eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 44/2

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2015
442 Gnutzmann Küster Schramm

The Mexican Dream

121
2015
Gabriele Blell
flul4420034
© 2015 Narr Francke Attempto Verlag 44 (2015) • Heft 2 G ABRIELE B LELL * The Mexican Dream: El Otro Lado Del Sueño Americano Mehrsprachige Filme im Fremdsprachenunterricht der Sekundarstufe II Abstract. Against the backdrop of diverse globalisation processes, biand multilingual films (with or without subtitles) are becoming increasingly popular. It is assumed that these films, with their multilingualism and multiculturalism may sensitize audiences for transnational and global cinema and therefore support interand transcultural learning. Furthermore, owing to subtitling and dubbing techniques, linguistic aspects like listening and reading (apart from viewing) have become the focus of interest once more and offer learning potential for cross-curricular classes. Using the example of a short tragicomedy The Mexican Dream, these assumptions will be discussed theoretically and their implementation will be outlined. 1. Mehrsprachige Filme und Mehr-/ Transkulturalität Zwei- und mehrsprachige Filme (auch mit Untertitelungen) sind sowohl im Kino als auch im Fernsehen kaum mehr eine Ausnahme. Die zunehmende sprachliche und kulturelle Vielfalt der Gesellschaften und Kulturen bildet sich heute auch im Kino und im Fernsehen ab, getrieben durch wirtschaftliche Vernetzungen, globalisierte Produktion und Distribution. Die filmischen Schauplätze werden weltumspannender, teilweise flüchtiger und durchlässiger (z.B. Grenzen, Flughäfen, Bahnhöfe, Bushaltestellen) (z.B. Lost in Translation USA/ J 2003). Sie werden zu „Nicht-Orten“, wie A UGÉ sie bereits 1994 beschreibt. Die inszenierten mehrsprachigen Erzählungen haben nicht selten einen komplexen Netzwerkcharakter und entwickeln, meist episodisch erzählt, sowohl kulturen- (z.B. Babel, F/ USA/ Mex 2006) als auch parallel-zeitenverbindende Narrative bis in die Vergangenheit und Zukunft hinein (z.B. Cloud Atlas DL/ USA/ China/ Singapore 2012). Erzählt wird meist nichtlinear und chronotopisch, d.h. immer in Abhängigkeit vom jeweiligen Ort und Zeit. Die Filme entwerfen Szenarien für Protagonisten, die heimatlos sind oder als Abenteurer, Immigranten, Globetrotter und Kriminelle weltweit agieren. 1 Das Transnational Cinema als neuer filmwissenschaftlicher Theorieansatz * Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Gabriele B LELL , Leibniz Universität Hannover, Englisches Seminar, Königsworther Platz 1, 30167 H ANNOVER . E-Mail: gabriele.blell@engsem.uni-hannover.de Arbeitsbereiche: Literatur- und Kulturdidaktik, Film- und Mediendidaktik, Interkulturelles Lernen. 1 Ein kurzer Abriss zum mehrsprachigen Film und zu fächer- und sprachenübergreifender Filmarbeit in B LELL (2015 in Vorbereitung). The Mexican Dream: El Otro Lado Del Sueño Americano. Mehrsprachige Filme 35 44 (2015) • Heft 2 versucht dieses vielschichtige Phänomen zu greifen, aus hegemonialer Perspektive (Hollywood), aber auch aus der Perspektive ehemaliger kolonialer und Länder der Dritten Welt (vgl. E ZRA / R OWDEN 2006; D REXLER in Vorbereitung). Die meist weltumspannenden Filmthemen, die wechselnden Orte und Zeiten, das Neben- und Gegeneinander filmischer Genres oder eine kulturenübergreifende Symbolik fordern quasi generisch eine Viel- und Mehrstimmigkeit der Charaktere ein. Mehrsprachigkeit wird damit zum deutlichen Authentifizierungsbzw. darstellerischen Realitätsmerkmal im Film, wodurch zusätzlich soziale oder politische Ungleichheiten markiert werden. Damit erzeugt Mehrsprachigkeit im Film auch „a dialogue of social forces [...] that is contradictory, multi-speeched and heterogeneous“ (1981: 365), um mit B AKHTIN zu sprechen. 2 Mehr- und Transkulturalität sowie Mehrsprachigkeit sind somit einander wechselseitig bedingende Phänomene einer Vielzahl moderner mehrsprachiger Filmproduktionen. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass diese Filme aufgrund der in ihnen manifesten Sprachenvielfalt und der unterschiedlichen kulturellen Produktions- und Rezeptionskontexte für transnationales und globales Kino sensibilisieren können, d.h. für filmsprachliche Realitäten (universale/ transnationale Bilder und Sounds vs. lokale Bilder und Sounds). Damit kann durch mehrsprachige Filme auch inter-/ transkulturelles Lernen, einschließlich der Fähigkeit zu flexiblem Perspektivenwechsel, unterstützt werden. Zum anderen richten mehrsprachige Filme aufgrund von (Nicht-)Synchronisation und verschiedenen Formen der Untertitelung den Fokus verstärkt auf die verbalsprachliche Textqualität (neben der traditionell bildsprachlichen), was wiederum Lernpotenzial für den fächerübergreifenden Sprachenunterricht mit sich bringt. Am Beispiel des englisch-spanischen Kurzfilms The Mexican Dream (2003) sollen diese Thesen diskutiert und anwendungsorientiert für sprachenübergreifendes Lernen erörtert werden. Thema des Films ist die Metapher der ‚Mauer‘ - als sprachliche und/ oder kulturelle Grenze, Hürde, Demarkation oder Trennung: undurchlässig und durchlässig zugleich. 2. Mehrsprachiges kulturelles Handeln Für den mainstream cinema-verwöhnten erwachsenen deutschen Zuschauer, aber auch für den entdeckungsfreudigen Jugendlichen 3 bedeuten mehrsprachige Filme angestrengte Rezeptionsarbeit, wenn man sich nicht ausschließlich auf synchronisierte und damit letztendlich immer subjektiv verfremdete Fassungen einlassen will. Es muss gesehen, gehört (Hör-Seh-Kompetenz) und auch gelesen werden (Lesekompetenz), um 2 In B LELL (2015 in Vorbereitung) werden diesbezüglich vier Funktionen von Mehrsprachigkeit (MS) im Film unterschieden: 1. MS zur Erhöhung erzählerischer Darstellungsweisen, 2. MS zur Stützung sozialkritischer Herangehensweisen, 3. MS als Mittel zur kontrastiven Charakterdarstellung und 4. MS als sinnstiftendes Mittel für postkoloniale und transkulturelle Erzählungen. 3 Im deutschsprachigen Raum gibt es bisher keine Untersuchungen zum Rezeptionsverhalten im Umgang mit mehrsprachigen Filmen. 36 Gabriele Blell 44 (2015) • Heft 2 visuelle und verbale kulturelle Bedeutungen zu erschließen und um schließlich damit (fremd-)sprachlich handeln zu können (fremd-/ sprachliche Handlungskompetenz). Zur Verfügung stehen dafür gewöhnlich die Originalfassung (ohne Untertitel) oder die Originalfassung mit zugeschalteten Untertiteln durch entsprechende DVD-Technik (softcoded subtitles), meist entweder als Synchronisation von der Fremdsprache in die Muttersprache (L2>L1) oder eine andere Fremdsprache (L3>L2) oder auch in der Fremdsprache selbst (L2>L2, sogenannte closed captions). Darüber hinaus können mehrsprachige Filme auch hardcoded subtitles haben, d.h. Untertitel, die direkt in die Originalversion eingeschrieben und nicht ausschaltbar sind (z.B. englischsprachige Untertitel für das Arabische in der englischen Originalversion von Babel). Das Potenzial für die Arbeit mit mehrsprachigen Filmen im Fremdsprachenunterricht der Sekundarstufe II ist groß, aber genauso schwierig in der didaktischen Umsetzung, da die Spracharbeit, rezeptiv und auch produktiv, kaum vom visuellen und kulturellen Filmerleben und -verstehen getrennt werden kann. Spezifisch gegenstandsbezogene Spracharbeit an zwei oder mehreren Sprachen mit Film (focus on form) kann punktuell und i.S. einer teaching intervention hilfreich sein, um Filmbilder oder Dialoge zu entschlüsseln und damit Bewusstsein für bestimmte sprachliche Ähnlichkeiten oder Unterschiede zu schärfen. Gleichzeitig wird es jedoch auch darum gehen müssen, den Sprachgebrauch in der spezifischen kulturellen Konnotation - und gleichzeitig bildgestützt - deuten und verstehen zu können (focus on meaning). Kulturelles und sprachliches Handeln sollten also möglichst zusammengedacht werden, um die Schüler/ innen zu kompetent handelnden kulturellen Akteuren zu machen. Insofern sind auch Überlegungen zur Frage, wie kulturelles Filmverstehen im Fremdsprachenunterricht durch unterschiedliche kulturwissenschaftliche Bezüge geschärft werden kann, notwendig, um einen rezeptiv-performativen Zugang auch zu mehrsprachigen Filmen zu finden. Lotta K ÖNIG s kulturwissenschaftliche Perspektive auf Filmbildung (in Vorbereitung) ist diesbezüglich hilfreich. Sie geht von einem weiten Kulturbegriff aus, der auch immer ‚Sprache‘ miteinbezieht: Ein textuelles Kulturverständnis (B ACHMANN -M EDICK 2004) ermöglicht das Erkennen (Benennen und Beschreiben) kultureller Bedeutungskonstruktionen im Film; ein performatives Kulturverständnis dagegen ermöglicht über kritisch-evaluative Partizipation und aktive Auseinandersetzung der Schüler/ innen die eigene Teilhabe an der Konstruktion kultureller Bedeutung (H ALLET 2010) (z.B. kleine eigene Produktionen als ‚Antworten‘ auf Filmszenen). Auch D REXLER folgert aus filmwissenschaftlicher Perspektive für das Transnational Cinema, also auch das mehrsprachige Kino, mannigfaltige Umgangspraxen, „d.h. eine eher performativ als rezeptiv orientierte Betrachtung“ (D REXLER 2015 in Vorbereitung). Schließlich eröffnet ein hybrides Verständnis von Kultur (B HABA / R UTHERFORD 1990; H ALLET 2002) die Möglichkeit, Diversität und Differenzen auszuhandeln und auszuhalten (z.B. cross-dressing als politischer Ausdruck) (K ÖNIG in Vorbereitung). Dennoch ist das „filmbezogene sprachliche Handeln“ - in einer Sprache oder in mehreren Sprachen - gleichzeitig eine Art konstitutives Alleinstellungsmerkmal für alle Sprachenfächer, im Vergleich zu den Fächern Geschichte, Musik oder Kunst, die The Mexican Dream: El Otro Lado Del Sueño Americano. Mehrsprachige Filme 37 44 (2015) • Heft 2 sich auch mit Film beschäftigen, aber einen anderen gegenständlichen Schwerpunkt haben. Das Filmverstehen wird in diesen Fächern immer „leiden“, wenn das sprachliche Verstehen nicht zu großen Teilen gegeben ist, auch wenn die Bildstützung verstehensfördernd sein kann. Das Göttinger Modell 4 zu einem sprach- und kulturübergreifenden Filmcurriculum „Film erleben und verstehen“ (B LELL / G RÜNEWALD / K EPSER / S URKAMP in Vorbereitung) umfasst neben drei weiteren Kompetenzbereichen auch den des „Filmbezogen sprachlich handeln“, der wiederum den Teilkompetenzbereich „Rezeptiv und produktiv mehrsprachig handeln“ umfasst. In der folgenden Tabelle wird der Versuch unternommen, (kulturwissenschaftlich perspektiviertes) kulturelles Handeln im Umgang mit Film mit filmbezogenem (mehr-)sprachlichen Handeln zu verknüpfen. (Mehr-)Spracharbeit im Film sollte grundsätzlich medienspezifisch ‚ganzheitlich‘ sein. D.h., auch für die Spracharbeit sollte der Film grundsätzlich als plurimediales Medium begriffen werden, welches Hör- und Sehimpulse zur Verfügung stellt. Insbesondere für mehrsprachiges Lernen sollte die Mehrkanaligkeit in der Rezeption bewusst genutzt werden, um Verstehensprozesse zu erleichtern. T HALER s (2010: 142- 146) grundlegende Verfahren zur Arbeit mit (Musik-)Videos (z.B. sound-first/ soundoff/ vision-first/ vision-off approach) sind dabei wichtig, um visuelle und akustische Wahrnehmungen zu schärfen und zeitweilig spezifische Formaspekte in den Blick zu nehmen (focus on form). Die in B LELL (in Vorbereitung) erarbeitete Übersicht zu Sprachhandlungstypen, Operatoren und (Beispiel-)Textsorten für (mehr-)sprachliches filmbezogenes Handeln diente für die entwickelte Übersicht (Abb. 1,  S. 38) als Grundlage und wurde kompetenzbezogen erweitert und zu filmbezogenem kulturellen Handeln in Verbindung gesetzt. Filmbezogen mehrsprachiges Handeln ist insbesondere für die folgenden Teilkompetenzbereiche möglich: Hören und Hör-/ Sehverstehen, Lesen, Sprachreflexion (sprachrezeptiv handeln) sowie Sprechen, Schreiben, Sprachmitteln und szenisches Spielen (performing) (sprachproduktiv handeln). Sprachreflexives Lernen als focus on form durchzieht dabei alle Kompetenzbereiche integrativ. Die Übergänge zwischen den Bereichen sind fließend und keineswegs starr. Die Sprachhandlungsbereiche sind generell lerner-, gegenstands- und produktorientiert (Lerngegenstand Film und eigene Produkte) sowie prozessorientiert (Aushandlungsprozesse zwischen Schüler/ innen). 4 Der Begriff wird hier abgeleitet von einer im März 2014 in Göttingen stattgefundenen sprachenübergreifenden Expertentagung zum Thema „Film in den Fächern der sprachlichen Bildung“ (Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch). Die Kongresspublikation (B LELL et al. 2015) ist in Vorbereitung. 38 Gabriele Blell 44 (2015) • Heft 2 Filmbezogen mehrsprachig handeln Kulturverständnis Mehrsprachiges kulturelles Handeln Textuell Performativ Hybrid Sprachrezeptiv handeln Hören- und Hör-/ Sehverstehen ♦Bildgestützt ausgewählte mehrsprachige (ms) Dialoge zusammenfassen und interpretieren (Hypothesenbildung durch Interkomprehensionsstrategien: phonologisch, pragmatisch, lexikalisch; pro- und retroaktiv) ♦Ausgewählte (stumme) Bilddialoge in verschiedenen Sprachen zusammenfassen und Kernaussagen in mehreren Sprachen vergleichen Lerngegenstand (Film), Sprache(n) Lesen ♦Ausgewählte Szenen ms Filmscripts verstehend lesen und deuten (Nutzung interkomprehensiver Verfahren, insbesondere lexikalisch, orthographisch und morphosyntaktisch) ♦Ausgewählte ms Untertitel verstehend lesen (z.B. L2>L2/ L3>L3) und mit dem Hörergebnis vergleichen (Interpretation von Bedeutungsverschiebungen) Sprachreflexion ♦Ausgewählte ms Diskursphänomene reflektieren (z.B. Sprache der Charaktere / code switching) ♦Untertitelungen in mehreren Sprachen (soft coded) vergleichen und kulturell-sprachliche Differenzen in ihrer Wirkung reflektieren (Worterschließungstechniken, ein- und zweisprachige Wörterbücher nutzen) Sprachproduktiv handeln Sprechen ♦(Bildgestützte) ms Hörergebnisse frei in der Zielsprache (ZS) (oder einer anderen Fremdsprache (FS) vertonen; den Figuren glaubhaften Ton, Soziolekt sowie Mimik und Gestik in der ZS zuweisen (revoicing) ♦Filmbilder und ms Dialoge aus einer Figuren-, Erzähler- oder Reporterperspektive für den Zuschauer in der ZS (oder einer anderen Sprache) interpretieren (voice over) (Perspektivenwechsel beachten) Lerngegenstand (Film), Lernprozesse, Sprache(n) Schreiben ♦Bildgestützt kurze eigene Untertitel in der ZS (oder einer anderen FS) verfassen und editieren (captioning) und dabei interkulturell sensibel agieren (mgl. Bedeutungsverschiebungen diskutieren) ♦Ausgewählte Szenen (Bild- und ms Sprachimpuls) in ein eigenes Script übertragen (in die ZS oder andere FS) (Genrewechsel beachten) ♦Für ausgewählte ms Szenen Zwischentitel (stützende Nutzung von Mimik, Gestik, Körperhaltung) oder speech bubbles in der ZS (oder anderer FS) verfassen Sprachmitteln ♦Bildgestützt ausgewählte ms Szenen (ganzheitlich) in die ZS oder andere FS (in Expertengruppen, workshops) sprachmitteln Szenisch spielen ♦Dialogisches spielerisches Inszenieren von Hörergebnissen (oder Leseergebnissen) in der ZS (oder einer anderen FS) und Interpretieren von mgl. Bedeutungsverschiebungen; dabei Aussprache und Intonation ‚imitierend’ üben. Abb. 1: Überblick filmbezogen mehrsprachig handeln (in Anlehnung an bzw. Weiterentwicklung von K ÖNIG und B LELL in Vorbereitung) The Mexican Dream: El Otro Lado Del Sueño Americano. Mehrsprachige Filme 39 44 (2015) • Heft 2 3. Filmbezogen mehrsprachig handeln: English-Español 3.1 The Mexican Dream: El Otro Lado Del Sueño Americano Der reale Mexikanische Traum / Sueño Mexicano (weniger der von mexikanischen Intellektuellen) ist seit mehr als 100 Jahren eng an den American Dream geknüpft, auch wenn der Traum vieler Mexikaner/ innen durch die anhaltende schwere ökonomische Krise in den USA, durch eine neo-Antimigrationsgesetzgebung in Bundesstaten wie z.B. Georgia, Alabama oder Virginia und auch durch organisierte Kriminalität und Menschenhandel an der Grenze oftmals „zerplatzt“ 5 oder zum persönlichen und familiären Trauma wird. Tausende mittelamerikanische Einwanderer (meist Mexikaner/ innen) versuchen, über die mexikanische Grenze in die USA zu gelangen, um dort Fuß zu fassen. So auch Ajileo Barajas (alias Jesús Chuy Pérez) in der nur 28-minütigen Tragikomödie The Mexican Dream (2003) des Regisseurs Gustavo Hernández Pérez. Gedreht ist der Film in Spanisch und Englisch (mit englischen (hard coded) Untertiteln). Ajileo träumt jedoch nicht nur von den USA, sondern auch davon, ein großer Hollywoodstar zu sein, um seiner Familie in Mexiko ein besseres Leben zu ermöglichen. Der Film erzählt dicht und nicht-linear. Die Geschichte beginnt in medias res, in einem schäbigen Motel, in dem Ajileo seinen Bart abnimmt und sich als Frau verkleidet, um auf seinen Coyoten zu warten, einen betrügerische Schleuser (trickster). Mit einer Aufforderung an sein Spiegelbild ¡Mírame, cabrón! und einem scharfen jump cut erscheint danach eine Art Prolog, der rückblickend in Comic-Manier Ajileos Masterplan zur Flucht visualisiert. Von da ab wird der Plot konsequent zeit- und ortversetzt vorangetrieben, zum einen Ajileos Etappen auf der Flucht in die USA (motel, desierto) und zum anderen seine Suche nach einer Rolle in Hollywood (bar, car wash, American Dream Productions). Teilweise wird geschickt parallel erzählt, mit horizontal getrenntem Screen (split screen) und unterschiedlichen Filtern (Mexiko: Ocker vs. USA: Blau), andererseits aber auch zeitversetzt mit Rückblicken (flashbacks) und Vorausschau (flash forward). Erzählt wird immer aus Ajileos Perspektive, in Spanisch auf seinem strapaziösen Weg durch das mexikanisch-amerikanische Niemandsland (mit englischen Untertiteln) und in Englisch (mit deutlich mexikanischem Akzent) als (illegaler) Migrant in Hollywood. Leitmotivisch wird das gesamte mexikanische Narrativ zudem durch die tief in der mittelamerikanischen Folklore verwurzelte Legende der La Llorona / The Crying Woman (personifiziert durch Ajileo in weißen Frauenkleidern) gleichnishaft getragen. Sie ist eine von Gott verdammte Frau, die als ihr eigener Geist bis an ihr Lebensende weinend auf der Erde nach ihren und auch von ihr getöteten Kindern suchen muss. Man sagt, man sollte La Llorona meiden, da sie Menschen töten würde, um wieder in den Himmel zu kommen. Ajileos Ausruf vor zwei amerikanischen Grenzposten: Thanks God. Excuse me, im Vorfeld mit dem Coyoten eingeübt, ist es dann auch, der die beiden texanischen Grenzposten, von denen einer mexikanischer Herkunft ist, Ajileo in Frauenkleidern als göttliche Erscheinung der La Llorona deuten 5 Zwischen 1995-2000 sind 700.000 in den USA lebende Mexikaner/ innen nach Mexiko zurückgekehrt; zwischen 2000-2005 hat sich die Zahl verdoppelt (vgl. The Week in the Americas. 06.05.2013). 40 Gabriele Blell 44 (2015) • Heft 2 (Epiphanie) und sie (ihn) nicht erschießen, sondern ihr (ihm) nur ehrfurchtsvoll und ängstlich hinterher blicken lässt auf seinem vorgezeichneten Weg. 3.2 The Mexican Dream: fächerübergreifend mehrsprachig (zweisprachig) handeln Die 2003 mit dem Houston International Film Festival Award ausgezeichnete Kurzproduktion birgt großes fächerübergreifendes Potenzial für den Englischals auch Spanischunterricht. In nur 28 Minuten vermag der Film das inter-/ transkulturelle überaus aktuelle Thema der (illegalen) Immigration filmisch und auch sprachlich eindrucksvoll zu gestalten. Einfühlsame Bilder, wie beispielsweise die Kulturen übergreifende Gestalt der legendenumwobenen La Llorona, lokale amerikanische und mexikanische Bilder, Sounds und Musik, die durchgängige englisch-spanische Dramaturgie sowie Bilder des zwischenstaatlichen Niemandslands Mexiko/ USA eröffnen ein reiches und perspektivisch vielfältiges kulturelles und auch sprachliches Handlungsfeld für Schüler/ innen, ein Agieren in mehreren, auch „dritten Räumen“, „a third space, that does not simply revise or invert the dualities, but revalues the ideological bases of division and difference“ (B HABHA 1992: 58). Im Folgenden soll exemplarisch der Frage nachgegangen werden, wie die Spanischkompetenz von Schüler/ innen fächerübergreifend und insbesondere auch fächerverbindend (S URKAMP 2012: 263-265) durch Querverbindungen zum Englischen gefördert und auch umgekehrt bewusst auf das Englische Bezug genommen werden kann. In Anlehnung an den oben entwickelten ganzheitlichen Ansatz filmbezogenen mehrsprachigen Handelns sollen für diesen Kurzfilm mögliche Aufgaben bzw. Methoden für das Sprachenpaar Englisch/ Spanisch vorgestellt werden. Hören und Hör-Sehverstehen (1) Völlig sprachenunabhängig kann der sprachfreie Comic-Prolog (00: 01: 38-00: 02: 50) im Englisch- oder Spanischunterricht paarweise (in Sprachtandems Englisch/ Spanisch) oder in Expertengruppen geschaut werden (silent viewing), um (a) Wortschatz in beiden Sprachen für den Filminhalt zu generieren und (b) Hypothesen zur Geschichte Ajileos anzustellen (Immigration als aktuelles inter-/ transkulturelles Thema). Gemeinsam kann basierend auf retro- oder proaktiven Aushandlungsprozessen (z.B. Entdecken von lexikalischen oder phonetischen Ähnlichkeiten und Unterschieden) ein bilinguales Wörterbuch für den Film angelegt werden. (vgl. Abb. 2: grau unterlegt sind z.B. formale Ähnlichkeiten, die auf einen positiven interlingualen Transfer hinweisen). Oder es kann an der Stelle z.B. die Verlaufsform im Präsens verglichen werden (Engl: to be + verb/ ing vs. estar + gerundio). In diesem Zusammenhang bieten sich auch kleinere Übungen zur Wortkomposition, zur Prä- und Suffigierung sowie zur Bildung von intra- und interlingualen Wortnetzen an, um das mehrdirektionale Arbeiten zwischen den Sprachen Deutsch, Englisch und Spanisch einzuüben: „Ordnen, Unterscheiden, Vergleichen, Identifizieren, Analysieren, Kontrastieren, Analogien bilden, merkmalsgestütztes Erraten, Reflektieren“ (R EISSNER 2012: 188). The Mexican Dream: El Otro Lado Del Sueño Americano. Mehrsprachige Filme 41 44 (2015) • Heft 2 Wortschatzgenerierung Englisch e.g. bad dream / ghost buy shoes / buy a wig cross the desert / wilderness the police is tracing sb. in the desert / loud sirene the sun and many cactuses There is a person who illegally wants to cross a border ... maybe to the USA? Wortschatzgenerierung Spanisch por ejemplo: un mal sueño / fantasma / espíritu comprar zapatos / una peluca cruzar el desierto la policía está persiguiendo a alguien en el desierto / la sirena alta / el sol y muchos cactus Hay una persona que quiere cruzar una frontera ... ¿... posiblemente a EE.UU. ... ? Abb. 2: Comic-Prolog (00: 01: 38-00: 02: 50) und möglicher bilingualer Wortschatz (2) Ajileos cross-dressing (00: 01: 18-00: 01: 33) ist ein von ihm ganz bewusst gewählter performativer Akt. In Frauenkleidern und damit in der tradiert-sozialen Rolle einer schwachen Frau hofft er auf Vorteile in möglichen widrigen Auseinandersetzungen mit männlichen Grenzern. Seine Verwandlung zur La Llorona-Frau wiederum theatralisiert und perfektioniert seinen Verwandlungsakt und lässt sein neues Ich tief mit der lateinamerikanischen und partiell auch der texanischen Folklore verschmelzen. Sein (innerer) Dialog mit seinem neuen Spiegel-Ich (Ajileos Stimme aus dem off) kann dazu dienen, seine Beweggründe für diese Verkleidung herauszufinden, in Englisch oder in Spanisch. Die aufgestellten Hypothesen können dabei verifiziert oder falsifiziert werden. Am Hörbeispiel wird auch schnell erkennbar werden, dass Ajileos Englisch einen starken Akzent hat und seine englische Syntax grammatisch inkorrekt ist. Der Sprachenwechsel ins Spanische nach der Verkleidung ist abrupt: ¡Mírame, cabrón! Jedoch auch gerade an dieser Stelle ließen sich Aushandlungsprozesse zu den Gründen für sein code-switching anregen. Gesucht werden kann zusätzlich nach den vielfältigen, teilweise hybriden Konnotationen von cabrón / cabro (Mistkerl, Alter, Typ etc. / Schwuchtel) (vgl. Abb. 3,  S. 42). Szenisch Spielen (3) Die gleiche Szene bietet sich darüber hinaus geradezu an (möglicherweise in einer post-viewing Phase), Schüler/ innen zu eigenen „Verwandlungen“ zu motivieren und Dinge über sich selbst herauszufinden. Das kann sowohl in Englisch, Spanisch oder einer anderen Fremdsprache als auch in der Muttersprache sein. In welcher Sprache fallen die Maskeraden am leichtesten? In welcher Sprache finde ich mehr Schutz? etc. Der Monolog kann dafür beispielsweise wiederum in Tandems ins Spanische, eine andere Fremdsprache oder auch die Muttersprache übersetzt werden. (Use the dialogue’s structural frame and compose your own autobiographical poem. / Usa la estructura del diálogo interior y compone tu propio poema.) Ist die Spiellust der Schüler/ innen groß, könnte daraus auch eine kleine selbst gefilmte Videocollage mit autobiographischen Wünschen, Träumen etc. entstehen (vgl. Abb. 3,  S. 42). 42 Gabriele Blell 44 (2015) • Heft 2 As far as I know, as far as I concern, as far as I believe, as far as I .... I don’t know what the fuck I’m saying, but I always want to be an actor. (.....) ¡Mírame, cabrón/ cabro)!  Try to analyze the lyrical I’s dialogue from a psychological perspective. / Analiza el diálogo interior (yo lírico) desde el punto de vista psicológico.  In pairs: Listen carefully to Ajileo in order to find out his reasons for cross-dressing. Use the subtitles as well / En parejas: Escuchad atentamente a Ajileo para descubrir sus motivos de transformación. Usad los subtítulos también. Abb. 3: Cross-dressing Szene (00: 01: 18-00-00: 1: 33) aus Gustavo Pérez: The Mexican Dream, USA 2003 Hören und Sprechen (4) Im Film gibt es eine äußerst tragisch-komische Szene (00: 15: 32-00: 16: 18), in welcher der Coyote zwei Sätze mit Ajileo einübt: Thank God. Excuse me. Obwohl die Lexik für Ajileo kein Problem darstellt, hat er große Probleme, diese Sätze phonetisch zu bewältigen. In Tandems kann wiederum an dieser Szene reflektiert werden, wo Aussprachehürden zwischen dem Englischen und dem Spanischen liegen können, z.B. wird im Spanischen nicht zwischen kurzen und langen Vokalen unterschieden, für den englischen Vokal wie in “thanks” gibt es kein so offenes Äquivalent im Spanischen, der th- Laut existiert nicht im Spanischen etc.. Den Schüler/ innen sollte dabei auch bewusst werden, dass eine falsche Aussprache gerade in Notsituationen zu schwerwiegenden Missverständnissen führen kann. Gleichzeitig können die neuen spanischen Wörter aus dem Film-Glossar wiederholend phonetisch geübt werden − eine quasi pattern-drill Übung, die jedoch im Kontext der Filmszene ihre eigene Authentizität und interkulturelle Bedeutsamkeit gewinnt. Lesen und Schreiben / Sprechen und Sprachmitteln (5) Durch das code switching im Film entstehen Szenen, in denen Spanisch gesprochen wird und die Englisch untertitelt sind (hard coded). Die englischsprachigen Szenen sind nicht untertitelt. Hier wiederum bieten sich verschiedene Formen rezeptiven und produktiven sprachlichen Handelns an: Comparing (Vergleich Untertitel und Dialog), Captioning (das Erstellen von eigenen Untertiteln, subtitle) oder Revoicing (den Charakteren eine Stimme geben, dub). Interlinguale und Untertitelungsaktivitäten sind sprachlich anspruchsvoll, aber erfordern ebenso das kontinuierliche Aushandeln subjektiver Interpretationsprozesse auf der Basis von Bild und Ton und erzählerischen Parametern. Auch die Wahl der Perspektive muss beachtet werden „to reflect on the source text, culture and the target text culture, at levels of both verbal and non-verbal discourse, as well as at a more general level“ (B ORGHETTI 2011: 120f.). Wiederum in The Mexican Dream: El Otro Lado Del Sueño Americano. Mehrsprachige Filme 43 44 (2015) • Heft 2 Sprachtandems kann beispielsweise an ausgewählten Szenen mit Hilfe des Filmscripts nach möglichen Bedeutungsverschiebungen und denkbaren Erklärungen dafür gesucht werden. Möglich ist es ebenso (bei einem silent viewing), auf der Grundlage der rezipierten englischen Untertitel nach passenden Repliken im Spanischen zu suchen, um später den Dialog zu den laufenden Bildern zu inszenieren (revoicing). Mit Hilfe eines vorbereitenden Lücken-Scripts kann das wiederum auch sprachalternierend geschehen. Bei Nutzung entsprechender Software wie z.B. Subtitle Workshop, Subtitle Edit oder ClipFlair 6 könnten die Schüler/ innen dazu das Arbeitsfeld eines AV-Übersetzers (Audio Visual Translation) kennenlernen (vgl. Abb. 4). Ajileo (A): ¿Oye Coyote, así que tú has estado en Hollywood? ¿Qué tal es, cabrón? / / Coyote, you’ve been to Hollywood, what’s it like? / / Coyote (C): Hollywood para mí es el único pinche lugar en la tierra donde si miras para abajo se ven las estrellas. / / Hollywood is the only place on earth where you look down and see stars./ / A: ¿Cómo la ves? Así a toda madre, ¿no? , ... ¿Oye, tú crees que es difícil conseguir papel de actor? / / That must be great. What about getting acting roles? / / C: ¿Actor? ¿Tú quieres ser actor? - A: Claro, ¡¿qué tiene? ! / / You want to be an actor? - Yes, what’s wrong? / / C: ¡El único papel que vas a conseguir es el del baño, buey! / / The only role you get is a roll of toilet paper./ / C: ¡Actor! ¡Con esa cara de pinto! / / With that face? Forget it./ / A: Por ejemplo: me gustaría protagonizar un superhereo. ¿Eso sería a toda madre, no? / / I’d like to play a superhero. That’d be great./ / C: ¿Sabes cuál es el único papel que vas a protagonizar? / / You know who you’ll play? / / A: ¿Cuál? / / What? / / C: El super … − el superlimpiador de carros, lavaplatos y lavaculos de los gringos, pendejo. / / The Super Washing Man! Washing cars, dishes, and Gringo’s asses, moron./ / C: ¡No, te agüites! / / Don’t cry./ / Abb. 4: Coyote und Ajileo über Hollywood (00: 05: 42 - 00: 06: 31) (6) Um die Geschichte Ajileos in ihrer politischen Brisanz und interkulturellen Tragweite zu verstehen und auch die leitmotivische Unterlegung mit der Legende der La Llorona nachzuvollziehen, bietet es sich an, die Geschichte in Englisch und Spanisch zu lesen und den Versuch zu unternehmen, in einem kontrastiven Ansatz das Gelesene für die Mitschüler/ innen zusammenzufassen (Sprachmitteln): (a) eine bewusst kurze und einfache spanische Zusammenfassung (erstellt durch den Spanischkurs für den Englischkurs) und (b) eine detailliertere englischsprachige Zusammenfassung für alle durch den Englischkurs. Wiederum in Sprachtandems können dann im Nachhinein wichtige Kernaussagen in beiden Sprachen festgehalten und gleichzeitig nach neuen Kognaten gesucht werden. Die Sprachmittlungssituation und auch die Textvorlage wären für die beteiligten Schüler/ innen authentisch und realistisch (vgl. Kriterien für 6 Die AVT-Tools sind gewinnbringende Werkzeuge für den Fremdsprachenunterricht, sofern man auf bestehende Videokataloge oder auch eigene Videoproduktionen zurückgreifen kann/ will. Für Kinofilme muss vorher immer die Rechtslage geklärt werden (vgl. auch B LELL 2015 in Vorbereitung). 44 Gabriele Blell 44 (2015) • Heft 2 gelungene Sprachmittlungsaufgaben nach R ÖSSLER 2012: 140-141). Die vielen existierenden zweisprachigen und auch bebilderten Versionen zur La Llorona (z.B. H AYES 2003: 89-103) sind schließlich hervorragend dafür geeignet, selbstständig interkomprehensiv zu arbeiten und damit Lust am (Wieder-)Erkennen von Morphemen, Lexemen, grammatischen Phänomenen und syntaktischen Strukturen zu entwickeln (vgl. Beispielvorgehen für die Arbeit mit mehrsprachigen Texten und die Erstellung einer Hypothesengrammatik in R EISSNER 2012: 200-201). Sehen und Schreiben (7) Den dramaturgischen Höhepunkt des Films bildet Ajileos Zusammentreffen mit zwei amerikanischen Grenzposten in der Wüste. Durch eine Reihe von shot-andreverse shots und tracking shots, durch dramatische musikalische Untermalung und sehr sparsame Rede steigt die Spannung, die Ajileo durch Thank God. Excuse me. auflöst und seinen Weg durch die Wüste in Richtung Grenze fortsetzt (vgl. 3.1). Die emotional aufgeladenen Bilder (s. Abb. 5: Standbilder) sind nahezu selbstredend und laden zum Kommentar ein, in Englisch, Spanisch oder auch einem hybriden Sprachmix. Die Ergebnisse können in Form einer kommentierten Reihe von Bildcollagen im Klassenraum ausgestellt werden. Leistungsstarke Schüler/ innen können auch Kommentare zu Bildern verfassen, die das Thema des Mexikanischen Traums und damit das äußerst aktuelle Thema der (illegalen) Einwanderung in den europäischen bzw. deutschen Kontext transferieren. 7 Aufgrund der großen Aktualität und Realitätsnähe dieses Films ließe sich in post-viewing Aktivitäten z.B. auch eine Filmvorführung durch den schulischen Filmclub organisieren, für den ein zweisprachiges Poster, Flyer oder andere Ausstellungstexte von einem Englisch- und Spanischkurs entworfen werden. Abb. 5: Gustavo Pérez: The Mexcian Dream (2003), (0020: 00-00: 25: 00) 7 Als mögliche Bildvorlagen würden sich z.B. anbieten: Europe’s Huddled Masses (2014), Schengengrenze Bayern-Tirol (2007) oder Einwanderer in Deutschland (2015) (siehe Literaturverzeichnis). The Mexican Dream: El Otro Lado Del Sueño Americano. Mehrsprachige Filme 45 44 (2015) • Heft 2 4. Fazit Das gewählte Filmbeispiel veranschaulicht die vielfältigen Möglichkeiten für filmbezogenes mehrsprachiges Handeln im Vernetzungsraum Englisch-Spanisch. Die methodisch-didaktischen Szenarien sind gegenstandsbezogen, aktuell und realitätsnah sowie handlungs- und lernerorientiert und unterstützen das kulturelle und interkulturelle Handeln der Schüler/ innen. Sie berücksichtigen sowohl vorrangig sprachrezeptive (Hören, Hör-Sehverstehen, Lesen und Sprachreflexion) als auch sprachproduktive Handlungskontexte (Sprechen, Schreiben, Sprachmitteln und szenisches Spielen). Bedeutsam für die Anbahnung und Entwicklung filmbezogenen mehrsprachigen Handelns ist jedoch die kontinuierliche Anleitung und Befähigung der Schüler/ innen zur vergleichendkontrastiven Sprachreflexion, in rezeptiven wie auch in produktiven Szenarien. (Mehr- )Sprachenarbeit mit Film sollte angemessen eng, aber auch grundsätzlich medienspezifisch ganzheitlich weit sein und ebenso visuell-kulturelle Parameter in die Reflexionsprozesse integrieren (focus on form / focus on meaning). Möglich sind die beschriebenen Szenarien in der Sekundarstufe II - binnendifferenziert über Sprachtandems oder Expertengruppen, fächerübergreifend (z.B. über Exkurse in das andere Fach anhand von Zusatzmaterialien) oder fächerverbindend (z.B. in einer ab Klasse 10/ 11 einsetzenden gemeinsamen Stunde Englisch-Spanisch). Ein entsprechendes Engagement und grenzüberschreitendes Denken aller Beteiligten sollte Voraussetzung für ein solches Herangehen sein. Literatur A UGÉ , Marc (1994): Orte und Nichtorte. Vorüberlegungen zu einer Ethnologie der Einsamkeit. Frankfurt/ M.: S. Fischer Verlag. B ACHMANN -M EDICK , Doris (Hrsg.) ( 2 2004): Kultur als Text. Die anthropologische Wende in der Literaturwissenschaft. Tübingen: Francke. 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