Fremdsprachen Lehren und Lernen
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0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
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2015
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Gnutzmann Küster SchrammJulia SETTINIERI, Sevilen DEMIRKAYA, Alexis FELDMEIER, Nazan GÜLTEKIN-KARAKOÇ, Claudia RIEMER (Hrsg.): Empirische Forschungsmethoden für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Eine Einführung. Paderborn: Schöningh 2014, 315 Seiten [29,99 €]
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2015
Sabine Hoffmann
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142 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 44 (2015) • Heft 1 Julia S ETTINIERI , Sevilen D EMIRKAYA , Alexis F ELDMEIER , Nazan G ÜLTEKIN -K ARAKOÇ , Claudia R IEMER (Hrsg.): Empirische Forschungsmethoden für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Eine Einführung. Paderborn: Schöningh 2014, 315 Seiten [29,99 €] All diejenigen, die das Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache erforschen und lehren, werden dieses Buch mit Freuden begrüßen. Die Zeit ist nun reif für einen solchen Sammelband. Er zeigt nämlich, welche entscheidenden Entwicklungen die Forschungsmethodologie und -methoden in dieser Disziplin gemacht haben und dass die noch vor wenigen Jahren beklagten Mängel auf dem besten Wege sind, behoben zu werden. Mit eben diesem Anliegen richten sich die Autor/ innen an Masterstudierende und Doktoranden, indem sie in 17 Beiträgen methodologische Fragestellungen, Methoden zur Erhebung, Aufarbeitung und Analyse von Daten erörtern sowie besondere Forschungsansätze besprechen. Einer klar strukturierten und praxisnahen Darstellung der einzelnen Themen folgen gezielte Aufgaben mit Lösungsvorschlägen; denen vorangestellt einige Hinweise zur weiterführenden Literatur, die wir am Schluss des Sammelbandes in einer übergreifenden Bibliographie wiederfinden. Die ersten vier Kapitel fokussieren forschungsmethodische Grundsatzüberlegungen. So führt R IEMER (15-31) mit der Forschungsmethodologie Deutsch als Fremd- und Zweitsprache in den Band ein, wobei sie zunächst DaF und DaZ innerhalb der Fremdsprachenforschung positioniert, zum anderen die enge Beziehung zwischen Theorie und Praxis betont, die dieses Fach auszeichnet und die Wichtigkeit der Empirie begründet (16). Der Forschungsprozess wird in verschiedene Etappen zerlegt, die Hürden benannt und dazu ermutigt, Fehler als Teil der Arbeit mit einzubeziehen. Der zweite Beitrag stammt von S CHMELTER und befasst sich mit den Gütekriterien (33- 45) empirischer Forschung. Hierbei wird ihre Standortbedingtheit unterstrichen und der Erkenntniswert „in der Kommunikation mit anderen bestimmt“ (35). Neben dem Abwägen der Stärken und Schwächen quantitativer und qualitativer Ansätze ergeht der Hinweis, auf die „wechselseitige Passung der Methoden“ (43) zu achten. Es folgt der Beitrag von A GUADO zur Triangulation (47-56), in dem ausgehend von der Entwicklung und der Definition dieses Verfahrens die Möglichkeiten seines Einsatzes ausgelotet werden, wobei die Autorin zu bedenken gibt, dass ein Mehr an Methoden keinesfalls zwingend auch ein Mehr an Erkenntnis bedeutet (51). Diesen ersten Block schließen die Überlegungen zur Planung einer empirischen Studie von S ETTINIERI (57-71) ab, die die einzelnen Schritte von der Entwicklung einer Fragestellung zur Planung über die Operationalisierung und das Sampling bis zu den ethischen Gesichtspunkten und der Finanz- und Zeitplanung nachvollzieht. Sehr nützlich sind hierbei der tabellarische Beispielablauf (63), die zahlreichen Literaturhinweise zum Erwerb forschungsmethodischer Kompetenzen sowie auch die Verhaltensregeln für angehende Wissenschaftler/ innen. Der zweite Block (Kapitel 5-9) verschiebt den Fokus auf die Methoden der Datenerhebung und wird durch das Kapitel zur Elizitierung von Lernersprache (73-86) von M EZGER , S CHROEDER und Ş IMŞEK eingeleitet. Die Elizitierungsformen werden auf der Spannbreite zwischen minimaler und maximaler Kontrolle der Erhebungsbedingungen und der erhobenen Daten angesiedelt, wobei verschiedene Instrumente vorgestellt werden. Weiter geht es mit dem Thema Test (87-102), mit dem sich P ORSCH beschäftigt. Nach der anfänglichen Differenzierung zwischen informellen und formellen Tests geht die Autorin genauer auf die Sprachtests ein. Die Merkmale dieser Testformate werden erläutert und durch Beispiele illustriert (91). Zu Tests im DaF-/ DaZ-Bereich finden sich außerdem Ratschläge, worauf man bei der Entwicklung von Testverfahren für Forschungszwecke achten soll. Mit der Befragung (103-122) beschäftigen sich D AASE , H INRICHS und S ETTINIERI . Nach der Entscheidung zwischen mündlicher und schriftlicher Befragung gilt es, den Grad ihrer Offenheit zu definieren und ggf. auch inhaltlich zu differenzieren. Im Rahmen schriftlicher Befragung wird der Fragebogen detailliert behandelt und im Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 143 44 (2015) • Heft 1 Mündlichen das Interview. Hierbei werden diverse Formen, wie z.B. die Gruppendiskussion, besprochen sowie Tipps zu ihrer konkreten Durchführung gegeben. H EINE setzt sich im Kapitel 8 mit der Introspektion (123-135) auseinander. Dazu exemplifiziert sie dieses Verfahren anhand eines Ausschnitts aus einem Lautdenkprotokoll und beleuchtet sein Potenzial, seine Möglichkeiten und Grenzen. Im Unterschied dazu steht dann das Stimulated Recall, das stärker metakognitive Bestandteile aufweist (128). Der Beitrag schließt mit Beispielen empirischer Untersuchungen, in denen introspektive Methoden eingesetzt wurden. Die Beobachtung (137-146) rundet diesen zweiten Themenblock ab. R ICART B REDE differenziert verschiedene Beobachtungstypen und erwähnt neben den Audio- und Videoanalysen Eye-Tracking und Keystroke-Logging. Ein deduktiv-induktiv angelegtes Vorgehen veranschaulicht die Auswertung von Beobachtungen, deutet aber auch auf die Beschränkungen dieser Verfahren hin. Das 10. Kapitel ist der Datenaufbereitung: Transkription und Annotation (147-166) gewidmet. M EMPEL und M EHLHORN stellen diverse Transkriptionssysteme sowie computergestützte Programme dar, mit denen Audio- und Videomaterial aufgearbeitet werden kann. Dabei gehen sie näher auf die Partiturnotation und die Zeilenschreibweise ein. Besondere Aufmerksamkeit erfährt die phonetische Transkription, bei der ein Grafikfenster drei verschiedene Beschreibungsebenen sichtbar macht (156). Im Anschluss daran wenden sich die Autorinnen der Erfassung nonverbal-vokaler und nonverbal-nonvokaler Phänomene zu. In den Kapiteln 11 bis 13 rückt die Datenanalyse in den Mittelpunkt. Zunächst skizziert A HRENHOLZ die Lernersprachenanalyse (167-181). In der Fremdsprachenerwerbsforschung beheimatet und an die Fehleranalyse geknüpft, greifen heute verstärkt Studien zum kindlichen Zweitspracherwerb auf sie zurück. Dabei bedienen sie sich meist einer der drei in der aktuellen Forschung gängigen Ansätze: des strukturalistisch orientierten, funktional-pragmatischen und des konzeptorientierten (171). An letzteren angelehnt zeigt der Autor anhand einer Texttranskription verschiedene Möglichkeiten der Analyse auf. G ÜLTEKIN -K ARAKOÇ und F ELDMEIER legen in der Analyse quantitativer Daten (183-211) dar, welche statistischen Verfahren und Analyseprogramme sich für die Fremdsprachenforschung anbieten. Zunächst wird in das Konzept des Messens eingeführt. Die Ermittlung von Messwerten wird von den Autoren möglichst einfach und anhand von Beispielen veranschaulicht und auch die ihnen zugrundeliegenden Begriffe erklärt. Dies gilt sowohl für die deskriptive Statistik als auch für den Hauptteil dieser Abhandlung, die Inferenzstatisik kennzeichnenden Verfahren. Damit gelingt es den Autoren, ein manchen schwer zugängliches Terrain urbar zu machen. An dieses Kapitel schließt sich die Analyse qualitativer Daten (213-227) an, in dem sich D EMIRKAYA nach Klärung der Zielsetzung und der Voraussetzungen qualitativer Forschung mit den kategoriebasierten und sequenziellen Verfahren befasst. Interessant erscheint hierbei die Frage, wie mit nicht im Deutschen erhobenen Daten umzugehen ist. Diesbezüglich wird dafür plädiert, unter Umständen auch die „Forschungsteilnehmende[n] als Co-Interpretierende“ (216) am Forschungsprozess teilhaben zu lassen. Einen besonderen Stellenwert nimmt in der Abhandlung die Grounded Theory ein, bei der vielleicht ein Mehr an veranschaulichendem Material zum besseren Verständnis der Konzepte und des Vorgehens beigetragen hätte. Die Kapitel 14, 15 und 16 setzen sich jeweils mit einem spezifischen Forschungsansatz auseinander. Zunächst gilt die Aufmerksamkeit dem Experiment und Quasi-Experiment (229-241). D ARSOW und F ELBRICH merken an, dass dieser Zugang weniger in deutschsprachigen Ländern, sondern eher in der angloamerikanischen Sprachlehr/ -lernforschung eingesetzt wird. Beim Experiment werden verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung von Störvariablen genannt, im Unterschied dazu untersucht das Quasi-Experiment eingesetzte Maßnahmen in natürlichem Kontext. Beide Verfahren werden in Bezug auf ihre interne und externe Validität hin überprüft. In Kapitel 15 bespricht S CHRAMM die Videobasierte Unterrichtsforschung (243-254). Dabei handelt es sich 144 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 44 (2015) • Heft 1 um Daten, die in authentischen Unterrichtskontexten erhoben werden und - aus der Außen- oder Innenperspektive - auf die Erfassung der interaktionalen Dimension des Fremdsprachenunterrichts abzielen. In Bezug auf die Datenanalyse differenziert die Autorin einmal in Anlehnung an die erziehungswissenschaftliche Videoanalyse vier Arten, und zwar die Segmentierungs-, Sequenz-, Konfigurations- und die Konstellationsanalyse (249), während aus linguistischer Perspektive entweder konversationsbzw. gesprächsanalytisch oder diskursbzw. funktional-pragmatisch orientierte Verfahren zur Anwendung kommen. Des Weiteren werden die niedrig und hoch inferenten Kodierungen erklärt, die sich einmal auf beobachtbare, zum anderen auf interpretativ gewonnene Phänomene beziehen. Kapitel 16 führt in die Aktionsforschung (255-267) ein. Nach einer Erläuterung der Grundlagen stellt F ELDMEIER den zyklischen Verlauf dieses Ansatzes dar (258) und beschreibt die einzelnen Schritte seiner Durchführung. Als wesentlich wird die Abgrenzung zum normalen Lehrerverhalten hervorgehoben (261). Damit einher geht die Frage, wie die Lehrenden mit dem notwendigen wissenschaftlichen Handwerkszeug ausgestattet werden können. Bei der Besprechung vermisst der Leser einen Überblick darüber, wie (und ob) sich Aktionsforschung in den vergangenen Jahren etabliert hat. Zum Abschluss blickt B ROWN auf seine Adventures in Language research: How I learned from my mistakes over 35 years (269-279) und stellt resümierend fest, was er aus seinen Fehlern gelernt hat. Seine Erkenntnisse führen ihn vom blinden Glauben an die Sicherheit statistischer Verfahren zur Hinwendung zu mehrmethodischen Zugängen mit der ihnen innewohnenden Unsicherheit. Der vorliegende Band empfiehlt sich sowohl als seminarbegleitendes Werk als auch zum Eigenstudium, denn er führt ansprechend und anschaulich in die forschungsrelevanten Themen ein und orientiert sich dabei an den Ansprüchen und Erfordernissen akademischer Lehre. Hierbei deckt er den Bedarf an theoretischem Wissen und leitet zum forschungsmethodischen Können an. Über die Bestandsaufnahme bestehender Methoden hinaus wäre es vielleicht auch noch anregend gewesen, an entsprechender Stelle auf multimodale Verfahren zu verweisen, die sich in den letzten Jahren ihren Weg in den Sozialwissenschaften gebahnt und langsam Eingang in Interaktionsstudien verschafft haben und sicher in der Zukunft für die Fremdsprachenforschung interessant werden könnten. Arcavacata di Rende S ABINE H OFFMANN Uwe K OREIK , Aysel U ZUNTAŞ , Sevinç H ATIPOĞLU (Hrsg.): Fremd- und Fachsprachenunterricht. Studienvorbereitender und studienbegleitender Deutschunterricht für fremdsprachige Studiengänge. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2014 (Perspektiven Deutsch als Fremdsprache, Bd. 28), 121 Seiten [13,00 €] „Sprache ist der Schlüssel zu Kommunikation, Verständnis und Diskurs und somit essenziell für ein erfolgreiches Studium, unabhängig vom Studienfach. Wo ein Studium in einer für die Studierenden fremden Sprache angeboten wird, muss sichergestellt werden, dass sie die Sprache gut genug beherrschen, um das Studium bewältigen zu können“. 1 Der von DAAD und HRK herausgegebene „Praxisleitfaden für deutsche Hochschulprojekte im Ausland“ umreißt mit diesen beiden Sätzen kurz und schlüssig, was über Erfolg und Misserfolg von Studiengängen entscheiden kann. Dies gilt insbesondere für deutsche Hochschulprojekte im Ausland, die früher vom DAAD als „Hochschulexportprojekte“ bezeichnet wurden und seit wenigen Jahren unter dem 1 Entwicklung von Sprachenkonzepten. Ein Praxisleitfaden für deutsche Hochschulprojekte im Ausland, hrsg. von DAAD und HRK, Bonn 2014, S. 53.