat wohl besonders die Anwesenheit von Willem Levelt beigetragen. Er war der erste Direktor des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik (1980-2006), das in Nimwegen errichtet wurde. Das Niederländische dürfte aus diesem Grund beim Vergleich der Verarbeitung mehrerer Sprachen häufig eine der Experimentiersprachen sein, oft mit den verwandten Sprachen Englisch und Deutsch. Aus Nimwegen, auch aus der dortigen Universität, kommt daher eine ganze Reihe von PsycholinguistInnen. Stellvertretend sei hier die Psychologin Annette M.B. DE GROOT (2010) genannt (Amsterdam, UvA). Die Psycholinguistik hat eine noch ältere Tradition mit dem Psychologen Carel F. van Parreren, der schon in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre über Fremdspracherwerb forschte und besonders auch in russischer Sprache veröffentlichte Ergebnisse vermittelte. Beiträge 40 Madeline Lutjeharms, Katja Lochtman 40 (2011) • Heft 1 zum inzidentellen/ intentionellen Wortschatzerwerb und zur Automatisierung unterer Verarbeitungsprozesse kommen u.a. aus Amsterdam (UvA, H ULSTIJN et al. 2009). An der dortigen VU wird der Erwerb finiter Verbformen untersucht (J ORDENS 2004, u.a. Deutsch und Niederländisch als L2). Kees de Bot (Groningen) hatte Erfolg mit einer Bearbeitung des Sprecher-Modells von Levelt ( DE B OT 1992). In Groningen wird auch über die Dynamic Systems Theory geforscht. Dabei wird von einer nicht-linearen Entwicklung beim Spracherwerb ausgegangen: Bevor sich das fremdsprachliche System im Lerner ändert, kann eine Periode der Instabilität beobachtet werden (u.a. S POELMAN / V ERSPOOR 2009). 3. Belgien 11 3.1 Fremdsprachenunterricht Durch die in Belgien für den Unterricht immer noch geltenden Sprachgesetze darf der Unterricht - wie schon erwähnt - nur in der für die jeweilige Gemeinschaft offiziellen Sprache stattfinden. Eine Ausnahme bildet dabei der traditionelle Fremdsprachenunterricht (in der Flämischen wie in der Französischen Gemeinschaft) und der Immersionsunterricht in der Französischen Gemeinschaft, wo 1998 ein Dekret erlassen wurde (,Onkelinckx-Dekret‘), das es Schulen ermöglicht, Immersionsunterricht oder CLIL anzubieten. 12 Dies ist als ein politischer Durchbruch für den belgischen Fremdsprachenunterricht zu betrachten. Leider hatte dieser Erlass infolge der Föderalisierung Belgiens keinen Einfluss auf die Organisation des Fremdsprachunterrichts in der Flämischen Gemeinschaft. So ist in Flandern der Sachfachunterricht immer noch gesetzlich verboten. Dies hängt mit der Geschichte Flanderns zusammen. Die Niederländischsprachigen fühlten sich lange Zeit von Französischsprachigen unterdrückt und mussten einen langen Kampf für Unterricht in der Muttersprache führen. Deswegen legen sie großen Wert auf Unterricht in der eigenen Sprache. Allerdings scheint sich auch im flämischen Unterricht die Lage zu ändern. Aufgrund eines Erlasses vom April 2004 dürfen in der Grundschule, wo bisher nur Französischunterricht in den Klassen 5 und 6 gegeben wurde, zusätzlich auch andere Sprachen unterrichtet werden (vgl. L OCHTMAN 2005; http: / / www.ond.vlaanderen.be/ ). Zudem ist ein früherer Anfang mit dem Fremdsprachenunterricht erlaubt, wobei aber immer mehr auf den Englischerwerb eingesetzt wird. So plädierte der heutige flämische Minister für Bildung, Pascal Smet, am 26.10.2010 aus Anlass des Europäischen Sprachentags für die Einführung des Englischen als erster Fremdsprache in Flandern 13 , was allerdings auf allgemeine Ablehnung stieß. Zudem wird in den letzten drei Jahren auch in Flan- 11 In Belgien fehlt eine Bestandsaufnahme wie die von NaB-MVT. 12 http: / / www.enseignement.be/ index.php? page=23801&navi=33 (Zugriff am 28.12.2010) 13 http: / / www.politics.be/ persmededelingen/ 26715/ (Zugriff am 28.12.2010) Fremdsprachenunterricht und Forschung in den Beneluxländern: ein Überblick 41 40 (2011) • Heft 1 dern in einigen Versuchsschulen mit CLIL experimentiert (S ERCU / S TROBBE 2010), wobei als Zielsprachen Englisch und Französisch gewählt werden. 14 3.1.1 Sekundarstufe und Universität Sowohl in Flandern als auch in Wallonien sind die SchülerInnen etwa 10 Jahre alt, wenn sie im traditionellen Schulsystem zum ersten Mal mit Fremdsprachenunterricht konfrontiert werden. In Brüssel hingegen fängt der Unterricht mit etwa 8 Jahren an (V AN DE C RAEN et al. 2007). Dabei handelt es sich entweder um Französisch oder um Niederländisch als Fremdsprache. Mit dem Englischunterricht wird erst im zweiten Studienjahr des Sekundarunterrichts angefangen. Die SchülerInnen sind dann ungefähr 13 bis 14 Jahre alt. Deutsch wird in der belgischen Sekundarstufe erst im Alter von etwa 16 Jahren und in den staatlichen Schulen oft nur noch in den zwei letzten Jahren der Sekundarschule - wenn überhaupt - angeboten, und zwar zwei Wochenstunden in der allgemeinbildenden Schule in den neusprachlichen Abteilungen (vgl. L OCHTMAN 2009; http: / / www.ond.vlaanderen.be/ ). Im belgischen Unterrichtswesen ist Deutsch meist die dritte Fremdsprache und muss immer mehr gegen das heute viel erfolgreichere Spanisch ankämpfen. In den französischsprachigen Schulen wird kaum noch DaF unterrichtet (bis auf das Grenzgebiet zu Ostbelgien). Es werden aber auf allen Unterrichtsstufen mindestens 2 Fremdsprachen unterrichtet, so wie es die Europäische Union empfiehlt. Seit einiger Zeit wächst Unzufriedenheit mit dem traditionellen schulischen Fremdsprachenunterricht in Belgien. Die Sprachkenntnisse der SchülerInnen sowohl in der Grundschule wie in der Sekundarstufe sind nicht befriedigend. In Flandern gehen die Französischkenntnisse stark zurück. Um die Englischkenntnisse steht es nicht so schlecht, aber auch sie könnten verbessert werden (vgl. H OUSEN et al. 2001). Belgien verfügt über ein gut ausgebautes Netzwerk von staatlich geförderten Zentren der Erwachsenenbildung, in denen Sprachkurse meist den Schwerpunkt bilden. Vor der Einführung des Bologna-Abkommens studierte man an den belgischen Universitäten entweder „Germanische Sprachen“ oder „Romanische Sprachen“. Die Studierenden mussten zwei germanische bzw. romanische Sprachen wählen. Für alle Sprachen waren Grundkurse für sowohl Literaturals auch Sprachwissenschaft vorgesehen. Inzwischen hat sich die Hochschullandschaft, auch was das Sprachenstudium an der Universität betrifft, eingehend geändert. Seit 2004 heißt das Studium beispielsweise Taalen Letterkunde (in der Flämischen Gemeinschaft) bzw. Langues et littératures modernes (in der Französischen Gemeinschaft) (jeweils: Sprach- und Literaturwissenschaft). Die Studierenden müssen immer noch zwei Sprachen wählen, können allerdings aus allen an der jeweiligen Universität als Hauptfach angebotenen Sprachen wählen, wodurch sie jetzt auch eine germanische mit einer romanischen Sprache kombinieren können. Beliebt sind vor allem Englisch und Spanisch. Wenn Deutsch gewählt wird, kann es sein, dass die Lernergruppe, was die Deutschkenntnisse angeht, teilweise 14 http: / / www.ond.vlaanderen.be/ nieuws/ archief/ 2007/ 2007p/ 0705-CLIL.htm (Zugriff am 28.12.2010) 42 Madeline Lutjeharms, Katja Lochtman 40 (2011) • Heft 1 aus völligen AnfängerInnen besteht. Dies hängt damit zusammen, dass die Sekundarschulen immer weniger Deutschstunden anbieten. Die Lage des Sprachunterrichts in den nicht-philologischen Fachrichtungen ist ähnlich wie in den Niederlanden, mit dem Unterschied, dass Niederländisch bzw. Französisch viel wichtiger sind als Deutsch. In den wirtschaftlichen Fachrichtungen besteht für Deutsch als 3. Fremdsprache durchaus noch Interesse. 3.1.3 Lehreraus- und Weiterbildung und der Mangel an Fremdsprachenlehrkräften Die Anzahl der LehramtskandidatInnen geht in Belgien (sowohl an den PHs wie an den Universitäten) zurück, was auf ein nachlassendes Interesse für eine Laufbahn in Unterrichtsberufen überhaupt hinweisen mag. Deswegen entsteht allmählich ein Mangel an Fremdsprachenlehrkräften. Die Lehrerausbildung an der Universität beschränkt sich auf ein Hochschuljahr (60 Credits) und ist erst nach dem Sprachenstudium anzufangen. Die Weiterbildung geschieht vorwiegend an den Hochschulen und Universitäten, oft (mit)organisiert von Lehrkräfteverbänden. Der Verein für Deutsch ist der BGDV (Belgischer Germanisten- und Deutschlehrerverband), der oft in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Brüssel und mit den Universitäten Fortbildungsveranstaltungen für Deutschlehrkräfte organisiert. Die Zielsetzungen des Vereins sind (http: / / www.bgdv. be/ ): - Förderung von Deutsch als einer der drei Landessprachen Belgiens, als Fremdsprache in Flandern und im frankophonen Wallonien. - Unterstützung von Hochschuldozenten, Lehrern, Übersetzern und Dolmetschern in diesem Sinne. So veranstaltet der Verband u.a. alljährlich eine Reihe von Studientagen an verschiedenen Orten in Belgien sowie ein Sommerseminar im deutschsprachigen Ausland. - Veröffentlichung von zwei Zeitschriften: ein wissenschaftliches Periodikum, „Germanistische Mitteilungen“ (erscheint zweimal jährlich), und eine didaktische Fachzeitschrift, gleichzeitig Mitteilungsblatt, „Der Rundbrief“ (erscheint einmal im Jahr). Der BGDV ist Mitglied im Internationalen Deutschlehrerverband (IDV). Ähnliche Vereine sind der VVLE (Vlaamse Vereniging voor Leerkrachten Engels) oder der BVLF (Belgische Vereniging voor Leraren Frans van de Vlaamse Gemeenschap), beide nur für Flandern. Englischlehrkräfte können sich auch an den British Council in Brüssel wenden. In Wallonien gibt es eher sprachübergreifende Vereine wie das Centre d’Animation en Langues (http: / / www.animationlangues.be/ ). Die Niederländischlehrkräfte haben die ANBF (Association des néerlandistes de Belgique francophone et de France), die auch Studientage organisiert (http: / / www.anbf.be/ ). Die belgische AILA- Abteilung (ABLA, http: / / www.abla.be/ ) ist forschungsorientiert. Fremdsprachenunterricht und Forschung in den Beneluxländern: ein Überblick 43 40 (2011) • Heft 1 3.2 Sprachlehrforschung Die Sprachlehrforschung wird in Belgien an Universitäten entweder innerhalb von Forschungszentren (wie Acquilang, http: / / www.vub.ac.be/ TALK/ ? q=node/ 3#dimension, an der Vrije Universiteit Brussel, und Foreign Language Acquisition and Education, http: / / www.ling.arts.kuleuven.ac.be/ flae/ , an der Katholieke Universiteit Leuven) oder - und zwar vor allem - von einzelnen Forschenden durchgeführt. Jede Universität hat eigene Schwerpunkte. So findet u.a. die Spracherwerbsforschung, die angewandte kognitive Linguistik und die Forschung über Mehrsprachigkeit vorwiegend - aber natürlich nicht nur - in Brüssel an der Vrije Universiteit Brussel statt (G ARCIA / B AETENS B EARDSMORE 2009; D ECONINCK / B OERS / E YCKMANS 2010; G ODFROID / H OUSEN / B OERS 2010; L OCHTMAN / M ÜLLER 2009, L UTJEHARMS 2007; M ONDT 2007; V AN DE CRAEN et al. 2007). Schwerpunkte an der Universität Antwerpen sind der akademische Fremdsprachenerwerb (V AN DE P OEL / G ASIOREK 2008) und die Psycholinguistik (S ANDRA / Ö STMAN / V ERSCHUEREN 2009). Die Sprachlehrforschung (B ATEN / G OETHALS 2009), der interkulturelle Unterricht (S ERCU 2005) und der Wortschatzerwerb (P ETERS et al. 2009) sind Schwerpunkte an der Katholieke Universiteit Leuven. An der Universität Gent wird über den Morphologie-Erwerb in der Fremdsprache (Deutsch) geforscht (B ATEN 2011). In Namur (M ETTEWIE / P ETERS 2008) stehen CLIL und Attitüdenuntersuchungen beim Fremdsprachenerwerb im Mittelpunkt, während man sich in Lüttich mit dem Thema der Interkomprehension beschäftigt (M ÖLLER 2007). Schwerpunkt an der Université Catholique de Louvain ist die Analyse von Lernerkorpora (G RANGER / D AGNEAUX / M EUNIER / P AQUOT 2009). 4. Luxemburg 15 Die komplexe Sprachsituation in Luxemburg war in den 1970er und 1980er Jahren ein beliebtes Forschungsthema der Soziolinguistik. Während in Brüssel offiziell 2 Sprachen verwendet werden, sind es im Großherzogtum Luxemburg - wie schon erwähnt - sogar 3: Luxemburgisch ist Nationalsprache, Französisch und Deutsch sind Amtssprachen. Wie in Brüssel kommen viele Einwanderersprachen hinzu, wobei Portugiesisch am stärksten vertreten ist. Die Rolle als Nationalsprache hat nicht dazu geführt, dass Luxemburgisch weiter standardisiert oder in der Schule mehr verwendet wird (W AGNER 2010: 119). In der Grundschule wird pro Woche nur eine Stunde Luxemburgisch-Unterricht gegeben (ebd.: 119f.). Deutsch ist Einschulungssprache, im 2. Schuljahr kommt Französischunterricht hinzu. Im Gymnasium wächst die Präsenz des Französischen im Laufe der Zeit, da mehr und mehr Fächer in dieser Sprache unterrichtet werden. Da die Muttersprache Luxemburgisch ist, werden die Kinder also in einer Fremdbzw. Zweitsprache eingeschult. Allerdings ist die Nähe der Muttersprache zum 15 Für Korrekturen und nützliche Hinweise zur Situation in Luxemburg danken wir Dr. Melanie W AGNER (Université du Luxembourg). 44 Madeline Lutjeharms, Katja Lochtman 40 (2011) • Heft 1 Deutschen groß. Der Englischunterricht findet erst in der Sekundarstufe statt. Seit 2003 hat Luxemburg eine Universität, an der u.a. ein BA-Studium in Cultures Européennes, mit möglichen Schwerpunkten in Anglistik, Romanistik und Germanistik, angeboten wird. Zudem werden ein Master en langues, cultures et médias - Lëtzeburger Studien und ein Master in Learning and Development in Multilingual and Multicultural Contexts organisiert. Die Forschungsschwerpunkte sind im Bereich der Ethnolinguistik und der Sprachökologie in mehrsprachigen Unterrichtskontexten (L E N EVEZ / H ÉLOT / E HR - HART 2010). Für Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung werden seit einigen Jahren Didaktik-Seminare für Luxemburgisch als Fremdsprache durchgeführt. 5. Schlusswort Fremdsprachen sind in den Beneluxländern unentbehrlich. Dies hat mit der geographischen Lage sowie mit der Tatsache zu tun, dass Niederländisch - obwohl bei weitem die wichtigste Muttersprache - aus europäischer Sicht mit gut 20 Millionen MuttersprachlerInnen nur eine mittelgroße Sprache und international gesehen eine kleine Sprache ist. Fremdsprachenkenntnisse gehören für fast alle Niederländischsprachigen zu den Minimalanforderungen, während die Französischsprachigen Niederländisch im eigenen Land brauchen und die LuxemburgerInnen von Anfang an mehrsprachig aufwachsen. Im europäischen Vergleich ist die Mehrsprachigkeit deshalb gut entwickelt, und die Sprachlehrforschung hat an den Universitäten Tradition. Dass die Niederlande auf dem Gebiet der Forschung international am besten vertreten sind, hängt mit der Größe des Landes und wohl auch mit der Subventionspolitik zusammen. Was die Methodik/ Didaktik für den Fremdsprachenunterricht angeht, scheinen die Lehrkräfte eher konservativ zu sein, auch wenn in allen drei Ländern neue Ansätze wie CLIL Eingang finden. Die Ergebnisse des Fremdsprachenunterrichts werden in der Gesellschaft eher kritisch beurteilt. Literatur B ATEN , Kristof (2011): „Processability Theory and the Acquisition of the German Case System“. In: Language Learning 61/ 2 [im Druck]. 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