Fremdsprachen Lehren und Lernen
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0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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Gnutzmann Küster SchrammEnglischlehrwerke und ihre unterrichtliche Verwendung – Ergebnisse einer nicht repräsentativen Befragung
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Markus Bohnensteffen
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© 2011 Narr Francke Attempto Verlag 40 (2011) • Heft 2 M ARKUS B OHNENSTEFFEN * Englischlehrwerke und ihre unterrichtliche Verwendung - Ergebnisse einer nicht repräsentativen Befragung Abstract. Textbooks are undoubtedly the most widely-used classroom materials in the teaching of English as a Foreign Language. However, research on English textbooks focuses almost exclusively on examining their potential. The question of how students and teachers actually use the materials is rarely addressed. This article begins with an overview of the advantages and disadvantages of using textbooks in the EFL classroom and suggests reasons for their popularity as a teaching medium. It then looks at the attitudes of German learners of English and their teachers towards the textbooks they use and goes on to report on an informal study, conducted in two German grammar schools, on what students and teachers thought about their English textbooks and supplementary materials. The findings serve as input for a more empirically-based discussion of what future English textbooks should look like. 1. To use or not to use? - Die Frage nach dem Für und Wider von Lehrwerken in der Praxis des Englischunterrichts Englischlehrer schätzen die Qualität von Englischlehrwerken und die Möglichkeiten und Grenzen ihrer unterrichtlichen Verwendung sehr unterschiedlich ein. Der folgende (fiktive und auf meinen persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen als Gymnasiallehrer beruhende) Dialog der Lehrpersonen A und B soll dazu dienen, einige typische, letztlich handlungsleitende Sichtweisen einleitend zu skizzieren, um sie in der Folge vor dem Hintergrund einer nicht-repräsentativen Umfrage im Kontext aktueller Forschungsergebnisse zu diskutieren. A: Wollen wir uns nicht ’mal vom Lehrwerk lösen, damit wir unseren Schülern Texte und Materialien präsentieren können, die sie wirklich ansprechen? B: Bloß nicht, wie sollen unsere Schüler dann die Vokabeln und die Grammatik lernen? A: Wir arbeiten schon so lange mit unserem Lehrwerk, aber ich habe den Eindruck, dass sich die Leistungen meiner Schüler nicht verbessern, dass sie wenig motiviert sind und dass ich mit der Zeit meinen Unterricht streng nach Vorgabe des Lehrwerks routinemäßig abspule. B: Aber gerade die Vorgaben des Lehrwerks machen den Einsatz doch so attraktiv. Ich muss nicht lange nach passenden Materialien suchen. Es liegt alles durchdacht auf meinem Schreibtisch. * Korrespondenzadresse: Dr. Markus B OHNENSTEFFEN , StD, stellvertretender Schulleiter am Carolus- Magnus-Gymnasium Marsberg, Schöffenwiese 2, 34431 M ARSBERG . E-Mail: mbohnensteffen@aol.com Arbeitsbereiche: Fehlerdidaktik, empirische Unterrichtsforschung. Englischlehrwerke und ihre unterrichtliche Verwendung - Ergebnisse einer … Befragung 121 40 (2011) • Heft 2 A: Geht es dir denn nicht so wie mir? Immer wieder denke ich, dass ich die Schüler mit den teilweise völlig veralteten Inhalten langweile. Darüber hinaus fühle ich mich nicht gut, denn ich verkaufe etwas, von dem ich weiß, dass es nicht mehr aktuell ist. Wenn ich die Infos aus dem Schülerbuch sowieso ständig korrigieren muss, dann kann ich doch gleich andere Materialien einsetzen. B: Gut, vielleicht hast du mit den Inhalten recht, aber denk’ doch ’mal daran, dass dem Lehrwerk eine von Experten durchdachte didaktische Progression zugrunde liegt, die den Lernbedürfnissen unserer Schüler sicherlich entgegen kommt. A: Schon, aber genau da liegt doch das Problem. Das hat doch mit realem Sprachgebrauch und Authentizität nichts mehr zu tun. Und überhaupt: Wo bleiben denn da Spielräume? B: Ich muss dir ehrlich sagen, dass mir das nicht so wichtig ist. Ich bin genug ausgelastet, so dass es mir sehr recht ist, dass mir das Lehrwerk meine unterrichtliche Vorbereitung erleichtert. Und wenn ich ein Buch erst einmal durchgearbeitet habe, geht es nächstes Jahr noch schneller. A: Aber du musst doch trotz allem deinen Unterricht vorbereiten, du hast doch jedes Jahr andere Schüler vor dir sitzen. Außerdem will man doch auch ’mal methodisch variieren. B: Ich habe doch das Lehrerhandbuch. Da steht doch alles drin. A: Hast du denn keinen Ansporn, dich weiterzuentwickeln? Mich engt das Lehrwerk irgendwie ein. Außerdem kann es doch neue didaktische Erkenntnisse nicht aufgreifen. B: Aber du musst doch zugeben, dass der Einsatz des Lehrwerks dazu beitragen kann, dass alle Schüler auf die so wichtigen zentralen Prüfungen vorbereitet werden. Wenn alle mit einem Lehrwerk arbeiten, sind alle auf dem gleichen Stand. Das muss doch so sein, weil die Kultusbehörde die Lehrwerke genehmigt. Außerdem bietet es Schülern und Eltern eine gewisse Orientierung. Wie dieser kleine Dialog bereits erkennen lässt, werden die Vor- und Nachteile der Verwendung von Englischlehrwerken in der Alltagspraxis durchaus kontrovers diskutiert. Vor dem Hintergrund meiner persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen als Englischlehrer würde ich die Fragen und Probleme, die sich aus dem alltäglichen Umgang mit dem Englischlehrwerk ergeben, wie folgt zusammenfassen 1 : Vorteile Nachteile Planungssicherheit für Lehrer didaktisierte Struktur Sicherheit auf den Grundlagen administrativer Vorgaben verfasst Orientierung für Schüler/ Eltern fehlende Berücksichtigung aktueller didaktischer Entwicklungen Einschränkung der persönlichen Entfaltung der Lehrer und der Schüler inhaltliche Einengung oftmals fehlende Orientierung an den 1 Zu weiteren Ausführungen hierzu sei u.a. auf R AUCH [et al.] (1997); K URTZ (2001); L EUPOLD (2002: 193 ff); L EUPOLD (2006); S ARTER (2006: 31 f); H ASS (2006: 242 ff); N EUNER (2007); G RÜNEWALD / K ÜSTER (2009: 146-151); D ECKE -C ORNILL / K ÜSTER (2010: 93 ff); K OENIG (2010); G EHRING (2010: 201 f) und N IEWELER (2010: 175 f) verwiesen. 122 Markus Bohnensteffen 40 (2011) • Heft 2 Erleichterung der Unterrichtsplanung Garantie der Vergleichbarkeit von Abschlüssen Umsetzung neuerer didaktischer Ansätze (inhaltlichen) Interessen der Schüler zeitintensive Materialbeschaffung und Materialaufbereitung fehlende Authentizität fehlende Orientierung an der sprachlichen Realität 2. Zum Stand der Forschung Obwohl das Schülerbuch als Kern des Englischlehrwerks nach wie vor das am meisten benutzte Medium im Englischunterricht ist, wird seine tatsächliche Nutzung in der englischdidaktischen Forschung kaum zum Unterrichtsgegenstand gemacht (vgl. hierzu weiterführend K URTZ 2010; R EZAT 2010). So zeigt ein Blick in die Inhaltsverzeichnisse der neueren fremdsprachendidaktischen Handbücher beispielsweise, dass zwar das Stichwort ‚Lehrwerk‘ oder ‚Lehrbuch‘, nicht aber das Stichwort ‚Lehrwerknutzung‘ oder ‚Lehrwerkverwendung‘ vorkommt (vgl. hierzu D ECKE -C ORNILL / K ÜSTER (2010); S URKAMP (2010); G EHRING (2010); H ALLET / K ÖNIGS (2010); B ACH / T IMM (2009); B AUSCH [et al.] (2007), J UNG (2006) und H ASS (2006)). Wenn sich fremdsprachendidaktische bzw. englischdidaktische Publikationen mit dem Thema Lehrwerk befassen, so handelt es sich meistens um Lehrwerkanalysen, die auf einen bestimmten Aspekt hin ausgerichtet sind. Exemplarisch sei hier auf K IFFE (1999) verwiesen, die Englischlehrwerke in Bezug auf Landeskunde und interkulturelles Lernen analysiert. Es ist darüber hinaus bezeichnend, dass Lehrwerkanalysen, so sie denn vorliegen, meistens auf einer eher theoretisch-abstrakten Ebene durchgeführt werden. Damit soll die Nützlichkeit dieser Lehrwerkanalysen keinesfalls in Abrede gestellt werden, allerdings fehlt ihnen meines Erachtens als zentrales Element der Blick aus der und für die Unterrichtspraxis. Ein einfacher Vergleich soll dies verdeutlichen: Ich kann viel über ein neues Auto lernen (z. B. Ausstattung, Motorleistung, Benzinverbrauch), ich kann es mir ansehen und mich hineinsetzen, selbst eine Probefahrt ist möglich. Ein profundes Urteil über das Auto kann ich mir allerdings erst dann erlauben, wenn ich das Auto über einen längeren Zeitraum gefahren habe, und dies unter verschiedenen Bedingungen. Erst dann weiß ich, ob das Auto für meine Bedürfnisse geschaffen ist. So verhält es sich auch mit der Verwendung von Lehrwerken: Probleme mit dem Wortschatz, mit Übungen, mit Texten oder dem Begleitmaterial sind erst dann erkennbar, wenn mit einem Lehrwerk intensiv und über einige Jahre hinweg gearbeitet worden ist. So stellt R EZAT (2010: 13) fest: „Alle Analysen, die das Schulbuch unabhängig von seiner Nutzung betrachten, können nur Potenziale des Buches aufzeigen. Über die tatsächliche Rolle des Schulbuches im Unterricht, über seine Verwendung durch Lehrer und Schüler, über die Realisierung seiner Potentiale kann keine Aussage gemacht werden“. Englischlehrwerke und ihre unterrichtliche Verwendung - Ergebnisse einer … Befragung 123 40 (2011) • Heft 2 3. Eine nicht-repräsentative Schüler- und Lehrerbefragung Das Lehrwerk spielt ohne jeden Zweifel eine zentrale Rolle im Schulunterricht. Es gibt meines Erachtens kein Unterrichtsfach, für das es kein Lehrwerk gibt. Deshalb ist es sehr wichtig, in Erfahrung zu bringen, wie Schüler und Lehrer das von ihnen benutzte Lehrwerk bewerten und wie es im Einzelnen konkret zum Einsatz kommt. Im Folgenden sollen die Ergebnisse einer informellen Schüler- und Lehrerbefragung zur Qualität und tatsächlichen Verwendung von Englischlehrwerken dargestellt und diskutiert werden. 3.1 Der Erhebungskontext An der Schülerbefragung nahmen insgesamt 210 Schüler der Jahrgangsstufen 7-9 eines Gymnasiums in Nordrhein-Westfalen teil. Für die Lehrerbefragung wurden Fragebögen an die Fremdsprachenlehrer zweier Gymnasien in NRW ausgegeben. Von 36 Fragebögen wurden 20 zur Auswertung zurückgeschickt. 2 3.2 Die Kernaspekte der Befragung 3.2.1 Der Schülerfragebogen Der verwendete Schülerfragebogen besteht aus mehreren Teilen. Im ersten Teil sollen die Schüler einschätzen, wie oft bestimmte Elemente des Lehrwerks im Englischunterricht eingesetzt werden. Im zweiten Teil werden sie gebeten, ihre Wünsche bezüglich der Verwendung von Materialien des Lehrwerks mitzuteilen. Im dritten Teil werden sie aufgefordert darzulegen, wie sie das Lehrwerk nutzen. Daran anschließend sollen sie die Lehrwerktexte und das Übungsmaterial im Schülerbuch sowie das das Schülerbuch begleitende workbook anhand von vorgegebenen Aussagen bewerten. Abschließend werden die Schüler gebeten, den grammatischen Anhang bzw. das grammatische Beiheft sowie den Wortschatzteil ihres Schülerbuches zu bewerten. 3.2.2 Der Lehrerfragebogen Die Englischlehrer werden in der Befragung in einem ersten Teil gebeten, die Notwendigkeit vorgegebener Lehrwerkelemente zu beurteilen. Anschließend sollen sie über ihre Zufriedenheit mit ihrem Lehrwerk Auskunft geben, verbunden mit einer persönlichen Stellungnahme zu einem möglichen Optimierungsbedarf. In einem dritten Teil werden sie aufgefordert, begründend auszuführen, ob sie sich eine Arbeit ohne ein Lehrwerk vorstellen können. Ein vierter Bereich fordert die Englischlehrer zu der Einschätzung auf, ob das Lehrwerk, mit dem sie aktuell im Englischunterricht arbeiten, neue(re) (fach-)didaktische und schulpolitische Konzeptionen aufgenommen hat. 2 In persönlichen Gesprächen haben mir viele Lehrer mitgeteilt, dass sie aus zeitlichen Gründen nicht an der Befragung teilnehmen können. 124 Markus Bohnensteffen 40 (2011) • Heft 2 Abschließend werden die Lehrpersonen gebeten, ihre Vorstellungen zu einem guten Lehrwerk und zu einem guten Lehrerhandbuch darzulegen. 3.3 Ergebnisse der Schülerbefragung In Bezug auf die Verwendung der einzelnen Teile des Lehrwerks geben die befragten Schüler mit deutlicher Mehrheit an, dass das Schülerbuch das zentrale Element des Lehrwerks ist. So kommt es nach Angabe der Schüler (78,5%) in jeder Stunde bzw. „oft, aber nicht in jeder Stunde“ (21,4%) zum Einsatz. Darüber hinaus wird auch das eher herkömmliche workbook mit hoher Frequenz im Unterricht eingesetzt: 46,6% der Schüler geben an, dass es „oft, aber nicht jede Stunde“ eingesetzt wird, während 49,5% den unterrichtlichen Einsatz mit „manchmal“ angeben. Im Bereich des Hör- und Sehverstehens zeichnet sich ein etwas anderes Bild. So geben 61,4% der befragten Schüler an, dass DVDs oder anderes Filmmaterial „nie“ im Unterricht eingesetzt werden, während 38,5% deren Einsatz mit „manchmal“ einschätzen. Auch der Einsatz der die Schülerbücher begleitenden CDs ist gering. Während knapp ein Drittel der Schüler der Auffassung ist, dass Hörverstehensmaterial zwar nicht in jeder Stunde, aber „oft“ eingesetzt werden, sind knapp zwei Drittel der Auffassung, dass solche Materialen nur „manchmal“ zum Einsatz kommen. Die traditionellen OHP-Folien werden nach Angaben der Schüler ebenfalls nicht regelmäßig eingesetzt. Während für 28,0% dieses Medium „oft“ Verwendung findet, geben 61,4% der befragten Schüler an, dass nur „manchmal“ mit ihnen gearbeitet wird. Ergänzende und weniger gebräuchliche Materialen, wie z.B. die das Schülerbuch begleitenden Vokabeltrainer, werden nach Angaben der befragten Schüler (74,2%) „nie“ im Unterricht eingesetzt. Auch der Klassenarbeitstrainer, den viele Verlage als Ergänzung zum Schülerbuch anbieten und der den Schülern zur Vorbereitung der Klassenarbeit zusätzliche Übungen, die auf das Vokabular, die Grammatik und die Inhalte der jeweiligen Lektion abgestimmt sind, zur Verfügung stellt, wird eher sparsam im Unterricht eingesetzt, denn 33,3% der befragten Schüler geben an, dass er „manchmal“ benutzt wird, während 61,4% keine unterrichtliche Verwendung sehen. Insgesamt macht die Befragung deutlich, dass Materialien, die zum individualisierten Arbeiten anleiten sollen, nur wenig eingesetzt werden. So geben 94,6% der befragten Schüler an, dass Freiarbeitsmaterialien, die mittlerweile in jedem Lehrwerkspaket der verschiedenen Verlage zu finden sind, nicht im Unterricht eingesetzt werden. Der Einsatz von zusätzlichen Kopiervorlagen ist hingegen ziemlich hoch. 36,6% geben an, dass diese Materialien „oft, aber nicht in jeder Stunde“ eingesetzt werden. Allerdings lässt sich nicht genau feststellen, ob es sich wirklich um die vom Lehrwerk angebotenen oder von den jeweiligen Lehrern selbstgestalteten Materialien handelt. Unterrichtsmaterial für das Whiteboard, das mittlerweile zum Standardprogramm der Lehrwerkverlage gehört, wird nach Angaben der befragten Schüler (94,2%) nicht für das unterrichtliche Arbeiten genutzt. Das workbook steht ganz oben auf der Wunschliste der Schüler, wenn es um ergänzende Materialien geht. 85,2% wünschen sich den unterrichtlichen Einsatz und be- Englischlehrwerke und ihre unterrichtliche Verwendung - Ergebnisse einer … Befragung 125 40 (2011) • Heft 2 gründen dies u.a. mit seinem Nutzen („weil es viel bringt“, „gute Übungen“, „weil es nützlich zum Lernen ist“), der Verständlichkeit der Aufgabenstellung („weil ich die Aufgaben dort gut verstehe“, „gut gestellte Aufgaben“), der Qualität der Aufgaben („gute Übungen“) oder der Möglichkeit selbständigen Arbeitens („weil man dann eigenständig Aufgaben machen kann“). 3 Die Befragung macht aber auch deutlich, dass insbesondere Materialien, die nach Angaben der Schüler nur unregelmäßig verwendet werden, von Schülern gewünscht werden. So geben 62,8% der Schüler an, sie wünschten sich den Einsatz von Hörverstehensmaterialien, und sogar 81,4% sprechen sich für den Einsatz von Filmmaterialien aus. Auch der Einsatz des Klassenarbeitstrainers steht weit oben auf der Wunschliste der Schüler. Neben dem Klassenarbeitstrainer werden aber auch der Einsatz der OHP-Folien und zusätzlicher Kopiervorlagen von den Schülern gewünscht, während fast die Hälfte der Schüler auf den Einsatz ergänzender Fördermaterialien bzw. Freiarbeitsmaterialien verzichten kann. Dem Einsatz von Vokabeltrainern stehen die befragten Schüler ebenfalls eher ablehnend gegenüber. Mehr als die Hälfte spricht sich gegen eine unterrichtliche Verwendung aus. Ebenfalls abgelehnt werden von Schülern die Materialien für das Whiteboard (50,4%). Mit Bezug auf die individuelle Nutzung des Schülerbuches gibt eine deutliche Mehrheit der Schüler (83,3%) an, das Schülerbuch nur in dem Maße zu nutzen, wie es von den Lehrern vorgegeben wird, nämlich in der konkreten unterrichtlichen Arbeit in der Schule, zur Anfertigung der Hausaufgaben und zum Wortschatzlernen. Lediglich 16,5% der befragten Schüler geben an, dass sie auch Texte lesen, die nicht im Unterricht besprochen werden oder dass sie Übungen machen, die ihnen nicht explizit als Hausaufgabe aufgegeben wurden. Auch wenn hier die Nutzung des Schülerbuches deutlich auf den unterrichtlichen Gebrauch reduziert wird, verwenden die (befragten) Schüler ihr Buch auch als Nachschlagwerk. Fast alle Schüler nutzen das Schülerbuch zum Wortschatzlernen. 79% der Schüler greifen auf ihr Schülerbuch zurück, um eine Lösung bei vorhandenen Grammatikproblemen zu finden. Immerhin 40,7% der Schüler nutzen das Schülerbuch als Informationsquelle für bestimmte Inhalte und Themen. Was die Qualität der Lehrwerktexte betrifft, gibt fast ein Drittel der Schüler an, dass die Lehrwerktexte sie nicht ansprechen, und nur 20,9% vertreten die Auffassung, dass sie die Lehrwerktexte interessant finden. In Bezug auf das sprachliche Niveau gibt eine große Mehrheit der Schüler an, dass es „angemessen“ ist. Nur 9,5% sind der Meinung, dass die Texte sprachlich zu schwierig sind, während 3,3% das Gegenteil vertreten. Gefragt nach dem Übungsangebot, geben fast zwei Drittel der befragten Schüler an, dass es ihnen ausreicht. Nur 7,1% sind der Auffassung, dass ihnen das Schülerbuch mehr Übungen anbieten müsste. Ein Viertel der Schüler ist sich in Bezug auf das Übungsangebot nicht sicher. Was die Qualität der Übungen betrifft, so drückt ein Großteil der Schüler seine Zufriedenheit aus. 39% sind der Auffassung, dass die Übungen in einen sinnvollen Kontext eingebettet sind. 71,9% der befragten Schüler halten die Übungen für sprachlich angemessen und nur 12,3% sind der Auffassung, 3 Bei den namentlich nicht gekennzeichneten Zitaten handelt es sich um die Kommentare, die von den befragten Schülern und Englischlehrern auf den Fragebögen gegeben wurden. 126 Markus Bohnensteffen 40 (2011) • Heft 2 dass die Übungen zu schwierig sind. Auch die Übungen in den workbooks werden insgesamt von den Schülern positiv bewertet. Für 88,5% bieten sie eine sinnvolle Ergänzung zu den Übungen im Schülerbuch, während nur 7,6% der befragten Schüler die Auffassung vertreten, dass die Übungen überflüssig sind. Allerdings geben viele Schüler als Grund für die positive Bewertung an, dass „man da oft nur etwas einfüllen muss“ und „das nicht viel geschrieben werden muss“. Insgesamt machen die befragten Schüler deutlich, dass sie mit Blick auf (spätere) Verwendungssituationen der Fremdsprache durchaus Vertrauen in ihr Schülerbuch haben. Fast die Hälfte der befragten Schüler gibt an, dass die Lehrwerktexte sie darauf vorbereiten, Gespräche in der Fremdsprache zu führen. Auch die Übungen im Schülerbuch und in den workbooks tragen nach Auffassung der Schüler dazu bei, Gespräche in der Fremdsprache führen zu können. Ähnlich sieht es in Bezug auf die Vorbereitung auf das Verfassen von Texten aus. Auch hier glaubt ein Großteil der befragten Schüler, dass ihnen die Lehrwerktexte und die Übungen eine sinnvolle Vorbereitung bieten. Noch deutlicher fällt das Votum der Schüler in Bezug auf die Vorbereitung des Verstehens fremdsprachlicher Texte und Gespräche aus. Während 70,9% glauben, dass die Lehrwerktexte dazu einen Beitrag leisten können, geben 60,9% an, dass die Übungen im Schülerbuch dazu geeignet sind. Ein Drittel der Schüler glaubt auch, dass es durch die Übungen in den workbooks darauf vorzubereitet wird, Texte und Gespräche in der Fremdsprache zu verstehen. Was die Bewertung der grammatischen Anhänge bzw. grammatischen Beihefte betrifft, geben 82,3% der befragten Schüler an, dass ihnen die grammatischen Anhänge bzw. grammatischen Beihefte als Lernhilfe dienen und dazu beitragen, dass sie den vermittelten Grammatikstoff besser verstehen. 83,3% der befragten Schüler votieren dafür, die Grammatikerläuterungen auf Deutsch zu verfassen. Nur 15,7% wünschen sich die Erklärungen in der Fremdsprache, während 10,4% ihre Gleichgültigkeit bezüglich der verwendeten Sprache ausdrücken. Die Wichtigkeit der deutschen Sprache im Lernprozess der Schüler machen 97,1% noch einmal deutlich, wenn sie sich dafür aussprechen, dass auch die deutsche Übersetzung der neuen Wörter im Wortschatzverzeichnis angegeben wird. Die Befragung hat allerdings auch gezeigt, dass sich die Schüler des Vorteils eines kontextuellen Wortschatzlernens noch nicht bewusst sind. So geben über die Hälfte der befragten Schüler an, dass sie es als „überflüssig“ empfinden, dass das Wortschatzverzeichnis in ihrem Schülerbuch zu jedem neuen Wort einen Beispielsatz anbietet. 3.4 Ergebnisse der Lehrerbefragung Den großen Stellenwert des Schülerbuches macht auch das Ergebnis der Lehrerbefragung deutlich. 95% der befragten Lehrer halten den Einsatz des Schülerbuches für „zwingend notwendig“. Dies trifft auch auf die unterrichtliche Verwendung des workbook zu. Im Gegensatz zu den befragten Schülern erachten die Lehrer den Einsatz von Hörmaterialien als relevant, wobei sie „ein Defizit beim Hörverstehen“ feststellen, da „es noch keine überzeugende Aufgabenstellungen und Materialien“ gibt. Es wird Englischlehrwerke und ihre unterrichtliche Verwendung - Ergebnisse einer … Befragung 127 40 (2011) • Heft 2 moniert, dass „die Möglichkeit des Hörens fast nur in Zusammenhang mit der Einführung von Lesetexten angeboten wird“. Die Hälfte der befragten Lehrer vertritt auch die Auffassung, dass der Einsatz von DVDs/ Filmmaterial „(zwingend) notwendig“ sei. Auch die Lehrwerkteile „Vokabeltrainer, OHP-Folien, Klassenarbeitstrainer“ und „ergänzende Fördermaterialien“ werden von den Lehrern als wichtig eingestuft, obwohl die befragten Schüler die Auffassung vertreten, dass diese Materialien weniger zum Einsatz kommen. Übereinstimmend mit den Schülerergebnissen sprechen sich die Lehrer gegen den Einsatz von Unterrichtsmaterialien für das Whiteboard aus, wobei 60% diese als „überflüssig“ bewerten. Ebenso werden die von den neueren Lehrwerken angebotenen digitalen Unterrichtsplaner als „überflüssig“ charakterisiert. Für einen Großteil der befragten Englischlehrer ist das Lehrerhandbuch wichtig, was sich in den Bemerkungen der Lehrer auf die Bitte, den Satz „Ein guter Lehrerband sollte...“ zu ergänzen, zeigt. Der Wunsch nach „einem wirklichen Mehrwert“ konkretisiert sich in der Forderung nach „hilfreichen methodischen Vorschlägen zur Unterrichtsvorbereitung“, „Lösungen für die Aufgaben im Schülerbuch“, den Ausweis an „Differenzierungsmöglichkeiten“, „Zusatzangeboten“, „Lektürehinweisen“, „Hintergrundinformationen“ sowie „Ideen für eine motivierende Text- und Grammatikeinführung“. Den Aspekt des Mehrwertes lässt auch das Befragungsergebnis hinsichtlich der Notwendigkeit von „Vorschlägen für Klassenarbeiten“ erkennen. 70% der befragten Lehrer sehen hier eine „(zwingende) Notwendigkeit“, während 30% das Material für „wünschenswert“ erachten. Mit 60% ist die Zahl derer, die Klassenarbeitstrainer nur als „wünschenswert“ erachten, relativ hoch. 80% der befragten Englischlehrer erachten die von den Verlagen angebotenen Freiarbeitsmaterialien als „überflüssig“. Hinsichtlich einer Zufriedenheit der befragten Lehrer mit dem Lehrwerk ist festzuhalten, dass nur 5% „sehr“ zufrieden sind. Lediglich 20% sind mit ihrem verwendeten Lehrwerk zufrieden. Ihre Zufriedenheit begründen sie damit, dass es „abwechslungsreich“ ist, „ein vielseitiges Übungsmaterial bietet“, „die Grammatik in einem meist sinnvollen Kontext darstellt“ und „alle Kompetenzen angemessen berücksichtigt“. Diese positiven Wertungen kann ein Großteil der befragten Lehrer nicht teilen. Es gibt zwar keinen Lehrer, der gänzlich mit seinem Lehrwerk unzufrieden ist, allerdings kritisieren 70% der befragten Englischlehrer ihr Lehrwerk, indem sie es als nur „weniger“ zufriedenstellend bewerten, was sie mit den folgenden Aspekten begründen: die Kürze der Texte ein fehlender roter Faden, der die jeweilige Lektion verbindet ein fehlender Bezug zur unit-übergreifenden Thematik von längeren Texten ein unübersichtlicher, verschachtelter, unübersichtlicher Aufbau ein fehlendes Angebot von Übungen zur Grammatik eine nicht mehr zeitgemäße, zum Teil langweilige, konstruierte und nicht an den Schülerinteressen orientierte Textauswahl eine unrealistische und wenig zielführende Arbeit mit dem Portfolio und Selbsteinschätzungstests 128 Markus Bohnensteffen 40 (2011) • Heft 2 nicht realisierbare didaktische Ansätze, z. B. ist selbstentdeckendes Lernen bei der Einführung von Grammatikstrukturen nur schwer durchführbar, da die neu einzuführenden Strukturen sehr begrenzt in den zu bearbeitenden Texten vorhanden sind. Die befragten Englischlehrer sehen „in der didaktischen Aufbereitung“ der Lehrerwerke, „in der Grammatikdarstellung“, “im Differenzierungsangebot“, „im Übungsangebot“ und „im Begleitmaterial“ deutlichen Verbesserungsbedarf. Ein gutes Lehrwerk sollte nach Einschätzung der befragten Englischlehrer „übersichtlich“ und „nicht zu unruhig“ gestaltet sein. Auch wenn die thematische Gestaltung in den unteren Klassenstufen als „angemessen und kindgerecht“ eingestuft wird, trügen „viele kleine bunte Häppchen“ nicht dazu bei, dass Schüler mit dem Schülerbuch „zwangsläufig gerne“ arbeiten. In höheren Jahrgangsstufen werden Schüler eher mit „inhaltlich bruchstückhaften und lebensfernen Inhalten“ konfrontiert. Ein gutes Lehrwerk besteht nach Auffassung der Englischlehrer aber in der angemessenen „Orientierung an den Schülerbedürfnissen“, was durch die Forderung nach „altersrelevanten“ und „realistischen“ Themen konkretisiert wird. Allerdings wird hier die Gefahr gesehen, Themenbereiche einzubeziehen, „die sich zu eng die Lebenswirklichkeit von Schülerinnen und Schülern anbiedern (facebook! )“. Englischlehrer erwarten von einem guten Lehrwerk, dass es die Schüler zum Sprechen und Scheiben anregt, und dass es alle „relevanten Kompetenzen“ berücksichtigt. Kritisiert werden „oft recht simple Übungen“ oder „überwiegend Einfüllaufgaben, die im Gegensatz zu den Aufgabenformaten stehen, die in Klassenarbeiten verpflichtend sind“. Mit Verweis auf die Nutzung von älteren Lehrwerken erkennen viele Lehrer „keine offensichtliche Kompetenzorientierung“. Zwar geben 50% der befragten Englischlehrer an, dass neue(re) (fach-)didaktische und schulpolitische Konzeptionen, wie z.B. selbstständiges Lernen, Handlungsorientierung, Differenzierung, Kompetenz- und Ergebnisorientierung in das Lehrwerk, mit dem sie zurzeit arbeiten, aufgenommen wurden, sie sind allerdings nicht in der Lage, diese konkret zu benennen. Immerhin negieren 45% der befragten Englischlehrer, dass neue(re) (fach-)didaktische und schulpolitische Konzeptionen Eingang in das Lehrwerk gefunden haben. Trotz der deutlich zum Ausdruck gebrachten Kritik können sich 90% der befragten Englischlehrer allerdings nicht vorstellen, ohne ein Lehrwerk zu arbeiten und stattdessen nur lehrwerkunabhängige Materialien, z.B. in Form von thematischen Arbeitsheften und Kopiervorlagen, einzusetzen. Dies wird u.a. durch eine zu hohe Arbeitsbelastung durch das Zusammenstellen und Kopieren der benötigten Materialien begründet („Man unterschätzt leicht den Zeitaufwand für die Lehrperson und ist dann gezwungen, mit irgendwelchen beliebigen Materialien zu ‚wursteln’“). Darüber hinaus verweisen die befragten Englischlehrer darauf, dass eine für die Schüler notwendige Orientierung verloren gehen würde („Man unterschätzt die Fähigkeit der SuS, ihr Material so sorgfältig und übersichtlich zu ordnen, so dass es ihnen Freude macht (oder überhaupt möglich ist! ), auch zurückliegende Dinge zu wiederholen. Hefter und Ordner im täglichen Gebrauch sind nie so stabil wie ein gebundenes Buch“). Auf die Nutzung eines Lehrwerks wollen die befragten Englischlehrer aber aufgrund des „Fehlens eines Englischlehrwerke und ihre unterrichtliche Verwendung - Ergebnisse einer … Befragung 129 40 (2011) • Heft 2 tragenden Konzepts der Sprachvermittlung“, wegen einer „Beliebigkeit und Unübersichtlichkeit für Schülerinnen und Schüler“ sowie der „Erschwerung selbstgesteuerten Lernens“ nicht verzichten. Durchaus vorstellbar sind für die befragten Englischlehrer allerdings ergänzende und aktuelle Materialien wie „aktuelle Nachrichten, aktuelle Webseiten zur Recherche“ und „Aktuelles zu landeskundlichen Informationen“. 4. Analyse der Erhebungsergebnisse 4.1 Schülerurteile Die Ergebnisse der Befragung der Schüler weisen tendenziell darauf hin, dass sie durchaus kritisch ihrem Lehrwerk gegenüber eingestellt sind. Das bezieht sich mit Blick auf die Lehrbücher insbesondere auf die Inhalte der Lehrbuchtexte. Einen Großteil der befragten Schüler sprechen die Lehrbuchtexte nicht an. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Erkenntnis von D ECKE -C ORNILL / K ÜSTER (2010: 93), die in Bezug auf fremdsprachliche Lehrwerke einen „Mangel an sogenannter Authentizität, an inhaltlicher Relevanz und an Differenziertheit“ ausmachen. Mit Bezug auf die Einschätzung schriftlicher Sprachkompetenz bei Schülern in der Sekundarstufe II hat B OHNENSTEFFEN (2010: 179) herausgestellt, dass Englischlehrer eher nicht die Auffassung vertreten, dass die schriftsprachliche Kompetenz ihrer Schüler ausreicht, um kommunikativen Ansprüchen zu genügen. Umso erstaunlicher ist das Ergebnis der Schülerbefragung in Bezug auf den Einsatz von Klassenarbeitstrainern, die den Schülern über das Schülerbuch hinaus ein erweitertes Übungsangebot machen. Fast drei Viertel der befragten Schüler gibt an, dass Klassenarbeitstrainer nie im Unterricht verwendet werden. Zwei Drittel der befragten Schüler wünscht sich allerdings den Einsatz dieses Materials. Dieser Wunsch macht den hohen Stellenwert der Klassenarbeiten und die damit verbundene Leistungsbewertung im Zeitalter von Standard-, Kompetenz-, Output- und Testorientierung deutlich. Durch den Einsatz solcher vorbereitenden Übungen versprechen sich Schüler - verständlicherweise - eine gute Note (vgl. hierzu auch B OHNENSTEFFEN 2010: 136 ff, 230). Wenn Englischlehrer vor allem mit der schriftsprachlichen Kompetenz ihrer Oberstufenschüler unzufrieden sind, wäre zu erwarten, dass sie im Englischunterricht der Sekundarstufe I auf die Vielzahl der von den Verlagen angebotenen Zusatzübungen zurückgreifen. Der eher seltene Einsatz solcher Materialien lässt sich zum einen sicherlich damit erklären, dass ihre Anschaffung oftmals den finanziellen Rahmen der Schule oder auch der Eltern sprengt. Darüber hinaus ist aber auch denkbar, dass die in den Klassenarbeitstrainern enthaltenen Aufgaben von den Englischlehrern unmittelbar in den Klassenarbeiten eingesetzt werden. Auch der unregelmäßige Einsatz von Fördermaterialien ist erstaunlich, da die individuelle Förderung der Schüler eine zentrale Forderung schulischer Bildung in Deutschland ist. Die ablehnende Haltung der Schüler gegenüber den angebotenen Materialien und Medien zum eigenständigen Wortschatzlernen verdeutlicht einmal mehr, dass Schüler 130 Markus Bohnensteffen 40 (2011) • Heft 2 das Wortschatzlernen als eher als lästig und daher als vernachlässigenswert einschätzen. Im Sinne der Lernerleichterung und der Förderung eigenverantwortlichen Arbeitens ist der Wunsch der Schüler, die grammatischen Erklärungen auf Deutsch anzubieten, zu sehen. Auch wenn die Verwendung der deutschen Sprache im Englischunterricht durchaus kontrovers diskutiert wird (vgl. hierzu auch B OHNENSTEFFEN 2010: 187), so lässt sich ihre Verwendung durchaus rechtfertigen, da sie als „wichtige Lernstrategie, die Schülern hilft, die Fremdsprache zu verstehen und zu produzieren“ (W ESKAMP 2008: 7) fungiert. 4.2 Lehrerurteile Nach Einschätzung der Englischlehrer ist die Nutzung eines Lehrwerks unverzichtbar. Vor allem jüngere Lerner bedürfen eines Orientierungssystems im Wortschatz- und Grammatikbereich, das nur ein Lehrwerk zu leisten im Stande ist. Die befragten Englischlehrer verweisen insbesondere auf die Problematik der Vergleichbarkeit der Schülerleistungen, vor allem vor dem Hintergrund einer Standardisierung. Dass man sich ohne die Nutzung eines Lehrwerks nicht auf ein verlässliches Niveau einer neu zu übernehmenden Lerngruppe einstellen könne, wird ebenfalls als Problem angesehen. Insgesamt lässt sich jedoch feststellen, dass die Vielzahl unterschiedlicher Materialien, die die heutigen Lehrwerke der Verlage anbieten, von den befragten Englischlehrern im Unterricht nicht voll genutzt werden. Vielfach beschränkt sich der Einsatz auf die eher „traditionellen“ Lehrwerkteile wie das Schülerbuch, die workbooks, OHP-Folien und Hörmaterialien (vornehmlich Audio-CDs) (vgl. hierzu auch K URTZ 2010). Aber auch die Begleitmaterialien für die Hand des Englischlehrers werden mit Blick auf fehlende anwendbare unterrichtsmethodische Vorschläge als verbesserungswürdig eingestuft. Besonders die Anforderungen an das Lehrerhandbuch zeigen, dass von seinem Einsatz eine deutliche Arbeitsreduzierung erwartet wird und dass die von ihm „ausgehenden Anziehungskräfte, die auf die täglich unter Entscheidungs- und Handlungsdruck stehenden Lehrkräfte einwirken, [nicht] unterschätzt werden [dürfen]“ (K URTZ 2010: 154). Überraschend ist das Ergebnis der Englischlehrerbefragung in Bezug auf den Einsatz von „Vorschlägen für Klassenarbeiten“. Was deren Einsatz betrifft, zeigen sich die befragten Englischlehrer eher zurückhaltend, was darauf schließen lässt, dass sie es vorziehen, ihre Klassenarbeiten konkret auf die Bedürfnisse der Lerngruppe zu erstellen und nicht einfach die vorhandenen Materialien zu übernehmen, diese aber sicherlich gerne als Ideengeber verwenden. Erstaunlich ist auch, dass ein Großteil der befragten Englischlehrer die von den Verlagen angebotenen Freiarbeitsmaterialien als „überflüssig“ ansehen. Hier ist sicherlich immer noch die Weigerung vieler Englischlehrer zu erkennen, (unterrichtliche) Verantwortung in die Hände der Schüler zu legen (vgl. hierzu auch B OHNENSTEFFEN 2010: 236). Englischlehrwerke und ihre unterrichtliche Verwendung - Ergebnisse einer … Befragung 131 40 (2011) • Heft 2 Gerade im Bereich der neue(re)n Medien ist eine eher zurückhaltende Nutzung auf Seiten der Englischlehrer festzustellen. Sicherlich spielt die Unsicherheit im Gebrauch dieser Materialien eine nicht unwesentliche Rolle. Neben einer fehlenden technischen Ausstattung der Schulen erlauben die immer kleiner werdenden Budgets für die Schulen die Anschaffung solcher mitunter recht teuren Materialien nicht mehr. In Bezug auf das von den Lehrwerken zur Verfügung gestellte Übungsangebot kritisieren die befragten Englischlehrer zu Recht ein Überangebot an fill in-exercises, das die Schüler nicht angemessen auf diejenigen Aufgabenformate in Klassenarbeiten vorbereitet, die offen(er) zu gestalten sind. K IEWEG (2010: 186) unterstreicht diese von den befragten Englischlehrern formulierte Kritik und fragt zu Recht, warum „Übungsabläufe überwiegend in formalen und präkommunikativen Bereichen bei einer nicht zu verantwortenden Vielzahl an Lückenaufgaben (gap-filling exercises) angesiedelt sind und genuin kommunikative Übungen möglicherweise seltener durchgeführt werden“ (K IEWEG 2010: 186). Wenn auch viele Schüler dies positiv sehen, da sie oftmals nur etwas einfüllen müssen und sich somit nicht einem größeren Schreibaufwand ausgesetzt sehen, widersprechen solche Übungen der Funktion von sinnvollen Übungen, denn nur „Übungen, die [...] schrittweise zur freien Verwendung von Sprache hinführen und die abwechslungsreich gestaltet sind, erhöhen den Lernerfolg“ (K LIPPEL 2010: 316). Aus der Befragung der Englischlehrer lässt sich weiterhin schlussfolgern, dass viele Schulen noch mit älteren Lehrwerken arbeiten, die noch nicht auf Standard-, Kompetenz- und Ergebnisorientierung ausgerichtet sind, was die folgende Einschätzung von L EUPOLD (2006: 2) bestätigt: „Wenn man berücksichtigt, dass Lehrwerke in einem Zyklus von ca. 10 Jahren neu konzipiert werden, muss man einschränkend darauf hinweisen, dass in den Lehrwerkgenerationen neuere fachdidaktische Erkenntnisse nur mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung ihren Niederschlag finden“ (L EUPOLD 2006: 2). Insgesamt lassen die Ergebnisse der Lehrerbefragung die vorsichtige Schlussfolgerung zu, dass die Aspekte des „Spaßmachens“ und der „Motivation“ von den befragten Englischlehrern als zentral für die Bewertung eines guten Lehrwerks gesehen werden. Mit K ÖNIGS soll aber darauf hingewiesen werden, dass Medien „Motivationsförderung nicht als gegenstandsimmanentes Merkmal“ innehaben (K ÖNIGS 2010: 166; vgl. hierzu auch D ECKE -C ORNILL / K ÜSTER 2010: 98). 5. Ausblick Bei der Konzeption zukünftiger Lehrwerke wäre sicherlich wünschenswert, dass sich die Lehrwerkverlage intensiver mit den Interessen und Wünschen der Schüler und Englischlehrer auseinandersetzen. 4 4 Wenn diese mehr Berücksichtigung finden würden, hätte es meines Erachtens beispielsweise nicht dazu 132 Markus Bohnensteffen 40 (2011) • Heft 2 Darüber hinaus sollten aber auch verstärkt fachdidaktische Expertisen in die Konzeption von Lehrwerken integriert werden. 5 Einige praxisnahe, für die konkrete Unterrichtsgestaltung in Betracht zu ziehende Überlegungen finden sich in K URTZ (2010: 159 f), der immerhin acht Fragenkomplexe formuliert, die auch aus meiner Sicht bei der „Lehrwerkverwendung in der Alltagspraxis des Englischunterrichts“ von Bedeutung sind. L EUPOLD (2006: 6) plädiert in diesem Zusammenhang gleichermaßen für die Beantwortung bestimmter „Fragenkomplexe aus der pädagogischen und aus der fachdidaktischen Perspektive“. Es ist sicherlich schwierig (bzw. unmöglich), ein Lehrwerk zu entwickeln, mit dem alle Schüler und Englischlehrer gleichermaßen zufrieden sind. Die Befragungsergebnisse geben tendenziell jedoch zu erkennen, in welche Richtungen Englischlehrwerke aus der Praxisperspektive weiterentwickelt werden sollten, um ein möglichst hohes Maß an Zufriedenheit und möglichst optimale Lernergebnisse erzielen zu können. So bedarf es vor allem der Identifizierung zeitgemäßer Themen (als work-in-progress), die dem unmittelbaren Erlebnishorizont der Lernenden entsprechen. Darüber hinaus wäre die Konzeption besser differenzierender Angebote von Übungen zur Grammatik und zum Wortschatz notwendig. Ferner sollte über eine Flexibilisierung der Unterrichtsmethodik sowie eine deutliche Akzentuierung der Kompetenz- und Fertigkeitsbereiche bei den Aufgabenstellungen nachgedacht werden. Schließlich sind Untersuchungen zu arbeitserleichternden Hilfestellungen durch die Lehrermaterialien sowie empirische Erhebungen zu den Spezifika altersgerechter authentischer Sprachverwendungssituationen notwendig. 6 Literatur B ACH , Gerhard / T IMM , Johannes-Peter (Hrsg.) ( 4 2009): Englischunterricht. Grundlagen und Methoden einer handlungsorientierten Unterrichtspraxis. Tübingen/ Basel: Francke. B AUSCH , Karl-Richard / C HRIST , Herbert / K RUMM , Hans-Jürgen (Hrsg.) ( 5 2007): Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tübingen/ Basel: Francke. B OHNENSTEFFEN , Markus (2010): Fehler-Korrektur. Lehrer- und lernerbezogene Untersuchungen zur Fehlerdidaktik im Englischunterricht der Sekundarstufe II. Frankfurt/ M. [etc.]: Lang. D ECKE -C ORNILL , Helene / K ÜSTER , Lutz (2010): Fremdsprachendidaktik. Eine Einführung. Tübingen: Narr. geführt, dass sich ein 2007 erschienenes Lehrbuch für die 7. Klasse unter der für Schüler populären Lektionsüberschrift „The world of sport“ mit „Eddie the Eagle“ beschäftigt (vgl. WEISSHAAR 2007: 16 f), der seinen Ruhm 1988 (! ) weniger durch seine sportlichen Leistungen als Skispringer denn durch seine zum Teil der Lächerlichkeit preisgegebenen Persönlichkeit verdankte. Ein für die Schüler motivierender Lebensweltbezug ist anhand eines solchen Inhalts kaum möglich. 5 Der Cornelsen-Verlag hat dies bereits realisiert (vgl. hierzu V OLLSTÄDT 2003). An empirisch fundierten englischdidaktischen bzw. fremdsprachendidaktischen Überlegungen und Konzepten fehlt es gleichwohl noch immer. 6 Die aus Raumgründen hier nicht abgedruckten Fragebögen können bei Interesse über die Korrespondenzanschrift des Autors bezogen werden. Englischlehrwerke und ihre unterrichtliche Verwendung - Ergebnisse einer … Befragung 133 40 (2011) • Heft 2 G EHRING , Wolfgang ( 3 2010): Englische Fachdidaktik. Theorie, Praxis, Forschendes Lernen. Berlin: Schmidt. G RÜNEWALD , Andreas / K ÜSTER , Lutz (2009): Fachdidaktik Spanisch. Tradition - Innovation - Praxis. Seelze-Velber: Friedrich Verlag. H ALLET , Wolfgang / K ÖNIGS , Frank G. (Hrsg.) (2010): Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze- Velber: Kallmeyer. H ASS , Frank (Hrsg.) (2006): Fachdidaktik Englisch. Tradition - Innovation - Praxis. Stuttgart: Klett. J UNG , Udo O. H. (Hrsg.) ( 4 2006): Praktische Handreichung für Fremdsprachenlehrer. Frankfurt/ M. [etc.]: Lang. K IEWEG , Werner (2010): „Übungsformen“. In: H ALLET / K ÖNIGS (Hrsg.), 182-186. K IFFE , Marion (1999): Landeskunde und interkulturelles Lernen im Fremdsprachenunterricht. Eine Analyse von Englischlehrwerken für die Sekundarstufe I. Aachen: Shaker. K LIPPEL , Friederike (2010): „Übung“. 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