eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 40/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
2011
401 Gnutzmann Küster Schramm

Carola SURKAMP (Hrsg.): Metzler Lexikon Fremdsprachendidaktik. Ansätze – Methoden – Grundbegriffe. Stuttgart/Weimar: Metzler 2010, 352 Seiten [39,95 €]

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2011
Eynar Leupold
flul4010142
142 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 40 (2011) • Heft 1 Carola S URKAMP (Hrsg.): Metzler Lexikon Fremdsprachendidaktik. Ansätze - Methoden - Grundbegriffe. Stuttgart/ Weimar: Metzler 2010, 352 Seiten [39,95 €] Die Zeit, in der - abgesehen von den Themenheften fachdidaktischer Zeitschriften - vor allem die jährliche Veröffentlichung der Arbeitspapiere der Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts schlagartig einen Blick auf ein fachdidaktisches Thema ermöglichte und damit zugleich interessierten Kolleginnen und Kollegen aus der Unterrichtspraxis Einblick in die Verfasstheit der Disziplin „Fremdsprachendidaktik“ eröffnete, gehört der Vergangenheit an. Dokumentationen zu fachdidaktischen Forschungsprojekten, Einführungen in die Disziplin sowie Veröffentlichungen in den Formaten Wörterbuch, Glossar oder Lexikon machen deutlich, dass das Angebot zur Orientierung im Bereich der Fachdidaktik im Allgemeinen oder zur Vertiefung einzelner Aspekte fachdidaktischer Arbeit vielfältiger geworden ist. Das ist gut in einer Zeit, in der man den Eindruck gewinnen konnte, dass die bildungspolitische Diskussion der letzten Jahre - über die jeweilige Fachdisziplin hinweg - überwiegend von Vertreterinnen und Vertretern der Bildungsforschung offensiv in der Öffentlichkeit geführt wurde und die jeweilige Fachdidaktik - wenn überhaupt - sich eher reaktiv zu Worte meldete. Und angesichts dieser Situation ist auch die Publikation des Lexikons von C. S URKAMP , Professorin für Englische Fachdidaktik an der Universität Göttingen, sehr zu begrüßen. Im Vorwort skizziert die Herausgeberin knapp und sehr zutreffend den Wandel der Fremdsprachendidaktik von einer Instanz, in der aus der Praxis für die Praxis gearbeitet und publiziert wurde hin zu einer wissenschaftlichen Disziplin, die der Erforschung der Lehr- und Lernprozesse im Fremdsprachenunterricht verpflichtet ist. Die Hervorhebung des wissenschaftlichen Anspruchs fremdsprachendidaktischen Arbeitens setzt einerseits ein Ende in der früher ohnehin nie überzeugenden Unterscheidung zwischen Sprachlehr- und lernforschung hier und Fremdsprachendidaktik dort. Und sie kann andererseits als Maßstab genommen werden für die Einschätzung mancher Beiträge in Zeitschriften und auf Tagungen, die den Anspruch erheben, einen substantiellen fremdsprachendidaktischen Beitrag zu leisten. S URKAMPS Lexikon, das interdisziplinär insofern angelegt ist, als die Artikel von Expertinnen und Experten verschiedener Fremdsprachendidaktiken geschrieben wurden, bringt die in der Einleitung formulierten Grundsätze überzeugend in Übereinstimmung mit dem eigentlichen Lexikonteil. Der Herausgeberin ist es gelungen, 89 Autorinnen und Autoren vorwiegend aus der universitären Fremdsprachendidaktik für insgesamt 210 alphabetisch geordnete Einträge zu gewinnen. Ein systematisches Verzeichnis der Artikel im Anschluss an den eigentlichen Lexikonteil ermöglicht einen Einblick in die inhaltliche Vermessung des Lexikons, da jedes Stichwort einem der folgenden sieben Themenbereichen zugeordnet wird: Bezugswissenschaften und Teilbereiche, Ansätze und Konzepte, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen, Methoden, Materialien und Medien, Bildungspolitische und institutionelle Rahmenbedingungen sowie Grundbegriffe. Es ist müßig, sich darüber auszulassen, ob jeder Eintrag in dieser Systematik zutreffend seinen adäquaten Ort gefunden hat. Aber mit Blick auf den Leser hätte das Verzeichnis vorne im Buch und unter Hinzufügung der Seitenangabe für jeden Eintrag die Funktion einer zusätzlichen Information und Orientierung geboten. Was die alphabetisch angeordneten Einträge selbst betrifft, so werden sie in unterschiedlichem Umfang und in durchaus unterschiedlichem Grad an inhaltlicher Prägnanz dem von der Herausgeberin in der Einleitung formulierten Ziel einer „besseren Orientierung im Fach“ (S. VI) gerecht. Die Ausführungen sind durchweg gut verständlich und ermöglichen dem Leser, sich - wie es im Untertitel des Lexikons heißt - mit Ansätzen, Methoden und Grundbegriffen der Fremdsprachendidaktik vertraut zu machen. Unterhalb jedes Eintrags finden die Benutzer Lite- Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 143 40 (2011) • Heft 1 raturhinweise, die zur weiteren Vertiefung anregen. Für ihre Anzahl gab es offensichtlich keine Vorgaben. Die Auswahl der Verweise selbst durch die Autoren der Einträge ist natürlich subjektiv. Eine kritische Sichtung hinsichtlich ihrer Aktualität und wissenschaftlichen Reichweite hätte im Einzelfall zu überzeugenderen Hinweisen geführt. Jeder Eintrag wird durch eine Sigle beschlossen, die für den Namen des Autors bzw. der Autorin steht. Eine Gesamtübersicht am Ende des Buches erlaubt den Rückschluss von der Sigle auf den Namen, den Status sowie den Dienstort des Verfassers. Die Idee zur Verwendung von Siglen mag auch der Intention zur Reduzierung des Gesamtumfangs des Buches entsprungen sein. Aber sie ist wenig leserfreundlich, weil es stets eines Nachschlagens bedarf, um die Neugier zu befriedigen und sich zu vergewissern, wer denn den z.B. mit der Sigle KoSch, IDFH oder CHN gezeichneten Eintrag geschrieben hat. Zwischen einzelnen Stichwörtern sowie den einzelnen Artikeln wird mit Verweisen gearbeitet, die insgesamt Garant für eine gelungene Inhaltsvernetzung sind und so für den Leser die Möglichkeit zum Aufbau eines fachdidaktischen Wissensparcours bilden. Problematisch wird das Verfahren im Einzelfall, wenn z.B. bei dem Stichwort „Didaktik“ auf den Eintrag „Methodik“ verwiesen wird und kein eigener Eintrag für einen so wichtigen Begriff vorgesehen ist. Das Lexikon ist mit den 210 Einträgen und insgesamt 352 Seiten umfangreich und bietet jeweils einen guten Einstieg in ein fachdidaktisches Thema. Dass es sich bei dem Inventar um eine offene Liste handelt, ist selbstverständlich. Die abschließenden Überlegungen zu dem vorliegenden Lexikon sind der Frage gewidmet, wo man sich Ergänzungen hätte vorstellen können. Die folgenden Desiderata betreffen weniger den Kernbereich der Fremdsprachendidaktik als vielmehr den Rand der Disziplin. So sehr es zu begrüßen ist, dass es einen Eintrag „Zeitschriften“ gibt, in dem der Autor Udo O. H. J UNG zu der bemerkenswerten Feststellung kommt, dass „sich die deutsche Fachdidaktik vom internationalen Diskurs relativ stark abgekoppelt hat: Die Namen der nationalen und internationalen ‚Leitautoren‘ sind komplementär verteilt“ (S. 336), so sehr hätte man sich unter der Rubrik „Bildungspolitische und internationale Rahmenbedingungen“ auch einen Artikel zu dem Stichwort „Verbände“ gewünscht. Hier hätte die Aufmerksamkeit auf die DGFF, den GMF oder weitere fremdsprachliche Fachverbände in ihrer Rolle für fachdidaktische Entwicklungen dargestellt werden können. Eine zweite Überlegung hat ihren Ursprung in der Frage nach der Rolle der Fachdidaktik im Verhältnis zur allgemeinen Didaktik und zur Bildungsforschung. Angesichts zahlreicher Äußerungen zur Aufgabe und zu Grenzen der Fachdidaktik aus der Ecke der Bildungsforschung in den letzten Jahren 1 wäre sicherlich ein gesonderter Eintrag „Fachdidaktik“ über die Anmerkungen der Herausgeberin in der Einleitung hinaus ebenso wünschenswert wie ein gesonderter Eintrag „Bildungsforschung“. Lexika sind in ihrem Inhalt in keinem Fall einer Tagesaktualität verpflichtet. Wenn man die gegenwärtige bildungspolitische Diskussion zur Standardorientierung als ephemeres Phänomen bewertet, kann man - und dies ist der Fall in dem vorliegenden Lexikon zur Fremdsprachendidaktik - darauf verzichten, Kernbegriffe der Diskussion wie Bildungsbericht(erstattung), Bildungsziel, Bildungsmonitoring oder Vergleichsarbeiten mit gesonderten Einträgen zu bedienen. 1 Vgl. Eckhard K LIEME / Katrin R AKOCZY : „Empirische Unterrichtsforschung und Fachdidaktik“. In: Zeitschrift für Pädagogik 54 (2008), 222-237; Olaf K ÖLLER : „Bildungsstandards - Verfahren und Kriterien bei der Entwicklung von Messinstrumenten“. In: Zeitschrift für Pädagogik 54 (2008), 163-173; Ewald T ERHART : „Über Traditionen und Innovationen oder: Wie geht es weiter mit der allgemeinen Didaktik? “ In: Zeitschrift für Pädagogik 51, (2005), 1-13; Ewald T ERHART : Didaktik. Eine Einführung. Stuttgart: Reclam 2009. 144 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 40 (2011) • Heft 1 Aber die Frage bleibt, ob Lehrer/ -innen sowie die universitäre Fachdidaktik sich nicht doch auf Jahre hinaus mit dieser Orientierung auseinandersetzen müssen und ob nicht gerade deshalb die Aufnahme dieser Begriffe und ihre fachdidaktische Verortung eine Bereicherung des Lexikons sowie eine Chance zur Profilierung der Disziplin Fachdidaktik in der Gegenwart dargestellt hätte. Wir wissen heute, dass dem fachdidaktischen Professionswissen eine herausragende Bedeutung für die Qualität des Unterrichts zukommt. Das Lexikon Fremdsprachendidaktik ist in jedem Fall eine gute Quelle für alle, die ihr fachdidaktisches Wissen aufbauen bzw. erweitern wollen. Saint-Julien-les Villas E YNAR L EUPOLD Adelheid H U , Michael B YRAM (Hrsg.): Interkulturelle Kompetenz und fremdsprachliches Lernen. Modelle, Empirie, Evaluation - Intercultural competence and foreign language learning. Models, empiricism, assessment. Tübingen: Narr 2009, 294 Seiten [49,00 €] Die im Sammelband abgedruckten siebzehn Artikel dokumentieren die Ergebnisse eines im Mai 2008 an der Universität Hamburg durchgeführten interdisziplinären und internationalen Symposiums, welches zum Ziel hatte - so einleitend die Herausgeber (S. XII) -, ausgewiesene und anerkannte Experten zusammenzubringen, um einen intensiven Austausch über Fragen der Modellierung, Entwicklung, Förderung und Evaluation von interkultureller Kompetenz unter besonderer Berücksichtigung des Fremdsprachenerwerbs zu führen. 1 Vorausgegangen war ein gutes halbes Jahr zuvor ein Kolloquium im Rahmen einer Konferenz der DGFF („the development and evaluation/ assessment of intercultural competences“ [S. XIII]), welches gezeigt habe, dass eine monodisziplinäre Herangehensweise an das Thema nicht geeignet sei, die zahlreichen Aspekte interkultureller Kompetenz zu erfassen. Es sei deutlich geworden, dass der Zusammenhang zwischen Sprachentwicklung und/ oder Sprachenlernen und der Entwicklung von Einstellungen und Verhaltensweisen eines multidisziplinären Ansatzes bedürfe. Einer sehr informativen Einleitung von H U und B YRAM , in der auch zahlreiche offen gebliebene Fragen wie die, welchen Einfluss der Einsatz einer lingua franca auf den Kommunikationsprozess habe, präzise benannt werden, folgen Beiträge von Sprachdidaktikern und Spracherwerbsforschern aus der Anglistik, Germanistik und Romanistik, die alle einen Forschungsschwerpunkt im Bereich des kulturellen Lehrens und Lernens haben, sowie von Erziehungswissenschaftlern und Psychologen, die ebenfalls mit Fragen des Erwerbs von kulturellen Einstellungen sowie diesbezüglichen Messverfahren befasst sind. Zwölf der Verfasser/ innen der Beiträge (es gibt Beiträge mit zwei Autor/ inn/ en) arbeiten in Deutschland, sechs in Großbritannien, eine in Dänemark und eine in den USA. Die Beiträge sind sachlogisch in folgende fünf Unterkapitel gegliedert: „Konzeptuelle Fragen und theoretische Modellierungen“, „Entwicklungspsychologische Perspektiven“, „Diskursanalytische Ansätze“, „Messtheoretische Perspektiven und Erfahrungen“ sowie „Instrumente zur (Selbst-)Evaluation von Interkultureller Kompetenz“. Ein erster Blick in die Literaturverzeichnisse der siebzehn Artikel verdeutlicht bereits 1 Der Sammelband ist insofern ein Parallelprodukt zu S CHULZ , Renate A. / T SCHIRNER , Erwin (Hrsg.): Communicating Across Borders, Developing Intercultural Competence in German as a Foreign Language. München: Iudicium 2008 - den Erträgen einer ähnlich fokussierten Tagung knapp ein Jahr zuvor im Juni 2007 in Leipzig. Siehe zu beiden Sammelbänden den Beitrag von Jan Paul P IETZUCH : „‘Interkulturelle Kompetenz’ im Diskurs der Fremdsprachenforschung: Widerstreit - Sachzwang - Konsens? “ In: Deutsch als Fremdsprache 48.1 (2011), 39-48.