eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 40/2

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2011
402 Gnutzmann Küster Schramm

Wie sich mehrsprachigkeitsdidaktische Ideen in Lehrmaterialien umsetzen lassen – Vorstellung einiger konkreter Beispiele

121
2011
Britta Hufeisen
flul4020106
© 2011 Narr Francke Attempto Verlag 40 (2011) • Heft 2 B RITTA H UFEISEN * Wie sich mehrsprachigkeitsdidaktische Ideen in Lehrmaterialien umsetzen lassen - Vorstellung einiger konkreter Beispiele Abstract. This paper focuses on important issues and options in multilingual education, placing special emphasis on the challenging question of how to translate and implement recent research findings in teaching materials aimed at developing multilingual competence. After a brief outline of the ongoing discussion, the paper continues presenting some practical examples that were gathered and developed in an interdisciplinary pilot project conducted in foreign language classes and in other school subjects. The study identifies what has already been achieved in textbook research and development and indicates what could be achieved in the future. 1. Einführung Einleitend möchte ich zwischen gesellschaftlicher Mehr- und Vielsprachigkeit auf der einen und individueller Mehrsprachigkeit auf der anderen Seite unterscheiden. Mit Mehrbzw. Vielsprachigkeit meine ich das Verfügen über mehr als zwei Sprachen. Zweisprachigkeit ist allenfalls eine Sonderform von Mehrsprachigkeit, keineswegs aber synonym mit ihr. Mit gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit meine ich Gesellschaften, deren Mitglieder über mehrere gemeinsame Sprachen verfügen und in diesen miteinander sprachhandeln können. Diesen Zustand treffen wir meines Erachtens in sehr wenigen Gesellschaften an. Gesellschaftliche Vielsprachigkeit dagegen beschreibt einen Zustand wie den in Deutschland, wo viele Mitglieder der Gesellschaft über mehrere Sprachen verfügen, aber es nicht unbedingt viele gemeinsame Sprachen gibt, sondern nur Gruppen über gemeinsame Sprachenrepertoires verfügen. Ziemlich sicher verfügen aber nicht einmal alle in Deutschland Lebenden über eine für gesellschaftspolitische Partizipation ausreichende Sprachhandlungskompetenz in Deutsch. Individuelle Mehrsprachigkeit beschreibt das m.E. unterschiedliche Sprachenrepertoire einzelner Menschen und umfasst sowohl die - mitgebrachten - Erst- und Zweitsprache(n) samt ihrer regionalen Varianten, als auch die im Laufe des Lebens erlernten Zweit- und Fremdsprachen. K ÖNIGS (2004) unterscheidet hier zwischen retrospektiver (mitgebrachter) und prospektiver (noch zu erlernender) Mehrsprachigkeit. Europäisches Ziel ist nach dieser Terminologie die prospektive Mehrsprachigkeit Erstsprache(n) (jeweilige L1 plus zwei); diese wird uns in diesem Beitrag besonders be- * Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Britta H UFEISEN , Technische Universität Darmstadt, Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft und Sprachenzentrum, Hochschulstr. 1, 64289 D ARMSTADT . E-Mail: Hufeisen@spz.tu-darmstadt.de Arbeitsbereiche: Mehrsprachigkeitsforschung, Schreiben in der Fremdsprache, E-Learning Wie sich mehrsprachigkeitsdidaktische Ideen in Lehrmaterialien umsetzen lassen … 107 40 (2011) • Heft 2 schäftigen, wenngleich ich es an dieser Stelle für wichtig halte zu betonen, dass auch die retrospektive Mehrsprachigkeit noch stärker in den Blickpunkt rücken sollte, nicht nur um ihren Wert an sich hervorzuheben, sondern vor allem, um sie als mögliches Sprungbrett für die anzustrebende Mehrsprachigkeit auszunutzen. Als nächstes möchte ich schulisches Lernen und schulische Lernziele bzw. zu erreichende Kompetenzen andiskutieren: Streben wir C2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GeR) für alle Fertigkeiten in allen Sprachen bei allen Lernenden an, oder definieren wir für bestimmte Sprachen bestimmte Domänen, in denen unterschiedliche Kompetenzstufen anzustreben sind? Wir sind dabei zu erkennen, dass wir mit der Konzentration auf die kommunikative Kompetenz die Fertigkeiten Lesen und Schreiben vernachlässigt haben und dass nun manche Lernende Lücken in ihrer Textkompetenz aufweisen, die ihnen die oben erwähnte gesellschaftspolitische Teilhabe erschwert (vgl. E HLICH 2003). Dies betrifft bereits die Textkompetenz in der/ den L1(s) und meistens erst recht diejenige in der/ den Zweitsprache/ n. Diese nicht ausreichende Sprachhandlungskompetenz in den Fertigkeiten Schreiben und Lesen hat dann auch negative Folgen in den Fremdsprachen, oder anders herum ausgedrückt: Eine hohe Textkompetenz in der bzw. den L1 ist eine gute Ausgangsbasis für die Entwicklung einer soliden Textkompetenz in der ersten Fremdsprache (L2) (E ZHOVA -H EER 2011). Die L2 stellt dann wiederum eine Grundlage für die Entwicklung einer Textkompetenz in der L3 oder L4 dar. Es sieht derzeit übrigens so aus, als sei Englisch als erste Fremdsprache L2 nur bedingt hilfreich für die Textkompetenz in der L3, nämlich in erster Linie für die Rezeption, nicht aber unbedingt für die Produktion (vgl. G IBSON / H UFEISEN / L IBBEN 2001; F ISCHER / H UFEISEN 2010). Mehrsprachigkeitsdidaktische Prinzipien wie der Einbezug (einer) mitgebrachten/ r Sprache(n) sowie vorher gelernter Fremdsprachen, die Vorbereitung des Lernens weiterer Fremdsprachen, die Bewusstmachung und Einübung fremdsprachenlernstrategischer Verfahren ergeben sich aus empirischen Ergebnissen und mehrsprachigkeitstheoretischen Überlegungen (vgl. H UFEISEN 2010) und können sich idealerweise auch in der Konzeption von Lehrwerken und lehrwerkunabhängigen Lehrmaterialien niederschlagen. 2. Konsequenzen aus den Erkenntnissen von Mehrsprachigkeitsforschung und -didaktik für strukturell-organisatorische Entscheidungen und für Lehrmaterialien Lehrwerke und Lehrmaterialien, die nach mehrsprachigkeitsdidaktischen Prinzipien konzipiert sind, berücksichtigen die bereits erwähnte retrospektive Mehrsprachigkeitsdimension und - wenn es sich um erste Fremdsprachen handelt - beziehen vor allem die prospektive Mehrsprachigkeitsdimension mit ein. Am konkreten Beispiel ausgedrückt: Englischlehrwerke, die die nunmehr klassische erste Fremdsprache vertreten, bereiten idealerweise auch das weitere Fremdsprachenlernen vor und weisen so über sich selbst hinaus, wie K LIPPEL dies für den Englischunterricht allgemein formuliert: 108 Britta Hufeisen 40 (2011) • Heft 2 „Für einsprachige Kinder sollte er das positiv besetzte Eingangstor in das Sprachenlernen verkörpern, indem Sprachlernmotivationen geweckt und erhalten, interkulturelle Lernerfahrungen angebahnt, Sprachlernstrategien bestärkt und ausgebaut sowie Sprachbewusstsein gefördert werden. Diese Aufgaben kann der Englischunterricht nur dann erfüllen, wenn er von sprachlich kompetenten, fremdsprachendidaktisch ausgebildeten und engagierten Lehrkräften erteilt wird. Für zwei- oder mehrsprachige Kinder kann die Erfahrung des bewussten Sprachenlernens einer weiteren Sprache zum einen im Sinne eines positiven Transfers die Konsolidierung bisheriger Sprachlernerfahrungen und den gezielten Einsatz bewährter Strategien bedeuten [...]. Ein guter Englischunterricht kann dazu beitragen, individuelles Sprachenlernen als positive Erfahrung in der Persönlichkeit zu verankern, Sprachlernmotivationen für weitere Sprachen zu wecken, das Gespür für sprachlich formale sowie semantische und pragmatische Eigenheiten der Sprachen zu fördern, Flexibilität und Offenheit im Hinblick auf Sprachen und Kulturen anzuregen“ (K LIPPEL 2010: 117). Inwieweit der Englischunterricht dies bereits leistet, ist noch nicht klar belegt (vgl. H UFEISEN 2008). Im Übrigen betont auch K URTZ , dass der Englischunterricht für die affektive Konsolidierung des Fremdsprachenlernens im Ganzen Verantwortung übernehmen sollte: „Im Englischunterricht müssen vielmehr vor allem die affektiven (motivationalen, volitionalen) Grundlagen für das (Fremd-)Sprachenlernen insgesamt gelegt und - dies ist wohl die schwierigste Aufgabe für ein unterrichtliches Langzeitfach - schulstufenübergreifend über viele Jahre hinweg erhalten werden (Primarstufe > Sekundarstufe I > Sekundarstufe II)“ (K URTZ 2010b: 125). Inwieweit der Englischunterricht dies überhaupt leisten kann und tatsächlich leistet, müsste in Langzeituntersuchungen festgestellt werden (vgl. hierzu auch K URTZ 2011). Lehrwerke klassischer zweiter und weiterer Fremdsprachen beziehen das vorhandene Fremdsprachenpotenzial mit ein, rückverweisen auf dieses und benutzen es als Ausgangspunkt bzw. Brücke auf dem Weg zur neuen, weiteren Fremdsprache. Den Einbezug von retrospektiver Mehrsprachigkeit, wie K ÖNIGS sie versteht, d.h. den Einbezug von nichtdeutschen Herkunftssprachen leisten bislang vermutlich ausschließlich einige der klassischen Lehrwerke für Deutsch als Zweitsprache. Ein sprachenübergreifendes Vorgehen, wie es die Mehrsprachigkeitsdidaktik vorsieht, erfordert auf verschiedenen Ebenen und bei allen Beteiligten ein Umdenken bzw. ein Neudenken von Unterricht sowohl bei den Lernenden und auch bei den Lehrenden, aber auch bei den Eltern und natürlich in der Bildungspolitik; und bei allen ein Umdenken in Bezug auf strukturelle und organisatorische Gegebenheiten. Dazu gehört u.a. ein Abschiednehmen von Fächergrenzen und vom Konzept der additiven Mehrsprachigkeit, wie wir sie bislang kennen. Im Folgenden skizziere ich kurz eine mögliche Umsetzung (ausführlicher in H UFEISEN 2008, 2011) und gehe dann detaillierter darauf ein, wie sich mehrsprachigkeitsdidaktische Prinzipien in Lehrwerken und Lehr- und Lernmaterialien niederschlagen könnten. Im Rahmen eines Gesamtsprachencurriculums, welches alle an einer Bildungsinstitution vorkommenden Sprachen berücksichtigt - und dazu gehören nicht nur die klassischen und traditionellen Fremdsprachen, sondern auch Deutsch als Zweitsprache und die Herkunftssprachen - können sprachen-, fächer- und eigentlich auch Wie sich mehrsprachigkeitsdidaktische Ideen in Lehrmaterialien umsetzen lassen … 109 40 (2011) • Heft 2 jahrgangsübergreifende Planungen getätigt und Entscheidungen gefällt werden. Darüber hinaus können mehrsprachigkeitsdidaktische Elemente mittels eines konsequenten Content and Language(s) Integrated Learning-Einsatzes auch in die Sachfächer getragen werden. 3. Beispiele für sprachenübergreifende Lehrmaterialien, die an mehrsprachigkeitsdidaktischen Prinzipien ausgerichtet sind Lehrwerke und Lehrmaterialien, die systematisch sprachenübergreifend und an mehrsprachigkeitsdidaktischen Prinzipien ausgerichtet sind, sind noch rar gesät (vgl. hierzu beispielsweise V ICENTE [et al.] 2008), und es wird sie kaum in regulären Lehrwerkreihen geben. Dort kann man allenfalls mehrsprachigkeitsdidaktische Ausflüge erwarten, welche jedoch ein vielversprechender Anfang sind. Man darf annehmen, dass systematisch sprachen- und fächerübergreifende und an mehrsprachigkeitsdidaktischen Prinzipien ausgerichtete Lehrmaterialien vermutlich baukastenartig (modularisiert) aufgebaut sein müssten, um das individuelle Lernen und das Zugreifen auf unterschiedlichen Niveaus zu ermöglichen; idealerweise müssten sie fächer- und jahrgangsübergreifend (vgl. H UFEISEN 2005) organisiert werden und den Einsatz traditioneller und so genannter neuer Medien erlauben. Gelungene Beispiele sprachenübergreifender, mehrsprachigkeitsdidaktischer Lehrmaterialarbeit finden wir in B EHR (2005, 2006a), in welche nicht nur die Schulfremdsprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Latein mit aufgenommen worden sind, sondern auch Zweitsprachen wie Russisch und fächerübergreifende Aspekte wie die Fachsprache der Chemie. (Die Ergebnisse des dazu gehörigen Projekts werden in B EHR 2006b beschrieben und diskutiert. Weitergehende theoretische Überlegungen und Ideen für die Umsetzung finden sich in B EHR 2006c). B EHR (2006a) unterteilt ihre Anregungen in die Blöcke A. Einstieg - sprachenübergreifendes Lernen, B. Einblicke in verschiedene Sprachen. Wortschatz und Grammatik, C. Soziokulturelle Einblicke und D. Strategien. Ein weiteres Beispiel für eine sprachenübergreifende Herangehensweise stellt ein mehrsprachiges Arbeitsheft dar (D ÖLL -S CHMIDT [et al.] 2010), das von Schülern einer 9. Klasse des Darmstädter humanistischen Ludwig-Georg-Gymnasiums während einer Projektwoche zum Thema Mehrsprachigkeit, welche im Herbst 2010 im Fachgebiet Mehrsprachigkeitsforschung, Deutsch als Zweit- und Fremdsprache an der Technischen Universität Darmstadt stattfand, erstellt wurde und für künftige Projektwochen von Fünft- und Sechstklässlern zur Verfügung stehen soll. Es konzentriert sich auf bestimmte Schulsprachen, nämlich auf die an dieser Schule in der 5. Klasse unterrichteten Fremdsprachen Englisch, Französisch und Latein und auf sprachenbezogene Aspekte (d.h. weniger auf lernstrategische), zeigt aber deutlich auf, wie man zunächst beginnen kann, bereits in der 5. Klasse sprachenübergreifend zu arbeiten, um die Potenziale des Vergleichens, Transferierens und Ableitens zu verdeutlichen und bewusst zu machen. Die Herkunftssprachen einerseits und Deutsch als Zweitsprache 110 Britta Hufeisen 40 (2011) • Heft 2 andererseits sollen in einer zweiten Auflage während der nächsten Projektwoche mit einbezogen werden (vgl. hierzu auch H UFEISEN / N EUNER 2006). Im Folgenden möchte ich aus diesen beiden Publikationen Beispiele für die vier von B EHR (2006a) genannten Bereiche vorstellen: Für den Einstieg in das sprachenübergreifende Lernen wählt B EHR einen Ausschnitt aus Sprache, der den meisten Lernenden geläufig ist, nämlich Geburtstag feiern und aus diesem Anlass singen. In diesem Beispiel werden verschiedene Sprachen rund um das Lied Happy Birthday aufgelistet, und es gibt Raum für den Eintrag weiterer Sprachen (vgl. Abb. 1a und 1b [S. 111]). Abb. 1a: Einstieg in das sprachenübergreifende Lernen (B EHR 2006 a: 8) Wie sich mehrsprachigkeitsdidaktische Ideen in Lehrmaterialien umsetzen lassen … 111 40 (2011) • Heft 2 Abb. 1b: Einstieg in das sprachenübergreifende Lernen (B EHR 2006a: 8-9) Als Beispiel für Einblicke in verschiedene Sprachen: Wortschatz und Grammatik möchte ich zunächst das Memory-Spiel aus D ÖLL -S CHMIDT [et al.] (2010: 21 und 23) (vgl. Abb. 2a und 2b [S. 112]) vorstellen: 112 Britta Hufeisen 40 (2011) • Heft 2 Abb. 2a Abb. 2b W D w f w s a s V v c ( Wie sich mehrsp 40 (2011) • Dieses Spiel h weitere Sprac fachliche Inha werden und sprachigen Vo auch spieleris sprachen finde Veranschaulic verschiedenen chen sehr ähnl (vgl. Abb. 3 „ rachigkeitsdidak Heft 2 hat den Vorte hen - egal, o alte (Fachterm führt vielleich okabelkartei r che Tests dur en wir in B EH chung gewählt n (Quell-)Sprac lich ist, und da Fachsprache C ktische Ideen in L eil, dass es be ob Fremdsprac mini). 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Diese können sie, bei Vorhandensein von konkreten Münzen und Scheinen, in den Unterricht mitbringen und sie dort in verschiedenen Sprachen thematisieren. Vielleicht lassen sich sogar Vergleiche anstellen: Wie viel kostet beispielsweise ein Liter Milch in den ver- 116 Britta Hufeisen 40 (2011) • Heft 2 schiedenen Ländern, und wie viel wäre dies in den unterschiedlichen Währungen? Ist das jeweils teurer oder günstiger? In einer solchen Situation würde nicht nur sprachlich agiert werden. Das Thema ‚Küche und Essen‘ ist ebenfalls eines, welches soziokulturelle Einblicke gewährt und sich gut für schulische Mehrsprachigkeitsdiskurse eignet, die besonders auch die Herkunftssprachen und -kulturen mit einbeziehen und würdigen. Anschauliche Beispiele für Strategien finden wir ebenfalls in B EHR (2006a). An dieser Stelle möchte ich zeigen, wie Lernende angeregt werden sollen, Wörter, die sie nicht kennen, so zu umschreiben, dass sie trotzdem verstanden werden (vgl. Abb. 6 aus B EHR 2006a: 102). Im vorderen Teil dieses Teilkapitels werden diese Strategien beschrieben und aufgelistet. W W d m v 4 D w s Wie sich mehrsp 40 (2011) • Weiter hinten diese Strategi mind-map ein vor, wie sie in 4. Schluss Diese hier vor wir ihn bislang sich nicht sys rachigkeitsdidak Heft 2 im Teilkapite iemerksätze m nzutragen. Der n Abb. 7 „Strat sbemerkung rgetragenen Id g kennen, zun stematisch um ktische Ideen in L el (B EHR 2006 mit einem Sch r Lösungsschl tegien“ (aus B g deen sind für nächst noch uto msetzen lassen Lehrmaterialien u 6a: 106) werd hlagwort zu v lüssel zu dies EHR 2006a: 11 den regulären opisch; das m n, weil es an umsetzen lassen den die Lernen versehen und ser Aufgabe s 11) aufgelistet n Fremdsprach meiste des Vorg n allen mögli … nden aufgefor in eine stilis sieht Schlagwö t sind. henunterricht, geschlagenen w chen Dingen 117 dert, ierte örter wie wird wie 118 Britta Hufeisen 40 (2011) • Heft 2 äußeren Umständen (z.B. Fächergrenzen, Lehrpläne, Menschen als Bedenkenträger) scheitert, aber man muss sprachen- und fächerübergreifendes Lernen gedanklich trotzdem durchspielen, und man muss an konkreten Beispielen zeigen, wie es gehen könnte. Vielleicht sind Projektwochen ein erster Ansatz, sprachen- und fächerübergreifendes Lernen auszuprobieren (vgl. hierzu auch K URTZ 2004: 116-117). Die Beispiele zeigen, dass sich durchaus Fachleute sowie auch Schüler wie die des Ludwig-Georg-Gymnasiums (die sich freiwillig in die AG eingewählt hatten, weil sie Interesse an der Thematik hatten) Gedanken darüber machen, wie Materialien aussehen könnten, die nach mehrsprachigkeitsdidaktischen Prinzipien aufgebaut sind, und dass sich sprachen- und auch fächerübergreifendes Lernen schüler- und aufgabenorientiert gestalten lässt. Wenngleich nicht anzunehmen ist, dass es in nächster Zeit bereits sprachenübergreifende Lehrwerke geben wird (das ist eigentlich auch nicht das Ziel mehrsprachigkeitsdidaktischer Überlegungen), kann man nur hoffen, dass einerseits mehr Publikationen wie die von B EHR (2005, 2006a) und D ÖLL -S CHMIDT [et al.] (2010) erscheinen, und dass es andererseits nach und nach mehr Lehrkräfte gibt, die Materialien wie die genannten nicht nur im Rahmen einer Projektwoche, sondern zunehmend auch im Regelunterricht, der wo immer möglich auch die Fächergrenzen überschreiten darf, einsetzen werden. Literatur B AUR , Rupprecht S. / H UFEISEN , Britta (Hrsg.) (2011): „Vieles ist sehr ähnlich“ - Individuell und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit als bildungspolitische Aufgabe. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren. B EHR , Ursula (Hrsg.) (2005): Sprachen entdecken - Sprachen vergleichen. Kopiervorlagen zum sprachenübergreifenden Lernen Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Latein. 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Von Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 10 des Darmstädter Ludwig-Georgs-Gymnasiums in der Projektwoche 2010 erstellt. Darmstadt: Ludwig-Georgs-Gymnasium. E HLICH , Konrad (2003): „Differenzierte Schreibqualifizierung - eine gemeinsame Aufgabe für Schule und Hochschule“. In: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 2/ 3, 128-137. E ZHOVA -H EER , Irina (2011): „Untersuchungen zur Förderung der Schreibkompetenz der zugewanderten Kinder und Jugendlichen aus der ehemaligen Sowjetunion“. In: B AUR / H UFEISEN (Hrsg.), 115- 137. Wie sich mehrsprachigkeitsdidaktische Ideen in Lehrmaterialien umsetzen lassen … 119 40 (2011) • Heft 2 F ISCHER , Rotraut / H UFEISEN , Britta (2010): „Transferprozesse beim Produzieren deutschsprachiger wissenschaftlicher Texte von ausländischen NachwuchswissenschaftlerInnen mit Englisch bzw. Französisch als erster Fremdsprache. Vorüberlegungen zu dem Forschungsprojekt Transfer und Textkompetenz DaFnE/ F“. 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